Anfangs war nur mein Partner krank....

Antworten
MUT65
Beiträge: 448
Registriert: 18. Jan 2013, 11:59

Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von MUT65 »

Hallo Zusammen,

ich bin die Neue und möchte gern meine Geschichte erzählen.

Angefangen hat alles im letzten Jahr.Mein Partner und ich kamen gerade von einer schönen Urlaubswoche auf Sylt...da wurde er leider erneut arbeitslos...2011 hatte er schon einige Niederschläge zu verkraften, mit einer Selbststädigkeit Schiffbruch erlitten und versucht nur seit ein paar Jahren irgendwie Fuss zu fassen.

Wir kennen und lieben uns seit Anfang 2010. Das erste Jahr war wundervoll....soviel Liebe...soviele Pläne..aber ich merkte schnell das es ihm schwer fällt über Negatives zu sprechen...er wollte inmmer eine Art Oase mit mir leben.Zu der Zeit lebte mein jüngster Sohn noch bei mir, mit dem es ab Mitte 2010 große Pupertätsprobleme gab. Das belastete uns natürlich. Aber mein Freund stand mir stets bei, versuchte zu vermitteln und half so gut er konnte.

Wir waren ein wirkliches Team, planten zusammen zu ziehen, da die 50 km die uns trennen eine Belastung waren.

Dann wurde er wie schon beschrieben erneut arbeitslos....und fiel in ein Loch...so tief, dass ich ihn nicht mehr erreichte. Innerhalb ein paar Tage erkannte ich meinen Partner nicht mehr wieder. Er war abweisend, still und völlig verändert. Seine LIEBE zu mir schien wie eingefroren...ich litt schrecklich, da ich Kindheitsbedingt unter großen Verlustängsten leide.

Unsere Treffen wurde immer schwieriger...er war so still , so weit weg...sagte aber immer monoton dass er die Beziehung nicht beenden will, aber Zeit für sich braucht.
Ich hab all das nicht verstanden, wollte an seiner Seite stehen...mit ihm zusammen durch die Krise gehen, ihm eine echte Partnerin sein...doch er ließ mich nicht...

So zogen die Monate dahin, es war ein grausamer Sommer...mein Sohn war inzwischen zu seinem Vater ( Exmann) gezogen...ich fühlte mich sehr allein und war immer häufiger am Ende meiner Kräfte...

Meine Hausärztin schlug vor eine psychosomatische Reha zu machen. Bekam gleich eine Bewilligung und fuhr im Sept.2012 zur Kur/Reha. Meinen Partner ging es immer schlechter. Ich hatte ihm noch einen Termin beim Neurologen gemacht in der Hoffnung dass er auch hin geht.

Es gab immer mehr Rückzug, er hatte kaum noch Bedürfniss nach mir- wer uns zuvor kannte, weiß wie liebevoll er war...stets suchte er meine Nähe, er brauchte viel Zärtlichkeit, wir waren sehr körperlich miteinander.

Er ging zum Neurologen und bekam eine schwere Depression diagnostiziert. Ebenfalls eine Einweisung in eine Klinik. Bei einem Wochenende Zuhause brachte ich ihm aus meiner Klinik Aufnahmeunterlagen mit....endlich sah er ein, dass er Hilfe braucht.

Als ich wieder Zuhause war ( nach 6 Wochen) war er noch stiller und zurück gezogen als zuvor...kein liebes Wort mehr nichts....

Meine Ängste ihn zu verlieren blühten extrem auf...ich benahm mich oft nicht erwachsen, konfrontierte ihn mit meiner Angst immer und immer wieder...das war wohl zuviel...Ende Nov. kam er zu mir und beendete die Beziehung...er fühlt NICHTS mehr sagte er...

Ich fiel in ein großes Loch...eine Woche lang lag ich nur im Bett...er ist meine große Liebe...nach ein paar Tagen hieß es "ich glaube ich liebe Dich nicht mehr"...ich glaube.......

Es ist jetzt 8 Wochen her...wir haben ab und zu Kontakt, ich habe große Hoffnungen dass er wieder halbwegs der Alte wird, wenn er endlich in die Klinik kann. Soll spätestens Anfang Febr. sein.

Er blickt mich leer an......sieht schrecklich aus. Keine Arbeit, keine Gefühle keine Perspektive....bekommt nur HarzIV- wer schon einmal davon leben musste, weiß was das heißt...

Ich selbst nehme seit Ende Dez. ein AD - habe es nicht mehr anders geschafft...war nur noch mutlos und ängstlich.Habe auch therapeutische Hilfe...mein Verstand weiß alles...ich muss ihn in Ruhe lassen, aber es gelingt mir nicht...habe das Gefühl er verdrängt alles...und auch mich- dabei kann und will ich ihm nicht behilflich sein.

Das Hoffen ist das Einzige was mir von unsere Liebe geblieben ist - es ist so unsagbar schwer. Ich liebe ihn noch immer so sehr......

Das war es in Kürze. Werde mich ein wenig umgucken hier und lesen....

Lieben Dank
Mut
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.
Epikur von Samos
SadSadie
Beiträge: 114
Registriert: 17. Jan 2013, 04:55

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von SadSadie »

Hallo Mut,

es tut mir leid, was dir da widerfahren ist.... Und wieder: so viele Parallelen zu anderen Mit-Betroffenen.

Es ist schrecklich, was Depressionen aus einem Menschen machen können.
Eines kann ich dir ganz gewiß sagen - du bist nicht allein. Und dieses Forum tut gut, weil man etwas los wird und ein Feedback bekommt. Aber es stimmt auch traurig, wenn man von den vielen Schicksalen liest.

Vielleicht solltest du wirklich die Therapie abwarten, ob bei ihm ein Erfolg zu sehen ist, ob er an sich arbeitet, dass er wieder am Leben teilnehmen kann. Denn das funktioniert momentan ja nicht.

Lies mal den Thread von Schwester70 "Und jetzt???????" - du wirst dich dort wiederfinden.... hab ich auch.... und vor allem das Wesen des Betroffenen... Immer sehr ähnlich.
Hat mich sehr zum Grübeln gebracht...

Ich kann dir nur mein Mitgefühl aussprechen.

LG, Sadie
MUT65
Beiträge: 448
Registriert: 18. Jan 2013, 11:59

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von MUT65 »

Guten Morgen,

lieben Dank für Deine Antwort. Ja, ich finde mich sehr in vielen der Beiträge hier wieder...es macht mir nicht gerade Mut...und den brauche ich so dringend um die nächsten Wochen und Monate auszuhalten.....ich wünsche mir manchmal ich möge eines Morgens aufwachen und hätte weniger Gefühle für ihn....diese tiefe Liebe in mir...in das was war, was gut war und was wir BEIDE wollten ( das hat er mir sogar am Dienstag bei unserem Treffen bestätigt) hört einfach nicht auf.....ich werde noch mehr von Schwester70 lesen.

Lieber Gruß
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.
Epikur von Samos
lovelycarma
Beiträge: 101
Registriert: 18. Okt 2012, 18:06

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von lovelycarma »

Hallo Mut,

ich kann mich nur Sadie anschließen. Du wirst Dich hier in vielen Geschichten der Betroffenen wiederfinden.

Leider kann Dir hier niemand sagen, ob Dein Expartner sich einer Behandlung stellt, ob er wieder der Mensch wird, der er einmal war. Das er bereits eingesehen hat, dass ein Problem besteht ist der erste Schritt. Ein Therapie kann scheitern, kann aber auch das Heilmittel sein.

Du musst, auch im Bezug auf Deine schon angeschlagene seelische Gesundheit, Dich abgrenzen. Mach Dich nicht von dem Verlauf seiner Krankheit abhängig. Du kannst ihm nicht helfen (ich weiß diese Worte sind hart, ich habe selbst lang genug gebraucht um mir das einzugestehen)!

Ich wünsche Dir viel Kraft und viel Geduld!

LG lovelycarma
MUT65
Beiträge: 448
Registriert: 18. Jan 2013, 11:59

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von MUT65 »

...ich danke Dir. Mein Verstand weiß um all die Dinge die Du schreibst...aber es war eine so tiefe,innige Beziehung und mein Herz blutet sehr.Ich kann ihn einfach nicht völlig los lassen. Jeder Tag ist eine neue Herausforderung..Bin froh Euch gefunden zu haben.

Mut
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.
Epikur von Samos
0611
Beiträge: 9
Registriert: 18. Jan 2013, 22:57

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von 0611 »

Hallo Mut,
ich möchte dich einfach mal in den Arm nehmen. Ich stecke in einer ähnlichen Situation und weiß wie schwer das ist.
Wahrscheinlich bleibt uns wirklich nur das Hoffen...

Ganz liebe Grüße
Mieka
MUT65
Beiträge: 448
Registriert: 18. Jan 2013, 11:59

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von MUT65 »

...ist hoffen nicht eine Art Selbstbetrug...?

Es tut gut zu wissen dass man nicht allein ist. Ich fühle mich sehr oft sehr allein...weil ich nichts mehr tun kann als geduldig zu sein und abzuwarten....

Ich wäre so gern mal wütend auf ihn...es ist ja nicht so, dass er nur depressiv zu Hause umher sitzt...an diesem We war er z.B. mit seinem Sohn in München - mal eben 800 km fahren, da er Karten für die Bayern geschenkt bekommen hat....DAS GEHT ! Klingt vielleicht lächerlich, aber diese Gefühle sind auch in mir...habe den Beiden eine gute Fahrt und viel Spaß gewünscht....keinerlei Reaktion...es fühlt sich jedes Mal an, als wenn ich mir mit voller Absicht selbst weh tue.

Ich hoffe so sehr dass er endlich in die Klinik kann...dass er dort lernt seine Muster ( Verdrängen ) erkennt und sich aus ihnen befreit.

Ich schaue noch viel zu sehr nach IHM...viel zu wenig nach MIR...er fehlt mir so und an den Wochenenden ist es besonders schlimm. Ich habe die ganze Geschichte bis heute nicht richtig begriffen, verstehe zwar dass er zur Zeit nichts mehr fühlt, aber man kann doch auch über den VERSTAND zu seinem Partner stehen, wenn man merkt dass man auf gar keinem Gebiet mehr Gefühle hat, ist es doch klar, das es nicht an der Liebe zum Partner liegt...

Ich hadere soviel....hätte-wenn-aber....was hätte ich in den letzten Monaten tun können, damit es nicht zum Ende kommt. War es falsch soviele Verlustängste zu zeigen...mit Sicherheit war es kontraproduktiv, aber ich konnte oft nicht anders...es tut so weh hilflos mit ansehen zu müssen wie der geliebte Partner mehr und mehr zu einer toten Hülle wird.

Bei unserem letzten Treffen am Dienstag sagte er dass er sich wieder melden wird...das könne auch mal 2-3 Wochen dauern.

Das schaffe ich nicht. Das will ich nicht. Ich kann und will ihm nicht beim Verdrängen behilflich sein. Solange ich noch eine Chance sehe, möchte ich diese nutzen.

Es ist Sonntagabend...mir fällt es unendlich schwer hier allein zu sitzen...hab mir viele Kerzen angemacht, in mir tobt der Schmerz...wann wird es endlich besser....?

LOSLASSEN....ich kann es nicht mehr hören...und weiß doch dass ich es irgendwie schaffen muss...

Entschuldigt meine wirren Gedanken...sie müssen raus...

Viele Grüße

Mut
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.
Epikur von Samos
0611
Beiträge: 9
Registriert: 18. Jan 2013, 22:57

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von 0611 »

Nein, ich sehe Hoffen nicht als Selbstbetrug. Aber vielleicht ist es ein Rettungsanker, an den man sich klammern kann?

Mir geht es genau wie dir, ständig auf der Gefühlsachterbahn. Ich versuche zu verstehen, Verständnis zu haben, was mir an manchen Tagen auch gelingt. Und an anderen Tagen eben nicht. Dann bin ich super wütend und weiß doch gleichzeitig, dass ich nicht auf ihn wütend sein darf.

Loslassen ist schwer, denn eigentlich wollen wir doch helfen und unterstützen und den anderen eben nicht allein lassen. Vom anderen fühlt man sich dann zurückgewiesen und steht mit diesem Schmerz ziemlich alleine da. Und niemals weiß man, was jetzt der richtige Weg wäre. Das ist so hart.

Mein Freund lebt auch einen kleinen Teil seines Lebens ganz normal. Er schafft, es zum Beispiel für andere kleinere Arbeiten zu machen und ist dabei wirklich zuverlässig. Ich dagegen kann auf ein "Ich ruf dich morgen an" warten bis ich schwarz werde. Das macht mich wütend.

Liebe Mut, vielleicht kannst du deine Wut ja irgendwo herauslassen bevor sie dich zerfrisst. Sport? Irgendwie auspowern? Versuch dich abzulenken, unternimm etwas Schönes, sei gut zu dir. Tanke Kraft, ich fürchte, du wirst sie noch brauchen.

Aufmunternde Grüße
Mieka
MUT65
Beiträge: 448
Registriert: 18. Jan 2013, 11:59

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von MUT65 »

Liebe Mieka,

leider ist die Wut viel zu selten da. Sie ist ja ein aktives Gefühl, stärkt mich etwas um aus meiner Opferrolle zu kommen.

Die allermeiste Zeit ist TRAUER und SEHNSUCHT in mir - ich vermisse ihn/uns so sehr...

Es war eine so tiefe Liebe zwischen uns..wir beide ( ich 47, er 45 ) sagte so oft das es verrückt ist dass wir "so" alt werden mussten um eine solche Liebe erfahren zu dürfen...

Und dann kam doch alles anders....ich würde so gern wissen, wo sein Kopf UNS gelassen hat. Habe verstanden dass er nicht fühlen kann - aber was sagt ihm sein Kopf?

Habe eben die lange Geschichte von Schwester gelesen...unglaublich wieviel sie gegeben hat...um jetzt wieder hier zu landen...

Das ist meine tiefe Angst ! Es wird, auch wenn er mich zurück haben möchte,nie mehr so sein wie es mal war.Wird nicht immer diese Angst da sein...?

Heute Abend fehlt er mir wieder so sehr....werde jetzt auch Deine Geschichte lese, denn mir liegt viel an einem Austausch.

Danke, dass Du das Hoffen aus Deiner Sicht geschildert hast.

Viele liebe Grüße

Mut
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.
Epikur von Samos
MUT65
Beiträge: 448
Registriert: 18. Jan 2013, 11:59

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von MUT65 »

........ich wollte es lassen und mich nicht melden....

Doch die Sehnsucht nach Kontakt war wieder stärker als mein Verstand...hab ihm eben eine SMS geschickt, dass ich hoffe es hatte ein schönes WE in München und dass er Spaß und Freude fühlen konnte....

Sehe, dass er sein Handy aus hat...ich bin einfach zu blöd..dachte einen Moment lang es könnte ihn freuen...
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.
Epikur von Samos
SadSadie
Beiträge: 114
Registriert: 17. Jan 2013, 04:55

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von SadSadie »

Hallo Mut,

meine Worte bauen vielleicht nicht gerade auf, aber ich muss es jetzt einfach auch mal loswerden, bevor ich mich zum Schlafen lege - wenn ich denn kann.

Mein Wochenende war auch alles andere als erbauend - und ich musste Ähnliches erfahren wie du...
Es war die ganze Woche schon so, dass mein Freund superschlecht drauf war. Wir haben jeden Abend telefoniert - manchmal nur kurz, weil er einfach nur müde war und nicht reden wollte, manchmal länger. Und was ich mir da so anhören musste... er will nie mehr eine Beziehung haben... er hat alles so satt, dass er froh ist, wenn er es geschafft hat und auf dem Friedhof liegt... dass er sich was antun will... dass er bestimmte Personen (die er für seinen Zustand verantwortlich macht... ok, zum Teil ist das wohl richtig) am liebsten zusammenschlagen oder abknallen würde, wenn er denn eine Knarre hätte... dass er seine komplette Existenz "beseitigen" will - Job und Behausung aufgeben will usw.
Am Freitag fühlte er sich noch ganz mies. Ich kam mir in dieser Woche wirklich wie eine Therapeutin vor... hab mir alles angehört und hab versucht, dass er die negativen Gedanken umwandelt in "gute". Was mir teilweise sogar gelang... dass er sich bei mir bedankte und sogar mal ein paar liebe Worte übrig hatte.
Jedenfalls sagte er mir am Freitag noch, dass er am WE einfach seine Ruhe haben will. Und zu einer Feier am Samstag nicht gehen werde. Ich hatte ihm Tage zuvor noch geraten, doch zu der Feier zu gehen, wenigstens kurz - weil ich wollte, dass er sich nicht das ganze WE einigelt.
Er ist dann auch zu der Feier. Ich habe ihn am Abend - weil ich ja nun der Annahme war, er sei nicht gegangen - mehrfach angerufen. Er ist nur nicht rangegangen. Dann habe ich ihm eine SMS geschickt, weil ich mir natürlich Sorgen gemacht habe bei dem Zustand, den er schon seit Tagen hatte. Nichts, keine Reaktion.
Zwei Stunden später bekam ich eine recht lieblose SMS, dass er zur Feier war und dass es ganz nett war. Na super. Die ganze Woche ist er so leidend... plötzlich nicht mehr. Okay, dachte ich, dann ist mit ihm ja wenigstens alles in Ordnung. Hab ihm dann nur noch eine gute Nacht gewünscht... er mir aber nicht. Auch am Sonntag - Ruhe... kein Pieps. Ich habe dann - wie immer - angerufen am Abend. Sein Handy war aus!!! Hab es paar Mal versucht. Er muss es ganz bewusst ausgeschaltet haben - denn er weiß, dass ich jeden Abend anrufe. Er wollte das bisher auch so, es war immer okay. Also muss ich annehmen, dass er für sich entschieden hatte, nicht mit mir sprechen zu wollen. Ich war einfach nur enttäuscht... So schlimm können seine Depris ja nicht sein, wenn er von nachmittags bis fast Mitternacht feiern geht... aber für mich hat er keine 5 Minuten Zeit, einfach mal eine SMS zu schicken (z.B. dass er zur Feier geht... dass er ins Bett geht und nicht mehr telefonieren will... oder er hätte sich ja auch mal nachmittags melden können).

Ich weiß, dass er nicht immer selbstbestimmt handeln kann durch die Last der Depressionen. Aber manchmal schleicht sich bei mir der Gedanke ein, dass er auch sehr viel (z.B. abgesagte Treffen, Nichterscheinen) auf die Depressionen schiebt. Denn der Kopf ist doch nicht komplett ausgeschaltet! Man muss doch noch ein wenig die Folgen seines Handelns absehen. Im Job klappt das doch auch. Ich denke, er macht es sich manchmal etwas einfach. Weil er ja weiß, dass ich Rücksicht nehme.
Hattet ihr auch schon mal dieses Gefühl bei eurem Partner? Oder sehe ich das zu streng?

Und wenn ich dann die Beiträge von Mieka, Schwester und den anderen lese, die ihren Partner eigentlich "verloren" haben durch die Krankheit, dann kommt in mir die Frage auf: warum tue ich mir das an?
Liebe sollte unbeschwert sein, glücklich stimmen... aber das war bei mir schnell vorbei. Manchmal denke ich, es war die neue Situation für ihn, die ihm auch gut tat - denn wir sind erst wenige Monate zusammen. Und er hatte da in mir eine verwandte Seele gefunden.
Ich muss auch auf mich aufpassen, ich bin zwar ein Stehaufmännchen, aber habe selbst eindeutige Anzeichen von Depressionen. Nur habe ich gelernt, damit umzugehen, habe ein Ventil gefunden, was mir sehr hilft. Aber ich mag es auch nicht, wenn mich etwas herunterzieht... und ich musste mir schon vom Umfeld sagen lassen, dass ich anders bin (seit ich ihn kenne). Es gab auch schon Tage und Nächte, wo ich im Bett blieb, nur geheult habe, nichts gegessen habe...
Ich habe wirklich den Gedanken Trennung im Kopf... und dann fühle ich mich dabei so schlecht. Ich weiß nicht, was passiert, wenn ich es wirklich in die Tat umsetzen würde... Mein Gewissen hält mich davon ab... und mein Herz, das hängt ja an ihm! Aber dann ist eben auch dieses quälende Gefühl, dass ich ihm nicht helfen kann bzw. dass er nicht wirklich die Hilfe annimmt... bin mir sicher, dass er eine andere Therapie bräuchte...
Aber man lebt auch nur einmal... und warum soll man sich - gerade wenn man keine 20 mehr ist - sein Leben selbst so verderben?
*mich aber ganz schlecht fühlen bei dem Gedanken*

Danke an alle, die das jetzt gelesen haben... Sorry, dass es so viel geworden ist...

LG, Sadie
Ulysses
Beiträge: 594
Registriert: 19. Jan 2013, 17:34

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von Ulysses »

Hallo,

zunächst will ich hier allen Angehörigen Kraft wünschen. Ich bin zur Zeit beides, angehörig und betroffen, und schaffe es nicht, komplett alles zu lesen und zu antworten.

Aber ich möchte gerne zu diesem Satz etwas schreiben, der oben angesprochen wurde:
"...ist hoffen nicht eine Art Selbstbetrug...?"

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass der Weg aus der Depression eines überhaupt nicht vertragen kann: nämlich Zeitdruck. Und gleichzeitig weiß ich mittlerweile, dass ich als Partnerin einer Erkrankten eines überhaupt nicht vertrage: Unsicherheit, wie lange das noch so gehen soll.

Die Bedürfnisse widersprechen sich also komplett, und ich glaube, das ist in jeder Konstellation mit (mindestens) einer erkrankten Person so.

Für mich ist die Frage deshalb: Kann ich so, wie es ist, hier und jetzt leben? Ohne immer den Gedanken "wie lange noch" im Kopf zu haben? Finde ich meinen Platz, wo ich mein Leben (und mein Gesundwerden) als Angehörige nicht auf Eis legen muss. Trotz und auch neben der Erkrankten?

Dann habe ich Hoffnung, nämlich Hoffnung, dass sich mein Leben wieder in Richtung Leben verändert. Egal auf welchem Weg.

Hoffnung dass es eines morgens "klick" macht und alles ist wie früher, das ist für mich Selbstbetrug. Denn das wird es nicht, meiner Erfahrung nach. Aber Hoffnung, dass man neue Wege findet, die vielleicht anders aber nicht schlechter sind, die ist für mich berechtigt.

Liebe Grüße
Ulysses
0611
Beiträge: 9
Registriert: 18. Jan 2013, 22:57

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von 0611 »

Wisst ihr eigentlich wie hilfreich eure Beiträge sind? Es ist ein schönes Gefühl, nicht allein zu sein!

Sadie, ich kann dich so gut verstehen. Dieses Gefühl von Liebe ist oft unter so vielen Problemen begraben, doch man mag nicht loslassen. Auch ich habe mich gefragt, warum ich mir das antue und werde das auch von Freundinnen gefragt. Was bleibt da noch, wenn es selbst kaum "gute Momente" gibt? Aber Trennung? Alle Träume begraben? Meinen Freund allein lassen? Nein, das geht (noch?) nicht. Wir sind beide 46, seit 3,5 Jahren zusammen und hatten noch so viel vor. Die gemeinsame Existenzgründung hat mein Kopf übrigens bereits abgeschrieben, mein Bauch hofft aber immer noch, dass es irgendwie geht.

Schwester hat in einem anderen Beitrag genau das geschrieben, was ich auch oft denke. Mit anderen zusammen können unsere Freunde ihre Maske aufsetzen und irgendwie ganz "normal" sein. Mit uns zusammen können sie das nicht. Und ich glaube, selbst wenn wir wahnsinnig viel Verständnis zeigen und sagen, dass wir nichts erwarten, merken sie, dass wir eben doch etwas erwarten. Dass sie uns teilhaben lassen, dass sie eine Therapie beginnen, dass sie sich die Krankheit eingestehen ... Ich glaube, davon kann sich niemand als Angehöriger ganz frei machen. Und damit erzeugen wir, vielleicht auch nur unterbewusst, Druck.

Mut, Schwester, Pia, Sadie und all ihr anderen, ich bin froh über diesen Austausch hier, auch wenn es oft schmerzhaft ist, eure Geschichten und Erfahrungen zu lesen.

Ganz liebe Grüße
Mieka
Kontiki
Beiträge: 120
Registriert: 11. Jan 2013, 21:28

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von Kontiki »

Mir geht es genauso, auch ich bin froh über diesen Austausch hier und darüber, daß ich weiß: Ich bin damit nicht allein.
Aber trotzdem ist es eine furchtbar anstrengende, deprimierende und kräftezehrende Art, eine Beziehung zu führen.
Das tue ich auch erst seit einigen Monaten, der Anfang der Beziehung war wunderbar - und dann ging es bergab, und da scheint es zu bleiben. Ich könnte an manchen Tagen nur heulen - so heute - an anderen denke ich, es wäre einfacher, es zu beenden. Aber wie Sadie schreibt: das Herz hängt eben zu sehr dran. Und dann tut es natürlich besonders weh, wenn vom Freund überhaupt nichts kommt, tagelang keine Eigeninitiative, wenn es darum geht, sich mal zu melden - und wenn nur mit ner kleinen sms - geschweige denn, ein Treffen zu vereinbaren. Und man sitzt rum und sagt sich immer wieder: Er kann nix dafür, man darf es nicht persönlich nehmen - und tut es doch. Da kann man sich noch so oft vornehmen, es logisch zu betrachten und mit der Erkrankung zu begründen, aber es tut eben so verdammt weh, daß der Verstand sich ausschaltet und nur wieder das Herz blutet. Und man sich fragt: Warum? Warum macht man das mit, warum trifft es ausgerechnet den Freund, warum kann man nicht einfach sagen: Tschüß, sieh zu, wie Du ohne mich zurecht kommst, denn auf mich legst Du ja offenbar eh keinen großen Wert...

Das sind die Gefühle, die mich zur Zeit umtreiben, und dabei mache ich dieses "Spielchen" ja noch gar nicht so lange mit und auch gar nicht so intensiv, wie es hier manch andere Leidensgenossinnen beschreiben. Und dennoch: Mir reichen schon diese paar Monate, um festzustellen: Es tut einfach furchtbar weh.

Viele Grüße
Kat.
MUT65
Beiträge: 448
Registriert: 18. Jan 2013, 11:59

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von MUT65 »

Ihr Lieben,

ich danke Euch sehr für Eure Gedanken. Wenn ich etwas stabiler bin, möchte ich Euch auch gern einzeln antworten.

Aufgreifen möchte ich Deinen Beitrag, Ulysses - er hilft mir sehr und ich spüre dass ich noch eine Menge lernen muss.

Im Forderung steht noch immer das übergroßes Vermissen meines Freundes. Er war ein so empathischer, zärtlicher Mann. Er ist mit den Worten " ich liebe Dich nicht mehr" vor 8 Wochen gegangen...

Ich fiel...aber ich weiß, dass ich ihm und UNS damit nicht helfe. Er kann sich in seiner Not, nicht noch mit meinen Gefühlen und meinem Kummer befassen. Ich weiß dass er kein Egoist ist ! Kein Mensch verstellt sich zwei Jahre lang.

Ich muss mein Leben allein auf die Reihe bekommen, ohne dass ich mich von ihm abwende. Ich muss MIR und ihm zeigen dass ich allein sein kann, egal wie schwer es mir fällt. Nur dann kann er ohne Druck auf mich zu kommen.

Was denkst Du ? Ist es "falsch" dass ich mich alle paar Tage per SMS bei ihm melde? Ich frage nie etwas, sondern sende ihm einen Gruß, einen Gedanken...denke dass er so spürt dass ich DA bin..das ist zumindest meine Hoffnung dass es ihm irgendwie doch freut.....

Ich habe nur zwei Möglichkeiten. Gehen, mich umdrehen und das war es dann...oder ich versuche einen Weg zu finden der mit ihm geht, aber dennoch der meinige sein wird...

Ich liebe diesem Mann so tief und fest, ich kann ihn nicht aufgeben. Also muss ich es versuchen....weiß aber wie sehr es mich fordert.

Hoffe dass er endlich in die Klinik kann - ohne Therapie, bzw.ohne seine Einsicht dass er Therapie braucht, könnte ich das Ganze nicht durchstehen...seine Krankheitseinsicht war SEIN erster Schritt.

Es ist Abend...ich sitze allein in meinem Wohnzimmer und bin so sehr traurig..die vielen Kerzen...es ist, als wenn man mir ein großes Stück heraus gerissen hat...alles wund...

Es tut gut zu wissen dass ich nicht allein bin...

Herzlichen Dank,

Mut65
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.
Epikur von Samos
Ulysses
Beiträge: 594
Registriert: 19. Jan 2013, 17:34

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von Ulysses »

Hallo Mut und auch Ihr anderen,

ich glaube auch, dass man "trotzdem" etwas fordert. Wenn das nicht so wäre, dann wäre mir der/die andere mittlerweile egal, dann täte es nicht so weh und es wäre vieles leichter. (provokativ gesagt) Für mich heißt "akzeptieren" nicht, dass ich alles gut finde und so auf Lebenszeit klar käme. Aber dass ich Druck rausnehme, für mich und die um mich herum.

Mut, Deine Frage:

"Was denkst Du ? Ist es "falsch" dass ich mich alle paar Tage per SMS bei ihm melde? Ich frage nie etwas, sondern sende ihm einen Gruß, einen Gedanken..."

kann ich ehrlicherweise nicht mit ja oder nein beantworten. Das könnte vielleicht ein Therapeut, der mit Dir zusammen Deinen Alltag bearbeitet. Aber ich möchte Dir Mut machen (Mut Mut machen, lach), Dich so zu verhalten, wie es für DICH authentisch ist.

Ich weiß (von mir und mittlerweile auch als Angehörige): Es gibt Phasen und Momente, da ist es ehrlich egal, was man (als Angehöriger) tut. Es ist alles falsch. Falsch deshalb, weil man sich als Betroffener "falsch" im Kopf und im Bauch fühlt, oder gar nicht mehr fühlt. Alleine gelassen zu werden fühlt sich dann falsch an, Zuwendung zu bekommen auch, weil die verstärkt nur das schlechte Gewissen.

Deshalb ist gerade dann für mich das einzig Richtige: So zu handeln, wie ich es mit mir und meinen Zielen im Leben vereinbaren kann. Wenn ich mich gut dabei fühle, eine SMS zu schreiben, dann tu ich es. Wenn es aus Verpflichtungsgefühl (oder Hoffnung auf Reaktion) passiert, dann versuche ich es, lieber zu lassen.

Wenn es zu bestimmten Dingen konkrete Aussagen gibt wie z.B. "ich will im Moment keinen Kontakt" oder "mir sind die SMS zu viel" oder so ähnlich, dann halte ich mich daran. (So schwer es auch fällt. Für mich ist das Gefühl, dass ich ernst genommen werde, extrem wichtig. In schlechten Phasen noch wichtiger als sonst.)

Und für mich auch hilfreich als Gedanke: Ich habe jeden Tag, jede Stunde, neu die Chance zu reagieren, Dinge zu ändern. Wenn ich es heute so mache, dann muss ich nicht immer dabei bleiben. Absprachen, was wie wielange und wie oft zu geschehen hat klappen in der akuten Depression eh kaum, zumindest meiner Erfahrung nach.

Und zum Thema "Maske aufsetzen" kann ich als Betroffene sagen, dass mir die Maske gut gelingt bei Menschen, die mir wenig bedeuten oder eher "weite Bekannte" sind. Je näher mir jemand ist, desto unmöglicher wird das. Das soll jetzt kein Aufruf sein: "Super, er behandelt Dich mieser als andere, deshalb liebt er Dich wohl mehr" oder so, bitte nicht falsch verstehen. Aber irgendwie in die Richtung geht es schon, je wichtiger mir jemand ist, desto krasser begegnet er oder sie auch meinen Schattenseiten. (umgekehrt hier gerade auch)

Liebe Grüße an alle,
Ulysses
MUT65
Beiträge: 448
Registriert: 18. Jan 2013, 11:59

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von MUT65 »

Liebe Ulysess,

ich danke Dir. Bei unserem Treffen am letzten Dienstag sagte er mir das es schon ok ist, wenn ich SMS schreibe, aber nicht so viele auf einmal ( hab ich auch schon gemacht...) und dass er nicht immer antworten kann, oder nicht so schnell wie ich es mir wünsche...

Manchmal denke ich es wäre leichter für mich, wenn er mir die klare Ansage machen würde dass ich GAR NICHTS mehr machen soll...dieses Hoffen, dieses "wie verhalte ich mich richtig" ist so anstrengend. Er hat bei dem Treffen auch betont dass es NICHT an mir liegt..das es ihm mit allem Menschen so geht..alles ist zuviel...

Du hast recht, autentisch sollte man bleiben...und ich bin so...ich bin DA und muss das auch zeigen ( dürfen..) eine Zeit lang habe ich geglaubt dass ich mich völlig lächerlich und uninteressant mache. Saß bei jedem Kontakt vor ihm....mit unserem Ring, den ich nicht abnehmen mag ( er trägt ihn nicht mehr...) wenn ich dann Dinge sagte wie " ich mache mich hier lächerlich, lasse die Hosen runter mit meiner Art", dann sagte er jedes Mal das es ihm nur zeigen würde was für ein großes Herz ich habe und dass ich mich nicht lächerlich fühlen muss...er würde es sehr wahrscheinlich genaus so machen...

Daran klammere ich mich mich dann wie eine Ertrinkende...ich stelle mir vor, dass er ganz tief in sich Gefühle für mich hat, diese aber von einer tonnenschweren Platte verdeckt sind...er keine Ahnung hat wie er wieder an die Gefühle kommen kann.

Ich bin sehr froh dass er krankheitseinsichtig ist, wenn ich hier lese wieviele Menschen einfach so weiter machen und sich keine Hilfe holen.

Es hilft mir sehr was Du schreibst. Ich spüre dass Du sehr genau verstehst was in einem vorgeht, wenn man nicht mehr fühlen kann...und du kennst wohl auch die andere Seite...die, die Angst hat...Angst vor Verlust..die spürt dass man nichts tun kann, außer sich selbst zu schützen.

Also herzlichen Dank für Deine Worte.

Mut
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.
Epikur von Samos
Ulysses
Beiträge: 594
Registriert: 19. Jan 2013, 17:34

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von Ulysses »

Danke, Mut. Deine verständnisvollen Worte helfen auch mir.

Die angesprochenen klaren Ansagen wünsche auch ich mir oft, also generell auf den Alltag bezogen, nicht nur bei den Dingen, bei denen ich meine Partnerin besser in Ruhe lassen sollte.
(Wenn es ihr richtig schlecht geht, dann gibt es nur Schweigen. Egal, ob ich argumentiere, heule, flehe, einfach komplette Erstarrung, wie ein Tier in Panik, das sich tot stellt. Die ersten Male war ich wie unter Schock, da ich das auch von mir in schlechten Zeiten nicht kenne. Mittlerweile kenne ich es und gehe dann auf Abstand. Trotzdem fehlt noch viel dazu, dass wir damit beide gut umgehen können.)

Und ja, dann schreit bei mir die Verlustangst. So sehr, dass ich manchmal nichts anderes mehr hören kann.

Vielleicht starte ich drüben bei Umgang mit der Krankheit mal einen Thread zum Thema klare Ansagen. Ich habe da glaub ich noch viel Forschungsbedarf und kann auch selbst schlecht eindeutig äußern, was ich denke und wünsche.

Das Bild mit der tonnenschweren Platte finde ich sehr passend. Ich glaube, eine Depression wirkt sich deshalb so krass auf alle aus, den Betroffenen und die Menschen drumherum, weil dabei ein "zwischenmenschlicher Teil" krank wird.

Wenn sich (als Beispiel) meine Partnerin einen komplizierten Knöchelbruch zuzieht, dann würde ich nicht auf Idee kommen, dass das mit mir zu tun hat. Wenn wir deshalb Unternehmungen absagen müssen oder ich ihr im Alltag helfen muss, dann ist das ärgerlich oder es tut weh, aber die Diskussion "Du willst mit mir nicht weggehen, also liebst Du mich nicht mehr" kommt wohl nicht auf.

Bei einer Depression ist aber das Fühlen, das Wahrnehmen, die Sinne und der Kontakt mit Menschen krank. (Also bei den Formen, die ich persönlich kenne, ist ja sehr unterschiedlich) Da kann dann "Ich fühle die Liebe nicht mehr, aber es hat nichts mit Dir zu tun" wirklich die Wahrheit sein. Wie soll man damit denn vernünftig umgehen können?

Also das sage ich so, obwohl ich wirklich beide Seiten kenne. Das kann gar nicht ohne Verletzungen gehen, weil es doch irgendwie ein (gesunder) Instinkt ist zu sagen "okay, wenn Du keinen Bock mehr auf mich hast, dann sags wenigstens, dann lassen wir das" Und genau das trifft ja oft nicht zu.

Deshalb ist auch für mich das Thema Krankheitseinsicht extrem wichtig. Ich selber muss meine Anteile bearbeiten (so wie ich gerade hier für mich mit "neuer Krankheitseinsicht" eine Notbremse ziehe) Und meine Partnerin auch. (Das Warten auf den Therapieplatz hat mehrere Monate gedauert, aber es geht bald los.)

Auf Dauer ohne Therapiebereitschaft ist für mich ein k.o.-Kriterium. Auch mit Therapie dauert es, depressive Muster aufzubrechen und umzulernen. Vor allem, weil die meistens schon lange das Leben begleiten. Aber ich glaube, mit Therapie hat man trotzdem eine Chance, wieder zu leben. Nicht bloß zu existieren.

So weit für heute,
alles Liebe für Dich,
und danke an jeden Angehörigen, der sich aktiv hier auseinandersetzt,

Ulysses
lovelycarma
Beiträge: 101
Registriert: 18. Okt 2012, 18:06

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von lovelycarma »

Hallo Ulysses,

wie ist es bei Dir zur Einsicht gekommen, dass Du Hilfe brauchst? War es Dir immer offensichtlich, dass sich Dein Fühlen verändert hat?

Für mich ist es schwer zu Verstehen, dass mein Expartner, obwohl er bereits mind. einmal eine Depression erfahren hat, sie jetzt verleugnet. Er meint, er fühlt sich jetzt gänzlich anders. Aber die Symptome sind die gleichen.

LG lovelycarma

PS.: Entschuldigung liebe Mut, dass ich Deinen Fred kurz für meine Zwecke benutze.
Ulysses
Beiträge: 594
Registriert: 19. Jan 2013, 17:34

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von Ulysses »

Hallo lovelycarma,

bei mir hat sich die Depression (und Angst) zunächst vor allem durch körperliche Symptome geäußert. Übelkeit, Schwindel, Sehstörungen, Schmerzen, Herzrasen, usw. Bis hin zu den Gedanken damals, dass ich so keine einzige weitere Stunde Leben ertrage, also wirklich Leidensdruck ohne Ende. Deshalb hatte ich absolut eigenes Interesse, dass sich etwas ändert, und auch eindeutige Krankheitseinsicht. Zunächst hab ich aber eher nach körperlichen Krankheiten gesucht.

Dass ich "Psycho-Krankheitseinsicht" bekam das ging dann so schleichend. Nachdem körperlich nichts rauskam, bin ich dann doch in der Psychiatrie gelandet, und da gabs auf einmal kleine Verbesserungen.

Außerdem habe ich durch meinen ersten großen Zusammenbruch damals eine langjährige Beziehung verloren. Das hat auch ziemlich viel aufgerüttelt im Kopf.

Meine gerade aktuelle "Rückfall-Einsicht" ist ein Puzzle aus Rückmeldung meiner Therapeutin, Rückmeldung von guten Freunden und eigenem Empfinden. Ich kenne mich trotz vieler Unsicherheiten doch mittlerweile sehr viel besser als früher, habe insgesamt bisher über 10 Jahre Therapien hinter mir.

Dass Dein Freund sich "völlig anders" fühlt und trotzdem wieder tief drinsteckt, das kann ich mir sogar vorstellen. Meine "Tiefs" heute fühlen sich auch anders an als die vor einem Jahr und vor 5 Jahren und noch viel anders als vor 15 Jahren... Ich glaube, dass man sich auch mit depressiven Phasen verändert (mal unabhängig von "positiv" oder "negativ") und dass die neue Einsicht, es braucht wieder Therapie oder Hilfe, jedesmal neu in mir sein muss.

(Ich glaube, dass das eigentlich jedem Menschen so gehen sollte. Egal ob krank oder nicht, ich sehe das Leben mittlerweile als eine lange Reise, einen Weg, der immer wieder neue "Rätsel" aufgibt. Und dass ich jedes Mal neu die Wahl habe "okay, ich starte den neuen Level" oder "game over" zu denken.)

Liebe Grüße,

Ulysses
MUT65
Beiträge: 448
Registriert: 18. Jan 2013, 11:59

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von MUT65 »

Hallo Ihr Lieben,

bin völlig erledigt vom Tag. Am Abend fehlt mir mein Partner am meisten...ich kann nicht aufhören über unsere Vergangenheit nachzudenken...sie so schmerzlich zu vermissen.

Mir ist klar, dass ich im HIER und HEUTE leben muss. Vielleicht fällt es mir so schwer, weil ich das Ganze noch immer nicht richtig begriffen habe. Warum trennt man sich, nur weil die bisherige Beziehung unter den Umständen der Depression nicht gut lief? Wir wollten Beide eine Zukunft miteinander..das sagt man doch nicht einfach so dahin...so ein Typ ist mein Freund nicht und wir haben in den letzten 2,5 Jahren sehr eng zusammen gehalten.

Liebe Ulysses, ich danke Dir dass Du Dir trotz Deiner Erkrankung die Zeit hier nimmst und mich/uns an so wertvollen Erfahrungen von Dir teilhaben lässt !

Darf ich Dich fragen ob Du auch schon einmal damit konfrontiert gewesen bist nichts mehr fühlen zu können? Ich versuche mir Tag für Tag vorzustellen wohin die Gefühle meines Freundes für mich gegangen sind..er sagt doch selbst, das es nichts schwerwiegendes gab was zwischen uns vorgefallen ist...er hat mich so sehr geliebt, das glaube ich sicher - aber jetzt scheint es vorbei damit zu sein....wie kann das nur sein....?

Weißt Du, er hat mir so oft gesagt wie sehr er sich einen wirklichen Partner an seiner Seite wünscht...und ich war da, immer...! Ich bin nicht perfekt, aber er war immer mein MANN....bis heute sage ich es ihm...aber er blickt mich nur leer an....

Kann man als so schwer Depressiver nicht einfach seinen Verstand walten lassen? Der weiß doch, dass man sich geliebt hat...der Verstand kann doch hoffen das es wieder anders wird, in der Klinik.

Ihr seht, meine Gedanken drehen sich im Kreis und viel zu sehr um IHN ( sagt meiner Therapeutin)....ich merke das...aber ich kann ihn nicht los lassen...habe das Gefühl dass ich ihn nicht verlassen darf und möchte, obwohl er die Beziehung beendet hat, klingt völlig blöd, aber so fühlt es sich an.

Ich bin seiner Partnerin, der Mensch der zu ihm hält....wie kann ich ihn nur erreichen?

Ich lese, das jede Art von Druck schädlich ist und nicht gut auszuhalten ist in einer Depression. Verstehe ich. Aber wenn ich gar nicht mehr zeige ICH BIN DA, was passiert dann? Ich kann und will meinem Freund der noch in seinen alten Mustern lebt und denkt, nicht beim Verdrängen behilflich sein....auch wenn ich das Meiste akzeptieren möchte, verdrängen lassen möchte ich mich nicht.

Und genau das ist sein Muster....Schweigen, Verdrängen, Flucht....so hat er es die letzten Jahre mit vielen Problemen ( Scheidung, Kinder, Arbeitslosigkeit, Geldsorgen HarzIV) immer und immer wieder getan. Obwohl ich ihm stets beteuerte dass wir alles zusammen packen können. Er wollte zu seinem Problemberg nicht hin sehen...es war klar, dass es irgendwann nicht mehr weiter geht....

Jetzt habe ich ensetzliche Angst, dass er es mit MIR und UNS genauso macht...verdrängen..als wenn es all unsere Liebe nicht gegeben hätte...sie einfach leise vorbei gegangen ist...das halte ich kaum aus...deshalb melde ich mich bei ihm..vllt, solange bis er mich ganz weg schickt. Das tut er nicht...und ich hoffe das ganz tief in ihm der alte R..ist, an den er nicht heran kommt...die Steinplatte die da auf IHM liegt.....

Ich liebe diesen Mann so sehr...ich weiß dass ich allein sein kann und mein Leben sich wieder neu finden kann und wird...aber ich möchte mit allem was ich bin und habe ihn zurück haben...ganz egal wie schmerzhaft der Weg auch sein mag....

Ich danke allen die mir Mut machen...bin auch für Kritik dankbar, mich hier erleichtern zu können hilft sehr.

Es sind schon über 8 Wochen...wir haben uns in der Zeit nur 3x gesehen...doch das Vermissen wird mit jeder Stunde intensiver...habe mir einen Stein gekauft auf dem GEDULD steht..er liegt an meinem Bett und hilft mir etwas. Zwei weitere Steine habe ich für meinen Freund gekauft KRAFT und ZUSAMMENHALT - möchte ihm die beiden Steine mit in die Klinik geben.

Sage für heute gute Nacht und wünsche Euch allen Frieden und Ruhe für all die quälenden Gedanken in Euch.....

Herzlicher Gruß,
Mut
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.
Epikur von Samos
MUT65
Beiträge: 448
Registriert: 18. Jan 2013, 11:59

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von MUT65 »

......ich vermisse ihn so...mir fehlt unser Zusammenhalt,unsere Pläne....unsere Liebe..es wird immer schlimmer....

Wo hat er mich nur gelassen....?
Kann man das ? Einfach vergeßen und verdrängen...ich bete dass er endlich in die Klinik kann.....

Sehr traurige Grüße ( habe jetzt eine Woche NICHTS gehört....)

Mut (los)
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.
Epikur von Samos
DerHagn

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von DerHagn »

Hallo Mut,

ich kann deine Gedanken verstehen. Bitte bleib stark!!
Lies mal den Post in meinem Thread durch, der hilft mir positiv zu bleiben.

Wünsche dir viel Gelassenheit, Stärke, Geduld etc. etc.
MUT65
Beiträge: 448
Registriert: 18. Jan 2013, 11:59

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von MUT65 »

Lieben Dank Hage...

mir geht es echt dreckig...dass wir gar keinen Kontakt haben macht mich fertig. Ich möchte stark bleiben, aber mir fehlt seine Liebe so sehr. Ich hatte mich voll und ganz auf ihn eingelassen..es war wie lieben ohne Handbremse...vllt.ein Fehler, denn jetzt fühle ich mich so leer und einsam. Er war der erste Mann in meinem Leben bei dem ich mich so fallen lassen konnte....das macht es jetzt nicht gerade leichter...

Ich werd' mal bei Dir lesen gehen....

Nochmal vielen Dank Dir !

Mut
Wenn du einen Menschen glücklich machen willst, dann füge nichts seinem Reichtum hinzu, sondern nimm ihm einige von seinen Wünschen.
Epikur von Samos
DerHagn

Re: Anfangs war nur mein Partner krank....

Beitrag von DerHagn »

Hi Mut,

nix zu danken, is doch klar.
Das tut mir verdammt leid... und auch weh das lesen zu müssen.
Auch bei mir war es so... Habe gedacht "das ist sie", "das passt"... und plötzlich??
Naja... hab sie wohl erdrückt oder sowas...


Dankeschön... aber viel Neues gibts auch ned bei mir... bin noch am grübeln wegen dem Brief...
Aber was soll verkehrt daran sein? Antwort kenn ich ja wohl...

lg
Hage
Antworten