der ausschliesslich positive Thread

tomroerich
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von tomroerich »

Hallo Dina,

ich würde die Reaktion deines Mannes ebenfalls so einschätzen, dass er auf sich achtet und gut, dass du es akzeptierst und keinen druck ausübst. Die Unfähigkeit, andere Menschen auszuhalten, und zwar völlig unabhängig davon, ob man die nun mag oder nicht, ist eines der Phänomene der Depr., die von anderen am schwersten zu verstehen ist und die für Enttäuschungen sorgt, die wiederum auf den Kranken zurückfallen. Ich kann mich sehr gut an diese Probleme erinnern. Zeitweise war schon ein einfaches Gespräch nicht zu packen für mich. Ich reagierte mit Panik und Realitätsverlust darauf. Das Klingeln des Telefons konnte mich in Angst und Schrecken versetzen. Das wird alles wieder werden. Lass deinen Mann ausprobieren, was schon wieder geht und was nicht. Ihn ein wenig zu fordern, ist nicht falsch, also ihn z.B. zu Versuchen zu ermuntern, damit seine pessimistische Einschätzung seiner eigenen Fähigkeiten nicht zu sehr Oberhand gewinnt. Aber wenn er sagt, es geht nix, dann solltest du es ernst nehmen.

Gruß von

Thomas
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Conny37
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von Conny37 »

Auch ich möchte mich hier mit ein paar Worten melden. Als erstes möchte ich sagen, dass ich zeitlich nicht so lange von der Depression betroffen war, wohl aber die Intensität nichts zu wünschen übrig liess. Nach der Besserung mit Medis und Klinikaufenthalt traf ich auf dieses Forum. Inzwischen und auch mit EURER Hilfe habe ich die Krankheit für mich angenommen und sehe sie ähnlich wie Du- Thomas. Als persönliche Chance zu überprüfen, auf welchem Weg man ist, ob man das Wesentliche eigentlich noch sieht. Ich mache vieles anders- sehe vieles anders. Mir geht es gut, ich habe hier Freunde gefunden. Ich möchte das Forum nicht missen. Es ist der Teil von mir- den meine Freunde "draussen" nicht kennen und nicht verstehen- müssen sie auch nicht. Was wusste ich vorher von Depressionen!?
Es führt ein Weg hinaus, für den einen ist er länger- für den anderen kürzer....
Conny
Anne
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von Anne »

Habe gerade diesen Thread entdeckt, und muss sagen, es gefällt mir, dass hier nur Positives geschrieben werden soll.

Ich möchte mich jetzt nicht groß erklären - das wäre ja dann wieder die traurige Geschichte, aber alles in allem geht es mir ähnlich wie Thomas. Von Herbstmelancholie abgesehen, geht es mir seit einem Jahr fast gut. Meine äußere Situation hat sich nicht geändert - also kann der Wandel nicht daher kommen.

Ich habe irgendwann angefangen, mir den "worst-case" vorzustellen, also, was nun wirklich als Schlimmstes passieren könnte, wenn ich mal wieder vor so einer Situation stand, die eigentlich wieder einen Schub auslösen würde. Dann habe ich versucht, mich als Beobachter der Situation zu sehen, quasi als Außenstehender. Denn die Außenstehenden sehen immer klarer als der, der mittendrin steckt. Ich riet mir das, was mir sonst eine gute Freundin hätte raten müssen. Und ich habe angefangen, mich den Situationen zu stellen. Ich gehe auf die Menschen zu, die mir wehtung, ich konfrontiere sie und führe ein Gespräch herbei. Es hilft, aber es ist schwer, vor allem, wenn man selbst unsicher ist. Aber vom Grübeln wird nix besser!

Ansonsten gönne ich mir Pausen, wenn etwas gar nicht zu lösen ist, lasse ich es erst mal liegen, flüchte mich in den Sport oder auch in eine ausreichende Nachtruhe, oder zwinge mich auch mal zu einem Treffen mit einer Freundin, um einfach mal über etwas zu plaudern (NICHT über die Situation).

Ich sehe heute viele Dinge klarer, ich kann mich an Kleinigkeiten freuen, ich kann Schwingungen in Menschen spüren, die ich früher zwar auch spürte, doch damals schaffte ich es nicht, emotionale Distanz zu halten - ich ließ mich mit runterziehen. Die Welt dreht sich morgen auch noch, mit all ihrer Farbenvielfalt und all den Menschen darauf. Und wenn ich mit manchen gar nicht klar komme, dann lasse ich sie so wie sie sind, aber hänge mich da nicht mehr rein - ist nicht einfach, aber es geht. Jeder muss seinen Weg gehen, ich auch.

Am schwierigsten ist es in einer Partnerschaft, ich weiß es, aus bitterer, eigener Erfahrung. Aber jeder Betroffene hat auch noch die Verantwortung für sich, sonst kann er nicht mehr für den Partner da sein.

So viel erst mal von Eurem Neuling
ricky
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von ricky »

Hallo Ihr Lieben,

ich trau mich jetzt auch mal an dieses Thema

durch meine Depri

*habe ich erst gelernt,was echte und tiefe Gefühle sind
*ist die Beziehung zu meinem Mann intensiver geworden
*habe ich wieder neu gelernt,wie schön Lesen sein kann
*habe ich tolle Menschen kennengelernt,die ich sonst wahrscheinlich nie getroffen hätte
*habe ich mich selbst bis in die tiefsten Tiefen meines Seins und meiner Seele kennengelernt
...
Es gibt bestimmt noch mehr,aber das ist für mich das Wichtigste!

Lieber Gruss an euch alle!
Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
tomroerich
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von tomroerich »

Hallo Anne,

Willkommen im Depriland!
Scheint so, als hättest du so etwas wie Gelassenheit entwickelt? Für mich ist die Gelassenheit die entscheidende Entdeckung meines Nach-Depri-Lebens gewesen und sie bestimmt inzwischen, wenn auch nicht immer, mein Handeln zu einem guten Teil.

Gelassen zu sein heißt für mich: Abstand zu halten, nicht zu müssen, sondern lieber zu verzichten, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, mich nicht überrollen zu lassen, den Augenblick zu achten, mich immer wieder trennen zu können u.s.w.

Wünsche dir, dass du diesen Weg weiter gehen kannst.

Thomas
Betroffene für Betroffene

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dina
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von dina »

Hi Conny!
Wie "kurz" war denn deine Depri? Wäre ja mal schön, soetwas wie 1/2 Jahr oder so zu lesen im Kontrast zu 15 Jahren etc.

Dina
dina
Beiträge: 32
Registriert: 21. Jul 2003, 23:10

Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von dina »

Willkommen Anne!
Schön dass du hier gleich so positiv einsteigst.

Dina
Conny37
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Registriert: 24. Mai 2003, 21:34

Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von Conny37 »

Hi Dina!

Treffer, 1/2 Jahr!

LG Conny
Conny
sewi
Beiträge: 1606
Registriert: 15. Feb 2013, 23:02

Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von sewi »

Anne
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von Anne »

Hallo sewi,

ich nun noch mal hier - habe gerade Deine Frage an Thomas entdeckt.

Da Du die Therapie ja noch nicht angefangen hast - sehe ich da kein Problem. Auch Deine KK müsste doch anhand der Unterlagen sehen, dass eine 3. Gesprächstherapie nicht so viel Aussicht auf Erfolg haben wird, wenn es bei 2en schon nicht geklappt hat.

Rede mit Deinem Therapeuten - der hat sein Manifest natürlich schon geschrieben und an den Gutachter geschickt, denn die Bewilligung scheinst Du ja schon in der Tasche zu haben. Vielleicht kann er was Neues schreiben mit der Empfehlung einer Psychoanalyse, für die Du Dir dann natürlich einen entsprechenden Therapeuten suchen müsstest. Oder aber Du redest mit ihm, sagst NEIN zu seiner Therapie, suchst dir einen neuen Therapeuten mit Psychoanalyse und der müsste dann was Neues aufsetzen und bei der Kasse einreichen.

Ich kam mit den Gesprächstherapien auch nicht weiter - Therapeut wechselte dann auf Konfrontation - Mann, hab ich den verflucht. Aber im Endeffekt hat es mich gut wachgerüttelt. Die Flüche hab ich ihm hinterher im Auto in Gedanken an den Kopf geschmissen. In der Sitzung darauf haben wir dann aber auch darüber gesprochen - er muss gemerkt haben, dass ich nach 40 Minuten (immer diese Zeitreglementierung, kaum ist man in Fahrt, ist auch schon Schluss...)ziemlich sauer da raus bin.

Ich drück Dir die Daumen - schließlich ist dies hier der positive Thread.

Anne
sewi
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von sewi »

subway
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von subway »

Hallo,
meine Depression hat mein Leben radikal verändert, vor allem positiv.
Ich werde immer als starke und selbstbewußte Frau angesehen. Viele Menschen können mich nicht einschätzen oder haben tatsächlich Angst vor mir. Ich habe sehr darunter gelitten, da ich so nur selten Freundschaften schließen kann.
Heute wirke ich zwar noch immer so auf viele Menschen, aber ich kann mich leichter öffnen und meine sanfte Seite zeigen. Früher hatte ich große Angst davor.
Hilfe habe ich nie angenommen, da ich mich nicht schwach zeigen konnte. Jetzt ist es mir möglich und es macht mich sehr glücklich mich öffnen zu können.
So haben sich meine Beziehungen zu Familie und Freunden verstärkt.
Ich gehe sehr offen mit meiner Erkrankung um, dies brachte mir viel Zuwendung ein , welche ich in den schlimmen Phasen meiner Erkrankung nötig hatte.

Dieser Thread ist eine tolle Idee.

Grüße Anastasia
gelberosen
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von gelberosen »

Hallo Sewi,

ich hoffe du bist nicht böse, daß dir hier nicht der Thomas schreibt sondern ich. Grund ist, daß ich in einem alten posting von dir gelesen habe, daß du aus München bist. Ich bin nämlich auch fast aus München, wohne ganz nah bei München.

Ich weiß ja nicht, ob du mit einer Analyse klarkommen würdest und was du in deinem Leben alles erlebt hast. Hast du nicht auch mal was von ptbs geschrieben?. Ich kann dir empfehlen in das Frauentherapiezentrum zu gehen (Güllstraße 3). Dort gibt es Beratung, wo man sich besser informieren kann und wo man auch Adressen mit bekommen kann. Gleich da um die Ecke ist die Frauentherapiepraxis (Grimmstraße 1), da habe ich Probetermine gehabt. Tip: Manche Therapeuten haben noch Zusatzausbildungen in Therapierichtungen, die die Kasse nicht bezahlt, die dir aber gut tun könnten. Wichtig ist nur, daß sie eine Ausbildung in einer Richtung haben, die die Kasse bezahlt. Oder kannst du mit Frauen nicht so? Ich weiß, ich bin wieder auf dem „Frauentrip“, aber überleg dir das mal. Vielleicht könnte dich das sicherer machen?

Liebe Grüße
Die Besserung

So, und jetzt lassen wir den thread wieder für die positiven Dinge, ja?



Mir geht es besser. Ich wache schon besser gelaunt auf, und an diesem Wochenende habe ich 2 Spaziergänge hingekriegt. Am Samstag hatte ich beim Keller putzen ganz schön lustige Lieder im Ohr - äh - Kopf.
dina
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von dina »

@ Sewi
Es ist doch durchaus eine Positive Entwicklung wenn du erkennst was dir guttut und was du brauchst, und da kritisch guckst bevor du dich drauf einlässt. Viel Glück!

Insgesamt möchte ich euch bitten darauf acht zu geben, dass in diesem Thread nicht allzu viele Nebendiskussionen entstehen. Es liegt mir sehr am Herzen dass in diesem Thread von positiven Erfahrungen berichtet wird. Ich habe ihn eröffnet weil ich sowas im Moment brauche um daraus Kraft zu schöpfen. Ich wäre euch sehr verbunden, wenn ihr alle ein wenig ein Auge darauf haben könntet, dass der Thread diese Aufgabe erfüllt

Ich habe dieses Wochenende ein wenig wegstecken müssen, aber bin zuversichtlich. Entgegen Protest seitens meiner Familie treffe ich mich an unserem Hochzeitstag mit meinem Mann im Zoo und wir verbringen ganz ohne Kind und Zwänge ein paar Stunden, da freue ich mich schon sehr drauf.
Sehe es als kleine Verschnaufpause für mich,
Liebe Grüße,

Dina
Deprina
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von Deprina »

:o)
Ach Muriel,
positiv berührt bin ich von Deinem Posting. Kenne ich doch auch die Dame in schwarz. Ich habe sie hereingebeten und höre auch heute noch (bei ihren seltener gewordenen Besuchen) was sie mir zu sagen hat. Mit ihr hat meine Depression ein Gesicht, eine Gestalt bekommen, ich fürchte sie nicht mehr so sehr. Bei der Geschichte von der traurigen Traurigkeit habe ich plötzlich ein wohlig schweres Heimweh nach meiner Klinik bekommen, denn dort hat uns die Märchenerzählerin genau dieses Märchen erzählt. Sollten wir uns kennen?
Wie schon gesagt:
ich bin angenehm berührt...
danke dafür
deprina
dina
Beiträge: 32
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von dina »

Hallöle!
Dieser Thread wird jawohl nicht verhungern? Mal sehen was ich für ihn zu Fressen finde...
Eigentlich hätte ich gedacht, dass ich mich nach diesem Tag feige, unvermögend und schuldig fühle, aber ich bin echt erleichtert, der Druck lässt spürbar nach. Der Absturz ist nochmal gerade an mir vorbeigegangen. Ich habe in den letzten Tagen gemerkt dass es nicht mehr geht, dass ich nicht mehr kann und auch der kleine Finn nicht mehr glücklich daherkommt und immer unsicherer wird. Drum habe ich heute eine grosse Entlastungsaktion gestartet:
- ich habe meinen Mann angerufen und ihm gesagt, dass ich das alles nicht mehr alleine tragen kann
- ich bin zum Jugendamt gegangen und habe Hilfe beantragt
- ich habe die Hosen runtergelassen und z.B. in der Nachbarschaft durchblicken lassen wie die Lage ist
- ich habe mit Finn's Krippe ein längeres Gespräch gehabt
- ich habe mich bei ner Freundin ausgeheult
- ab heute wird Finn auf Stoffwindeln und selbstgekochte Breichen verzichten müssen
- ich habe meinen Eltern gesagt dass sie mich mit ihren dunklen Prophezeihungen in Ruhe lassen sollen und dass ich ihre Hilfe nur annehmen kann wenn sie das akzeptieren
- eine Freundin die Finn gut kennt kommt am Wochenende damit ich mal was für mich alleine machen kann und etwas besser mit der Arbeit vorankomme
- eine Kommilitonin bringt mir ab heute jeden Tag Essen aus der Mensa vorbei
- morgen frage ich meinen Therapeuten ob wir die Abstände verringern können
- ich habe beschlossen dass mein oberstes Ziel ist, Finn wieder glücklich zu sehen und dass er keine grösserenVerlustängste bekommt, zur Not mache ich das Examen in ein paar Jahren wenn er in die Schule kommt, ich habe ja schon einen schönen Beruf
- ich werde nicht zulassen dass der fröhliche Mensch der ich bin verkümmert
- Stephan muss auch mich entlasten, nicht nur ich ihn, ansonsten muss ich mich noch mehr von ihm abgrenzen, ich kann ja gehen und die Tür trotzdem auflassen

Das war verdammt anstrengend heute, aber ich denke es kommt was in Bewegung, damit es MIR besser geht. Ich bin so an meine Grenzen gekommen, dass ich einsehe, dass ich nichts dafür tun kann damit es meinem Mann besser geht. Auch wenn ich die Vorstellung auf eine glückliche gesunde Familie noch nicht aufgebe. Ab heute sehe ich zu dass ich alles dafür tue damit es Finn und mir besser geht. Die Dame in Schwarz kriegt mich nicht, nicht mich! Zumindest frühestens in 30 Jahren. Gestern hat mich so vieles eingeholt was ich nicht aufhalten konnte, jetzt ist es schon wieder viel weiter weg...
Alles Liebe,

Dina
dina
Beiträge: 32
Registriert: 21. Jul 2003, 23:10

Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von dina »

Hallo!
Ich wollte nur mal sagen, dass es auch für Angehörige unglaublich viele Hilfen und Unterstützung geben kann, wenn man erstmal auf die Idee kommt danach zu suchen.

Dina
Conny37
Beiträge: 244
Registriert: 24. Mai 2003, 21:34

Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von Conny37 »

Hi Dina!!!

Boahhhhh.....

Ich bin ganz sprachslos!! Das ist das mit Abstand kraftvollste was ich in letzter Zeit zu hören bekommen habe. Ich bin echt überwältigt und wünsche Dir bei Deiner Aktion den Erfolg- den du dir wünschst.
Dein Finn wird es überleben keine Stoffwindeln und Gourmet-Brei zu bekommen. Ich habe das mit zwei Kindern damals schon aus dem Unterbewusstsein heraus so organisiert. Am Wochenende bekommen meine Kinder auch heute meistens Fertiggerichte, da sie ja in der Kita oder Schule die ganze Woche etwas "Vernünftiges" zu Mittag haben, und der Zeitaufwand beim Selberkochen in keinem Verhältnis zum Nutzen steht. Oder es gibt unterwegs an der Imbissbude was, oder ein Bäckerbrötchen. Den Tagesablauf schreiben mir nicht die pünklich eingenommenen Mahlzeiten vor. Bin immer mit Trinkflasche und Zwieback bewaffnet.

Man kann sich vieles einfacher machen, wenn man die Ansprüche an sich selbst etwas niedriger setzt. Theme Hausputz z.B.! Ich habe deswegen viele Diskussionen mit meinem Mann, bleibe aber auf meinem Standpunkt. Lieber eine Stunde mehr mit den Kindern beim Spiel verbracht. Und der Dreck kann auch noch einen Tag länger warten. Bekomme ich zwar fast regelmässig eine Gardinenpredigt für, aber das geht inzwischen hier rein und da raus. Und ich verkaufe die Kinder auch einmal selbst per Anfrage- sag mal, der Max wollte doch schon lange mal bei Euch schlafen, darf er dieses Wochenende??

Und habe ich länger frei, na dann haben wir halt 4 Kinder!!

Du machst es genau richtig. Wenn man Hilfsangebote bekommt, gezielt einsetzen, nicht aus falscher Scham drüber weggehen. Viele Freunde von uns/mir helfen gern, sie müssen nur die Gelegenheit dazu haben. Dieses hat sich gerade in unserer momentanen Situation als sehr hilfreich erwiesen: Ein Hausbau (Selbstbau), mein Mann Selbsständig, ich zwei Jobs, und ein Schul + ein Vorschulkind.

Dina- ich freue mich, dass du für dich einen Weg gefunden hast- dieses ist doch ein vielversprechender Neuanfang!

Alles Gute dafür wünscht dir dafür
Conny
dina
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von dina »

Hi Conny!
Danke dir In der letzten Zeit war ich so am Ende meiner Kraft und sah meine eigenen Felle schwimmen, da musste ich einfach was tun. Und es wirkt:
- das Jugendamt hat eine unbürokratische Lösung zu meiner Entlastung gefunden, 15 Stunden die Woche kommt jemand zu mir nach Hause um mit Finn zu spielen während ich an der Examensarbeit sitze und den Haushalt mache. Der Topf ist für Familien in Notsituationen und für einen begrenzten Zeitraum. Danach gibt es noch andere Möglichkeiten, ich kann z.B. eine Familienhelferin bekommen. Sinnvoll wäre auch eine pädagogische Begleitung, wenn unsere Familie wieder zusammenzieht und sich neu arrangiert. Der Kinderschutzbund ist auch informiert.
- Mein Mann ist ein bisschen aus der Reserve gelockt worden und will sich bemühen mich zu unterstützen. Er will versuchen in regelmäßigen Abständen wochenends zu kommen und sich seinem Sohn zu widmen. Mit mir will er wieder regelmäßiger telefonieren. Und es scheint, als ob er sich allmählich an Gefühle wie Zuneigung und Liebe erinnert, wenn auch vage. Zumindest war es gut, ihn mit einzubeziehen und ihn nicht länger vor meiner eigenen Belastung zu schützen.
- Am Wochenende war eine Freundin da und hat mir geholfen die Wohnung aufzuräumen, wir haben einen schönen Ausflug ans Meer gemacht - das war schön, sie hat mir gesagt, an welchen Stellen sie Schwierigketien im Umgang mit Finn sieht und wie ich das verändern könnte, und sie hat für ein paar Tage vorgekocht
- Meine Eltern haben sich meine Worte zu Herzen genommen und reden nicht mehr gegen Stephan, meine Mutter will auch öfters an Wochenenden kommen um zu kochen, zu putzen und mit Finn etwas zu unternehmen.
- In der Uni habe ich Aushänge gemacht. Ich suche sowohl andere alleinerziehende Eltern im Examen, dass man sich ein wenig gegenseitig unter die Arme greifen kann, als auch einen Lektor für meine Examensarbeit. Gemeldet hat sich bis jetzt noch niemand.
Es stehen noch Gespräche mit dem Kinderarzt, der Krippe, meinem Prof und dergleichen an. Ich muss mich einfach gut einbetten und nach allen Seiten absichern damit ich nicht abstürze, stehe auf sehr wackeligen Beinen gerade. Es ist schon einiges in Gang gekommen, aber ich versuche es weiter, denn ich habe Hilfe bitter nötig. Wenn ich mir auch nicht erklären kann, was eigentlich passiert ist und warum es mir auf einmal so schlecht geht. Aber es ist so beruhigend, dass ich tatsächlich Hilfe bekomme, darum zu bitten ist nicht leicht. Und ich hätte nie gedacht, dass die Situation von angehörigen auch von offizieller Seite so ernst genommen wird.
In den letzten Tagen ist mir meine Zuversicht fast flöten gegangen. Aber mit viel Unterstützung, Geduld und Zeit glaube ich daran, dass wir das Leben wieder in den Griff bekommen können.
Alles Liebe,

Dina
Rainer62

Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von Rainer62 »

Hallo,

Positiv ist daß man wieder die Dinge genießen kann. In der Depri weiß man gar nicht mehr wie schön so Kleinigkeiten wie ein Glas Wein ein Kinderlächeln und und und sein können. Man lebt dann viel bewußter und auch intensiver.
Emily
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von Emily »

Liebe Dina,

ich find´s toll, dass du dir diese ganzen Hilfsangebote erschlossen hast, bzw. noch dabei bist, neue für dich aufzutun. Ganz offensichtlich funktionieren deine inneren Antennen und Alarmsignale gut, und es ist ganz wichtig, dass du ihnen deine Aufmerksamkeit widmest. Du schreibst, du kannst nicht verstehen, warum es dir auf einmal so schlecht geht. Als Angehöriger geht man mitunter auch total auf dem Zahnfleisch. Schon alleine die Sorge ums Kind/er macht einem doch sehr schwer zu schaffen, da ist die Sorge um den Kranken bzw. um sich selbst noch nicht mal erwähnt. Und diese ständig drückenden Sorgen sind schon alleine eine riesige Last, die einen enorm herunterziehen kann.

Bitte bleibe am Ball. Du hast ein sehr gutes Gespür für die Notwendigkeiten und versuchst, dich selbst zu schützen und zu unterstützen, wo du kannst. Damit tust du auch gleichzeitig das Beste für deine Familie. Das finde ich eine beachtenswerte Leistung.

Liebe Grüße,
Emily.
dina
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Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von dina »

Hallo nochmal!
So langsam komme ich mir ein bisschen dämlich dabei vor, diesen Thread fast nur alleine zu nutzen. Es hilft mir jedoch bei der Stange zu bleiben. Und heute fühle ich mich seit Ewigkeiten mal wieder so lebendig, dass mich der Mitteilungsdrang überkommen hat und ich auch selber wieder aufrichtig an die Hoffnung glaube, sie wäre mir glaub ich fast flöten gegangen...
In der letzten Zeit ging es mir wirklich nicht besonders pralle, ich hatte grosse Angst zu spät bemerkt zu haben wie weit meine Grenzen überschritten sind und da nicht mehr heile rauskommen kann. Ich habe viel versucht damit es mir besser geht, jedoch wollte ich immer noch meinen Mann schützen und meinte immer noch, nicht das Recht dazu zu haben, dass es mir so schlecht geht, wo ich doch von diesem Schreckgespenst Depression verschont geblieben bin und ich ja mit dem Unfall alles ausgelöst habe. Ich hab immer gedacht "Ich hab doch keinen Grund zu jammern, das kann doch nicht so schwer sein sich zusammenzureissen" und wollte mir kein Zugeständnis machen.
Vor ein paar Wochen habe ich meinem Mann zwar mitgeteilt dass ich das so nicht mehr kann. Aber es ist nicht wirklich viel passiert und ich hätte immer noch ein schlechtes Gewissen gehabt, ihn damit zu belasten und etwas einzufordern. Ich hatte auch Angst ihn zu verlieren und durch meine Verlustängste und Minderwertigkeitskomplexe hab ich mich immer nur im Kreis gedreht. Und ich wollte immer noch die Fassade wahren. Auch hier im Chat hab ich im Nachhinein jedes Wort auf die Goldwage gelegt und an mir selbst gezweifelt ob ich jeden richtig behandle..., das alles hat mir echt das Hirn vernebelt.
Dieses Wochenende haben wir glaube ich beide eine Menge geschafft, es war zwar voll der Krampf, aber es gibt mir Hoffnung. Ich hab ihn Freitag angerufen und nochmal ALLES rausgelassen was meine Hilflosigkeit betrifft und dass ich will dass er sich da verantwortlich zeigt und das mit mir klärt. Als wir dann beide nicht mehr konnten, habe ich ihm Samstag eine lange Mail geschrieben. Da hab ich dann vor allem auch mal gesagt, was ich bei ihm im Umgang mit seiner Krankheit kritisiere und wie unfair ich das finde und was ich eigentlich trotz Krankheit noch erwarte weil ich sonst selber abstürze. Das hat er auch alles verstanden, aber fühlte sich so mies, dass er Sonntag doch nicht gekommen ist. Sonntag haben wir nochmal telefoniert und das Ganze so ein wenig abgemildert, ich bin klar bei meinen Forderungen geblieben aber wir konnten mit dem Gefühl der gegenseitigen Akzeptanz, ohne Vorwürfe und halbwegs geklärt daraus gehen.
Montag abend ist er dann gekommen und wir haben einen richtig schönen Abend verbracht. Wir haben noch etwas konkret darüber gesprochen, wie die Situation für uns alle entzerrt werden kann und was wer wie macht... zum ersten Mal seit Mai ist Stephan über Nacht geblieben und wir haben sogar in einem Bett geschlafen. Einfach friedlich und ich habe saugut geschlafen, sechs Stunden am Stück!!! Der Morgen war auch echt schön, Finn ist vor Freude ausgerastet (ich hab ja schon befürchtet dass er ihn gar nicht wiedererkennt nach all der langen Zeit).
Naja, übernächstes Wochenende wollen wir erstmal ausprobieren wie es klappt wenn er komplett über's WE bleibt. Da es gestern/heute für ihn auch wesentlich weniger schlimm war als erwartet und er sich drauf einstellen konnte, glauben wir beide dass sich das jetzt echt mal etwas steigern lässt. Zumindest beruht die Zufriedenheit über das Ergebnis dieser Konfrontation auf Gegenseitigkeit und ich habe wieder ne Menge Kraft getankt - wenn ich mir nicht wieder was vormache;-) Ausserdem wollen wir alles was Depression und unseren Umgang und so betrifft in Zukunft über's Telefon klären, damit wir unsere Begegnungen auch auskosten können.
Ich bin sowas von erleichert, noch dazu ist mir vorhin auf einmal einiges eingefallen und bei der Examensarbeit hat es gefluppt, ich war so vertieft dass ich fast vergessen hätte den kleinen Spöken aus der Krippe abzuholen.
Ich weiss, das bedeutet jetzt nicht dass alles sofort wieder gut wird. Es werden noch einige kräftige Tiefs lauern und ich werde auch noch viel Geduld haben müssen (nicht gerade meine Stärke), aber ich glaube das Durchhalten lohnt sich. Dabei war ich drauf und dran, hier so ein paar Oberpredigern Glauben zu schenken.
Schon in der letzen Woche gab es ein paar lebendige, lustige Tage, ganz ohne Mann. Und in dem wissen dass ich eh nichts für ihn tun kann und im Vertrauen dass er das schon alleine schafft, werde ich sobald mein Therapeut mehr Zeit für mich hat eine Therapie machen, die sich gewaschen hat. Ich hab selber genug Dreck am Stecken den ich schon viel zu lange mit rumschleife und kann ja doch nicht wirklich für jemand anderen da sein wenn ich mich meinen eigenen Problemen nicht stelle.
Noch einen speziellen Dank an Anna, Erasmus und Birgit, die mir neulich ein bisschen Feuer unter'm Hintern gemacht haben. Ich glaube eure Lektion hat in den letzten Tagen einen gewissen Lerneffekt bewirkt.
Meine Kommilitonen hatten heute ihre letze Examensprüfung und haben mich zum Essen eingeladen. Ich wollte eigentlich gar nicht mitgehen weil ich ja als einzige von meiner Truppe noch nicht fertig bin, aber ich glaube ich habe auch einen kleinen Grund zum feiern.
Sorry für dieses ellenlange Posting, hat aber gut getan das aufzuschreiben.
Liebe Grüße,

eure (fast) glückliche Dina
MissMarple

Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von MissMarple »

Hallo Dina,

vielen, vielen Spass heute Abend

wünsche ich Dir.

Birgit
era

Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von era »

Hallo, Dina,

super!!!!!!

Allein für Dein ausschliesslich positives Posting hat es sich gelohnt, den Rechner einzuschalten. Ich freue mich sehr für Euch. Endlich haben wir uns einmal nicht umsonst die Nacht um die Ohren gehauen!

Und wenn Du mal wieder einen Sparringspartner für besagtes "Feuer unterm Hintern" brauchst: Jederzeit gerne. Ich hab eine gute Deckung. Kennst mich ja.

In diesem Sinne stets der Deine

Erasmus
geborgenheit
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: der ausschliesslich positive Thread

Beitrag von geborgenheit »

Liebe Dina

toll! Ich freue mich sehr, dass Du ein wenig Licht in Deinem Tunnel sehen kannst. Die Zuwendung und die gemeinsame Zeit haben Dir sicher wieder Hoffnung geschenkt. Hoffnung, die nur noch kaum sichtbar da war. Hoffnung, dass Du doch noch einen Weg mit Deinem Mann und seiner Krankheit finden kannst. Ich wünsche es Dir von ganzem Herzen, dass aus diesem hoffnungsvollen Anfang wieder eine für Dich gute Beziehung werden kann!

Ich finde es gut, dass Du Dein eigenes Befinden mit einem Therapeuten aufarbeiten möchtest. Bei mir war es genau so. Die Depressionen meines Mannes haben mich dazu "gezwungen", selber in eine Therapie zu gehen. Heute bin ich mehr als dankbar darüber!

Liebe Grüsse
Geborgenheit
Antworten