kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Thommyri
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Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von Thommyri »

Hallo,

meinem Vater geht´s nicht besser, eher etwas schlechter. Er ist total erschöpft und erträgt nach eigener Aussage die ganzen Patientenprobleme nicht mehr.

Er ist überlastet, hat so viele Patienten, dass er es zeitlich nicht mal mehr aufs Klo schafft. Er hat auf einmal Schwierigkeiten sich zu entspannen. Viele Patienten seien sehr fordernd, aggressiv und herausfordernd, würden nur jammern und auf "Rente" machen. Er schafft es nicht mehr sich abzugrenzen, hat viele Patienten, deren Schicksale ihn sehr berühren und mitnehmen, denen er gern helfen möchte. Nur dafür reicht die kurze Rehazeit nicht. Keine Entspannungstechnik hilft mehr. Er ist tief verzweifelt, weil er seinen Job immer gern gemacht hat. Zunächst ist er krank geschrieben und selbst in Behandlung.
DYS-
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Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von DYS- »

Hallo Thommyri

Habe oft an deinen Thread denken müssen. Danke, dass Du uns auf den Laufenden hältst.

Das es einen am Anfang einer Therapie erst einmal schlechter geht, ist nicht ungewöhnlich. Sehr gut ist, dass er in Behandlung ist und das er jetzt mal eine Auszeit hat.

Gut das Du so hartnäckig geblieben bist.

Frohe Ostern wünscht Dir und deine Familie (und alle die hier lesen)
dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
Thommyri
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Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von Thommyri »

Hallo dys,

ich wünsche natürlich auch Dir und allen anderen Betroffenen ein frohes Osterfest!

Lieben Gruß
Thommy
Antiope
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Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von Antiope »

Hallo Thommyri,

dass es Deinem Vater schlechter geht, tut mir leid zu hören. Auch für Dich ist es wohl eine wachsende "Belastung" zu sehen, wie es ihm immer mehr an die Nieren geht und Du selbst nicht viel tun kannst - oder?
Kannst Du damit umgehen, brauchst Du Unterstützung durch andere?

Was Du kurz geschildert hast (die negative Beurteilung der Patienten durch Deinen Vater, seine Hingabe an den Job), hört sich nach "klassischen" Symptomen von Burn-out und Depression an. Es tut mir sehr leid um Deinen Vater und um Dich ... Dies alles aushalten und durchstehen zu müssen, ist nicht schön.

Ich schicke euch eine Umarmung und viel Kraft und positiven Willen!
Thommyri
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Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von Thommyri »

Hallo chris,

vielen Dank für Deine lieben Worte

Mir geht´s mit der ganze Sache nicht ganz so gut. Versuche mich aber abzulenken, mache etwas mehr Sport als sonst und treffe mich, so oft wie es geht, mit Freunden.

Mein Vater hat uns ans Herz gelegt uns nicht "seine" Sorgen zu machen. Es sei nicht seine erste Episode aber tatsächlich seit langem die Schlimmste. Uns geht das schon ganz schön nahe, weil er so traurig und ruhig ist. Ihn aufzuheitern und zu motivieren ist schon ganz schön schwierig geworden.

Wir sprechen in der Familie oft darüber und versuchen ihn, so gut wie möglich, zu unterstützen und nicht zu belasten. Das merkt er natürlich und bittet uns auch darum ihn weiterhin am normalen Familienleben teilhaben zu lassen und ihm auch unsere "Probleme" wissen zu lassen. Ist schwierig...

Irgendwie werden wir das wohl schaffen.

Ich wünsche noch einen schönen Ostermontagabend. Thommy
wütend

Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von wütend »

Lieber Tommy,

>> Ihn aufzuheitern und zu motivieren ist schon ganz schön schwierig geworden.<<

Einen Depressiven aufmuntern zu wollen, halte ich für keine gute Idee.

Akzeptieren ihn so wie er ist, das ist besser für ihn und raubt dir nicht deine Kraft.
elas
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Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von elas »

Guten Morgen Thommyri,


merci vielmals für Deine weiteren Infos bezüglich Deines Vaters.
Es beschäftigt mich.

Ich bin schon eine etwas ältere Dame, auch aus einem sozialen Beruf, und ich konnte Deine Beschreibungen, wie Dein Vater im Moment seinen Beruf nur noch empfindet, sehr sehr gut nachvollziehen.

Burn out perfekt.

Helfende Berufe (Psychotherapeuten, Krankenhauspersonal, Ärzte, Lehrpersonen, Erzieher etc. etc.) haben dieses hohe burn out Risiko.

Oft wird ja dieser soziale Beruf auf dem Hintergrund einer eigenen Lebensgeschichte ergriffen. Will heißen, die eigenen empfindsamen Antennen für schwierige Lebensgeschichten und für Leid auf der Welt kommen in diesen Berufen den Klienten wirklich zugute.

Aber wehe, wehe, diese Menschen, so wie Dein Vater geraten nun einmal (wieder) in eine eigene Krise.
Dann wird es schwierig.

Mein erstes burn out vor vielen Jahren, das ich dann letztendlich doch in einer Klinik behandeln ließ, zeigte mir diese Querverbindungen auf.

Eine sehr sympathische ambulante PT, die ich davor noch aufsuchte, empfahl mir, mir alle Zeit der Welt zu lassen, um meine Erschöpfungen zu kurieren.
Sie selber sagte knapp und kurz, dass sie auch in ihrem Beruf burn out gefährdet sei, und immer sehr genau auf ihre seelische Balance achten müsse
Damals dachte auch ich noch, PT seien Übermenschen, denen ja sowas nicht passiere...
weit gefehlt.

Vielleicht hilft Dir das ja ein wenig weiter.

Ich finde es nach wie vor superklasse, wie Ihr alle, aber alle in der Familie damit umgeht.

Dein Vater ist wie ein Übermensch, der Euch auch noch Ratschläge gibt, wie Ihr mit ihm ungehen könnt.
Deine Mutter muss auch eine großartige Frau sein.
Und Du, Du sorgst Dich um Dich selber, erfolgreich, so meine ich hier im Außen.
Du schreibst im Forum hier, Du treibst mehr Sport, triffst Dich mit Freunden etc. etc.

In dieser Krise zerbricht nichts bei Euch.
Das freut mich.

Und jede depressive Episode hat ein Ende.

Vielleicht hilft es Dir auch, wenn ich sage, die Berufe, egal welche, sind von so hohem Erfolgsdruck belegt, dass sich auch kaum ein Mensch ohne Depressionen eine Krise erlauben kann.
Denn, Krise ist immer ein Innehalten und mal eine Weile unproduktiv sein.

Aber---dies ereilt alle Menschen einmal oder mehrmals oder vielmals im Leben.
Krisen, die gehören zum Leben.


Ich wünsche Euch allen und ganz von Herzen alles Gute
elas
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Thommyri
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Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von Thommyri »

Hallo Parson und elas,

danke für Eure hilfreichen Antworten.

Eine Depression aufheitern zu wollen klingt schon unlogisch, war mir gar nicht so bewusst. Naja, so entlocke ich meinem Vater mal ein "gequältes" Lächeln.

Auch mein Vater hat diesen Job auf dem Hintergrund seiner eigenen Lebensgeschichte ausgewählt. Er besitzt die "Antennen" dafür. Das habe ich schon oft bemerkt, wenn mich etwas bedrückt. Ich kann so "normal" wie möglich sein, und er merkt es doch. Nicht meine Mutter oder meine Schwestern, nur er. Ihm kann ich nichts vormachen. Allerdings kann ich ihm auch nichts vorschwindeln, denn das merkt er auch sofort

Und es stimmt, er steckt total in der Krise und macht laut eigener Aussage selbst teilweise den Fehler, in dieser Situation nicht verharren zu wollen. Umso mehr er raus möchte, umso mehr versinkt er darin. Aber er versucht zunehmend sich zu entspannen und die Situation zu akzeptieren.

Er ist für mich tatsächlich immer eine Art "Übermensch" gewesen. Einer, den nichts so leicht umhaut, der sich gut durchsetzten kann, mit dem ich streiten kann, den ich ohne ernste Konsequenzen ärgern und auch provozieren kann. Aber auch ein Vater, der mir zuhört und mich trösten kann, wenn´s mir schlecht geht. Viele aus meinem Freundeskreis erzählen da ganz andere Dinge, und auch hier im Forum bin ich teilweise über den Umgang von Seiten der eigenen Eltern geschockt.

Es tut mir weh ihn so zu sehen, so zerbrechlich und traurig. Dennoch weiß ich, dass ich daran nichts ändern kann, dass es ganz und allein in seiner Hand liegt.

Er fehlt uns aber wir wissen auch, dass er irgendwann wieder die Kurve kriegt. Er macht mehr Sport, geht an die frische Luft, auch wenn es ihm sichtlich schwer fällt und er eigentlich überhaupt keine Kraft und keinen Bock hat.

Auch ich wünsche Euch alles Gute und danke für´s Lesen!
Thomas
wütend

Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von wütend »

>> Eine Depression aufheitern zu wollen klingt schon unlogisch, war mir gar nicht so bewusst. Naja, so entlocke ich meinem Vater mal ein "gequältes" Lächeln.<<

Lieber Thommyri

Eben, er ringt sich deinetwegen ein lächeln ab, weil Du es möchtest. Und gleichzeitig merkt er um so deutlicher, das er nichts fühlen kann und es keine Freude für ihn gibt.

Laß deinen Vater in seinen Stimmungen, nimm ihn so an wie er ist. Das würdest Du ja auch machen wenn er Fieber hätte oder ein gebrochenes Bein. Zeige ihm, das Du ihn auch als kranken liebst, das reicht als Führsorge von deiner Seite vollkommen aus.

elas schrieb: >> Eine sehr sympathische ambulante PT, die ich davor noch aufsuchte, empfahl mir, mir alle Zeit der Welt zu lassen, um meine Erschöpfungen zu kurieren.<<

Das bedeutet auch, sich als Depressiver nicht von außen unter Druck setzen zu lassen. Und für Angehörige, keinen Druck aufzubauen, z.B. durch Motivationsversuche welcher Art auch immer. Wenn von deinem Vater ein nein kommt, akzeptiere es. Er braucht den Rückzug um Kräfte zu sammeln.
Thommyri
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Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von Thommyri »

Hallo Parson,

danke für Deine Ausführungen. Habe darüber nicht nachgedacht, wie nervig und unter Druck setzend diese Motivationsversuche für ihn sein müssen.

Ich merke, dass mich das Ganze mittlerweile auch ein bisschen mitnimmt. Ich gehe manchmal ZU vorsichtig mit ihm um und bin unsicher geworden. Es ist halt eine neue Situation, an die wir uns alle gewöhnen müssen.

Lieben Gruß Thomas
elas
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Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von elas »

Thommyri, guten Abend,


>Er ist für mich tatsächlich immer eine Art "Übermensch" gewesen...<

>Es tut mir sehr weh ihn so zu sehen, so zerbrechlich und traurig.<

So schreibst Du.


Ich glaube und meine, dass Du nun einen sehr wichtigen und unvermeidlichen Schritt ins Erwachsenen_Alter machst.

Nämlich_Zu erkennen, Eltern sind nicht omnipotent.

Eltern haben Kindern zwar Vieles voraus, Lebenserfahrung etc. etc.
Aber_ auch Eltern sind nur Menschen, zerbrechliche in ihrer körperlichen und seelischen Gesundheit, und sind auch nur Menschen in ihren Stärken und Schwächen.

Ich persönlich meine, es ist sehr sehr wichtig, das zu erkennen, Menschen sind rudimentär, sind zerbrechlich, sind nicht immer stark, sind eben Menschen.

Das hilft vielleicht auch auf dem eigenen Entwicklungsweg zu akzeptieren, selber Fehler machen zu dürfen , selber auch ein Mensch sein zu dürfen, so wie man, frau eben ist in diesem Moment.

Ich hoffe sehr, Du kannst etwas anfangen mit meinen Worten.

Sollte es so nicht sein, vergiss es ganz schnell.


Herzlich
elas
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Thommyri
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Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von Thommyri »

Hallo elas,

ich kann sehr wohl etwas mit Deinen Worten anfangen, warum auch nicht?

Ich habe mich nie mit dem Thema Depression befasst, weil ich persönlich keinen Bezug dazu hatte. Jetzt, wo dieses Thema so präsent ist, ist mir klar geworden, dass unser Familienleben, wie es ist, gar nicht so selbstverständlich ist. Das es jederzeit zerbrechen kann. Zu Beginn dachte ich, meine Eltern hätten eine krasse Ehekrise, so wie die sich gestritten haben. Ich habe so einfach, so platt gedacht, nicht tiefgründig genug um zu erkennen, was dahinter stecken könnte. Die Situation meines Vaters hat uns noch ein Stück näher gebracht. Auch seine Geschichte interessiert mich immer mehr. Seine Erlebnisse aus der eigenen Kindheit, die alles andere als schön war, nicht annähernd vergleichbar mit der unseren. Mich interessiert z.B. die Frage, wie er so geworden ist, wie er ist. Denn sein Vater war das absolute Gegenteil, ein Tyrann und er der einzige Sohn. Er war für mich immer stark, ich habe ihn nie in Frage gestellt und war wahrscheinlich auch deshalb so "erschrocken" über die anfänglichen Anzeichen seiner Depression...Was??? mein Vater hat eine Depression...niemals! Er heilt solche doch nur bei anderen...

Lg Thommy
Thommyri
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Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von Thommyri »

Hallo,

meinem Vater geht´s immer noch nicht viel besser. Er lässt sich im Moment ziemlich hängen. Hat Angst, seinen Job nicht mehr ausführen zu können. Er sagt, es sei seine stärkste Episode. Er verhält sich sehr ruhig, spricht aber von starker innerer Unruhe und Gereiztheit, steht irgendwie auch unter Druck, weil sich momentan nichts verändert an seiner Stimmungslage. Er ist ziemlich durch den Wind, verliert oft den Faden. Es ist so, als sei er irgendwie gealtert und schwach geworden. Er versucht uns nicht zu belasten, aber auch an scheinbar guten Tagen merke ich, dass es nicht echt ist. Ich habe ein bisschen Angst davor, dass er zerbricht. Spreche auch mit ihm darüber. Er versucht optimistisch zu wirken, ist aber tief traurig über seine Situation.

Traurigen Gruß
Tom
elas
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Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von elas »

Guten Tag Tom,


merci, dass Du uns auf dem Laufenden hälst, was Deinen Vater anbelangt.

Eine depressive Episode dauert eben so lange, wie sie dauert.
Damit meine ich, eine Gesundung lässt sich nicht im Hauruck_Verfahren und auch nicht mit bloßer Willensanstrengung herbeiführen.
Die Seele braucht eben Zeit, um wieder zu heilen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen.

Da ist ja für Deinen Vater sehr viel auf einmal zusammengekommen. Sicherlich eine immense Überarbeitung in diesem Beruf und eben auch der Tod seines eigenen Vaters.

Auch Menschen in heilenden und helfenden Berufen können depressiv werden.
Das Erkrankungsrisiko ist in diesen Berufen eh höher, als in anderen Berufen.
Denn: z.B. der Therapeut ist ja Unmengen von traurigen Ereignissen ausgesetzt , erlebt viele Schicksale.
Klar, kann die Distanz erlernt werden.

Aber_in diesen Berufen kann man/frau sich kaum eine eigene Krise erlauben. Dann bin ich nicht mehr genügend beim Klienten/Patienten.

Ich selber als ehemalige Hauptschullehrerin konnte unglaublich gut mit den Kids umgehen.
Aber auch nur auf dem Hintergrund meiner eigenen schwierigen Familiengeschichte.
Dies hat mir die Empathie, die nötige, ermöglicht.
Aber bei zuvielen Belastungen sind meine Depressionen zurückgekehrt.
Und war dann nicht mehr in der Lage, mich vor meine schwierigen Kids hinzustellen und tough zu sein.
So war es und so ist es, und so bin ich eben etwas zu früh aus dem Schuldienst ausgestiegen.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Dass Dein Herr Papa Angst hat, seinen Beruf nicht mehr ausüben zu können, das ist zum Einen depressionsbedingt. Es ist ja die Erkrankung der Losigkeiten. Damit meine ich, man fühlt sich hilflos, hat kaum mehr Selbstwertgefühl, man fühlt sich kraftlos, energielos, ist schlaflos, appetitlos,.....

Aber Eines versichere ich Dir: jede depressive Episode hat auch wieder ein Ende.

So, jetzt bist Du in Deinem "jungen Alter"
hautnah und volle Kanne mit der Erkrankung Depression in Kontakt gekommen.
Beängstigend und schwer vielleicht.

Aber, Du studierst doch Medizin, (hab ichs richtig aufm Schirm?) und da könnte eine solche Erfahrung für Deinen zukünftigen Beruf gar nicht so schlecht sein.

Aber ansonsten gilt für jeden Angehörigen eines seelisch Erkrankten, dass es wichtig ist, sich abgrenzen zu dürfen und sein eigenes Leben positiv weiterzuführen.
Dein Paps ist doch in guten Händen, so wie Du uns schon geschrieben hast.


Herzlich
elas
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Thommyri
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Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von Thommyri »

Hallo elas,

vielen Dank für Deine Antwort!

Der Tod seines Vaters hat offensichtlich einige verdrängte Wunden offen gelegt, die meinem Vater noch gar nicht richtig bewusst waren. Er sagt, dass er darüber hinweg ist und ihm gedanklich die bevorstehende berufliche Belastung auf dem Magen liegt. Bald möchte er es aber wieder mit der Arbeit versuchen, mit weniger Patienten, auch wenn dies kaum durchsetzbar ist auf Grund der Personalstruktur. Aber lieber ein Therapeut, der weniger Patienten versorgt als sonst, als einer, der nicht da ist und keine Patienten übernimmt, so mein Vater. Er wird es so durchsetzen, braucht aber noch etwas Zeit.

>>Aber_in diesen Berufen kann man/frau sich kaum eine eigene Krise erlauben. Dann bin ich nicht mehr genügend beim Klienten/Patienten.<<
Genau diesen Satz hat mein Vater neulich auch zu mir gesagt. Der emotionale Abstand würde momentan fehlen.

Mein Vater kann und möchte noch nicht in Frührente gehen, weil er seinen Job sehr gern ausübt und noch überhaupt keine Lust auf Ruhestand hat.

Die von Dir beschriebenen "Losigkeiten" hast Du sehr gut beschrieben. Sie passen momentan alle ins Bild meines Vaters. Er selbst sagt, dass er sich so fühlt.

Wir versuchen natürlich weiterhin unser Leben so "normal" wie möglich zu leben. Wir können nichts an der Situation ändern, sollten diese einfach akzeptieren und, wie Du schreibst, einfach auf ein Ende der depressiven Phase warten.

Einen schönen Abend
Lieben Gruß
Tom
LaLeLu

Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von LaLeLu »

Hallo Thommyri

so viel Zeit ist nun schon wieder vergangen...

Ich habe öfter an Dich gedacht und frage mich:

Wie geht es Deinem Vater inzwischen und wie geht es Euch allen - der ganzen Familie - jetzt?

Vielleicht liest Du noch manchmal hier!?

Ganz liebe Grüße und alles, alles Gute
Thommyri
Beiträge: 42
Registriert: 15. Feb 2011, 20:46

Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von Thommyri »

Hallo LaLeLu,

vielen Dank für Deine Nachfrage!

Meinem Vater geht es wieder deutlich besser. Er hat eine schrittweise berufliche Wiedereingliederung gemacht und arbeitet nun wieder in Vollzeit. Dabei hat er aber einige Änderungen vorgenommen und mit seiner Chefin über die Personalproblematik gesprochen, die er nun nicht mehr allein ausbaden wird. Die Leitung wollte ihm nämlich schon wieder einige Patienten obendrauf packen, weil viele Kollegen krank geschrieben sind. Er spielt das Spiel aber nicht mehr mit, da es nicht sein Problem ist. Er wird sich nun auch nicht mehr den ganzen Samstagvormittag mit Arbeit vollstopfen, sondern nur das Wichtigste bearbeiten. Alles andere bleibt dann eben liegen.

Aus seiner Sicht hat er sich zu sehr für seine Patienten engagiert und ist dabei selbst ins Schleudern gekommen, weil der Freizeitausgleich zu gering war. Dazu kam dann noch die Geschichte mit seinem Vater.

Vielen herzlichen Dank nochmal für die liebe Unterstützung und alles Gute!

Thomas
LaLeLu

Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von LaLeLu »

Hallo lieber Thomas

gerade habe ich Deine Antwort als E-Mail bekommen und freue mich sehr, dass es Deinem Vater wieder wesentlich besser geht!

Und es ist so sehr gut und richtig, dass er gleich "Stopp" sagt, wenn er spürt, dass er schon wieder mit Arbeit zugeschüttet wird. Und es ist in der Tat nicht sein Problem, wenn sie dort unterbesetzt sind - das kann und darf nicht zu seinen Lasten gehen. Super, dass er sich wehrt und seine klaren Grenzen zeigt.

Es gibt andere Wege, nur müssen diejenigen, die dafür die Verantwortung tragen von den Leidtragenden, in diesem Falle Deinem Vater, eine klare Grenze bekommen, sonst merken die Verantwortlichen nicht, dass es so nicht geht, da "der Laden ja läuft".

Jetzt hat Dein Vater gleich einen Riegel vorgeschoben, indem er deutlich gesagt hat, dass es so nicht geht und nun suchen und finden sie andere Wege.

Auch Dir möchte ich gerne noch einmal schreiben, dass es mich sehr berührt hat, wie Du Dich eingesetzt hast um zu verstehen, was mit Deinem Vater passiert. Wie bedacht und vorsichtig Du reflektierst und wie Du ihm sicherlich geholfen hast!

Ich vermute, dass Du noch nicht so sehr alt sein kannst, umso näher ging mir Deine Anteilnahme und Dein Einsatz für Deinen Vater um verstehen zu können, was mit ihm passiert.

Ich wünsche Dir und auch Deiner Familie alles erdenklich Liebe und Gute - es ist schön zu spüren, dass es wirkliche Familien gibt!

Herzliche Grüße
Thommyri
Beiträge: 42
Registriert: 15. Feb 2011, 20:46

Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von Thommyri »

Hallo LaLeLu,

vielen Dank für Deine Anteilnahme und Deine lieben Worte!

Du hast recht, ich bin erst 24. Vielleicht habe ich auch deshalb anfangs ein bisschen überfordert reagiert, weil mich die "neue" Situation so geschockt hat. Ich kannte meinen Vater nicht so und habe mir riesige Sorgen gemacht, weil der ganze Umgang miteinander so schmerzhaft wurde und es ihm so schlecht ging. Wir freuen uns sehr darüber, dass es ihm nun besser geht!

Viele liebe Grüße
Tom
LaLeLu

Re: kranker Psychotherapeut? Was tun als Angehöriger?

Beitrag von LaLeLu »

Lieber Thommyri

Schau einmal, was ich gerade gefunden habe - ich musste sofort an Dich denken:

Mittwoch, 24. August 2011

Burn-out bei Psychiatern und Psychotherapeuten besonders häufig

Berlin – Professionelle Helfer wie Ärzte, Pflegepersonal oder Therapeuten laufen besondere Gefahr, an einem Burn-out zu erkranken. Das Risiko ist bei professionellen Helfern, die im Bereich Psychiatrie und Psychotherapie tätig sind, besonders hoch.

http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/4 ... aeufig.htm


Übrigens fand ich gar nicht, dass Du damals überfordert reagiert hast. Ganz im Gegenteil: Du erschienst mir sehr bedacht, sensibel, vorsichtig und klar denkend handelnd.

Ich habe Dich einfach nur bewundert für Deine Besonnenheit, Deine Sorge und Aufmerksamkeit für Deinen Vater.

Einzigartig hast Du reagiert - so finde ich!

Alles Liebe und Gute für Dich und natürlich auch für Deine Familie
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