bin ratlos

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julcas
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Registriert: 11. Mär 2011, 17:57

bin ratlos

Beitrag von julcas »

Hallo,

ich bin neu hier und lese schon eine ganze Weile mit.
Ich habe seit 2,5 Jahren einen Freund, der seit knapp einem Jahr eine mittelschwere Depression hat. Momentan bin ich total ratlos, wie das alles weitergehen soll.
Er hatte am Donnerstag, nach endlosen Diskussionen, endlich einen Termin bei der Psychologin - diesen hat er nicht wahr genommen - Er sagte, er konnte seine Papiere nicht finden, doch die Papiere lagen auf dem Küchentisch. Ich kann gar nicht beschreiben, was ich gefühlt habe, als er sagte das er nicht bei seinem Termin war. Ich hatte das Gefühl das es mir den Boden unter den Füßen wegzieht. Um nichts unüberlegtes zu sagen, ging ich erst mal mit jeder meiner beiden Hündinnen eine Runde. Ich fühle mich seit dem Donnerstag total besch..... und weiß wirklich nicht was werden soll. Manchmal denke ich das ich das alles nicht aushalten kann und auch nicht aushalten will. Ich habe ihm schon mehrfach gesagt, wenn sich nichts ändert, will ich ihn nicht mehr. Er hat seine eigene Wohnung, doch da ist er gar nicht mehr. Er ist arbeitslos, seitdem ich ihn kenne und jobbt am Wochenende als Kellner. Das Geld was er verdient braucht er um seine Schulden zu bezahlen, die er aus der Vergangenheit hat. Er weiß wohl selbst nicht wirklich wie viel das ist und wenn ich ihm sage das er sich einen Überblick verschaffen soll, das heißt das er weiß wo er im Leben steht, passiert nichts. Ich habe ihm Hilfe und Unterstützung angeboten, doch nichts passiert.
Er hat schon öfter mit Depression zu tun gehabt. Als ich ihn kennen lernte war er gerade durch so eine schlimme Phase gegangen. Er hatte sich fast 1 Jahr in seiner Wohnung eingeschlossen und keinen Kontakt zu niemanden gehabt. War abgemagert und in einem schlimmen Zustand. Eine Sozialarbeiterin hat ihn damals mit der Polizei besucht und zu ihren Gesprächen ist er dann regelmäßig gegangen. Das war ein halbes Jahr bevor ich ihn kennen lernte. Als ich ihn kennen lernte ging es ihm sehr gut, er war unternehmungslustig und hatte sein Leben ganz gut in Griff. (dachte ich)

Vielen Dank für lesen, ist wohl ein halber Roman geworden.

LG Julcas
wütend

Re: bin ratlos

Beitrag von wütend »

Liebe Julcas

grenze dich ab von der Krankheit deines Freundes. Sie ist sein Problem und nur er kann daran was ändern.

Du bist nur für dich verantwortlich, nicht für die Geundheit deines Freundes.
Sorge dafür das es dir gut geht, ganz gleich was dein Freund macht.

Schau hier:
http://www.manfred-koschnick.de/coabhaengigkeit.htm
P-M
Beiträge: 139
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Re: bin ratlos

Beitrag von P-M »

Hallo Parson,

das ist schon richtig, was Du schreibst. Im Prinzip gibt man damit aber auch die Beziehung auf und gerade darum geht es doch vielen Angehörigen.
L. G. P-M
wütend

Re: bin ratlos

Beitrag von wütend »

Liebe P+M

>>Im Prinzip gibt man damit aber auch die Beziehung auf und gerade darum geht es doch vielen Angehörigen.<<
Ich lebe in einer langjährigen Ehe mit einen Depressiven. Bin selber chronisch leicht depressiv und habe zusätzlich in gößeren Abständen mittelgradige bis schwer depressive Episoden.

Deshalb weis ich, wer eine Beziehung mit einem Kranken Menschen führen will ohne selber daran krank zu werden, wird lernen müssen, die Verantwortung für die Krankheit bei Kranken zu lassen und die Verantwortung für sein eigenes Wohlergehen zu übernehmen.

Und eine gute Hilfestellung ist der Text dieses Links:
http://www.manfred-koschnick.de/coabhaengigkeit.htm
P-M
Beiträge: 139
Registriert: 4. Jun 2011, 17:19

Re: bin ratlos

Beitrag von P-M »

Liebe Parson,

ich bin und bleibe ein "Lieber"
Und ich schätze Deine Antworten sehr!

Und trotzdem:
Du schreibst: "Ich lebe in einer langjährigen Ehe mit einen Depressiven."

Das ist dann ein Unterschied zu einer "Freundesbeziehung", die vielleicht sogar noch als "Fernbeziehung" läuft.

Wenn ich mich hier komplett zurück ziehe, was für eine Chance soll mir dann überhaupt noch bleiben?
Ich glaube, damit schwimmen alle Fälle für eine gemeinsame Zukunft davon...

L. G. P-M
wütend

Re: bin ratlos

Beitrag von wütend »

Lieber P+M

>>ich bin und bleibe ein "Lieber"
Und ich schätze Deine Antworten sehr!<<
Sorry für die falsche Anrede und danke für die Blumen.

>>Du schreibst: "Ich lebe in einer langjährigen Ehe mit einen Depressiven." Das ist dann ein Unterschied zu einer "Freundesbeziehung", die vielleicht sogar noch als "Fernbeziehung" läuft.<<
Der große Unterschied ist nur die Erfahrung, die ich durch die Episoden mit meinen Mann gesammelt habe. Viele Teilnehmer hier stehen in ihrer Beziehungsentwicklung dort wo ich vor 7 Jahren war.
Mein Mann und ich, wir haben es geschafft unsere Beziehung trotz Depression zuleben.
.

>>Wenn ich mich hier komplett zurück ziehe, was für eine Chance soll mir dann überhaupt noch bleiben?<<
Es geht nicht um Rückzug, sondern darum den anderen so zu akzeptieren wie er ist, ohne ihn ändern zu wollen. Ihn also auch in seinem Kranksein anzunehmen. Aber die Verantwortung für das Wohlergehen dem Kranken zu überlassen, denn nur er ist es der für sein Wohlergehen/Gesundheit sorgen kann.

Und genau so können nur wir selber für unser Wohlergehen sorgen. Das ist nicht die Aufgabe unseres Partners.
.

>>Ich glaube, damit schwimmen alle Fälle für eine gemeinsame Zukunft davon...<<
Nein, nur so gibt es eine gemeinsame Zukunft.
bigappel
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Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: bin ratlos

Beitrag von bigappel »

Hallo Ihr Lieben,
lieber P-M

ich kann Parson nur bestätigen.

Ich finde auch, es geht nicht darum den anderen aufzugeben. Bei weitem nicht.

Die Erkrankung unserer Partner empfinde ich persönlich als so schwierig, weil man letztlich absolut mit sich selber konfrontiert wird.

Man muss lernen einzusehen und für sich selber zu überdenken, ob das, was einem der Partner in guten und schlechten Tagen geben kann, im Gesamtergebnis für eine Beziehung reicht. Ob man damit klar kommt oder man sich irgendwann selber aufgibt oder in der Krankheit des Partners total verstrickt.

Ich selber bin auch so ein Co-Abhängigkeits-Kandidat und das mir selber einzugestehen, war wirklich nicht einfach.
Es tut mir auch heute noch noch weh zu sehen, wie sich mein Partner in schlechten Phasen quält und ich bin sowas von stinke, stinke sauer auf die Quelle der Krankheit.... da mein Freund als Kind (wie jedes Kind) nie die Chance hatte, sich zu entziehen.....aber das ist ein anderes Thema.

Die vielleicht manchmal bittere Realität ist doch die, dass man für sich die Grenzen ziehen muss, für das eigene Wohl zu sorgen, zum Partner zu stehen, sich aber dabei selber nicht zu verlieren und das ist echt ne Gradwanderung manchmal.

Und wenn es nicht klappt, wenn man sich nicht genug abgrenzen kann, wenn man erkennt, dass man mit der Erkrankung und den damit verbundenen Defiziten nicht klar kommt, tut das natürlich weh, sicherlich auch, weil man mit sich selber vielleicht zu hart ist und das Gefühl hat, den Partner im Stich zu lassen.

Aber Parson trifft den Nagel auf den Kopf:
ich kann dem Partner anbieten, ihn auf allen Wegen zu begleiten, die er geht, aber gehen muss er alleine.........

Einen wunderschönen Tag und eine schöne
Woche (erstmal nur 3 Tage, juchuuuuuu!)
wünscht Euch herzlichst

Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
P-M
Beiträge: 139
Registriert: 4. Jun 2011, 17:19

Re: bin ratlos

Beitrag von P-M »

Danke Ihr Lieben ,

man steht nur manchmal so hilflos da, wenn sich die Partnerin vielleicht auch in der 8. Woche nicht mehr meldet...
Dann nimmt man alle guten Vorsätze zurück, die man sich eigentlich im Umgang mit der Erkrankung gesetzt hatte.
Aber dafür gibt es ja dann am Ende wieder Euch alle hier. Danke!
Viele Grüße, P-M.
julcas
Beiträge: 569
Registriert: 11. Mär 2011, 17:57

Re: bin ratlos

Beitrag von julcas »

Guten Morgen,

wir recht ihr alle habt. Auch ich fühle mich manchmal so hilflos und mit der Situation völlig überfordert. Immer Verständnis haben, funktioniert nicht wirklich und nicht zu viel zu verlangen ist auch sehr schwer. Dabei ist so wichtig, das sich mein Freund Hilfe holt, denn er wird es ohne Hilfe nicht schaffen. Er hat in den letzten Monaten 12 kg abgenommen, sitzt nächtelang vor dem Fernseher und bringt am Tag nichts fertig. Unsere Beziehung ist keine Beziehung mehr, denn wir leben nebeneinander her, haben fast kein Thema über das wir reden, außer über meine Hunde. Über seine Krankheit mag er nicht reden. Er bittet mich sogar es nicht Krankheit zu nennen. Die wenigen Erfolge die es gibt,(Hausarzttermin - wahrgenommen, Termin bei der Psychologin geholt - leider nicht wahrgenommen) da hatte er wahnsinnigen Druck. Ich war drauf und dran unsere Beziehung zu beenden. Nicht weil ich ihn nicht mehr liebe, sondern weil ich hoffe das ihm das diesen Antrieb gibt, sich Hilfe zu holen. Er hat wahnsinnige Angst mich zu verlieren. Er sagt ich sei seine letzte Chance im Leben. Seine Hilflosigkeit raubt mir viel Energie und Kraft, denn ich suche immer wieder das Gespräch und versuche ihn zu ermutigen etwas zu unternehmen. Es ist ein Teufelskreis. Manchmal ist meine ganze Hoffnung weg, doch ihm geht es ja noch viel schlechter als mir.

LG julcas
wütend

Re: bin ratlos

Beitrag von wütend »

He julcas

>>Seine Hilflosigkeit raubt mir viel Energie und Kraft,<<

ist es nicht viel mehr dein ständiges erfolgloses ändern wollen der Situation, welches dir die Kraft raubt?

Versuche es doch mal mit Akzeptanz.
Schau hier:
http://www.manfred-koschnick.de/coabhaengigkeit.htm
Versuche den Text des links zu verinnerlichen, und so zu handeln.
Bleibe bei allem was du tust bei dir. Dann hast Du Kraft genug für dein Leben.
Blümli
Beiträge: 782
Registriert: 18. Jan 2011, 18:41

Re: bin ratlos

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
julcas
Beiträge: 569
Registriert: 11. Mär 2011, 17:57

Re: bin ratlos

Beitrag von julcas »

Liebe Parson,

wahrscheinlich hast du recht und ich bin es selbst die mir die Kraft raubt. Ich kann doch aber nicht so tun als wäre alles in Ordnung, ich sehe doch täglich wie mein Schatz sich über den Tag und den Abend quält. Ich weiß das er den Schritt sich Hilfe zu holen, selbst gehen muss, doch ich habe wirklich Angst das er das nicht schafft. Ich weiß das er krank ist und ich wünsche mir so sehr Hilfe für ihn. Doch leider ist er nicht der Meinung das er krank ist, sondern er sagt das sei eine Phase, die er schon öfter im Leben hatte. Er redet mit keinem Menschen darüber, auch unsere Gespräche sind schwierig. Nur manchmal kann er sich ein wenig öffnen. Am Sonntag erzählte er mir das er bei der Arbeit oft unkonzentriert ist und Fehler macht. Seine Chefin fragte ihn was los sei. Ihr fällt auf das er sehr schweigsam ist und eben unkonzentriert. Er antwortete das er das schon wieder hin bekommt.
Ich muss wohl noch viel lernen, doch ich bin bereit dazu.

Den Text "Coabhängigkeit..." habe ich jetzt wenigstens 5 mal gelesen. Ich werde ihn sacken lassen und mich dann erneut damit beschäftigen. Es steckt viel Wahres darin.

LG julcas
dersieliebt
Beiträge: 27
Registriert: 30. Apr 2011, 20:36

Re: bin ratlos

Beitrag von dersieliebt »

Hallo Julcas,

ich erkenne das was Du schreibst bei meiner Partnerin auch wieder.
Sie hat ihre Depression über viele Jahre hinweg erfolgreich vor allen verborgen.
Sie hat es geschafft den eigentlichen Grund sowohl in der Kur wie auch ihrem Therapeuten gegebenüber zu verheimlichen, ihrer Familie und mir ebenfalls.
Irgendwann waren die Symtome nicht wegzudiskutieren, und auch dann hat sie immer noch etliche schlaue Begründungen für ihre Depression gefunden.

Auch heute versucht sie anderen etwas vorzumachen. Aber ich glaube, dass sie mittlerweile erkannt hat in welcher Lage sie ist. Aber mir gegenüber kann sie das nicht zum Ausdruck bringen.
Auch sie hat Angst gegenüber ihrem Therapeuten zu öffnen. Deshalb muss auch ich mich in Geduld üben und warten bis sie das schafft.
Das musst Du auch, wenn der erste Therapeuten-Termin nicht wahrgenommen worden ist, dann wird es der zweite und dritte vielleicht auch nicht. Aber irgendwann ist es so weit. Er möchte den Termin so weit wie möglich herausschieben und Du möchtest am liebsten, dass er noch heute hin geht.
Akzeptiere dass nur er das Tempo bestimmen kann. Und freue Dich auf den Moment, wo er es schafft.

VG
Andreas
julcas
Beiträge: 569
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Re: bin ratlos

Beitrag von julcas »

Hallo Andreas,

ich werde versuchen die Geduld aufzubringen. Wenn ich hier im Forum lese und schreibe spüre ich eine große Erleichterung in mir und meine Hoffnungslosigkeit macht der Hoffnung platz. Ich kann es nicht erklären, doch ich nehme dieses Gefühl gern in mich auf. Ich liebe meinen Freund und er liebt mich. Er ist ein wundervoller, warmherziger, verständnisvoller, romantischer, ehrlicher, intelligenter Mensch und ich wünsche uns beiden von Herzen, dass er die Energie und das Verständnis hat, eine Therapie zu machen. Ich werde an mir arbeiten, mich um mehr Verständnis bemühen, mich um mehr Akzeptanz bemühen, versuchen zu helfen indem ich da bin. Ich werde mich mehr um mich kümmern, dass es mir wieder gut geht. Ich möchte ihm nicht das Gefühl geben das es mir schlecht geht und er sich dafür verantwortlich fühlt. Ich fürchte das es momentan so ist. Das wird mir bewusst, nachdem ich hier viel gelesen habe.
Wenn ich nicht weiter komme, oder Fragen habe werde ich mich euch gern anvertrauen. Ich bin sehr froh, dass mein Freund weder über Trennung nach denkt, noch aggressiv ist. Er ist in seiner Depression ganz still und in sich gekehrt. Er unterstützt mich täglich, nimmt mir die Hunde ab wenn ich arbeiten bin. Er erledigt auch kleine Dinge im Haushalt und geht ab und an mit mir einkaufen. Manchmal schafft er es sogar den Rasen zu mähen. Ich werde meine Erwartungen überdenken und mich wirklich um Geduld bemühen. Leider ist Geduld nicht meine Stärke. Das wird nicht leicht, doch was ist schon leicht.

LG julcas
julcas
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Re: bin ratlos - Neuigkeiten

Beitrag von julcas »

Hallo Ihr alle,

ich möchte euch kurz unsere Neuigkeiten erzählen. Mein Freund war jetzt das 2. Mal bei seiner Psychologin. Morgen hat er den 3. Termin. Ich bin sooo froh das er da jetzt hin geht. Geändert hat sich noch nicht viel, doch das wäre auch zu viel verlangt. Die Psychologin rät ihm einen Termin bei einem Psychiater zu machen, wegen Medikamenten. Das lehnt er noch ab. Er sagt er habe Angst vor Abhängigkeit der Medikamente. Er unterstützt mich nach wie vor im Haushalt und kümmert sich ganz lieb um meine beiden Hunde, wenn ich arbeiten bin. Leider bleiben dabei die Dinge liegen, die für ihn selbst wichtig sind. Er versäumte jetzt schon 2 Termine beim Arbeitsamt und hat nun eine Sperre angedroht bekommen. Ich bitte ihn täglich sich darum zu kümmern, doch es passiert nicht. Wie soll ich mich denn verhalten ?

LG julcas
wütend

Re: bin ratlos

Beitrag von wütend »

Liebe julcas

Er versäumte jetzt schon 2 Termine beim Arbeitsamt und hat nun eine Sperre angedroht bekommen. Ich bitte ihn täglich sich darum zu kümmern, doch es passiert nicht. Wie soll ich mich denn verhalten ?

Es ist seine Verantwortung sich um das Arbeitsamt zu kümmern, nicht deine.
Laß ihn die folgen seines Handels/nicht Handelns spüren. Er muß unter seiner Geldkappheit leiden.
julcas
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Re: bin ratlos

Beitrag von julcas »

Liebe Parson,

grundsätzlich hast du ja recht. Ich glaube das dieses "Dinge nicht erledigen" ein Grund für seine Depression ist. Er schaut manchmal Wochen lang nicht nach seiner Wohnung und auch nicht nach seiner Post. Ich freue mich ja wenn er bei mir ist, doch es fällt mir sehr schwer zu zuschauen, wie er sich immer weniger um seine Dinge kümmert. Es kommt mir so vor als ob er vor seinem Leben davon läuft und sich total auf mich und mein Leben fokusiert. So richtig wohlfühlen kann ich mich bei dem Gedanken nicht, denn die Probleme holen ihn doch ein.
Auf der einen Seite hat er Probleme damit, dass er mich nicht finanziell unterstützen kann. (Ich komme für unseren gesamten Lebensunterhalt allein auf) doch auf der anderen Seite lässt er es auf eine Sperre ankommen, die ihn ja noch abhängiger macht. Ich kanns nicht wirklich nachvollziehen.

LG julcas
bigappel
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Re: bin ratlos

Beitrag von bigappel »

Liebe Julcas,

mh. Das Nichthandeln kann auch eine Auswirkung der Depression sein (kein Antrieb).

Ich kann sehr, sehr gut verstehen, wie Du Dich fühlst in Deiner Hilflosigkeit, weil ich es mit meinem Freund auch immer wieder ähnlich erlebe.

Allerdings muss ich mir persönlich auch immer wieder eingestehen, dass man es zulassen muss, Hilfe anzunehmen.

Du kannst immer wieder Deine Hilfe anbieten, aber wenn er sie nicht annimmt, ist es seine Verantwortung, wie Parson schon erläutert hat.

Überdenke bitte auch, wo Deine persönlichen Grenzen liegen.
Sich schlecht fühlen, weil er Dich nicht unterstützen kann, kann ich nachvollziehen, allerdings bleibt Deine Grenze, wann es für Dich genug ist. Denn: wenn er jetzt die Sperre bekommt und Du ihn auffängst, in dem Du im Grunde sein leben organisierst und bezahlst....... wenn das für Dich o.k. ist;
gut. Förderlich für Deinen Freund ist es denke ich, nicht. Es läuft doch...zwar nicht gut, aber bequem.....

Bitte sieh meine Zeilen nicht als bösartig oder Unterstellung, so ist es auf keinen Fall gemeint; ich erlebe bei mir nur selber, dass ich im Grunde immer wieder hoffe, mein Freund gehe die Erkrankung ernsthaft an (in Form einer intensiveren Therapie), um Teile einer Partnerschaft leben zu können; aber Fakt ist: tut er es nicht dauerhaft, ist es seine Entscheidung und nicht meine und ich muss sehen, ob ich im Jetzt damit leben kann....

LG und viel Kraft
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
bigappel
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Re: bin ratlos

Beitrag von bigappel »

Liebe Julcas,

das Fokusieren auf mich, meine Probleme kenne ich von meinem Freund auch.

Ich habe es so empfunden, dass solange er sich um mich kümmert und sich auf mich fokusiert, er sich nicht um sich kümmern kann............ ?!

Das muss nicht zwingend absichtlich so sein, aber es ist der einfachere Weg......

LG
Pia
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julcas
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Re: bin ratlos

Beitrag von julcas »

Hallo Pia,

ich stimme mit dem was du schreibst völlig überein. Natürlich ist s bequem für ihn, bei mir zu sein. Ich gehe täglich zur Arbeit, während dieser Zeit hat er meine beiden Hunde zu Hause. Er unterstützt mich im Haushalt. Das ist alles schön und ich freue mich darüber, aber ich sehe auch das ihn diese Situation kein Stück voran bringt. Nur weiß ich keine Lösung dafür. Ich kann ihn doch nicht in seine Wohnung schicken und ihn sich selbst überlassen ? oder doch ? Er hatte sich bevor wir uns kennen lernten für 1 Jahr in seiner Wohnung eingeschlossen. Kein Kontakt zur Aussenwelt. Keine Miete gezahlt, keinen Strom gezahlt, kein Gas gezahlt. Zum Schluss hat er nachts leere Flaschen im Park gesammelt und sich morgens 1 Brot u.s.w. von dem Pfandgeld gekauft. Wenn ich ihn wegschicke, habe ich totale Angst das wieder das Gleiche passiert. Es geht ja auch nicht vordergründig darum, dass er mich nicht unterstützen kann. Es geht mir darum, dass er mit diesem "Dinge nicht erledigen", schon wieder neue Probleme macht, wo er doch vor den alten Problemen davon läuft.
Mit dem fokusieren hast du recht. Solange er sich um mich und die Hunde kümmert, hat er keine Zeit sich um sich zu kümmern. Guter Rat ist wie immer sehr teuer. Ich weiss nicht was richtig ist.

LG julcas
julcas
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Re: bin ratlos

Beitrag von julcas »

Hallo ihr Lieben,

gestern abend hatten wir ein recht offenes Gespräch und ich machte meinem Freund meinen Standpunkt in Sachen Arbeitsamt nochmals klar. Nicht mit Druck, ganz in Ruhe.
Gerade rief er mich nach seiner Therapiestunde an und sagte mir er hat für nächste Woche einen Termin beim Arbeitsamt. Ich freue mich so sehr für ihn das er wieder einen Schritt in die richtige Richtung geschafft hat, denn ich weiß wie schwer solche Dinge für ihn sind.

schönen Tag euch allen

LG julcas
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