Depressive dürfen alles!

julcas
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Registriert: 11. Mär 2011, 17:57

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von julcas »

Hallo annette fee,

na dann, viel Spaß und Erfolg bei der Hausarbeit.

lg julcas
Ulysses
Beiträge: 594
Registriert: 19. Jan 2013, 17:34

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Ulysses »

Hallo Ihr Lieben,

ich wink mal eben rein, weil mir gerade zum ausführlichen Antworten Nerven und Zeit fehlen. (Auto hinüber, weitere Erklärungen zu kurzfristigen Auswirkungen auf Alltag und Stresspegel vermutlich überflüssig....)

Aber ich hab den Thread hier gerne gelesen. Und möchte gern in Ruhe antworten, wenn es wieder geht.

Bis dahin danke für alle Posts,
gerade solche Diskussionen bringen mich weiter, so wie Lerana es mit schönen Worten bildlich erklärt hat.

Herzlichen Gruß an alle
und bis bald,

Ulysses
Tabarka1
Beiträge: 267
Registriert: 10. Feb 2013, 13:34

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Tabarka1 »

Hi an alle,
@ Sadie: ich glaube, dass an Deiner Wahrnehmung was dran ist.( siehe mein Beitrag) und es gibt auch anders depressive Männer in der Reha habe ich z.B. zwei kennengelernt. Wie das alles zusammehängt, keine Ahnung - meiner ist jedenfalls mit der " male depression" diagnostiziert. Und: trau Dich bitte weiter zu schreiben, was Dir einfällt, ich fürchte sonst wird es langweilig hier, wenn wir alle Scheren im Kopf haben.

@Annette: ich drücke die Daumen und bin froh, dass ich Studium vor der Rente überlebt habe, hoffe das auch für Dich. Danke für Deinen Beitrag, ich finde die Diskussion auch sehr spannend.

@Ulysses: gute Besserung fürs Auto
Schönes WE
Tabarka
Wann, wenn nicht heute... ?
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Lerana »

Liebe Ulysses,

oh Mist mit deinem Auto. Es tut mir leid, dass du so viel Stress hast. Ich hoffe, er lässt bald nach und wie immer bin ich gespannt darauf, deine Gedanken hier zu lesen.

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
SadSadie
Beiträge: 114
Registriert: 17. Jan 2013, 04:55

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von SadSadie »

Hi Tabarka,

danke für Deinen Beistand.

Eigentlich bin ich gar keine Angehörige mehr - denn ich habe mich an die Worte meines depressiven Partners gehalten, ich habe ihn in Ruhe gelassen, von einem Tag auf den anderen. Und was hat es gebracht? Nichts! Höchstens Fragen meinerseits.
Vielleicht hat er sich wirklich bereits das Leben genommen, keine Ahnung. Interessiert mich auch gar nicht mehr. Es ist sein Leben. Und ich habe meines. Weiss eh nicht, ob es einen Sinn macht, wenn man einen depressiven Partner hat, der in seiner eigenen Welt lebt, mit dem man nichts planen kann (weil er es einmal genauso möchte - Unternehmungen, Familienfeiern - und dann doch nicht), der in schwierigen Zeiten eh nicht "anwesend" ist. Für mich stellt sich - auch nach den vielen anderen Berichten hier - die Frage, ob man mit einem depressiven Menschen überhaupt eine Beziehung eingehen sollte. Ich sage: Nein!

Anders der Fall, wenn man schon jahrelang verheiratet ist und die Erkrankung dann den Ausbruch nimmt durch Umstände, die nichts mit der Ehe zu tun haben (wie Jobverlust, Schicksalsschläge). Dann wäre es für mich keine Frage, zu dem Partner zu halten.

Ich werde jetzt bestimmt als herzlos hingestellt. Aber ist mir auch egal.
Dann bin ich eben egoistisch. Es war ein langer Weg dahin, ihn so ganz aus meinem Leben zu streichen. Aber ich hab auch ein Leben - und ich will leben... und wenn ich einen Partner habe, den ich liebe, dann will ich das auch leben, also mit ihm zusammen sein, gemeinsam entscheiden. Und nicht jeden Tag auf einen guten Tag hoffen, wo er mir nicht ausschließlich die Ohren volljammert, wo mal ein Gespräch auf Augenhöhe stattfinden kann, ich nicht allein am Tisch beim Essen sitze, er den Weg aus dem Bett schafft, er nicht ungekämmt (möchte nicht sagen ungepflegt) durch die Gegend läuft usw.

Wo bleibe ich da? Dann kann ich auch allein bleiben, hat den gleichen Effekt. Und sogar noch den, dass ich besser schlafen kann, mir nicht ständig Gedanken machen muss, nicht nächtelang im Internet recherchiere, welche Behandlungsmethoden noch in Frage kämen (nach 20 Jahren diagnostizierter schwerer Depression mit zig Klinikaufenthalten und dauerhafter Therapie - mehr oder weniger erfolgloser), mein Leben leben kann, lachen kann, Spaß haben kann (denn das wird einem als gesunder Angehöriger geneidet und vorgehalten!). Aber ich lebe auch nur einmal.

Ich hätte mich also gar nicht angesprochen fühlen sollen durch Annettes Thread.
Hab ich aber.
Weil ich hier von so vielen Schicksalen gelesen habe.
Und ich finde es nur allzu normal, wenn um eine Beziehung gekämpft wird, wenn sie schon länger besteht, wenn man verheiratet ist, wenn Kinder da sind, Werte, die man sich gemeinsam geschaffen hat.
Hallo - das schmeißt man doch nicht weg!
Oder es stehen dann zwei Parteien vor dem Ruin.... der Depressive, der auszieht, nicht arbeiten gehen kann, der sich einigelt in seinem neuen Heim... und der gesunde Part, der dann durch sein Einkommen das Haus nicht halten kann, der überfordert wird mit Allem, so dass er selbst noch erkrankt.
Und dann gibt es die, die weiter kämpfen - das sollte man ihnen hoch anrechnen, dass sie nicht egoistisch sind, dass sie an ihren Partner glauben, dass sie die Hoffnung auf eine Besserung haben...
Dass man als Angehöriger auch Fehler macht, gehört dazu. Man weiß es nicht besser... und auch Bücher/Therapeuten treffen unterschiedliche Aussagen bei Ratschlägen. Aber wir sind MENSCHEN! Die sind nicht unfehlbar. Die haben Gefühle! Die haben Wünsche/Vorstellungen!
Und letztendlich muss jeder für sich entscheiden, was er wie macht... denn wir sind auch Individien - trotz vieler Verhaltensmuster.

Aber Depression macht dünnhäutig... sonst wäre dieser Thread wohl nicht entstanden.

Schönes Wochenende!
Sadie
Frieda52
Beiträge: 50
Registriert: 22. Jul 2012, 01:00

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Frieda52 »

@ Sadie:

(denn das wird einem als gesunder Angehöriger geneidet und vorgehalten!).

Klasse Sadie! Genau so.
"Du hast wohl immer Zeit...."
"Ist ja schön, wenn Du Dein Leben so im Griff hast..."
"Duuu genießt also den Tag...."

Und ich stimme Dir zu, wenn man relativ schnell merkt, dass der Partner depressiv ist, sollte man gehen.

Liebe Grüße

Frieda
Ulysses
Beiträge: 594
Registriert: 19. Jan 2013, 17:34

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Ulysses »

Hallo Ihr Lieben,

als erstes herzlichen Dank für die guten Wünsche für mein Auto und für's Daumendrücken. Ich weiß noch nicht, wie es weitergeht damit, aber erfahre es nächste Woche (und ihr dann auch ) So viel zum erwähnten "Köpfchen streicheln", das tut gut und hilft durch blöde Tage.

Aber auf die Dauer wirklich weiterkommen, das gelingt meiner Meinung nach eher durch Threads wie diesem hier. Ich habe die Diskussion deshalb gerne gelesen.

Das Thema selber finde ich ehrlich gesagt gar nicht so kontrovers. Wie bereits oben erwähnt "Depressionen machen dünnhäutig", und zwar Erkrankte UND Angehörige. Das ist für mich total verständlich, auf beiden Seiten. Es geht an's Eingemachte, an Gefühle, es geht um Angst, um den Verlust von Menschen, um das Verabschieden von Lebensentwürfen, um große Veränderungen, lange Wege und Geduld. Wer dabei immer neutral, freundlich und gelassen bleibt, der ist mir ehrlich unheimlich.

Mir geht es eher um andere Fragen: Was tickt mich denn an manchen Beiträgen so an? Warum schießt in mir die Wut hoch? Was macht mich so rasend? Dinge, die nichts mit mir, meinen Vorerfahrungen, meinen Ängsten, Wünschen oder Enttäuschungen zu tun haben, die lösen (fast) nie solche Reaktionen bei mir aus. Es sind eher die Dinge, die meine eigenen Themen berühren, vielleicht auch Themen, die ich schon lange hinter mir gelassen habe und deshalb keine Geduld mehr dafür habe. Oder Vorwürfe, die ich als Erkrankte über Jahre selber x-fach gehört habe und sie jetzt kein einziges Mal mehr lesen will. Oder Themen, die sich gerade aufgrund einer neuen Lebenssituation schmerzhaft in mein Leben gedrängt haben und deshalb aktuell ganz besonders weh tun.

Egal was davon zutrifft oder auch nicht, ich weiß: Überall da, wo ich so extrem "anspringe", versteckt sich (positive) Beute für mich. Es lohnt sich für mich immer, hinzugucken, was das vielleicht mit mir zu tun haben könnte. Oder ob ich mich innerlich deutlicher abgrenzen will. Oder meine (gegenteilige) Meinung mitteilen, oder meine Meinung ändern und neue Wege gehen, oder...

Abgesehen davon fallen deutliche Verallgemeinerungen mittlerweile durch mein Raster im Kopf, ich fühle mich davon generell nicht mehr angesprochen. So wie ich im realen Leben auf Sätze wie "immer machst Du.." "nie hilfst Du mir..." nicht mehr anspringe. "Immer" und "nie" stimmen nämlich höchst selten, und es hilft mir viel mehr, die konkrete Situation anzuschauen. Es reicht mir, zu klären, warum ich HEUTE dieses oder jenes getan (oder nicht getan) habe. Zu klären, warum ich das angeblich nie tue, ist mir mittlerweile ehrlich zu anstrengend. So verlaufen auch typische "Überforderungs-Streitereien" hier viel schneller im Sand.

Wenn ich selber einen Tag spüre, an dem ich am liebsten dauernd "immer" und "nie" sagen will, dann muss ich mich dringend um Entlastung kümmern und Druck rausnehmen. Und um verallgemeinernde Beiträge mache ich dann einfach einen Bogen, wenn ich sie nicht tolerant und offen beantworten kann oder will.

Ähnlich gruselt es mir vor verallgemeindernden Einschätzungen der Krankheit, denn es gibt den "typischen Depressiven" nicht. Auch wenn sich vieles ähnelt (sonst wäre ein Forum wie dieses ja gar nicht sinnvoll), ist doch jeder Mensch wieder völlig anders, mit anderer Vorgeschichte, anderer Therapieerfahrung, Alter, Erkrankungsdauer, Ausprägung usw. Vor allem das ist glaube ich schwer zu erfassen, wenn man entweder gerade ganz am Beginn der eigenen persönlichen Erkrankung steht oder bisher vielleicht nur wenige Betroffene kennengelernt hat.
Gerade der Schlusssatz von Dir, Annette, der hat z.B. für mich persönlich lange Zeit nicht zugetroffen:
ich habe Depressionen- aber ich habe weder eine Eingeschränkte Urteilsfähigkeit noch Probleme, zu wissen was ich will!
Ich hatte massive Einschränkungen in der Urteilskraft, und es war mir unmöglich, zu wissen, was ich will. Und auf völlig andere Art und Weise und trotzdem als massiv eingeschränkte Entscheidungskraft erlebe ich es heute bei meiner Partnerin. Ich glaube, gerade solche Erfahrungen traumatisieren Angehörige regelrecht. Und trotzdem hilft dann eher konkret die eigenen Erfahrungen und die Fassungslosigkeit zu berichten und sich Hilfe zu holen, als (eben wieder) Verallgemeinerungen über die Krankheit (und meine Wut dabei mit) am Kochen zu halten.

Ich habe großes Verständnis dafür, wenn jemand sagt, ich möchte in meinem Leben kein Angehöriger einer depressiv erkrankter Person mehr sein. Würde das als eigenes Ziel für die Zukunft auch so formulieren (in Hoffnung auf den weiteren erfolgreichen eigenen Therapieweg sowei den meiner Partnerin). Aber nach meinen obigen Sätzen zum Thema Verallgemeinerung muss ich vermutlich nicht mehr deutlich schreiben, was ich von der Formulierung halte, sofort zu gehen, wenn man die Erkrankung schnell merkt. (Man kann auch später gehen, die Krankheit legt keine Ketten an. Und sich mit den eigenen gefühlten emotionalen Ketten auseinanderzusetzen und aus eigenen Verletzungen zu lernen, das macht für mich Entwicklung und Leben aus.)

Aber ich glaub, ich fang an, mich zu wiederholen...

Deshalb Ende des Romans und herzliche Grüße,

Ulysses
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Lerana »

Ach Ulysses,

danke für deinen Beitrag!!!! Wie treffend!

Und liebe Blümli, danke für das Feedback und wie froh bin ich, dich hier doch noch lesen zu drüfen.

Ich kenne Frauen mit Kopftuch, die deutlich emanzipierter sind, als ich, Punker, die spießiger sind als manch christdemokrtischer Pateivorsitzender, Depressive, die mutiger und tatendragingiger sind als manch Manager, Männer, die einfühlsamer sind, als ich es je sein könnte....

Kurzum: Ich fände es einfach schade, nicht mehr staunend und frohlockend neben all dieser Vielfalt stehen zu dürfen und sie aus meiner Wahrnehmung streichen zu müssen.

Und all das schreibe ich, wo mein Liebster so typisch männlich auf seine Depression reagiert, wie es nur geht: er will noch mehr arbeiten, mit noch mehr Verantwortung, Lyalität und Stolz sind für ihn wichtige Schlagworte und auf schlimmer depressive Schübe reagiert er mit Zorn und zwar überwiegend auf alle anderen. Ich weiß, das ist "typisch" und doch will ich mich hüten vor dem Gedanken: Klar, das muss so sein, er kann halt nicht anders.

Denn wenn ich aufhörte, daran zu glauben, das man eben doch anders kann, dass man auch typische Muster überwinden kann, dass es auch junge Bezihungen zu depressiven Menschen gibt, für die es sich loht, zu glauben, dann könnte ich gleich alle Therapeuten abschaffen, denn dann verändert sich nichts.

Und all das heißt nicht im Mindesten, dass ich mich schlecht behandeln lassen muss, dass ich hinnehmen muss, wenn jemand doof zu mir ist, sondern ganz im Gegenteil.

Ich danke euch für diese Diskussion! Zu gehen, wenn man es mit einem despressiven oder sonstwie gearteten Menschen nicht mehr aushält, ist nicht egoistisch. So ist das! Und auch wenn es hart ist, kann ich als Betroffene nicht ständiges Verständnis erwarten.

Mir hat eine Freundin damals gesagt, ich kann nicht mehr immer über deinen Kummer reden, jetzt muss ich auch mal dran sein. Und ja, das war Wasser auf meine Mühlen, mich für einen schlechten Menschen zu halten, aber es hat die Freundschaft gerettet und intensiviert. Ich bin dieser Freundin, übrigens eine der wenigen, die die Courage hatte, mir zu sagen, jetzt reicht es, jetzt muss ich auch mal dran sein, dankbar, denn ich wusste und konnte mich darauf verlassen, sie würde mich nicht kampflos aufgeben, nicht so lange hinnnehmen, bis sie es nicht mehr aushält, sondern sie sorgte dafür, dass auch sie geseheh wurde. Sie nahm die Verantwortung für ihren Anteil in der Beziehung selbst in die Hand. Wir einigten uns darauf, dass ich so beschäftigt bin mit mir, dass ich vielelicht deutliche Zeichen brauche, um zu erkennen, wann das Maß an Zuwendungsverlangen und Verrständins voll ist. Und auch wenn es mich einige Therapiesitzungen gekostet hat, das nicht als Zurückweisung zu empfinden, weiß ich heute, dass sie mir kaum einen größeren Freundschaftsdienst hätte erweisen könne.

Ich bin mir sicher: Erwartungen und Enttäuschungen zu formulieren, gepaaart mit der Bereitschaft, diese zu überdenken zu verhandeln etc., ist nicht falsch. Und es kann von einem Depressiven durchaus erwartete werden, zu sagen, ich kann dein Bedürfnis nach Nähe gerade nicht stillen, ich weiß, dass das für dich gerade schwer ist, aber ich kann nicht und dann muss es dem Angehörigen erlaubt sein, zu überlegen, wie lange ich das aushalten kann, wie lange ich bereit bin, darauf zu verzichten.

Und noch eins: Ich habe entschlossen, keine Agressivität mehr auszuhalten. Zumindest keine ernstzunhemende. Ich lasse mich nicht mehr beschimpfen und das, obwohl es vielleicht typisch ist für eine männliche Depression.

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
bigappel
Beiträge: 1488
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Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von bigappel »

Guten Abend Ihr Lieben,

jeder hat sein Recht auf seine Meinung und kann diese auch niederschreiben.

Ich bin zwar verheiratet, wir haben aber keine gemeinsamen Kinder und nichts gemeinsam aufgebaut; mein verrenteter Mann fällt auch nicht in ´s finanzielle Nichts, wenn ich ihn verlasse; ich stehe eh auf finanziell eigenen Füßen; Planung (mal eben so umziehen von heut auf morgen wäre auch mir mit dem gesamten Hausstand nicht möglich) zwar von Nöten, aber im Großen und Ganzen gibt es von Seiten der Verpflichtungen nichts, was uns zusammenhält.

Nachdem sich akut ein Berg von Problemen organisatorischer Art und für meinen Mann emotionaler Art massiv in den letzten Monaten aufgebaut hat, hat sich endlich für alle eine Lösung ergeben.

Es ist o.k., wenn jemand persönlich für sich entscheidet: ein Depressiver Mensch.... für mich als Partner : no way!

Für mich käme ein Raucher auch nicht in Frage.

Allerdings ist es mir ein großes Bedürfnis hier auch mal ganz klar zu schreiben, dass diese Verallgemeinerung, was alles mit einem depressiven Menschen nicht geht, so generell falsch ist.

Phasenweise ja: deshalb ist es ja so wichtig, bei sich zu bleiben.

Aber nicht auf ein gesamtes Leben bezogen.

Wir haben jetzt gut durchdacht gemeinsame Pläne umgesetzt, die auch für uns gemeinsame finanzielle Verpflichtungen darlegen.

Und?

Ich freu mich drauf und bin absolut davon überzeugt.
Das ist auch und gerade mit meinem Mann möglich.
Wir haben kritische Dinge, schlechte Phasen angesprochen und soweit möglich, vorgesorgt.

Überforderung meines Mannes wird vorprogrammiert sein, aber ja nunmal bekannt und daher in einem gewissen Rahmen planbar.

Für den einen halt: Partner mit Depressionen: nie wieder; ich würde meinen Mann jeden Tag nochmal heiraten.

Viele Grüße
Pia

P.S.
Mein Mann hat auch Depressionen, war aber noch niemals aggressiv zu mir.
Scheinbar ist er dann wohl kein "richtiger" Mann?!
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
sunshine45
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Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von sunshine45 »

Hallo Anette und alle anderen hier,

ich war ja noch vor Jahren selbst Angehörige und befand mich damals in der gleichen Spirale wie viele andere hier.

Vieles was im Eingangsposting steht, habe ich damals auch so empfunden und finde auch nach wie vor, dass einiges davon sehr wohl der Depression zuzuordnen ist.

Gleichzeitig kann ich aber auch verstehen, dass manche Betroffene sich durch solche Aussagen angegriffen bzw. sogar beleidigt fühlen.
Jemand, der sich nur in einer leichten depressiven Phase befindet, empfindet oben genannte Statements bestimmt als Angriff, während sie auf Menschen in einer mittelschweren/schweren depressiven Phase auch wieder sehr gut zutreffen können.
Auch gibt es ja häufiger immer mal große Stimmungsschwankungen bei den Erkrankten, die den Angehörigen immer wieder zwischendurch große Hoffnungen machen und diese am nächsten Tag schon wieder zerstört werden. Dieses Wechselbad der Gefühle ist nicht nur für den Betroffenen, sondern auch für den Angehörigen schrecklich und führt dazu, dass man als Angehöriger seine Toleranzgrenze immer weiter ausdehnt.

Ebenso gibt es meiner Meinung nach auch wirklich einen großen Unterschied zwischen Depressionen bei Männern und Frauen.
Ich glaube das Fatale an der ganzen Situation ist, dass sich einige Angehörige in eine Art "Opferrolle" begeben. Bei mir war es damals auf jeden Fall so und ich habe nur noch reagiert und nicht mehr aktiv auf mein Leben eingewirkt.
Dadurch kam auch die Betrachtungsweise, dass mein damaliger LG durch seine Depressionen auch an meiner schlechten Verfassung schuld war.
Aber das konnte ich damals nicht sehen und wenn ich hier noch ab und an lese, so finde ich mein damaliges Verhalten bei so einigen Angehörigen hier auch wieder.
Aber jeder von uns hat sein eigenes Tempo, seine eigene Vergangenheit, Schmerzgrenze und befindet sich in einem anderen Lernstadium.
Wie heißt es so schön: Später ist man immer schlauer!

Manche hier kämpfen auch schon so lange als Angehörige gegen die Depression oder haben schon soviel ausgehalten, dass sie einfach nicht aufgeben wollen bzw. sich auch nicht mehr eingestehen können, dass der "Zug schon lange abgefahren ist" bzw. die Schwierigkeiten in der Partnerschaft nicht unbedingt nur durch die Depression kommen, sondern evtl. auch noch andere Ursachen haben.

Ebenso ist es auch häufiger mal der Fall, dass die Depression nicht unbedingt immer an 1. Stelle steht, sondern noch andere psychische Begleiterkrankungen im Spiel sind, die genau solche Aussagen wie die im Eingangsposting genannten beinhalten.

Bei so einigen hier habe ich das Gefühl, dass sie nicht hinsehen wollen bzw. auch gar nicht hinsehen können, weil sie seit langer Zeit nur noch funktionieren und ihr eigenes Leben schon längst verloren haben.

Manchmal kann man sich selbst helfen, indem man sich jeden Tag oder bei bestimmten Situationen immer wieder fragt: Will ich das wirklich? Je öfter man diese Frage mit nein beantworten kann, desto größer wird die innere Stärke eine gewisse Distanz aufbauen zu können und sein Leben vielleicht mal aus einer ganz anderen Perspektive zu sehen.

Rückblickend kann ich sagen, dass unser damaliges Zusammenleben immer dann etwas erträglicher wurde, wenn ich mich gewehrt habe und ihm auch mal ordentlich meine Meinung gesagt habe. Es gibt keinen Grund ständig Rücksicht auf Depressionen zu nehmen, wenn man es selbst nicht mehr aushalten kann.

Bitte fragt Euch selbst ganz ehrlich, ob Euer Leben so wirklich noch lebenswert ist. Manchmal kann man ja auch Beziehungspausen machen und jeder der Beteiligten nutzt diese Phase um mal wieder Energien zu tanken.

Ich wünsche Euch Allen hier alles alles Gute.
die Koboldin
Love it, leave it or change it!
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von bigappel »

Liebe Koboldin,

frei nach den sozialen Netzwerken "Daumen hoch" .

Vielleicht ist es malwieder Wort-auf die Goldwaage legen", aber die Diskussion, die wir hier mit Blümli vor Jahren so intensiv hatten "worauf hoffe ich eigentlich"; um diese dreht es sich in meinen Augen immer und immer wieder.

Du schreibst: manche kämpfen hier gegen die Depression des Partners schon so lange....

Ich denke, ich weiß was Du meinst, möchte aber trotzdem meine Gedanken dazu nochmal niederschreiben:

Wer gegen die Depression des Partners dauerhaft kämpft, hat in meinen Augen schon verloren, weil es kein Kampf ist und wenn schon, dann nicht unserer.

In meinen Augen ist das einzige, was ich als Angehörige tun kann, mich (wie Du auch schreibst) - wenn nötig jeden Tag - immer wieder prüfen, ob es mein Leben ist, was ich da führen und jenes, welches ich leben möchte.

Ich kann viele Denkweisen der Angehörigen im Anfangsstadium mehr als gut nachvollziehen: mit Therapie wird alles anders, besser, das wird wieder ...... aber das Leben mit meinem betroffenen Mann hat mir etwas anderes gezeigt.

Herzliche Grüße
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Tabarka1
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Registriert: 10. Feb 2013, 13:34

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Tabarka1 »

Einen sonnigen Sonntag an Alle,
Krankheit in Familie hat mich dazu verführt zuviel zu geben. Beim Sterben meiner besten Freundin - Krebs - Tod in 8 Wochen nach Diagnose. Ich wusste das Ende ist nah, mehr geht nicht und bin über meine Grenzen gegangen.
Beim Sterben meiner Mutter genauso. Und auch hier, habe ich meine Grenze nicht wirklich akzeptiert.
... und nach diesen Krisen konnte ich mich wieder aufbauen.

Bei Depression funktioniert genau das aber nach meiner Erfahrung nicht - über die eigene Grenze gehen. Mich hat das geschwächt. Mir die Kraft genommen, notwendige Entscheidungen umzusetzen. Zeitweise war ich genauso verschwommen, wie mein depressiver Mann.
Und als ich wach wurde, gabs für mich erst mal nur Drama.
Ich finde den Weg daraus als Angehörige genauso wichtig, wie schwer.
Und bei uns kam und kommt alles auf den Prüfstand. Wir werden sicher keine Fernsehbilderbuchfamilie mehr werden.

Auch ohne Depression nicht. Ich werde die getrennten Schlafzimmer nicht mehr her geben. Ich möchte nicht wissen oder auch nur insgeheim kontrollieren, wann mein Mann ins Bett geht, ob er nachts arbeitet...
Auch den gemeinsamen Traumurlaub wirds nicht mehr geben. Es gibt Urlaube mit vielen Kompromissen auf beiden Seiten, die schön sind, weil wir es zusammen erlebt haben.
Und es gibt Traumurlaube, die so sind, wie ich sie liebe: Action, Abenteuer, Spaß, Internationalität ....
Und ich glaube ich würde heute auch nicht mehr heiraten. Mein Mann hat nie an mir und unserer Beziehung gezweifelt und er hat so schlechte Erfahrung mit seinen Eltern mit Ehe, dass verheiratet sein für ihn eine Last ist. Verstehe ich aber erst heute, nachdem ich für diese Projektionen ein wenig zu oft herhalten durfte (er sicher auch für meine, aber eben nicht beim Thema Ehe).
Depression zwingt mich dazu, mich selbst zu spüren und eben dies in die Welt zu tragen und mich mit meinen ganz eigenen Gefühlen und den Gefühlen meines Gegenübers auseinanderzusetzen.
Und dann macht das Traumhaus mit Traumgarten eben keinen Sinn mehr. Es würde das Leben zwar sehr vereinfachen, wenn dies nun gerade der Wunsch von uns beiden wäre. Aber er ist es nicht. Ich muss mein eigenes Leben entdecken, mich zumuten und die Zumutung des anderen aushalten, mich mit ihr auseinandersetzen oder gehen.
Jede findet darauf, glaube ich jeden Tag wieder neue antworten. Ich danke euch allen, dass ihr sie mit mir teilt.

Tausend Träume und einen festen Boden um den einen oder anderen in die Welt zu tragen wünsche ich euch und mir
Tabarka
Wann, wenn nicht heute... ?
Lerana
Beiträge: 2088
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Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Lerana »

Liebe Pia,

wie du weißt, habe ich dir ja mal einen alternativen Heiratsantrag gemacht und jetzt wo du festgestellt hast, dass dein Mann gar kein richtiger Mann ist, könntest du doch auch...

Für dich würde ich sogar mit dem Rauchen aufhören!

Mal ohne Scherz, tolle Postings, wie gut, dass du hier bist. Ich bin fruchtbar neugierig, was dein Mann und du so alles vorhaben (aber lass dich bloß nicht drängen, was zu schreiben, was du lieber für dich behalten möchtest!!!!) und ich wünsche dir alles, alles Liebe!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von bigappel »

@ Lerana:



Was wir vorhaben:

Krankheit in Leben einbauen, soweit notwendig
und leben...... .

Wird ja langsam auch mal Zeit.

Es gab durchaus Zeiten, in denen ich mich mal gefragt habe, ob eine Frau nicht die "bessere" Alternative wäre..... .

Aber mit meinem "unmännlichen" Mann hab ich ´s ganz gut getroffen, nur: wenn ich an das PS - Starke Auto in der Garage denke..... er ist wohl doch "nur" ein Mann .

LG und danke für ´s tolle "Angebot"
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Ulysses
Beiträge: 594
Registriert: 19. Jan 2013, 17:34

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Ulysses »

Lerana

Perfekter Plan, generell rennst Du ja beim Thema alternative Heiratsanträge bei mir offene Türen ein. Aber ich muss euren Plan leider ein wenig desillusionieren: Frau und Frau wandelt auch nicht generell rosa watteweich harmonisch redend durchs Leben. Zumindest spätestens dann nicht mehr, wenn es wirklich ernst wird mit den Gefühlen. Dann kann ich nämlich gar nicht mehr gut reden, also ganz normal wie bei Mann und Frau auch.

(Sorry, dass ich mich da in euren Scherz eingemischt habe, aber die Steilvorlage konnte ich mir nicht entgehen lassen.... *g)

Um die bunte Welt der Individualität noch ein bisschen bunter zu machen: Es gibt auch Frauen mit typischen Symptomen einer male depression, das kann ich aus eigener Angehörigen-Erfahrung ganz eindeutig bestätigen.

Und auch von mir nochmal ein danke für die weiteren Posts. Vor allem Deine Gedanken, Tabarka, haben mich wieder zum denken angeregt.

In diesem Sinne für heute gute Nacht,

Ulysses
Blümli
Beiträge: 782
Registriert: 18. Jan 2011, 18:41

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Blümli »

Hej Ihr Lieben hier,

es ist mir ja echt super peinlich, da verabschiede ich mich von hier und dann... ABER, ich kann es einfach nicht lassen

Die letzten Tage habe ich mich echt mächtig am Riemen zurückgehalten, weil es mich unwahrscheinlich gejuckt hat etwas zu den Themen * kämpfen, oder sogar "Kampf verloren" und mit dem Warten durchhalten, oder also "hoffen auf was..." * zu sagen.
DANKE liebe PIa, Du hast mich in meiner Anspannung erlöst

Es geht einfach hint' und vorn' nicht ums kämpfen, es geht ums LEBEN !!!! Und wenn ich warte und "durchhalte", dann stehe ich fest an einem Fleck und verpasse da höchstwahrscheinlich das Leben (auch das, wie es eben grade mit dem Partner möglich wäre)
Und es hat auch nichts mit "bewundernswerter" Selbstlosigkeit zu tun, wenn ich meinen Blick nicht von meinem Partner oder Freund wenden kann, im Gegenteil es ist bewundernswert, wenn es jemand schafft, trotz Angst die Beziehung zum Partner zu verlieren, seine Augen auf sich selbst zu wenden.

Und meine Erfahrung zeigte mir, dass alleine das, "Mich selbst ernst und wichtig nehmen" ( oft als Egoismus bezeichnet); "alle Hoffnung auf Beziehung aufgeben" und "das als Leben sehen können, was eben gerade möglich ist und nicht auf etwas warten, um dann endlich leben zu können", mir die "erhofften Erfolge" in meiner Beziehung/ Kontakt mit meinem besonderen Freund gebracht hatten.

Deshalb... für mich ist der Satz von Pia DER SATZ !!! >>Krankheit in Leben einbauen, soweit notwendig und leben...... . <<

Oh man (Mann), vielleicht sollte ich ja doch auch "umdenken", liebe Pia, Lerana und Ulysses, ihr wärt es wirklich wert

@ liebe annette, ich weiß nicht mehr, aber irgendwo hab ich gelesen, dass Du Dich aus dem Angehörigenteil zurückziehen wolltest, da Du ja auch eher "Betroffene" wärest. Ich finde dies schade, denn es ist so unwahrscheinlich toll, dass Du diesen Thread hier eröffnet hast. Es kommt mir hier viel zu selten vor, dass wir ( Betroffene und Angehörige) uns wirklich und echt miteinander auseinandersetzen, aber das ist für "wirkliches lebendiges Leben miteinander" Voraussetzung, dass man ins Gespräch kommt.
Ich will Dir noch mal ganz explizit danken, dass Du hier geschrieben hast.

Herzliche Grüße an alle hier

vom Blümli
^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
Sommerland
Beiträge: 216
Registriert: 9. Aug 2012, 08:21

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Sommerland »

Wie herrlich!!!

Opfer-Hopping!

Wer ist kränker?

Oder anders ausgedrückt:
Wer leidet mehr und benötigt deshalb auch mehr Aufmerksamkeit???

Mein Therapeut sagte mir mal:
Man muss nur lange genug mit einem Kranken zusammenleben, um schließlich selbst krank zu werden ...

D A N K E für diesen Beitrag!


Bianca (sehr depressiv und ganz un-gehörig und sogar mehrfach persönlichkeitsgestört - trotzdem selbständig denkend und lebend)
Irgendwas is ja immer...
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von bigappel »

Liebe Blümli ,

schön, dass Du wieder mitmischst!

Umdenken.

Ich glaube nicht, dass Du umdenken musst.

Was mich nur an unseren "Diskussionen" gestört hat ist, dass Du eben logischerweise Vieles nur "passiv" beurteilen kannst.

Bevor Du Dich wieder zurückziehst bitte ich Dich, zu Ende zu lesen, da es mir absolut nicht um einen Angriff auf Deine Person geht.

Mein Mann, bekanntermassen auch (wie Bianca auch so selbstbewusst von sich schreibt) auch mehrfach persönlichkeitsgestört und "nebenbei" depressiv hat ein funktionierendes Gehirn, ist sehr intelligent und ein klasse Mann.

Aber er hat halt Grenzen.
Diese Grenzen sind da und er lernt gerade, sie wahrzunehmen und zu wahren.

Wenn wir ein gemeinsames Großprojekt starten, bei dem schon dem gesunden Menschen schwindelig wird, bedeutet dies, dass die Überforderung da sein könnte, vermutlich da sein wird.

Dann ist es aber verfehlt, Verständnis zu haben (es ist nicht verfehlt, hilft in der Realität aber nicht) und ei, ei zu machen, sondern dann ist Handlungsbedarf von anderer Seite notwendig.

Vielleicht erinnerst Du Dich an meine Verzweiflung bezüglich des Schimmels im Keller.

Ich war so verzweifelt, weil ich juristisch nicht handeln konnte.
Mein Mann war depri-platt und ich saß handlungsunfähig daneben.

Doof.

Klar, hätte ich eine amtliche Betreuung bestellen können, hätte in diesem speziellen Fall aber nicht weitergeholfen (es ging um notwendige Gespräche innerhalb der Familie, die ich nicht führen konnte).

Das Ganze war für meinen Mann übel, hat ihn aber im Ergebnis wachsen (im wahrsten Sinne des Wortes "er-wachsen") lassen.

Resultat: wir konnten jetzt vieles gut klären, vorsorgen und jetzt kann ich unabhängig von meinem Mann (unter Absprache mit ihm bei Bedarf alleine, sonst gemeinsam) handeln!

Diese praktischen Erfahrungen um Umgang mit einem depressiven Partner fehlen Dir, liebe Blümlein aufgrund der anders gearteten Konstellation der Beziehung.

Ich kann mittlerweile mit vielen Dingen, die die Krankheit meines Partners verursacht umgehen, aber es gibt wirklich organisatorische Dinge, die auch in einer schweren Depri-Phase weiterorganisiert werden müssen, dann halt von mir.

Mein Mann kann damit leben, fühlt sich nicht bevormundet, weil er einbezogen wird; ich im Gegenzug betüttel ihn nicht mehr als notwendig; alles ein Ergebnis jahrelanger, gemeinsamer Auseinandersetzung.

Und bevor allgemein die Idee aufkommt, ich würde mein Helfersyndrom ausleben, indem ich meinen Mann bevormunde:

Nein, ich verwirkliche mir gerade meinen Lebenstraum ..... mein Partner sich auch.....(den hatte er schon, bevor es mich in seinem Leben gab); es ist in der Tat ein Geben und Nehmen, auch wenn mein Partner Einschränkungen hat und es ist trotz allem ein gemeinsames Ziel, dass ich insbesondere auch für mich unter Wahrung meiner Grenzen umsetze.

Die Argumentation von Biancas Therapeuten möchte ich so nicht stehen lassen:

richtig ist, dass man in der Tat verdammt aufpassen muß, sich und seine Kräfte sicherlich mehr im Auge behalten und prüfen muss, als in einer Partnerschaft ohne psychisch erkrankten Teil.

Aber der Satz ist mir zu plakativ.

Schließlich gibt es auch den Satz:
Therapeuten brauchen oft viel mehr Hilfe, als ihre Patienten.

Hoffen wir mal, dass Beides so nicht stimmt.

Liebe Blümli,
ich hoffe, wir konnten das klären und Du bist nicht mehr böse auf mich.

Es ist schön, dass Du Dich wieder offiziell einbringst.

LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Blümli
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Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Blümli »

Liebe Pia,

da hab ich wohl zu wenig der Worte verwendet - passiert ja eigentlich sonst eher das Gegenteil - und so hast Du mich wohl missverstanden. Ich meinte mit meinem "Umdenken" mein Denken auf einen Mann bezogen, weil es hier um "Hochzeitsanträge" bezogen auf "Frau zu Frau" ging Und dies meinte ich natürlich auch nicht so wirklich ernst und das hab ich versucht mit einem Zwinkersmile auszudrücken. Zja, das ging wohl daneben.

Ansonsten liebe Pia, ich war Dir in letzter Zeit ganz und gar nicht auf irgend etwas "böse". Eher denke ich sogar, da der ein oder andere hier mich in letzter Zeit missverstanden hat und wenn schon überhaupt "böse", dann "böse auf mich" war.

Ansonsten hast Du natürlich recht, ich hab ausschließlich nur eine Fernbeziehung zu meinem besonderen Freund unterhalten und diese wandelte sich dann ja auch schon nach kürzester Zeit in einen "Fernkontakt". Deshalb gibt es ganz bestimmt gewaltige Unterschiede in unserem praktischen Leben.
Aber ich habe festgestellt, dass wir im Grunde genommen an ähnlichen Punkten gearbeitet haben, um zu dem selben Ziel zu kommen und dies wäre (zumindest für mich) LEBEN.
Ich wollte damals mein Leben mit meinem besonderen Freund, so wie er es mit seiner Depression zuließ, leben. Und das habe ich hier in dieser Zeit begriffen, dass dieses "mein Leben" alleine in meiner Hand und meiner Verantwortung liegt.
Und selbst die Bereiche, von denen ich meinte, dass diese ja von meinem besonderen Freund und seiner Depression abhängig wären, liegen in meiner eigenen Verantwortung ob überhaupt und dann auch wie ich mit diesen leben möchte und kann.

Aber ich habe eben das Gefühl, dass ich genau das, was ich - über diese Beziehung und die dadurch entstandene Auseinandersetzung - meine verstanden zu haben, etwas grundsätzliches ist, was sich nicht nur auf Beziehungen mit Depressionshintergrund bezieht, leider nicht wirklich gut ausdrücken kann. Deshalb hör ich jetzt auf, bevor wieder irgend welche Missverständnisse entstehen.

Liebe Grüße

vom Blümli
^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
bigappel
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Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von bigappel »

Yep, totale Zustimmung insgesamt .

Mit dem Umdenken: stimmt, über den Nachsatz hatte ich mich auch gewundert .

Sieh es meiner langen Leitung bitte nach; bin so in meinen Plänen...... sorry!

LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Lerana
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Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Lerana »

Hallo ihr Lieben,

also nachdem du mein Angebot, liebe Pia, ausgeschlagen hast, wünsche ich dir nochmal alles Liebe bei euren Plänen.

Ulysses, ich fürchte auch Frau - Frau ist nicht zwingend einfacher. Aber man wird ja träumen dürfen!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von bigappel »

Dankeschön, liebe Lerana .

Naja, abgelehnt würde ich es nicht nennen;
bin ja nur schon verheiratet .

Liebe Ulysses: menno! Diesen Traum auch
ausgeträumt...... schade!

Wäre so schön; rosarote Harmonie mit einer Frau und den besten männlichen Freund als "Freundin".

Klischee läßt grüßen .
Aber trotzdem so manches Mal ein schöner Tagtraum, wenn die Männerwelt malwieder nervt.... bzw. eine völlig andere Welt zu sein scheint.....

LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Ulysses
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Registriert: 19. Jan 2013, 17:34

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Ulysses »

Hallo Ihr Lieben,

meine Worte des Tages hier sind die von Bianca:

Opfer-Hopping!

Wer ist kränker?

Oder anders ausgedrückt:
Wer leidet mehr und benötigt deshalb auch mehr Aufmerksamkeit???

Nachdem ich mich gerade an anderer Stelle intensiv mit dem Thema "Aufmerksamkeit" beschäftige, empfinde ich die Formulierung hier super treffend. Danke dafür.

Vielleicht in einer Konstellation mit mehreren Betroffenen in einem Haushalt besonders explosiv. Und für mich einfach spannend, weil ich in ein Umfeld mit Betroffenen hineingeboren wurde, es auch schwere körperliche Krankheiten gab und der Wettlauf um das Thema "Wem geht es am Schlechtesten? Wer braucht die meiste Ausmerksamkeit?" irgendwie schon beinahe mit meiner ersten Windel begann. Eigentlich schon davor...

Insofern willkommen in der nächsten Runde der Auseinandersetzung mit Dir, Ulysses.

Auch Blümli, Lerana, Pia und allen anderen hier herzlichen Dank für den Austausch. Und euch einen schönen sonnigen Tag.

Herzliche Grüße

Ulysses

P.S.: Zum Thema "kaputtgemachte" rosarote Klischees : Der männliche Freund als "beste Freundin" im realen Leben kann sehr wohl gut funktionieren. Also lasst euch eure watteweichen Harmonie-Träume nicht zerstören. Träumen darf und muss man IMMER, sonst wird's langweilig.
Brassner
Beiträge: 46
Registriert: 7. Mär 2013, 22:10

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Brassner »

Ich grüße alle "Vorredner".
Genau nach dieser Art von Beiträgen habe ich gesucht und waren der Grund für meine Anmeldung im Forum. Nachdem ich zahlreiche Broschüren, Bücher und Ähnliches durchgelesen hatte, fand ich leider nicht "die" Beschreibung von Symptomen, mit denen ich konfrontiert worden bin. Die brennende Frage nach dem "Warum ist Sie so?" stellte sich mir all zu oft. Und die Diagnose "Depression" machte mir sogar etwas Hoffnung, schien Fragen zu beantworten. Und, tat es leider nur im geringen Maße.
Meine Partnerin hat sich nach dem Schwanger-werden verändert, besonders in Ihrem Verhalten zu mir. Mißtrauen, Eifersucht, verbale Übergriffe mit Rausschmiss mit gleichzeitigen Trennungsängste(??) usw.usw.usw. Habe das alles nicht verstanden. Unendlicher Stress, furchtbar - sinnlose Streitigkeiten etc.etc.etc.
Als dann körperliche Symptome dazu kamen, war nicht mehr zu leugnen, das irgendwas nicht stimmte. Sie befindet sich zur Zeit in stationärer Behandlung.
Und ich stehe nach wie vor unwissend vor der Frage: "Was ist Symptom und was Charakter?"
Das kann mir leider niemand so recht beantworten, obwohl ich mich an beschriebenen Ähnlichkeiten hier im Forum klammere.
Ich weiß, dass ich nur ein Leben habe und ich bin so oft so wütend, dass meine Bedürfnisse zu kurz kommen, überhört und übergangen werden. Und dann kommen Zweifel auf...
Aber das ist ja letztendlich eines meiner Probleme, nicht das meiner Partnerin.
Ich möchte für mich, auch wenn ich auch hier einige Antworten gefunden habe, nicht aufgeben. Möchte trotz allem weiter durchhalten.
In der heutigen "Wegwerfgesellschaft" scheint das "In-guten-wie-in-schlechten-Zeiten" wohl mit dem allgemeinen Lebensstil nicht mehr mithalten zu können. Finde ich sehr schade. Fairerweise muss ich aber auch sagen, das ich hoffe, das viele von den vergangenen Vorfällen der Krankheit geschuldet sind. Und, das diese Vorkommnisse nach Durchlaufen der hoffentlich heilsamen Therapie nicht wieder auftauchen.
Und, endlich wieder gute Zeiten anstehen!!!
Ja, ich hoffe. Hoffnung stirbt zuletzt!
Und ich kämpfe. Wohl eher mit mir, aber auch für uns.
Immer wenn ich kurz davor war, alles hin zu schmeißen, gab es einen kleinen Lichtblick. Und "das Spiel" ging weiter, mit guter Miene. Sicher habe ich diesbezüglich viele Fehler gemacht, aber das passt besser in einen anderen Beitrag...
Wie lange ich jetzt noch Hoffen und Kämpfen kann, weiß ich nicht. Ob es 20 Jahre werden, wie manche es hier durchlitten haben, glaube ich kaum.
Paradox ist, das trotz allem Hoffen die Tatsache, das wenn Sie mir irgendwann ganz ruhig sagen sollte, nicht mehr mit mir leben zu wollen, ich dann glaube, loslassen zu können. Ich weiß nicht, warum das so ist.
Sicher habe ich mir aus den Anfangstagen unserer Beziehung eine Zukunft ausgemalt, die dann nicht eingetroffen ist.
Ich halte trotzdem an diesem Wunschbild fest, auch schon für die Kinder. Und klammere mich an das bereits erwähnte "In-guten-wie-in-schlechten-Zeiten". Doch beendet Sie es, nicht im Affekt, glaube ich mich umdrehen und die Last abfallen lassen zu können.
Ich möchte nicht falsch verstanden werden.
Ich liebe meine Partnerin, bin bereit, Sie in den schweren Zeiten weiter zu begleiten und zurückzustecken, aber nur, wenn Sie das auch möchte.
Und die Hoffnung, eine liebevolle Mama und Partnerin zurück zu bekommen, lässt halt viel Hoffnung auch die "Diagnose" schieben.
Andere Möglichkeiten, beispielsweise den Standpunkt "psychisch krank - nicht mit mir" kann ich nicht vertreten. Sie hat es sich sicher nicht so ausgesucht...
Auch die Tatsache, das meine ureigen ersonnene Schablone, in die meine Partnerin hineinpassen sollte, so gar nicht passt, möchte ich noch nicht wahrhaben.
Und wieder kommt die "Diagnose" als gern gesehener Unterstützer daher.
Nun denn, viele Beiträge lassen mich nüchtern in die Zukunft blicken, doch NOCH darf die Depression so Einiges, wenn auch nicht alles!

MfG, Brassner
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