Mein depressiver Ehemann ist weg :/

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LyLuNic
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Registriert: 24. Nov 2012, 19:12

Mein depressiver Ehemann ist weg :/

Beitrag von LyLuNic »

Hallo,
ich bin neu hier und habe dieses Forum gefunden, um Hilfe zu erfahren, Gleichgesinnte zu finden, eure Meinung zu hören..
Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir antwortet..
Mir geht es praktisch wie pumkin, den Beitrag habe ich gerade gelesen. Hier unsere Geschichte:
Mein Mann und ich kennen uns nun seit 11 Jahren, sind seit 6 1/2 Jahren verheiratet und haben gemeinsam zwei sechsjährige Jungs.
Unsere Liebe war eigentlich immer da, wir haben zwar wenig gemeinsam, ziehen uns jedoch irgendwie magisch an, ergänzen uns und fanden immer Dinge, die wir gemeinsam erleben wollten und es auch getan haben. Sei es einfach Essen gehen, auf ein Konzert, Musikabend, Freunde übers WE besuchen.. Natürlich gab es Ehestreits. Darüber, dass er so wenig im Haushalt tut, darüber, dass ich nicht arbeiten gehen kann, wie ich will, damit er seiner selbständigen Tätigkeit nachgehen kann zB. Aber es hielt sich im Rahmen und wir stritten selten ein 2. Mal über ein Thema, was wir beide sehr schätzten.
Da ich unsere Jungs am Ende meines Studiums zur Welt brachte, habe ich es kaum geschafft, mich beruflich zu etablieren, bin seit 2 1/2 Jahren dabei, mich für einen richtigen Job zu bewerben.. Bis dahin war ich selbständige Autorin und baute meinem Mann sein Büro auf. Ich arbeitete für Peanuts in der Zeit, wie die Kinder untergebracht waren (KiTa). Aber es war nichts dabei, was mich die Miete hätte zahlen lassen. Das erdrückte meinen Mann zusehends, er fühlte sich alleinverantwortlich für das Wohlergehen der Familie (was ja nicht wirklich stimmte.) Das Haus, in dem wir zur Miete wohnen behagte ihm nicht mehr (zu viel zu tun wie Gartenarbeit, Reparaturen). Er holte sich ein Hobby nach dem anderen, so dass er kaum zuhause war, sagte nicht mehr "Ich liebe Dich" und redete nicht mehr viel mit mir. Ich dachte an ernstzunehmende Eheprobleme, die mir auch normal erschienen, da unser Leben nicht unbedingt so verlief, wie wir es uns vorstellten. Das ging dann über ein Jahr so, ich fand einen Job, den ich dann aber nicht lange halten konnte, da mein Mann sich dann schon in einer Art Teufelskreis befand: Er war nur am Arbeiten, kam aus seinem Hamsterrad nicht mehr heraus. Die Kinder wurden krank, was seinen Druck erhöhte. Ich musste kündigen, um ihn zu entlasten. Was ihn noch mehr belastete.
Nach unserem Urlaub reichte es mir. Unser Sexleben funktioniert bis heute, das Vertrauen, das wir uns dort entgegenbringen ist urig. Aber alles andere.. Er sagte ständig, ich hätte kein Selbstwertgefühl, ich sei an allem schuld, er kann nicht ständig "Ich liebe Dich" sagen, weil er nichts empfindet und er fühle sich leer. Alles erdrücke ihn und er hasst mich dafür, dass ich nichts dagegen tue. Ich habe ihn rausgeworfen, war wahnsinnig verletzt und wir lebten dann eineinhalb Monate nebeneinander, nahmen jeder mindestens 10 Kilo ab. Er schlief viel, arbeitete viel, vernachlässigte sein Büro. Und ich versank in Selbstmitleid. Bis mir klar wurde, dass ich doch seine Liebe empfand. Sie war doch da. Und dann kämpfte ich um ihn! Wollte ihn nicht mehr gehen lassen, wollte zur Paartherapie, denn ich spürte seine Liebe, tue es heute noch. Und es ging einige Wochen gut, wir waren glücklich. Aber dann, nur eine Kleinigkeit und alles war wieder schlecht, ich war wieder schuld und er müsse hier weg. Das ging zwei, dreimal so. Und an einem Tag waren seine Sachen aus dem Haus verschwunden. Er hat mich verlassen. Sagte, es sei vorbei. So viele Freunde haben sich eingemischt und gesagt, ich solle ihn in Ruhe lassen, er liebe mich nicht mehr, will nicht mehr mit mir zusammen sein. Ich glaubte das alles nicht, verstand die Welt nicht mehr, wenn ich doch seine Liebe immer noch spürte! Nach einigen Tagen meldete er sich, alleine wegen der Kinder. Und ließ mich spüren, dass ich Recht hatte. Er liebt mich, kann wieder etwas fühlen, auch wenn es nur Schmerz sei. Er sei immer noch leer und der Kummer erdrücke ihn (seine Familiengeschichte und die Probleme, die er mit in die Familie brachte, waren immens. Ich half, wo ich konnte und ich dachte immer, ich sei sein Ruhepol.) Und er vermisse mich so sehr.
Nun geht er zur Therapie. Diagnostiziert wurde eine schwere Depression. Und mich macht es fertig.. Hätte ich es eher gewusst, ich hätte ihn nicht rausgeworfen! Hätte gemeinsam mit ihm alles gemeistert, Paartherapie, Auszeitwohnung oder so. Nun sitze ich in einem Haus das ihn total fertig macht, er kann uns nichtmal besuchen, ohne dass er eine bedrückte Stimmung bekommt. Wir schliefen letzte Woche regelmäßig in seiner Wohnung (die Kinder haben dort ein eigenes Zimmer), aber für uns war das Hin und Her sehr stressig. Wohl fühle ich mich in meinen eigenen vier Wänden aber auch nicht mehr. Ich suche neben einen Job jetzt auch eine neue Wohnung, bin für die Kinder da. In dieser Woche hält er mich auf Abstand, er stritt mit mir wegen eines Schlüssels und es machte ihn wieder fertig, er sei leer, kaputt, wisse nicht mehr weiter und ich soll ihn in Ruhe lassen.. Heute kam er, um die Kinder zum Schwimmen zu holen. Mich wollte er bitte nicht dabei haben und es gab nicht mal ein Hallo-Kuss..

Ich habe so große Schwierigkeiten, damit umzugehen. Alleine hier zu sein. Sein Büro zu stemmen, wozu er nicht in der Lage ist. Mich zu bewerben. Wohnung suchen. Die Kinder... Und sogar meine Freunde mag ich nicht mehr anrufen. Sie lagen so falsch mit ihren Aussagen und haben mich sehr verletzt. Haben sich wahnsinnig eingemischt, meinem Mann beim Auszug geholfen.
Kann mich jemand verstehen? Könnt ihr mir Mut machen?
Ich bin eigentlich eine starke Frau, habe immer alles alleine gestemmt, während mein Mann arbeiten war. Aber ich fühle mich nun allein gelassen, da ich nicht weiß, wo das alles hinführt, trotz seiner Liebe... Ich hab jede Minute das Gefühl, er beendet unsere Liebe. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als endlich den Schalter zu finden und nach vorn zu sehen, anstatt ständig nach hinten zu blicken und sich das zurück zu wünschen, was da war...

Ich schreibe wirr.. Aber vielleicht gibt es jemanden, der das kennt?
HF
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Re: Mein depressiver Ehemann ist weg :/

Beitrag von HF »

Hi LyLuNic

bei mir ist das leider so ähnlich,ich wußte auch nicht was sie hat.Erst als es ziemlich akut wurde habe ich das ganze ausmaß ihrer Krankheit erlebt.Meine Partnerin ist seit einiger Zeit in einer Klinik und ich muß,darf mich jetzt neben meiner Arbeit um Heim und herd kümmern.Ich in auch ganz neu in diesem Forum und habe bis jetzt die Erfahrung gemacht das man hier angenommen und gehört wird.
Hast du dich über die Krankheit informiert,wenn ja wie verstehst du das jetzt alles.
Ich habe in der letzten zeit viel Zeit damit verbracht und mich eingelesen.War sehr informativ.

Vor erstmal LG hippie54
LyLuNic
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Registriert: 24. Nov 2012, 19:12

Re: Mein depressiver Ehemann ist weg :/

Beitrag von LyLuNic »

Hallo
Erstmal danke für Deine Antwort.
Ich habe mir Literatur gekauft. Auch meinem Mann habe ich Bücher hingelegt (Leben mit dem schwarzen Hund, Männer weinen nicht).
Ich gehe auch zu einer Therapeutin, die uns eigentlich in unserer Ehe helfen wollte. Da mein Mann nicht mitgekommen ist, haben wir das umgewandelt in eine Lebensberatung, in der sie mir sehr hilft, damit umzugehen. Ich sehe sie allerdings nur alle 2 Wochen.
In meinem Kopf ist schon einiges angekommen. Das nur zum Herzen umzuleiten, das fällt mir sehr schwer. Letzte Woche war toll. Diese Woche nicht.. Wie ist es nächste Woche? Darf ich ihn dann wieder berühren? Ich verstehe, bzw. will es einfach nicht verstehen, warum er mich ausgrenzt. Er kann mit mir fremden Menschen besser reden als mit mir..
Das alles muss in meinem Herzen noch ankommen..
HF
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Registriert: 28. Nov 2012, 08:47

Re: Mein depressiver Ehemann ist weg :/

Beitrag von HF »

Hi LiLuNic
Das kenne ich auch.Es ist ein lernprozess den du durchmachst.Ich bin immer noch am lernen.
Wenn meine Partnerin sich nicht bei mir meldet habe ich große Probleme und denke mir die merkwürdigsten Dinge aus,warum sie nicht anruft.Habe aber immerhin begriffen das man ihr Zeit geben muß.
Und vor allem die Hoffnung nicht verlieren.

Und wenn ich wüßte das Morgen die Welt unter ginge,würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.
Martin Luther glaube ich

LG hippie
LyLuNic
Beiträge: 5
Registriert: 24. Nov 2012, 19:12

Re: Mein depressiver Ehemann ist weg :/

Beitrag von LyLuNic »

Mahatma Gandhi hat einmal gesagt, man kann nie wissen, welche Resultate aus seinem Tun hervorgehen. Aber wenn man nichts tut, bekommt man auch keine Resultate. Danach lebe ich eigentlich. Und nun muss ich lernen, nichts zu tun.. Bzw.. Nur für mich etwas tun.. Ohman.. Es tat heut schon ganz schön weh, als er zur Tür rein kam, um die Jungs zum Schwimmen abzuholen und mir nicht einmal einen Kuss gab. Was habe ich getan? Nichts. Einfach akzeptiert.. Und das soll ihm gut tun?
Ich habe dann mit einer Freundin telefoniert, die sich mit Depressionen auskennt. Sie drehte es so schön: "Das ist doch toll, dass er sich um die Jungs kümmert. Und er liebt Dich. Er kann es momentan nur einfach nicht sagen."
Ja.. Irgendwie hat sie ja auch recht. Ich weiß, dass er mich liebt. Nur diese Panikanfälle, wie Du sie ja auch beschrieben hast.. Sie überfallen mich immer wieder. Angst, diesen Mann zu verlieren ohne auch nur irgendwie gekämpft zu haben, etwas getan zu haben..
HF
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Registriert: 28. Nov 2012, 08:47

Re: Mein depressiver Ehemann ist weg :/

Beitrag von HF »

LiLUNic
Ich versuche das mit Liebe.
schreibe ihr briefe,kleine Gedichte oder schicke ihr ein Päckchen mit selbst gebasteltem.Z.B. etwas womit sie Geduld üben kann.
Ach wenn ich doch nur auch welche hätte.
LG hippie
LyLuNic
Beiträge: 5
Registriert: 24. Nov 2012, 19:12

Re: Mein depressiver Ehemann ist weg :/

Beitrag von LyLuNic »

Liebe ist ihm zuviel. Zeige ich Liebe, fühlt er sich gleich wieder schuldig an der ganzen Misere, an meiner Lage und ist wieder leer und kalt. Liebe löst in ihm einfach nichts Positives aus gerade, zumindest keine so Direkte.. Ich habe ihm trotzdem einen Adventskalender gebastelt... Mit Bildern und Gebasteltem von den Kindern und ein wenig Schoki. Ich nehme ihm diskret den Papierkram ab. Habe Filzis unter seine Stühle geklebt, damit er nicht mehr zusammen zuckt, wenn die Kinder die Stühle schieben.
Zu mehr bin ich aber auch nicht in der Lage, zumindest momentan. Ich bin immernoch ab und an wütend und überfordert: "Schön, dann hat er eine Depression, und was ist mit mir? Hat mich jemand gefragt, wie es mir dabei geht? Ich muss mich zurücknehmen?" Und dann weine ich vor Trauer.. bis ich mich fasse und meinen Kopf wieder sprechen lasse.
HF
Beiträge: 13
Registriert: 28. Nov 2012, 08:47

Re: Mein depressiver Ehemann ist weg :/

Beitrag von HF »

Hi LiLuNic

Hab die erfahrung gemacht einfach nur für den Partnerzu da sein und nicht fragen ob´s bemerkt wird.
Gut gemeinte Ratschläge gebe ich dir nicht.Es ist leichter Trost zu spenden als zu verstehen wrum das so ist.
Deinen Schmerz kenne ich nur all zu gut.
Ich gleube das du hier in diesem Forum viele nette Menschen kennen lernst. Vor allem verstehen sie dich.
Ich persönlich habe auser diesem Forum niemanden mit dem ich reden könnte. Außer meiner Liebsten natürlich.
Eines möchte ich dir doch noch sagen:
GIB NICHT AUF!
Verständnisvolle Grüße hippie54
OMG
Beiträge: 224
Registriert: 18. Jul 2012, 14:02

Re: Mein depressiver Ehemann ist weg :/

Beitrag von OMG »

Hallo ihr beiden,

zunächst erstmal tut mir leid, was euch gerade alles überrollt und ich kann mir sehr gut vorstellen wie ihr euch fühlt.

Ich selbst bin deppressiv, als auch war ich Angehörige eines Depressiven.

Habt ihr euch schon mal in unserem Thread "Literatur für Angehörige" umgeschaut?

Dort gibt es ein Buch, was da heißt "Die Kraft zum Loslassen". Kleine tägliche Tipss, wie ihr besser mit der Situation umgehen könnt, in der ihr gerade seid.
Gerade für dich Ly bestimmt genau das Richtige.

Ansonsten kann ich euch beiden nur raten, dass ihr versuchen solltet so gut wie es geht für euch selbst zu sorgen, Dinge für euch zu tun.
Wohin die Partnerschaft letzendlich führt weiß im Moment leider keiner. Daher ist es umso wichtiger sich in irgendeiner Form mit sich selbst zu beschäftigen und sich zu versuchen abzugrenzen.

Co-Abhängigkeit kommt schneller als einem lieb ist... (auch wenn ich das Wort nicht gern benutze)

Euch alles Gute von
Ursula.
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"Wenn Euer Leben Euch wie ein mühseeliger Aufstieg vorkommt, dann denkt an die Aussicht, die Ihr von dort oben haben werdet!" Anonym
Quappe
Beiträge: 107
Registriert: 23. Apr 2012, 16:03

Re: Mein depressiver Ehemann ist weg :/

Beitrag von Quappe »

Hallo Ihr Zwei,

Eure Gefühle kenne ich nur zu gut. Man fühlt sich allein gelassen, vernachlässigt, ungeliebt, verzweifelt - und ja, man wird auch wütend. Selbst wenn man das nicht möchte und sich vielleicht schämt, weil man sich solche Gefühle nicht zugetraut hätte.

Es ist nicht leicht, wenn der Partner nicht mehr "zur Verfügung steht" wie sonst. Man muss alles alleine stemmen, trägt deutlich mehr Verantwortung als sonst ohnehin und dazu kommt noch die emotionale Belastung durch die Krankheit des Partners. Das abweisende Verhalten. Das Gefühl, nichts zur Besserung beitragen zu können.

Gerade wenn man in einer langen Partnerschaft lebt gleicht man sich aneinander an und stellt sich aufeinander ein. Plötzlich allein da zu stehen ist ungewohnt und beängstigend.

Man muss sich allerdings an dieser Stelle erst einmal wieder selbst finden. Wer bin ich? Was will ich eigentlich? Und vor allem: wie werde ich mit mir selbst wieder glücklich? Denn der Partner kann in diesem Augenblick leider nicht mehr dafür sorgen, dass einem das Leben schöner gemacht wird.

Ich selbst hab mich ziemlich schwer damit getan. Anfangs war ich oft wütend. Und enttäuscht. Und mutlos. Und ich wusste wirklich nicht mehr, wer ich eigentlich bin. Die eigenständige Person, die ich früher immer war, musste sich erst einmal wieder hervorwagen. Dafür müssen sich Dinge und Verhaltensmuster ändern. Dazu gehört auch, Dinge ohne den Partner zu machen - und sie auch wieder genießen zu lernen.

Ich denke, das fällt vielen Angehörigen schwer, ich bin da keine Ausnahme. Und es lässt sich auch nicht überstürzen. Aber wenn man daran bleibt, kommt das Gefühl für sich selbst Schritt für Schritt zurück. Vielleicht gibt es dabei auch einmal Phasen, über die man sich selbst wundert. Man beginnt, plötzlich auch einmal Dinge oder Aktivitäten abzulehnen. Dem Partner mal zu sagen: "Nein, möchte ich so nicht. Ich hab mir das anders vorgestellt oder ich habe keine Lust dazu."

Wichtig für das eigene "Überleben" einer Depression als Angehöriger ist, emotional nicht mit zu ertrinken. Es gehört eine gehörige Portion Kraft dazu, sich nicht mit herunterziehen zu lassen. Manchmal kommt man sich auch herzlos vor. Aber es hilft niemandem, wenn man die Flügel streckt und sich neben den erkrankten Partner legt.

Eine Weile bangte mir fast davor, nach Feierabend nach Hause zu kommen. Denn es konnte ja sein, dass der Partner einen ganz schlechten Tag hat und man dann den Abend über unglücklich sein würde und sich selbst zermartert vor Mitgefühl.

Heute komme ich heim, frage wie der Tag denn so war und ob es ein guter ist oder nicht. Ist er nicht so gut, drücke ich meinen Mann und sage ihm, dass der nächste Tag sicher besser wird. Ist er gut, freue ich mich für ihn. Aber es ändert nicht mehr wirklich viel an meiner eigenen Gefühlswelt.

Und das nicht, weil ich ihn nicht lieben würde - sondern damit ich ihn weiter lieben kann. Ihn annehmen, wie er jetzt ist. Und irgendwann geht die Depression vielleicht vorüber - und die Beziehung lebt dann noch. Weil man rechtzeitig gelernt hat, sich selbst vor der Depression zu schützen. Die ist nämlich hochgradig ansteckend!
SucheAustausch
Beiträge: 257
Registriert: 15. Aug 2012, 12:35

Re: Mein depressiver Ehemann ist weg :/

Beitrag von SucheAustausch »

Hallo Ly,

ich bin auch Angehörige eines Depressiven.

Es hat lange gedauert, bis mein Mann sich Hilfe geholt hat und dann noch mal lange, bis diese gewirkt hat. Er war 14 Wochen in einer Klinik und danach noch 2 Monate in einer Tagesklinik.

Ich möchte Dir sagen, dass Du Dich darauf gefasst machen solltest, dass es hier nicht um "wie geht es ihm nächste Woche" geht. Eine schwere Depression ist nichts, was man in ein paar Wochen abgefrühstückt hat.

Es dauert. (Bei uns seit Jahren, mit einem Jahr schwerster Düsternis und viel Therapie) Man braucht Geduld, Verständnis und vor allem Selbstliebe und Schutz.

Denn in der Depression sind wir allein. Nicht nur der Depressive fühlt sich allein, sondern wir als Konsequenz auch.

Mach Dich darauf gefasst, dass er Dir eine ganze Zeit lang nicht zur Seite stehen wird.

Wenn es dann langsam besser geht, dann freu Dich über Kleinigkeiten. Aber mach Dir auch da immer bewusst, dass er keine großen Schritte machen kann. Es ist ein langer Weg - sowohl in die Depression als auch heraus - und wir Partner können nichts tun.

Wir können nur da sein und uns selbst schützen.

Es wird nicht nächste Woche vorbei sein.

Es wird dauern... und niemand weiß wie lange.

Ich will Dich nicht entmutigen, aber ich möchte Dir sagen, dass Du Dir Deine Bestätigung, die Du so dringend zu brauchen scheinst, woanders suchen musst (damit meine ich nicht, dass Du fremdgehen sollst!). Auch ich muss lernen, dass ich für mein Glück selbst verantwortlich bin und sehen muss, wie ich gut lebe.

Alles Gute und viel Kraft! Dir und Deinem Mann.

Schreibe ruhig hier, es tut gut, das alles mal loszuwerden. Ich kenne das auch.

Liebe Grüße

Austausch

PS. Und mach Dir bitte keine Vorwürfe, dass Du es anders angegangen wärst, wenn Du von der Diagnose gewusst hättest, es ändert nichts. Wir Angehörige können es nicht beschleunigen.
LyLuNic
Beiträge: 5
Registriert: 24. Nov 2012, 19:12

Re: Mein depressiver Ehemann ist weg :/

Beitrag von LyLuNic »

Hallo Ihr Lieben,

vielen Dank für die netten Worte von euch!
Das Buch werde ich mir mal anschauen, vielen Dank für den Tipp.
Mit "nächster Woche vorbei" meinte ich nicht, die Depression an sich, sondern den "Hänger", den er letzte Woche durchlitt. Mich nicht sehen zu wollen. Mich zu hassen... Und es ist so. Diese Phase ist vorüber, wir waren die letzten beiden Tage beim Papa in der Wohnung, haben dort geschlafen und waren wie eine Familie, wie vorher.. Er hat nach wie vor depressive Stimmungen, aber nicht mir gegenüber.

Die depressiven Stimmungen kommen durch die Geschwister und deren Gespräche über das Ausgangsproblem seiner Depression (Familienerbkrankheit, Mutter liegt im Sterben, 50% der Kinder können diese Krankheit haben und sie auch weiter an die eigenen Kinder vererben). In ihm herrscht die Angst, diese Krankheit auch zu haben, uns dann eine Last zu sein, selbst zu leiden, es an seine Kinder weiter vererbt zu haben undundund.. Mir war vorher nicht bewusst, dass es ihn so sehr beschäftigt, dass er ausziehen muss, um mich "zu schützen".

Momentan gebe ich mein Bestes, mich abzugrenzen. Ich war am Wochenende mit den Kindern im Harz, habe meinem Mann sogar gesagt, dass er Grenzen mit seiner Boshaftigkeit mir gegenüber überschritten hat. Und siehe da, er hat sich entschuldigt und verhält sich seitdem ja auch wieder nett.

Ja, es ist schwierig, den Partner loszulassen.. Aber ich habe so langsam verstanden, dass, egal was ich mache, ich es eh nicht ändern kann. Also kann ich auch nach vorne schauen. Sehen, wie ich aus dem zurückgebliebenen Schlamassel herauskomme. Heute kann ich das auch sagen, heute geht es mir gut
Vielen Dank nochmal für eure Antworten
Grüße,
Ly.
Kürbisstuten
Beiträge: 12
Registriert: 14. Okt 2012, 17:40

Re: Mein depressiver Ehemann ist weg :/

Beitrag von Kürbisstuten »

Hallo, also, mir geht es so ähnlich, nur dass mein depressiver Ehemann noch da ist, zumindest wohnt er noch hier. Was sich zumindest in der letzten Zeit geändert hat, war, dass ich mich auch verändert habe, während er mit den Kindern 3 Wochen lang zur Kur war. Da ist mir einfach klar geworden, wie sehr ich damit beschäftigt bin, die Stimmungschwankungen und Panikattacken auszugleichen. Ich bemühe mich immer wieder, ihm entgegenzukommen und die Situationen zu beeinflussen, dass es nicht zur Eskalation kommt. Und denn habe ich gemerkt, dass ich da nicht gewinnen kann, weil auch er immer mit neuen Vorwürfen kommt: Es reicht einfach nie!
Ich inzwischen habe ich selber manchmal Motivationsprobleme und habe oft morgens schon Angst vor dem Tag. Tagsüber kann ich mich noch mit dem Alltagskram und den Kindern ablenken, aber nachts bzw. abends vor dem Einschlafen holt es mich wieder ein.
Ich frage mich ständig, wie lange das noch so weitergehen soll, wo da Licht am Ende des Tunnels ist.
Bei mir löst das zum Teil auch schon so einen Fluchtreflex aus, dass ich mir in meiner Fantasie ausmale, dass ich mit den Kindern wieder in meine Heimatstadt ziehe und mein Mann wegen seiner Arbeit hierbleiben muss. Er könnte dann jedes zweite Wochenende die Kinder haben und ich könnte mich dann erholen. Der Alltag und die Kinder sind schon anstrengend, aber das Tüpfelchen auf die i ist eben, wenn der Mann eben nicht abends nach Hause kommt und Entlastung bietet, sondern entweder weinerlich oder eben aggressiv alles schlecht redet, was ich den ganzen Tag über so mühsam versuche in den Griff zu kriegen. Wenn ich vormittags alle Fenster im Haus geputzt habe, dann regt er sich trotzdem darüber auf, dass der Fußboden dreckig ist. Spielen die Kinder, ist es ihm zu laut, streiten die Kinder liegt es daran, dass ICH sie nicht in den Griff kriege (und da kann ich 100 Mal sagen: So sind Kinder, das ist ganz normal in dem Alter.) Er sucht die Probleme mit der Lupe und er findet immer welche und beklagt sich dann. Und wenn es dann wirklich mal eins gibt, dann ist alles gleich die große Katastrophe, die mit dem totalen Untergang endet. Man kann dann auch nicht mehr vernünftig überlegen, was man JETZT tun kann, um das Problem zu lösen, weil er sich schon damit beschäftigt, welche Versäumnisse er MIR vorwerfen kann, während er sich gleichzeitig verteidigt, dass es an ihm jedenfalls nicht liegen kann. Sprich: Er will Geld holen, stellt bei der Bank fest, dass er sein Portemoinaie vergessen hat, kommt nach Hause und motzt mich an, dass er sich nicht konzentrieren könnte, weil ICH ihn den ganzen Tag mit 1000 Sachen volllabern würde.
Inzwischen bin ich nur noch genervt und selber schon aggressiv, wenn er nach der Arbeit zur Tür reinkommt. Dann beschwert er sich trotzdem noch, dass er jawohl keine Grund mehr hätte, sich auf das Nachhausekommen zu freuen, weil ich ich ja auch den ganzen Tag schlecht gelaunt bin. Stimmt nicht, das fängt erst so eine halbe Stunde an, bevor er Feierabend hat.

Es ist alles schon ziemlich verfahren...

Heute hat er gesagt, dass er mich schon noch ziemlich lieb hat, aber da habe ich auch gesagt, dass er das sehr gut verbergen kann... Sowas wie Danke! oder Ich dich auch! kommt mir schon gar nicht mehr über die Lippen, dazu bin ich schon zu verbittert.
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