Wie helfen Partner bei der Therapie

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dprssn
Beiträge: 27
Registriert: 1. Nov 2012, 20:54

Wie helfen Partner bei der Therapie

Beitrag von dprssn »

Hallo zusammen,
mich beschäftigt folgende Frage.
Mein Mann ist zum ersten Mal wegen seiner Depression in Behandlung. Wir leben schon lange damit, aber es hat erst einen starken Tiefpunkt gebraucht, bis er die Krankheitseinsicht hatte. Er ist seit vier Wochen stationär und wird in ca. 1 Woche entlassen.
Frage:
Wie geht es dann weiter? Muß er sich selber um einen Therapeuten bemühen oder hilft das Krankenhaus?
Und wie kann ich helfen, bzw werde ich eingebunden bei Gesprächen. Es gäbe da nämlich einiges zu klären, aber seit der Diagnose hat mich ein bisschen der Instinkt verlassen, was ich sagen darf/soll/muss, weswegen ich mich auf`s Zuhören verlegt habe.
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Wie helfen Partner bei der Therapie

Beitrag von bigappel »

Guten Morgen Leni,

herzlich willkommen im Forum.

Nach meiner Erfahrung ist der Umgang nach der Entlassung sehr unterschiedlich.

Als Neuling hier im Forum möchte ich Dich aber zuerst noch auf etwas hinweisen:

ich persönlich schreibe hier oft und gerne; mir hat das Forum bereits sehr, sehr oft richtig geholfen.

Allerdings sollte man nie vergessen, dass hier einzelne Meinungen dargestellt werden, einzelne Erfahrungen, also keine generellen Aussagen, geschweige denn feststehende Fakten.

Eigentlich ist das klar; trotzdem zur Sicherheit.

So, jetzt hoffe ich, Du bist zwischenzeitlich nicht bereits auf der Tastatur eingeschlafen:

die Kliniken handeln das unterschiedlich.

mir erste bekannte Variante:

Tschüß kümmern Sie (der Patient) sich selber um eine Anschlußtherapie.... bye, bye.

Je nachdem, wie effektiv die Therapie sein konnte ist das nicht so die gute Idee.

Bei meinem Mann, obwohl ich im Hintergrund bin, war das trotzdem zu wenig.
Er ist trotz ambulanter Nachtherapie, und als Privatpatient hat er nun wirklich keine Probleme zeitnah Termine zu bekommen, in ein riesen großes Loch gefallen.

Eine andere Klinik hatte das viel, viel besser organisiert:

nach der Stationären erstmal wechsel in Tagesklinik und danach das Angebot Hilfe anzunehmen durch Sozialarbeiter, der Termine vermittelt, Ansprechpartner und die "Entlassung" wäre über längere Zeit geprobt geworden. Das nennt sich "Belastungsprobe"
;.-).

Ich fand das immer sehr niedlich, mich als Belastungsprobe zu sehen.... wobei: mein Chef würde das garantiert unterstreichen.... ich schweife ab....

Wäre formuliere ich, weil mein Mann vorzeitig abgebrochen hat und ich daher nur die theoretischen Angebote kenne.

Angehörigengespräche (jeweils 1 in jeder Klinik) gab es; bei mir waren die, ich nenne es mal: wenig effektiv.

Als Angehöriger sollte man sich ggf. selber noch Unterstützung suchen oder sich Angehörigenvereinen anschliessen oder entsprechende Beratungsstellen. Trotz allem würde ich natürlich, wenn es sowas geben sollte, das Angehörigengespräch auf Wunsch Deines Mannes, wahrnehmen.

Wie können wir Angehörigen helfen:

bei der Therapie: gar nicht bzw. in meinen Augen am Meisten, in dem wir unseren Betroffen gewähren lassen, Hilfe von Zeit zu Zeit anbieten, oder sie gewähren, wenn der Betroffene möchte, ansonsten unser alle meistgeliebtestes Wort hier: Geduld......

Eigentlich können wir Angehörigen immer nur zusehen, dass es uns, unseren Kindern gut geht; weil unserem Partner wirklich helfen, speziell in seiner eigenen Therapie:

vergiss es.

Sei authentisch, liebe Deinen Mann, habe Verständnis in einem gesunden Umfang, aber bei allem stell Dich nicht zu sehr hinten an. Das hilft keinem.

Ich weiß und kenne das selber, nicht mehr genau zu wissen, "was darf ich noch sagen, was nicht".

Das ist kein gesunder Weg.

Unsere Angehörigen haben Muster gelernt, die ihnen schaden. Soweit so gut.
Diese umzulernen ist zeitaufwendig, schwer und je nach Krankheitseinsicht mehr oder weniger mit guter Einsicht versehen.

Ich persönlich kann Dir nur aus meiner Erfahrung heraus sagen, dass ein in Watte packen des Betroffenen meist eher schädlich ist, als gut (zumindest bei meinen Mann).

Mit der Zeit und zunehmender Erfahrung lernst zu zu erkennen, wann es Sinn macht, bestimmte Themen zu äußern und wann es einfach besser ist, es zu lassen und schlichtweg sein eigenes Ding durchzuziehen.

So, glaub mir, ich habe lange gebraucht, das so bei uns handeln zu können:

also: behandle ich meinen Mann genau so, als wenn er nicht psychisch krank wäre; er kriegt von mir, wenn es halt eine Situation bedingt, genau so verbal eine übergebraten, wie jeder andere.... allerdings kann ich heute zunehmend erkennen, wann es keinen Sinn macht zu schimpfen, diskutieren zu wollen oder Hilfe für etwas einzufordern.

Mein Mann übt noch, sich abzugrenzen, sich nicht zu überfordern und das gelingt nicht immer.

Trotzdem wirst Du mit zunehmender Zeit die Zeichen, wann die Krankheit Oberhand hat oder die Überforderung massiver ist, als sonst, erkennen und danach handeln können.

Sei einfach Du!

LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
dprssn
Beiträge: 27
Registriert: 1. Nov 2012, 20:54

Re: Wie helfen Partner bei der Therapie

Beitrag von dprssn »

Vielen Dank für Deine Antwort Pia!
Ich habe bereits einen Termin bei einer betreuenden Einrichtung gemacht (Caritas- Hilfe für Depressive), der ist am Mittwoch. Da will ich mich mal über die verschiedenen Angebote informieren.

Das mit dem Zuhören/Meinung sagen:
da stecke ich echt in einer Zwickmühle.
Klar ich weiß, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist um ihm die Meinung zu sagen.
Aber ich habe trotzdem die Hoffnung, dass wir ein paar Sachen ändern können die einfach nicht gut gelaufen sind. Die Hoffnung kommt auch daher, dass mein Mann selber sieht, wie sehr er mich beeinflusst hat.
Auch ich habe das nochmal realisiert, was für mich eigentlich Alltag war, und ich will das eigentlich so nicht mehr haben. Wenn ich ihn unterstützte will ich ehrlich gesagt auch was davon haben.

Ich weiss, dass das sicher nicht die nächsten Wochen passieren wird, aber ich will das seiner Einsicht auch ein paar Verhaltensänderungen folgen.
Ich darf nicht zulassen, dass wir diese Zeit zusammen durchmachen und danach alles so ist wie vorher. Das ist auch für mich ein hartes Stück Arbeit. Ich bin kein "harter" Mensch, wenn ich das wäre, hätte ich vieles anders gemacht. Wegducken ist oft einfacher als die Dinge in die Hand zu nehmen.
Meggi

Re: Wie helfen Partner bei der Therapie

Beitrag von Meggi »

@LeniB
>Und wie kann ich helfen, bzw werde ich eingebunden bei Gesprächen.<

sah in meinen Falle sehr mager aus, es gab auf drängen meines Mannes ganze zwei, etwa 15minütige Angehörigen-Gespräche die bei mir dem Eindruck hinterließen dass sie nicht wirklich interessierten.
Über nach der Klinik machte sich dort auch niemand Gedanken, Patient raus, Tür zu, der nächste bitte.
Die Untiefen des psychischen Loches in das sich mein Mann damals befand wurden auch durch den Klinik-Aufenthalt nicht verändert.

Grüße
Meggi
dprssn
Beiträge: 27
Registriert: 1. Nov 2012, 20:54

Re: Wie helfen Partner bei der Therapie

Beitrag von dprssn »

Mal angenommen, alle Hilfen von dritter Seite, die man sich wünschen würde bleiben erfolglos oder bleiben ganz aus.

Dann Augen zu und selber durchwursteln?

Muss man es alleine schaffen, weil einem keiner hilft oder ist man sogar mit Hilfe alleine?
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Wie helfen Partner bei der Therapie

Beitrag von Lerana »

Hallo Leni,

ich kann deine Verunsicherung sehr gut verstehen, aber ich denke, an dem Punkt, an dem ihr seid, jetzt schon darüber nachzudenken, was passiert, wenn alles nichts hilft, ist einfach zu früh.

Denke daran, es gibt soo viele, denen gut, sogar sehr gut, durche Medikamente, Kliniken, Therapien, Selbsthilfegruppen etc. geholfen werden kann.

Verliere die Hoffnung nicht!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
bigappel
Beiträge: 1488
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Re: Wie helfen Partner bei der Therapie

Beitrag von bigappel »

Hallo Leni,

o.k.

Folgender Satz von Dir stimmt mich so ohne die Sachlage zu kennen bedenklich:

"mein Mann weiß, wie sehr er mich beeinflußt hat".

Natürlich beeinflusst Beziehung und ich finde es auch richtig, Situationen, Handlungen zu besprechen und ggf. anders geregelt haben zu wollen.

Allerdings ist es schon so, dass es Dein Part ist das zu tun, was Du als richtig erachtest und es ist Dein Part dafür zu sorgen, sich abzugrenzen..

Wie gesagt, kann gut sein, dass wir aneinander vorbeischreiben, aber das ist mir wirklich direkt aufgefallen.

Beispiel:

es ist eine Situation, die ich gerne in irgendeiner Form anders hätte im Ablauf z.B.

Mein Mann ist nicht in der Lage, sich mit mir auseianderzusetzen.
Dann handle ich. So wie ich es für richtig für mich / die Familie erachte.

Du schreibst, Du weiß nicht, ob Du momentan mit ihm sprechen kannst.

Dann frag ihn.

Kann er konkret ja oder nein sagen, kann man danach handeln.
Wenn keine Antwort kommt oder nach sehr, sehr langer Zeit oder sehr stockend: Du kennst Deinen Mann; vermutlich ist es dann so, dass eine diesbezügliche Auseiandersetzung direkt nicht möglich ist.

Du kannst Dich aber ruhig trauen, Deinen Freund zu fragen.

Auch Betroffene müssen lernen, klare Antworten geben zu können.
Das ist allerdings je nachdem nicht in geringer Zeit machbar.

Du lernst es zu erkennen.
Super, dass Du einen Termin gemacht hast!

LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
SucheAustausch
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Registriert: 15. Aug 2012, 12:35

Re: Wie helfen Partner bei der Therapie

Beitrag von SucheAustausch »

Hallo Leni,

ja, Deine Situation kenne ich gut. Ich war mit genau den gleichen Fragen unterwegs - das war im Frühling.

Mein Mann war 14 Wochen stationär, er kam im Anschluss erst mal in eine Tagesklinik. Wurde mit Euch/bzw. Deinem Mann über ein solches Angebot gesprochen?

Wie fühlt er sich? Glaubt er, dass er schon für eine Entlassung bereit ist?

Ist er noch in "Lohn und Brot"?

Bei uns gab es überhaupt keine Paargespräche. Auch in der Tagesklinik (in der mein Mann noch 2,5 Monate war) nicht.

Ich wurde überhaupt nicht eingebunden, weder in seine Therapie (das erwartete ich aber auch nicht) noch in seine Entlassung (das finde ich grob fahrlässig!)

Ich erwarte nicht, dass man an der Arbeit in der Therapie beteiligt wird, aber ich war (und bin es teilweise immer noch) nach seiner Entlassung heillos überfordert mit ihm.

Nach seiner Entlassung ging es meinem Mann recht gut, aber als er wieder in die Arbeit einstieg, kamen einige schwere Löcher/Rückfälle, mit denen ich überhaupt nicht umgehen konnte.

Ich denke, ich habe so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Aber ich habe mir jetzt auch Hilfe gesucht. Besuche ein Angehörigenseminar und gehe seit 3 Wochen auch zu einer Therapeutin.

Es ist wichtig, dass Du nicht zu viel erwartest. Wenn die KLinik verlassen wird, kommt oftmals noch der ein oder andere Rückschlag.

Es ist sinnvoll, sich dafür ein Netz zu spannen - Angehörigengruppen, Beratungsstellen, Freunde, ein eigenes Leben.

Ich wünsche Euch, dass es bei Euch besser läuft als bei uns.

Aber selbst wenn es schwer ist, es kommen auch wieder bessere Zeiten. Bei meinem Mann läuft es seit einigen Wochen wirklich wieder besser.

Wir werden sehen, wie lange das andauert und wie ich mit einem eventuellen Rückschlag dann besser umgehen kann.

Alles Liebe!

Austausch
dprssn
Beiträge: 27
Registriert: 1. Nov 2012, 20:54

Re: Wie helfen Partner bei der Therapie

Beitrag von dprssn »

bine1704
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Registriert: 16. Okt 2012, 15:42

Re: Wie helfen Partner bei der Therapie

Beitrag von bine1704 »

hallo lenib,

darf ich dich fragen was für einen tiefpunkt es gebraucht hat, bis dein mann "einsichtig" war um hilfe anzunehmen? im moment bin ich sehr verzweifelt, da mein mann keinerlei hilfe annehmen möchte. immer wenn ich was sage reagiert er sauer. aber ohne therapie wird er da wohl nicht alleine raus kommen. er meint auch er könnte das problem "aussitzen".

viele grüße
bine
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