Frisch in depressiven Mann verliebt - aufgeben?

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weißnich
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Registriert: 19. Mai 2011, 23:28

Frisch in depressiven Mann verliebt - aufgeben?

Beitrag von weißnich »

Ich arbeite in einem Erwachsenenbildungslehrgang und habe seit einigen Monaten privaten Kontakt mit einem Teilnehmer (älter als ich und wir sind beide nicht mehr jung), zu dem spontan eine Anziehung bestand, ich denke, beidseitig.

Ich bin ein gebranntes Kind (problematischer Vater, Ex-Beziehung zu depressivem Mann) und generell vorsichtig Männern gegenüber und auch ungeschickt. Ich habe aber Vertrauen zu diesem gefasst und wir haben einige Male etwas zusammen unternommen und hatten sehr intensive Gespräche. Körperlicher Kontakt liegt immer mal wieder in der Luft, es gab ihn aber de facto kaum.

Bei unseren Treffen hat er mir erzählt, dass er starke Depressionen hat, deshalb früher auch in Behandlung war, jetzt aber nicht mehr. Er ist geschieden und hat anstrengende Zeiten hinter sich und im Moment auch finanzielle Probleme. Er hat viele Jahre in einem Sozialberuf gearbeitet und ist seit längerem arbeitslos. Bei allen Problemen und Abgründen ist er ein zarter und intelligenter Mensch, mit dem mich auch viele Interessen und Ideale verbinden.

Ich war ihm bei einigen Dingen behilflich, da er neu in der Stadt ist und sich nicht auskannte. Wegen der Depression habe ich ihm gesagt, dass er mich jederzeit anrufen kann, aber dass es auch professionelle Hilfe gibt, und ihm eine bewährte Kontaktadresse gegeben.

Er hat kaum Bekannte und ich bin seine einzige Vertrauensperson. Er hat mir viel von seinen Abgründen gezeigt, ich fühle mich damit aber fast überfordert, vor allem weil vieles schlechte Erinnerungen (frühere Beziehung) in mir wachruft und mich innerlich sehr aufwühlt. Ich versuche aber das nicht zu zeigen. Er hat sowieso schon ständig Sorge anderen zur Last zu fallen, allerdings auch darum, was andere über ihn denken (seine eigene Aussage).

Jetzt hat er sich per SMS aus dem Lehrgang verabschiedet mit augenscheinlich objektiven Gründen, aber ich bin nicht sicher, ob es wirklich daran liegt.

Wir hatten bei unserem letzten Treffen einen Kinobesuch ins Auge gefasst, den ich vorgeschlagen habe. Der Vorschlag zum vorigen Treffen war von ihm gekommen, generell ergreift er aber wenig Initiative, ist oder war aber immer sehr erfreut, wenn ich es tue. Soll ich den Kontakt noch mal aufnehmen oder abwarten, ob er sich meldet?

Was tut ihm gut?
Und was mir?

Ich habe mich in ihn verliebt und ganz habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, aber ich merke, wie Vorsicht und Enttäuschung größer werden. Im Moment spüre ich mehr Verantwortung und die Angst dieser nicht gewachsen zu sein und (unschön, aber wahr) mehr Ärger als Mitleid oder Mitgefühl, weil statt eine glückliche Beziehung aufzubauen schon wieder ein depressiver Mann meine Kräfte in Anspruch nimmt, ich komme gar nicht vor und bleibe womöglich wieder ganz kaputt übrig wie zuvor.

Ich habe versucht die Geschichte möglichst klar zu erzählen, aber ich bin verwirrt und traurig, denke ständig daran und würde mich sehr freuen, wenn jemand Erfahrungsberichte, Ideen oder Rat für mich hätte. Danke!
wütend

Re: Frisch in depressiven Mann verliebt - aufgeben?

Beitrag von wütend »

Liebe Tristane,

>>Im Moment spüre ich mehr Verantwortung und die Angst dieser nicht gewachsen zu sein und (unschön, aber wahr) mehr Ärger als Mitleid oder Mitgefühl, weil statt eine glückliche Beziehung aufzubauen schon wieder ein depressiver Mann meine Kräfte in Anspruch nimmt, ich komme gar nicht vor und bleibe womöglich wieder ganz kaputt übrig wie zuvor.<<

Dieses Verantwortungsgefühl solltest du ablegen, sonst hat die Beziehung keine Chance.
Es liegt allein in deiner Verantwortung, dich auszuzehren oder auch nicht. Das hat nicht mal was mit der Depression deines Partners zutun.

Ich vermute, Du kannst eine Psychotherapie gebrauchen um zu sortieren, warum Du dich in Beziehungen auszehrst. Helfersyndrom ist das Thema.

Schau mal hier:

http://www.manfred-koschnick.de/coabhaengigkeit.htm

Bleibe bei allem was Du tust bei Dir.
weißnich
Beiträge: 3
Registriert: 19. Mai 2011, 23:28

Re: Frisch in depressiven Mann verliebt - aufgeben?

Beitrag von weißnich »

Hallo Parson,

danke für deine Antwort. Ja, du hast bestimmt recht, dass ich beim Thema "helfen" schnell ansprechbar bin und ich kenne Co-Abhängigkeit (der Link stellt das gut dar und ich werde über die einzelnen Punkt noch mal detailliert nachdenken) schon von meiner Mutter gegenüber meinem Vater.

Ich selbst habe jahrelang damit verbracht die Beziehung mit einem depressiven Mann, der im Grunde nicht wollte, nicht konnte, nicht ich-weiß-nicht ... aufrechtzuerhalten. Er war allerdings aucht nicht recht ehrlich, ich habe immer nur Einzelheiten und Andeutungen erfahren (zwischendurch gab es natürlich auch gute Zeiten und das hält einen dann) und hatte, gerade als noch sehr junge Frau, wenig Chancen mir einen Reim darauf zu machen. Mit Ende 20 war ich kaputt und brauchte Jahre mich wieder zusammenzusetzen und auch wieder zusammenzupassen und mich mit mir und anderen in Harmonie zu fühlen.

Später hatte ich eine unkomplizierte Beziehung zu jemandem, der seelisch gesund war (behaupte ich mal ganz laienhaft), sich selbst mochte und mich liebte. Das war sehr schön und ich bin sehr dankbar dafür. Über mich selbst sagt es mir, dass die Anziehung nicht nur mit "Schwierigen" da ist und ich glückliches und unbeschwertes Zusammensein durchaus genießen kann und mir auch wünsche.

Und jetzt? Ich habe den Mann aus meinem Lehrgang als sensiblen Menschen kennen gelernt, der freundlich, mit leidenschaftlichem Blick und feinem Humor den Kontakt zu mir suchte. Vielleicht habe ich auch einen Hilferuf darin vernommen. Ich meine aber tatsächlich, dass mir an ihm nicht seine momentane Hilfsbedürftigkeit gefällt, sondern der Mann selbst.

Nun hat er mir vor allem dunkle Seiten und Krankes offenbart und sicher noch nicht alles - und meine Reaktion ist: Enttäuschung, das Gefühl ungerecht behandelt zu werden, Angst, Ärger ...

Das klingt nicht sehr liebevoll, aber vielleicht ist es auf eine Weise auch nicht nur schlecht, sondern auch irgendwie gesund und nicht co-abhängig.

Dennoch weiß ich nun, dass da ein Mensch ist, der Hilfe braucht. Gut wäre natürlich professionelle Hilfe und er hat immerhin nicht ganz ablehnend reagiert. Es passt aber nicht in sein Selbstbild und ich weiß nicht, ob er sie in Anspruch nehmen wird. Im Moment ist es so, dass ich die einzige bin, der er sich anvertraut (hat) und dass er wenig soziale Kontakte hat.

Seltsam ist ja nun, dass er sich mit einer nüchternen SMS aus dem Lehrgang, aber vielleicht ja auch aus meinem Leben verabschiedet hat. Dem ist kein Konflikt vorangegangen, sondern ein intensives Gespräch vor allem über seine Probleme und einige Alltagshilfsdienste (nichts Großes, ein bisschen Bürokratie) meinerseits.

Wir haben aber auch Schönes unternommen, einander kleine Dinge geschenkt, anderes geredet, es ist also nicht immer nur düster. Jedenfalls für mich nicht, er sagt, der Schatten ist immer da. Das ist sehr traurig, zumal man ja weiß, dass es anders sein könnte ohne die Krankheit.

Vielleicht wird er sich von sich aus nie wieder melden. Er ist ja auch viel mit seinem Einfluss auf andere beschäftigt (Angst sie zu schädigen, Angst, was sie über ihn denken).

Aber was soll ich in dem Fall tun? Versuchen ihn zu vergessen (das gelingt nicht!) und ihn da sitzen lassen, allein, in schwierigen sozialen Umständen und mit Suizidgedanken? Oder was sonst?

Ich weiß es wirklich nicht. Es ist klar, dass, wenn er nicht den weiteren Kontakt verweigert, sondern wir uns weiterhin treffen, ich auf ihn auch in der nächsten Zeit mehr eingehen muss, als er es auf mich tun wird. Er kann nicht.

Für mich ist das auch sehr traurig - soviel Helfersyndrom und Co-Abhängigkeit habe ich nicht, dass mich das befriedigen würde.

Aber was soll und kann ich nun tatsächlich tun?

Es wäre schön, wenn man die Depression wegpusten und glücklich sein könnte ...
Miaciden
Beiträge: 23
Registriert: 15. Mai 2011, 10:48

Re: Frisch in depressiven Mann verliebt - aufgeben?

Beitrag von Miaciden »

Hallo,,

also ersmal dieser Text über Helfersyndrom ist echt gut..

Dieses Gefühl kenn ich nur zu gut...
Da kämpfe ich auch gerade mit mir..
Versuche selber rauszufinden was ist für mich das beste und was will ich nur tuen um Ihm zu helfen..

Zunächst ich glaube anderne Menschen zu helfen ist nicht schlimm und ist eine wertvolle Gabe.. die wir auch schützen sollen.. Sie macht uns doch aus..

DAs schwere dabei ist sich selbst dabei nicht aus den Augen zuverlieren..

Ich kann Dir nicht sagen was Du tuen sollst...weil ich nicht weiß was für dich das beste ist.. sorry...
Du mist in Dich reinhören.. und versuchen zu spüren was Dir gut tut..womit Du umgehen kannst..
Und eins darfst Du nicht vergessen..Du hast immer wieder die Möglichkeit es Dir anders zu überlegen..

z.B. als Sich mein Freund von mir Trennte..habe ich Ihm eine Freundschaft Plus angeboten.. es war etwas womit ich klar kam... aber es hätte auch nicht klappen können dann hätte ich es wieder ändern können..( Leider er nicht..)

Aber wir können Dir möglichkeiten zeigen..
warum solltest Du Dich nicht bei Ihm melden..? Ihr seit Freunde. und da darf man sich doch melden schönes WE wünschen..Kontakt halten.. und schauen wie es sich entwickelt..

Sorry wenn ich keine große Hilfe bin..es ist keine einfache Situation... aber wir denken zu oft darüber nach was der andere Denken könnte oder wir in Vergraulen..

Es geht aber um uns.. also um Dich..



Tristane schrieb:
> Ich arbeite in einem Erwachsenenbildungslehrgang und habe seit einigen Monaten privaten Kontakt mit einem Teilnehmer (älter als ich und wir sind beide nicht mehr jung), zu dem spontan eine Anziehung bestand, ich denke, beidseitig.
>
> Ich bin ein gebranntes Kind (problematischer Vater, Ex-Beziehung zu depressivem Mann) und generell vorsichtig Männern gegenüber und auch ungeschickt. Ich habe aber Vertrauen zu diesem gefasst und wir haben einige Male etwas zusammen unternommen und hatten sehr intensive Gespräche. Körperlicher Kontakt liegt immer mal wieder in der Luft, es gab ihn aber de facto kaum.
>
> Bei unseren Treffen hat er mir erzählt, dass er starke Depressionen hat, deshalb früher auch in Behandlung war, jetzt aber nicht mehr. Er ist geschieden und hat anstrengende Zeiten hinter sich und im Moment auch finanzielle Probleme. Er hat viele Jahre in einem Sozialberuf gearbeitet und ist seit längerem arbeitslos. Bei allen Problemen und Abgründen ist er ein zarter und intelligenter Mensch, mit dem mich auch viele Interessen und Ideale verbinden.
>
> Ich war ihm bei einigen Dingen behilflich, da er neu in der Stadt ist und sich nicht auskannte. Wegen der Depression habe ich ihm gesagt, dass er mich jederzeit anrufen kann, aber dass es auch professionelle Hilfe gibt, und ihm eine bewährte Kontaktadresse gegeben.
>
> Er hat kaum Bekannte und ich bin seine einzige Vertrauensperson. Er hat mir viel von seinen Abgründen gezeigt, ich fühle mich damit aber überfordert, vor allem weil vieles schlechte Erinnerungen (frühere Beziehung) in mir wachruft und mich innerlich sehr aufwühlt. Ich versuche aber das nicht zu zeigen. Er hat sowieso schon ständig Sorge anderen zur Last zu fallen, allerdings auch darum, was andere über ihn denken (seine eigene Aussage).
>
> Jetzt hat er sich per SMS aus dem Lehrgang verabschiedet mit augenscheinlich objektiven Gründen, aber ich bin nicht sicher, ob es wirklich daran liegt.
>
> Wir hatten bei unserem letzten Treffen einen Kinobesuch ins Auge gefasst, den ich vorgeschlagen habe. Der Vorschlag zum vorigen Treffen war von ihm gekommen, generell ergreift er aber wenig Initiative, ist oder war aber immer sehr erfreut, wenn ich es tue. Soll ich den Kontakt noch mal aufnehmen oder abwarten, ob er sich meldet?
>
> Was tut ihm gut?
> Und was mir?
>
> Ich habe mich in ihn verliebt und ganz habe ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, aber ich merke, wie Vorsicht und Enttäuschung größer werden. Im Moment spüre ich mehr Verantwortung und die Angst dieser nicht gewachsen zu sein und (unschön, aber wahr) mehr Ärger als Mitleid oder Mitgefühl, weil statt eine glückliche Beziehung aufzubauen schon wieder ein depressiver Mann meine Kräfte in Anspruch nimmt, ich komme gar nicht vor und bleibe womöglich wieder ganz kaputt übrig wie zuvor.
>
> Ich habe versucht die Geschichte möglichst klar zu erzählen, aber ich bin verwirrt und traurig, denke ständig daran und würde mich sehr freuen, wenn jemand Erfahrungsberichte, Ideen oder Rat für mich hätte. Danke!
weißnich
Beiträge: 3
Registriert: 19. Mai 2011, 23:28

Re: "Nachlaufen?" Ehrlich sein?

Beitrag von weißnich »

Hallo Miaciden,

schön, dass du antwortest. Ja, es geht - hmm, auch? - um uns, also um mich in dem Fall. Aber schon da gerate ich ja ins Schwimmen ...

Es ist halt so merkwürdig, dass er via SMS verschwunden ist nach wirklich intensivem Kontakt. War's das? Und: Was war das? Normalerweise würde ich mich da recht schlecht behandelt fühlen - gut genug zum Ausheulen und fertig.

Ohne das Wissen über seine Depression würde ich mich vermutlich nicht mehr melden, auch wenn mir der Mann bzw. wohl eher das, was ich mir unter ihm vorstelle, fehlen würde. Wer mag schon jemandem nachlaufen, der sich auf diese Weise verdünnisiert?

Aber wie soll ich es mit der Depression verstehen? Ich habe ja schon verstanden, dass Depressive sich oft "merkwürdig" verhalten. Wie lernt man das zu interpretieren? Weiß ich bis heute nicht, trotz Erfahrung und Lektüre ...

Und wie ehrlich darf ich sein, wenn wir wieder miteinander zu tun haben? Kann ich auch mal zeigen, wie es mir geht? Er sorgt sich ja darum, man könne als Vertraute selbst zusammenbrechen. Ich habe ihm gesagt, das würde ich nicht, aber ich fühle mich durch sein Verhalten oft verwirrt und traurig - kann man darüber sprechen?
Miaciden
Beiträge: 23
Registriert: 15. Mai 2011, 10:48

Re: Frisch in depressiven Mann verliebt - aufgeben?

Beitrag von Miaciden »

Hallo..

Du machst Dir die selben Gedanken wie ich..

(nur das meiner sich getrennt hat von mir..und du am anfang stehtst.. meins kannst Du lesen unter Hoffnung oder eher nicht.. da schreibt Blümli auch schöne sachen...

warum solltest du es ihm nicht sagen können Wie du Dich fühlst..? Weil es Ihm dann schlecht geht.. weil er dann weggehen würde?? Aber es geht doch um dich.. und wenn Du Dich melden möchtest..dann darfst Du das auch..

meine Therpeuten sagte mal... wir bekommen immer gesagt man soll niemanden nachlaufen.. das wäre doch uncool und und und.. aber wenn es uns gut tut..was intressiert uns was der andere denkt.. jaa ich frage mich auch immer was er denkt..oder geh ich ihm auf die nerven..

Aber er kann es uns doch dann sagen...er hat einen Mund...damit müssen wir rechnen..aber dann hat man auch klarheit..

( klar gibt es grenzen..bitte nicht in Handschellen legen...grins..wenn du weißt was ich meine...)

Du kannst ja auch einfach mal sagen das es Dir nicht gut geht.. vieleicht fragt er ja sogar von sich aus..
Habe meinem Damals auch geschrieben was ich fühle und Denke..
Gut ich habe keine Antwort bekommen.. aber Sauer war er auch nicht..
Er freute sich sogar wenn wir uns wieder sehen....

Also ich bin derzeit dabei Briefe an Ihn zu schreiben.. in dehnen ich alles aber auch alles reinschreibe...(ob ich Sie abschicke weiß ich auch nocht nicht..)
Derzeit ist meine Idee... mehrere Briefe.. dann ist er nicht gezungen alles auf einmal zu lesen..meine Art mir und Ihm gerecht zu werden..grins

Oh man es ist schon schwer zu beschreiben was man sagen will hoffe du verstehtst das was ich sagen will...







(
wütend

Re: Frisch in depressiven Mann verliebt - aufgeben?

Beitrag von wütend »

>>ich kenne Co-Abhängigkeit (der Link stellt das gut dar und ich werde über die einzelnen Punkt noch mal detailliert nachdenken)<<
Gute Idee.

>>Ich selbst habe jahrelang damit verbracht die Beziehung mit einem depressiven Mann, der im Grunde nicht wollte, nicht konnte, nicht ich-weiß-nicht ... aufrechtzuerhalten. Er war allerdings aucht nicht recht ehrlich, ich habe immer nur Einzelheiten und Andeutungen erfahren (zwischendurch gab es natürlich auch gute Zeiten und das hält einen dann) und hatte, gerade als noch sehr junge Frau, wenig Chancen mir einen Reim darauf zu machen. Mit Ende 20 war ich kaputt und brauchte Jahre mich wieder zusammenzusetzen und auch wieder zusammenzupassen und mich mit mir und anderen in Harmonie zu fühlen.<<
Die Verantwortung, das es dir in dieser Beziehung so schlecht ging, liegt bei dir, nicht bei deinem Ex-Partner.

>>Später hatte ich eine unkomplizierte Beziehung zu jemandem, der seelisch gesund war (behaupte ich mal ganz laienhaft), sich selbst mochte und mich liebte. Das war sehr schön und ich bin sehr dankbar dafür. Über mich selbst sagt es mir, dass die Anziehung nicht nur mit "Schwierigen" da ist und ich glückliches und unbeschwertes Zusammensein durchaus genießen kann und mir auch wünsche.<<
Das geht auch mit einem depressiven Partner.

>>Und jetzt? Ich habe den Mann aus meinem Lehrgang als sensiblen Menschen kennen gelernt, der freundlich, mit leidenschaftlichem Blick und feinem Humor den Kontakt zu mir suchte.<<
Hört sich für mich gut an.

>>Vielleicht habe ich auch den Hilferuf darin vernommen.<<
Frage ihn doch mal ob er überhaupt Hilfe von dir braucht und möchte? Ich vermute, NEIN.

>>Ich meine aber tatsächlich, dass mir an ihm nicht seine Hilfsbedürftigkeit gefällt, sondern der Mann selbst.<<
So sollte es auch sein.

>>Nun hat er mir vor allem dunkle Seiten und Krankes offenbart und sicher noch nicht alles - und meine Reaktion ist: Enttäuschung, das Gefühl ungerecht behandelt zu werden, Angst, Ärger ...<<
Er ist ein ehrlicher Mensch, das ist doch etwas sehr positives, finde ich.
Du bist verärgert, weil Du etwas in seinem Gesagten hinein interpretierst, was er garnicht gesagt hat. Er hat nicht um Hilfe gebeten, die dich überforderrn könnte.

>>Das klingt nicht sehr liebevoll, aber vielleicht ist es auf eine Weise auch nicht nur schlecht, sondern auch irgendwie gesund und nicht co-abhängig.<<
Nein, du versuchst die Auseiandersetzung mit deinem Helfersyndrom zu vermeiden, anstatt zu schauen, warum reagiere ich so.

>>Dennoch weiß ich nun, dass da ein Mensch ist, der Hilfe braucht.<<
Das ist aber nicht dein Probelm, und deshalb ist dieser Mensch auch keinen liebevollen Kontakt mit dir aufgenommen.

<<Gut wäre natürlich professionelle Hilfe<<
Richtig, Wenn Du Adressen hast, gib Sie ihm. Aber es ist allein seine Aufgabe sich um professionelle Hilfe zu bemühen und sie anzunehmen oder auch nicht. Du hast nichts damit zutun. Alles was du machen kannst ist, ihm mitzuteilen, das es dich freuen würde wenn er professionelle Hilfe annehmen würde.

>>und er hat immerhin nicht ganz ablehnend reagiert.<<
Das ist gut.

>>Es passt aber nicht in sein Selbstbild<<
Vielleicht doch. Er bracht warscheinlich nur etwas überwindung.

>>und ich weiß nicht, ob er sie in Anspruch nehmen wird. <<
Das ist nicht dein Problem.

>>Im Moment ist es so, dass ich die einzige bin, der er sich anvertraut (hat) und dass er wenig soziale Kontakte hat.<<
Du bist seine Freundin.

>>Seltsam ist ja nun, dass er sich mit einer nüchternen SMS aus dem Lehrgang, aber vielleicht ja auch aus meinem Leben verabschiedet hat.<<
Frage doch einfach nach, wie er das gemmeint hat.

>>Dem ist kein Konflikt vorangegangen, sondern ein intensives Gespräch vor allem über seine Probleme und einige Alltagshilfsdienste (nichts Großes, ein bisschen Bürokratie) meinerseits.<<
Vielleicht will er dich nicht mit seinen Problemen belasten.

>>Wir haben aber auch Schönes unternommen, einander kleine Dinge geschenkt, anderes geredet, es ist also nicht immer nur düster. Jedenfalls für mich nicht, er sagt, der Schatten ist immer da. Das ist sehr traurig, zumal man ja weiß, dass es anders sein könnte ohne die Krankheit.<<
Trotzdem wird es auch für ihm schön gewesen sein.

>>Vielleicht wird er sich von sich aus nie wieder melden.<<
Du möchtest seine Stimme hören, dann melde dich.

>>Er ist ja auch viel mit seinem Einfluss auf andere beschäftigt (Angst sie zu schädigen, Angst, was sie über ihn denken).<<
Daher ist er zurückhaltend, um dich nicht zu schädigen.

>>Aber was soll ich in dem Fall tun? Versuchen ihn zu vergessen (das gelingt nicht!)<<
Warum einen liebenswürdigen Mann und schöne Beziehung vergessern? Tu, was dein Herz Dir sagt.

>>und ihn da sitzen lassen, allein, in schwierigen sozialen Umständen und mit Suizidgedanken? Oder was sonst?<<
Er ist für sich selber verantwortlich und er kann diese Verantwortung tragen, das hat er bereits bewiesen. Es ist nicht deine Aufgabe, dich um seine Krankheit zu kümmern. Und das sollte auch nicht der Grund für eine Private Beziehung sein.

>>Ich weiß es wirklich nicht. Es ist klar, dass, wenn er nicht den weiteren Kontakt verweigert, sondern wir uns weiterhin treffen, ich auf ihn auch in der nächsten Zeit mehr eingehen muss, <<
Auf ihm, aber nicht auf seine Kranbkheit, das solltest Du trennen, sonst entmündigst Du ihn.

>>...als er es auf mich tun wird. Er kann nicht.<<
Ja, das ist oft krankheitsbedingt so.

>>Für mich ist das auch sehr traurig - soviel Helfersyndrom und Co-Abhängigkeit habe ich nicht, dass mich das befriedigen würde. Ich glaube, da habe ich gelernt.<<
Aber, Du hast nicht gelernt dich abzugrenzen.

>>Aber was soll und kann ich nun tatsächlich tun?<<
Das was dir gut tut.
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