Kinder und der depressive Partner -

tangram
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Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von tangram »

Hallo

Seit 8 Jahren ist mein Partner "diagnostiziert" depressiv. Unsere Kinder sind 13, 17 und 20 Jahre alt.

Unsere Jüngste ist ein 13 jähriger Teenie mit allen Pubertätsproblemen

Als die Depression bei meinem Mann so richtig ausbrach war sie 5 Jahre alt.
Damals bekam sie zwar sehr viel mit, aber sie sagte nie groß etwas dazu.
Sie hat halt gesehen, dass der Papa so traurige Augen hat und keinen Spaß mehr macht.
Mittlerweile ist sie 13 - fast 14 und es wird nun zunehmend schwerer für sie.

Neben den ganz normalen Teenie-Pubertätsproblemen die ja allein für sich schon stressig sind, muß sie nun auch noch mit dem depressiven Papa zurechtkommen.

Natürlich haben wir von Anfang an darauf geachtet, dass nichts eskalierte oder dergleichen und Gespräche auch nur in Abwesenheit der Kinder geführt - doch die Grundstimmung bekommen sie natürlich mit.

Man kann sich noch so gut verstellen wie man möchte.

Ich hab auch im Bedarfsfalle für die Kinder einen Jugendpsychologen hinzugezogen und immer mal wieder wenn ich Fragen was den Umgang mit der Krankheit betrifft, einen Rat eingeholt.

Nun ist es so, dass meine Tochter im letzten Schuljahr einen Lehrer hatte, mit dem sie erhebliche Schwierigkeiten bekam.
Im Gespräch mit dem Lehrer erfuhr ich, dass sie sich ihm gegenüber zum Teil sehr unverschämt und auch respektlos verhalten hat.
Als ich das Ganze überblickte merkte ich auch sehr schnell, dass ihr Weltbild eher männerfeindlich geprägt ist.

Offenbar hat sie der hilflose Zustand meines Mannes wütend gemacht.
Sie sagte mehrfach zu mir:

Ich würd dem am liebsten in den Hintern treten, wenn ich ihn da so sitzen sehe!!

Mir blieb da fast die Spucke weg.

Merkwürdigerweise ist diese Reaktion bei den Jungs nicht so angekommen.

Na ja - mein Großer hat mit 17 exzessiv angefangen WOW zu spielen und sich in eine Traumwelt mit Zauberern und Helden zurückgezogen.
Der mittlere Sohn war der einzige, der offen über die Depression seines Vaters mit mir sprach und gestand auch mal unter Tränen wie unheimlich ihm das ganze ist und wie fremd ihm sein Vater manchmal sei.
Ich versuche immer alle zu trösten und auch die Wut meiner Tochter zuzulassen, aber wenn ich ehrlich bin komm ich dann oft auch an meine Grenzen und muß mich dann wieder erst mal sammeln.

Meinen Mann hab ich diese Dinge wohlweislich nicht gesagt, weil ich weiß, wie weh ihm das täte und ihm auch nicht helfen würde.

Wie geht ihr denn mit solchen Dingen um??

Vielen Dank fürs Lesen

Tangram
"Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt"

Laotse
Babi
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Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von Babi »

Hallo Tangram,

ich bin selbst Betroffene und war sehr lange alleinerziehend, habe einen Sohn, der jetzt bei seinem Dad wohnt.
Ich bin meinem Sohn gegenüber immer offen mit der Krankheit umgegangen, es war leider so, daß ich früher so schlimme Phasen hatte, daß ich mich immer wieder ganze Wochenenden lang ins abgedunkelte Schlafzimmer legte und zu nichts in der Lage war. Mein Sohn war da im Kindergarten und hatte es nicht leicht, mußte sich an den Wochenenden selbst versorgen, hat dann halt nur immer Vesper gegessen. Er hat auch Wut entwickelt über seine Hilflosigkeit sowohl gegenüber meiner Krankheit als auch gegenüber der Trennung von mir und seinem Vater.
Er hat dann, als er in die Schule kam, eine dreijährige Kindertherapie gemacht und das hat sehr sehr gut geholfen.

Ich habe meinem Sohn meine Krankheit immer kindgerecht dem Alter entsprechend erklärt, denn er hat auch immer gefragt, wenn er gemerkt hat, mir gehts nicht gut und hat nicht lockergelassen, bis ich ihm das erklärt hatte.
Ich habe gemerkt, daß er ruhiger wurde, wenn ich mit ihm geredet hatte, für meinen Sohn war es wichtig, zu reden.

Auch heute noch rede ich mit meinem Sohn offen darüber und er weiß auch, daß ich Antidepressiva nehme und sagt selbst, daß er merkt, daß es mir seit dem besser geht und ich nicht mehr so viel traurig bin wie früher.
Und er hat viel früher erkannt wie ich, daß es mir helfen würden, wenn ich Medikamente nehme, hat mir das immer wieder gesagt.

Ich merke seine Hilflosigkeit noch heute, doch dadurch, daß ich offen mit ihm redete und rede, ist die Wut kleiner geworden und er kann mit dieser Hilflosigkeit besser umgehen, das habe ich deutlich gemerkt.
Aus dieser Erfahrung heraus würde ich sagen, es ist immer gut, offen aber dem Alter enstprechend kindgerecht den Kinder zu versuchen, die Krankheit zu erklären.

Liebe Grüße Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
tangram
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Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von tangram »

Hallo Babi,

danke für deine Antwort.

Es ist bestimmt richtig ein offenes Gespräch darüber zu führen.
Leider ist es nur so, dass mein Mann nicht bereit ist mit den Kindern darüber zu sprechen und so läuft das meiste eben über mich.

Die Kinder/Jugendlichen trauen sich gar nicht so richtig an ihn heran - es ist im Laufe der Jahre eine Distanz entstanden.

Ich bin also eher so ein Mittler zwischen den Parteien, wenn man es so ausdrücken darf.

Man fühlt sich da sehr zwischen den Stühlen und dient in Frustsituationen irgendwie wie ein Puffer.

Dann ist da noch das Problem einem Kind zu erklären was eine Depression ist, wenn man selbst oft die Antwort nicht hat und viele Dinge gar nicht erklären kann.

Ich hab das schon immer versucht hier zwischen ihnen allen zu vermitteln, natürlich wäre es aber besser, wenn mein Mann selbst mal darüber sprechen würde.

Oft denke ich mir, dass er für sich selbst noch gar nicht richtig realisiert hat, das dies eine Krankheit ist an der kein Dritter die Schuld trägt.

Diese Schuldfrage steht bei uns oft noch dazwischen und erdrückt einem.
Ich hab mich auch schon ertappt die Schuld bei mir zu suchen.

Den Kindern ging es da ebenso. Gott sei Dank habe ich mit ihnen in einem Gespräch geklärt, dass sie nicht die geringste Schuld an seiner Erkrankung tragen.
Manchmal befürchte ich aber dass sie trotzdem in diese Richtung denken und das macht mir Angst.
"Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt"

Laotse
Babi
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Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von Babi »

Hallo Tangram,

ich verstehe deine Gedanken.
So eine Krankheit, wie dein Mann sie hat, tritt meistens entweder durch zuviel Streß auf oder durch eine problematische Kindheit auf.
Du und die Kinder haben da auf keinen Fall irgendwelche Schuld, das müßt ihr euch immer wieder klar machen.

Und daß dein Mann nicht reden kann oder will, hängt damit zusammen, daß wir Betroffenen uns oft selbst fremd sind in der Krankheit, weißt du.
Mir ist es so gegangen, ich mußte lernen, bei mir selbst durchzublicken und das ist ein Prozeß.
Ich könnte mir vorstellen, daß es deinem Mann genauso geht.

Ich kann mir vorstellen, wie schwer die Situation für dich und die KInder ist und ich wünsch euch viel Kraft dafür.

Liebe Grüße Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
susan
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Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von susan »

Hallo Tangram,

hier ein link, der Dir evtl. eine Fragen beantwortet bezw. der Dir und Deinen Kindern hilft.

http://www.dilborn.de/fileadmin/user_up ... tthias.pdf


Blaumeise-umk
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Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von Blaumeise-umk »

Hallo Tangram,

Dein Beitrag hat mich beim Lesen eben sehr angesprochen und ich kann gut verstehen, was Du beschreibst. Ich hatte selbst einen depressiven Vater und als Jugendliche hatte ich oft eine riesige Wut auf ihn (so kann ich den Satz Deiner Tochter mit dem "in den Hintern treten" im Grunde gut verstehen...). Seine Krankheit wurde mir (leider) nie richtig erklärt, worunter ich sehr gelitten habe, denn ich habe nie verstanden, was eigentlich los ist und deshalb wahrscheinlich auch die Wut entwickelt. Ich habe immer meine Mutter gefragt, was denn mit dem Papa ist und ihre Standard-Antwort war "er ist eben krank..."; wahrscheinlich war sie selbst überfordert mit der ganzen Situation, aber diese Antwort hat mir in keinster Weise geholfen und mich auch nicht getröstet (was ich mir im Grunde aber immer sehr gewünscht habe, denn es gab schon schlimme Situationen, die ich eigentlich lieber nicht miterlebt hätte - wenn er z.B. mit uns am Tisch saß und total geheult hat...; ich habe nicht verstanden, was da eigentlich los ist und habe mich einfach total hilflos und auch traurig gefühlt). Auch ich habe mich im Grunde nie richtig an meinen Vater rangetraut - ja, es war wirklich oft "unheimlich" mit ihm und da war immer die Angst, daß das, was ich von ihm will, ihm zuviel sein oder stören könnte..., so ist er mir im Grunde immer fremd geblieben.
Zwar entspricht es nicht meinem Charakter, anderen gegenüber "frech zu werden", aber mein Männerbild ist tatsächlich ziemlich negativ und ich kann mir bis heute nicht vorstellen, selber einen Partner zu haben.

Die Schuldfrage, die Du ansprichst, verstehe ich auch sehr gut; ich glaube, meine Mutter hat sich auch immer schuldig gefühlt und war durch die ganze Situation sehr belastet bzw. vielfach überfordert. Sie hat auch immer versucht zu vermitteln, das ist mir jetzt im Nachhinein klar geworden, aber sie hat uns im Grunde damit nicht wirklich geholfen, denn wenn ich Wut hatte, dann hatte ich sie eben und sie hat ihn immer in Schutz genommen - dadurch gab es keinen Raum für meine Gefühle und das hat mich dann im Grunde noch mehr wütend gemacht, zumal ich nicht die Erklärungen oder Unterstützung (Trost) bekommen habe, die ich mir gewünscht hätte. Bis heute habe ich Probleme, meine Gefühle wirklich zuzulassen; ich habe immer Angst, sie könnten "stören" oder nicht angebracht sein, weil es früher einfach viel zu wenig (Erfahrungs)Raum dafür gab.
Obwohl ich mittlerweile viel gelesen habe und versuche, all das besser zu verstehen, fühle ich mich auch heute noch ganz schnell schuldig, wenn es anderen Menschen aus meinem Umfeld schlecht geht oder ich einen Fehler mache, der Auswirkungen auf andere hat; damit kann ich dann vielfach ganz schlecht umgehen und würde mich am liebsten total verkriechen, weil ich mich so arg schuldig fühle. Dieses Muster kommt auf jeden Fall von früher, denn wenn wir Kinder nicht "funktioniert" haben, hat mein Vater mit "mir geht es jetzt schlecht" reagiert und das war für mich ganz schlimm. Obwohl ich das mittlerweile alles (rational) verstehe, konnte ich die Schuldgefühle noch nicht "ablegen" - ob mir das jemals gelingen wird...?!

Aus heutiger Sicht würde ich Dir also auf jeden Fall raten, so offen wie möglich mit Deinen Kindern zu sein, soviel "Gegenleistung" (Trost z.B.) wie möglich zu geben und die Idee, sich Unterstützung bei einem "Fachmann" zu holen, finde ich ganz toll - ich wünschte, meine Mutter hätte damals so weit gedacht!

Alles Gute für Dich!


Hallo Susan - Danke für den interessanten Link-Tipp!
tangram
Beiträge: 131
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Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von tangram »

Hallo liebe Blaumeise,

also diesen Beitrag von dir hätte meine Tochter mit Sicherheit nicht besser schreiben können.
Danke dafür - das ist zwar eine schlimme Wahrheit aber eigentlich das, was ich schon die ganze Zeit immer im Gefühl hatte.
Vielleicht kann ich zur Entlastung deiner Mutter mal meine Muttersicht dazu sagen:

Als Mutter wünscht man sich für seine Kinder eigentlich immer nur dass sie möglichst frei und unbelastet ins Leben gehen.
Leider ist das nicht möglich - oder nur bedingt - ist dann der Partner krank, versucht man wenigstens die Kinder da raus zu halten um ihnen möglichst wenig Schaden damit zuzufügen.
Aber gerade dieses raushalten ist wahrscheinlich schon nicht gut, denn unterschwellig spüren sie natürlich ganz genau dass hier was nicht ganz ehrlich zu geht.

Die Wut meiner Tochter kann ich verstehen.
Ich hab auch oft Wut - auf meinen Mann - und die drücke ich runter.
Sie geht anders damit um und lebt sie aus.

Mir tut das alles so leid und als ich das von dir las, dass euer Vater beim Essen am Tisch weinte ..... genau das gleiche Bild kenne ich auch.
Es ist schlimm, wenn der eigentlich starke in der Familie so zusammenknickt.
Da wackelt das sichere Weltbild.
Aber ich weiß eigentlich dass auf dieser Welt nichts sicher ist.

Mittlerweile sprechen wir beide oft wenn wir mit dem Hund rausgehen über ihre Gedanken und ich versuche ihr zu erklären dass ihre Wut schon sehr verständlich ist und auch sein darf.
Ich lasse den Kindern auch die Möglichkeit nicht "auf leisen Sohlen" durch die Wohnung zu schleichen, um den Papa zu schonen, sondern ganz normal Freunde einzuladen.

Ich möcht mich noch mal ganz herzlich für deinen Beitrag bedanken

Alles Liebe für dich
Tangram
"Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt"

Laotse
susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von susan »

Hallo Blaumeise,

schön, dass Dir der link gefällt

Ich habe es in der Kindheit ähnlich erlebt wie Du....einen Vater, der eine nicht erkannte, nicht behandelte Depression, Persönlichkeitsstörung hatte, dessen Stimmungsschwankungen, die schnell wechselnde von Liebe und Ablehnung hat bei mir dazu geführt, dass ich mich von meinem Ich (inneres Kind) abspaltete und das, was dann heranwuchs, war ein Kind, dass sich verzweifelt bemühte, sich auf diese Stimmungsschwankungen einzustellen, sich anzupassen um jeden Preis und dabei entwickelte sich auch eine Depression und eine erst spät erkannte Persönlichkeitsstörung.

Mein Vater war nur einmal in einer Klinik, zu der Zeit war ich aber nicht mehr zu Hause. Er hat sich sehr verändern können, aber richtig geholfen hat man ihm nicht bezw. er hat sich nicht die für ihn nötige Hilfe geholt.

Meine Mutter war auch sehr widersprüchlich, auf der einen Seite die Mutter, die alles für ihre Kinder (wir sind 3 Geschwister) tat, für sie sorgte, ihnen Liebe und Aufmerksamkeit schenkte. Der andere Teil von ihr war zu schwach, um die Wutanfälle und die Stimmungschwankungen meines Vaters auszuhalten.

Es gab ständig Streit bei meinen Eltern, Eifersucht, Geld uvm Dabei weinte sie viele Tränen und in solchen Augenblicken konnte auch sie nicht für uns da sein. Auch darauf versuchte ich mich einzustellen, was mir aber nicht gelang. Mein Betteln um Liebe und Bestätigung wurde nicht erhört. Ich bekam das ja zeitweise auch, aber in vielen Fällen wurde ich abgelehnt und bestraft. (sie sperrten mich dann in eine dunkle Kammer oder einen Keller ein)

Erst heute nach vielen Jahren habe die Verbindung zu meinem inneren Kind wieder herstellen können - ohne Angst vor Ablehnung und Liebesentzug - und gehe als Ganzes auf meine Eltern zu und habe jetzt ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Eltern.

Hast Du denn therapeutische Unterstützung? Hast Du einen Psychiater, der Dir evtl Medikamente verschreibt? Hol Dir unbedingt Hilfe und Unterstützung, allein ist so was oft nicht zu schaffen.

Liebe Grüße und alles Gute für Dich
Susan


rm
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Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von rm »

Liebe Blaumeise,

wenn ich Deine Schilderung lese, so steigt in mir ein Gefühl der Trauer auf, denn ich habe bestimmt auch viel Unsicherheit und Verlassensängste bei meiner Tochter ausgelöst.

Es sitzt tief, dieses Gefühl und ich merke, daß ich selbst da noch viel zu bearbeiten hab. Und wenn ich es auch verarbeitet haben sollte, wie schafft es meine Tochter?

Durch meinen Werdegang hat sie - auch von anderer Seite wohl eingeredet - eine regelrechte Ablehnung gegen alles "Psychogelaber" entwickelt. Verstehen kann ich es, aber es macht andererseits ziemlich hilflos.

Da nützt auch nichts, die Verantwortlichkeiten eines jeden Menschen mittlerweile theoretisch erkannt zu haben - wie ich es mittlerweile meine, erkannt zu haben - Es ist UNSER Kind und ich bin tief gefühlsmäßig mit ihr verbunden, genauso wie meine Exfrau.

Schxxx - Spiel.

Entschuldigt, irgendwie bin ich heute nicht so gut drauf. Auseinandersetzungen mit meiner Tochter haben mich seit gestern etwas verunsichert. Da melden sich wieder alte Muster bei mir: Harmonie scheint besser als Streiten.

Nachdenkliche Grüße,
Reinhart
tangram
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Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von tangram »

Hallo Reinhard,

dass dich das alles sehr traurig macht, ist ja kein Wunder.
Das ist eine Auswirkung dieser Krankheit.
Ich weiß man denk rationell ist jeder für sich selbst verantwortlich - aber emotional hat man dann doch Herzschmerz.
Laß mich dir sagen, dass ich die Tochter einer jahrelang (von 8 - 16 Jahren) alkoholkranken Mutter und eines sehr in sich gekehrten Vaters bin und auch wenn ich ein paar "Macken" abbekommen hab, so bin ich doch letztlich dankbar für meine Existenz.

Bei aller schwerer Geschichte, die nun auch die Kinder so mitkriegen, sind sie im Kern doch gut geraten und ich hab irgendwie schon den Eindruck dass das bei deiner Tochter auch so ist.

Es ist nie sicher dass Kinder von perfekten Eltern auch perfekte Erwachsene werden.

Diese Welt ist allers andere als perfekt.
Und am Beispiel von Susan kann man nachlesen, dass sie sich auch mit ihrem verletzten inneren Kind versöhnen konnte.
Das ist ein sehr wichtiger Gedanke.

Und auch ein sehr tröstlicher.

Liebe Grüße an alle Tangram
"Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt"

Laotse
rm
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Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von rm »

>...Bei aller schwerer Geschichte, die nun auch die Kinder so mitkriegen, sind sie im Kern doch gut geraten und ich hab irgendwie schon den Eindruck dass das bei deiner Tochter auch so ist....<

Danke für Deine Worte, Tangram

und ja, Du hast recht, unsere Tochter ist (nicht nur im Kern) ein liebenswerter/ guter Mensch und entwickelt sich mit allen Ecken und Kanten, auch als durchsetzungsfähiger Mensch.

Das sehe ich irgendwo auch mit Freude, obwohl es mich in Zeiten der Auseinandersetzung mit ihr auch sehr viel Energie kostet.

Das soll heißen: den Raum, den sie sich vorher nicht nehmen konnte, versucht sie sich jetzt zu nehmen und das Übungsfeld bin eben nun mal ich selbst als ihr Vater. Ihr Raum berührt dabei den meinen und oft stecke ich da zurück.

Manchmal ist das dann eben zuviel und - so denke ich jedenfalls - auch nicht gut für sie. Andererseits stärken ihre 'Siege' auch ihr Selbstvertrauen.

Nun, auf jeden Fall nochmals Danke für Dein Feedback. Es ist mir wichtig.

Jetzt sonnigeren Gruß,
Reinhart
susan
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Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von susan »

Lieber Reinhard,

die Ängste, die Du beschreibst, dass Deine Tochter was abbekommen hat, was sich negativ auf ihre eigene Entwicklung auswirkt, hatte ich bei meinen Kindern auch. Immer unterschwellige Ängste, Schuldgefühle, sich als Versager fühlen usw und dann keine Worte als Erklärung zu haben, weil man selber vieles nicht erkennen konnte.

Das ist für beide Seiten fast unerträglich. Meine Familie (Mann und 2 Kinder) haben mich sehr unterstützt. Und sie haben mich nie an meiner Weiterentwicklung gehindert, sie haben mir aber, was wichtig war für mich zu erkennen, auch nicht immer helfen können - z.b. therapeutsiche Hilfe, Klinikaufenthalte, meinen Arzt, all das waren Dinge, um die ich mich selber bemüht hatte.

Sie nahmen mir einige Arbeiten im Haushalt ab, mein Mann war IMMER für die Kinder da, was ich sehr wichtig finde. Klar, bleibt das schlechte Gewissen nicht aus, dass Sichnichtvollkommenfühlen, die Schuldgefühle....

Aber so konnten sich meine Kinder zu selbstbewußten Erwachsenen entwickeln, mit einer eigenen Meinung und sie brauchten sich nicht innerlich abspalten, um mir zu gefallen, damit es mir gut geht. Sie sind lange Zeit ihren Weg allein gegangen, mit Unterstützung von meinem Mann.

Auch ich habe dazu beitragen können - und das macht mich stolz - dass sie jetzt ein selbstbestimmtes Leben führen - unabhängig von der Zuwendung und der Liebe von anderen.

Dafür habe ich Jahre gebraucht und heute - endlich - bis ich an den Punkt gekommen bin, klar auszudrücken, was ich brauche, mir wünsche - auch mit der Gewissheit, dass Wünsche nicht immer erfüllt werden und ich für einge meiner Bedürfnisse selber zuständig bin.

Ich kann sagen, wenn ich mich in einem Kontakt (telefonisch, e-mail, persönlich) nicht wohl fühle und kann mich davon distanzieren. Ich bin nicht - mehr - auf die Zuwendung, Liebe, Anerkennung und Bestätigung von anderen angewiesen. Schön, wenn sie kommt, aber ich kann auch damit leben, dass mich nicht jeder mag - umgekehrt geht es mir ja auch so, dass ich mit bestimmten Menschen, die mir nicht gut tun, keinen Kontakt haben möchte.

Es entstanden in den letzten Monaten schöne, klärende Gespräch mit meinem Mann und meinen Kinder, und ich habe jetzt erkannt, dass andere auch ihre Schwierigkeit haben, über Gefühle und den Umgang damit zu sprechen. Aber das Zaubermittel heißt: Sprich selber an, wenn Dich etwas stört, freut, Dir etwas fehlt und alles, was Dir unklar ist und sich auf Dein Wohlbefinden auswirkt.

So war ich ganz oft die, die ein Gespräch angefangen hat und wir sind jetzt auch an dem Punkt, dass wir deutlich sagen, wenn es uns nicht passt, und versuchen dann einen Zeitpunkt zu finden, wo mehr reden möglich ist.

Du sagst ja selbst oft - und so sehe ich das auch - dass das Miteinanderreden sehr, sehr wichtig ist für eine gute Beziehung, egal mit wem.

Mach Dir keine Vorwürfe, sei stolz drauf, was an Entwicklung bei Dir und Deiner Tochter gut war, und freue Dich, dass Du DAS hinbekommen hast. Wenn Dich ein ungutes Gefühl plagt, Du meinst, dass etwas zwischen Euch steht, dann geh auf sie zu, rede mit ihr. Sucht einen Zeitpunkt aus, wo Ihr beide bereit seid, auch einanderzuhören ohne Unterbrechung ist ganz wichtig.

Sei auf alles stolz, was Du gut hinbekommen hast, Vergangenheit läßt sich nicht ändern (ganz alter Spruch und sieh nach vorn, was Du jetzt ändern möchtest, Bezieh alle mit ein, die Dir wichtig sind, aber achte auf Dich und auch darauf, dass Du niemanden überforderst (nicht einfach!)

Alles Liebe für Deinen Weg, den nur Du gehen kannst - J E T Z T

Susan


rm
Beiträge: 2209
Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von rm »

Liebe Susan,

wow, Dein Posting tut mir gut. Ich danke Dir ganz herzlich!

....und siehe da: ich höre auch schon wieder ein fröhliches Lachen aus dem Zimmer meiner Tochter. Ich bin dankbar, daß sie da und munter ist. Egal wie's manchmal aussieht. Und ja, miteinander reden, zum richtigen, für beide Seiten passenden Zeitpunkt.

Ich will's mir immer wieder vor Augen halten.

Jetzt wieder sonnige Grüße ,
Reinhart
Blaumeise-umk
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Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von Blaumeise-umk »

Liebe Tangram,
liebe Susan,

ganz herzlichen Dank für Eure lieben Beiträge, über die ich mich sehr gefreut habe, als ich sie heute morgen gelesen habe! Am liebsten hätte ich gleich wieder darauf geantwortet, aber wegen der Arbeit habe ich tagsüber leider keine Zeit.
Vor allem freut es mich, daß ihr verstehen könnt, was ich geschrieben habe. Denn oftmals zweifle ich an mir selbst, wenn ich das, was ich früher bei uns zu Hause erlebt habe, als "schlimm" (für mich) bezeichne, weil ich denke, andere können das nicht verstehen oder nachvollziehen und finden vielleicht, daß ich übertreibe oder zu empfindlich bin.

Tangram:
Du hast das sehr schön ausgedrückt: ja, es ist schlimm, wenn der, der in der Familie eigentlich stark sein sollte, derartig "wegknickt"; da wackelt tatsächlich was, v.a. als Kind, wo man sich doch nichts sehnlicher wünscht als "Halt" und "getragen sein". Für mich ist damals scheinbar tatsächlich viel zerbrochen, denn wie schon gestern erzählt, habe ich bis heute kein "normales" Männerbild entwickeln können.

Ich kann Deine "Muttersicht" gut verstehen und ich bin sicher, daß meine Mutter uns nie und nimmer irgendwelchen Schaden zufügen wollte. Wahrscheinlich unbewußt hat sie das aber doch getan - meiner Meinung nach durch ihre "Untätigkeit" bzw. dem "Ergeben" in die Situation. Sie ist ein Mensch mit hoher Leidensfähigkeit (die, wie ich heute weiß, durch ihre eigene Geschichte bedingt ist) und so hat sie eben einfach immer alles ertragen - und (aus meiner heutigen Sicht) zu wenig gehandelt. Sie war immer für uns da, war aber vielfach zu sehr auf das (physische) "Versorgen" eingerichtet und hat eben alles so getan, wie mein Vater es wollte - "um des lieben Friedens willen". Meine Gefühle für die Situation hatten dadurch keinen Platz, durften keinen Platz haben und irgendwann habe ich sie dann eben (unbewußt) in mir "eingeschlossen" und mir selbst nicht mehr erlaubt, sondern mich angepasst, "untergeordnet" - denn ich wollte ja nicht auch noch meine Mutter verlieren; nein, wenigstens die brauchten wir ja ganz dringend!

Der Satz von Dir "auf leisen Sohlen durch die Wohnung schleichen" hat mich sehr berührt, denn ganz genau so war es bei uns!! Wir durften nie richtig laut sein, denn es hätte meinen Vater ja stören können - und dann ging es ihm schlecht; hat z.B. in der Mittagspause ein Nachbarskind an der Tür geklingelt, waren wir schuld an der Störung seines Schlafes, weil wir im Vorhinein nicht deutlich genug auf die Mittagspause hingewiesen hatten. Bei uns zu Hause waren selten andere Kinder, die Atmosphäre dafür war einfach nicht gegeben. - Gut, wenn Du darauf achtest, daß da bei Euch wenigstens halbwegs "Normalität" bleibt!!


Susan:
ich kann so gut verstehen, was Du schreibst. Auch mein Vater litt fast sein ganzes Leben unter Depressionen, die er nie richtig behandelt hat; in einer ganz schlimmen Phase hat es meine Mutter mal geschafft, ihn zum Psychiater zu schleppen; der hat dann Medikamente verschrieben, Schlafmittel v.a., aber das hat uns in keinster Weise weitergeholfen. Die richtige, für ihn nötige Hilfe hat er sich (leider) nie geholt.
Auch ich habe mich angepasst um jeden Preis, war ständig darauf bedacht, es gut und richtig zu machen - v.a. auf die Außenwelt bezogen - und meine eigenen Bedürfnisse sind dabei auf der Strecke geblieben. Für mich war das jedoch lange, lange "normal" so; bis ich begriffen habe, wieviel da "schief" oder falsch gelaufen ist, war ich schon lange erwachsen.

Ja, ich habe mittlerweile therapeutische Unterstützung; es hat lange gedauert, bis ich soweit war, daß ich mich getraut bzw. mir zugestanden habe, mir Hilfe zu holen. Lange habe ich gedacht, kein Mensch kann meine Geschichte verstehen, denn ich war es überhaupt nicht gewohnt, darüber zu sprechen. Nach außen hin waren wir immer eine ganz "normale" Familie, von der Krankheit meines Vaters wußte fast niemand und wenn, dann nur ganz oberflächlich. Was das damals wirklich für uns bedeutet hat, kann sich von unseren Verwandten z.B. wahrscheinlich bis heute niemand vorstellen.
Aber dann sind mir zum Glück zur richtigen Zeit die richtigen Menschen begegnet, darunter auch ein Therapeut, der sofort alles verstanden hat, vieles auch "ohne Worte". Nie zuvor hätte ich gedacht, daß so etwas möglich ist und das war ein sehr tiefgehendes, wichtiges Erlebnis für mich. Und ich bin sehr froh, daß ich immer noch mit ihm arbeiten kann, mittlerweile schon fast 2 Jahre.
Außerdem lese ich aber auch viel, u.a. auch über Traumata und ich habe mir letzte Woche z.B. auch das Buch "Wie Traumata in die nächste Generation wirken" besorgt, was vor kurzem hier vorgestellt wurde; es ist sehr gut und ich bin froh, durch dieses Forum den Hinweis darauf bekommen zu haben!
Auch die Methode der Familienaufstellungen ist mir nicht unbekannt und finde ich sehr spannend; dazu habe ich z.B. das Buch "Seelische Spaltung und innere Heilung" von Franz Ruppert gelesen. Eine eigene Aufstellung habe ich noch nicht gemacht; ich habe das Gefühl, daß es für mich gerade nicht so passt, aber das kann sich ja auch ändern. Hast Du Familienaufstellungen nach der Hellinger-Methode gemacht? Diese wird ja mittlerweile vielfach kritisch gesehen. Ein Arbeitskollege macht gerade Seminare bei Prof. Franz Ruppert in München, der die Aufstellungsmethode weiterentwickelt und sich auf die inneren Spaltungen durch traumatische Erfahrungen spezialisiert hat. Ich denke, das ist ein sehr guter, hilfreicher Ansatz.

Auch ich möchte mich nochmal ganz herzlich für Eure Beiträge bedanken!
Euch noch ein paar schöne Spätsommertage und alles Gute!

Liebe Grüße,
Blaumeise
susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von susan »

Liebe Blaumeise,

ja, für Kinder von depressiven/psychisch kranken Eltern ist es besonders schwierig, wenn der Betroffene nicht imstande ist, für sich zu sorgen und sich die entsprechende Hilfe zu holen.

Dass Du Deine Situation damals als "normal" empfunden hast und daran gezweifelt hast, ob es nicht doch in Orndung ist, wie die Eltern sich verhalten, diese Unsicherheit hat mich viele Jahre auch begleitet.

Ich fand meine Kindheit als normal, weil ich gelernt hatte, mich anzupassen und erkannte sehr spät erst, dass mich das Anpassen sehr viel Kraft kostete und letztendlich zur inneren Spaltung führte.

Ich hatte immer das Gefühl, meine Erlebnisse waren unwichtig, viel kleiner als die Probleme der anderen und zweifelte lange daran, ob es sich bei mir inzwischen auch um eine psychische Erkrankung handelte.

So meldete mein Körper sich mit vielen Signalen, dass ich was ändern musste, um wieder gesund zu werden. Migräne, Rückenschmerzen, Alpträume usw. wurden jahrelang behandelt, ohne dass die Ärzte es erkannten, dass ich eigentlich Depressionen und eine Persönlichkeitsstörung habe und mein Körper mich darauf aufmerksam machen wollte, dass ich unbedingt etwas ändern/tun muss.

Dieser Weg war sehr lang und ich suchte mir nach und nach die entsprechende Hilfe (Klinik, Medis, Psychiater, Therapie (VT und TP) später auch Körpertherapie) was ein Riesenschritt war, und ich bin froh, dass ich selber in der Lage war, für mich zu sorgen.

Es hat sich soviel getan und ich bin immer noch auf meinem Weg. Der wird immer weitergehen, eines Tages vllt sogar ohne Medis und Therapie, aber ich setze mich da nicht unter Druck - ich höre in mich rein, was ich JETZT brauche, versuche meine Vergangenheit zu akzeptieren und mein Wunsch ist es, mich immer weiterzuentwickeln, so dass ich frei bin von psychosomatischen Beschwerden bin und meine Konflikte/Probleme selber lösen kann ohne Therapie. Ich bin mir sicher, dass ich das erreichen kann

Und Dir wünsche ich das auch!

Liebe Grüße
Susan


tangram
Beiträge: 131
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Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von tangram »

Hallo liebe Blaumeise,

mir wäre eines ganz wichtig, nämlich die Antwort auf die Fragw:

Wie hätte es deine Mutter für dich besser machen können?

Was hast du als Kind an Ihrer überstarken Leidensfähigkeit vermisst?

Bitte, mir ist die Antwort sehr wichtig.

Ich höre nämlich oft von meiner Tochter versteckte Botschaften, wenn sie mir etwas erzählt. Sie redet dann meistens von Dritten Personen. Wie z.B. : Die Soundso ist blöd, weil sie sich das von dem und dem Menschen gefallen lässt."

Ich denke schon oft dass sie auch eine Wut auf mein Durchhalten der Situation hat.

Das Problem deiner Mutter (nämlich ihre Leidensfähigkeit bedingt durch ihre Kindheitsgeschichte) könnte ev. bei mir zutreffen, da ich durch die Alkoholkrankheit meiner Mutter ja bereits als Kind vorbelastet wurde.

Ich würde gerne deine Sicht der Dinge hören.

Meinst du, man sollte nicht immer hinnehmen und geduldig warten bis der Partner aus dem Schneckenhaus wieder herauskriecht?

Ich weiß nicht mehr - irgendwie sitz ich zwischen den Stühlen. Aber allen kann man es doch nicht recht machen. Und dabei hab ich gedacht, ich hätte einen guten Mittelweg gefunden.

Die Sache ist deshalb so brisant, weil ich gestern meinen 44. Geburtstag hatte und mein Mann mir (da ja im Moment Eiszeit ist) in der Früh vor den Kiddis nicht mal ein kleines Wort gesagt hat.

Ich war dann natürlich sehr traurig und die Kids sahen das auch. Aber ich hab dann schnell wieder auf cool gemacht und meinen Frust runtergeschluckt.
Abend kam er dann schon mit einem Sträußchen Blumen an und ich war froh, dass die Kinder wenigstens diese Geste gesehen haben.

Ich kam mir in diesem Moment vor wie ein alter Putzlumpen- trotz der Blumen, denn irgendwie kam es so rüber als kämen sie nicht mal von Herzen.

Beim Abendessen saß ich dann allein mit den Kindern, denn er hatte sich mal wieder in seinen Keller verkrümelt.

Da hab ich mal richtig die Wut und die Enttäuschung darüber herausgelassen, bin dann ins Bett und hab ihn auch keines Blickes mehr gewürdigt.

Ich denke ich bin manchmal zu gutmütig und das rächt sich, denn oft kommt es mir dann so vor, als würden alle in meiner Familie denken: Die hält was aus, auf die kannste noch mal was draufpacken. Und zugleich haben sie eine Wut auf mich, weil ich so ruhig mein Leben neben meinen Mann führe und nie richtig auf den Tisch haue.
Ich befürchte das würden sie sich insgeheim mal wünschen.

Meinst du das ist so??

Ich würde mich über eine Antwort von dir sehr freuen

Liebe Grüße Tangram
"Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt"

Laotse
Blaumeise-umk
Beiträge: 85
Registriert: 2. Dez 2009, 20:31

Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von Blaumeise-umk »

Liebe Tangram,

erstmal: ganz herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag nachträglich!!
Und weißt Du, was ganz witzig ist? - Meine Mutter hatte gestern auch Geburtstag!

Ich habe gerade Mittagspause, kann es aber unmöglich schaffen, Dir auf Deine Fragen zu antworten; das will ich jedoch gerne versuchen, sobald ich die nötige Zeit und Ruhe dazu habe. Heute abend bin ich allerdings nicht da und es wird wohl mindestens bis morgen abend dauern, bis ich wieder Zeit finde, hier zu schreiben. - Das für heute zu Deiner Information und ich hoffe, es ist okay für Dich.
Du sprichst viele Dinge an, über die ich auch erstmal näher nachdenken muß, denn über die genaue Situation meiner Mutter damals kann ich ja auch nur Vermutungen anstellen (sie ist im Moment verreist, ich kann sie deshalb auch nicht fragen). Ich will jedoch gerne versuchen, aus meiner Sicht zu erzählen, soweit ich das kann.

Dir heute noch einen schönen, sonnigen Tag - genieße ihn!
Liebe Grüße,
Blaumeise
Laura.M
Beiträge: 86
Registriert: 12. Jul 2010, 11:49

Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von Laura.M »

Liebe Tangram,

herzliche Glückwünsche nachträglich zu deinem Geburtstag. Ich wünsche dir vor allen Dingen beste Gesundheit und viel Lebenskraft und Lebensfreude.

Im Forum „Umgang mit der Krankheit“ hat FönX einen Tread für alle eröffnet mit dem Thema „3 gute Dinge des Tages“. Das wäre meiner Meinung nach in unserem Forum auch gut... denn man achtet dann auch mehr auf das Positive des Tages, kann darüber berichten, seine Freude mit anderen teilen und erkennt, dass das Leben dennoch für jeden auch schöne Seiten hat. Wie denkst du und die anderen Angehörigen darüber?

Danke für deine Antwort gestern in dem anderen Thread.

Alles Liebe für dich und deine Familie.

Herzliche Grüße
Laura
Alma21
Beiträge: 57
Registriert: 11. Aug 2010, 15:07

Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von Alma21 »

Hallo Tangram,

zuerst auch von mir noch einen herzlichen Glückwunsch nachträglich zum Geburtstag.

Ich bin über deinen letzen Eintrag hier gestolpert - insbesondere, als du von der Übermittlung von Botschaften deiner Tochter erzählt hast (dritte Person).

Genauso habe ich es als Kind auch gemacht, wenn ich meinem Vater was sagen wollte. Immer verbunden mit der Hoffnung, daß er mich versteht oder nachfragt, was ich konkret meine. Offen zu sagen, daß mit der dritten Person ich selbst gemeint war - niemals. Dafür kannte ich die Schnelligkeit und Stärke seiner Hand zu gut. Diese Art der Frage-/Aussagetechnik war für mich die Möglichkeit etwas zu sagen, ohne etwas konkretes zu sagen.

Ohne deine Situation im Detail zu kennen, die Vermutung, daß deine Tochter dich gemeint hat, liegt nahe.

Diese Gratwanderung zwischen "nicht immer hinnehmen" und "geduldig warten" ist fast unmöglich. Irgendwas bleibt immer auf der Strecke. Da man über die Jahre gelernt hat, zurückzustecken - ist man es meist selbst, der auf der Strecke bleibt. Vor allem als Elternteil "neutral" zu bleiben, und nicht in Anwesenheit der Kinder wegen dem Partner Gift und Galle zu spucken - ein kleiner Kraftakt. Aber was würde denn passieren, wenn du dich bei deinem Nachwuchs über den Partner ausläßt? Kinder verlieren sehr schnell die Achtung oder schlagen sich auf die Seite des vermeintlich "schwachen" Partners - und damit beginnt für ein Kind schon die Schieflage - ohne das es das merkt. Dieser Umstand wirkt erst wieder später, wenn's mal in eine eigene Beziehung geht.

Was du aber tun kannst: indem du einerseits mit ruhigen Worten deinen Unmut zum Ausdruck bringst, andererseits aber auch Verständnis zum Ausdruck bringst, warum sich das Verhalten der Erwachsenen so darstellt, wie es im Moment ist. So merken sie, daß die "Mama" ein ganz normaler Mensch ist (der sich natürlich auch mal über den Partner ärgert und vor allem auch ärgern darf), andererseits verlieren sie durch dein eigenes Verständnis nicht den Respekt und die Achtung vor dem Vater. Sie können auf diese Art vielleicht auch "lernen", daß man sich ärgern oder wütend sein kann, ohne gleich ausfallend oder verletzend zu werden.

Ich denke aber, es ist wichtig, daß sie sehen, daß sich die "Mama" nicht ständig gegen das Schienbein treten läßt und alles hinnimmt. Es kann passieren, daß der Nachwuchs es den vermeintlichen "Vorbildern" nachtut und dir die Kinder irgendwann "auf die Backe hauen" - wohl wissend, die "Mama" reagiert ja eh nicht.

Ich wünsche dir viel Kraft und weiterhin Geduld.
tangram
Beiträge: 131
Registriert: 24. Mai 2010, 19:40

Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von tangram »

Hallo

Vielen Dank euch allen
"Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt"

Laotse
Blaumeise-umk
Beiträge: 85
Registriert: 2. Dez 2009, 20:31

Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von Blaumeise-umk »

Liebe Tangram,

als ich das, was Du von Deinem Geburtstag berichtet hast, gelesen habe, hat mir das irgendwie sehr leid getan - ich kann mir vorstellen, wie weh es tut, am eigenen Geburtstag für den Partner nur so "Nebensache" zu sein. Und ich denke, es war nicht falsch, Deine Wut und Traurigkeit darüber am Abend auch den Kindern zu zeigen (wie schade, daß er sich nicht mal am Geburtstag zu einem gemeinsamen Abendessen überwinden konnte!!) - denn es ist ja ganz natürlich über so eine Situation traurig zu sein und wenn Du das nicht gezeigt hättest, hätten die Kinder womöglich gedacht, das macht Dir alles gar nichts aus... - und das wäre ja auch nicht gut und richtig gewesen bzw. hätte ihnen ein falsches (Vor)Bild gezeigt, oder??

Nun will ich versuchen, auf das einzugehen, was Du mich vorgestern gefragt hast. Ehrlich gesagt, finde ich das teilweise ganz schön schwierig, denn ich kann ja nur aus der heutigen - meiner mittlerweile "erwachsenen" - Sicht sprechen, die in den letzten 2-3 Jahren entstanden ist, seitdem ich mich ganz intensiv mit mir, meiner "Geschichte" beschäftige.
Es gibt Dinge, die mich früher schon geärgert und gestört haben (worüber ich meinen Ärger aber i.d.R. unterdrückt habe, denn er "durfte" ja nicht sein...), und es gibt aber auch Vieles, was mich erst aus heutiger Sicht ärgert - was ich damals einfach als "normal" wahrgenommen habe, weil ich es gar nicht anders kannte und erst durch meine persönliche Arbeit und Erkenntnisse jetzt erkenne ich, daß das gar nicht unbedingt "normal" war und es gut und gerne auch anders hätte sein können.

Die Situationen mit dem weinenden Vater am Tisch, die hätte ich gerne nicht unbedingt miterleben müssen, denn es war einfach schrecklich - keiner wußte, wie er reagieren soll, es war eine schreckliche Atmosphäre im Raum und ich habe mich einfach total hilflos, aber auch einsam gefühlt. Am liebsten hätte ich wahrscheinlich auch geheult, aber ich habe mich wohl nicht getraut, denn ich hatte Angst, wenn ich jetzt auch noch "Ärger mache", dann bricht alles zusammen - denn wenn meine Mutter meinen Vater nicht trösten kann - wie soll sie mich dann (auch noch) trösten können?!?

Mir hat irgendwie immer der nötige "Halt" gefehlt, aber ich weiß, daß ich das meiner Mutter im Grunde nicht zum Vorwurf machen kann/ darf, denn sie war ja selbst überfordert mit der ganzen Situation. Was ich mir aber auf jeden Fall gewünscht hätte ist, daß sie uns mehr "geschützt" hätte - eben vor solchen Situationen wie mit dem Weinen am Tisch. Ich denke schon, daß man - zum Schutze aller - verlangen kann: wenn es Dir so schlecht geht, dann sitzt Du eben nicht mit uns am Tisch - oder Du reißt Dich wenigstens für diese Zeit so zusammen, daß es für alle eine halbwegs erträgliche Situation ist (daß Kinder trotzdem spüren, daß was nicht in Ordnung ist, ist ja klar, hast Du ja auch schon so geschrieben - aber ich denke, es ist gerade in so einer Situation ein ganz wichtiges Zeichen, auch für Kinder, daß es Zeiten gibt, wo die FAMILIE wichtig ist, wo jeder sich Mühe gibt, dem gesamten Gefüge zu "dienen" und sich nicht einer mit seinem ganzen Leiden derart in den Mittelpunkt stellt. So würde ich das jedenfalls aus heutiger Sicht sehen).

Was ich meiner Mutter schon ein bißchen vorwerfe ist, daß sie ihn nie zu einer echten Behandlung aufgefordert/ gezwungen hat, sondern sich immer seinen Aussagen "mir kann sowieso keiner helfen" oder "ich schaffe das auch alleine..." untergeordnet hat. Zwar war damals vor 20 Jahren eine psychische Erkrankung ja noch viel mehr "tabu" und es gab sicher auch noch nicht so gute Behandlungsmethoden, aber trotzdem kann ich das bis heute irgendwie nicht akzeptieren bzw. nehme es ihr übel. Ich denke, zu unserem Schutz hätte sie irgendwann einfach mal eine Grenze ziehen und was machen, handeln müssen - und wenn es wenigstens mal eine externe Beratung gewesen wäre, so wie Du es berichtet hast. - Aber das ist ganz allein meine Sicht; was sie dazu bewogen hat, so passiv zu bleiben, kann ich nur erahnen und im Grunde will ich ihr ja auch keine Vorwürfe machen. Manchmal bleibt das allerdings zugegeben nicht aus, z.B. wenn ich mal wieder ein neues Verhaltensmuster an mir entdecke, was ganz sicher mit früher zu tun hat und wo ich dann denke: "oh Mann, das hätte doch echt nicht sein müssen..." - z.B. traue ich mich bis heute nicht, bei anderen Leuten zwischen 13.00 und 15.00 Uhr anzurufen, denn da war bei uns Mittagsruhe und jede Störung konnte zu einer Katastrophe führen...! Auch schließe ich Türen immer noch so leise wie möglich und zucke bei knarrenden oder quietschenden Geräuschen zusammen, denn all das war bei uns früher absolut tabu, weil es seine Ruhe stören konnte... - alle 3 anderen Familienmitglieder haben sich untergeordnet, meine Mutter hat uns sogar dazu angehalten, "weil er ja krank ist" - aber unsere Bedürfnisse blieben dabei auf der Strecke! Ich lerne erst jetzt so nach und nach, daß ich ja auch Bedürfnisse habe und die auch mal "fordern" darf!(?) Es wäre wohl nicht verkehrt gewesen, wenn meine Mutter uns manchmal gezeigt/ vorgelebt hätte, daß man auch (eigene) Bedürfnisse haben und die auch mal ausleben "darf" - natürlich nicht "grob fahrlässig" oder so daß man anderen bewußt schadet; aber zu unserer Familie gehörten nun mal 4 Menschen und warum sollen 3 keinen Besuch haben dürfen nur weil das einen stört? Eigentlich nicht gut, oder? Von daher finde ich das sehr gut, wenn Deine Kinder nicht ständig auf "leisen Sohlen herumschleichen" müssen, denn dbzgl. habe ich echt einen "Knacks weg"!

Gerne möchte ich Dir noch ein Buch empfehlen; in anderen Threads hier wurde schon darüber geschrieben, aber ich möchte es jetzt doch nochmal erwähnen, weil es für mich einen "Knackpunkt" darstellt, und zwar das Buch "Sie haben es doch gut gemeint - Depression und Familie" von Josef Giger-Bütler. Mit diesem Buch hat eigentlich "mein Weg" angefangen und ich bin so froh, daß es mir damals sehr zufällig begegnet ist. Durch dieses Buch ist mir ganz viel klar geworden über die Verhaltensmuster, die ich von früher in mir trage und die mir teilweise bis heute zu schaffen machen.
Ich habe schon manches Mal überlegt, ob ich dieses Buch mal meiner Mutter geben soll - damit sie mich und meine ihr gegenüber z.Zt. teilweise sehr distanzierte Haltung besser versteht. Bislang habe ich mich nicht getraut, weil ich Angst habe, sie "bricht dann zusammen" und denkt womöglich, sie hat alles falsch gemacht. Aber ich denke, Du bist an einem ganz anderen Punkt und ich könnte mir gut vorstellen, daß Du von diesem Buch profitieren kannst.

Soweit erstmal von mir; mir gehen zu der ganzen Thematik gerade auch sehr viele Gedanken durch den Kopf und ich hoffe, ich konnte mich einigermaßen verständlich ausdrücken. Falls Dir etwas nicht klar ist oder Du noch weitere Fragen hast, darfst Du Dich gerne wieder melden!

Alles Gute für Dich und liebe Grüße,
Blaumeise
tangram
Beiträge: 131
Registriert: 24. Mai 2010, 19:40

Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von tangram »

Hallo liebe Blaumeise,

viele herzlichen Dank für deine Antwort - hab heute morgen in der Arbeit schon daran gedacht.

Deine Sichtweise der Umstände ist mir sehr wichtig, denn daraus kann ich vieles sehen, was ich bisher vielleicht übersehen habe.

Das mit der Therapie-Aufforderung ist schon mal ein wichtiger Punkt.

Er machte mal eine - medikamentös und auch Gesprächspsychologisch - aber als ihm die Therapeutin zu nahe an seine Themen kam, da brach er ab. Seit dem geht er mit mir zusammen zu einer Psychologin mit der wir - auf private Rechnung - Paargespräche führen.

Dabei fällt mir bei den Gesprächen immer öfters auf, dass er sämtliche Probleme in seinem Leben auf mich bezieht.

Weil du so bist----bla bla -- reagiere ich so.

Ich wollte vor 8 Jahren die Trennung, weil in unserer Ehe vieles im Argen lag, darauf reagierte er mit massivem Druck und ständiger Belagerung meinerseits.

Die Geschichte jetzt mal in kurzform. Also ich hatte eine aussereheliche Beziehung und wollte ihn verlassen, dass hatte bei ihm - nach seinen Angaben eine tiefes Trauma zur Folge.
Und so kann ich mir natürlich - du kannst es dir denken - auch noch die Schuldfrage auf die Stirn schreiben.

Jahrelang und auch heute noch leide ich unter diesem Vorwurf.
Es ist so grausam - weil es mir im Nachhinein auch so leid tut. Ich fühle mich ja auch wirklich schuldig - das ist der Knackpunkt.

Die Psychologin sagte zu mir: Sie sind nicht schuld an der Erkrankung - sondern Sie haben ihn an einem wunden Punkt von früher erwischt, der dann offenbar aufgebrochen ist.

Ich weiß diese Erklärung ist plausibel, aber dennoch krieg ich das schlechte Gewissen nicht aus mir heraus und wahrscheinlich handle ich auch deshalb so verbissen.

Wut auf ihn konnte ich bisher nicht wirklich zulassen, denn ich bin ja im Prinzip "schuld" daran.

Natürlich hält er mich in dieser Form, denn vermutlich hofft er, dass er mich dadurch nicht zu verlieren droht.

Aber ich denke genau das Gegenteil ist der Fall.
Seit fast 2 Wochen redet er das erste Mal wieder ein paar vernünftige Sätze mit mir und es gibt auch kleine Berührungen.

Vor ein paar Monaten hätte ich noch einen Luftsprung gemacht - aber seit einiger Zeit merke ich, dass mit jeder Eiszeit ein Stück meines Gefühls für ihn einfriert?

Normalerweise beendet er diese Eiszeit und ich ziehe dann freudig wieder mit - aber gestern abend merkte ich dann, dass der Abstand von ihm mir gut tat und ich im Moment nicht bereit bin, von meiner Seite Nähe zuzulassen.

Ich nehme mir dieses Recht, denn auch er nimmt sich das Recht mich in regelmäßigen Abständen in Frage zu stellen.

Tut mir leid dass es so viel geworden ist, aber im Moment dreht sich bei mir so viel im Kopf herum, dass ich denke ich sitze in einem Karussell.

Ich hab ihn immer verteidigt - aber seit einigen Tagen - spüre ich eine riesen Wut in mir und ich hätte wirklich eine solche Lust ihm heute bei der Therapiestunde mal so die Meinung zu geigen.

Vermutlich tu ichs ja eh wieder nicht, aber wenn ich an die Kids denke, wie sie unter der häuslichen Situation leiden dann platzt mir schon der Kragen.

Ich weiß gar nicht wie ich meine Gefühle jetzt beschreiben soll.

Es ist wie aus einem Winterschlaf erwacht.

Ich möcht mich noch mal ganz herzlich bei dir bedanken für deine Offenheit und dass du für mich in eine sehr problematische Ecke deines Lebens zurückgegangen bist.


Alles Liebe

Tangram
"Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt"

Laotse
Marionka
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Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von Marionka »

Hallo Tangram,

nur kurz zu einem Satz deines Beitrages:

"Vor ein paar Monaten hätte ich noch einen Luftsprung gemacht - aber seit einiger Zeit merke ich, dass mit jeder Eiszeit ein Stück meines Gefühls für ihn einfriert."

Genauso empfinde ich auch - ich bin eingefroren. Ich kann mich auch über kleine Gesten, die doch etwas an Vertrautheit seinerseits rüberbringen nicht mehr freuen. Habe wohl zu lange warten müssen, zuviele Zurückweisungen erleben müssen, zuviel vermisst...

Weiß auch nicht, ob meine eingefrorenen Gefühle für ihn wieder so zurückkommen wie sie einmal waren. Habe bis vor Kurzem noch an eine gemeinsame Zukunft geglaubt - das ist leider für mich in weite Ferne gerückt!
Laura.M
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Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von Laura.M »

Liebe Tangram,

durch die Reaktion deiner Tochter ist dir wohl besonders bewusst geworden, wie es deinen Kindern mit der Situation geht. Ich vermute, deswegen empfindest du jetzt heftiger. Mir geht es auch so. Solange ICH unter einer Situation leide, ist das für mich nicht so schlimm, als wenn meine Kinder unter der gleichen Situation leiden müssen. Ich denke, du bist eine gute und einfühlsame Mutter. Und lass dir bloß nicht vom ihm Schuldgefühle machen, denn es hatte bestimmt einen Grund, diese damalige Beziehung.

Ich bin auch eine treue Seele und wollte auch schon mal aus der alten Beziehung ausbrechen. Der Partner hatte die Kinder in die Problematik mit reingezogen... und so habe ich dann die Ehe weiter geführt. Heutzutage sagt eines meiner Kinder zu mir, dass es besser gewesen wäre, wenn sie ihre Mutter glücklicher erlebt hätten. (Meine Unzufriedenheit muss wohl manchmal doch zu spüren gewesen sein. Aber wer weiß schon, wie ein Familienleben mit einem anderen Partner ausgesehen hätte.) Dagegen ist mein anderes Kind froh, dass es in einer Familie mit Vater und Mutter groß wurde. Im Grunde genommen waren wir eine „normale“ Familie, wenn man sich die tatsächlichen Familien-Situationen anschaut... Vieles ist nach außen hin Fassade... und es ist eben oftmals nicht so wie im schönen Liebesfilm.

Ich würde in der gemeinsamen Therapiestunde ansprechen, was ER mit seinem Verhalten - zum Beispiel an deinem Geburtstag – euren Kindern antut. Oder denkst du, es ist ihm bewusst?

Ich denke, zumindest die meisten Kinder wünschen sich starke Eltern... und das bedeutet für sie ja auch Schutz und Halt. Und wie Blaumeise schrieb, hätte ihr Vater nicht vor den Kindern weinen brauchen und hätte sich in solchen Situationen zurückziehen können. Und so hätte sich dein Mann an deinem Geburtstag wohl etwas besser verhalten können.

Ich finde das sehr gut von dir, dass du dir über das „Warum/Wieso/Weshalb“ Gedanken machst und die Gefühle deiner Kinder hinterfragst. Ich glaube, es ist für sie auch wichtig, dass du ihnen sagst, warum du zu ihrem Vater stehst... und über moralische Werte im Umgang mit Kranken sprichst... und über dein Hoffen auf seine Gesundung. Was du über die Krankheit weißt, das würde ich auch erzählen. Kinder hören auch gern vom Kennenlernen der Eltern, deren Liebe und wie willkommen sie von beiden Elternteilen waren. Das hilft ihnen bestimmt, deine Haltung besser zu verstehen. Du hast ja ein offenes Ohr für deine Kinder. So wie das Schimpfen über den Partner meist nicht gut ankommt, so ebenfalls nicht das Herunterspielen von negativen Dingen (... alles stillschweigend hinzunehmen). Ich denke auch, dass sich deine Kinder für dich freuen würden, wenn du für dich was Gutes tust und dich dabei glücklich fühlst. So sind jedenfalls meine Erfahrungen.

Alles Liebe für dich.

Herzliche Grüße
Laura
tangram
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Re: Kinder und der depressive Partner -

Beitrag von tangram »

Hallo Laura,

danke für deine Zeilen - die waren heute wie Balsam für meine Seele.

Wir hatten gestern abend Therapiestunde und die verlief extrem heftig.

Mir ist auch am Anfang gleich etwas sehr merkwürdiges passiert:

Die Therapeutin hatte bisher kein extra Wartezimmer, sondern ein paar Stühle vor dem Gesprächsraum. Normalerweise wartet man dort bis der vorige Klient das Gesprächszimmer verläßt.
Da wir jetzt schon einige Zeit nicht mehr dort waren, hab ich übersehen, dass sie nunmehr ein extra Wartezimmer (sogar mit Aufschrift Wartezimmer) neben der Toilette hat.

Wir gehen also rein und ich sag meinen Mann noch, dass ich kurz zur Toilette geh und denke noch er setzt sich vor das Gesprächszimmer.
Ich komm also vom Klo zurück und da sitzt niemand.
Da bin ich etwas erschrocken und dachte, er wäre schon ins Gesprächzimmer gegangen. Ich klopfe kurz an und öffne die Tür, da sitzt die Therapeutin mit einer Klientin im Gespräch und beide schauen mich an, als käme ich vom Mond.

Klar- wenn ich da auch so mitten rein platze.

Ich hab mich entschuldigt und sofort wieder die Tür geschlossen - dann brach bei mir eine Panik aus, wie ich es selten von mir erlebt habe.

Ich hatte so eine Angstattacke, dass ich in der kleinen Praxis wirklich nicht mal ein neues Wartezimmer erkannt habe -- als ich dann schließlich doch die Aufschrift las, bin ich rein und da saß dann mein Mann und fand das ganze komisch.

Ich dagegen bekam da drin Schweißausbrüche, und schließlich einen Heulkrampf wie ich es selten bei mir erlebt habe.

Als es dann schließlich zum Gespräch kam, verlief das sehr heftig und voller Vorwürfe von seiner Seite gegen mich.

Ich mußte dauernd weinen - er dagegegen wirkte fast schon erheitert.
Die Therapeutin hat ihm aber auch ganz schön eingeschenkt und ihm auch gesagt: Mit ihnen möchte ich nicht verheiratet sein, denn ihre Rhetorik ist knallhart und sie setzen sie auch ebenso knallhart gegen Ihre Frau ein. Da kann man keine Argumente mehr finden.

Ich hab ihm wissen lassen, dass ich mir den weiteren Fortgang unserer Beziehung überlegen werde und zunächst erst mal Abstand von ihm wünsche, da er mich in letzter Zeit einfach zu sehr verletzt hat.

Mir geht es heute morgen nach dem Gespräch nicht gut und ich bin froh dass alle aus dem Haus sind.
Mir ist klar geworden dass hier und jetzt ein klarer Schlußstrich gezogen werden muß.
Es kann so nicht weitergehen - ich geh langsam dabei kaputt und da hilft es auch nicht wenn man "mal was Gutes" für sich tut.

Das ist in Anbetracht der schwere der Situation nicht mehr ausreichend.

Ich denke ich hatte jahrelang einfach nur die rosarote Alles-wird-gut-Brille auf.

Aber die hat man mir jetzt abgenommen.


Liebe Grüße an Alle

Tangram

PS: Eigentlich sollte ich jetzt einen eigenen neuen Tread zu den folgenden Abläufen einrichten, denn es beschränkt sich jetzt wohl eher auf Beziehungsebene als auf unsere Kinder
"Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt"

Laotse
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