Was soll ich bloß tun???

mib2011
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von mib2011 »

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mib2011
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von mib2011 »

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Schnuck77
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von Schnuck77 »

Das eigentlich Gemeine, Unfaire, an so einem kompletten Rückzug eines Depressiven, was einen so hilflos und angstvoll macht, ist doch die Tatsache, dass wir Angehörige es im Zweifel NUR falsch machen können.

Melden wir uns weiter, zeigen unsere Anteilnahme, unser Interesse an der Person, kann es sein, dass irgendwann der Vorwurf kommt: Du hast mich unter Druck gesetzt. Du hast meinen Rückzug nicht akzeptiert.

Wenn wir uns aber auch abwenden, aus lauter Verzweiflung, Resignation und auch Selbstschutz, dan kann es heißen: Ich bin enttäuscht von dir. Du hast mich vergessen, dich nicht um mich gekümmert...

Wie soll man denn angesichts solcher möglichen Reaktionen wirklich wissen! was zu tun ist? Wie man sich verhalten soll?

Das Risiko, den anderen zu verlieren, trägt man immer.
findikatze
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von findikatze »

Guten Morgen Schnuck,
hast Du ihn eigentlich schon mal explizit gefragt?
Ich frag Dich das, weil ich mir das nämlich auch überlege?
Lg Gesine
Schnuck77
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von Schnuck77 »

Guten Morgen, Gesine,

ja, das habe ich gefragt - und keine Antwort bekommen.
Es hat hier auch schon jemand dazu geschrieben, es ja gut, dass er in dieser Akutphase dazu keine Entscheidung trifft. Das ist wohl so, bedeutet aber auch, dass ich das Risiko, etwas "falsch" (was ich ganz bewusst in Anfuhrungszeichen setze) zu machen, weiter trage.

Ich finde es deswegen auch schwierig, zu sagen, ich mache das, was MIR gut tut, womit ICH leben kann.

Ich bin doch auch keine programmierbare Maschine.
Heute geht es mir schlecht, dann kann ich mit der Situation nicht umgehen, habe vll. sowas wie einen Fluchtreflex und morgen bin ich wieder zuversichtlich, zugewandt, liebe- und verständnisvoll.

Unterm Strich denke ich, solange er kein eindeutiges Zeichen gibt, keine Aussage macht in die Richtung, dass er alles beenden will oder von mir auch keine Mails mehr erhalten will, kann ICH besser damit leben, mich immer wieder zu melden. Auch von meinen Gefühlen zu erzählen, auch wenn ihn das belastet. Von alltäglichen Dingen zu berichten. Von schönen Erlebnissen. Von Dingen, die mir nicht gelungen sind. Egal! Vom Leben.

Das wirkt auf mich wie der "bessere" "Fehler".
findikatze
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von findikatze »

Liebe Schnuck,
mir geht es ganz genauso. Noch vor kurzem dachte ich, ich zieh mich erstmal komplett zurück und heute denke ich wieder: Der Arme, wahrscheinlich glaubt er jetzt, ich kümmere mich nicht mehr um ihn.

Ich versuche dann immer, mich zusammen zu reißen, nicht gleich zu schreiben.

Ich jogge viel und denke nach und dabei fallen mir immer viele Dinge ein, die ich ihm schreiben möchte. Ich habe mir inzwischen angewöhnt, es zu schreiben, wenn ich nachhause komme und dann erstmal abzuspeichern, es später zu lesen, wenn ich mich einigermaßen stabil fühle und zu schauen, ob ich es dann immer noch abschicken möchte.

Dieses Gefühl, etwas falsch zu machen, habe ich auch permanent, deswegen finde ich es auch so gut, dass Mib hier mitschreibt als Betroffener. Das sind sehr wertvolle Beiträge.
Liebe Grüsse Gesine
Destiny_90
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von Destiny_90 »

Lieber Mib,

ich fande deine Antworten auf die vorherigen Beiträge sehr interessant und sicher auch hilfreich.

Ich selbst habe momentan noch nicht das Problem nicht zu wissen ob und wann sich der Partner meldet. Ich merke zwar, dass er sich mehr zurückzieht und sich um es mal hart auszudrücken in seiner eigenen "grauen Höhle einnisten möchte"
Er reagiert auf manches emotionslos, kalt. Zunächst dachte ich, dass es ihm einfach manchmal schwer fällt Gefühle/Emotionen zu zeigen, oder er eben nicht der Typ für ist, aber so wie er es mir letztens gesagt hat, sind bei ihm einfach manchmal gar keine Gefühle mehr da. Nicht nur Gefühle für mich, sondern allgemein. Er sagt aber auch, dass dies nicht an mir liegt. Eine graue emotionslose Welt eben.

Einerseits will ich für ihn da sein, andererseits habe ich Angst, dass er bald gar keine Gefühle für mich haben wird oder diese sich langsam aber sicher immer mehr in Luft auflösen. Wenn diese Gefühle weg sind, liegt das allein an Depressionen und sind diese wieder da, wenn es ihm wieder gut gehen sollte?
Schnuck77
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von Schnuck77 »

Noch was für alle: Unser Problem wird sehr deutlich im Lied "Ich war hier" von Alin Coen verarbeitet. Hört es euch auf YouTube mal an...
li-du
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von li-du »

Lieber mib!

Erstens möchte ich Dich fragen, woher diese Kraftlosigkeit für die einfachsten Dinge, von der Du schreibst, kommt? Sie kann doch nicht völlig aus dem Nichts auftauchen. Irgendetwas muss doch passiert sein, wenn man von jetzt auf gleich völlig antriebs- und kraftlos ist.

Zweitens möchte ich Dir sagen, dass Dein Bild mit der starken Frau und dem Seil genau das ist, was ich gerne versuchen würde zu sein. Er müsste halt danach greifen.

Drittens wünsche ich Dir ein solches Seil!

lg,mmelanie
li-du
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von li-du »

@ blümli

Wie heißt das Buch, vom dem Du berichtet hast?
Blümli
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
Blümli
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
mib2011
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von mib2011 »

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mib2011
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von mib2011 »

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li-du
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von li-du »

lieber mib!

Vielen Dank für Deine Antwort. Meine Fragen mögen Dir vielleicht komisch vorkommen, aber ich muss Dir noch eine stellen:
Es kostet viel Kraft, nach dem Seil zu greifen, hast Du geschrieben. WARUM ist das so? Was ist das Kraftaufwendige dabei? Ich begreife immer mehr, dass mein Empfinden von dem seinen VÖLLIG verschieden sein muss. Und ich würde ihn so gerne wenigstens verstehen, wenn ich seine Gefühle schon nicht nachempfinden kann.

Danke für Deine Hilfe!
mib2011
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von mib2011 »

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li-du
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von li-du »

Lieber mib!

O ja, ich weiß wohl, wie das ist, wenn man keine Kraft mehr hat. Ich weiß aber auch (fast) immer, WARUM ich dann keine mehr habe. Ausschlafen ist immer dann eine gute Lösung, wenn die Erschöpfung rein körperlicher Natur ist. Auch wenn psychische Überlastung (Stress im Job usw.) mich an meine Grenzen bringt, ist Schlafen manchmal eine Hilfe, aber nur dann, wenn ich weiß, dass nach dem Ausschlafen etwas Erfreuliches kommt und nicht schon wieder Stress.
Was mich aber gänzlich um meine Kräfte bringt, ist das Gefühl von Einsamkeit und Leere, das mich seit einigen Jahren immer öfter beschleicht und an dem ich manchmal meine zugrunde gehen zu müssen. Da nützt dann auch keine Schlaf, weil ich weiß, dass ich nach dem Aufwachen genauso alleine und einsam sein werde. Mir fallen dann Dinge, die ich früher mit links erledigt habe, unendlich schwer, ich kann viel weniger bewältigen, physisch und psychisch, als mir früher möglich war, und oft habe ich dann auch gar keine Lust, es zu versuchen. Anfangs dachte ich, dass sei eine Altersfrage, und ich käme jetzt eben auch langsam in die Jahre, bis ich merkte, dass das NICHT der Grund ist.
Sobald ich nämlich nur eine winzige Hoffnung auf Änderung dieses Zustandes (weg aus der Einsamkeit, zu jemandem gehören dürfen,.....) erblickte, kehrte augenblicklich meine gesamte Kraft zurück und ich hätte buchstäblich Bäume ausreißen können. - Leider hat sich diese Hoffnung nie erfüllt, und je mehr Enttäuschungen ich erlebte, desto größer wurde die Mut- und Kraftlosigkeit. Trotzdem ist es aber immer noch so, dass jede Möglichkeit auf Veränderung mich augenblicklich wieder viel froher macht.

Obgleich ich in meinem Leben inzwischen begriffen habe, wie unterschiedlich Menschen "ticken", und dass es falsch ist, zu glauben, die anderen müssten so empfinden wie man selbst, fällt es mir schwer nachzuvollziehen, dass jemand der ebenso wie ich unter seiner Einsamkeit leidet, der den Kontakt mit mir doch eigentlich wünscht, der sagt, dass es ihm gut geht, wenn er mit mir zusammen ist, ..... es nicht schafft, diesen Kontakt zu suchen oder - um bei unserem Bild zu bleiben - nach dem Seil zu greifen. Mir gibt seine Gegenwart Kraft und Freude. Umgekehrt ist das aber wohl nicht so. Das fällt mir schwer zu begreifen. Ich verstehe nicht, wie man etwas, was man sich sehnlichst wünscht, immerzu verhindert.

Das war jetzt ziemlich viel und vielleicht auch ein wenig ungeordnet. Ich hoffe, Du verstehst, was ich sagen wollte. Wenn Dir etwas dazu einfällt, antworte mir!

Viele Grüße, mmelanie
mib2011
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von mib2011 »

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Schnuck77
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von Schnuck77 »

"Ich hatte es schonmal in einem anderen Thread geschrieben, wenn Beziehungen auseinander gehen, kann das mit dem Einfluss der Depression passieren, aber es passiert ja auch im "normalen" Leben. Versteh mich nicht falsch, ich möchte nichts schlecht reden, aber ich kann Dir auch nicht guten Gewissens sagen, es ist danach wieder alles in Ordnung."

Ich glaube, das trifft es auf den Punkt.
Es ist tragisch, es ist traurig, es macht, dass man die Depression, die einem das nimmt, was man liebt, mit Füssen krankenhausreif treten will. Das, was uns allen so unbegreiflich ist, warum unsere Liebe sich AUSGERECHNET von UNS abwendet, ist Teil der Krankheit. Und so bitter es ist, wir können es zwar rational, wenn auch nur annähernd, "erfassen", aber wir können es nicht nachvollziehen. Wir verstehen es, trotz aller Versuche, nicht, sobald es uns selbst betrifft. Das ist das, was uns zeigt, dass wir nicht Steine sind. Oder Kalte Festplatten.

Ich habe gestern kapituliert, vor der Krankheit, vor meiner "Schwäche", wie es hier oft betitelt wird, wenn man es nicht aushalten kann, dass der andere sich zurückzieht, wenn man das Verständnis nicht aufbringt, egal, wieviele Bücher man gelesen hat, wenn man Forderungen stellt und Erwartungen hat, die für eine Liebesbeziehung absolut legitim und normal, für einen Depressiven aber zuviel sind...

Wir zerfleischen uns alle selbst.

Die Depressiven, weil sie nicht kränken wollen. Weil sie keine Kraft haben, die Erwartungen desjenigen, der ihnen am nächsten ist, auch nur annähernd zu erfüllen - auch, wenn diese Erwartungen nur im Kopf existieren. Weil sie im Zwiespalt stecken zwischen ihrem alten Muster "Kümmere dich" und dem Erspüren, dass das alles zuviel ist.

Die Angehörigen, weil sie meinen, sie müssten alles auffangen, alles ertragen, alles überstehen, Geduld haben bis zur Selbstaufgabe. Weil sie glauben, dass sie mit ihrer Liebe IRGENDETWAS ändern, aber die Liebe kann nur etwas bewirken oder ändern, wenn sie ankommt, angenommen wird.

Es ist: traurig. Es ist zum heulen, zum Gegen-die-Wand-treten, zum Schreien, zum stillen Wimmern.
Diese Krankheit macht soviel kaputt, weil sie Betroffene und Angehörige im tiefsten Inneren berührt.
Irgendwer hat das mal mit einem gebrochenen Bein verglichen, man würde ja auch nicht sagen, reiß dich zusammen, steh wieder auf und geh.
Das ist richtig, aber ein Mensch mit einem gebrochenen Bein ist noch in der Lage, zu fühlen, zu kommunizieren, am leben teilzuhaben.
Die Depression hält das Vergrößerungsglas auf das, was wir im seelischen Erleben verdrängt haben. Sie sagt den Betroffenen: DU hast dich nie genug um dich selbst gekümmert! DIR waren andere immer wichtiger! Jetzt endlich kümmere dich nur um DICH selbst, sonst kannst du was erleben, nämlich den Totalzusammenbruch.
Sie sagt den Angehörigen: Jetzt schau mal, wie gut du dich abgrenzen kannst. Schau mal, wie abhängig du dich gemacht hast von dem Menschen, der sich immer um dich gekümmert hat und sich nun, in der Depression, gestattet, das nicht mehr (in dem Ausmaß) zu tun.

Es wäre naiv, zu denken, wir könnten nach Wochen, Monaten, Jahren einfach dort anknüpfen, wo wir aufgehört haben. es ist etwas PASSIERT, mit uns und dem anderen. Das muss erstmal integriert werden.

Ich habe die Unsicherheit nicht ertragen und das Ende der Liebesbeziehung ausgesprochen, weil ich gemerkt habe, dass ich jetzt, zu diesem zeitpunkt in meinem Leben, keine Kraft und Energie für den Depressiven habe (vor allem im Rückzug). Das bedeutte nicht, dass ich ihn weniger liebe. Es bedeutet nicht, dass ich ihn im Stich gelassen hätte. es bedeutet nur, dass ich mir selbst gestatte, mich selbst über den anderen zu stellen (wie es der Depressive ja auch die ganze Zeit tut), und mein Leben so zu organisieren, wie es in dieser Situation das beste für mich ist.

Kein Groll. Verständnis, bis wohin es möglich ist. Aber auch die eigenen Grenzen kennen und sich nicht für eigene Gefühle und Gedanken verurteilen. Aufhören, das eigene Verhalten nach dem herbeispekuliuertem Wunsch des Depressiven zu bestimmen. Bei sich bleiben, und den anderen für sich sehen.

Ideale...
Blümli
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
Schnuck77
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von Schnuck77 »

Liebe Blümli,
ich hatte eigentlich dich und euch alle, die ihr so lange schon aushaltet, für mutig und kraftvoll gehalten.
Aber es geht ja auch gar nicht um eine Art "Wettkampf", um Superlative wie besser, stärker, mutiger, kraftvoller. ich finde uns alle hier ziemlich stark. Jeder kämpft auf seine Weise, an seiner Baustelle, an dem Punkt, wo die Depression IHN kalt erwischt.
Ich habe gemerkt, dass es bei mir die Stelle ist, an der ich mir erlauben muss (mir und meinen Kindern zuliebe), selbst erstellte und verdammt hohe Ideale zu verraten. Ich war und bin da sehr streng mit mir, merke gerade, welch ein Prinzipienreiter ich eigentlich bin. Aber wenn mich meine eigenen Prinzipien zur Selbstzerfleischung bringen, weil ich spüre, dass ich das nicht leisten kann, dann wird es Zeit, sie aufzugeben. Auch wenn es bedeutet, dass ich leider nicht nur die Ideale und die Prinzipien in ein Paket schnüre, das ich dahin schicke, wo der Pfeffer wächst: da drin sind leider auch schöne Möglichkeiten und tolle Chancen, hätte, wenns und wäres...
Es tut schon sehr weh, aber ich werde jeden Tag sicherer, es ist richtig.
Und so muss jeder von uns hier bei sich schauen: WAS ist das eigentlich WIRKLICH, was mich so umhaut und verzweifeln lässt? An welcher Stelle renne ich immer wieder gegen die Mauer? Und wenn ich es herausgefunden habe: Hol den Vorschlaghammer und schlag dir den Weg frei. Egal, wie weh es tut. Tritt nicht ewig auf der Stelle. Wenn das eigene Verhalten keine Bewegung bringt, und der andere sich auch nicht bewegt, man die Bewegungslosigkeit aber nicht erträgt, dann muss man sich wohl selber bewegen.

Ich wünsche euch allen einen wunderschönen 3. Advent. Haltet die Ohren steif. Helm auf, Handschuhe an, los geht es an die eigenen Mauern.
li-du
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von li-du »

Lieber mib!

Vielen Dank für Deine Antwort und auch für die Buch-Empfehlung. Ich habe schon 'ne ganze Menge Bücher gelesen und ich werde auch noch dieses lesen, um besser zu verstehen, was ich nicht begreifen kann.
Manchmal bei der Lektüre der Bücher, die sich - unabhängig, ob sie von Betroffenen, Angehörigen oder Fachleuten (Psychologen etc.) geschrieben wurden - in den wesentlichen Punkten alle einig sind, habe ich mich allerdings gefragt, ob der Unterschied zwischen "betroffen" und "nicht betroffen" immer so ganz klar zu machen ist. Ich bin dann hin- un hergerissen zwischen Gedanken wie: "Das kenn ich doch alles, hab ich doch tausenfach selbst erlebt" und: "Wahrscheinlich werde ich das nie verstehen, denn meine eigene depressive Erfahrung muss wohl grundverschieden sein von dem, was ein Mensch mit Diagnose "Depression" empfindet." Ich finde mich oft nicht mehr richtig zurecht, in den Bücher nicht und in mir nicht.
Und manchmal denke ich dann auch, ich sollte die ganze Geschicht langsam zu den Akten legen, um nicht selbst immer weiter ins Negative abzurutschen, mich andauernd selbst in Frage zu stellen, mich für nicht liebenswert zu halten usw. usw. usw........

Liebe Grüße, mmelanie
Blümli
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
wütend

Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von wütend »

>>Ich habe die Unsicherheit nicht ertragen und das Ende der Liebesbeziehung ausgesprochen, weil ich gemerkt habe, dass ich jetzt, zu diesem zeitpunkt in meinem Leben, keine Kraft und Energie für den Depressiven habe (vor allem im Rückzug). Das bedeutte nicht, dass ich ihn weniger liebe. Es bedeutet nicht, dass ich ihn im Stich gelassen hätte. es bedeutet nur, dass ich mir selbst gestatte, mich selbst über den anderen zu stellen (wie es der Depressive ja auch die ganze Zeit tut), und mein Leben so zu organisieren, wie es in dieser Situation das beste für mich ist.

Kein Groll. Verständnis, bis wohin es möglich ist. Aber auch die eigenen Grenzen kennen und sich nicht für eigene Gefühle und Gedanken verurteilen. Aufhören, das eigene Verhalten nach dem herbeispekuliuertem Wunsch des Depressiven zu bestimmen. Bei sich bleiben, und den anderen für sich sehen.<<

Liebe Schnuck

ich kann Blümli in allem nur zustimmen. Und möchte nur folgendes ergänzen.

Das was Du schilderst ist komplett richtig, mit einer Außnahme. Es bedeutet nicht das Ende der Liebesbeziehung zu deinem Freund, wenn Du es willst, ist es ein neuer Anfang dieser Beziehung. Einer gesunden erwachsenen Liebesbeziehung für beide Seiten.
Schnuck77
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Re: Was soll ich bloß tun???

Beitrag von Schnuck77 »

Liebe Blümli, lieber Parson,

danke für eure Worte.
Für eine neue Chance, ein Gesunden UNSERER Liebesbeziehung müssten wir uns aber erstmal wiederbegegnen. Ich habe nun seit zweieinhalb Wochen NICHTS von ihm gehört (von einem Freund weiß ich aber, er lebt und hat Umgang mit seinen Kindern, telfoniert mit Freunden...). Das habe ich nicht ertragen. Ich dachte, wie so viele es hier ja ähnlich schreiben: ich warte bis Weihnachten. Aber ich weiß, wenn er es nicht tut, bricht in mir wieder etwas ein. Und wenn ich mir dann sage, ich warte bis Silvester, und es kommt nichts, dann bricht wieder etwas ein. Solange ich mir selber noch die leiseste Hoffnung mache, wird dieser unerträgliche Schmerz, dieses ohnmächtige Nichtbegreifen mein ständiger und wiederholter Begleiter sein.
Es geht mir ja mit dem Aussprechen des Ende genau darum, eben NICHT mehr hoffen zu müssen. Ich bin natürlich traurig, da muss ich auch durch. Aber es ist eine andere Traurigkeit. Es ist ein trauriges, schwerfallendes Loslassen von dem Mann, den ich kannte, von den Vorstellungen, die ich mir mit ihm gemacht habe, von der Hoffnung auf Erfüllung meiner Sehnsüchte durch IHN, so wie er es in unseren ersten paar Monaten gemacht hat. Es ist ein Abschied von der gefühlten Sicherheit, dass zwei wie wir doch auf jeden Fall eine Zukunft haben. Ja, und vielleicht ist es auch endlich eine Akzeptanz seines Rückzugs. Ein Freigeben. Ich mag gar nicht spekulieren darüber, ob er noch Gefühle für mich hat oder nicht. Fakt ist, er kann oder will sich von mir nicht helfen lassen. Das ist kein Vorwurf. Aber unterm Strich bleibt für mich nur: Er lässt sich von mir nicht helfen (egal aus welchem Grund). Das muss ich lernen zu akzeptieren - wenn ich mich nicht vor lauter Hilflosigkeit und un-erwiderter Liebe das Herz rausreißen lassen möchte.
Ich brauche diesen Schnitt, gerade um NICHT zu denken, vielleicht wird es ja irgendwann wieder etwas - denn dann ist es nichts anderes als das, was ich die letzten Wochen getan habe: Ich fange wieder an zu hoffen und richte meinen Blick in eine vage und entfernte Zukunft, statt mich hier und jetzt um mich, um meine Kinder und um mein Leben zu kümmern.

Ich habe natürlich seine Kontaktdaten noch irgendwo. Aber ich habe ihn tatsächlich sowohl bei Facebook als Freund entfernt als auch seine Nummer aus meinem Telefonbuch gelöscht.

Und genaus diese "Radikalität", die für mich sein muss, ist es dir mir gleichzeitig irrationalerweise Schuldgefühle macht. Aber der gegen mich selbst gerichtete Vorwurf lässt sich besser ertragen, lässt sich in klaren kopflastigen Momenten besser mit Argumenten bekämpfen als dieses Gefühl des Verlassenseins, des Verrats unserer Liebe und des Ausgeschlossenseins aushalten zu müssen.

Versteht Ihr, was sich meine?
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