Sexualität

MSS
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Sexualität

Beitrag von MSS »

Hallo ihr Lieben,

hab mal eine sehr intime Frage an euch. Wie läuft es denn eigentlich mit euren Partner auf sexueller Ebene. Ich weiß, dass ein unter Depressionen leidender Mensch dazu oft nicht in der Lage ist. Mein Partner blockt in dieser Hinsicht im Moment auch ab, schiebt es zwar auf seinen Fuß, der ihm Schmerzen bereitet, doch ich weiß ja, dass bei Depressiven oft noch körperliche Beschwerden dazu kommen. Er hat mir in der Vergangenheit sogar mal den Vorschlag gemacht, mir am besten einen anderen Partner zu suchen, was mich innerlich extrem verletzt und wütend gemacht hat. Doch ich denke, das hängt alles irgendwie mit der Depression zusammen, oder? Vielleicht fällt es ihm einfacher, es auf seinen Fuß zu schieben, so muss er mir nicht sagen, dass er einfach nicht will bzw. kann. Vielleicht denkt er, er verletzt mich dadurch dann. Wie sind eure Erfahrungen? Würde mich wirklich über ein paar Antworten freuen.

LG eure MSS
Pauline33
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Re: Sexualität

Beitrag von Pauline33 »

Hallo miss sunshine,

das ist in der Tat ein sehr heikles und intimes Thema.

Bei uns war es am Anfang der beginnenden Depression so, dass mein Freund sogar sehr "lustvoll" war und wir sogar öfter Sex hatten als in der "normalen Zeit" davor.

Aber als dann die medikamentöse Behandlung begann, verschwand bei ihm sowohl die Lust als auch die "technische Möglichkeit" ....

Wir haben dann sehr viel gekuschelt und uns viel berührt - also jetzt nicht in sexueller Hinsicht ...

Ich hab auch keine Versuche unternommen ihn ins Bett zu bekommen, weil ich ja wusste, dass er das Bedürfnis gar nicht mehr hatte und es ggf. "technisch" auch gar nicht mehr möglich gewesen wäre.

Er hat mich dann auch irgendwann mal gefragt, ob ich ihn nicht mehr anziehen und attraktiv finden würde, weil ich eben keine Annäherungsversuche mehr gemacht habe.

Da wusste ich auch erst nicht was ich sagen soll, weil es in jede Richtung hätte schief gehen können.

Sage ich meinem Partner, dass ich Rücksicht nehme auf ihn, kommt er sich vielleicht nicht mehr als "richtiger Mann" vor.

Sage ich ihm, ich habe selbst derzeit keine Lust darauf, denkt er vielleicht ich hätte einen anderen ...

Ich muss auch ehrlicherweise sagen, mir war damals auch nicht danach mit ihm zu schlafen, weil ich ja auch gespürt hatte, dass er mit seinen Gedanken ganz woanders ist und keine Gefühle mehr empfindet. Ich denke ich wäre mir recht schäbig vorgekommen in dem Zustand mit ihm zu schlafen.

Wir haben dann einfach wirklich viel kompensiert, in dem wir halt einfach gekuschelt haben, das war für uns beide die beste und auch befriedigenste Lösung.

LG
pauline
bodenlos
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Re: Sexualität

Beitrag von bodenlos »

Auf Sexualität zu verzichten, ist wirklich schwer. Da kann sich meine Vorrednerin schon glücklich schätzen, dicke Kuscheleinheiten bekommen zu haben, denn auch das ist bei vielen Depressiven nicht mehr möglich.
Ich sehe es ähnlich wie sie: dass mein Partner nur mir zuliebe mit mir schläft, geht gar nicht. Das ist der absolute Lustkiller, wenn man ganz genau weiß, dass der andere doch kaum oder keine Gefühle hat. Da täuscht auch nciht drüber weg, wenn es "tenisch" klappen würde. Und das ist natürlich auf Dauer (viele Monate!) sehr unbefriedigend- im wahrsten Sinne des Wortes
Da hilft auch kein Kuscheln. Aber zumind gibt das Kuscheln einem das Gefühl, nicht wertlos für den anderen zu sein....wie geht es nur den Angehörigen, die nich einmal eine Umarmung oder einen Kuss bekommen?!
99x4BE
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Re: Sexualität

Beitrag von 99x4BE »

Hallo MSS,
es ist bekannt, dass die Depression so etwas auslöst wie Lustlosigkeit. Wenn die Medikamente dazu kommen, dann ist es bald ganz aus. Urologen verschreiben deshalb auf Anfrage für solche Patienten "Viagra" und andere Mittel, um dem entgegen zu wirken.
Hab ich erlebt, hat gewirkt.
Liebe Grüße Alfredo
Pauline33
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Re: Sexualität

Beitrag von Pauline33 »

Ich denke es kommt wohl auch darauf an wie gefestigt eine Beziehung ist.

Sex ohne Gefühle käme für mich in einer Beziehung nicht in Frage, Gefühle ohne Sex hingegen wäre bzw ist für mich für einen gewissen Zeitraum überhaupt gar kein Problem.

Aber ob ich das über Jahre hinweg könnte ?! Ich weiss es nicht ... soweit kam es bei uns nicht, da wir uns nach seinem Klinikaufenthalt getrennt haben.

Ich finde aber, dass das jeder Mensch und jedes Paar für sich selbst entscheiden muss, was der Inhalt einer funktionierenden Beziehung ist und wann vielleicht der Punkt erreicht ist, an dem man besser getrennte Wege gehen sollte.

Eine generelle Antwort hierauf gibt es glaube ich nicht, da jeder Mensch und jede Beziehung anders ist und auch nicht in jeder Beziehung in der es Depressionen gibt das Sexualleben nicht mehr stattfindet
julcas
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Re: Sexualität

Beitrag von julcas »

Hallo miss_sunshine,

auch bei uns bleibt der Sex auf der Strecke. Mein Freund hat große Angst dabei zu versagen. Nun, das ist nicht schön, doch auch für mich kommt nicht in Frage ihn zu drängen. Schließlich soll er ja genauso viel Spaß dabei haben, wie ich. Er hat kein Verlangen nach Sex, doch wir kuscheln manchmal miteinander.

lg julcas
Hoffentlich
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Re: Sexualität

Beitrag von Hoffentlich »

Hallo Miss sunshine,
ich kann dich richtig gut verstehen. Ich bin depressiv. Ich bringe es nicht fertig, mit anzusehen, wenn mein Partner Lust auf Sex hat und bei mir rührt sich da absolut nichts. Da ich mich dann immer schuldig fühle, zwinge ich mich irgendwie dazu. Und tatsächlich kann ich dann feststellen, dass er viel entspannter ist. Das Problem ist dann leider, dass er dann immer denkt, dass es mir ganz bestimmt gut geht, weil ich "Lust" hatte. Aber das ist ganz und gar nicht so. Oft liege ich dann stundenlang wach, und häufig weine ich mich dann ganz leise in den Schlaf. Aber er liebt mich, und ich möchte, dass es ihm gut geht.
L. G. Ready
Pauline33
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Re: Sexualität

Beitrag von Pauline33 »

Hallo Ready,

denkst du wirklich, dass es deinem Partner dabei gut geht, wenn du dich für ihn aufopferst und dich zwingst mit ihm zu schlafen um dich danach dann in den Schlaf zu weinen?

Lust, Spass und Befriedigung sehen anders aus - finde ich ...

LG
Pauline
Hoffentlich
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Re: Sexualität

Beitrag von Hoffentlich »

Hallo Pauline,
ich weiß, dass das nicht richtig ist. Aber bei mir hat sich in meinen 25 Ehejahren (die Ehe ist seit 1 1/2 Jahren geschieden) so ein Mechanismus eingestellt, weil mein Ex-Mann mich immer die ganze Nacht wach gehalten hat, bis er bekam, was er wollte. Da wusste ich noch nichts von meiner Krankheit. Ich rede sehr viel mit meiner Therapeutin über dieses Thema. Leider will es in meinem Kopf einfach nicht ankommen . Ich denke so viel darüber nach. Mein Partner sagt auch immer, dass er nicht mit mir schlafen möchte, wenn ich ihm damit einen Gefallen tue. Ich habe aber immer das Gefühl, dass ich ansonsten nichts "Liebes" für ihn tun kann, so wie er es jeden Tag für mich tut, indem er mich in jeder Lebenslage verwöhnt.
L. G. Ready
Pauline33
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Re: Sexualität

Beitrag von Pauline33 »

Nun, vielleicht kannst du ihn ja auch direkt fragen, was du ihm liebes tun kannst in den Zeiten, in denen dir nicht nach Sex ist ...

Mich persönlich würde es in keinster Weise glücklich machen, wenn mein depressiver Partner mit mir schläft, nur um vermeintlich das auszugleichen, was ich so tagsüber alles für ihn tue ... ganz ehrlich, da würde ich mir wie "bezahlt" vorkommen.
Hoffentlich
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Re: Sexualität

Beitrag von Hoffentlich »

Hallo Pauline,
da hast du ganz sicher Recht. Ich lasse es mir ja nicht anmerken. Depressive können sich doch ziemlich gut verstellen, um einen Schein zu wahren. Aber ich werde über den Aspekt, dass es eine Art "Bezahlung" sein könnte, intensiver nachdenken.

L. G. Ready
MSS
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Re: Sexualität

Beitrag von MSS »

Hallo ihr Lieben,

danke für eure Antworten. Ich fühle mich wirklich verstanden.
Im Moment bin ich einfach nur sehr traurig, weil er mir schon wieder vorgeschlagen hat, dass es vielleicht besser ist, wenn ich mir jemand anderen suche. Ich weiß, dass das eine häufige Reaktion von Depressiven ist. Ich weiß manchmal gar nicht, was ich denken soll. auf der einen Seite denke ich, es ist seine Krankheit, die aus ihm spricht und auf der anderen Seite denke ich, dass er mich mich nicht mehr so attraktiv findet, obwohl er mir vorher noch bestätigt, wie sexy er mich findet. Manchmal kommt dann auch die Angst dazu, dass er mich betrügt, weil er von mir ja keine Nähe und mehr zulässt und ich mir immer denke, irgendwie muss es ihm doch auch fehlen. Wir waren vorher in dieser Hinsicht sehr aktiv. Versteht ihr was ich meine??? Ich fühle mich einfach weggestoßen und habe das Gefühl, er hat das Interesse verloren. Kennt ihr solche Gedanken auch??
Kann mir vielleicht mal jemand erklären, was dann in einem Depressiven vorgeht und warum er so reagiert???

LG eure MSS
Schnuck77
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Re: Sexualität

Beitrag von Schnuck77 »

Liebe Miss Sunshine,

ich bin Betroffene (gewesen???) und nun auch Angehörige.

Als ich selbst mit einer eher "flachen" Form der Depression zu kämpfen hatte (ich war immer arbeitsfähig, musste aber irgendwann Medikamente nehmen), war ich in einer Ehe mit einem Mann, der eh nicht sehr sexuell war. Das hat inzwischen (unter anderem) zur Trennung geführt, denn im "gesunden" Zustand bin ich ein sehr sexueller Mensch. Ich erinnere mich aber noch daran, dass ich oft supermüde war, und mir alles zu anstrengend war, Initiative zuviel und erwartete Reaktion zu verpflichtend. Ich war froh, wenn ich abends geschafft habe, ein paar Seiten zu lesen. Und ich war froh, dass mein Mann kaum Avancen gemacht hat. Das war die Phase, wo es wahrscheinlich von den sexuellen Bedürfnissen her, abgesehen vom Beginn der Beziehung, am besten synchron war... :-/

Inzwischen bin ich mit einem Mann zusammen, mit dem der Sex einen sehr großen Stellenwert in unserer Beziehung hat. Es sind zwar erst ein paar Monate, aber es ist definitv der beste Sex meines Lebens und ich bin immer noch voller Verlangen. Kann mir momentan nicht vorstellen, dass das mal aufhört!

Nun hat er jedoch Depressionen bei sich erkannt und nimmt nun auch Medikamente, Lorazepam und Citalopram seit anderthalb Wochen. Nach einem Tag Einnahme trafen wir uns noch, und er erwähnte schon etwas besorgt, was wir denn nun täten, wenn er keinen mehr hochbekäme...
Es hat aber noch geklappt.

Vier Tage später sagte er, er fühle sich schon total asexuell und - Achtung! - wolle gern nur sein Buch lesen und ein bißchen kuscheln. ich muss dazu sagen, dass war wirklich das erste Mal, dass wir über Nacht zusammen waren, ohne miteinander zu schlafen, nach 5 Monaten.

Meine Gedanken dazu, sehr ambivalent:
- Na toll, wie wird das jetzt werden?
- Macht ja nichts, dann kuscheln wir eben, das halte ich aus, ich liebe ihn doch.

Unterm Strich ist es so, dass ich meine Lust damals ja auch irgendwann wiedergefunden habe, und ich glaube, bei Menschen, die generell sehr gerne Sex haben, wird das auch wiederkommen. Deswegen kann ich das nun auch nicht mit meiner Ehe vergleichen, wo eher eine Unlust herrschte. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass sich das irgendwann auch wieder einrenkt.

Aber momentan hat er sich eh zurückgezogen... Und wer weiß, vielleicht ja auch unter anderem deswegen. Er sagte auch schon ein paar Mal Dinge wie: "Such dir einen anderen Mann, der für dich adäquat ist, den gibt es." oder "Ich bin gerade für etwas Edles wie eine Beziehung mit dir nicht in der Lage" oder "Ich funktioniere nicht".

Mir tut sowas weh, denn es reduziert in meinen Augen die Liebe zu sehr darauf, immer funktionieren zu müssen, sei es im Alltag oder im Bett. Aber darum geht es MIR ja nicht. Ich entliebe mich doch nicht einfach, weil irgendwas gerade mal nicht so gut klappt...

Leider ist genau dieses Denkmuster typisch für Depressive. Sie denken von sich in der Hauptsache negativ, fühlen sich wie Versager, jede negative Erfahrung ist wie ein Verstärker, die positiven Erfahrungen werden missachtet oder verdreht, so dass auch die wieder negativ sind...
Und da liegt das Problem: Ich kann meinem Freund nun tausendmal erklären, dass ich den Sex zwar wundervoll finde, dieser aber nicht der einzige Grund dyafür ist, dass ich gern mit ihm zusammen bin und ihn liebe - so lange er selber anders darüber denkt und dieses Muster pflegt, kann ich nichts tun.

Und das tut verdammt weh. Diese Hilflosigkeit und Ohnmacht wegen dieser Fehlwahrnehmungen ist mit das Schlimmste, was man im Zusammenleben mit Depressiven wohl aushalten muss.
Und das sage ich, obwohl ich selber zu solchen Denkmustern neige (was es jetzt nicht gerade einfacher macht...)

Ich wünsche euch, dass ihr irgendwie einen Umgang mit diesem sensiblen Thema findet.

Alles Gute,
Schnuck
MSS
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Re: Sexualität

Beitrag von MSS »

Hallo Schnuck,

danke für deine Antwort.

Ich denke du kannst nachempfinden, wie es mir geht und das tut mir wirklich gut. Ja es ist wirklich eine Ohnmacht, in der man sich da fühlt. Man kann es nicht verstehen, ich würde nie zu meinem Partner sagen, er sollte sich jemand anderes suchen und dass er mir das vorgeschlagen hat, hat mich einfach nur sehr wtend gemacht und total verletzt. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich bin ihm egal geworden , weil er wahrscheinlich wegen seiner Krankheit kaum noch etwas fühlt. Man fühlt sich einfach ungeliebt und irgendwie ignoriert. Ich verstehe nicht, dass ihm die Nähe gar nicht fehlt. Ging es dir denn auch so?

GLG MSS
Schnuck77
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Re: Sexualität

Beitrag von Schnuck77 »

Meinst du, damals als Betroffene oder jetzt?

Ich bin eher extrovertiert, und hätte damals nie jemanden aktiv weggestoßen. Aber so Sprüche wie "Kannst dir ja ne andere suchen, die fröhlicher ist", hab ich wohl auch mal rausgehauen.

Jetzt fühle ich mich natürlich auch weggestoßen. Zwar jetzt nicht wegen der Sexualität, dafür ist es noch nicht lange genug her, dass es wunderbar geklappt hat, aber mein Freund hat sich gerade zurückgezogen und meldet sich nicht.
gerade weil wir erst letzte Woche noch wunderschöne, innige Momente miteinander hatten (von denen ich weder glauben kann noch will, dass er sie geschauspielert hat), fällt mir das "Von hundert auf null" natürlich sehr schwer. Ich frage mich auch, wieso will er nun ausgerechnet MICH nicht sprechen oder sehen? Habe ich zuviel eingefordert (mit meinen eigenen Problemen)? Aber in der Beschäftigung damit wird mir klar, dass es damit nichts zu tun hat. In einer gesunden Beziehung ist es normal, dass man sich gegenseitig um Rat fragt. Ich habe mich nicht falsch verhalten.
Genauso ist im Grunde auch normal und gesund, wenn du körperliche Nähe einforderst. Und gerade die bekommt man ja nunmal heutzutage nur in einer Beziehung...

Ich verrenne mich gerade, merke ich, ha den Faden verloren.

Mein Freund fragte mich vorletzte Woche noch vor seinem Kontaktabbruch, ob er wegen eines Termins hier, bei dem es spät wird, danach bei mir schlafen könne. Ich kreisel in Gedanken darum, wird er nun kommen oder nicht?
Ich habe ihm heute eine Mail geschrieben. Dass die Möglichkeit weiter besteht, dass ich mich darüber sehr freuen würde, dass ich aber auch Erwartungen und Vorstellungen habe, nämlich ihm körperliche Zuwendung über eine Umarmung geben zu dürfen (kein Sex). Ich glaube, eine komplett körperliche Distanz würde ich gerade nicht ertragen. Er kann nun selbst entscheiden: Wenn ihm das zuviel wird, diese Nähe nicht erträglich erscheint, dann kann er ja sagen, nein, ich schlafe nicht bei dir.

Ich weiß es nicht sicher, aber vielleicht ist das der Weg: Seine eigenen Bedürfnisse nicht ganz aufzugeben aus Rücksicht auf den depressiven Menschen.
Schnuck77
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Re: Sexualität

Beitrag von Schnuck77 »

Genau, das wollte ich schreiben:
Meine Therapeutin hat damals immer von "Bedürnislagen" gesprochen. Das fand ich sehr interessant: Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse zu unterschiedlichen Zeiten. Wunderbar, wenn man aufeinander trifft - und beide gleichzeitig Lust auf sex haben, Hunger haben, müde sind, was weiß ich.

Bei Depressiven ist es glaube ich so, dass Sex aufgrund Medikamenten, aber sicher auch aufgrund der beschäftigung mit sovielen anderen anstrengenden Dingen nicht gerade Prio 1 hat. Wenn du als "gesunder" Mensch nun aber gerade scharf bist, ist das ebenso legitim - es passt nur leider nicht. Ich denke, man kann nicht erwarten, dass ein Depressiver sich mit sich selbst und endlich mal mit dem, was ER will, beschäftigt, nachdem er sich so lange fast nur um andere gekümmert hat, und gleichzeitig trotz Unlust die Attraktivität seines Partners bemerkt, erwähnt, beehrt.
Wenn er das also nicht tut, heißt das aber noch lange nicht, dass er findet, dass du NICHT mehr attraktiv bist! Oder gar, dass du es nicht mehr bist!!! Du bekommst eben nur LEIDER diese Bestätigung gerade nicht von deinem Partner.

Ich weiß selbst keine Lösung dafür.

ich habe mich allerdings, obwohl es mir gerade echt beschissen geht, heute Morgen geschminkt, weil ich, wenn ich in den Spiegel sehe, endlich mal nicht mehr nur die verheulte Schnuck sehen wollte. Ich bin liebenswert und attraktiv, auch wenn es mir mein Freund gerade NICHT sagt oder zeigt.

Puh.
MSS
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Re: Sexualität

Beitrag von MSS »

Hallo liebe Schnuck,

fühl dich zuerst einmal ganz fest von mir gedrückt. Ich kann dich soooo gut verstehen. Mir geht es ja genauso. Man sitzt da, Tag für Tag und wartet auf ein Lebenszeichen, immer verbunden mit der Angst, es könnte vorbei sein. Ich unternehme zur Zeit viel und versuche mich abzulenken. Habe meinem Partner auch klar gemacht, dass sein Vorschlag mich sehr verletzt und wütend gemacht hat und habe mich seitdem auch nicht mehr bei ihm gemeldet. Ich weiß, er ist depressiv und er kann meistens fr sein Verhalten nichts, aber er ist trotzdem noch mein Partner und ja auch er soll sich Gedanken über sein Verhalten machen und dass er mich damit manchmal sehr verletzt. Mittlerweile bin ich auch an dem Punkt, an dem ich denke, wenn er die Beziehung beendet, dann werde ich auch nicht mehr kämpfen. Irgendwann ist das Maß voll. Kennst du solche Gedanken?? An einem Tag würde es einen innerlich zerreißen ihn nicht mehr an seiner Seite zu haben und an einem anderen Tag fragt man sich, was das alles noch soll, das Verlangen nach Liebe und Nähe gibt es anscheinend eh nur auf einer Seite. Entschuldige, dass das so schwarz klingt, aber vielleicht kennst du das ja auch.Verstehst du was ich meine???
Schnuck77
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Re: Sexualität

Beitrag von Schnuck77 »

Ich verstehe dich absolut. Dabei ist es bei mir ja noch ganz frisch, dass ich es aushalten muss, dass von ihm nichts kommt, ich frag mich beim Lesen hier oft wie ihr alle das schafft, da steht ja zum Teil, dass ihr schon seit Wochen "wartet". Und wenn man ganz ehrlich ist, bei einem absoluten Kontaktabbruch kann man vielleicht ein paar Tage lang sagen, das ist ja vielleicht bald vorbei, aber die Beziehung endet (und wenn vll. nur temporär) mit dem Rückzug. Wenn ich keinen Austausch mehr mit jemandem habe, gibt es keine Beziehung.
Ich rede dabei nicht von Freunden, die man lange nicht sieht, oder von losen Affären, die es aushalten oder wo es normal ist, sich ein paar Tage oder sogar Monate nicht zu sehen und zu sprechen.
Aber wenn die Definition ist, wir stehen in Beziehung zueinander, wir teilen unser Leben, oder besser, nehmen Anteil, dann ENDET diese Form der Beziehung mit dem Rückzug eines der Partner.

Und genau das macht mir so zu schaffen. Du denkst, du bist in einer Beziehung, investierst Gefühle und Gedanken, aber es kommt nichts zurück. Das ist eine absolute Inkongruenz zwischen Vorstellung und Realität. Wie soll man sich sowas verpacken?
MSS
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Re: Sexualität

Beitrag von MSS »

Ich kann deine Gedanken so gut verstehen Schnuck. Vorher hat bei uns wenigstens noch das sexuelle gestimmt, aber das fällt jetzt auch ganz weg und auch wenn er es auf seinen Fuß schiebt, weil er vielleicht nicht zugeben kann oder will, dass es an der Depression liegt, so schleicht sich doch immer wieder der Gedanke ein,man könnte für ihn den Reiz verloren haben und er würde sich vielleicht andersweitig umsehen. Vorallem weil er vorher ein Mensch war, der es kaum einen Tag ohne ausgehalten hat. Man versteht es einfach nicht, das ist das Problem an der Sache. Als gesunder Mensch, würde man so nie reagieren. Hattest du auch mal solche Gedanken? Warum wird man nur so behandelt und weggestoßen.
Pauline33
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Re: Sexualität

Beitrag von Pauline33 »

Ich hab da mal eine Frage an euch, die bitte nicht als böse gemeint sein soll:

Definiert ihr eure Beziehung nur aufgrund von Sex ?

Ich weiss ja nicht wie alt ihr so seid, aber definiert ihr Reize, begehrenswert sein, sich schön und sexy zu finden, geliebt werden etc. nur über Sex ??
MSS
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Re: Sexualität

Beitrag von MSS »

Liebe Pauline,

natürlich definiere ich meine Beziehung nicht nur über Sex, aus dem Alter bin ich nun wirklich draus und wenn ich das täte, wäre ich ja auch auf seinen Vorschlag eingegangen. Es war nur oft die einzige Möglichkeit in der ich ihm Nahe sein konnte, ansonsten hat er sich total von mir isoliert. Ich hoffe du verstehst, was ich meine.
Pauline33
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Re: Sexualität

Beitrag von Pauline33 »

Ja, ich verstehe was du meinst, ich kenne diese Isolation ja leider auch ...

Eure letzten Posts klangen halt sehr danach, als wäre es der mangelnde Sex der euch das Gefühl gibt nicht mehr liebenswert zu sein
Schnuck77
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Re: Sexualität

Beitrag von Schnuck77 »

Liebe Pauline,

nein, das tue ich ganz bestimmt nicht. Aber für mich ist Sex das, was eine erotische Liebe zwischen mir und einem (in meinem Fall) Mann von einer Freundschaft unterscheidet.
Und das ist FÜR MICH so. Das heißt nicht, dass es allgemeingültig sein muss.
Ich weiß von einigen Freunden, dass zwischen ihnen und ihren Partnern nichts mehr läuft. Wenn das Zusammenleben dann trotzdem noch als schön und erfüllend angesehen wird, ist das wunderbar.

Ich habe jahrelang darunter gelitten, dass meine Ehe so, wie soll ich sagen, reizarm war. Ich bin mehrmals fremdgegangen, und habe irgendwann entschieden, dass ich nicht mein Leben lang etwas von mir abspalten will, das mir offenbar wichtig war. Mal abgesehen davon, dass auch mein Noch-Mann das Recht auf eine ehrliche und treue Frau hat, die ich ihm nicht mehr sein konnte.

Das alles bedeutet aber ganz.und gar nicht, dass ich eine Beziehung NUR darüber definiere. Eben auch, aber nicht nur. Glaubst du nicht, es wäre sonst sehr einfach zu sagen, okay, Baby, es war schön mit dir, aber wenn du jetzt depressiv bist und nicht mehr kannst oder willst, bin ich dann mal weg?
Was hätl mich denn wohl an der Stange? Wir haben keine gemeinsamen Kinder, sind nicht verheiratet, wohnen nicht mal zusammen. Und nun hab ich auch keinen Sex mehr!

Und trotzdem liebe ich ihn, denke an ihn, versuche herauszufinden, wie ich/wir mit dieser Situation umgehen.

Dass einen dieses Thema dennoch beschäftigt, finde ich in Ordnung und legitim, und ein Forum ist ja genau dafür da, sich auszutauschen.
Ich finde deine Frage deswegen nicht ganz fair.

PS: Ich bin Mitte 30. Mein Freund ist 20 Jahre alter.. Und darüber hinaus: Sexualität hat nichts mit dem Alter zu tun.
Pauline33
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Re: Sexualität

Beitrag von Pauline33 »

Liebe Schnuck,

ich sage auch nicht dass Sexualität was mit dem Alter zu tun hat, mir ging es viel mehr um die Tatsache, dass man sich auch schön und attraktiv finden kann, wenn man einen Partner hat, der gerade keinen Sex haben will/kann. Und das hat sehr viel mit dem Alter, der Reife und dem eigenen Selbstwertgefühl zu tun.

Das ist jetzt wohl alles Ansichtssache, für mich zb definiert sich eine erotische Liebe eben nicht nur durch Sex, sondern eben auch Intimität im Sinne von Blicken, Berührungen und Empfindungen - die habe ich bei meinem Partner mit dem ich keinen Sex habe, aber keineswegs bei "nur einem Freund".

Daher gehört Sex für mich na klar zu einer erotischen Liebe dazu, aber es ist quasi nur ein Teil davon.

Fällt dieser Teil über einige Zeit weg, so habe ich zwar keinen Sex habe aber trotzdem noch Intimität.

Daher stelle ich eine Beziehung nicht in Frage, wenn ich doch genau weiss, dass der Sex nicht aufgrund von mir nicht mehr stattfindet, nicht weil mein Partner mich nicht mehr attraktiv und reizvoll findet, sondern es ist die Krankheit.

Und ich denke das ist und bleibt hier immer wieder das Kernthema:

Angehörige müssen sich jeden Tag dessen bewusst sein, dass ihr Partner sich nicht abwendet weil er keinen "Bock" mehr hat, sondern weil er krank ist
Schnuck77
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Re: Sexualität

Beitrag von Schnuck77 »

Ich glaube, wir meinen beide das Gleiche. Ich fasse die Intimität (gerade die!) mit in den Bereich der Sexualität.

Und ich freue mich wirklich wahnsinnig für dich, wenn du die Intimität, die Nähe, das Umarmen etc. mit deinem Partner noch hast.

Mein Freund ist eben gerade zurückgezogen. Wir haben nicht nur keinen Sex (womit ich wie gesagtgut leben könnte), sondern wir haben auch keine Gespräche, keine Nähe, keine Blicke, keine Berührungen und keine Umarmungen.
Ich weiß nicht einmal, wie es ihm geht, weil er nicht telefonieren und nicht schreiben will.
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