Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

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JM300
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Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von JM300 »

Ich bin neu hier im Forum! Endlich habe ich nach längerem suchen diese Seite gefunden, um mir Rat bei Betroffenen zu holen. Bei mir wurde die Diagnose - Depressionen vor zwei Jahren festgestellt. Einige körperliche Beschwerden gingen dem lange voraus. Am Tiefpunkt angelangt "besuchte" ich für 4 Wochen eine Psychosomatische Klinik/Psychatrie(Notfallklinik). Wieder Stabilisiert, Beginn einer Therapie und Citalopram - ging ich wieder in die Arbeit. Da ich in einem sozialen Beruf arbeite und immer ein gutes Verhältnis zu meinen Kolleginnen hatte, legte ich die Karten auf den Tisch und erzählte, das ich an Depressionen leide. Von da an wurde es zu einem Spießrutenlauf. Sicherlich war mir bewusst, das es anderen schwer fällt, damit umzugehen. Ich habe mich daher auch sehr kurz und sachlich dem ganzen genähert. Zwei Kolleginnen machten mir das Leben besonders schwer!Fragen wie z.B "wars du wirklich bei den Irren?" wurden gestellt. Ich hatte manchmal das Gefühl, das jeder meiner Schritte und jede Bewegung beobachtet wird. Macht sie vielleicht einen Fehler? Und eine Kollegin sprach über Wochen kein einziges Wort mit mir. Mittlerweile ist es besser geworden, da ich auf Rat meines Therapeuten, den "Anfeindungen" selbstbewußt gegenüber trete. Doch das kostet mir oft so viel Kraft und Energie. Hat jemand ähnliches erlebt oder kann mir einen Rat geben?
gfb
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Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von gfb »

Hai,

>Da ich in einem sozialen Beruf arbeite

In was für einem sozialen Beruf arbeitest du bitteschön, wenn SOLCHE Reaktionen erfolgen???

Grüßle von hier nach da

Friedrich
------------

"Warum sind wir so kalt?

Warum? Das tut doch weh!"



Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
Annettegehring
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Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von Annettegehring »

Hallo Apfelgrün,
ich bin auch erst vor kurzem auf dieses Forum gestoßen.
Vom ARD-Morgenmagazin zu Deutschen-Depressionshilfe zum Online-Forum.

Ich bin von Beruf Krankenschweste (gewesen) und es war die Hölle mit den lieben Kolleginnen und Kollegen
- trotz aller fachlicher Vorbelastung-scheint niemand "panischer"
und verständnisloser auf psychische Erkrankungen zu reagieren
wie dieser Berufsstand
- ist zumindest auch meine Erfahrung.
Bin gespannt, ob jemand eine ander machen durfte.
Ich habe z.B. über eine Zeitarbeitsfirma
in einem 120km entfernten Kreiskrankenhaus gearbeitet
und musste die Stationsleitung darum bitten, mir Freitag keinen Spätdienst einzutragen, damit ich am Wohnort meine Therapiesitzung wahrnehmen kann,

dass ich nicht an der Pranger gestellt oder gleich gesteinigt wurde war alles.

Und der Hammer bei der Zeitarbeit ist ja, dass man immer zwei Chefinnen (in meinem Fall) hat, also habe ich die (verbalen) Prügel gleich zweimal bezogen!

Zumindest sind wir jetzt schon zu zweit
LG
Annette
JM300
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Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von JM300 »

Hallo Friedrich,
ich bin Erzieherin und viele können es nicht glauben, das man gerade in solch einem Beruf auf derartige Reaktionen stösst. Leider! Mittlerweile gereue ich den Schritt, das ich überhaupt erzählt habe, das ich Depressionen habe. Hätte ich mir irgendeine andere Krankheit ausgedacht, wäre vieles anders gekommen.

Viele Grüße
Apfelgrün
JM300
Beiträge: 21
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Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von JM300 »

Hallo Sangmo,
ja, jetzt sind wir schon zu zweit...
Ich arbeite als Erzieherin und ich musste feststellen, das "soziales Handeln" bei den Kolleginnen aufhört. Du hast das ja selbst alles erleben müssen. Ich denke, gerade in unseren Berufen müsste vorab schon Aufklärungsarbeit geleistet werden. In Fachzeitschriften findet man zwar immer wieder Artikel über Depressionen, Burn out, Volkskrankeit Nummer eins... Leitungen, Chefs müssten direkt angesprochen, geschult werden.

Liebe Grüße
Apfelgrün
JM300
Beiträge: 21
Registriert: 12. Dez 2010, 14:41

Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von JM300 »

Hallo Friedrich,
hatte ich ganz vergessen! Toller Spruch mit dem Sensemann...
elas
Beiträge: 2102
Registriert: 12. Mär 2009, 16:50

Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von elas »

Guten Tag Apfelgrün (ein schöner Nick ).


Dass soziale Einrichtungen (Kindergärten, Schulen, Arztpraxen, Krankenhäuser......u.s.w.)
besonders sozial mit "erkrankten Mitarbeitern" umgehen, das ist leider aus dem Reich Utopia.

Statistiken sagen, dass es gerade in christlichen sozialen Einrichtungen besonders unchristlich zugeht, und die Mobbingrate besonders hoch sei.
(Hab jetzt leider keinen Link).

@clown, vielleicht Du??? Du bist doch da immer top.

Wenn Du weiterhin die Kraft hast, dem einfach entgegenzutreten, so wie es Dein Psychotherapeut empfiehlt, dann wird sich das auch wieder legen.
So denke ich.

Leider habe ich im Schuldienst auch mehr als unfeine Erfahrungen gemacht, als meine Erschöpfungen einen Grad der Depressivität erreicht hatte, nach 22 Jahren, dass ich in eine Klinik wollte, da ich alleine als alleinstehende Frau das zu Hause ambulant nicht mehr gebacken bekommen hatte.

Psychische Erkrankungen sind stigmatisiert,und werden immer wieder auch ins Reich der Simulation gesteckt. Leider.
So wurde ich angegriffen nach meiner Rückkehr damals von einem Kollegen, der schwer herzkrank selber dann viel zu früh in Pension müsste, sowas wie ne Depression würde er ja nie bekommen.

Alte Weggefährten aus dieser Zeit, die mich mieden oder ungerecht behandelten, sind mittlerweile an viel fieseren Erkrankungen erkrankt als meine Depression.
Brustkrebs, 2.Herzinfarkt und Bypässe etc. etc.
Aber die durften sich aller Zuneigung und Rehabilitationsmöglichkeiten sicher sein.

Ich wechselte damals erfolgreich für viele Jahre an eine andere Schule.
Als aber dann dort auch durch die Trennung von meinem LP erneut die Symptome der Depression mich lahmlegten, erfuhr ich zwar äußerst zugewandte KollegInnen, aber eine mehr als mobbende Schulleiterin.
Eine Schulleiterin, für die es seelische Erkrankungen gar nicht gibt. Aus dem Reich der Fabeln.

Das war dann irgendwann auch der Grund,warum ich aus dem Schuldienst ausgestiegen bin.

Nein, eine so schlimme Körpererkrankung wie Krebs oder Herzinfarkt oder oder...., nein, das wollte ich auch nicht haben. Auch wenn es eine höhere soziale Akzeptanz hat.

Eine Depression, wenn sie schwer ist, so wie damals nach der Trennung von meinem LP, das ist das Schlimmste, was es gibt.
Ich wünsche es nicht einmal einem möglichen Feind..nein.

Ich bin froh, dass ich trotz meiner Körpererkrankungen und auch der wiederkehrenden depressiven Einbrüche trotzdem oft (nicht immer )ein ganz zufriedenes Leben führen kann, trotz zu früher Pensionierung.

Ich glaube, es liegt(liegen) viel Arbeits_Kapital und viele Arbeits_Ressourcen brach, wenn im Berufsleben die Erkrankung Depression zu sehr stigmatisiert wird.
Und das die Leute noch mehr in die Krankheit oder gar in das frühzeitige Aus treibt.

Mein >Amtsarzt< erklärte mir damals, dass SchulleiterInnen Depressionen nicht mögen, da man nie wisse, wie lange sie dauern würden,...bei Körpererkrankungen sei das leichter einzuschätzen, also von wegen Vertretungen etc.

Na, fein, habe ich laut gerufen, her mit den Depris, ach, die mag ich doch so....


Nun, ich wünsche Dir, Apfelgrün (klingt so knackig ) dass Du einen guten Weg findest.

Einen Weg aus Selbstschutz und aus Offenheit im Umgang mit der Krankheit.


Z.B. könnten sich ja Deine schwierigen KollegInnen auch mal über die Deutsche Depressionsliga informieren über diese Erkrankung unter www.depressionsliga.de .
(Hilfe, wie aktualisiere ich denn einen Link..)



Herzlich
elas
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DYS-
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Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von DYS- »

Hallo zusammen

Dann stehe ich mit meiner Einschätzung ja nicht alleine da.
Nach 25Jahren als Krankenschwester (in einem kirchlichen Haus )und unzähligen Gesprächen mit Kolleginnen über psychische Erkrankungen kann ich das von Annette geschriebene nur bestätigen.

Kolleginnen die den Einstieg in den Beruf nach einer Erkrankung schafften, wurden behandelt wie Hilfskräfte. Sie wurden regelrecht gemobbt.

Psychisch Erkrankte waren in den Augen der Mitarbeiter einfach Irre, arbeitsscheue Geschöpfe, die mal richtig hart arbeiten sollen um zu „gesunden“.

Ich könnte noch mehr Geschichten erzählen, würde dann aber Details verraten die nicht hier her gehören.

Bei mir hatte sich diese Einstellung meiner Kollegen so im Hinterkopf eingebrannt, das ich dachte jeder Mensch denkt so. Eben besonders Pflegekräfte. Diese Gedanken waren dann sehr hinderlich als ich mich in der Obhut von Pflegekräften in der Psychiatrie begeben musste.
Für mich stand fest, auch sie werden mich als den letzten Dreck ansehen. Absolut als Versager ihrer Zunft

Ich habe mir natürlich meine Gedanken gemacht warum gerade Menschen die immer wieder mit Erkrankungen und Leid umgehen so eine Einstellung haben. Eine Theorie könnte sein: Genauso wie es kaum Pflegekräfte gibt die keine Rückenbeschwerden, so gibt es auch kaum Pflegekräfte ohne psychische Probleme in unterschiedlichen Schweregraden.

Die harte körperliche Arbeit gepaart mit emotionalen Erlebnissen, Schichtdienst, Stutenbissigkeit ( Pflege ist nun man ne Frauendomäne ), Verantwortung, immer größerer Sparzwang.... (in anderen sozialen Berufen ist es ähnlich) fordern ihren Tribut.

Aaaaber als Pflegende muss man sehr stark sein. Das Lächeln wird einem in der Ausbildung schon ins Gesicht gebrannt. Man hat Zuversicht auszustrahlen und anderen Hoffnung zu machen. Schwäche von Seiten der Helfer würde die Patienten evtl. verunsichern und ängstigen.
Also Klappe halten und weiterarbeiten. Bis dann nichts mehr geht.

Derjenige, der sich dann depressiv outet hat ja „nur“ die gleichen Probleme wie ganz viele seiner Kollegen. Nun verspüren die Kollegen ein wenig „Neid“ darüber, dass sich der depressive Kollege behandeln lässt. Sie können ja die Not des Kollegen nicht nachempfinden. Merken nur das es ihnen auch nicht gut geht, sie aber nicht den Mut haben sich jemanden anzuvertrauen.

Den „neidischen“ Kollegen ist der Neid aber nicht bewusst. Ihnen wird nur klar, dass durch den Ausfall des Kollegen noch mehr Belastungen auf sie zukommt.
Es steht dann auch die Frage im Raum: „Warum macht einer bei der gleichen Belastung schlapp und der andere übersteht sie leichter“.

Ach, irgendwie kann ich nicht so recht ausdrücken was ich meine.

Was hier nicht so ganz hingehört ist auch die Frage:

Warum erkranken gerade Menschen in sozialen Berufen an psychischen Symptomen? Ich bin felsenfest davon überzeugt das es da NICHT NUR um Arbeitsbelastungen geht.
Ich denke viel mehr, es gibt schon bei der Berufswahl eine Sorte Menschen die sich opfern wollen. Gesund ist das doch auch nicht, oder?

Gruß dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
LaLeLu

Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von LaLeLu »

Ich bin ausgebildete Arzthelferin und habe in meiner Berufstätigkeit in verschiedenen Fachrichtungen gearbeitet.

Zuletzt war ich über drei Jahre in einer Psychiatrischen Praxis und mein Chef war einfach nur glücklich, dass er mich eingestellt hatte...

Als dann meine Depression und Anorexia wieder akut waren (ich arbeitete trotzdem weiter), folgte die Kündigung durch meinen Chef, einen Psychiater!
Sherlock
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Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von Sherlock »

Ich glaube das Problem ist dass die meisten Menschen GLAUBEN sie wüßten was eine Depression ist. Wenn es einem mal schlecht geht und man sich nur "am riemen reißen" muss und es geht normal weiter.
dann denkt man sich, mir gehts auch nicht so gut und die/der da ist doch nur zu faul bzw. zu schwach um zu arbeiten oder sich einfach nur zusammenzureißen.

Ich glaube die großen Vorurteile liegen nicht darin dass niemand weiß was eine Depression ist, sondern dass alle glauben sie wüßten es.
Und wie vorher schon erwähnt, die es wirklich wissen und selbst nicht den Mut oder die Kraft haben dagegen anzugehen, sind wahrscheinlich wohl eher neidisch und verstimmt durch den zusätzlichen Druck.

Als Jugendlicher hatte ich einen guten Freund dessen Mutter unter Depressionen litt. Als Jugendlicher hatte ich eine riesen Angst dass sie in einer Unterhaltung mit mir/uns die Fassung verlieren könnte. Ich wußte einfach nicht wie man mit soetwas umgeht. Und selbst jetzt wo ich es weiß und selber depressiv bin habe ich immer noch Schwierigkeiten Menschen mit Depressionen (wenn es sich um einen formalen Beziehungskontext handelt, also nicht auf die Krankheit bezogen) zu begegnen.

Und wo Unwissenheit ist, wird nunmal oft mit Ablehnung und sogar Hass reagiert.
Ich kann es den anderen nicht einmal verdenken dass sie Angst vor einem Verhalten haben dass ich als Depressiver vielleicht zeigen könnte. Und durch diese Angst eben auch unsicher werden.
Schließlich habe ich ja wenn es mir schlecht geht genau die gleiche Angst vor mir selbst und empfinde ebenso Unsicherheit.

Nehmen wir an ich überlege mir auf der Arbeit die Wahrheit zu sagen. Was für Botschaften versende ich?
An mich selbst Stärke und auch Selbstakzeptanz, was ja enorm wichtig für mich ist.
Für die anderen kommt diese Botschaft aber ganz anders an. Schließlich sehen sie nur die Schwäche, auch wenn ich Stärke beweise indem ich dieses Zugeständnis mache. Da dies aber eine Art Paradoxon darstellt, ist es für die anderen Unglaubwürdig und kann nicht mehr so wahrgenommen werden.

Entweder sehen sie in dir den ausgekochten Simulanten, der so Selbstbewußt ist und nur die Show spielt um ein lockeres Leben zu führen.
Oder sie sehen in dem Zugeständnis keine Stärke, sondern ein Appell an ihre christliche Nächstenliebe, schlimmer noch, als Appell an ihre Rücksichtnahme und ihr Mitleid. Sie sehen dann nicht Stärke, sondern nur Schwäche. Eine Art zittriges Nervenbündel im Korsett, ein instabiler Vulkan der jederzeit eruptieren kann. Also als zusätzliche Belastung auf die kein Verlaß ist.

Sicher mag es auch Ausnahmen geben, aber die Akzeptanz ist einfach noch zu gering als dass man sich nur, oder wenigstens überwiegend, positive Resonanz erhoffen dürfte.

Ich habe immer Halbwahrheiten erzählt warum ich nicht da war. Streß mit Lebenspartnerin, tragischer Tod eines Familienmitgiedes, usw, usw. Von mir sind bestimmt schon eine Hand vol Omas gestorben. Ich sehe das aber nicht als Lüge an.
Schließlich würde ich mich bei einem solchen Ereignis genauso schlecht fühlen. Und sowas wird von den Menschen verstanden und akzeptiert. Aber zu sagen "ich war krank", "Was hatten sie denn?", "Eine Depression."

LOL

Das glaube ich mir ja manchmal selbst nicht wenns mir grad gut geht ...
DYS-
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Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von DYS- »

Sherlock, Dein Posting hat mir einiges sehr klar gemacht. Du hast einiges auf den Punkt gebracht!

Nehmen wir an ich überlege mir auf der Arbeit die Wahrheit zu sagen. Was für Botschaften versende ich?
An mich selbst Stärke und auch Selbstakzeptanz, was ja enorm wichtig für mich ist.
Für die anderen kommt diese Botschaft aber ganz anders an. Schließlich sehen sie nur die Schwäche, auch wenn ich Stärke beweise indem ich dieses Zugeständnis mache. Da dies aber eine Art Paradoxon darstellt, ist es für die anderen Unglaubwürdig und kann nicht mehr so wahrgenommen werden.

Entweder sehen sie in dir den ausgekochten Simulanten, der so Selbstbewußt ist und nur die Show spielt um ein lockeres Leben zu führen.
Oder sie sehen in dem Zugeständnis keine Stärke, sondern ein Appell an ihre christliche Nächstenliebe, schlimmer noch, als Appell an ihre Rücksichtnahme und ihr Mitleid. Sie sehen dann nicht Stärke, sondern nur Schwäche. Eine Art zittriges Nervenbündel im Korsett, ein instabiler Vulkan der jederzeit eruptieren kann. Also als zusätzliche Belastung auf die kein Verlaß ist.
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

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JM300
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Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von JM300 »

Hallo Sherlock,
erst einmal danke für deine produktive Schilderung. Sicherlich kannten mich meine Kolleginnen nur als die, die alles meistert und problemlos schafft. Ich habe mir ja selbst viele Monate etwas vorgemacht, mich und meine Gesundheit total ignoriert. Das einzigste was bis zu meinem Zusammenbruch noch irgendwie funktionierte, war meine Arbeit. Natürlich mit einer unheimlichen, qualvollen Anstrengung verbunden. Immer mit einem Lächeln im Gesicht...!
Die Reaktionen meiner Kolleginnen beruhen sicherlich größtenteils auf Unwissenheit, Unsicherheit...
Und natürlich auf mein eigenes Verhalten ihnen gegenüber. Gerede das unter die Gürtellinie geht, muss ich einfach unterbinden. Endlich mal für mich kämpfen, anstatt immer nur für andere.

Ich wünsche dir ein schönes Wochenende

Viele Grüße
Apfelgrün
engel852010
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Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von engel852010 »

Hallo zusammen,
wenn ich das hier so lese, bekomm ich noch mehr Angst irgendwann meinen Kollegen wieder unter die Augen zu treten.
Aber warum ist es so? Warum ist Depression / Burn-Out heut zu Tage noch nen Thema womit die Leute nicht umgeheen können. Ich habe gerade heute Abend mit einem guten Bekannten darüber gesprochen (ehemaliger Burn-Outer)...vor gerade mal einem Jahr, als sich Robert Enke das Leben genommen hat, war das Thema mal aktuell und in aller Munde. Alle bekannten Größen von Funk und TV haben darüber gesprochen und wollten vorallem Aufklärung...und was ist passiert??! Nicht viel! Es gibt immer mehr Menschen denen es so geht wie uns hier...und wir werden als Außenseiter und "Anders" behandelt! Warum?
JM300
Beiträge: 21
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Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von JM300 »

Hallo Engel,
ich kann nur sagen, das ich einiges anders machen würde...! Meine Offenheit, was meine Depressionen betrifft, hat meine Kolleginnen restlos überfordert. Sie wußten nicht wie sie sich mir gegenüber verhalten sollen. Die meisten haben keinerlei Ahnung, was es bedeutet an Depressionen zu leiden. Arbeitskolleginnen stellen sich vielleicht folgende Fragen: Wie oft wird sie krank sein?, Muss ich für sie einspringen?, Schafft sie die Arbeit überhaupt noch?, Wie hat sich ihr Verhalten verändert...? Sicherlich betrifft dies alles auch andere Krankheitsgeschichten. Nur mit dem Unterschied, das dies meist den anderen nicht fremd ist. Ein komplizierter Beinbruch ist einfach und plausibel zu erklären - bei Depressionen ist das anders. In der Klinik war damals eine Mitpatient, die erzählte mir, das ihre Kolleginnen seit über 10 Jahren nichts von ihren Depressionen ahnen. Sie hatte in der Arbeit allen eine tolle Stoffwechselstörung aufgetischt. Damit verbunden sind natürlich oft Klinikaufenthalte...! Alle Kolleginnen zeigen über all die Jahre Verständis und freuen sich jedesmal, wenn sie wieder kommt.

Meine Kolleginnen haben sich die Finger wund gegooglet...! Jede kam mit neuen, anderen Erkenntnissen. Leider gibt es ja auch Seiten im Internet, die einen als totalen Psycho und Idioten darstellen. Gepaart mit den Phantasien der Kolleginnen, kann da schon mal Erschreckendes bei raus kommen.

Wie Sherlock schon sagt - manchmal ist es besser die Oma sterben zu lassen.

Hätte ich es noch mal zu tun und würde vor der Entscheidung stehen, was ich meinen Kolleginnen erzähle, dann würde ich mir aus einem Buch "Krankheiten von A bis Z" was tolles raus suchen...!

Ich wünsche dir viel Kraft und Energie und ein schönes Wochenende

Viele Grüße
Apfelgrün
mbm22
Beiträge: 381
Registriert: 25. Mai 2010, 22:48

Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von mbm22 »

Hallo zusammen,

wenn ich von Euren negativen Erfahrungen lese, fühle ich mich mit meinem intuitiven Gefühl bestätigt, besser nichts nach außen verlauten zu lassen.

Ich arbeite auch in der Institution Schule, wo sich solche Dinge leider auch blitzschnell herumsprechen würden.
Also bleibt nur zu hoffen, dass es gelingen möge, mit Therapie und Medikamenten weiterhin zu funktionieren, als wäre man gesund.

Auf die Dauer empfinde ich es als megaanstrengend, weil man so nebenbei auch den Job eines Vollzeitschauspielers leisten muss, um glaubwürdig zu sein.
Doch wie lange kann man so etwas leisten?
Was wäre, wenn es nicht mehr geht?

Doch die Angst davor ist groß genug, um alle verfügbaren Kräfte für das Verbergen der Krankheit aufzubieten.
Leider ein Teufelskreis, denn eigentlich bräuchte ich meine Kräfte eher für mich, um mit der Krankheit umzugehen, den Mut zu haben neue Wege zu gehen und die alten, mir schadenden Verhaltensmuster abzulegen.

Aber ich darf eben auch nicht meinen Job verlieren, da ich damit auch gleichzeitig meine mühsam aufgebaute freiberufliches Existenz vernichten würde.

Also doch tapfer weiterkämpfen in diesem Hamsterrad, auch wenn es schwer fällt, so gegen die eigenen Vorsätze zu handeln und dazu führt, dass man mit sich mal wieder schlecht umgeht.

Herzliche Grüße

lernfee
Annettegehring
Beiträge: 293
Registriert: 29. Nov 2010, 07:53

Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von Annettegehring »

Hallo zusammen,

da ist er wieder der "goldene Mittelweg", in Sachen "Selbstschutz" habe ich
nach der Zeit im Kreiskrankenhaus und den Reaktionen meiner Kolleginnen dort auch dazu gelernt.
...verleugnen? Zumindest nicht vor sich selbst, klingt vielleicht zunächst seltsam,
aber kennt ihr das auch, ich falle mir manchmal selbst in den Rücken und entziehe mir meine eigene Soldarität mit mir selbst...

Momentan stehe ich vor dem Problem eine Entscheidung treffen zu müssen, quasi Prioritäten zu setzen.
Ich habe im Oktober ganz mutig
angefangen einen eigen kleinen"Seniorenservice" aufzubauen
und habe auch schon zwei Kunden, auch wenn es "nur" mit Putzen anfängt, sind beide auf lange Sicht angelegt, z.B.
beim
Duschen zu helfen oder Fahrten zum Arzt etc.

Jetzt steh ich aber kurz davor an der Studie der Uniklinik Freiburg teizunehmen....

Hallo Lernfee- da bin ick wiedah...
einer Studie zu CBASP und SYSP, die mit anfangs zwei Sitzugen pro Woche sehr zeit- und energieintensiv sein wird.

Und krankgeschrieben bin ich auch...
... also werde ich die gerade gewonnenen Kunden auch gleich schon wieder verlieren.
Sie wissen allerdings von Anfang an, dass ich an Depressionen erkrankt bin und einen Antrag auf Erwerbsminderungrente gestellt habe.

Kolleginnen kommen mir derzeit wie aus einem anderen Universum vor.
Ich bin seit über einem Jahr arbeitsunfähig.

Aber momentan voller Zuversicht, was die Studie anbelangt

herzliche Grüße
Annette
ghana
Beiträge: 686
Registriert: 6. Feb 2006, 20:22

Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von ghana »

Hallo,

ich finde es sehr schade, von euren Erfahrungsberichten mit euren Kollegen zu lesen. Irgendwie hatte auch ich die Hoffnung, dass sich mit dem "Fall Enke" und der daraus folgenden Thematisierung der Krankheit in den Medien allgemein mehr Verständnis für an Depression Erkrankte gebildet hätte.

Ich bin jedoch in der glücklichen Lage, andere Erfahrungen als die meisten hier gemacht zu haben. Ich möchte das kurz schildern, damit nicht der Eindruck entsteht, "Outen" im Beruf würde zwangsläufig furchtbare Folgen haben.

Letztes Jahr rutschte ich (wieder) in eine depressive Episode. Ich bin Lehrerin und versuchte über mehrere Wochen krampfhaft trotzdem zu funktionieren und gute Arbeit zu leisten.
Meine Teamkollegen, mit denen ich mich sehr gut verstand und mit denen ich eng zusammen arbeitete, merkten aber doch, dass etwas nicht stimmte. Sie fragten immer öfters nach, was mit mir los sei und baten Hilfe an.

Es brachte mir Erleichterung, als ich mich endlich entschloss, ihnen zu sagen, was Sache war. Ich bat sie aber, es für sich zu behalten. Sie haben sehr verständnisvoll reagiert, auch wenn sie der Situation an sich ähnlich hilflos gegenüber standen wie ich.

Da ich sie quasi schon "vorgewarnt" hatte, fiel es mir ein klein wenig leichter zuzugeben, dass gar nichts mehr ging, als der Moment dann kam. Auch dann haben sie mich toll unterstützt.

Sie haben mich auch dazu überredet, mit den Chefinnen zu sprechen und offen meine Lage zu schildern. Die Chefinnen zeigten sich auch wirklich verständnisvoll.

Während eine der Meinung war, man könne damit insgesamt offen im Kollegium sein, riet die andere davon ab, da sie vermutete, dass nciht alle Kollegen angemessen damit umgehen könnten. Deshalb haben sie sich den anderen gegenüber über die Art meiner Erkrankung ausgeschwiegen.

Da aber schon nach wenigen Tagen das Gerücht aufkam, ich sei schwanger, musste eine erfundene Krankheit her. Ich "hatte" dann offiziell Gastritis. Allerdings glaube ich nicht, dass das viele geschluckt haben. Vermutlich denken die meisten, ich hätte eine Fehlgeburt oder so was gehabt und wolle nicht darüber reden.

LG, ghana
"Am dunkelsten ist es immer vor der Dämmerung." (Eoin Colfer)
engel852010
Beiträge: 22
Registriert: 14. Dez 2010, 10:37

Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von engel852010 »

OH MANN! Warum müßen wir uns, obwohl es uns so schlcht geht, nur vor der restlichen welt verstellen??? Warum ist es so ein Todgeschwiegenes Thema? Ich verstehe es nicht!?
Heute haben meine Kollegen mir bewiesen, das sich warscheinlich richtig froh wären, wenn ich nicht wieder komme. Haben mir ein Weihnachtsgeschenk gemacht: Inhalt waren Sachen vom Schrottjuleklapp...zwei Blumentöppe, nen Chinakalender, nen lebkuchenherz (hasse Lebkuchen) und nen ganz unscharfes Bild von denen auf dem Weihnachtsmarkt auf DIN A4 ausgedruckt. Das alles ohne Grüße oder so. ich war einfach nur traurig! Ich ich blöde Kuh habe gesten Abend bzw. heute Nacht um 3 Uhr für jeden kleine Päckchen gepackt und kleine, persönliche Kärtchen geschrieben.

Ich habe so schreckliche Angst da wieder hin zu gehen!!! Könnte einfach nur heulen zumal Sie ja schon nach 3 Wochen Ersatz für mich bekommen haben (bis Feb. obwohl ich nur bis 07.1, krank geschrieben bin).
Morgen habe ich einen Termin beim Doc in der Tagesklink, mal schauen wie das wird und ob mir nun endlich mal jemand hilf (bin seit 4 Wochen krank geschrieben und habe keine Therapie )

Wünsche allen einen guten Start in die Weihnachtswoche!
Liebe Grüße sendet
engel
Orakelchen
Beiträge: 43
Registriert: 16. Mär 2005, 11:10

Re: Probleme mit den Arbeitskollegen nachdem sie erfuhren, das ich an Depressionen leide

Beitrag von Orakelchen »

Also ich würde den Fehler nie wieder machen, mit offenen Karten zu spielen, sollte ich je wieder arbeiten gehen müssen.

Am Anfang haben sie alle Verständnis geheuchelt und dann ging das Mobbing los. Der Gipfel war, dass man Wetten abgeschlossen hat, wie lange ich krank sei oder ob ich überhaupt nochmal wiederkomme.

Es ist egal wieviel in der Öffentlickeit gezeigt und bekannt gemacht wird. Die Vorurteile werden nie beseitigt werden. Denn wer krank im Kopf ist....der ist eben verrückt und passt nicht mehr in die Gesellschaft.

LG Orakelchen
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