2/3 geschafft ? Langer, langer Text

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BettyM
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2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von BettyM »

Hallo Ihr Lieben,

nach langer Forumsabwesenheit möchte ich mal berichten, wie es nach der jetzt 2jährigen Trennung meines (Ex-, Immer noch-, bald wieder-)Freundes weitergegangen ist...

Nach 4 Monaten Eiszeit und meiner da erst entstandenen Erkenntnis, was Burn-Out "eigentlich" bedeutet, gab es 1 Phase, in der er vor allem dankbar war, dass ich verstanden hatte, was da läuft....im Gegensatz zu allen anderen in seinem Umfeld.

Das ging dann ca 3 Monate ganz gut mit uns (Mai bis August 2010)und scheiterte letztendlich daran, dass es von mir aus immer wieder eine Art latente Erwartungshaltung gab: Ab jetzt ist alles gut und wir sind bald wieder richtig zusammen.

Das heißt, jedesmal wenn wir wieder ein schönes Treffen hatten, war ich anschließend enttäuscht, wenn ich wieder tagelang nix hörte. Irgendwie dachte ich innerlich auch, nachdem wir doch diese Sexblockade (weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken soll) gelöst haben, müssten sich doch auch die anderen Blockaden lösen...

Na ja, es endete letzten August damit, dass ich ihm die nicht nur sprichwörtliche LMAA Email geschrieben habe

Funkstille bis November und wieder ein neuer Versuch, der fürchterlich schief ging: Wir hatten uns zum Essen verabredet, dabei "voll des süßen Weins" besprochen, dass er anschließend -zum ersten Mal- in meiner neuen Wohnung übernachtet. NachDEM sprang er aus dem Bett, zog sich an und ging mit den Worten: Ich versteh mich selbst nicht, aber ich kann nicht, ich kann niemanden mehr so nahe an mich ranlassen, ich muss jetzt in meine eigene Wohnung.

Ok, ich dachte: Das wird nie mehr was, der kriegt es nie mehr auf die Kette.

Dann von November bis Mai 2011 nur kaum Kontakt. Wenn, dann immer von meiner Seite aus. Manchmal bekam ich freundliche Reaktionen, im Sinne von: er erzählte von sich und wirkte stabiler. Dann auch wieder Reaktionen, an denen ich merkte, er wimmelt mich ab.

Von Mai bis Ende August habe ich mich überhaupt nicht mehr gemeldet, wirklich Null Kontakt. Dann habe ich mal wieder freundlich geschrieben und seitdem ist es viel besser geworden. Wir sehen uns so circa alle 2 Wochen und dann ist es wunderschön. Seit August ist auch so, dass er sich telefonisch meldet und sogar mal die Frage auftaucht, wie es MIR geht.

Nach wie vor ist es so, dass ich zwischendurch wieder 3 - 5 Tage überhaupt nix höre, weil er mit anderen Dingen beschäftigt ist. Inzwischen geht es bei ihm aber etwas weniger um "Vergangenheitsbewältigung", sondern mehr um Dinge aus seinem täglichen Leben (beruflich hat sich bei ihm sehr, sehr viel verändert und alles nur positiv)


Zu dem Strang: Zeigt sich nach der Therapie der eigentliche Charakter?
Ich habe ganz lange gedacht, jetzt zeigt sich, was der für ein Egoist in Wirklichkeit ist.... Der interessiert sich überhaupt nicht dafür, was in seinem Umfeld (wobei ich mich damit meinte) vorgeht.


Inzwischen habe ich kapiert, dass er das tatsächlich nicht macht, weil ich ihm egal bin oder weil er mich ärgern will, nein, es gibt nach wie vor Phasen, in denen ich in seinem Leben und Denken einfach nicht vorkomme. Da merkt er überhaupt nicht, dass er 3 Tage nix von mir gehört hat.


Im Nachhinein muss ich sagen, dass in den Monaten, in denen wir überhaupt keinen Kontakt hatten, am allermeisten bei ihm passiert ist. Da kommen jetzt so Äußerungen, zu welchen Erkenntnissen er in dieser Zeit gelangt ist und von wem er sich innerlich sehr viel weiter entfernt/gelöst hat.



Seit August höre ich auch immer wieder, dass ich mit der Trennung nix zu tun hatte (Du warst leider die, für die kein Platz mehr war, als ich mich den vielen anderen Problemen stellen musste - du warst nämlich als Einzige kein Problem, aber ich habe dich immer geliebt)

Jetzt ist die Phase: Ich schaffe gerade Platz in meinem Kopf, um wieder eine Beziehung leben zu können und ich will unbedingt wieder mit DIR zusammen sein. (Nachdem es im Mai noch hieß: Ich weiß nicht, ob ich je wieder eine Beziehung leben kann) freu.

Wenn wir uns sehen, ist es -wie gesagt- wunderschön, aber mehr als einen Tag schafft er noch nicht. Gemeinsam übernachtet haben wir auch immer noch nicht wieder. Na ja, deshalb denke, wenn ich mir die vergangenen 2 Jahre anschaue, dass wir wahrscheinlich noch ein ganzes Jahr brauchen, bis wir wieder von einer wirklichen Beziehung reden können.

Das sage ich, weil er auch einfach sehr vorsichtig mit sich ist. Nach der Aus-dem-Bett-spring-Aktion bekam ich eine Mail, dass er sich sehr nach mir sehnen würde, ihn aber die Nähe zu mir immer wieder ersticken würde. Er dann mit Rückzug reagiert und mich "am Boden zerschmettert" zurücklassen würde. Das könne er mir nicht weiter antun.
Ich glaube, deshalb beschränkt er immer noch seine Treffen mit mir. Weil er immer wieder abwartet, ob er nicht selbst für sich zu weit gegangen ist?


Ja, und ich? Ich habe seit einiger Zeit endlich den Eindruck, dass die Zeit wirklich für mich arbeitet und ich "beruhigter" abwarten kann, dass er wieder eine Beziehung leben will und kann. Wirkliches Jubeln: Hurra, geschafft! das kann ich nicht, dafür gab es zuviele Rückschläge und Enttäuschungen (wie oben geschrieben, ich dachte zu oft zu früh: Jetzt ist alles gut) Ich habe das Gefühl, das zarte Pflänzchen hält noch nicht so viel aus.


Klar habe ich im Laufe der Zeit den Druck rausgenommen, aber nicht mehr aus dem Gefühl heraus: Ich tue jetzt das und das und dann merkst du es, inkl. ich ziehe mich zurück, damit du merkst, dass ich dir fehle, sondern weil ich wirklich gedacht/gefühlt/gelebt habe: Entweder schaffst du es und zwar alleine oder eben nicht. Ein "glückliches Ende" habe ich nicht mehr "erwartet", ich wollte alleine glücklich werden.


Festgehalten habe ich mich an Sätzen: Es ist egal, wie sehr man liebt, es kann trotzdem nicht reichen, bzw. genug sein. Oder auch: Es gibt Dinge, die man nicht versteht, die man trotzdem lernen muss zu akzeptieren. (tapfer, oder??)


Und trotz allem, inkl. dem Versuch eine neue Beziehung zu finden, hat die Liebe zu ihm nicht aufgehört. Er ist es einfach. Das habe immer wieder gewusst, wenn ich ihn gesehen habe. Diese Beziehung hat jetzt schon verdammt viel ausgehalten oder, seine Worte: Wir haben schon so viel geschafft, den Rest schaffen wir auch noch!


Also alles gut??? Nein, so vorsichtig, wie er mit sich geworden ist, bin ich inzwischen auch mit mir geworden. Ich schütze mich, in dem ich weiterhin versuche, keine Erwartungen zu haben (gelingt nicht immer). Es hat mich in der Vergangenheit sehr viel Kraft gekostet, immer wieder mein Herz zu öffnen und dann zu merken, der Weg ist immer noch nicht zu Ende.

Also versuche ich, die schönen Tage zu nehmen und nicht danach wieder zu warten (Klar, das ist leichter geworden, seitdem er sich häufiger von sich aus meldet) Manchmal geht es soweit, dass ich nach einem Treffen denke, ok, jetzt hörst du die nächsten 3 Wochen mal wieder nix und bin dann überrascht, wenn er sich nach 3 Tagen schon wieder meldet. Mache ich mir was vor? Biege ich mir das schwierige Leben zurecht??? Nein, ich denke wirklich, es ist der einzige Weg: Abzuwarten, ob und wann er seine Krankheit im Griff hat, abzuwarten, ob eine wirkliche Beziehung wieder möglich ist.


Und vor allem heimlich weiter zu hoffen, dass das passiert………….......

Betty
Blümli
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Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
BettyM
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Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von BettyM »

Liebes Blümli,

"Nur ist es für mich ein Problem, wie zeige ich ihm, dass ich weiter für ihn offen bin, gehe aber gleichzeitig weg von ihm in Richtung meinem Weg ? "


Obwohl ich das doch scheinbar geschafft habe, kann ich es dir nicht beantworten

Meinen eigenen Weg zu gehen? Klar, alles versucht: Beziehungssuche über Singlebörsen, Dates mit anderen Männern, viel mit Freundinnen verabredet und mit denen das gemacht, was ich mit ihm gerne unternommen hätte, Urlaub mit bester Freundin, eine eigene Wohnung nur für mich, als meine Kinder wegen Studium weg sind und dieses Alleine-Sein sehr genossen.

Aber offen für ihn? Gut, ich habe jedesmal reagiert, wenn was von ihm gekommen ist... ich habe mir fast immer auf die Zunge gebissen und nicht über meine eigenen Enttäuschungen und Verletzungen gesprochen, die ja reichlich vorhanden waren... ich habe gemerkt, dass sogenannte Beziehungsgespräche zwar im ersten Moment gut und intensiv waren, aber danach immer ein Rückzug erfolgte...also war es für ihn zu anstrengend und zunehmend auch für mich.

Aus Selbstschutz(?) habe ich ihn unregelmäßig nur noch an den neutralen Dingen in meinem Leben teilhaben lassen... und häufig erst nachher. Ich habe erzählt, dass ich ein WE mit Freundinnen in Prag war und dass ich dies und jenes gesehen, aber ich habe es nicht vorher erzählt (weil ich wusste, da kann er eh nix zu schreiben) Und reagiert hat er dann genau auf die geschilderten Erlebnisse. Insgesamt gab es eigenltlich immer die meisten Reaktionen auf Dinge, die überhaupt nix mit "uns" zu tun hatten.

Ich habe nix mehr geschrieben wie (durch das Forum gelernt ) "Wie geht es dir?" oder "Lebst du noch" etc, sondern so Sachen wie: "Stell dir vor, die E.. hat jetzt nach 28 Stunden doch noch ihren Führerschein geschafft!" Auf solche smse habe ich immer ne Reaktion gekriegt.


Aber ob es das war??? Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, wieso der plötzlich davon spricht, dass er Vertrauen zu mir hat ???????

Das Thema Vertrauen haben kommt so oft von der Betroffenenseite. Aber alles, was ich unter "vertrauensbildenden Maßnahmen" verstehe, durfte ich ja nicht bieten, hat er abgeschmettert. Außer dass ich immer noch da bin, habe ich nix gemacht. (Ok, mir fällt ein, dass er zwischendurch manchmal sagte: Lass mich nicht gehen! -hörte sich immer toll an, aber geistig habe ich ihn zwischendurch immer wieder auf den Mond geschossen. Immer dann, wenn ich dachte, ich halte das nicht mehr aus)

Ich bin immer noch da und weiß auch -nach Lesen von sooo vielen Beiträgen hier- nicht wieso.

Ich weiß nur, es ist etwas ganz, ganz Besonderes... Keine Last (um mal auf den einen Thread hier zu kommen), keine Abhängigkeitsbeziehung (wie das in anderen Foren gerne mal unterstellt wird) und auch nicht der Mangel an anderen Gelegenheiten. Vielleicht ist es ja nur ein Sch...Karma? (Nö, das könnte ich ja auch ins nächste Leben verlagern)

Nein, das Besondere ist, dass da im Hintergrund eine unerklärliche Verbundenheit ist und bleibt.

Deshalb bin ich immer noch da und vielleicht hat er deshalb jetzt Vertrauen, weil er diese Verbundenheit auch spürt???

Liebe Grüße an Alle
Betty
Blümli
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Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
Blümli
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Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
BettyM
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Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von BettyM »

Guten Morgen

Das sind ja wirklich interessante Denkanstöße.


Geduld:
Klar wissen wir, dass Geduld wichtig ist, ein Schlüsselwort in der speziellen Situation, in der wir uns alle (Angehörige und Betroffene) befinden. Wenn ich jetzt auf die vergangenen 2 Jahre zurück blicke, stelle ich fest, dass ich bis vor einem halben Jahr das Thema Geduld "aktiv" angegangen bin...

Aktiv im Sinne von: Ja, ja, ich warte ja! Ja, ich habe ja Geduld mit dir (mit den Fingern trommelnd, grins) Ich bin doch so geduldig mit dir, nu komm aber auch mal in die Gänge

Lernziel verfehlt!!!

Geduld scheint mir jetzt etwas sehr viel "Passiveres" zu sein. Abwarten können, ohne ständig auf das Thema focussiert zu sein. Geschehen lassen! ...den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen... (merkwürdig, dass mir das dazu einfällt) Und Geduld haben durch das Vertrauen auf einen "richtigen" Ausgang. (Wenn man als Angehöriger auf einen "guten" Ausgang hofft, hoffen wir doch immer, dass wir noch dabei sind...)

Insofern habe ich das Thema Geduld noch immer nicht im Griff. Ich stelle aber fest, dass es mir wesentlich besser geht, seitdem ich als Einstellung: "Das wird eh nix mehr" gewählt habe. So kommen mir zumindest meine eigenen zu hoch gesteckten Erwartungen nicht mehr in die Quere.


Vertrauen:
Auch interessant. Ich habe es immer nur gesehen aus meiner Sicht. "Er" kann/soll/darf/muss doch Vertrauen zu mir haben!
Aber das auch von MIR Vertrauen in IHN, in SEINE Entwicklung, gefordert wird, war mir tatsächlich nicht klar. Daran muss ich arbeiten.


Das hilft mir aktuell immens weiter. Wir stehen nämlich gerade an einem Scheideweg. Es ändert sich derzeit sehr viel in seinem Leben und die ganze Zeit habe ich so eine jämmerliche Einstellung "Jetzt zeigt es sich, ob ich mir nicht die ganzen 2 Jahre lang was eingebildet habe... Mal gespannt, ob ich jetzt nicht endgültig hintenrunter falle" Und das, obwohl alle Zeichen auf positiv stehen. ....Ganz klar mangelndes Vertrauen meinerseits in ihn und in die Situation


Dann werde ich jetzt also das Thema Geduld passiver und das Thema Vertrauen aktiver angehen! Eine gelebte Einstellung: "Das wird schon " und nicht mehr -siehe oben- "Das wird eh nix mehr"


DANKE für die neuen Sichtweisen.... kann ich nachher gleich üben, wenn er zum Frühstück kommt.

Einen schönen Sonntag für euch alle
Betty
Blümli
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Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
bigappel
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Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von bigappel »

Hallo Betty,

Hut ab davor, wie Du die letzten 2 Jahre
hast mit der Situation umgehen können.

Ich würde mir von Herzen wünschen, dies auch
zu können, muss aber sehr schmerzhaft erkennen, dies nicht leisten zu können.

Geduld war eh und jeh noch nie meine Stärke
und ich bin wirklich die letzten 12 Monate gewachsen, aber so langsam mache ich einfach schlapp.

Darüber bin ich sehr traurig, weil ich gerne
so geduldig wäre, wie Du.
Ich schaffe es einfach nicht.

Meine Hochachtung an Dich!

LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
BettyM
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Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von BettyM »

Liebe Pia, mach mich jetzt nicht zum Diplom-Märtyrer ...so war es nicht.

Da er ein Freund von kurzen Worten ist, habe ich ihm wirklich letztes Jahr die LMAA (wortwörtlich) Mail geschrieben. (Und ehrlich gesagt, tat das auch gut)

Ich war so oft voller Wut, weil er das Besondere weggeworfen hat. Ich habe gesehen, dass er sich egoistisch und egozentrisch verhalten hat und es war mir völlig egal, dass das ein Stück des Weges zu seiner Gesundung sein könnte. Ich habe nur noch gesehen, dass ich in seiner Welt nicht mehr vorkomme.

Und nach "normalen" Beziehungsbetrachtungen musste ich anerkennen, dass mir diese Beziehung nicht gut tut. Also was wollte ich dann noch mit ihr???

Ich habe mich von ihm mehrfach mental getrennt. Das ist auch ein Grund, weshalb ich das Forum gemieden hatte. Ich wollte die sich so ähnelnden Geschichten nicht mehr lesen und überhaupt mit dem Depri-Thema nix mehr zu tun haben.

Dass es nicht endgültig zu Ende ist, liegt nur in den anfänglich seltenen, aber immer regelmäßiger vorkommenden Momenten, in denen ich sooo viel Liebe zu mir in seinen Augen sehen kann. Ich kann es echt nicht anders ausdrücken (auch wenn es schmalzig ist).

Das sind dann immer die besonderen Momente, an denen ich dachte: Hier ist der wahre Kern dieser Beziehung und der ganze Schlamassel drumrum muss halt noch weiter weg.

Nee, geduldig war ich wirklich nicht immer und schlapp gemacht habe ich zwischendurch auch. Ich habe wirklich versucht mich zu lösen, aber es ging einfach immer doch wieder ein bisschen weiter.

Mach dir keine Vorwürfe. Hier gehts doch immer um Grenzen setzen. Wenn du jetzt eine erreicht hast, respektiere sie.... Wer weiß, ob es dann nicht auch wieder irgendwann ein bisschen weiter geht

Alles Liebe
Betty
bigappel
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Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von bigappel »

Guten Morgen Märtyrerin ,

mir kommt nur Deine Geschichte gerade wie
meine vor.

Meine jetzige Beziehung schadet mir und
sie aufrecht zu erhalten, wäre falsch.
Ich finde es einfach nur traurig, dass ich nicht soviel Kraft und Glauben an ihn hab,
wie Du.

Ich finde Dich trotzdem toll, wie Du das
aushälst .

LG und einen schönen Tag
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
BettyM
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Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von BettyM »

@Pia:
Danke für das Kompliment Ich nehme es jetzt einfach mal so an, obwohl ich mich nicht so kraftvoll sehe, wie du mich scheinbar.

@Schwester:
Jaaaa, "Normalität", das wäre schön. Freut mich, dass er dich regelmäßig anruft

Hallo Ihr Lieben,

es ist nicht so, dass ich bewusst aushalte. Dieses "Ich würde alles für dich tun, weil ich dich so liebe", wird schon häufig sehr auf die Probe gestellt, denn es bedeutet eine ganze Menge Selbstverleugnung der eigenen Gefühle

Die letzten Tage habe ich wieder sehr gehadert, weil ich eigentlich kein Vorwärtskommen sehe. Vorhin habe ich auf meinem PC etwas (einfach nur ein Backrezept) gesucht und dabei einen Text wiedergefunden, der mich schon beim ersten Lesen sehr beeindruckt hat..... und schon gehts mir wieder besser

Ich stelle ihn jetzt hier rein und hoffe, damit nicht irgendwelche Urheberrechte zu verletzen. Der Text gehört hierhin: http://www.depression.uzh.ch/page2/page20/page20.html und das ist ja ne öffentliche Seite.



Prof. D. Hell
"Was Depressive brauchen ist weder Belehrung noch Vertröstung, weder Aufmunterung noch Kritik. Ratschläge sind meistens Schläge. Depressive brauchen Verständnis, Anerkennung und Hoffnung. Sie benötigen Verständnis für ihre Situation, Anerkennung in ihrem Ringen und Hoffnung auf ein Leben ohne Depression. Selbstverständlich benötigen schwerer Depressive in der Regel auch eine gezielte medizinische Therapie.

Depressive sehnen sich nach einer mitmenschlichen Begleitung. Viele wünschen sich Geborgenheit und dass man an sie glaubt. Sie unterscheiden sich darin nicht von andern Menschen, ausser dass sie aus ihrer Situation heraus besonders viel Glauben, Hoffnung und Liebe benötigen.

Die Hauptschwierigkeit im Zusammenleben mit Depressiven liegt darin, dass letztere den Glauben an sich selbst verloren haben, dass sie hoffnungslos sind und dass sie ihre Liebe weder andern zeigen, noch selber fühlen können. So wird das Begleiten von Depressiven über lange Strecken zur Einbahnstrasse. Es löst Ärger, Enttäuschung und Hilflosigkeit aus. Es trübt die Stimmung und führt zur defensiven Selbstrechtfertigung und Kritik an andern. Auch diese Herausforderung gehört zur Depression.

Depressive befinden sich nicht nur selber in einer Grenz- und Übergangssituation. Sie vermitteln auch andern ihre Hilfs- und Hoffnungslosigkeit. Sie führen auch andere an ihre Grenzen.

Wo liegt da der Sinn? Es gibt keinen Sinne, ausser jenem, den wir uns selbst zulegen. Nicht der psychische Schmerz adelt uns, wir adeln den psychischen Schmerz. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass wir uns durch das Leiden nicht anhaltend in Frage stellen lassen. „Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie“. Wer hingegen psychischen Schmerz in keinem Zusammenhang mit dem Lebensganzen sieht, gleicht dem Gefangenen, der nur die behindernde Zelle wahrnimmt. Sinngebung setzt das Annehmen einer Situation voraus. Nur wer annimmt - und nicht einfach resignierend hinnimmt - kann nach einem sinnmachenden Verständnis suchen. Der Sinn kann in einem Dennoch, in einer Wertvorstellung, in einer getroffenen Wahl liegen. Der Sinn kann für einen Angehörigen auch in der Überzeugung begründet sein, dass einem notleidenden Partner zu helfen ist."



............So wird das Begleiten von Depressiven über lange Strecken zur Einbahnstrasse.............

Also mir hilft das

Liebe Grüße
Betty
LaLeLu

Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von LaLeLu »

Danke schön, liebe BettyM , für diesen sehr guten Link und den Textauszug.

Ich habe mir gerade den gesamten Text ausgedruckt und werde ihn ganz in Ruhe lesen.

Gute Nacht an alle Leser/Innen
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von bigappel »

Hallo Betty,

sehr berührender Textauszug!

Danke dafür!

Ein schönes Wochenende und übrigens :
ja, ich empfinde Dich als starke, liebende Frau und die andere Seite, das Hadern pp, das Du gerade beschreibst, gehört einfach dazu; vermutlich kennen wir Angehörige das alle.

Ich wünsche Dir aber auch, dass Du mal schwach sein kannst und aufgefangen wirst.


LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Momo28
Beiträge: 54
Registriert: 10. Nov 2010, 17:01

Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von Momo28 »

Hallo Betty,

nachdem ich nun schon ein Weilchen hier mitlese komme ich endlich einmal dazu, auch etwas zu schreiben.

Und weiß nicht, wo ich anfangen soll.. lach.

Vielleicht mit Verständnis.
Oh ja!
Was Du schreibst kenne ich so gut. Die Angst um das, was wieder entsteht. Die Haltung des "ich warte erstmal ab".
Gleichzeitig aber doch die Hoffnung.
Die Resignation, die Wut, die Liebe.
Es ist schon bekloppt, was diese Krankheit auch mit uns Angehörigen macht.

Hast Du dazu noch mehr von dem zitierten Daniel Hell gelesen als das, was Du im Link gepostet hast?
Ich fand nämlich sein "Welchen Sinn macht Depression - ein integrativer Ansatz" unheimlich toll.
Ich habe anfangs erstmal Giger-Bütler verschlungen, aber noch mehr Lichter sind mir bei Daniel Hell aufgegangen.
Ich habe vielleicht ein wenig verstanden, warum es so sein muss.

Dazu vielleich das "ausdemBetthüpfen". Da musste ich beim Lesen schmunzeln, tut mir leid.
Ich seh solche Situationen mittlerweile so:
Es tut weh dass er gerade gesprungen ist. Aber es ist gut. es ist ein riesen Fortschritt. Denn wenn er geht, akzeptiert er seine Grenzen.
Früher hätte er sie übergangen, deshalb ist er depressiv.
Wenn er sie jetzt spürt, habt ihr viel geschafft.
Denn ich glaube, das Vertrauen kann wieder wachsen.

Ich glaube dass es für den Depressiven unheimlich schwer ist, sich wieder auf die Beziehung einzulassen.
Wie schwer fällt es mir schon. Und dabei bin ich "nur" verletzt worden.
Meine Partnerin hat sich selbst verloren. Ihre Gefühle. Ihre Perspektive. Die Farben in Ihrer Welt.

Das wird alles wieder kommen. Denn wir hätten das nicht so lange geschafft, wenn da nichts dahinter wäre.
Ich glaube das ist es, was man mit "liebe kann Berge versetzen" meint.

Wenn die Depression kein Berg ist, weiß ich auch nicht.
Also eine steile, steinige Einbahnstraße..

Weiterhin viel Glück und pass auf Dich auf.

Liebe Grüße,

Momo
Ohwäis luck on de breeeeiiit sahaid of leif, dadum, dadumdadumdadum....
BettyM
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Registriert: 9. Mai 2010, 23:14

Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von BettyM »

Lieber Momo

Ich fand die Einbahnstraße deshalb spannend, weil das doch unsere größten Zweifel sind: Wird diese Straße jemals wieder beidseitig zu befahren sein, bzw. wann mündet sie wieder in eine beiderseitig zu befahrene Straße? Und dann drückt jemand, der nicht in unserer/meiner speziellen Beziehungskiste steckt aus, DASS es sich (erstmal) um eine Einbahnstraße handelt.

Unter "normalen" Beziehungsaspekten ist es doch eine Katastrophe, was da läuft... Und wie oft habe ich mich schon hinterfragt, ob es sich in der Zwischenzeit nicht schon längst "nur" um ein Beziehungs-/Partnerschaftsproblem handelt.

Der Unterschied ist aber doch, dass ich mich nicht ausgenutzt fühle! Und dass ich wirklich glauben kann, dass ein Mehr einfach noch nicht geht.

Ich habe neulich aufgrund einer Nachfrage meinen ersten Thread http://www.diskussionsforum-depression. ... 1273515288 heraus gesucht. Da war ich erstmal geschockt, wie (vermeintlich) weit wir damals schon gekommen waren.

Stattdessen, ging ja plötzlich gar nichts mehr, bis hin zu dem Moment, dass es mir zuviel wurde und ich die berühmte Mail geschrieben hatte.

Im Nachhinein habe ich den Eindruck, dass er damals aus der akuten Depression heraus war und anfing, in der Tiefe zu graben. (Er sagte nämlich erst neulich: "Wenn ich den Therapeuten nicht gehabt hätte, hätte das Ganze wieder verschoben und wäre nicht rangegangen")

Lieber Momo, ich schreibe dir das, damit du nicht geschockt bist, wenn euer Weg nicht weiter stetig bergauf geht. Ich hatte damals die Situation: 2 Schritte vor und 5 Schritte zurück.

Ich frage mich inzwischen nicht mehr, ob es sich bei uns um ein Partnerschaftsproblem handelt. Ich weiß, dass es das nicht ist, aber ich weiß nicht, ob das, was erreichbar ist, mir dann auch genügen wird... Das kann mir logischerweise niemand beantworten, also bleibt wieder nur das berühmte Abwarten, Geduld haben, Vertrauen in ihn haben und mich weiter zu hinterfragen, ob und wie weit ich mitgehe.

Ja, ich passe auf mich auf Obwohl ich es immer super frustrierend fand, dass es nirgends konkrete Antworten gab, was man machen soll, wie man sich verhalten soll, wie man helfen kann, ist es im Nachhinein der doch einzig richtige Rat gewesen, nämlich: sich selber rauszuziehen, den anderen "machen" zu lassen, von außen zuzuschauen, keine klugen Sprüche im Sinne von: Sieh es doch mal so!, also in gewisser Weise nichts mehr in Richtung "aktiver" Unterstützung machen zu wollen.

Einen schönen sonnigen Sonntag für euch alle:-)

Betty
Mareice
Beiträge: 219
Registriert: 27. Jun 2010, 19:25

Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von Mareice »

Liebe Betty,

ein liebes Hallo an alle anderen hier,

ähnlich wie Momo habe ich auch auch schon lange mitgelesen, komme aber erst jetzt zum Schreiben. Auch ich bewundere Dich, für das Aushalten der 5 Schritte zurück, und aber vor allem auch dafür, wie klar Du anscheinend die Situation siehst.

Das Problem der Geduld sehe ich ganz genauso - und doch habe ich in meiner Beziehung erfahren, dass gerade dann die Dinge passieren, mit denen man nicht gerechnet hat, wenn man eben nicht mit den Fingern trommelt (so schwer das auch ist). Unsere Partner sind unabhängig von der Krankheit ja auch selbstbestimmt, vielleicht geben wir ihnen wirklich viel mehr das Gefühl, wirklich aktiv eigene, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen, wenn wir nicht wartend in ihrem Rücken stehen...

Ich finde es sehr gut, dass Dein Partner in Therapie ist. Ich verstehe aber auch sehr gut Deine damit verbundenen Ängste. Auf der anderen Seite denke ich, dass dieses tiefe Verbundenheitsgefühl, von dem Du sprichst, auf seiner Seite sicherlich genauso vorliegen wird, auch wenn er aufgrund der Erkrankung das nicht immer gleichermaßen fühlen und schon gar nicht immer zeigen kann. Mein Freund macht keine Therapie, was also für mich auch heißt, dass sich an seiner / unserer Situation höchstwahrscheinlich nichts ändern wird, wenn das so bleibt... Er hat Dysthymie, also eine Form der Depression, die schon seit seiner Jugend besteht, bei der auch vermehrt das Gefühl eine Rolle spielt, dass es eben schon immer so war, dass sich sowieso nichts mehr ändern wird etc. ... Und obwohl ich eine Therapie eigentlich als großen Zugewinn und im Prinzip unumgänglich ansehe, habe auch ich die Angst, was dann vielleicht mit uns werden wird...

Und Du hast Recht, es geht sicher nicht immer bergauf... Wir müssen als Partner eigentlich immer damit rechnen, auf unvorhergesehene Verhaltensweisen zu stoßen, die der Depression geschuldet sind.

Den Text von Prof Hell sollte man in der Tat immer mal wieder lesen (danke dafür!), um sich in Erinnerung zu rufen, wie man vielleicht am besten die nötige Geduld aufbringen kann, aber auch, was unsere Partner eigentlich leisten mit dem, was sie für uns tun, was für sie so viel schwerer ist als es vielleicht für andere wäre.

Alles Gute,
Mareice
BettyM
Beiträge: 77
Registriert: 9. Mai 2010, 23:14

Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von BettyM »

Hallo Mareice

....Du bist ja auch noch immer hier...

Ich habe eben schnell mal durch deine neueren Postings gelesen. Sehe ich das richtig? Ihr seid wieder zusammen, aber an das Therapiethema will er immer noch nicht ran?


Es ist nicht so, dass ich Ängste hätte, dass er sich durch die Therapie so verändert, dass es danach keinen Platz mehr für mich gibt. Ich sehe ja, wieviel stabiler er in jeder Hinsicht geworden ist und ich bin ihm immer noch wichtig. Er ist sogar schon nicht mehr der Mensch aus unserem 1. gemeinsamen Jahr (Das Jahr, das noch völlig unbelastet war, auch wenn ich jetzt weiß, dass es das Thema Depression damals auch schon gab)

In diesem ersten Jahr hatte er sich fast ein wenig zu sehr an mich geklammert. z.B. reagierte er immer sehr nachfragend/verzweifelt/drängend, wenn ich mal nicht sofort auf eine sms geantwortet habe -obwohl er wusste, dass das arbeitstechnisch bei mir einfach nicht immer möglich ist- Da kamen manchmal sogar smse: " Was ist los? Was habe ich falsch gemacht???"

Das Verrückte ist, dass ich mit dieser zuviel-Nähe sehr gut umgehen konnte ---ganz im Gegenteil zu der Zurückweisung und dem mich auf Abstand halten danach. Egal, das sich zu sehr auf mich fixieren/abhängig machen war auch schon nicht gesund und es wäre mir jetzt eher ein Warnzeichen.


Meine Ängste gehen eher in die Richtung, dass wenn er an seinem Therapieziel angekommen ist, er es für ausreichend hält, mich einmal die Woche zu treffen oder höchstens jedes 2./3. Wochenende mit mir verbringen zu wollen. Deshalb schrieb ich, ich weiß nicht, ob es mir dann genügen wird.


Interessant: Während ich das schreibe, fällt mir auf, dass ICH mir ein Therapieziel so vorstelle: das für die Person subjektiv Optimale zu erreichen; wenn man sich sagen kann: Hier ist es gut, so kann es bleiben; Wenn der Leidensdruck so gering geworden ist, dass kein weiterer Wunsch mehr zur Veränderung besteht.

und zusätzlich müsste sich in diesem optimalen Zustand dann noch der Mangel an einer Liebesbeziehung zeigen ???

Aha, genau, das ist genau der Grund, weshalb ich diese Ängste habe: Diese o.g. Kombi kann ich mir nicht vorstellen

Oh Mann, ist das alles schwierig.............


Danke fürs "Zuhören" -schreiben klärt manchmal wirklich- und liebe Grüße an Alle

Betty
Mareice
Beiträge: 219
Registriert: 27. Jun 2010, 19:25

Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von Mareice »

Liebe Betty,

ja, immer noch hier War auch erfreut, zu lesen, wie es Dir ergangen ist (mal so ganz allgemein gesagt).

Habe ich Dich richtig verstanden, dass Du meinst, dass er nach erreichtem Therapieziel so zufrieden und ausgefüllt ist in seinem Leben, dass er Dich nicht mehr so sehr braucht / "gebrauchen kann" wie jetzt? So habe ich Deinen "Mangel an Liebesbeziehung" verstanden, aber vielleicht meinst Du auch etwas ganz anderes, dann wär es schön, wenn Du mich noch mal berichtigst. Für den Fall, dass ich richtig liege, war mein erster Gedanke dazu: Wenn ich mal von mir ausgehe (und ich vermute das auch von Dir anhand dessen, was ich von Dir schon gelesen habe), würde ich schon sagen, dass ich insgesamt eher ein zufriedener Mensch bin. Aus der Vergangenheit kann ich sagen, dass ich auch ganz gut klarkomme, wenn ich allein bin, zwar nicht immer gleichermaßen glücklich (natürlich), aber im Großen und Ganzen mit mir im Reinen bin. Also eigentlich ja so, wie wir es uns für unsere Partner wünschen. Und trotzdem empfinde ich meinen Freund als mein Leben bereichernd in vielen kleinen und großen Dingen und möchte mein Leben lieber mit ihm an meiner Seite als ohne ihn verbringen. Und ich denke, sollte Dein Freund diesen Zustand des, ich nenne es mal, "Prinzipiell Zufriedenseins" durch die Therapie erreichen, heißt das nicht, dass er Dich nicht genauso eng (oder enger, was ja schön wäre, solang es nicht zu eng ist) bei sich haben möchte. Ich meine, an diesem abgedroschenen Spruch, dass nur lieben kann, wer sich selbst liebt, ist schon einiges Wahres dran. Und wenn ich Deinen Thread so lese, denke ich eher, dass es schöner und auch für Dich besser / eindeutiger wird, wenn er sich selbst besser akzeptieren kann. Wenn es auch sicher, wie Du ja selbst schreibst, noch ein weiter Weg ist. Allerdings höre ich auch aus jedem Deiner Worte heraus, dass er es für Dich wert ist, das durchzustehen, und das liest sich sehr schön!

Ja, ich habe eine ähnliche Erfahrung mit dem Abwarten und Geduld haben gemacht (tue mich aber derzeit gerade selbst wieder schwer damit ). Nachdem vor etwa einem Jahr (nach 6 Monaten Beziehungsaus)die erste körperliche Annäherung von seiner Seite kam (mit der ich auch nicht gerechnet und die ich auch nicht forciert oder gar erwartet hatte), lief unsere "Beziehung" ein gutes halbes Jahr mehr oder weniger heimlich. Ein, zwei Mal habe ich nachgefragt und bekam die Antwort, er sei noch nicht wieder so weit. Dann habe ich irgendwann aufgehört zu fragen, weil ich dachte, er muss es eh selbst entscheiden, habe mich aber in dieser Warteschleife nicht wohlgefühlt. Und dann kam im Juni diesen Jahres ganz unverhofft die Wende an einem Tag, an dem ich überhaupt nicht mit gerechnet hatte. Seitdem sind wir wieder fest ein Paar, auch alle nahen und fernen Freunde / Familie wissen wieder Bescheid.

Wenn ich es vergleiche, kann ich auch so viel besser über das Thema Therapie mit ihm reden, als ich es noch vor anderthalb Jahren konnte. Am besten leider, wenn es ihm gerade schlecht geht - aber leider bislang nicht mit der Konsequenz, dass er sich wirklich Hilfe holt. Und einerseits sollte ich hier aus meiner Erfahrung lernen, dass Abwarten und bei Bedarf Hilfestellung leisten schon die Lösung sein kann, andererseits ist es anstrengend und traurig, zu sehen, wie schlecht es ihm geht und wie viel besser es ihm gehen könnte... Und Beziehungsgespräche laufen sofort aus dem Ruder, sobald ich die kleinste Kritik äußere - verständlich, ja, dafür habe ich mich mit dem Krankheitsbild ja genug beschäftigt, andererseits aber auch nicht die Lösung für ein gutes Zusammensein. Ich glaube nämlich auch nicht an diese "Friede-Freude-Eierkuchen-Beziehungen"... Aber wie auf einer Ebene bleiben, wenn man den anderen am liebsten immer schonen möchte?

Du hast am Anfang dieses Threads geschrieben, dass Du Dir auf die Zunge gebissen hast, wenn Du enttäuscht oder wütend warst - wie machst Du das jetzt? Könnt Ihr besser reden oder hast Du für Dich einen Weg gefunden, Dinge zu verarbeiten, ohne mit ihm zu reden?

Ich glaube, ein großer Schritt hin zum Vertrauen ist nicht, immer wieder nachzufragen, genau wie Du es auch sagst, sondern zu zeigen, dass man weiß, worum es sich handelt. Dass dieser eine Mensch es wert ist, dass man versucht ihn zu verstehen. Mein Freund hat, als ich ihm vor einigen Monaten (eigentlich als Verzweiflungstat im Sinne von: "Sieh, es gibt Hilfe, wenn Du sie zulässt!") gesagt habe, was ich gemacht habe in der Zeit der Trennung, um ihn zu verstehen (Bücher, Forum, Angehörigentreffen etc.), gesagt, er könne kaum glauben, dass er einem Menschen so viel wert sei, dass dieser sich ihm zuliebe damit beschäftige. Vielleicht ist das schon der erste wichtige Schritt zum Vertrauen, weil es zeigt, wie man den anderen wertschätzt. Das kann natürlich auch sein, indem man zeigt, dass man da ist, sich nicht abwendet, vielleicht auch, sich nicht jemandem anders zuwendet, mit dem es einfacher wäre... Ja, und eigentlich heißt Wertschätzung auch, dem anderen seine eigenen Entscheidungen zu lassen, daran zu glauben und darin zu vertrauen, dass er das für sich Richtige tun / in die Wege leiten / ändern wird, weil er ein mündiger Mensch ist. Da schließt sich vielleicht der Kreis ein bisschen.

Manchmal muss ich mich hier auch temporär rausziehen, wenn mir alles zu viel wird. Oft habe ich so viele Ideen zu Postings, kann oder möchte sie aber in dem Moment nicht aufschreiben, weil ich mich ganz bewusst mit etwas anderem beschäftigen möchte, ein gutes Buch lesen, mal nicht über die Erkrankung lesen / schreiben / reden... Und doch! Merke ich gerade wieder, wie sinnvoll es ist, auf diese Art und Weise die Gedanken zu ordnen und den Gedankengängen der anderen zu folgen... Zumal ich mich selbst auch manchmal auf den Boden zurückholen muss , um (für mich und die Beziehung) einfach mal zufrieden zu sein mit den großen Schritten, die er für uns schon gegangen ist...

Lieben Gruß
Mareice
bigappel
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Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: 2/3 geschafft ? Langer, langer Text

Beitrag von bigappel »

Liebe Betty,

nach Deiner wirklichen netten Schilderung aus Deiner Vergangenheit, in der ich mich oft selber wiederfinde (fingertrommelnd: Schatz, ich hab Geduld), hab ich beim letzten Shopping ein Frühstücksbrettchen entdeckt, welches wohl meinen Geduldslevel ziemlich gut wiedergibt:

Herr, gib mir Geduld, aber zackig .

Dabei mußte ich an Deine Worte denken.

In diesem Sinne, eine mit viel Humor (in Bezug auf mich selber: über mich selber)
versehene schöne, neue Woche

LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
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