Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Alma21
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Registriert: 11. Aug 2010, 15:07

Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Alma21 »

Hallo Zusammen,

ich schreibe als Angehörige und mittlerweile auch selbst Betroffene - deshalb mein Beitrag auch hier nochmal.

Mir schwillt täglich immer etwas mehr der Kamm und ich muß jetzt einfach mal in die Runde fragen, wie das tatsächlich so ist.

Nach über 8 Jahren ist mein Gatte Ende des letzten Jahres von selbst auf die Idee gekommen, daß er unter Winterdepressionen leidet. Bis er selbst zu dieser Erkenntnis gekommen ist, war seine "Arbeitsfähigkeit" bzw. "Arbeitslust" in den Monaten von ca. Okt. bis März ziemlich eingeschränkt, was bei einem Selbständigen unweigerlich mit finanziellen Einbußen einhergeht. Hat er sich in den Jahren davor in den Frühjahrs- bzw. Sommermonaten wieder soweit gefangen, daß er finanziell aus dem Gröbsten rausgekommen ist, ist es dieses Jahr so ganz anders. Im Prinzip kann man sagen, daß er seit letzte Jahr Oktober nichts mehr auf die Reihe bringt, finanziell das Wasser mittlerweile bis Oberkante Unterlippe steht, zwei unterhaltspflichtige Kinder aus einer Vorehe da sind und nebenbei noch ein Haus, daß mit einer ordentlichen 4-stelligen monatlichen Rate bedient werden will, die normalen lfd. mtl. Kosten noch gar nicht mit eingerechnet.
Im Moment kriegt er noch ein mtl. Fixum - aber ohne Leistung wird dieses Fixum auch die längste Zeit gezahlt worden sein. Und er macht keinerlei Versuche, irgendwas zu arbeiten. Er argumentiert, daß er "antriebslos" wäre und keinen "Bock mehr auf seinen Job" hätte.

Mit Verlaub: wo bleibt sein Verantwortungsgefühl? Ich hänge mit dem Haus genauso drin, bin Vollzeit berufstätig, habe auch meine Verpflichtungen denen ich zu folgen habe und funktioniere im Moment mehr schlecht als recht - obwohl auch bei mir mittlerweile eine mittelgradige Depression diagnostiziert wurde.

Er bringt es tatsächlich fertig und jammert, wie schlecht es finanziell aussieht aber er tut nichts dagegen. Wie kann ich mich denn sehenden Auges hinstellen und darauf warten, daß das Wasser über meinem Kopf Wellen schlägt? Ich verstehe die Welt nicht mehr. Glaubt er denn wirklich, daß ich mit meinem Verdienst als kfm. Angestellte ihn, zwei (fremde) Kinder, das Haus, etc. unterhalten bzw. auf Dauer durchschleifen kann? Hallo? Ich gehe selbst auf dem Zahnfleisch. Noch kann ich arbeiten - aber wie lange noch? Es macht mich wahnsinnig wütend, daß er sich scheinbar überhaupt keine Gedanken macht und alles an mir hängen bleibt. Und um ganz ehrlich zu sein -ich weiß es nicht mehr einzuschätzen, ob es tatsächlich eine Depression ist oder ob er mit dieser Argumentation schlicht und ergreifend seine stinkende Faulheit "entschuldigt". Ich weiß es wirklich nicht mehr. Wie kann ich mich stundenlang mit Begeisterung zockender Weise vor’m PC aufhalten und kriege es nicht fertig, bei div. Jobbörsen nach einer neuen Arbeit zu schauen.

Wenn ich heute für mich feststelle, daß mir mein Job kein Spaß mehr macht, dann muß ich mich anders orientieren bzw. was anderes suchen. Oder ist das "normal", daß man sich dann jammernderweise hinstellt, untätig bleibt und überhaupt nichts gegen den unaufhaltsam zurollenden Untergang unternimmt?

Das absolut fatale an der Situation: geht er unter, gehe ich zwangsläufig mit unter. Ist das der Dank, dass ich jahrelang bei finanziellen Engpässen eingesprungen bin, ihm Geld geliehen habe (was ich bis dato noch nicht zurückerhalten habe und mir selbst fehlt). Vergißt man einfach, dass da noch eine weitere Person mit der eigenen Existenz dranhängt oder ist das schlicht und ergreifend Ignoranz? Ich drehe echt am Rad, hab meinen Kampf, mich selbst einigermaßen auf den Füßen und am Laufen zu halten. Ich habe das Gefühl, daß alle Verantwortung im Moment auf mir lastet und ich so langsam mit den Füßen immer tiefer im Sumpf versinke.

Er nimmt seit drei Wochen Medikamente, kann nachts (nach seiner Aussage) wieder gut schlafen und ist auch so tagsüber recht froh und gut gelaunt. Er kann lachen, Späßchen machen - eigentlich alles normal, nur wenn’s um die Arbeit geht, dann geht auf einmal nix mehr.

Morgen hat er sein Erstgespräch mit einem Therapeuten. Hat jemand Erfahrungswerte, wieviel Sitzungen notwendig sind, um vielleicht wieder "Lust auf's Arbeiten" zu bekommen?

Kann mir irgendjemand einen brauchbaren Rat geben? Ich fühle mich mit dieser ganzen Situation total überfordert und überlastet.

PS: Sollte ich mit meiner Ausdrucksweise irgendjemanden hier im Forum verletzt haben, dann bitte ich um Nachsicht. Ich versuche verzweifelt um's Überleben zu kämpfen und es gelingt mir immer weniger - er / es raubt mir die Kraft.
Metatron

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Metatron »

Klicke mal oben links auf mein Profil, da kannst Du mich per Email erreichen.
Hier im Forum werde ich mich zum Thema nicht mehr äussern.
Himmelblau1
Beiträge: 78
Registriert: 16. Jun 2010, 18:05

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Himmelblau1 »

Hallo

Wenn Dein Mann vorher immer verantwortungsbewußt seiner selbständigen Arbeit nachgegengen ist,wird seine Verhaltensweise von der Depression her ausgelöst.
Vielleicht sieht er keinen Sinn mehr in der Arbeit,oder hat einfach nicht die Kraft mehr dafür.Geld verdienen wird zur Nebensache.
In depressiven Löchern kann Dir alles dann egal werden.
Es wird die Krankheit sein.
Kann er sich denn darüber äußern,was mit ihm los ist?
Versucht darüber zu reden,was für Möglichkeiten ihr habt die Situation zu meistern,oder welchen Weg ihr gehen müßt um einen finanziellen Ruin zu vermeiden.

LG Heide
Zen
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Registriert: 5. Jul 2010, 11:31

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Zen »

Hallo Leidensgenossin,

Du schreibst mir von der Seele.
Besser hätte ich das auch nicht formulieren können.

Tja, diese Frage Depression/ Faulheit habe ich mir auch schon Millionenfach gestellt.

Zum Glück geht mein Mann z.zt. zu einem Therapeuten und ich hoffe das es dann etwas besser wird mit seiner Einstellung und Krankheit.

Aber der Auslöser für diese Untätigkeit ist tatsächlich die Depression.
Ich wollte das zum verrecken auch nicht glauben, aber mein Therapeut ( bin nach 13J. mit depressiven Ehemann auch reif für die Insel) erklärte es mir genau. was da in unseren Partnern vorgeht.

Mein Mann hat einen Handwerksberuf, anstreichen, tapezieren, lackieren mit der Bohrmaschine umgehen, war alles kein Problem.
Er hat auch nicht lange gefackelt.
Ruckzuck, waren die Dinge erledigt.

Heute ist er noch nicht mal in der Lage 2 Löcher zu bohren.
Als er das letzte mal gebohrt hatte, zitterten seine Hände so sehr das ich gedacht habe, die Maschine fällt ihm gleich aus den Händen.

Ich kann Dich sehr gut verstehen, das Du Angst hast vor der Zukunft hast, gerade wenn die finanzielle Lage nicht so rosig ist.

Das mit der PC Spielerei ist nur Ablenkung.
So ist es jedenfalls bei meinem Mann.

Er wurde an seinem Arbeitsplatz gemobbt und dann weggelobt.
Jetzt ist er im öfftl. Dienst hat noch über 50% Schwerbehinderung so leicht können sie ihn nicht rauskriegen. Aber Versetzen.

Dort fühlt er sich absolut nicht wohl.
Aber die Kraft sich dagegen aufzulehnen, Versetzungsanträge zu schreiben oder sonst was zu machen hat er einfach nicht.

Wenn dein Mann eine handfeste Depression hat, ist er nicht in der Lage sich einen Job zu suchen. Er traut sich das einfach nicht mehr zu.
Er kennt Eure finanz. Lage ja auch, er weiß ohne einen Job und Geld ist das irgendwann nicht mehr aufrecht zu halten. Er sieht wie Du Dich abrackerst und diese Gedanken türmen sich vor ihm zu einem Gebirge auf, dass unüberwindbar geworden ist für ihn.

Liebe Gizmo, so weit wie Du war ich vor ein paar Wochen auch. Fix und fertig.
Hast Du jemanden, außer hier im Forum mit dem du darüber reden kannst? Freundin, oder gute Bekannte wo Du dich mal richtg ausquatschen kannst und die Neutral bleiben?
Tip von mir, bloß nicht Familie, gibt nur noch mehr Stress.

Gehe jetzt erstmal davon aus, dass er in einem tiefen Loch ist, auch wenn es für Dich jetzt schwer nachvollziehbar ist.

Suche Dir auch eine Therapeuten, damit Du in den nächsten Wochen einen klaren Kopf behälst.
Der kann eure finaz. Situation zwar auch nicht bessern, aber dann bekommst Du auch eine andere Sichtweise, was das Thema Faulheit betrifft.

Ich drücke dich jetzt einfach mal, weil ich weiß wie schwer das alles für Dich ist.

Lieben Gruß von
Sammie
Alma21
Beiträge: 57
Registriert: 11. Aug 2010, 15:07

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Alma21 »

Hallo Sammie,

es ist schön zu lesen, daß es noch andere Betroffene gibt, die auch diese Zweifel haben oder hatten. Ich frage mich oft, ob ich während dieses über 8-jährigen K(r)ampfes eine bitterböse giftige Hexe geworden bin, die nur noch das Schlechteste im Partner sieht. Es gibt so viele Dinge, die mich unendlich wütend machen. Das erste "Tief" habe ich damals noch auf die gescheiterte Ehe und die damit verbundenen Gerichtsverfahren, gegenseitigen Anklagen / Anzeigen, etc. geschoben. Zig Kriegsschauplätze und nebenbei noch der Beginn einer neuen Beziehung - ziemlich viel. Auch als das nächste Tief kam, habe ich wieder versucht, ihn "aufzupäppeln", für Kurzweil und Erlebnisse gesorgt, damit sein Hirn außer Probleme auch mal was Positives / Schönes zum Verdauen kriegt. Und irgendwann ging es wieder aufwärts, viele Kriegsschauplätze wurden beendet und es schien sich zum Guten zu wenden - aber schon damals hatte ich den stillen Gedanken im Kopf "wie lange hält der Aufschwung wohl diesmal an". Tja, wie's meistens so ist - nach ein paar Monaten war das nächste Tief da.
Mittlerweile kann ich schon fast nicht mehr glauben, daß es tatsächlich mal ein dauerhaftes "Hoch" geben kann. Hoffnung? Ich weiß es nicht. Jedesmal wenn dieses Tief gekommen ist, bin ich für zwei gelaufen, habe für zwei gedacht, für zwei geplant - und jetzt merke ich, daß ich ziemlich strapaziert und zum Zerreißen angespannt bin.

Was es mir vor allem so schwer macht - im normalen Miteinander ist von den Tiefs wenig zu spüren. Er kann nach wie vor seine Späßchen machen, ist auch fröhlich, wirkt weder am Boden zerstört noch ist er sonderlich in sich gekehrt.
Sein gescheiterter Versuch von vor 4 Wochen - er kam für mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Nie im Leben wäre ich auf die Idee gekommen, daß er so verzweifelt ist. Die äußerliche Fassade hat ein ganz anderes Bild gezeigt - und dementsprechend geschockt war ich, als er es mir gesagt hat, bzw. ich die Verletzung gesehen habe. In diesem Moment bin ich selbst ganz still geworden (man könnte auch sagen, ich wirkte sehr gefaßt), habe seine Verletzung so gut es ging "verarztet" und mich verhalten wie eine "Mutti", die ihrem Kind die "aufgeschlagenen Kniee versorgt".

Ich erwische mich dabei, daß ich mich selbst frage, wie ernst gemeint war dieser Versuch überhaupt? Wollte er nur Aufmerksamkeit? Fehlte ihm irgendwas? Kümmere ich mich zu wenig um ihn?
Andererseits - es ging in den letzten Jahren immer nur um IHN und um SEINE Befindlichkeiten - ging es mir nicht gut, hat es mit Sicherheit nicht lange gedauert, bis er auch was hatte, was natürlich schlimmer oder schmerzhafter war, als meine "kleines Wehwehchen". Irgendwann habe ich aufgehört darüber zu sprechen, daß ich mit Magenschmerzen aufwache, daß meine Kreuzschmerzen mir jeden Schritt zur Hölle machen, daß meine Nacken-/Schulterverspannungen es mir fast unmöglich machen, eine Einkaufstüte zu tragen (manchmal ist sogar meine kleine Handtasche zu viel). So im nachhinein habe ich das Gefühl, daß all die Jahre überhaupt kein Platz für mich da war - es ging immer nur um ihn, seine Probleme, seine Schwierigkeiten, seine Kämpfe, seine Schmerzen, alles seins...

Mit jemandem darüber reden? Nein, wir leben in einem kleinen Minikaff ohne jeglichen Anschluß. Freunde? Hatte ich nie - wenn man im Leben zu oft den falschen Menschen vertraut hat, wird man fürchterlich mißtrauisch und läßt irgendwann keine Freundschaften mehr zu - man wird ja eh nur verarscht.
Familie? Was ist das. Die eine Seite hat mir gegenüber anwaltlich verkünden lassen, daß ein weiterer Kontakt nicht erwünscht ist, die andere Hälfte (weit weg) stellt Erwartungen (regelmäßig Kontakt halten, regelmäßig telefonieren oder besuchen) an mich, die mir rauben die allerletzte Kraft rauben - ich habe keine Lust dazu, weil es einfach nur anstrengend ist. Zur Zeit ist so eine Phase, in der mir einfach nur alles zuviel wird und ich eigentlich nur meine Ruhe haben will. Oft wünsche ich mir einfach nur ein tiefes Erdloch, in das ich mich verkriechen kann. Erde drübber und gut is. Nach ein paar Wochen würde ich mal wieder rausschauen und vielleicht auch wieder rauskommen.
Gestern war ich auf einem Seminar und da habe ich festgestellt, daß dieses Stimmengewirr und das Gelächter der anwesenden Teilnehmer für mich fast unerträglich laut und für meinen Kopf absolut zu viel waren. Am liebsten hätte ich meine Sachen gepackt und wäre fluchtartig weggelaufen. Sowas kenne ich von mir überhaupt nicht. Bisher gelang es mir ganz gut, alles "störende" oder "belastende" auszublenden, aber diese Fähigkeit scheine ich so langsam zu verlieren. Auf der Arbeit geht mir alles etwas von der Hand aber es funktioniert noch alles. So richtig "wohl" fühle ich mich eigentlich nur, wenn ich entweder alleine in meinem Büro sitze (bei geschlossener Tür) oder ich im Auto unterwegs bin.

Schlimm sind für mich auch die Gedanken, was mein Gatte wohl macht, wenn er so alleine daheim ist. Versucht er es noch einmal? Täglich grüßt mich der Gedanke "liegt er vielleicht irgendwo in der Wohnung" oder ist er einigermaßen stabil?". Wie gesagt, dadurch, daß dieser erste Versuch so vollkommen überraschend kam (ohne auch nur den geringsten Hinweis oder eine Tendenz in diese Richtung) - ich weiß nicht, ob ich dem, was ich über meine Augen aufnehme, überhaupt noch trauen kann. Oder bin ich vielleicht schon so abgestumpft, daß ich andere Signale nicht mehr erkennen kann?

Meine nächste Therapiestunde ist in zwei Wochen - aber selbst da weiß ich im Moment überhaupt nicht, was will die Frau alles von mir wissen, was MUSS sie wissen, wie kann sie mir helfen.

Eigentlich umgeben mich tausend Fragezeichen und ich irre planlos dazwischen herum. Mein Hals fühlt sich wie zugeschnürt an, aber heulen kann ich nicht. Der Vergleich mit dem Kesselwagen, der kurz vorm Platzen ist, beschreibt eigentlich ganz gut meinen inneren Zustand.

Das einzige, wo ich tatsächlich noch zuverlässig funktioniere, ist alles, was mit dem Thema Arbeiten zusammenhängt. Ich glaube fast, daß mich das im Augenblick noch auf den Füßen hält. Abends, wenn ich mich ins Bett lege, überlege ich mir, ob überhaupt irgendein Hahn nach mir krähen würde, wenn ich am nächsten Morgen die Augen nicht mehr aufwache. Nicht falsch verstehen - dafür wäre ich viel zu feige - aber würde ich überhaupt jemandem Fehlen? Würde überhaupt irgendjemand merken, wenn ich nicht mehr da wäre? Keine Ahnung - auch ein großes Fragezeichen.

Wie hieß es schon im legendären "Raumschiff Enterprice"? """Beam mich weg Scotty"""

Ein schöner Gedanke.
Zen
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Registriert: 5. Jul 2010, 11:31

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Zen »

Liebe Gizmo,

Ja doch, du würdest mir sehr fehlen, wenn du hier nicht mehr schreiben würdest.

Dir geht es momentan sehr dreckig, dann lass deinen Frust hier raus.

Alles das was du beschreibst, habe ich auch erlebt und durchlebt. Mein Mann hat es zum Glück noch nicht versucht. Ich will auch hoffen er tut es nie.

Trotzdem diese Frage, was erwartet mich hinter der Wohnungstür.
Was soll ich noch tun, um unser Leben lebenswert zu gestalten.
Wie lange halte ich das alles noch durch?
Arbeit, Haushalt, Seelsorgerin usw.
Was kann ich ihm abverlangen, was ist zuviel für ihn?

War ich krank und musste zu hause bleiben, weil ich einfach ausgepowert war, dauerte es keinen Tag, da hatte auch er einen Krankenschein.
Wieder nix mit Ruhe mal nur für mich.

Manchmal habe ich auch so getan, als wenn ich zur Arbeit fahre. Hab gewartet bis er dann zur Arbeit fuhr und bin dann wieder zurück in die Wohnung.
Nur um mich mal für ein paar Stunden zu erholen.

Auf der Arbeit geht es mir auch oft besser, wie zu hause. Dort weiß ich genau was mich erwartet. Habe meine Aufgaben und kann mit meinen Kollegen normal umgehen.
Wenn mir einer blöd kommt, kriegt er/sie gleich den richtigen Text um die Ohren gehauen.

Kann ich mir zu hause nicht erlauben.

Was deine Therapie betrifft, spiele mit offenen Karten, sag alles was dich bedrückt.
Wenn dir danach zu mute ist, deiner Th. zu sagen, dass du dich trennen willst (nur mal angenommen ) dann sag das.
Wenn du denkst, hätte der Versuch doch geklappt, dann würde es mir in einem Jahr bestimmt besser gehen, dann sprech mit ihr darüber.
Was meinst du was ich schon alles für Gedanken hatte. Hab mich auch sehr geschämt dafür, aber das ist in unserer schwierigen Situation ganz normal, auch Gedanken haben zu dürfen, die in einer normalen Beziehung garnicht auf kommen würden.

Sprech über deine Gefühle, über deine Wünsche, über deine Zukunft.
Lass es raus, bevor es dich auffrisst.

Es ist nicht leicht einem fremden Menschen, ob Therapeut oder nicht, seine intimsten Gedanken zu erzählen.
Hatte da auch so meine Probleme, aber wenn man einmal den Anfang gemacht hat und der Th. damit gut umgehen kann, tut es einfach gut, diesen Ballast abzuwerfen.

Ich hatte verdammtes Glück, mein Th. und ich wir haben eine Wellenlänge.
Bei ihm kann ich reden wie mir der Schnabel gewachsen ist. Wenn ich Scheiße sagen will, brauche ich nicht erst nach einem anderen Ausdruck suchen, sondern kann einfach Scheiße sagen.

Ich hoffe ich konnte dich ein bisschen aufmuntern.
Und lass wieser von dir hören

Lieben Gruß von
Sammie
Alma21
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Registriert: 11. Aug 2010, 15:07

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Alma21 »

Hallo Zusammen,

gestern war mal wieder einer DER Tage, an dem ich am liebsten senkrecht die Decke hochgegangen wäre. Mein holder Gatte hat sich (wo auch immer) kleine fiese Erkältungsbazillen eingefangen und ist seit Samstag "schwer leidend". Tja, und wie das in einem Haushalt so ist - man teilt ja alles miteinander, einschließlich der Bazillen. Mit dem Unterschied - ich gehe auf die Arbeit und habe nebenbei noch die normalen "Pflichten" an der Backe kleben. Hilfe vom Mann, wenn er leidend ist? Bloß nicht, man könnte sich ja überanstrengen. Spülmaschine ausräumen? I wo, dafür hat man doch sein "Personal". Wäsche aus dem Trockner holen und zusammenlegen? Auch darum kümmert sich das Personal. Nur keinen Finger krumm machen - eine Erkältung legt einen ja vollkommen lahm. Grrrrrrrrr. Ich kotze mir die Seele aus dem Leib, hab eine Matschbirne und funktionier trotzdem.

Meine Zweifel, ob Depression oder Faulheit werden immer immer größer. Und meine Wut auch. Habe übermorgen meinen zweiten Termin bei der Therapeutin. Hoffentlich hat sie einen Rat für mich, wie ich mit dieser Wut und den Zweifeln umgehen kann. Das Zusammenleben ist im Augenblick ziemlich schwierig und die gesamte Situation sehr angespannt.

Verständnis für den Kranken aufbringen? Ich kann nicht mehr. Über 8 Jahre Verständnis haben mich fast leer gelutscht. Den "Helden" in Watte packen? Zucker in den Popo blasen? In mir macht sich das Gefühl immer breiter, daß vieles auf mir abgeladen wird, weil es erledigt sich ja dann von selbst. Und ich bin auch noch so bescheuert und erledige es wirklich. Eigentlich müßte ich langsam mal anfangen, auf mich selbst zu achten und den ganzen Rotz liegen lassen - aber wie lange würde es dauern, bis wir im Dreck ersticken? Und letztendlich würde es doch wieder an mir hängen bleiben. Ich hasse diesen Teufelskreis und ich hasse mich dafür, daß ich nicht stur bleiben kann.
Liber
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Registriert: 4. Jun 2006, 18:09

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Liber »

Hallo Gizmo,

bei allem Verständnis für deine Wut - aber jetzt muss bei mir mal was raus:

Zum Personal machst du dich SELBST! Es ist nicht dein Mann, der das macht. DU machst es.

Aber es ist ja so viel leichter, deinem Mann die "Schuld" daran zu geben oder? Sicher, er ist krank usw. - aber das entbindet dich nicht von der Verantwortung für DEIN Leben.

Wenn du halbkrank, seufzend, vor innerer Wut brodelnd, aber nach außen leidend, mit zusammengebissenen Zähnen den Haushalt absolvierst, dir dabei mit jeder Faser anmerken lässt, wie dir alles zu viel ist ..

Gizmo, das hilft niemandem! NIEMANDEM! Weder dir noch deinem Mann.

>Und ich bin auch noch so bescheuert und erledige es wirklich. Eigentlich müßte ich langsam mal anfangen, auf mich selbst zu achten und den ganzen Rotz liegen lassen -

JA! Tu genau das! Lass es liegen!


Bei uns erstickt man nicht so schnell im Dreck. Eher in verdrängten Gefühlen oder in vermeintlicher Pflichterfüllung oder im selbstauferlegten Märtyrertum, oder ??

Brittka


PS: ich bin Betroffene und Angehörige (meine Mutter war seit meiner Kindheit und Jugend lange Zeit depressiv). Kenne also beide Seiten.
sunshine45
Beiträge: 685
Registriert: 16. Sep 2008, 14:26

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von sunshine45 »

Hallo Brittka,
ich bin auch Angehörige und frage Dich mal:

Wie lange läßt man denn liegen?
Bis kein Geschirr mehr da ist, keine sauberen Kleidungsstücke etc. ...
und wer wäscht, putzt etc., denn dann?
Eine Depression ist ja nicht in ein paar Tagen vorbei.

Was macht man denn mit der Post, die dringend erledigt werden muss? Liegen lassen bis der Gerichtsvollzieher kommt und wer zahlt dann? Der schwer depressive Mensch ist ja meist krankgeschrieben und das Geld nach einiger Zeit sowieso knapp ...
Wie geht das denn dann weiter?

Wenn der Angehörige auch noch alles liegen läßt, wo geht denn dann die Reise hin?
Würde mich wirklich mal über Beispiele freuen, wie man das denn wirklich im Alltag handhabt.

Ich versteh Dich ja und mache es ja selbst auch, nicht alles 100% zu machen und auf mich zu achten, aber so ganz geht es doch nicht, weil man ja doch alles allein tragen muss oder gibt es irgendwo den unsichtbaren Dritten, der dann alles auffängt?

Sorry (bin da gerade etwas ironisch, weil mir selbst zuhause so langsam der Kragen platzt), aber gib doch mal bitte in die Praxis umsetzbare Beispiele wie man das handhabt ...

Liebe Grüße
von der Koboldin
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Liber
Beiträge: 1491
Registriert: 4. Jun 2006, 18:09

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Liber »

Hallo Koboldin,

es geht mir hier eher um den Umgang mit den eigenen Gefühlen und mit der Selbst-Verantwortung.

Fast selbst zugrunde gehen, und trotzdem alles wie bisher machen - "nur" darüber zu klagen ändert allein eben noch nichts.

Und Patentrezepte gibt es dafür natürlich auch nicht.


Und damit verabschiede ich mich jetzt wieder aus dem Angehörigenforum. Denn ich kann auf der anderen Seite freilich gut nachvollziehen, wie hilfreich es sein kann, einfach nur mal Dampf abzulassen und Verständnis für die eigene Situation zu finden.


Viele Grüße
Brittka
deep
Beiträge: 207
Registriert: 27. Sep 2004, 12:13

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von deep »

Hallo Ihr Lieben,

nach einer gehörigen Forumspause (ich bin Betroffene und mir ging es eine Zeitlang nicht gut genug, um hier zu schreiben), hat mich dieser Strang ganz besonders angesprochen... vielleicht, weil ich mich immer wieder frage, warum und wie mein Mann das immer noch/wieder hinbekommt.

Ich kann hier natürlich nur für mich berichten und davon, was mein Mann getan (oder kluger Weise auch nicht getan) hat - nämlich mir Alles nachzusehen, mir Alles abzunehmen und die ganze Arbeit versuchen alleine zu erledigen.
Und ich sage (auch auf das Risiko hin, von anderen Betroffenen dafür getadelt zu werden)--- das war gut so, anders hätte ich es wahrscheinlich nicht geschafft, wieder aufzustehen und weiter zu machen.

Das Abnehmen von Aufgaben ist gut und wichtig in allen Situationen, in denen ich wirklich nicht kann, weil mir die Erkrankung im Weg steht. Blöd wurde es immer dann, wenn ich mich eigentlich dazu in der Lage fühlte, es aber dann schon erledigt war oder ich das Feedback bekam, es nicht "richtig" gemacht zu haben. Gerade die Angst davor, es nicht Recht (oder rechtzeitig) gemacht zu haben, hat mich oft mehr gelähmt als das wirklich nicht können. Und so baute sich beinahe bei uns ein Teufelskreis auf.

Mein Mann hat sich irgendwann (und nach heftigen Auseinandersetzungen/Zusammenbrüchen) einerseits darauf beschränkt, für mich "nur noch" das zu tun, wozu ich wegen der Krankheit nicht in der Lage war. Manchmal aber nur bis zu dem Punkt, ab dem ich dann in der Lage war, den Rest ohne Stress und Druck zu erledigen. Manche Dinge hat er aber ganz bewußt bei mir gelassen und mir allenfalls seine Hilfe angeboten. Und was das Wichtigste war - er hat immer dafür gesorgt, dass er selbst nicht auf Strecke bleibt, d.h. er ist weiterhin seinen Hobbies nachgegangen.

Ich habe Eure Posts (auch in anderen Threads) verfolgt und ich glaube, ihr seid dabei, Euch regelrecht aufzuopfern. Für mich wäre das als Betroffene eher kontraproduktiv.
Mit dem Aufopfern war zumindest bei mir,immer das Gefühl verbunden, dass sogar mein Liebster nicht mehr an mich un meine Fähigkeiten glaubt. Ich wollte ja, ich versuchte ja, aber immer war er schneller oder besser - selbst für ihn bin ich eigentlich nicht mehr tragbar... das war schlimm - für ihn und für mich, weil es mich immer mehr in mein Schneckenhaus drängte, als mich daraus hervorzulocken.

Uns half dabei auch so etwas wie eine To-Do-Liste, die wir gemeinsam Abends erarbeiteten und die Aufgaben in winzigste Portionen zerteilte und mir das Erfolgserlebnis gönnte, etwas zum Abhaken zu haben. Das klappte nicht immer, aber immer öfter - wichtig war, dass wir gemeinsam an der Liste gearbeitet haben und dass es dabei erst einmal nur Aufgaben waren, die ich mir auch selbst zutrauen konnte. Ich hatte keinen (vermeintlichen) Erfolgsdruck mehr und er weniger Frust. Und wenn eine Aufgabe nicht gelöst war, blieb sie erst einmal für den nächsten Tag liegen.

Für mich weiß ich, dass ich mit dem in Watte packen nicht wirklich klar gekommen wäre - es hätte meiner durchaus vorhandenen Faulheit in die Karten gespielt (Stichwort: positiver Krankheitsgewinn - den gibt es auch für Depressive) und (noch wichtiger) mich abhängig gemacht.

Ich ziehe vor Euch den Hut.

Liebe Grüße
Karin
sunshine45
Beiträge: 685
Registriert: 16. Sep 2008, 14:26

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von sunshine45 »

Hallo liebe Karin,
ein ganz herzliches DANKE für Dein posting.

Mit solchen Erklärungen können wir was anfangen und es umsetzen.
Ich selbst verhalte mich auch seit gut einem halben Jahr anders und somit habe ich wieder etwas mehr Zeit für mich und meinem (Ex)-LG ging es dadurch auch zeitweise besser (momentan nicht, aber das ist gerade ausschließlich durch eine sehr schwer depressive Phase begründet).

Aber Dein Hinweis, dass man vielleicht sogar noch mehr Aufgaben übernehmen würde/könnte, wenn diese nicht schon gemacht werden. Nun ja, da werde ich noch dran arbeiten.

Pass gut auf Dich und Deinen Mann auf.
Ich ziehe übrigens auch den Hut vor Betroffenen, die das genau so beschreiben können, wie Du es gerade getan hast.
So können wir voneinander lernen und das Leben wieder wertvoller machen.

Herzliche Grüße
von der Koboldin
Love it, leave it or change it!
Alma21
Beiträge: 57
Registriert: 11. Aug 2010, 15:07

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Alma21 »

Hallo Brittka,

danke für deine offene Antwort. Natürlich bringt es nichts, nur zu "jammern". Und selbstverständlich liegt es in meiner Verantwortung was ich tue oder auch nicht. Andererseits - welche Chance habe ich denn? Und genau das ist es, was mich halb zum Wahnsinn treibt. Ich kann mich nicht darauf verlassen, daß irgendwas passiert - in über 8 Jahren der erlebten Unzuverlässigkeit meines Mannes habe ich "gelernt" daß es am gescheit'sten ist, wenn ich den Kram selbst mache - a. ist es dann erledigt und b. ist es so schneller erledigt, als wenn ich zum 26. mal darum bitte.

Andererseits - er erwartet vollste Aufmerksamkeit, Rücksichtnahme auf seine Befindlichkeit, Ruhe, bloß keine Überforderung und überträgt vieles auf mich. Natürlich gehören immer zwei dazu - einer der überträgt, der andere der nimmt. Leider wurde ich dank der "guten Erziehung" meines Erzeugers des öfteren "Weichgeklopft" und habe gelernt, wie ein Schweizer Uhrwerk zu funktionieren. Für mich persönlich ist es nur schlimm zu sehen, daß sich mein so depressiver Mann jegliche Freiheit nimmt - ohne Rücksicht darauf, daß seine Frau auch nicht mehr die Gesündeste ist. Diese Rücksichtslosigkeit verletzt. Oder verliert man als Depressiver die Fähigkeit, zu sehen oder zu registrieren? Warum gelingt mir das noch? Vermutlich bin ich so in meinem Hamsterrad "funktionieren" gefangen, daß es gar nicht mehr anders geht. Bis der Motor irgendwann mal streikt.
Natürlich ist der Ärger auch in mir selbst begründet - wegen meiner Unfähigkeit, mich nicht gegen die Art und Weise wehren zu können, andererseits - in meiner Erziehung gab es Bestandteile wie Rücksichtnahme, Interesse an meinen Mitmenschen, etc. Diesen Teil der Kinderstube hat er scheinbar im ICE-Tempo hinter sich gebracht.

Natürlich merkt man mir an, daß mir alles zuviel wird. Aber darf es das nicht? Darf ich nicht signalisieren "hallo - ich bewege mich auf das Ende meiner Kraft zu?" Habe ich nicht das gleiche Recht wie jeder andere Mensch auf dieser Welt auch, nicht nur funktionieren zu müssen, sondern auch endlich leben zu dürfen? Nur wenn ich ihm gleich tue, dann wird der Haushaltsberg genauso unüberwindbar, wie der Rest der vorhandenen Probleme. Da kann ich mich doch gleich begraben, oder?


@ Kobold

Deine Fragen sind durchaus begründet. Wie lange kann man einen "Streik" durchexerzieren? Bis nix mehr im Schrank hängt oder steht? Abfalleimer überquillen? Wenn man es doch sowieso selbst tun muß, warum also nicht gleich? Mir konnte auch noch keiner eine brauchbare Lösung geben, wie es mir gelingt, selbst einen Gang zurückzuschalten und einen Teil der Verantwortung wieder an meinen Mann zu geben. Das Argument "Depression" wird hier gnadenlos angewendet.

------

Ich schließe mich der Fragestellung von Kobold an: kennt jemand einen guten Tip oder Rat, wie man die Verantwortung wieder teilen bzw. gleichmäßig verteilen kann, trotz Depression? Bin echt für jeden brauchbaren Tip dankbar.
deep
Beiträge: 207
Registriert: 27. Sep 2004, 12:13

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von deep »

Liebe Koboldin,

es war mir ein Bedürfnis, das meine ich ganz ehrlich. Mir hat die Depri das Lügen abgewöhnt...

Eine Frage meines Mannes (und derer, die mir zur Seite stehen) empfand und empfinde ich in diesem Zusammenhang heute noch als hilfreich: Kann ich Dir helfen?
Und wenn die Antwort "nein" lautet, sich anschließend aber ein Problem zeigte oder ich kläglich um Hilfe bitten musste (das war und ist für mich immer furchtbar) ohne irgendeine Anzüglichkeit zu helfen - am Besten gleich.

Das war und ist Arbeit, ich weiß.

Liebe grüße
Karin
deep
Beiträge: 207
Registriert: 27. Sep 2004, 12:13

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von deep »

Liebe Gizmo,

ich glaube, Du hast eine Chance - aber Du musst sie Dir und Deinem mann auch irgendwo geben... so blöd wie es klingt.
Auch Du als Angehörige brauchst Hilfe und solltest sie Dir holen - sei es eine Putzfrau, irgendein Hobby, irgendetwas, dass DIR Kraft gibt.
Aber gib Deinem Mann auch die Chance, wieder auf die Beine zu kommen - in dem er zum Beispiel Aufgaben erledigt, die er erledigen kann und die nicht unbedingt existenziell sind. Bei uns war es Frühstückstisch abräumen. In echt. Und wenn ich es nicht geschafft habe, dann blieb das Geschirr auch mal stehen. Oder, wenn mein Mann das Gefühl hatte, meine Faulheit habe mich gehindert, dann gab es diesbezüglich eine freundlich, aber klare Aussage. Nämlich, dass ich mich nicht ausruhen darf darauf, dass er bereit ist, mir zur Seite zu stehen. Das muss er nämlich nicht, er ist freiwillig mit mir zusammen...

In der Rückschau sehe ich bei mir, dass ich Vieles versuchte, der Depression in die Schuhe zu schieben, was eigentlich Bequemlichkeit war. Und ich bewundere meinen Mann (und noch ein paar andere Menschen) dafür, dass sie soviel Gespür für mich entwickelten, dass sie wussten, ob ich es bin oder die Depri.

Liebe Grüße
Karin
Alma21
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Registriert: 11. Aug 2010, 15:07

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Alma21 »

Hallo Karin,
danke für deinen Beitrag. Ich muß offen zugeben, daß ich in den letzten Jahren, Monaten und Wochen immer ungeduldiger geworden bin. Leider gehöre ich zu der Sorte Mensch, die "Kleinigkeiten" (wie z. B. Spülmaschine ausräumen, etc.) sofort erledigt haben will - zumal es wirklich keinen großen Aufwand darstellt. Und es stört mich wahnsinnig, wenn sich oben auf der Spüle das Dreckgeschirr stapelt, das Saubere (so wie es benötigt wird) aus der Spülmaschine genommen wird um es dann wiederum dreckig auf der Spüle abzustellen. Ich weiß selbst, daß es eigentlich "Nichtigkeiten" sind, über die ich mich mittlerweile aufregen kann - aber meine Nerven sind zum Reißen angespannt und ich selbst habe Angst, daß mich irgendwas unvorhergesehenes aus den Latschen hauen kann.

Wenn ein Mann zu seiner Frau freundlich aber bestimmt etwas sagt, ist es so, daß die Frau sowas eher annehmen kann, weil man als Frau schon von Kindesbeinen darauf "gedrillt" wird. Sagst du aber als Frau dem starken Geschlecht etwas in freundlichem, aber bestimmten Ton - ich mußte leider die Erfahrung machen, daß Mann sich nichts sagen läßt. Oder ich habe bisher noch nicht die richtigen Worte gefunden, die den Schalter im Hirn meines Mannes aktivieren. Vermutlich mache ich im Umgang mit ihm als Depressiven alles falsch, was man nur falsch machen kann. Aber ich habe keine Ahnung, wie es richtig wäre - und habe auch mit mir, meiner depressiven Episode und der ganzen Belastung die auf meiner Schulter lastet, mehr als zu kämpfen. Es ist schon eine ungewöhnliche Rollenverteilung, daß Frau die Hauptverantwortung zu tragen hat, gerade wenn man einen Mann hat, der (jetzt nur rein optisch gesprochen) groß und stark ist und eine Breite Schulter hat.

Ich habe oftmals das Gefühl, daß hinter seiner Depression auch eine versteckte Faulheit/Bequemlichkeit schlummert. Direkt darauf angesprochen, wird es aber abgestritten - und mein Gefühl sagt mir was anderes. Klar, er wäre einerseits schön blöd, wenn er Faulheit zugeben würde, würde er doch eher in die Pflicht genommen oder es bestünde doch die Möglichkeit der Einsicht, daß es nicht ganz richtig mir gegenüber ist. Aber er würde es niemals zugeben - auch wenn es 1.000 mal so wäre.

Wie schon oben geschrieben - ich habe übermorgen meinen zweiten Termin bei dem Therapeuten und hoffe, hier in irgendeiner Form ansatzweise eine Hilfestellung zu kriegen.

Bei all der Anspannung merke ich selbst, daß ich sehr zynisch und verletzend gegenüber meiner Umwelt bin. Das ist vermutlich meine Art, um mir einen Freiraum zu schaffen - in dem ich zum Teil verbal wild um mich schlage - obwohl es mir absolut fern liegt, jemandem auf die Füße zu treten - schon gar nicht meinem Mann.
chrigu
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Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von chrigu »

Hi Gizmo,

gerade die Beschreibung in Deinem letzten Posting vom Spülmaschineausräumen hat mich sehr an meine Mutter erinnert. Sie hat mich und meine Geschwister als Kinder oft quasi entmündigt, indem sie uns erst Aufgaben gegeben hat (z.B. Spülmaschine ein- und ausräumen) und die dann selbst erledigt hat, weil wir es eben nicht immer sofort oder in ihren Augen nicht richtig gemacht haben. Natürlich haben wir schnell durchschaut, dass wir ihr mit dieser Technik auch alle unsere anderen Haushaltsaufgaben übertragen konnten. Sie hat also ständig gejammert, aber alles selbst erledigt. "Das geht schneller, als Euch fünfmal zu bitten und mit Euch ewig darüber zu diskutieren."

Als das alles in einem Riesenstreit eskalierte, haben wir schließlich versucht, uns gegenseitig Zugeständnisse zu machen: Wir Kinder erledigen unsere Aufgaben ein bisschen fixer, sie aber lässt uns machen. Sprich: Sie durfte uns nicht ermahnen oder dran erinnern, bevor nicht eine bestimmte Zeit um war, innerhalb derer wir die Aufgabe machen wollten. Dieses gegenseitige Abkommen war gut, weil jeder dem anderen entgegenkommen musste (und meine Mutter ganz nebenbei herausgefunden hat, dass sie ein ziemlicher Kontrollfreak ist ).

Das ist jetzt natürlich nur ein Beispiel aus meinem Erleben, in dem die Depression keine Rolle spielt, aber: So ein gegenseitiges Abkommen könnte Euch doch vielleicht auch helfen? Dein Mann verpflichtet sich, kleinere Aufgaben zu übernehmen und in einem gewissen Zeitrahmen zu erledigen und Du wiederum wirst ein bisschen großzügiger und gelassener. Damit bekommt Dein Mann nicht einfach nur einen Befehl, sondern kann selbst ermessen, wann er etwas erledigen will, gleichzeitig muss er nicht befürchten, von Dir sofort blöd angemacht (sorry, ich empfand das damals so) zu werden, weil er nicht sofort an die Arbeit geht. Ich als Betroffene hätte ständig furchtbare Angst gehabt, etwas nicht richtig zu machen - so aber hat er einen Spielraum und kann auch im gewissen Rahmen für sich selbst bestimmen, das ist superwichtig!

Und Du kannst Dich in Gelassenheit üben, vielleicht ein bisschen Abstand und Ruhe gewinnen.

Ihr könnt auch ausmachen, was bei Nichteinhaltung des Abkommens droht, das muss gar keine Strafe, sondern kann auch etwas Nettes sein.

Außerdem fand ich Karins Idee gut: Warum nicht Entlastung von außen holen? Eine Putzfrau (wenn es finanziell drin ist) könnte Dir vieles abnehmen.

Alles Gute!
Chrigu
Alma21
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Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Alma21 »

Hallo Chrigu,
auch dir vielen Dank für deinen Beitrag - und ich mußte eben überlegen, wieviel Zeit er eigentlich hat, um div. Kleinigkeiten zu erledigen.

Ich denke, daß ein Zeitfenster von 24 Stunden und mehr eigentlich "großzügig" bemessen ist, oder? Um einfach mal beim Beispiel Spülmaschine zu bleiben: die habe ich am Samstag Abend angestellt, logischerweise war sie da auch irgendwann fertig. Es lag also ein Sonntag dazwischen und ein ganzer Montag. Als ich am Montag Abend von der Arbeit gekommen bin, stand noch mehr Geschirr auf der Spüle und da hab ich es dann selbst erledigt. Es hat ihm nichts ausgemacht, die für den Morgenkaffee benötigte Tasse aus der Maschine rauszunehmen - aber der Rest wäre wahrscheinlich Schwerstarbeit gewesen.

Weißt du, beruflich kriegt er schon seit Monaten nix mehr auf die Reihe - finanziell sieht es entsprechend extrem eng aus (es reicht noch nicht mal für Heizöl und bei ca. 16 Grad in der Wohnung sehnt man sich nach Wärme), er hat also Zeit genug, Kleinigkeiten zu erledigen - ganz ohne Druck, einfach aus der "Notwendigkeit" heraus - aber es passiert nicht viel bis gar nix. Und genau das macht mich rasend.

Ich weiß nicht, ob man das nachvollziehen oder verstehen kann. Vielleicht bin ich auch zu intolerant - auf alle Fälle fühle ich mich ziemlich allein gelassen, auch und gerade von ihm. WIR leben GEMEINSAM in diesem Haushalt - nicht ich alleine.
chrigu
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Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von chrigu »

Hi Gizmo,

es geht ja bei diesen Abmachungen gar nicht um die Zeit. Es geht darum, dass beide Seiten signalisieren, etwas ändern zu wollen.

Der Vorteil dieser Abmachung ist, dass man sich auf etwas festlegt, an das sich beide halten müssen. Man hat quasi eine Art Vertrag und weiß, was man machen muss. Daran kann man sich orientieren und weiß gleichzeitig, dass auch die andere Person einem entgegenkommt. Beide Personen zeigen, dass sie etwas ändern wollen und dafür Arbeit investieren. Das mag am Anfang geringfügig erscheinen, aber viel wichtiger ist die Botschaft, die dahintersteckt: Komm, wenn wir beide etwas tun, dann kommen wir aus diesem festgefahrenen Kreislauf raus.

Eine feste Abmachung hat auch den Vorteil, dass Dein Mann genau weiß, wenn er dagegen verstößt. Das ist vielleicht zur Orientierung leichter als ein globales "du machst nie...". Es geht um eine kleine Aufgabe und wenn er sie erfüllen kann, dann ist das für ihn (und für Dich!) ein kleines Erfolgserlebnis, das vielleicht für die nächste beflügelt.

Willst Du es ausprobieren?


Chrigu
sunshine45
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Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von sunshine45 »

Was macht man denn wenn der Partner sich auf solche Abmachungen überhaupt nicht einlassen will?
Fühlt sich dann gegängelt, kontrolliert etc. ...
Nicht jeder ist in der Depression so einsichtig ...
LG
von der Koboldin
Love it, leave it or change it!
deep
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Registriert: 27. Sep 2004, 12:13

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von deep »

Liebe Gizmo,

über das Spülmaschinenbeispiel musste ich grinsen - DAS kriegt mein Mann nie geregelt und da kann er noch so gesund sein. Diese Diskussionen waren schon vor meiner Erkrankung an der Tagesordnung.
Irgendwann habe ich dann mal kapiert, dass Männer an der Stelle vielleicht auch anders ticken. Wir Frauen meinen "Sofort", sie verstehen aber "wenn Du Zeit hast" - da sind Konflikte vorprogrammiert. Nachdem ich das geschnallt habe, war das kein echtes Diskussionsthema mehr. Natürlich ärgert mich das Hin und Wieder mal, wenn er sagt, dass er sich um etwas kümmert, sich dann aber Zeit lässt... Das aber nur btw.

Ansonsten glaube ich diese "Frau-Mann-Geschichte" nur bedingt. Es geht nicht um erlerntes "braves Verhalten" in irgendeiner Art und Weise - selbst wenn Dein Mann so ein Mensch wäre wie es mein Exemplar wohl ist... er ist krank, was heißt, er kann aus alten Mustern ohne Hilfe von außen noch weniger ausbrechen, als er es gesund vielleicht könnte.
Und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Du ihm fast schon mehr abverlangst als Du, wäre er gesund, von ihm erwarten würdest.

Du wirst ihn nicht heilen können, das ist so. Du kannst ihn allenfalls unterstützen, in dem Du ihm Mut machst und ihm erlaubst, sein Tempo an der Stelle zu wählen - ohne Vorwürfe, ohne Druck, ohne "Müssen". Das macht er sich wahrscheinlich schon im Übermaß selbst, auch ohne Hinweis von außen - egal, wie gut der gemeint ist.

Versuche ein wenig gelassener an den Stellen zu werden, an denen eure Existenz nicht unmittelbar bedroht ist. Und nimm ihn auch immer wieder an den Stellen ein wenig in die Pflicht - in dem Maße, in dem er kann. Entmündige ihn nicht indirekt, in dem Du Alles machst. Und wenn er sich an der ein oder anderen Stelle überschätzt hat, mach ihm das nicht zum Vorwurf.

Ist Dein Mann auch in Therapie?

@Koboldin
Glaub bloß nicht, ich sei in der Depression so einsichtig gewesen, wie heute - ganz im Gegenteil, da waren richtige Machtkämpfe zu Gange! Mein Mann hat dann manchmal einfach nicht mehr diskutiert, er hat gemacht - ist alleine zum Wandern, hat nicht darauf gewartet, dass ich ihn zum Bahnhof fahre, hat sein Essen selbst gemacht. Er ist an den Stellen selbstverantwortlich geblieben, soll heißen, er kümmerte sich um sich selbst. Klingt brutal, war es manchmal auch, aber durchaus hilfreich für mich. Weil er mich trotzdem nicht aus dem Blick verloren hat und wenn er spürte, dass ich wirklich nicht konnte, dann hat er auch nicht diskutiert, sondern meinen Part übernommen.
Meine Einsicht habe ich nur in der Rückschau erhalten und ich arbeite jeden Tag daran, dass diese und die vielen anderen Einsichten in meinem Bewusstsein bleiben. Niederlagen gibt es immer wieder, aber sie werden verkraftbarer...

Liebe Grüße an Euch alle
Karin

PS: Falls es interessiert, ich bin seit etwa 16 Jahren Depressionspatientin...
chrigu
Beiträge: 2081
Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von chrigu »

Hi Koboldin,

>Was macht man denn wenn der Partner sich auf solche Abmachungen überhaupt nicht einlassen will?
>Fühlt sich dann gegängelt, kontrolliert etc. ...
>Nicht jeder ist in der Depression so einsichtig ...>

Ich würde es erstmal ausprobieren. Die genauen Konditionen der Abmachungen setzt man dem anderen ja nicht vor, man überlegt gemeinsam, welche Möglichkeiten es geben könnte, irgendwie weiter zu kommen. Das ist schon Teamarbeit. Und schließlich bietet man dem Partner ja auch etwas.

Wenn der Partner nicht will, dann würde ich ihn fragen, ob er einen anderen Vorschlag zur Situationsverbesserung hat. Oder gemeinsam einen anderen Vorschlag überlegen. Oder ihn bitten, das in der Therapie zu besprechen. Ein "Entgegenkommen" des Partners kann ja in vielem bestehen, zum Beispiel auch darin, am nächsten Tag zu VERSUCHEN, etwas (was auch immer) zu machen.

Ich bin keine Angehörige sondern Betroffene und mir hat es an manchen Punkten geholfen zu sehen, dass ich nicht für den Partner verantwortlich bin, er gut für sich selbst sorgen kann und sein Leben nicht der Krankheit unterordnet. Aber es war für mich auch gut zu merken, dass ich für die PartnerSCHAFT eben doch irgendetwas einbringen muss, das ihm Hoffnung gibt, dass sie Bestand hat. Zu merken, dass meine Krankheit auch Auswirkungen auf andere hat, war ein Wachrüttler (denn die Auswirkung auf mich war mir total egal). Mein erster Beitrag war damals, die Therapie zu beginnen (die ich erst nicht machen wollte, weil ich dachte, mir könne eh niemand helfen und ich hätte Hilfe sowieso nicht verdient).

Aber da tickt jeder anders.

Viele Grüße!
Chrigu
Alma21
Beiträge: 57
Registriert: 11. Aug 2010, 15:07

Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Alma21 »

Guten Morgen Zusammen,

erst mal vielen vielen Dank für die rege Teilnahme (sowohl Betroffener als auch Angehöriger). Das ein oder andere hört sich für mich durchaus plausibel an - aber es eröffnet eben so viele Fragen:

Es heißt doch immer, daß ein Depressionskranker unter der ständigen Überforderung leidet, sein ganzes Leben aus einem "muss" besteht, er keinesfalls weiterhin überfordert werden darf, man ihn nicht unter Druck setzen darf - am besten in Watte packen oder mit Glacé-Handschuhen anfaßt. Soweit so gut - aber überfordere ich nicht automatisch, wenn ich mir wünsche, daß mein Partner aktiv seinen Teil der Verantwortung übernimmt? Setze ich ihn damit nicht automatisch wieder unter Druck? Besteht nicht das ganze Leben in gewissser Weise aus einem "Muß"? (gerade wenn ich an Arbeiten, Geldverdienen, Zahlungsverpflichtungen, etc.) denke?

Ganz ehrlich? Ich kann mir auch nicht aussuchen, ob ich Arbeiten will oder nicht - ich MUSS es tun - auch wenn es mir noch so schwer fällt. Ich bin mit der ganzen Situation zuhause überfordert - kräht irgendein Hahn danach? Nein, ich MUSS zusehen, daß alles irgendwie (ob recht oder schlecht) weiterläuft. Werde ich gefragt, ob ich diese oder jene Verantwortung übernehmen möchte (weil es mein freier Wille ist oder ich gerade dazu Lust habe)? Nein, ich MUSS - weil das Schiff sonst untergeht.

Wie also kann ich mit einem Menschen umgehen, bei dem ich ständig befürchten muß, ihn mir irgendwas zu überfordern? Ich denke, genau hier liegt mein Knackpunkt zum Unverständnis.

--------

Zurückkommend auf eine Frage: ja, er hat eine Therapie angefangen. Aber darf ich ganz ehrlich sein? Ich habe keine Ahnung, ob es ihm wirklich ernst damit ist. In den letzten über 8 Jahren wurde mir soviel auf die Backe geschmiert - es fällt mir schwer, noch irgendwas zu glauben. Der vollbrachte und fehlgeschlagene Versuch war letztendlich das I-Tüpfelchen, um den letzten Funken Vertrauen und Glauben zu verlieren. Seitdem laufe ich total neben der Spur und finde mich kaum noch zurecht. Mit dem "Geständnis" seines Versuches wurde mir erst mal klar, was für ein elend langer Rattenschwanz an ihm, an mir und an uns klebt.

Ich gebe es offen zu - ich bin total überfordert und weiß überhaupt nicht mehr weiter. Aber irgendwas in mir treibt mich weiter an, damit das Hamsterrad sich weiter dreht und alles funktioniert.
deep
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Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von deep »

Liebe Gizmo,

das mit dem "Müssen" ist schon richtig. Und es ist sicher schwer, als Angehörige die Balance hin zu bekommen.

Könntest Du Dir vorstellen, das mit dem "Müssen Deines Mannes" etwas hinten anzustellen? In dem Sinne, dass Du nicht mehr ganz bestimmte Erwartungshaltungen hast, was wann und wie von ihm getan werden sollte?

Lieben Gruß
Karin
Alma21
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Re: Faulheit? Depression? Ich weiß es nicht mehr einzuschätzen

Beitrag von Alma21 »

Hallo Karin,

hättest du mir diese Frage vor ein paar Jahren gestellt - meine Antwort lautete mit Sicherheit "Ja" - ich kann das "Müssen meines Mannes" hinten anstellen.

Die Frage zum heutigen Zeitpunkt: eher nein. Warum? Ich will es gerne versuchen zu erklären:

Erfahrungsgemäß ist es ja so, daß du als Frau meistens mehr Aufgaben im Haushalt hast, als der Mann. Und wenn ich den ganzen Tag Zeit hätte, würde ich mich vermutlich gar nicht beschweren. Aber ich bin Vollzeit berufstätig. Gehe morgens um kurz nach 6 aus dem Haus und komme nicht vor 6 abends heim. Da hab ich schon die ersten 12 Stunden hinter mir. Mein Partner dagegen "arbeitet" (zumindest früher, als er noch Lust dazu hatte) vom Homeoffice aus, wenn er nicht gerade im Außendienst unterwegs war. In den letzten Monaten - seit Okt. 09 - ist er nur noch daheim und arbeitet nicht mehr viel. Trotz dieses Umstandes bleibt das Meiste an mir hängen. Natürlich freue ich mich, wenn er mal den Müll rausbringt, bedanke mich auch dafür, daß er es tut. Aber es sträubt sich mittlerweile alles in mir, wenn ich im Haushalt rumwusel und er mit einer Seelenruhe vorm Fernseh sitzt und sich irgendeine "Daily-Soap" reinzieht, vorm PC irgendwelche Computerspiele macht oder noch besser - entspannt in der Badewanne liegt. Im Sommer lag er tagsüber regelmäßig draußen und hat sich die Sonne auf den Pelz brennen lassen - um sich am Abend stolz zu präsentieren, wie toll braun er doch geworden ist.... Wurscht egal, wie's in der Wohnung ausgesehen hat. Grrrrrrrrrr.

Natürlich ist es überwiegend das Wochenende, an dem Haushalt, Wäsche, Einkaufen, Garten (Rasen mähen), etc. erledigt wird, weil ich es unter der Woche gar nicht mehr geregelt kriege. Aber - es ist auch MEIN Wochenende, an dem aber für MICH wenig bis gar keine Zeit übrig bleibt. Und hier ist bei mir die Toleranzgrenze. Einerseits - ich MUSS was für mich tun, damit auch ich aus meinen Depressionen rauskomme, andererseits - ich habe dank der tatkräftigen Unterstützung kaum eine Chance dazu.

Ich möchte damit nicht zum Ausdruck bringen, daß mein Mann chronisch faul ist, bzw. war - nein, es gab Zeiten, da war der Haushalt zu zweit "ruck zuck" erledigt. Aber da ich selbst sehr angegriffen bin, lechze ich nach Unterstützung und greife ins Leere.

Es ist zwar toll, wenn der eine Partner sich seinen Befindlichkeiten hingeben kann, es ist aber untoll, wenn das ganze zu Lasten des anderen Partners geht, der selbst auf dem Zahnfleisch rumrutscht.

Ich bitte einfach nur um etwas Unterstützung, wenigstens in den alltäglichen Kleinigkeiten, bei denen man nichts falsch machen kann, die Routine sind und stoße auf relativ taube Ohren. Und glaube mir, da ist man nur noch angespannt und die kleinste Mücke kann zum größten Mammut werden (obwohl man das eigentlich überhaupt nicht möchte).

Deshalb war ja meine Frage, was bzw. wie man es richtig macht, damit auch ich eine Chance habe, aus meinem "black hole" rauszukommen, ohne daß er oder ich überfordert bin.

???
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