Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Zarra
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Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von Zarra »

Hallo LaraMaria, hallo miteinander,

@LaraMaria: ... mich würd's einfach ggf. interessieren, wie sich das bei Dir sowohl abteilungsmäßig als auch therapiemäßig weiterentwickelt.

Ich - hab' mich jetzt erst mal in den Urlaub, den ich nehmen mußte, "geflüchtet", einerseits ist der Abstand gut (ich bin nicht mit der "Situation" konfrontiert; ... die Gefahr, daß ich ggf. in Tränen ausbreche, ist immer noch groß), andererseits hat es mir diese Urlaubstage natürlich etwas weiter "vergällt", ich bin auch immer noch nicht weggefahren, wie ich das seit etlichen Tagen wollte, obwohl ich das immer noch will - und hoffentlich noch tun werde.

Danke nochmals an Euch alle, ich war einfach froh, "daß Ihr da wart".

Zarra
LaraMaria
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Registriert: 7. Apr 2010, 22:06

Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von LaraMaria »

Guten Abend, liebe Zarra!

Das ist ja nett von dir, dass du nach mir fragst.
Tja, was soll ich dir sagen? Als du vor kurzem fragtest, ob meine Kollegin denn meine Vorgesetzte sei, hätte ich diese Frage noch mit NEIN beantwortet. Und ein paar Tage später kann alles anders sein. Jetzt wird sie wohl demnächst meine Chefin, mein Chef hat gekündigt.
Ich denke, du kannst Recht haben damit, dass sie meine Einarbeitung los sein wollte. Und ich lasse sie. Ich werde mich weder irgendwo beklagen, dass mir was gefehlt hat, noch werde ich sie übermäßig belästigen. Schließlich hat sich ja das Blatt ziemlich gewendet. Ich weiß noch nicht, ob ich darüber froh bin, dass sie meine Vorgesetzte wird. Ich weiß aber, dass ich mich geärgert habe, dass ich mich mit ihr duze. Das klingt vielleicht altmodisch, aber mit einem Chef sieze ich mich lieber. Distanz gibt mir irgendwie Sicherheit. Sie ist sehr ehrgeizig. Ich kann es überhaupt nicht leiden, wie all diese hektischen Ehrgeizlinge um mich herumwirbeln. Ich arbeite so nicht und ich will mich davon nicht anstecken lassen. Ich habe ein mittelmäßiges Tempo, mit dem bin ich abends geschafft. Ich arbeite Vollzeit, sehne mich nach einer 4-Tage-Woche und sobald das finanziell geht, werde ich das beantragen.
Ich habe keine Wunsch mehr nach Karriere oder irgendwelchen Aufstiegen, die man mir sogar noch in Aussicht gestellt hat. Ich weiß, wieviel ich bei diesem Arbeitgeber dafür geben muss (ich bin dort seit fast 19 Jahren und habe immer alles gegeben) und nun bin ich dazu nicht mehr bereit. Das Gehalt kann so bleiben, wie es ist, es ist ok. Ich will keine Überstunden mehr, ich will auch einfach mal früh gehen, wenn mir danach ist.
Im Moment muss ich allein zurechtkommen, weil meine Kollegin im Urlaub ist. Und obwohl es mir vorkam, als hätte ich noch nicht wirklich den Durchblick in die neuen Themen, klappt es doch gut und ja, manchmal suche ich auch einfach das Haar in der Suppe. Hab auch noch immer eines gefunden, war immer eins drin.

Therapie?
Es findet sich ebenso schlecht ein Tiefenpsychologe wie ein Verhaltenstherapeut. Es finden sich aber nette Menschen, die offen über Therapie reden und meinen, dass dies Herumwühlen in der Vergangenheit - speziell Kindheit - einen mehr fertig macht als dass es was hilft. Ich weiß ja, woher mein gestörtes Selbstbewusstsein kommt. Vielleicht kann ich mir und der Krankenkasse diese ganzen Stunden sparen und mir vermutlich auch viele Tränen.
Zzt. beschäftige ich mich intensiv mit dem Gedanken, die Vergangenheit ruhen zu lassen und nach vorne zu schauen. Ich arbeite viel mit Büchern und lese gerade "Lass los, was deinem Glück im Wege steht".
Allerdings beginne ich am 10.10. mit einer Gruppentherapie im Rahmen meiner Reha-Nachsorge. Das ist dann wieder auf Verhaltenstherapie-Basis und ich bin gespannt auf die Gruppe und wie sie funktioniert. Da kann man viel mitnehmen, wenn die Gruppe es hergibt. In der Reha war es leider bei mir nicht so, da klappte es irgendwie nicht. Aber ich habe auch zuvor schon Gruppentherapie erlebt, die sehr hilfreich war. Ich setze nun erst einmal darauf. Das sind 90min pro Woche ein halbes Jahr lang und das reicht mir auch erst mal als Vorausschau auf die nächste Therapiezeit.

Liebe Zarra, ich hoffe, du kannst deinen Urlaub genießen. Ich konnte es auch nicht an jedem Tag, hatte vor kurzem 4 Wochen Urlaub und wollte jeden Tag doppelt genießen. Sowas soll man sich nicht vornehmen. Wenn die blöden Gedanken an die Arbeit kommen, dann ist das so. Ich war dann wieder zornig mit mir selbst. Sei du das bitte nicht, das bringt einen auch nicht weiter.
Wegfahren ist immer eine sehr gute Möglichkeit, sich durch neue Eindrücke und Erlebnisse abzulenken. Und ablenken darf man sich auch mal von dem ganzen Mist, der einen umtreibt.
Ich genieße immer sehr die Zeit mit meinem Mann, weil ich da in der Regel gut abschalten kann.
Und wenn das einmal nicht klappt, dann will ich mir das künftig nicht mehr so übel nehmen.
Mal im Ernst: ist irgendjemand so hart mit uns, wie wir es selbst oft sind?

Ich wünsche dir ganz wundervolle Urlaubstage!

Liebe Grüße
LaraMaria
pero
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Registriert: 8. Apr 2011, 09:23

Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von pero »

Hallo LaraMaria,
>Mal im Ernst: ist irgendjemand so hart mit uns, wie wir es selbst oft sind?

Nein, ich glaube wir (depressive) stehen uns meist selbst im Weg, erwarten mehr von uns als alle anderen und fühlen uns dabei meist noch minderwertig. Jedenfalls ist das bei mir ein Grund warum ich da abgestürzt bin.
Aber wir können uns verändern. Das ist nicht immer leicht, aber es ist möglich.

Ich finde Deinen Ansatz nicht in der Vergangenheit zu wühlen richtig. Die Vergangenheit kann man nicht ändern. Man kann versuchen sie verstehen, ändern kann man aber nur das eigene Verhalten und damit die Zukunft. Ich halte es für wichtig sich selbst so zu akzeptieren wie man ist, mit allen Stärken und Schwächen, mit allen Leichen im Keller.
Das bedeutet ja nicht es so zu lassen, ganz im Gegenteil.
Nur wenn man sich kennt kann man seine Stärken und Schwächen wirklich erkennen und darauf reagieren.

lg
pero
Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.
optimist1968
Beiträge: 3
Registriert: 2. Okt 2011, 20:46

Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von optimist1968 »

Hallo Lisamaria, hallo Zarra,

ich kann Dich gut nachempfinden. Ich bin jetzt seit 12 Monaten AU zu Hause. Wegen einem Konflikt auf der Arbeit. Habe morgen meinen ersten Termin zur Ver´haltenstherapie. Meine KK will mich in Zeitrente schicken. Ich will und kann nicht in Rente gehen. DIe sollen mich nur in Ruhe meine Arbeit machen lassen. Das sagt auch mein Psychiater. NEhme auch Medis. Wünschte es gäbe Menschen in meiner Firma die auch hinter mir stehen. Aber wenn man erstmal krank geworden ist......

Danke für euér Ohr!!

lg
Zarra schrieb:
> Hallo miteinander,
>
> ich weiß gerade gar nicht, wie ich - konstruktiv!! - mit folgender Situation umgehen soll:
>
> Ich habe vor einigen Wochen (gewollt! ... und endlich!!) mein Arbeitsgebiet, das ich über zehn Jahre betreut habe, an eine junge Kollegin abgetreten. Heute sah ich nun, daß sie innerhalb weniger Wochen ein riesiges Regal abgearbeitet hat, das mir immer im Magen lag. Okay, es gibt inzwischen ein paar vereinfachende Regelungen, und okay, sie wird nicht nach rechts und nicht nach links geschaut und dabei andere Datenbankfehler bereinigt haben, ABER ... ABER sie hat das zugegebenermaßen in einem GUTEN Verhältnis von SCHNELLIGKEIT und halbwegs Genauigkeit gut erledigt bekommen! Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich hätte es nicht hinbekommen. Und es scheint mir schon NICHT NUR ein KLEINER Unterschied zu sein.
>
> Ich bin eher (sehr) genau und zumindest nicht superschnell, aber bisher hätte ich mich als mittelmäßig schnell eingeschätzt. - Ihre Eigenschaften sind auf alle Fälle AKTUELL SEHR VIEL GEFRAGTER als meine.
>
> Ich glaube, ich würde aus BESCHÄMUNG am liebsten WEGRENNEN, kündigen, ... - Ich habe keine Ahnung, wie ich je eine Besprechung darüber hinter mich bringen kann. Und wenn nichts besprochen wird, so wird sicher hinter meinem Rücken GEREDET!
>
> Zudem habe arbeite ich seit 1991 in diesem Betrieb, habe nie ein Zwischenzeugnis erhalten, und habe erst 2010 wegen eines Zwischenfalls und weil eine neue Zwischenhierarchie eingeführt wurde, eines angefordert, von dem ich bis heute nur den Entwurf für die Tätigkeitenbeschreibung erhalten habe. - Nun kann das natürlich nur schlecht ausfallen. - ... und mich nur mehr oder weniger auf "Mitleidsbasis" da weiterbeschäftigt zu sehen, damit kann ich gar nicht umgehen, auch wenn das sicher immer noch besser als Sozialhilfe ist.
>
> Es paßt aber eben nicht zu meinem Selbstbild - ja, letztendlich hatte ich mich für gut gehalten. Wie revidiert man das?! ... War ich schon immer so schlecht? Waren nur meine Schul-, Studiums- und Ausbildungsnoten gut bis sehr gut und mein Arbeiten immer schon schlecht? (Das Zeugnis für die ersten zwei Jahre des Arbeitens war okay, gut.)
>
> ... soll und muß ich mich jetzt auf die Behinderung und die halbe Rente "zurückziehen"?!? Ich hatte bisher geglaubt, daß nur meine Krankheitsfehlzeiten ein Problem seien, daß ich aber gut arbeiten würde, wenn ich da sei. Und was mache ich nun?!?
>
> ... es "zerbröselt" auch alles so. - Familie ist da keine, privat wenig, eng schon gar nicht. Die Arbeit war/ist mein Lebensunterhalt ...
>
> Heulen bringt nichts, aber mir isses gerade nur danach.
>
> Aber wie geht man KONSTRUKTIV mit der Situation um?!?
>
> ... Danke im voraus für Eure Gedanken oder Anregungen.
>
> Zarra

Zarra schrieb:
> Hallo miteinander,
>
> ich weiß gerade gar nicht, wie ich - konstruktiv!! - mit folgender Situation umgehen soll:
>
> Ich habe vor einigen Wochen (gewollt! ... und endlich!!) mein Arbeitsgebiet, das ich über zehn Jahre betreut habe, an eine junge Kollegin abgetreten. Heute sah ich nun, daß sie innerhalb weniger Wochen ein riesiges Regal abgearbeitet hat, das mir immer im Magen lag. Okay, es gibt inzwischen ein paar vereinfachende Regelungen, und okay, sie wird nicht nach rechts und nicht nach links geschaut und dabei andere Datenbankfehler bereinigt haben, ABER ... ABER sie hat das zugegebenermaßen in einem GUTEN Verhältnis von SCHNELLIGKEIT und halbwegs Genauigkeit gut erledigt bekommen! Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich hätte es nicht hinbekommen. Und es scheint mir schon NICHT NUR ein KLEINER Unterschied zu sein.
>
> Ich bin eher (sehr) genau und zumindest nicht superschnell, aber bisher hätte ich mich als mittelmäßig schnell eingeschätzt. - Ihre Eigenschaften sind auf alle Fälle AKTUELL SEHR VIEL GEFRAGTER als meine.
>
> Ich glaube, ich würde aus BESCHÄMUNG am liebsten WEGRENNEN, kündigen, ... - Ich habe keine Ahnung, wie ich je eine Besprechung darüber hinter mich bringen kann. Und wenn nichts besprochen wird, so wird sicher hinter meinem Rücken GEREDET!
>
> Zudem habe arbeite ich seit 1991 in diesem Betrieb, habe nie ein Zwischenzeugnis erhalten, und habe erst 2010 wegen eines Zwischenfalls und weil eine neue Zwischenhierarchie eingeführt wurde, eines angefordert, von dem ich bis heute nur den Entwurf für die Tätigkeitenbeschreibung erhalten habe. - Nun kann das natürlich nur schlecht ausfallen. - ... und mich nur mehr oder weniger auf "Mitleidsbasis" da weiterbeschäftigt zu sehen, damit kann ich gar nicht umgehen, auch wenn das sicher immer noch besser als Sozialhilfe ist.
>
> Es paßt aber eben nicht zu meinem Selbstbild - ja, letztendlich hatte ich mich für gut gehalten. Wie revidiert man das?! ... War ich schon immer so schlecht? Waren nur meine Schul-, Studiums- und Ausbildungsnoten gut bis sehr gut und mein Arbeiten immer schon schlecht? (Das Zeugnis für die ersten zwei Jahre des Arbeitens war okay, gut.)
>
> ... soll und muß ich mich jetzt auf die Behinderung und die halbe Rente "zurückziehen"?!? Ich hatte bisher geglaubt, daß nur meine Krankheitsfehlzeiten ein Problem seien, daß ich aber gut arbeiten würde, wenn ich da sei. Und was mache ich nun?!?
>
> ... es "zerbröselt" auch alles so. - Familie ist da keine, privat wenig, eng schon gar nicht. Die Arbeit war/ist mein Lebensunterhalt ...
>
> Heulen bringt nichts, aber mir isses gerade nur danach.
>
> Aber wie geht man KONSTRUKTIV mit der Situation um?!?
>
> ... Danke im voraus für Eure Gedanken oder Anregungen.
>
> Zarra
Zarra
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Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von Zarra »

Hallo Optimist1968,

ich antworte mal hier, Du hast in drei verschiedenen Threads tendenziell ähnliches von Dir geschrieben ... - vielleicht magst Du ja einen eigenen Thread aufmachen und genauer beschreiben, was Dich genau belastet oder umtreibt, denn erfahrungsgemäß antworten dann mehr Leute und es kommen ggf. mehr Anregungen, als wenn etwas in einem längeren Thread irgendwann "eingestreut" wird.

Außerdem können auch ähnliche Situationen sehr unterschiedlich sein. Und es gibt ja ganz verschiedenen Aspekte. Nur z.B.:

Was kann man wirklich noch? (Und wenn etwas nicht mehr geht: für voraussichtlich wie lange?) Hat man eine realistische Selbsteinschätzung (weder depressiv zu schlecht noch sich überschätzend), was Qualität und Quantität der Arbeit angeht? Und vielleicht gibt es ja auch noch ein paar sonstige Aspekte (Arbeit ist eher kein Wunschkonzert ... und manches fällt einem nicht unbedingt leicht; andererseits darf man sich auch nicht ausnutzen lassen)?

Dann: Wie sieht der Arbeitsplatz aus? Welche Möglichkeiten gibt es? (Auch z.B. der Wiedereingliederung, wenn Du schon so lange krankgeschrieben bist. Gibt es da Pläne bei Dir? Bist Du im Gespräch mit Deinem Arbeitgeber?) Wie ist der Umgang miteinander? Hat der Arbeitsplatz einen Anteil an der Depression oder eher nicht? Wo ist der eigene Beitrag zu Arbeitsplatzschwierigkeiten? (Das können ja durchaus auch kleine Dinge sein - wie Nicht-nein-sagen-Können etc. - Ich hätte mir z.B. ein bißchen weniger Ärger eingehandelt, wenn ich in einer bestimmten Situation meine Meinung nicht geäußert hätte; ich kann das nicht rückgängig machen, ich kann auch nicht sagen, daß ich es bereue (war ja meine Meinung), aber ich werde mir zukünftig genauer überlegen, ob ich mir "das geben muß", ob ich mich in diese Gefahr begebe. Das war übrigens nicht "der" Depressionsauslöser, aber es entstand daraus etwas zusätzlich sehr Belastendes. - Wenn man dauernd eindeutig mufflig auf andere reagiert, geht das natürlich auch nicht, egal wie man sich fühlen mag.)

Dann: Ich bin z.B. über meine befristete (auch darüber bin ich erst mal froh, weil es eben auch Hoffnung bedeutet) halbe Erwerbsminderungsrente tierisch froh, anders kann ich das gar nicht sagen. Denn voll könnte ich hauptsächlich wegen der Erschöpfung momentan einfach vorläufig nicht mehr arbeiten. (Und inwiefern das Halbarbeiten gut geht, wird sich im nächsten Dreivierteljahr wohl zeigen. Da geht's dann aber um die anderen Aspekte.)

Alles Gute Dir!

Zarra
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