Abschied

rosecottage
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Abschied

Beitrag von rosecottage »

Hallo ihr Lieben,

Das Leben hat mir eine neue Aufgabe gestellt und sie wird meine ganze Kaft erfordern.

Vor zwei Tagen erhielt ich die Diagnose Krebs. Es gibt bereits eine Metastasierung und die Prognose ist nicht gut - ich habe große Angst vor dem, was da auf mich zukommt.

Ich werde mich aus dem Forum verabschieden und möchte mich bei euch für den netten Austausch bedanken.

Besonders einer Schreiberin hier möchte ich ganz besonders danken: so-calm

Ich weiß nicht, ob du das hier liest, aber ich möchte dir nur sagen, ich habe zu dir eine besondere Verbindung gespürt - ich habe mir manchmal gedacht, im richtigen Leben, wären wir vielleicht Freundinnen geworden.

Alles Gute für euren Weg,
mosaic
bigappel
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Re: Abschied

Beitrag von bigappel »

Liebe Mosaic,

na, da sind wir bei einem Thema, dass ich wieder mehr als gut nachspüren kann.

Als ich vor langer Zeit die Diagnose bekam (auch Metastasen all over) und mich von meinem Kind anfangen sollte zu verabschieden.... ja, eine echte Herausforderung.

Nun bin ich immer noch da, gegen die Prognose. Was passiert, schlussendlich, entscheiden nicht die Ärzte, sondern andere Stellen. Prognose hin oder her.

Liebe Mosaic, ein Weg, den es zu gehen gilt,
kommt auf Dich zu. Geh ihn; es lohnt sich.

Ich werde in Gedanken bei Dir sein.

Alles Gute!

Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
rosecottage
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Re: Abschied

Beitrag von rosecottage »

Hallo Pia,

Es sind genau solche Geschichten und Erfahrungen, die ich gerade so dringen hören möchte, um dieser Krankheit die Stirn zu bieten - und zwar TROTZ allem, was einem die Ärzte jetzt sagen.

DANKE dir!!!

Die Depression mischt hier kräftig mit in meinen Gedanken... aber ich bin eine Kämpferin.

Liebe Grüße
mosaic
Kerstin2012
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Re: Abschied

Beitrag von Kerstin2012 »

Hallo mosaic,

ich wünsche Dir viel Kraft für Dich, auf dass Du alles überstehst. In Gedanken sind wir bei Dir und fühl Dich unbekannter Weise in den Arm genommen, wenn Du magst.

LG Kerstin
bigappel
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Re: Abschied

Beitrag von bigappel »

Liebe Mosaic,

die Mischung Depression und Krebs hat schon was. Doppelte Arschkarte, würde ich sagen.

Ich behaupte immer noch, nicht an Depressionen erkrankt zu sein, aber mit einer depressiven Episode, wie es so schön heißt, kann ich mithalten.

Ist ja auch nicht wirklich ein Wunder bei dem, was man so zu hören bekommt.

Fragst Du Dich eigentlich nach dem Warum?

Ich habe mich das dauernd gefragt und meine Antwort ist höchstpersönlich und vielleicht für den ein oder anderen hier *balla, balla*.

In meinen Augen war meine Erkranung ein Zeichen meiner Seele, jetz reicht es und wenn sie es nicht kapiert, dann wird sie gestoppt und muss es kapieren.

Du kannst mich für eine Lügnerin halten, oder Alkoholabhängig *alles schon zu hören bekommen*, ist aber nicht so:

Seitdem ich den unendlich schweren Schritt gegangen bin, mich aus meiner grauenhaften Ehe zu befreien, trotz Todesdiagnose und mit Kleinkind *ideale Voraussetzungen*, hat sich keine Metastase mehr weit und breit gezeigt.

Zufall? Glück? Ein Wunder?

Egal, es ist so.

Eines haben Depression und Krebs in meinen Augen gemeinsam: die Aufgabe an den Erkrankten, sich selber endlich wichtig zu nehmen.

Also: nimm es an und wenn die Depression dazwischen kommt... hey: Du hast allen Grund jetzt traurig zu sein, auch ohne Depressions-Diagnose.

Erlaube Dir auch mal schwach zu sein;
das ist zumindest auf meine Person gesehen, meine größte Herausforderung!.

Ich drück Dich!
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
wiwi
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Re: Abschied

Beitrag von wiwi »

liebe mosaic,
das tut mir furchtbar leid. was ist derzeit nur los?

meine mutter wurde letzte woche operiert. auch krebs

alles liebe für dich und deinen kampf, ich denk an dich
wiwi
bodenlos
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Re: Abschied

Beitrag von bodenlos »

Hallo liebe mosaic,

ich bin absolut sprachlos und auch ein bisschen verärgert, wenn ich darüber nachdenke, was du in den letzten Tagen/ Wochen so über dich ergehen lassen musstest....man deine physischen Symptome auf die Psycho geschoben hat....und du jetzt mit DIESER Sch....diagnose konfrontiert wirst.

Ich werde dich hier vermissen, denn du warst (ich schätze) für jeden Angehörigen eine echte Bereicherung, da du uns so sehr hast teilhaben lassen....Worte an uns gerichtet hast, die zum Nachdenken anregen, einen Perspektivenwechsel erlauben und Hoffnung machen.

Ich wünsche dir alles Gute und GANZ viel Kraft. Ich hoffe, du hast geung Unterstützung in deinem Umfeld für diesen harten Weg.

Alles Liebe
so-calm
Beiträge: 77
Registriert: 31. Aug 2011, 09:37

Re: Abschied

Beitrag von so-calm »

Hey liebe mosaic,

Ich sitze hier am meinem PC, habe Gänsehaut und weine.

Auch ich habe diese Verbindung immer gespürt und oft gedacht, dass wir da draußen echte Freundinnen sein würden.

Ich wünsche Dir von ganzem Herzen alles Gute. Ich bin mir sicher, Du bist eine Kämpferin. Also kämpfe!!!

Fühl Dich einmal mehr wortlos in den Arm genommen.

Danke, dass es Dich gibt.

In tiefer Verbundenheit

so-calm

P.S. Vielleicht treffen wir uns ja irgendwann einmal auf einer Wiese in Irland und tanzen gemeinsam sorglos im Regen?!
rosecottage
Beiträge: 378
Registriert: 22. Dez 2011, 18:58

Re: Abschied

Beitrag von rosecottage »

Hallo ihr Lieben,

Vielen Dank für eure leiben Worte.

@so-calm
Wenn du irgendwann einmal magst (ich traue mich kaum, es zu fragen), dann würde ich mich freuen, wenn wir uns einmal privat mailen oder sogar treffen.
Mein Profil ist offen - aber ich will dich nicht drängen oder so...
Wenn dieser Thread beendet ist, werde ich hier nicht mehr schreiben, weil das Thema Depression doch sehr in den Hintergrund gerät und hier kein Krebsforum ist... aber dich würde ich sehr vermissen.

Ich würde so gerne mit dir durch den Regen stapfen... egal ob in Irland oder in der grauen Stadt.

Danke dir auch, dass es dich gibt!


@Pia
Nein, ich frage nicht nach dem Warum. Mein Partner fragt sich das ständig, aber ich habe auch bei der Depression nie groß nach dem Warum gefragt, sondern nach dem WIE geht es weiter? Und so ist es jetzt auch... daüber bin ich froh.
Hier in der Klinik nehmen die Ärzte meine Depression sehr ernst und haben mir Hilfe angeboten, sobald ich dahingehend eine Verschlechterung spüre. Gestern bei der Psychoonkologin, habe ich tatsächlich mehr über die Depression gesprochen - weil ich merke, dass mir meine Erfahrung in der Krankheitsbewältigung hier sehr hilft... ich kann davon jetzt profitieren und manchen Schritt besser vollziehen, weil ich ihn in der Depression bereits gegangen bin.

@Kertstin & hascherl
Ich danke euch für eure Anteilnahme - auch wenn wir uns bisher nicht geschrieben haben.

@wiwi
Ja, was ist derzeit los?
Es ist nicht derzeit.... es ist nur die Zeit, in der wir damit konfrontiert werden. In der Zeit davor wurden viele Menschen damit konfrontiert und in der Zukunnft werden es viele Menschen sein, die sich damit auseinandersezen müssen.

Wir nehmen manche Themen erst richtig wahr, wenn sie uns oder unsere Angehörige betreffen...

Liebe Grüße
mosaic
julcas
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Registriert: 11. Mär 2011, 17:57

Re: Abschied

Beitrag von julcas »

Liebe mosaic,

mir fehlen ein wenig die Worte. Ich wünsche dir von Herzen Alles, Alles Gute. Ich danke dir für den immer ehrlichen, konstruktiven Austausch.

lg julcas
so-calm
Beiträge: 77
Registriert: 31. Aug 2011, 09:37

Re: Abschied

Beitrag von so-calm »

Liebe mosaic,

Ich freue mich sehr über Dein Kontaktangebot und würde mich sehr gern mit Dir privat weiterhin austauschen.

Ich antworte Dir aber zunächst noch einmal hier im Forum, da ich nun bis zum Wochenende unterwegs und daher offline bin.

Also: Wenn Du in Deinem Spamfilter das Geschreibsel eines australischen Baumblattes vorfindest, dann bin ich das.

Ich freue mich darauf, Dich kennenlernen zu dürfen.

Bis bald

so-calm
rosecottage
Beiträge: 378
Registriert: 22. Dez 2011, 18:58

Re: Abschied

Beitrag von rosecottage »

Liebe so-calm,

Ich feue mich so sehr über deine Antwort und über das australische Baumblatt, das zu mir geflattert kommt ...

Liebe Grüße & bis bald
mosaic
rosecottage
Beiträge: 378
Registriert: 22. Dez 2011, 18:58

Re: Abschied

Beitrag von rosecottage »

Liebe julcas,

Du bist gerade noch selbst ganz nah am Thema Abschied und hast den Verlust deines Bruders zu verkraften.

Ich danke dir auch für unseren Austausch und wünsche dir alles Gute und weiterhin viel Kraft.

Liebe Grüße
mosaic
Lilie1981
Beiträge: 230
Registriert: 12. Dez 2011, 22:15

Re: Abschied

Beitrag von Lilie1981 »

Liebe Mosaic,

ich wünsche Dir für die kommende Zeit ganz viel Kraft und drücke Dir ganz fest die Daumen das Du wieder gesund wirst!
Alles alles Gute für Dich!
Du wirst hier sehr fehlen!!!
Liebe Grüße
Lilie
Blümli
Beiträge: 782
Registriert: 18. Jan 2011, 18:41

Re: Abschied

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
rosecottage
Beiträge: 378
Registriert: 22. Dez 2011, 18:58

Re: Abschied

Beitrag von rosecottage »

Guten Morgen,

hallo Blümli
Danke für deine Worte. Etwas ganz Ähnliches über die Verteilung von Leid sagte mein Freund, nachdem ich ihm die Diagnose mitgeteilt hatte.
Komischerweise habe ich auch immer wieder eine junge Frau vor Augen, die ich während meiner Ausbildung kennenlernte. Bei ihr war oder schien immer alles so perfekt. Sie hatte eine behütete Kindheit, hatte einen lieben Freund, plante für die Zeit nach der Ausbildung ihre Hochzeit und die Familiengründung und erbte von ihrer Oma ein wunderschönes Haus. Und nach dem Examen bekam sie den besten Job angeboten - sie musste sich nicht einmal bewerben.
Das gönnte ihr wohl auch jeder... jedoch hatte sie eine überhebliche Art über Menschen zu denken, denen es nicht so ging wie ihr, die mir fast unerträglich war. Meine Kindheit, meine Depression, meine Probleme legte sie mir gerne als persönliche Schwäche aus und ich empfand manchmal einen richtigen Hass gegen sie, weil sie so dämlich war und nicht sehen konnte, dass es nun einmal unterschiedliche Biografien gibt - und kein Mensch das Recht hat über den anderen zu werten.

Und dann denke ich an eine Frau, die schon über 70 war, als ich sie in einem meiner Praktika kennenlernte - sie hatte seit ihrem 22. Lebensjahr immer wieder verschiedene Krebsarten, mehrere Herzinfarkte und Schlaganfälle. Sie verbrachte den Großteil ihres Lebens mit Krankheitsbewältigung und beklagte sich nicht, sondern sprach oft von Dankbarkeit für die Dinge und Menschen, die ihr das Leben auch geschenkt hatte.

Alles ist relativ - es gibt Menschen, denen es so viel besser geht als einem selbst und es gibt Menschen, bei denen man fassungslos fragt, wie sie all das was das Leben ihnen auferlegt ertragen.

Als die Krankenschwester heute morgen fragte, wie ich mich fühle, sagte ich ihr, dass ich die Diagnose nicht als Katastrophe, sondern als Aufgabe betrachten möchte. Ich will es wenigstens versuchen, diese Perspektive zu entwickeln.

Dass ich mich aus dem Forum verabschiede hat sicher mit beiden von dir genannten Aspekten zu tun. Ich habe dieses Forum immer gerade dafür geschätzt, dass es hier keine Off-Topic-Unterforen gab und man von der Moderation darauf hingewiesen wird, wenn man über das Ziel hinausschießt. Diese Struktur und Konsequenz gefällt mir.

Ich habe im Betroffenen-Forum nicht eine einzige Frage gestellt oder ein eigenes Thema eröffnet. Das lag daran, dass ich soviel Handwerkszeug besitze, um mit der Depression zu arbeiten, dass ich diesen Leidensdruck nicht mehr verspüre.

Hier im Angehörigen-Forum hatte ich eine andere "Funktion". Ich habe erklärt, was im Betroffenen vorgehen mag, wie bestimmte Prozesse ablaufen können und was der Betroffene womöglich gerade braucht.
Das war mir ein Bedürfnis, weil ich so gerne mehr dafür tun möchte, dass die Depression besser verstanden wird.

Aber jetzt hat sich mein Fokus verschoben - ich muss selbst wieder vieles verstehen lernen, ich brauche jetzt selbst Zuspruch und Rat - aber nicht beim Thema Depression. Und deshalb muss ich mich zurückziehen.

Außerdem merke ich eine deutliche Veränderung seit ich die Diagnose kenne: ich brauche mehr "MENSCH"... so ein Forum ist sehr anonym. Ich brauche jetzt jemanden, der mich ansieht, der mich anlächelt oder mit mir weint. Ich wünsche mir, dass jemand meine Hand hält und ich möchte die Stimme des Menschen kennen, der gerade zu mir spricht. Das kann ein Forum nicht bieten und deshalb werde ich mir auch kein anderes Forum für mein neues Thema suchen.

Leider gibt es durch die Depression nur wenige Menschen, die ich noch habe... aber das muss ja nicht so bleiben.

Ich danke dir sehr für den Austausch und deine Tiefe.


hallo Lilie
Vielen Dank für deine Worte


Viele herzliche Grüße
mosaic
Nic9
Beiträge: 150
Registriert: 27. Okt 2011, 14:07

Abschied

Beitrag von Nic9 »

Liebe Mosaic,

oh man... jetzt bin ich wirklich geschockt.

Ich wünsche dir alles erdenklich Gute für deinen Weg.

Ich denke oft an dich und deine ehrlichen Worte, für die ich dir im Übrigen sehr, sehr dankbar bin. Du hast mir wirklich geholfen damit.

Ich werde dich in meine Gebete einschließen.

"Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling."

Glg

Nic
katyfel
Beiträge: 1181
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Re: Abschied

Beitrag von katyfel »

Liebe Mosaic,

obwohl wir selber nicht so viel Kontakt hier hatten, habe ich deine Beiträge im Forum (ob Betroffene oder in letzter Zeit vermehrt auch hier im Angehörigenforum) immer sehr gerne gelesen, wenn es meine Zeit und vor allem Konzentration erlaubt hat.
Was du grade durchmachst ist sicherlich eine ziemlich riesige Hürde, sicher in manchen Momenten unüberwindbar scheinend... um so bewundernswerter finde ich deine Herangehensweise und wünsche dir dafür von Herzen alles nur erdenklich Gute auf deinem Weg!!

Liebe Grüße, Sinfonia
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
Blümli
Beiträge: 782
Registriert: 18. Jan 2011, 18:41

Re: Abschied

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
adore
Beiträge: 80
Registriert: 11. Dez 2011, 18:35

Re: Abschied

Beitrag von adore »

Liebe mosaic;

ich wünsche Dir alles, alles Gute!!!

lasoleil


"Ich habe das Gefühl, die Betroffenheit ist im ganzen Forum spürbar- kaum neue Beiträge und Threads... Wir denken an Dich"
rosecottage
Beiträge: 378
Registriert: 22. Dez 2011, 18:58

Re: Abschied

Beitrag von rosecottage »

Hallo ihr Lieben ,

Ich möchte mich nochmal bedanken - ihr denkt alle so nett an mich. Das berührt mich sehr.

@Nic
Ich habe in den letzten Tagen von einigen Menschen gehört, dass sie für mich beten. Dafür bin ich wirklich dankbar. Ich selbst bete nicht, habe keinen starken Glauben, aber ich sehe Gebete einfach als gute Gedanken und somit als positive Energie und daran glauben ich .

@Sinfonia
Vielen Dank für deine Wünsche!

@lasoleil
Ich danke dir für deine Wünsche. Aber nein, es liegt sicher nicht an mir, dass es wenige neue Threads gibt... und wenn doch, dann ist das nicht notwendig. Es bestehen immer Themen nebeneinander und über das eine ist man mehr betroffen als über das andere. Deswegen verlasse ich ja das Forum - mein aktuelles Thema ist eben nicht die Depression.

@Blümli
Ich bin auch keine Spezialistin in Sachen Loslassen ...
Du hattest neulich geschrieben, dass das Leid oft ungleich verteilt ist. Und nun schreibst du, dass du dankbar bist für dein Leben und du gerne etwas abgeben möchtest und du dich hilflos fühlst, weil das nicht so wirklich geht.

Vielleicht kann ich deine Hilflosigkeit etwas mildern:
Zum einen hilft es mir sehr, dass ich spüre, dass gerade einige Menschen an mich denken - du glaubst ja selbst an die Kraft der Gedanken .

Und zum andern möchte ich einmal ganz deutlich schreiben, dass ich auch sehr dankbar bin für mein Leben. Das Leben hat mir eine Vielzahl glücklicher Momente beschert, die mich erfüllen und jeden Tag kommen neue Momente hinzu - ich denke zum Beispiel an sowas wie, als ich das erste Mal in Irland war... wenn ich Kontakt mit Tieren habe... wenn ich den Regen höre... wenn die Wellen des Meeres meine Füsse umspülen, während ich am Ufer entlang laufe und ganz alleine am Strand bin... in meiner Arbeit haben mir viele Kinder und behinderte Menschen ihr Vertrauen geschenkt und mich damit unbeschreiblich erfüllt und mir einen Sinn gegeben... ich habe einen Partner, der bedingungslos zu mir steht... ich kann mich frei bewegen... ich lerne an jedem Tag etwas neues dazu... in der Klinik haben mich zwei Frauen besucht, die ich nur ganz kurz kennengelernt hatte, aber als sie entlassen waren, haben sie noch an mich gedacht - ich finde das sind so wertvolle Begegnungen... ich freue mich auf den Frühling und dass alles wieder zu neuem Leben erwacht - das alles und so viel mehr gehört zu meinem Leben.

Und worauf ich den Fokus lege - ob auf die schwierigen Zeiten und die Krankheiten oder auf das, was schön war und ist, kann ich jeden Tag neu entscheiden - das habe ich selbst in der Hand.

Ja, es wird schwierig werden die kommende Therapie zu überstehen, sich von Selbstverständlichkeiten zu verabschieden, sich körperlich geschwächt zu fühlen, nicht zu wissen, ob es eine Zukunft gibt.
Aber worauf ich jetzt baue ist, dass mir das JETZT bleibt.
Jetzt kann ich in den Himmel schauen, jetzt kann ich in einem Café sitzen und ein Eis essen, jetzt kann ich ein Gespräch mit jemandem führen, jetzt kann ich die Natur erwachen sehen, jetzt kann ich die Hand meines Partners halten oder mich halten lassen.

Ich weiß nicht, was in zwei Monaten oder einem Jahr ist und meine Pläne z.B. in beruflicher Hinsicht fallen komplett weg, aber auch gesunde Menschen wissen nicht, was ihnen die Zukunft bringt und sie planen wie verrückt und leben in Gedanken oft recht stark in der Zukunft. Das war bei mir auch so: "Wenn ich abgenommen habe und schlank bin, dann...", "Wenn ich endlich einen guten Job habe, dann...", "Wenn ich die größere Wohnung habe, dann...", "Wenn ich ein Kind habe, dann....", "Wenn ich mal besser verdiene, dann...".

Ich empfinde es als Erleichterung und Chance, dass die Krankheit mir sagt: Lebe JETZT! Es sind die einfachsten Dinge, die mich gerade erfreuen und die ich in mich aufsauge - jetzt... und nicht erst, wenn ich dies oder jenes erreicht habe.

Die Ängste, die Hoffungslosigkeit, die Schmerzen werden sich hier und da ihren Weg bahnen, aber wie ich schon im Eingangspostig schrieb: das Leben hat mir einen neue Aufgabe gestellt. Und für mich macht es einen großen Unterschied, ob ich denke, das Leben hat eine Katastrophe über mir ausgeschüttet und ist ungerecht und hart zu mir oder ob ich die Krankheit als Aufgabe verstehe - denn für Aufgaben gibt es Lösungswege .

Liebe Blümli, ich glaube auch an die Kraft der positiven Gedanken ! Danke für die, die du mir schickst!

@all
Mir war es hier immer ein Anliegen über die Depression ein Stück aufzuklären, sie verstehbarer zu machen, einen Einblick in meine Gedankenwelt als Betroffene zu geben - quasi ein Sprachrohr zu sein, weil doch so viele eurer Partner so wenig über sich sprechen.

Dieses Bedürfnis kam zustande, weil ich über einen Großteil meiner Depressionszeit mit dem Unwissen und Unverständnis meiner Umwelt zu kämpfen hatte.

Und nun stelle ich etwas sehr Interessantes fest: ich selbst habe im Umgang mit dem Krebs eine sehr, sehr ähnliche Herangehensweise wie in der Bewältigung der Depression. Ich empfinde es als großes Glück, dass ich soviel Übung darin habe, mit einer schweren Erkrankung wie der Depression umzugehen und sagen zu können, ich habe sie wirklich gut bewältigt.
Das erspart mir gerade einen mühsamen Prozess im Umgang mit der neuen Situation, weil ich die Gedanken und Ängste sehr genau sortieren kann in "macht Sinn" und "macht keinen Sinn, kostet nur wertvolle Energie und bringt mich keinen Schritt weiter".
Es fühlt sich so an, als habe ich gut vorgearbeitet und kann dadurch schnell zu einem für mich positiven Umgang mit der neuen Erkrankung gelangen.

Der Umgang des Umfeldes mit meiner neuen Erkrankung ist jedoch interessanterweise ein komplett anderer als der mit der Depression.
Ist das nicht spannend??? Niemand sagt, "reiß dich zusammen!"... niemand kommt auf die Idee mich nicht ernst zu nehmen, jder fragt, ob er was tun kann, jeder will ständig wissen, wie es mir geht, jeder lobt mich für meinen reflektieren Umgang, niemand ist genervt, wenn ich weine.

Ich wünsche mir GENAU DAS für die Akzeptanz der Depression! Wie gerne hätte ich damals offen weinen dürfen, mich nicht ständig zusammnereißen müssen (allein das Wort klingt nach einem Gewaltakt!), ich hätte gerne frei darüber gesprochen, wie es mir geht und ich hätte das ein oder andere von meinem Umfeld gebraucht. Und wenn ich damals reflektiert über die Erkrankung redete, hieß es oft, ich würde mich hineinsteigern.

Wirklich interessant - meine Bewältigung fühlt sich bei beiden Krankheiten so ähnlich an, doch der Umgang der anderen ist so unterschiedlich...

Ich schicke euch liebe Grüße
mosaic
bigappel
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Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Abschied

Beitrag von bigappel »

Liebe Mosaic,

ich möchte Dich nicht entmutigen, aber Deine Sichtweise auf die Krebserkrankung steht ganz am Anfang.

Auch dies relativiert sich mit der Zeit.

Die ersten Zig OP ´s waren begleitet von Verständnis von allen Seiten, dies kann - bei sehr netten Kollegen - sogar Jahre überdauern; aber auch irgendwann besteht bei dem nettesten Menschen nur noch wenig Verständnis, dann sind auch diese Menschen genervt, überfordert, überbelastet und wollen nichts mehr von dem leidvollen Krebsthema hören.

Das unterscheidet sich nicht von den Depressionen; nur (und ich erlaube mir dies als selber Krebskranke zu schreiben und es bezieht sich rein auf mich) es kann einfach viel, viel schneller gehen, bis einem die Krankheit das Leben nimmt und leider hilft da auch keine Verhaltenstherapie...... manchmal hilft gar nichts mehr; Gott sei dank muss das nicht immer so sein.

Nimm das Verständnis an; Krebs ist einfach bekannter und offensichtlicher, als eine psychische Krankheit; sonst nichts.

LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
rosecottage
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Re: Abschied

Beitrag von rosecottage »

Hallo Pia,

Vielen Dank für deine "aufbauenden" Worte.

Ich schreibe dir jetzt mal als Depressionsbetroffene und lasse den Krebs außen vor:

Wenn man über viele Jahre erlebt, wie sich Menschen von einem abwenden, weil man durch die Depression nicht mehr funktioniert wie gewünscht, dann härtet das zum einen ungemein ab und führt zum anderen zu der unerschütterlichen Gewissheit, dass es IMMER einen Menschen geben wird, dem man voll und ganz vertrauen kann - nämlich sich selbst. Solange ich mich habe, bin ich nicht allein.

Ich habe keine Angst davor, dass die Menschen mich verlassen, denn ich habe das alles schon viele Male erlebt und überstanden.

Wo eine Tür zugeht, geht eine andere auf.

Ich erlebe genau das in diesen Tagen, habe neue Begegnungen, bekomme Untertsützung von einer Freundin, mit der ich ein Jahr lang keinen Kontakt hatte. Und ich bin mir sicher, dass ich im Verlauf der Therapie neue Begegnungen mit anderen Betroffenen haben werde.

Und sollte ich wirklich in ein paar Jahren von der Krankheit gezeichnet ganz allein dastehen, werde ich mir mein JETZT bestimmt nicht mit solch schwarzen Gedanken versauen.
JETZT denke ich nicht an die Menschen, die mich verlassen, JETZT freue ich mich auf den Frühling... über ungelegte Eier nachzugrübeln ist zwar depressionstypisch, aber ich bin da schon lange 3 Schritte weiter!

Viele positive Grüße aus der GEGENWART
mosaic
Blümli
Beiträge: 782
Registriert: 18. Jan 2011, 18:41

Re: Abschied

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
wiwi
Beiträge: 99
Registriert: 17. Dez 2011, 22:59

Re: Abschied

Beitrag von wiwi »

liebe mosaic,
ich finde deine gegenwartssicht sehr schön..... und kann sie unendlich gut nachempfinden. nach der diagnose bei meiner mutter sehe ich es genauso und lebe sehr tag für tag. versuche das schöne zu nehmen und zu genießen. und nicht in die zukunft zu sehen. was wäre wenn usw.

vielleicht schließt sich da auch der kreis warum ich die beziehung zu meinem freund entspannter sehen kann. das schöne annehme und nicht so viel grüble.

liebe grüße und ich freue mich immer von dir zu lesen
wiwi
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