erdrutsch

chrissy
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erdrutsch

Beitrag von chrissy »

hallo,

ich habe einen massiven rückfall in die depression und spüre gerade, wie angst hochsteigt in mir, zittern und herzrasen.
ich wollte schon früher schreiben hier, ich dachte nur, ich schaffe es so, und es ist nicht leicht für mich öffentlich zu sein.
ich möchte mich nur eben nicht so entsetzlich allein fühlen jetzt, es ist so bodenlos und ich habe angst das jetzt nicht mehr zu meistern.
es gibt so rein gar nichts, was mich hält, immer wieder renne ich gegen eine wand, und diese einsamkeit darinbringt mich fast um den verstand.
ich weiss, dass es hochdepressiv ist, was ich schreibe, ich kann es nur nicht beschönigen, nur hoffen und hoffen. dabei verliere ich immer weiter meinen horizont und meine ziele, irgendwie bin ich an meiner grenze nun, ich sehe kein licht mehr.
danke fürs zuhören, ich wusste nicht, wohin ich soll mit mir.

chris
sandrak
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Re: erdrutsch

Beitrag von sandrak »

Hallo du,
na, wie gehts dir jetzt?bestimmt noch nicht besser oder, nachdem was du hier geschrieben hast.
ich wollte dir nur sagen dass ich bei dir bin und dich verstehen kann, auch ich war vor ca 2 wochen in einer ganz akuten phase, und auf einmal ging es dann doch wieder herraus, nur weiß ich nicht genau wie es dazu kam, ich hatte auch nix mehr, keine hoffnung...usw.ich wollte nichts mehr, aufstehen, geschweige denn zu essen, hatte alles keinen sinn mehr für mich ergeben. und irgendwann als ich dann aus dem schlimmsten raus war, dachte ich, ne das kann doch nicht sein, wie konnte ich soo tief fallen und so hoffnungslos sein. ich kann dir sagen, dass es sich lohnt durchzuhalten, auch wenn man noch nicht weiß warum.....sei stark, und kämpfe gegen an, auch wenns im moment nicht gehet, dann ist es halt so, da kann man dann auch nix machen, aber soweit du einen momentlang spüren solltest du bist nicht mehr so ganz tief drin, werde aktiv, aber auch wenn man tief in der scheiße sitzt soll man ja aktiv bleiben, aber ich weiß wie schwer es ist....

ich fühle mit dir und kann verstehen wie schlecht es dir wohl gehen mag, denn das was du schreibst kenne ich auch allzu gut.

das wichtigste ist, wenn du nicht arbeitest, dich trotzdem an einen tagesplan zu halten, um überhaupt irgendwas zu machen.
Ich weiß ja nicht, aber arbeitest du dann ?
und bist du in therapie und kriegst medikamente? hast du einen arzt mit den du dich darüber unterhalten kannst?
Caroline1
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Re: erdrutsch

Beitrag von Caroline1 »

Ach Mensch, liebe Chrissy

Das klingt nicht gut, wie könnte es auch, ABER. Kannst du gar keinen Anlass erkennen? Oder auch nur vage vermuten? Es "allein" schaffen zu wollen, hm das bringt nicht sehr viel, das hast du ja erkannt, und dementsprechend ist das ein Fortschritt.

Konkret zu helfen, das weisst du ja alles...aber was IMMER geht, ist schreiben und andere hören dir zu. Letztendlich habe ich das allein auch immer schon als Hilfe wahrnehmen können, daher nutze das Angebot weiter:-)

Ich nehm dich in den Arm und sei ganz lieb gegrüßt von

Caroline
susan
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Re: erdrutsch

Beitrag von susan »

Liebe Chris

es ist gut, dass du das hier aufschreiben konntest, wie dir zumute ist. Du bist nicht allein. Ich denke ganz viel an dich und ich wünsche mir sehr für dich, dass du es schaffst, den Weg aus dem Tal zu finden. Das Licht, das du jetzt nicht siehst, ist da, und du wirst es schaffen, es wieder zu sehen, das weiß ich...

Ich drück' dich mal!!
Wenn ich dir irgendwie helfen kann, melde dich...

Ganz lieber Gruß
Susan


anna17
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Re: erdrutsch

Beitrag von anna17 »

Hey Chrissy,

versuch nicht, es allein zu schaffen, die Zähne zusammenzubeissen und so. Vielleicht die Augen zu und ein bisschen fallen lassen, wenn's geht, reden oder schreiben.

Milchkaffee ist in der Küche, wie immer.

Anna.
chrissy
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Re: erdrutsch

Beitrag von chrissy »

sandra, danke.
tatsächlich sitze ich im büro, ich nehme medis schon lang, und ich mache therapie noch für mind.
zwei jahre. ich arbeite jetzt im augenblick daran nicht umzufallen, und zuhause wäre ich allein, das ist nicht gut.
danke dir sehr für dein mitgefühl.

liebe caro,
habe das wegbrechen in dieser form mit diesem harten bewusstsein nie erlebt zuvor. drum weiss ich in etwa,
wo der auslöser sitzt, der trigger kann man sagen. es ist, als würde ich mich auflösen, ein eigenartiges gefühl.
was mich furchtbar schmerzt und so verzweifeln lässt ist, dass ich noch tiefer hinein muss, um überhaupt eines tages
vielleicht besser leben zu können. ich glaube nicht mehr daran, weil der kreislauf zwischen meiner eigenen überschätzung,
der überforderung und irgendwann ablehnung der anderen und das wiederholte alleinsein danach nicht durchbrochen werden kann.
und das kann ich nun auch nicht mehr aushalten, das spüre ich deutlich. ich fühle mich wie ein haufen dreck, weil ich
als kämpfender mensch mit einem nicht auszumerzendem defizit den ansprüchen einfach nicht genüge.
es tut gut euch zu haben, und ich danke dir, caro.
chrissy
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Re: erdrutsch

Beitrag von chrissy »

liebe susan und anna,

ich sage einfach danke. ich weiss, wo du bist, susan, ja.
anna, ich hoffe, DIR geht es besser inzwischen, nicht mal dazu hatte ich die kraft dir kürzlich ein paar worte zukommen zu lassen, und das ist ein signal gewesen für mich, dass da nichts mehr ist bei mir.
elend hat viele gesichter, nicht.

chris
chrissy
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Re: erdrutsch

Beitrag von chrissy »

hallo,

ich bin es wieder, und lasse einfach meine gedanken los, es macht keinen sinn, nur unstrukturiert herumzudenken und zu -fühlen. vielleicht hilft es ja.

es ist die urangst, das fehlende urvertrauen und die massiven verlustängste (bin SO eine patientin), die mein leben schon immer bedrohten. ich nenne es bedrohung, weil meine einzige lebensqualität schon immer die war, dass ich lebe, und bei auftreten dieser, ich nenne es defizite, ist die bedrohung ganz nah.
zum erstenmal deutlich wurde es vor drei jahren nach der trennung von einem geliebten menschen, meinem damaligen freund. ihn habe ich längst überwunden, doch kam damals in rasender schnelligkeit zum trennungsschmerz die depression, plötzliche massive ängste, all der dreck in der seele zum vorschein, den ich über dreieinhalb jahrzehnte nur ahnte.
es ist seither ein neues leben für mich, doch wünsche ich mir oft das alte zurück, da war ich weit aus glücklicher, wenn auch diffuser in meinen gefühlen.

ich habe die vielleicht nicht unberechtigte befürchtung, dass ich einfach nicht in der lage sein werde, allein mit mir diese urängste und alles andere so aufzuarbeiten wie nötig, denn ich bin sicher, dass die theorie nur einen kleinen teil dazu beitragen kann. wie soll ich das praktisch "üben", frage ich mich oft, ich erfahre eigentlich nur, dass ich SO wie ich jetzt bin nicht gewollt werde, zum gesunden aber den halt benötige, um all das zu üben. allein ist das fast unmöglich, also mir. und weil ich das spüre und weiss, bin ich prädestiniert dafür immer wieder hinzufallen, denn andere fürchten sich vor so einem menschen wie mir, der einfach etwas mehr braucht, auch absolute klarheit von anfang an, alles andere hat in meinem leben keinen platz.
dass das schwierig ist, ist mir völlig klar, und somit muss ich zwangsweise träume wie partnerschaft, liebe usw. streichen.
entbehrung auf der ganzen linie, auf der anderen seite viel sehnsucht danach, die ja scheinbar auch nur ein produkt meiner defizite sein soll. wenn man wenig bekommen hat, gibt es nur zwei möglichkeiten, man lebt mit dieser entbehrung und arrangiert sich oder man sehnt sich nach mehr, wie ich eben. alles andere funktioniert nicht, ich habe in millionen von gedanken alles ausprobiert, man kann nicht ständig gegen sich arbeiten, es geht einfach nicht.

ich grüsse euch, danke nochmal.

chris
sandrak
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Re: erdrutsch

Beitrag von sandrak »

Hallo Chris,

na du, ich wollt dir nur eben schnell sagen, dass ich später noch mal hier rein gucke, muß jetzt babysitten
chrissy
Beiträge: 309
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Re: erdrutsch

Beitrag von chrissy »

sandra, danke dir, es ist gut,ich kotze hier aus, mach dir keinen kopf.

chris
anganima
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Re: erdrutsch

Beitrag von anganima »

Hallo Chrissi,

ich habe gerade dein posting entdeckt, und das bringt mich dazu, nach ziemlich langer Zeit mal wieder hier etwas zu schreiben. Eigentlich möchte ich mich nur ein wenig still neben dich setzen, so daß du spüren kannst, daß ich da bin. Allein für sich verantwortlich sein zu müssen kann einem wirklich zur Verzweiflung bringen manchmal. Ich habe aber das starke Gefühl, daß du es schaffen wirst. Und während ich so neben dir sitze und wir uns vielleicht zwischendurch mal anschauen, und spüren, daß da Zuneigung ist, denke ich so ein bißchen vor mich hin. Wenn du magst kannst du zuhören, aber ich bin dir nicht böse, wenn nicht.

Hmm, ich habe gerade in einem Buch einen Satz gelesen, der mich beschäftigt. Es hieß um Erwachsen und autonom zu werden müssen wir lernen unsere eigene Mutter und unser eigener Vater zu werden. Ich versuche mir vorzustellen, wie das aussehen könnte, wie sich das anfühlen würde. Solange wir Kinder sind sind wir ja völlig abhängig von Eltern oder anderen Erwachsenen die deren Stelle einnehmen, ein Verlust wäre wirklich lebensbedrohend und diese Ängste stecken in uns drin, wenn wir niemals das sichere Gefühl erfahren haben, daß wir auch wenn wir schwach und scheinbar ungenügend sind angenommen werden und dieses Gefühl erfahren wir eben nicht dadurch , daß für unseren Körper und unsere materiellen Bedürfnisse gesorgt wird. Das haben schon vor Jahrzehnten die Experimente mit Affenbabys gezeigt, die von ihrer Mutter fortgenommen wurden und zwar genügend Wärme und Essen über ein Gestell erhalten hatten, das einer Affenmutter nachgebildet war. Sie wurden kränklich und überlebten nur mühsam. Und wurden depressiv. Zumindest habe ich das so in Erinnerung.
Manchmal suchen wir vielleicht darum immer wieder nach Elternfiguren, die uns Geborgenheit und Liebe vermitteln und von denen wir hoffen, daß sie uns erfahren lassen können, was es heißt erwachsen zu sein, ein eigenes erfülltes Leben zu führen Und nachdem wir so viele schöne Geschichten in unserer Kindheit gehört haben, über liebevolle Eltern möchten wir das unbedingt selbst erleben. Diese Sehnsucht wird uns sehr lange begleiten. Zumindest erfahre ich das so bei mir, sie taucht immer wieder auf.

Wie überleben die Straßenkinder in Bolivien und anderswo ohne die Hilfe von Eltern und Erwachsenen. Indem sie sich in Gruppen zusammenschließen, sich gegenseitig beim täglichen Kampf ums Überleben unterstützen und auch emotionale Hilfe und Wärme geben. Vielleicht ist das der Grund warum wir, solange dieses Kind-Ich noch so stark in uns lebt in erster Linie versuchen, diese Sicherheit und Geborgenheit bei anderen Kind-Ichs zu finden . Wir hoffen, daß wir gemeinsam es schaffen werden zu überleben und groß zu werden. Da fällt mir doch dazu gerade das Märchen von Hänsel und Gretel ein. Aber die waren ja Geschwister, ich aber wünsch mir einen Partner, der nicht durch Familienbande und das gleiche Schicksal an mich gebunden ist, sondern der bei mir bleibt, weil ich ich bin und weil er mich mag und weil wir uns gegenseitig vieles zeigen können. Der mir vielleicht zeigen kann, wie es sich anfühlt ganz andere Erfahrungen gemacht zu haben, andere Gedanken zu denken, andere Dinge zu tun als ich, der mich ermuntert herauszufinden, was alles in mir steckt und mir möglich ist. Der mich vielleicht anstachelt und neugierig darauf macht. Hänsel und Gretel und die Straßenkinder aber bleiben aus Angst zusammen und stützen sich gegenseitig. Ich glaube, viele Partnerschaften werden aus solchen Gründen eingegangen. Wenn man Angst hat kann man nicht neugierig sein, man sucht Sicherheit, versteckt sich, bleibt in einem überschaubaren Rahmen. Stimmt das so? Ich versuche dem nachzuspüren, wie es sich anfühlt neugierig zu sein, etwas erforschen zu wollen. Aufregend, ein wenig ängstlich, dem was ich da erlebe vielleicht nicht gewachsen zu sein, aber auch anregend und lebendig. Ja Neugier wäre ein starkes Motiv weiterzugehen. Neugier auch auf mich, auf all die unbekannten Seiten in mir, die ich noch nie gelebt habe. Brauche ich dazu jemand anderen und wie müßte der sein? Es wäre leichter, wenn es jemand gäbe, der diese ungelebten Dinge aus mir herauskitzeln könnte, wollte er sie erzwingen macht er mir Angst. Aber mit Humor und Freude und Liebe könnte es gelingen meine Ängstlichkeit zu überwinden. Dazu müßte er aber selbst keine Angst haben und auch neugierig sein. Ja die Kinder die sich zusammenschließen können gerade nur ihr Überleben sichern für eine gewisse Zeit und das ist ein sehr anstrengendes, freudloses Leben.

Kenne ich jemanden, der die von mir ersehnten Eigenschaften für eine Partnerschaft hat? Nein, eigentlich nicht, nicht persönlich und ich selbst habe sie auch nicht, aber ich würde sie gerne haben. Wie könnte das gehen? Bin ich neugierig genug, oder sollte ich vielleicht doch einen Vater-Mutter-Ersatz suchen, der mich an die Hand nimmt? Ich glaube das funktioniert nicht, wer will schon so ein großes Kind, außer jemand der sich selbst besser dabei fühlt, wenn jemand abhängig von ihm ist und sich so einbilden kann, daß er erwachsen ist, weil der andere sich klein macht oder fühlt.
Aber ich will nicht klein bleiben, ich will groß werden und erwachsen sein.

Wie sähe denn meine Idealmutter, mein Idealvater aus? Liebend, annehmend, anerkennend, mich unterstützend wenn ich Hilfe brauche, aber nur so lange wie es nötig ist, mich eigene Schritte gehen lassend, mich ermuntternd wenn ich ängstlich bin, .mir vertrauend, aufmerksam ..........und noch so einiges mehr. Könnte ich dieses Bild in mir zum Leben erwecken und ausbauen und mir, meinem Kind-Ich, zur Seite stellen. Genau das für mich sein, was ich immer im Außen, in anderen Menschen suche? Meine ganz eigenen, ganz speziellen Ideal-Eltern in mir erwecken und mir schenken? Vielleicht gar keine schlechte Idee. Das wäre mal eine Aufgabe und Arbeit die Sinn machen würde und sich lohnen würde. Davon würde sicherlich nicht nur ich selbst profitieren sondern auch meine Umwelt.

Was also hindert mich daran, es zu versuchen und damit anzufangen? Allemal einen Versuch wert und wenn´s nicht klappt kann ich ja immer noch meine alten Wege gehen, die ich schon kenne und mit denen ich bis jetzt immerhin überlebt habe. Machen mich aber sehr einsam und unzufrieden und manchmal recht verzweifelt.

Na genug nachgedacht, ist schön mit dir hier zu sitzen und wenn du magst rutsche ich noch ein bißchen näher ran und nehm dich ein wenig in den Arm. Und dann finden wir vielleicht zusammen oder auch noch mit anderen mehr heraus, was wir noch alles anstellen könnten, was Freude in unser Leben bringt.

Ganz lieben Gruß
Anganima
Kedi
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Re: erdrutsch

Beitrag von Kedi »

Liebe Chrissy,

ich denk an dich. Lass uns gemeinsam einen Spaziergang machen - und wenn wir Glück haben, kommst du, liebe Anganima, auch mit.

Alles Liebe und viel Kraft,
Kedi
Dunkelheit
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Registriert: 8. Apr 2003, 12:21

Re: erdrutsch

Beitrag von Dunkelheit »

Liebe Angamina,
ich sitze hier, habe dein posting gelesen und die Tränen laufen mir übers Gesicht. Alles was du geschrieben hast stimmt und ist einen Versuch wert.
Danke
@chrissi
Sie hat Recht, komm wir versuchen.
Liebe Grüße
Dunkelheit
nimmermehr
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Re: erdrutsch

Beitrag von nimmermehr »

Hi, Chrissy -

kann nicht reden und bin froh, daß Anganima Worte gefunden hat -

aber still dazusetzen, damit Du nicht so allein bist, kann ich mich auch...

Lieben Gruß
Christabelle
chrissy
Beiträge: 309
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: erdrutsch

Beitrag von chrissy »

ich steh hier vor euch und möchte danke sagen, dass ihr da seid. das ist kaum fassbar, weil ich in den letzten wochen und monaten stück für stück meinen glauben sowie mein vertrauen in liebe und angenommenwerden verliere.
ich habe heute früh vor der arbeit überlegt, ob ich mich nicht einfach wieder ins bett lege und gar nichts mehr mache und nur warte, aber da ist etwas, was mich hält und dann doch wieder aufstehen liess, aber ich fühe mich grottenschlecht inzwischen wieder und das macht mir ziemlich angst. aber trotzdem danke für alles, es ist unbezahlbar. und ich denke, es muss besser werden eines tages, viel weiter runter gehts ja nicht mehr.

liebe anganima,

ich sehe dich in gedanken und deine worte sind zu mir durchgedrungen, ich kann sie von dir auch annehmen.
ich könnte sie nicht mehr annehmen von jemandem, der sie aus einer distanz heraus mit eigenem grossen und bevorzugt gelebten sicherheitsbedürfnis zu mir sagt und mir vorwirft, mit meinem schmerz und meiner ausschliesslichkeit alles zu zerstören. jemand, der selber nicht in der lage ist sein leben so zu ändern, dass es zu seinen worten passt, die ich mir zu meinem leben sagen lassen muss. bitter klingt das, ich weiss, aber es ist kein hass in mir oder sowas, nur tiefe enttäuschung. und ganz und gar depressive sicht bei mir, das sehe ich selber ein.
ich schäme mich dennoch nicht mehr,dass ich so fühle und denke, es ist mir aber vollkommen klar, dass die tiefe meiner gefühle sehr ursächlich sind. wenn ich aufmache innerlich, weil ich annehme, ich darf es relativ sicher tun, sicher im sinne von vertraut, und ich dann erleben muss, dass ich alleingelassen werde in dem sinne, dass ich und nur ich allein die verantwortung dafür habe, auch dafür, das, was der andere sagt oder tut richtig zu interpretieren, dann entsteht bei mir sowas sehr ambivalentes, gefühl und verstand laufen auseinander. denn ich habe eben nicht ganz allein die verantwortung dafür, das ist totale verdrehung und erzeugt ein gefühl von schuld. es ist leicht, es jemandem wie mir einreden zu wollen, denn zunächst glaube ich das.
ich tappe nicht mehr in die typische falle, die mir mein muster vorgibt und ich jahrelang nicht erkannte, damit meine ich, ich halte einen zustand nicht mehr um eines anderen menschen willen aus, nur um ihn nicht zu verlieren. gegen diese traurigkeit komme ich aber nicht an, und es tat mir gut dich zu lesen, ich tat es mehrmals, und ich spürte deine wärme dabei.

ich wollte das sagen, die anderen dinge, die du beschrieben hast, sind mir bewusst und ich weiss natürlich einiges darüber, wie der mechanismus funktioniert, wenn man als baby/kind eine grosse vernachlässigung erlebt hat. was soll das kind tun ausser schreien und weinen, es resigniert und wird später alles tun als erwachsene, um nicht mehr verlassen zu werden oder meidet im gegenteil jede bindung. ich stehe genau dazwischen, weil ich zwar die neigung habe und zu grossen schmerz fühle bei verlust, aber gewisse strategien sind bereits da, mein weg ist mein ziel gewesen und es verletzt mich einfach massiv, wenn ich auf meine geschichte reduziert werde. es ist nicht meine angst vor bindung, die hatte ich nie, sondern die angst, dass andere mich nur durch diese brille sehen. andererseits tue ich das selber auch, aber ich bestehe ja nicht nur aus dieser geschichte, sondern aus vielem mehr.
doch so holt der schmerz, der ungeliebte, einen wieder ein, wider besseren wissens. es ist zum kotzen, wirklich.

liebe anga, es hat mir geholfen dich zu lesen, was du geschrieben hast. es wird mich eine weile begleiten und ich kann mich vielleicht mal kurz ausruhen.
mir tut alles weh heute, das herz am meisten, von daher werde ich morgen früh mal einen doc aufsuchen und mir was zum beruhigen geben lassen. danke, wirklich.

alles liebe für dich

chris
Caroline1
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Re: erdrutsch

Beitrag von Caroline1 »

Liebe Chris

Du leidest sehr unter der Einsamkeit, und das ist ja auch ein sehr intensiver Schmerz, den man da verspürt, der überhaupt keine andern Gefühle zulässt, so sehr vereinnahmt er einen.

Kann es sein, dass du in letzter Zeit in einen andern Menschen etwas Vertrauen gefasst hast, und du bist sozusagen erneut bitter enttäuscht worden? Oder sind deine Briefe eher allgemeiner zu verstehen? Du hast Angst, dass die Angst vor einer solchen Enttäuschung dich komplett lähmen könnte, dass du dadurch so erstarrt wärest und dich niemals mehr wirklich voll und ganz auf andere Menschen einlassen könntest, ist das so? Wenn du magst, und du es fertig bringst, dann fände ich es schön, wenn du darauf antworten würdest.

Liebe Chris, sei ganz lieb umarmt von

Caroline
chrissy
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Re: erdrutsch

Beitrag von chrissy »

liebe caroline,

ich bin dir sehr dankbar, dass du das fragst, und tatsächlich komme ich ins schwitzen, weil meine antwort darauf mich selber beschämt, denn es ist, was mich so derart kaputtmacht, vielleicht eher banal für andere menschen. doch nun habe ich ja die tür geöffnet und fasse zusammen, was mit mir los ist.
es ist ganz schwierig, ich machs aber.

ja, ich habe zu einem menschen vertrauen gefasst, und das war leicht, weil der mensch absolut vertrauenswürdig ist, das ändert auch nicht der umstand, dass ich nun sehr leide. neben meinen eigenen miesen gefühlen sind alle guten gefühle für ihn nach wie vor da, und ich bin sehr froh darin unterscheiden können.
aus vertrauen wurde zuneigung, und daraus erwuchs mehr, ich verliebte mich. ich bekam weder einen rosengarten versprochen noch irgend etwas anderes, das ist tatsache, die auch ich nicht übersehe.
weil ich ein mensch bin, der sehr viel klarheit benötigt, fühlte ich schnell, dass die situation unklar ist für mich. und dass ich es mit einem menschen zu tun habe, der absolut bereit war nach seinen möglichkeiten mir das zu geben, was er kann und dass es nicht das ist, was ich wollte. das habe ich mittlerweile verstanden. zu der zeit jedoch verstand ich seine signale anders, ganz anders. ich schäme mich fast, wenn ich sage, dass ich langfristig dachte, es würde eine partnerschaft daraus werden. und weil eben vertrauen da war und ich sehr vorsichtig innerlich und auf der hut, machte ich meine tür sozusagen stück für stück auf. für mich war es das erstemal nach drei jahren, und ich hatte keinerlei bedenken zunächst, weil ich annahm , das dort etwas wachsen kann. möglicherweise habe ich, ach, ganz bestimmt sogar, nicht den mut und die geduld einfach nur zu warten, ob es mehr werden könnte, ich wollte es wissen, nicht ahnen und raten. und da fing es an bei mir. stück für stück erkannte ich, dass ich mich geirrt habe, was ich aufgrund vieler dinge wirklich nicht wissen konnte zu beginn.

ich wusste, dass er wusste, dass diese ängste einfach vorhanden sind bei mir, und wie gern hätte ich "bewiesen", dass ich sie im griff habe, weil sie ja unnötig wären. aber sie waren da und wurden stärker. und plötzlich konnte ich die fäden nicht mehr in den hand halten, es ging plötzlich nicht mehr darum, ob man sich sehen kann oder was auch immer, sondern nur noch um meine angst.
ja, und das war der anfang von der spirale, die ich nicht mehr aufhalten konnte.
mit grossem entsetzen erkannte ich viel zu spät erst, dass er nie für mich in frage käme in der form, wie es wünschte und mir vorstellte.
das ist alles, caro. man nennt das im volksmund wohl auch liebeskummer, doch ist das nicht ganz richtig so jetzt, denn es geht mir zu schlecht dafür. es geht tiefer, und ich spüre noch immer diese kälte und meine furcht, weil er für mich nicht da ist oder nicht sein kann. so, wie ich es bräuchte. das sage ich ganz ehrlich.

das mit der einsamkeit ist nun natürlich fast unerträglich, weil ich ja noch gar nicht frei bin in kopf und herz, und ich bin viel zu enttäuscht, was nun der grund ist, dass ich mich so extrem bedroht fühle und so schwach.

weisst du caro, meine unfähigkeit besteht darin, dass ich ab einem bestimmten punkt meine inneren schutzgeister fortscheuche und nicht mehr auf sie höre. sie sagten mir nämlich sehr früh, dass ich aufpassen soll, was ich nicht getan habe, nicht konnte eben.

abgesehen von diesem tiefen fall und den "ur"-gefühlen tut es einfach auch nur sauweh, einen menschen ziehen zu lassen, den man liebt oder wie man es nennen will. und das probiere ich ernsthaft, weil ich keinen anderen weg kenne und aushalte als den zu gehen. mit rückfällen, muss ich dazu sagen.

ich weiss, dass ich mich selber in dieser hinsicht viele jahre lang nicht ernstgenommen habe und das auch nie von anderen erwarte. doch inzwischen muss ich es ernst nehmen, denn es hat sehr starke und gefährliche auswirkungen auf mein leben.

jetzt muss ich die tempos bemühen, aber es hat mich erleichtert zu schreiben, ich drehe mich nur um mich selbst sonst.

danke liebe caro, ich fühle mich umarmt

chris
berlin
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Re: erdrutsch

Beitrag von berlin »

hallo ihr lieben,

bin ganz neu hier - und weiß auch noch gar nicht so richtig, was mit mir los ist. vielleicht bin ich gar nicht depressiv. dann denke ich aber schon manchmal, daß es so sein könnte. ich fühle dann einfach nur einsamkeit und seelische erosion. wenn ich mit jemandem eine schöne zeit hat, dann ist in dem moment, in dem die tür zugeht, die sonne wieder weg.
als nächster plan steht jedenfalls ein besuch beim arzt an. um mir wenigsten mal einen rat zu holen. ich schreibe hier vor allem deshalb, weil mir ebenso die tränen über mein gesicht liefen, als ich den beitrag von anganima gelesen habe. etwas unmännlich ja - und als ich dann den nächsten beitrag las - wo drin stand, daß es jemand anderen ebenso geht - da wollte ich dann einfach schreiben.
mir geht es sooo ähnlich. ich habe ziemlich viel liebe bekommen als kind. und auch während der schulzeit ging das so weiter. im großen und ganzen kann ich sagen, daß es eine sehr schöne zeit war - und ich eigentlich glücklich war. aber seitdem die schule nicht mehr ist - mein zuhause nicht mehr ist - und ich aufgrund des studiums immer wieder umgezogen bin - da fehlen mir so sehr richtige freunde. ich will gar nicht immer jemanden mit meinem kummer vollerzählen. aber ich möchte das bewußtsein haben, daß ich das könnte.
für die, die ich jetzt kenne, muß ich funktionieren. man will unterhalten werden. und die freunde, die mir etwas bedeuten, sind alle schon wieder hunderte kilometer entfernt. ich will nicht immer wieder alles nue aufbauen müssen. möchte menschen haben, die für mich da sind - und mich liebhaben - und nicht so weit weg sind.
es ist ein kreislauf - wenn man unglücklich ist - ist man uninteressant für andere.

so versuche ich dann, die freunde festzuhalten. aber die anderen scheinen nicht so viel nähe zu brauchen. und dann schreckt man sie immer eher ab. gerade bei männern oder jungs ist das so - sie können meistens keine nähe zulassen. vielleicht verstehe ich mich deshalb gut mit frauen - die wirklich nur freundinnen sind. ich würde niemals meine freundin betrügen - und habe das auch noch nie gemacht. aber leider ist meine neue freundin extrem eifersüchtig - und hat kein verständnis für engere bindungen zu anderen frauen. enger - das bedeutet schon, mehr als einmal im monat telefonieren.
so werden die freundschaften immer oberflächlicher. ich weiß auch, daß es schwer ist, jemanden zu tragen, der die ganze zeit nur hängen kann. aber so wäre es nicht einmal.
bei aller freud durch die wiedererkennung - ich finde es so schade, daß man doch eben wieder nur vorm monitor sitzt. es ist fast ausdruck dessen, was einen in die lage gebracht hat. diese distanz.
meine frage an euch - und bitte chrissy - ich will Deinen thread nicht kaputt machen - was haltet ihr von selbsthilfegruppen ?
chrissy
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Re: erdrutsch

Beitrag von chrissy »

hallo donald,

ich kann dir nicht sehr viel sagen, aber dieses: es ist gut, wenn du für dich hier kontakte suchst, und es gibt bei den threads keinen anspruch auf besitz, da mache dir bitte keine sorgen. du hast ja hier geschrieben, weil du ähnlichkeiten feststellst. ich fand schön und treffend den satz
"es ist fast ausdruck dessen, was einen in die lage gebracht hat. diese distanz."
volltreffer.

stöbere doch mal herum, es gibt so irre viele beiträge und auch threads, man kann viel mitnehmen für sich.

gruss
chris
Dunkelheit
Beiträge: 230
Registriert: 8. Apr 2003, 12:21

Re: erdrutsch

Beitrag von Dunkelheit »

Liebe Chrissy,
was du geschrieben hast, erlebte und erlebe ich genau so. und ich grüble so oft, warum meine inneren schutzgeister versagten und mich veranlaßten mich immer weiter zu öffen, anstatt meinem tun einhalt zu gebieten. ich habe sie rufen lassen und nicht gehört, haben wir damit anteil an unserer zerstörung? ich weiß es nicht.....
einen lieben gruß für dich
Dunkelheit
chrissy
Beiträge: 309
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: erdrutsch

Beitrag von chrissy »

liebe dunkelheit,

ich weiss es einfach nicht.
ich sage zum beispiel auch nie, dass ich mich zerstöre, sondern dass "es" ziemlich stark wütet und mich gerne zerstören möchte.
die schutzgeister sind ja auch bei dir vorhanden, und vielleicht geht es dir einfach auch nur so, dass sie dann versagen, wenn du das gefühl hast, nun bräuchtest du sie nicht mehr. so wie ich das auch erlebte.
in der theorie wissen wir wahrscheinlich sehr viel, und ich persönlich bin möglicherweise einfach nur stur, wenn ich sage, dass es auch einen menschen braucht ausser dem therapeuten, um all das zu verarbeiten und stück für stück zu gewinnen im leben. die praxis, was ich sehe bei anderen ermutigt mich zu dieser annahme, und ich habe vielleicht dadurch auch kaum hoffnung "es" wirklich so ganz allein zu besiegen.
ich spreche da meine ganz persönliche situation an, auch menschen mit defiziten können durchaus ganz normal lieben und sind nicht weniger wert oder fähig als andere, deshalb erlebe ich meine gefühle nicht mehr so sehr total schuldmässig auf mich bezogen, ich bin auch einfach nur stinksauer und akzeptiere dieses "komm erstmal mit deiner geschichte klar, dann sehen wir weiter" nicht mehr. es ist ein reines wegschieben in die ecke, in der ein anderer trotz besseren wissens hinzeigt. und das geht nicht. gott, bin ich wütend jetzt, gut zu fühlen, ich hoffe, es hält eine weile an.

es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie ernst unsere "störung" wie verlustangst, auch zu grosser liebeskummer und anderes mittlerweile in der therapie ernstgenommen wird. ich möchte es auch ernst nehmen, und nimm du es auch ernst.
ich glaube, jetzt in dieser sekunde, sonst nicht oft, dass die möglichkeit besteht, einem menschen zu begegnen, der ja sagt und einfach da bleibt. nicht, weil ich mich unterordne, was ich nie tun würde, sondern weil ich denke, dass ich nicht mehr so bestraft werden sollte für meine komischen veranlagungen. und wenn ich liebe, dann liebe ich eben einfach. und wenn das verloren geht aus welchen gründen auch immer, ist es einfach nur sehr schlimm und traurig. und ich, du vielleicht auch, erleben das als totale bedrohung und zuviel verlust.darum gehts ja.

klingt nach kampf, nicht? das sind gedanken, die mich tragen, ich fühle es wie du aber alles andere als stärkend, ich bin verzweifelt und weiss nicht weiter. das ist tatsache, und die schaue ich mir an, ich bin so wahnsinnig dankbar für alle hilfe, jedes gespräch, jede regung einfach.

deinen nick hast du nicht umsonst gewählt, und ich verstehe dich.

lieber gruss

chris
anna17
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: erdrutsch

Beitrag von anna17 »

Hey Chrissy,
ich bin etwas lakonisch und trocken, kennst mich ja. Was ich nur sagen wollte: Komm doch chatten, wenn Du Lust hast. Bisschen andere Gedanken, nette Leute (wie z.B. mich ) und ein Tässchen Tee gibts da allemal.

Lieben Gruß,
Anna.
chrissy
Beiträge: 309
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: erdrutsch

Beitrag von chrissy »

das mache ich ein andernmal gern, anna, und deine lakonische art tut gut, ich habe sie auch. heute mal nicht, darum auf bald.und gute nacht.
chris
anna17
Beiträge: 209
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: erdrutsch

Beitrag von anna17 »

Jepp, schlaf gut. Und nicht so viel grübeln. Einfach schlafen. Ok?

Anna.
Caroline1
Beiträge: 831
Registriert: 19. Mär 2003, 16:48

Re: erdrutsch

Beitrag von Caroline1 »

Liebe Chris

So was in der Art hab ich leider befürchtet . Als allererstes: banal ist es sicher nicht, was du beschreibst, und schämen solltest du dich auf gar keinen Fall, auch nicht für deine vermeintlich "niederen" Motive, die dich in diese Situation gebracht haben. Davon mal abgesehen, dass auch "einfacher" Liebeskummer sehr weh tut, daran ändert auch die Tatsache nichts, dass er relativ häufig vorkommt. Im Gegenteil, ich habe Hochachtung vor dir, dass du deine Gefühle so klar beschreiben kannst! Ich glaube nämlich, dass das der erste Schritt heraus aus dem Chaos ist, und dass es ohne diesen auch nicht geht.

Du beschreibst es als "Unfähigkeit", dass du deine inneren Geister verscheuchst, sozusagen wenn es drauf ankommt. Klar empfindest du es so im Moment, ich glaube allerdings im Gegenteil, dass es ein Fortschritt für dich ist, dass du dich über die warnenden Stimmen hast hinweg setzen können. Du hast deine Verlustangst einmal ein bisschen hinter dir gelassen. Ja, nun bist du leider gehörig auf die Nase gefallen, und es ist wohl nur logisch, dass du dir jetzt sagst, dass es wohl ein Fehler war, nicht in aller Konsequenz auf sie gehört zu haben, sie hätten dich vor diesen Schmerzen bewahren können. Sie hätten aber auch verhindert, dass du überhaupt ein Minimum an Vertrauen hast aufbauen können, auch wenn dieses nun sehr enttäuscht wurde. Ich bin mir schon bewusst, dass das jetzt zynisch in deinen Ohren klingen mag , denn du fühlst ja jetzt nur das genaue Gegenteil von Vertrauen. Ich kann nicht beurteilen, inwiefern du als Mensch von diesem andern Menschen jetzt missbraucht ( dein Vertrauen) worden bist. Du schreibst einerseits, dass du deine schlechten Gefühle durchaus noch von den guten für ihn unterscheiden kannst (auch das ist eine großartige Leistung!). In einem andern Absatz klingt es so, als hätte er dir vermittelt, du solltest erst mal deine eigenen Probleme lösen und dann könntest du sozusagen wiederkommen. Kann auch sein, dass ich das falsch interpretiert habe.

Worauf ich hinaus will: der Preis, den du jetzt zahlst, ist hoch. Er ist verdammt hoch! Aber ich bin dennoch überzeugt davon, dass es eine wichtige Erfahrung für dich ist, zu wissen, dass du dich auf einen andern Menschen einlassen kannst. Du bestätigst mich vermutlich nur in der Vergangenheitsform, ich meine aber auch die Gegenwart und die Zukunft. Du beschreibst dich als Menschen, der sehr früh sehr viel Klarheit braucht. Das ist eben ein zweischneidiges Schwert. Es gibt keine Liebe ohne Risiko, je öfter das Risiko sich nicht gelohnt hat, umso schwerer fällt es einem, es erneut wieder einzugehen. Das ist auf den 1. Blick logisch, aber beweisen tut es gar nichts. Meiner Meinung nach ist ein unerlässlicher Schritt eben der, den du gerade tust: nämlich genau hinzusehen und auch zu spüren, was da war und ist in dir. Und dass du jetzt auch Wut verspürst, betrachte ich als positiv. Ich glaube, über Wut als positives Gefühl ist hier im Forum schon allerhand geschrieben worden, ganz neu dürfte dir das nicht sein, oder?

Liebe Chris, es tut sauweh, ich weiß das und die nächste Zeit wird sicher nicht einfach für dich sein. Lass sie als solche zu, aber du wirst irgendwann erkennen und auch fühlen (kommt oft erst hinterhergehinkt), dass es eben eine Erfahrung ist, aber eine zeitlich begrenzte.

Ich drück dich, liebe Chris, schlafe gut und einen ganz lieben Gruß an dich

Caroline
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