Aufgeben können wir uns später immer noch

Optimistin
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Optimistin »

Ich muss mich entschuldigen- das gerade war mein erster Beitrag und irgendwie ist da was schiefgelaufen. Ich habe versucht ihn zu überarbeiten aber das hat nicht geklappt

Ich hatte noch hinzugefügt, dass seine Eltern auch sehr viel materiellen Druck auf ihn ausüben, indem sie ihm bei größeren Anschaffungen/Projekten finanziell stark unterstützen. Es mag zwar Vieles einfacher machen aber er macht sich dadurch nur noch abhängiger von ihnen und seine Eltern können wiederum Erwartungen stellen, weil sie ihm ja finanziell bei dem und dem geholfen haben.
Ein ewiger Teufelskreis!

Ich wünsche allen Angehörigen viel Kraft-denn wir haben es mit unseren depressiven Partnern oft nicht leicht...

Liebe Sammie: ich freue mich auf weitere Ausführungen Deiner Geschichte!

Die Optimistin
FönX
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von FönX »

Hallo Optimistin,

wenn du deinen Beitrag ändern willst, einfach anmelden (einloggen), den Button im Fenster deines Beitrags anklicken, und den Zitatmüll löschen und wieder "abschicken" klicken.

Hilfreiche Grüße
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Zen
Beiträge: 201
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Guten Morgen Tangram, Optimistin und Fönx

Danke für euren Zuspruch.
Wenn ich hier schreibe, merke ich schon wie nahe mir das alles geht.
Es tut aber auch gut, die Vergangenheit wie eine zweite Haut abzustreifen.
Immer wieder bin ich erstaunt, wenn ich lese wie viel die Familie doch zu dieser Krankheit beiträgt.

Liebe Tangram,
deine Antwort könnte ich mit einigen Änderungen bei mir einfügen. Wüde sich nahtlos anpassen.

Liebe Optimistin,
ein sehr gut ausgewählter Name optimistisch müssen wir auch sein, sonst könnten wir das alles garnicht so lange aushalten und verkraften.
Das mit dem Telefonterror kennen wir auch, ist wohl ein gutes Druckmittel.
Ich frage mich, was will die Familie eigentlich damit bezwecken ?
Dieses penetrante einmischen in das Leben und der Familie ihrer erwachsenen Kinder?

und dir lieber Fönx
danke für deine Hilfreichen Tipps.

Es grüßt Euch
Sammie
sunshine45
Beiträge: 685
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von sunshine45 »

Guten Morgen liebe Sammie,
ich wollte Dich nur nochmal kurz erinnern, dass Du Urlaub hast und Zeit für Dich nutzt.

Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich nur sagen, dass je mehr ich mich mit der Thematik (was passiert ist, warum kam die Depression, wie verhält er sich, was kann ich tun etc.) beschäftigt habe, desto mehr bin ich in die Spirale geraten, die mich selbst immer weiter runter gezogen hat.

Das kann und darf nicht das Ziel sein!

Sammie, schreib doch auch mal was Du schönes für Dich selbst gemacht hast.
Berichte doch auch mal von schönen Ereignissen, die Du selbst erlebt hast in den letzten Jahren.
Vielleicht wird Dir und anderen dann auch etwas bewußt. Bei mir gab es in den letzten Jahren kaum etwas und als ich das erkannt habe, hat mich das sehr erschreckt.
Seitdem versuche ich das zu ändern und es geht mir besser damit.
Bitte vergesst Euch selbst nicht!
Alles Liebe
von der Koboldin
Love it, leave it or change it!
Andreas01

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Andreas01 »

@Optimistin
>>>Aber alleine dieses Telefonklingeln alle paar Minuten ode sogar Sekunden übt einen enormen Druck aus, was die Situation natürlich nicht gerade verbessert!<<<

hier würde sich die Anschaffung einer adäquaten Telefonanlage mit der sich ungebetene Anrufer "ausfiltern" lassen, sehr lohnen.

Andreas
Zen
Beiträge: 201
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Ich möchte mich heute nicht lange mehr mit seiner Famile aufhalten und es diesmal kurz machen.

Der Bruch war da, die Schwester die sich eigentlich nicht einmischen wollte, mischte trotzdem ganz schön mit.
Man setzte meinem Mann die Pistole auf die Brust, entweder seine Familie oder ich.

Diesmal hat er sich aber nicht, wie so oft von den Frauen getrennt, sondern von seiner Familie.
Wir waren 9J. zusammen, hatten uns zusammengerauft und vieles aufgebaut.
Anstatt sich mit uns zu freuen, dass es so gut klappte, hatte ich das Gefühl, je mehr wir erreichten, desdo neidischer wurden sie.
Obwohl Mutter, sowie Schwester, beide ein gutes ohne finanzielle Probleme sorgenfreies Leben lebten.

Der Kontakt wurde abgebrochen und 2,3 Jahre später kam der Anruf das Mutter gestorben sei.
Ich kann mich an das Todesjahr nicht mehr erinnern ob 2003 oder 2004 weiß ich jetzt micht mehr.
Aber Er hatte sehr darunter gelitten.
Eine Aussprache war jetzt micht mehr möglich.
Er ging zur Beerdigung und ich wurde als unerwünschte Person erst garnicht eingeladen.
Ich habe ihn bis zum Friedhof begleitet und vor dem Tor gewartet, weil er mich darum bat.

Zwischenzeitlich war es ein ewiges Auf und ab, ein Gefühlskarussel.
Von Depression war noch immer keine Rede.
Ich hatte mich aber mit diesem Thema schon auseinander gesetzt und mir wurde klar, das er dringend ärztliche Hilfe braucht.
Er wollte davon aber nichts wissen.

So nach und nach übernahm ich seine Aufgaben in unserem gemeinsamen Leben.
Wenn ich merkte es geht ihm schlecht, habe ich seine Dinge, die erledigt werden mussten mitübernommen.
Dann gab es wieder Zeiten, wo sich alles wieder normalisierte und ich jubelte innerlich. Endlich ist die Talsohle erreicht und es geht wieder aufwärts.
Bis zum nächsten Tief.

Wir hatten vor Jahren mit einem befreundeten Paar ( auch aus der Clique )und seiner Schwester ein kleines Segleboot gekauft.
Es lag in Holland und darauf machten wir im Wechsel Urlaub oder Wochenendtripps.
Es klappte ganz gut und in den ganzen Jahren gab es auch nie Stress, wegen der Termingestaltung.

Da sich aber auch der ganze Freundeskreis auf die Seite der Schwester schlug, hatte er nicht nur seine Familie, sondern auch seine sogenannten Freunde verloren.
Keiner von denen, hat sich bei uns blicken lassen und gefragt, oder wollte seine Version der Geschichte hören.
Wir klinkten uns dann aus der Segelbootgeschichte aus.

Da wir uns immer sehr gut erholt hatten an bord und es auch sein Hobby war, redete ich auf ihn ein, dass wir uns doch ein eigenes Schiff kaufen sollen.

Aber wie schon mal beschrieben, diese Unentschlossenheit.
Mal ja, dann Tage später wieder nein.
Aber ich ließ nicht locker.
Wir fuhren an den Wochenenden sämtliche Verkaufshäfen ab und schauten uns die angebotenen Schiffe an.
An fast allen hatte er was auszusetzen.
Aber ich ließ einfach nicht locker.

Wir hatten mit dem Segelboot so viel Spass und es tat uns damals beiden so gut.
Einfach vom Alltag abschalten und sich den Wind um die Nase blasen lassen.
Dieses Gefühl wollte ich ihm einfach wieder vermitteln.

Wir waren wieder mal in Holland und dann sah er es, sein Schiff.
Wenn wir ein Schiff kaufen, dann nur dieses, war sein Kommentar.
Der Preis für uns zu diesem Zeitpunkt einfach utopisch.
Wir hatten zwar ein gutes Polster auf dem Sparbuch, aber das sprengtee doch bei weitem unsere Möglichkeiten.
Ich rechnete mir zu hause die Finger wund, kam aber auf keinen grünen Zweig.

Heute weiß ich, dass er dieses Schiff garnicht haben wollte, weil es für ihn einfach zuviel Kraft gekostet hat sich darum zu kümmern.
Ich hatte mich aber nunmal wie ein Terrier festgebissen und ich wollte dieses Schiff für Ihn, komme was da wolle.
Er hatte meine Hartnäckigkeit unterschätzt und ich sein, nicht wollen, falsch interpretiert, nach dem Motto er kann sich mal wieder nicht entscheiden.

Ich bat meine Eltern, um einen Teil der Anzahlung.
Und welcher Vater kann seiner einzigsten Tochter schon was ausschlagen?
Wir bekamen das Geld und so kauften wir ein Schiff, das er nie im Leben haben wollte.

2002 war unser Schiffsjahr. Ich stolze Besitzerin eines 10x3m Stahljacht mit 6 Schlafplätzen, Küche, Toilette also alles was das Herz begeht. Ein 9 Tonnen Traum, der auch Küstentauglich war.

Doch diese 9 Tonnen Schiff lagen wie Stahl auf seiner Seele.
Er konnte sich nicht freuen, für ihn war es nur 9 Tonnen mehr Ballast.

2009 habe ich das Schiff schweren Herznes wieder verkauft. Weit unterm Preis. Aber das ist nicht das schlimmste.
Das schlimme ist der Traum den wir geträumt hatten, Europa auf dem Wasser zu erobern, das dieser Traum geplatzt ist, wie eine Seifenblase.


Fortsetzung folgt.
Optimistin
Beiträge: 20
Registriert: 5. Aug 2010, 13:12

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Optimistin »

lieber FönX,
vielen Dank für den hilfreichen Tip- werde weiter üben

liebe koboldin,
ich kann das nur bestätigen: je mehr man sich damit beschäftigt, desto mehr zieht es einen runter. Dennoch hilft es mir auch, hier im Forum zu lesen-
so weiß ich, dass hier Leute sind, die die Situation, nämlich das Leben mit einem depressiven Partner, wirklich nachvollziehen können. Und das ist unglaublich
tröstlich wie ich finde! Mittlerweile versuche ich aber auch, wie Du gesagt hast, Gutes für mich zu tun und mir sogenannte "Auszeiten" zu holen, z.B. ein Besuch im
Sportstudio, ein Treffen mit einer lieben Freundin usw....Das ist unglaublich wichtig wie ich mittlerweile weiß-sonst geht man selber unter. Ich kenne nämlich auch die Situation,
selber so mit runter gezogen zu werden, dass man ganz "lahm" wird und selber unfähig, Dinge zu tun oder der Situation zu "entfliehen" um sich etwas Gutes zu tun....Das
darf nicht so weit kommen! Glücklicherweise habe ich selbst sehr gute, enge Freunde, viel Verständnis von meiner Familie und einen Traumjob, da meine Kollegen wie Freunde für mich
sind und mich jeden Tag auffangen (sie wissen nichts von meiner "Situation" aber hier erfahre ich auch in schlechten Zeiten Anerkennung und es sie schaffen es tagtäglich mich zum Lachen
zu bringen).

lieber Andreas,
danke für den Tip aber das lässt sich leider nicht umsetzen, da sonst der Teufel los ist, wenn das raus kommt und mein Partner ist leider noch nicht soweit, sich gegen seine Familie zur
Wehr zu setzen....

@Sammie
ich glaube, dass auch materielle Dinge, wie eben das Schiff oder bei uns das Haus, das wir letztes Jahr kauften, einen unglaublichen Druck aufbauen können. Warum genau kann ich noch nicht wirklich
in Worte fassen. Bei uns ist es leider so, dass seine Eltern finanziell stark in das Haus eingebunden sind und damit genannte Erwartungen stellen können, gegen die mein Partner sich wie gesagt leider
noch nicht zur Wehr setzt. Eine depressive Freundin sagte mir, dass ihr Therapeut zu ihr gesagt hat sie müsse lernen auch mal "nein" zu sagen und das muss er wohl auch.
Ich bin gespannt wie Du es geschafft hast, dass Dein Mann sich in Therapie begeben hat. Meiner wehrt sich noch sehr dagegen und das Thema Depression wird immernoch vehement "untergraben".
Ich bin weiterhin gespannt auf die Fortsetzung...

liebe Grüße an alle!
sunshine45
Beiträge: 685
Registriert: 16. Sep 2008, 14:26

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von sunshine45 »

Hallo Sammie und alle anderen Leser und Schreiber hier,

ich verfolge ja auch Deine Beiträge und der letzte Bericht hat mir zu denken gegeben.

Wahrscheinlich weißt Du auch, dass es zur Depression gehört sich nicht entscheiden zu können. Das tägliche Befinden ist ja immer anders und es gibt keine Stabilität.
Daher ist ein depressiver Mensch zwangsläufig hin und her gerissen. Was er sich gestern noch zutraute, schafft er heute nicht mehr.
Dann ist es natürlich als Partner sehr schädlich, wenn man die Entscheidungen fossiert bzw. auf Biegen und Brechen durchsetzen will oder wie in Deinem Fall auch wirklich durchsetzt.
Aber das hast Du ja längst schon selbst erkannt. Hinterher ist man immer schlauer, so ging und geht es mir auch.

Sammie, ich werde nicht aufhören zu versuchen Dich wieder "auf die Spur" zu bringen. Versuch doch mal Entscheidungen nur für Dich zu treffen. Entscheidungen, die etwas in Deinem Leben verändern.
In einer Partnerschaft sollte man auch immer ein eigenes Stück Leben behalten (das schaffen wir hier alle mehr schlecht als recht, denn das Leben mit einem depressiven Partner ist anders).
Aber es muss einfach her, das eigene Sammie-Leben. Ein eigener Energiepol an dem man mal nicht mehr denkt, sondern einfach nur macht und zwar nur für sich. Kraft tanken, entspannen und auch lachen. Lachen befreit, ebenso wie Weinen, aber LACHEN ist schöner!
Nur dieser Energiepol wird nicht bei Dir an der Tür abgegeben, sondern den mußt Du Dir selbst anfertigen und das hat nichts mit Egoismus oder schlechtem Gewissen Deinem Mann gegenüber zu tun. Das brauchst Du, damit Du nicht selbst im tiefen Loch verschwindest.
Gibt es etwas was Du schon immer mal lernen wolltest?
Vielleicht segeln, Tango (Temperament hast Du ja eigentlich genug ),Klettern, SPORT, fernöstlich kochen, schauspielern, singen, Schlagzeug etc.
Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass Du Dich gut als Schriftstellerin (nur bitte nicht über psychische Erkrankungen) machen würdest. Hast wirklich einen guten Schreibstil. Vielleicht liegt da Dein Talent und gibt Dir wieder Selbstvertrauen und Zuversicht?
Wär schön, wenn Du schaffen könntest Dein eigenes Glück zu suchen und ein Stück vorzugehen. Dann Mann kann Dir vielleicht dann auch besser folgen, wenn er nicht das Gefühl hat, dass Du durch seine Erkrankung leidest.
Es ist ja so, dass wir alle so gefangen sind von unseren eigenen Geschichten und suchen verzweifelt nach Ursachen und deren Lösungen. Nur wenn unsere Gedanken immer nur kreisen und keinerlei neuer Input kommt, so kommen auch keine neuen Ideen, Erkenntnisse und erst recht keine Taten.

Wir drehen uns wie Hamster im Rad und erst wenn wir aussteigen, erkennen wir auch andere Wege und können durch den Abstand auch eher Lösungen sehen.

Der Austausch hier ist sehr gut, auch mir tut es gut endlich mal verstanden zu werden und zu wissen das andere ähnliches erleiden. Aber nur die Veränderung bringt uns weiter, nicht der Stillstand.
"Von selbst entwickelt sich nur der Dschungel" Zitat von Willi Brandt (ist auch egal), wollte damit nur sagen, dass wir uns selbst das Glück zurückholen müssen und uns nicht leidend neben den Partner legen sollten.

Sammie, was macht das Walken?

Herzliche Grüße an alle hier
die Koboldin
Love it, leave it or change it!
tangram
Beiträge: 131
Registriert: 24. Mai 2010, 19:40

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von tangram »

Hallo Sammie,

deine Geschichte ist sehr interessant, weil ich darin auch sehr viel gemeinsames mit unserer Geschichte entdecken kann.

Bei uns war es allerdings kein Boot, sondern ein Haus, das mittlerweile schon so viel Kraft und Zeit unseres Lebens verschlungen hat, wie nichts auf der Welt.

Da es noch dazu eine Gebraucht-Immobilie war, war daran (ist es immer wieder) immer viel zu machen.
Wir haben seit 13 Jahren in den Ferien immer renoviert.
Erst innen - dann außen - kaum ist man hinten fertig, fängt man vorne schon wieder an.
Daneben noch die 3 Kinder und natürlich die Arbeit.
Bald ist man es gewöhnt nur noch zu werkeln, bis einem die Knochen weh tun.
Zum Teil verdrängt man durch die Arbeit auch viel Probleme. Ich denke man muß immer ein gesundes Maß finden.

Bei meinem Mann und auch bei mir fingen vor 2 Jahren dann die körperlichen Beschwerden an.
Bandscheibenvorfall, Gelenkathrose usw.

Fast so als würde der Körper einem schon mit Gewalt still legen wollen. Will er ja im Grunde auch.

Es ist fast so, als würden wir verlernen, die Freizeit mit Relaxen zu verbringen.

Nein, ich denke wir haben es schon verlernt.

Ist wirklich so was wie Selbsttherapie, wenn man das dann alles so hinschreibt.
Da werden dir dann viele Dinge bewußt, die du so gar nicht sehen würdest.

Schönes WE

wünscht allen Schreiberlingen

(liebe Koboldin )

Tangram
"Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt"

Laotse
Zen
Beiträge: 201
Registriert: 5. Jul 2010, 11:31

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Hallo und einen schönen Abend an alle,

Lieber Kobold,

wir beide haben uns ja schon persönlich kennengelernt und ich schätze Dich sehr als Mensch und ich bezeichne dich auch ein bisschen als meine Freundin .
Auch habe ich ein wenig ein schlechtes Gewissen, weil ich Dir versprochen habe mehr an mich zu denken.
Das schreiben unsere Geschichte ist aber z.zt keine Last für mich.
Das was geschrieben steht ist ja unsere Vergangenheit und diesen Balast entsorge ich hiermit.

Ich habe neben meinem Schreibtisch im Geiste eine riesige Mülltonne stehen, wenn ich einen Abschnitt geschrieben habe, kommt er anschließend in diese Mülltonne. Deckel drauf und das ist dann Schnee von gestern.
Ich löse mich von diesem Balast, werde ihn nicht mehr mit mir rumschleppen.
Das ist meine Art das alles zu entsorgen.

Wie bei jedem Sperrmüll, den man an die Strasse stellt, findet irgendeiner noch gefallen daran und nimmt es mit nach Hause.

Will damit sagen, in unserer Geschichte finden sich ja viele hier wieder und sehen paralellen.
Die Fehler die ich in der Anfangszeit gemacht habe, machen vieleicht andere Angehörige auch.
Wie viele Betroffene denken, wenn sie das lesen, genau so oder ähnlich hat mein Partner auch reagiert.
Ich möchte den Betroffenen ja auch vermitteln, wie schwer es für uns ist mit dieser Situation umzugehen.
Das eine normale Komunikation, zwischen einem Depressiven und seinem Partner, alleine schon wegen der Wortwahl, oder wie ein Satz formuliert wird, garnicht richtig verstanden wird.
Das was ich sagen will und meine, kommt bei meinem Partner ganz falsch an und umgekehrt.

Im schreiben erkenne ich meine gemachten Fehler, die ich nicht mehr wiederholen werde.

Heute habe ich eine ganz andere Denkweise mit dem Umgang seiner Krankheit und ich kann meine Private Zeit auch besser genießen.
Dank dem Forum, dank Dir und vielen anderen und den Betroffenen die mir geantwortet
haben.

Was ich angefangen habe, bringe ich jetzt auch zu Ende.
Ausser die Moderatoren sperren mich mit einem Schloss.

Ja und laufen war ich gestern auch

Es grüßt Euch
Sammie
Zen
Beiträge: 201
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Hallo und guten Morgen,

ich glaube heute schon das Besitz, ob Haus, Schiff oder sonst was Druck und Belastung ist.

Ein älteres Haus z.b. ist mit viel Arbeit verbunden, wie Tangram schon beschrieben hat.
Ist man hinten fertig kann man vorne wieder anfangen.

Der Depressive Partner ist ja gefordert, das alles auch zu erhalten und oft auch damit überfordert.
Wir sehen, da muss dieses und jenes dringend gemacht und repariert werden, dafür jedesmal eine Firma zu beauftragen, sprengt natürlich den finanziellen Rahmen.
Also drängen wir unseren Partner endlich die Sache in Angriff zu nehmen.
Setzen ihn also sozusagen unter Druck.
Er weiß, er muss es endlich tun, um den Schaden gering zu halten, aber auch in erster Linie um sich selber zu beweisen, ich kann das doch.

Unsere Männer wissen wie es geht, nur dieses in die Tat auch umsetzen, ist bei einer Depression oft unmöglich.

Mein Mann ist Handwerker. Nach kurzer Rede folgten auch schnell seine Taten.
Heute ist er kaum in der Lage, ein Loch zu bohren.

Optimistin,
bei Euch kommt noch der Druck der finanziellen Unterstützung dazu.
Wer wollte dieses Haus ?
Du ? Oder ihr beide ?
Oder kam es von seinen Eltern, die meinen, unser Sohn muss zumindest standesgemäß wohnen. Mietwohnung geht garnicht, Eigentumswohnung naja, eigenes Haus, so wollen wir es haben.
Verstehst Du was ich damit sagen will ?

Hättet ihr euch das Haus, ohne die finanzielle Unterstützung seiner Eltern erlauben können ?
Du schreibst, dass sie einen großen Anteil daran haben.
Wir hätten uns das Schiff nicht kaufen können, wenn ich das Geld meiner Eltern nicht bekommen hätte.
Und da geht es nämlich schon los.
Auch ich musste meinen Eltern Rede und Antwort stehen.
Sie gaben uns ihr Geld und wollten nun auch ein Wörtchen mitreden.

Ich konnte damit umgehen, aber mein Mann nicht.
Und wie ich es bei Dir rauslese, ist es bei deinem Mann nicht anders.
Mit diesem Druck, der unbewust von den Eltern ausgeübt wird ( ich glaube nicht, dass Eltern es mit Absicht machen, sie meinen es wirlich nur gut. Davon gehe ich jetzt einfach mal aus ). Diese Erwartungshaltung von der Familie können viele Menschen einfach nicht erfüllen und fühlen sich dann oft als Versager.
Der erste Schritt in die Depression.

Denn er will nicht sich, sondern auch seiner Familie gefallen, weil er aber sich dabei übergeht, nicht seine eigenen Gefühle berücksitigt, nicht -NEIN- sagen kann, wird er immer wieder mit Sachen konfrontiert, die er eigentlich garnicht will.

Und das ist das Dilemma.

Schönen Samstag wünscht euch
Sammie
Zen
Beiträge: 201
Registriert: 5. Jul 2010, 11:31

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Ich bin hier im Forum mal angesprochen worden,...Sammie, ich habe den Eindruck, du willst deinen Mann mit Gewalt aus der Depression reißen...!

Genau so war es. Ich wollte Ihn damals mit Gewalt Glücklich machen.
Nach dem Motto : Du hast gesagt, wenn ein Schiff dann dieses.
Bin zu meinen Eltern gelaufen, stand mit meinen 42 J. vor meinem Vater. Habe seinen Fragen und bohrenden Blick standgehalten.
Habe meine Eltern noch nie um Geld gebeten, noch nicht mal, als mir das Wasser wegen meiner Scheidung bis zum Hals stand.
Jetzt stand ich da wie ein Bettelkind und mein Vater ließ mich mit seiner Entscheidung ein paar Tage zappeln.
Wie ein Fisch an der Angel.
Wenn er gesagt hätte, Tochter (mein Vater nannte mich immer " Tochter ")du musst mir vorher aber die Füße küssen, bevor du das Geld bekommst, hätte ich es getan.
Ich wollte dieses Schiff und zwar für Ihn.

So, mein Schatz, jetzt hast Du dieses Schiff und jetzt sei gefälligst auch Glücklich und freue Dich, verdammt noch mal!

Sommer 2003 hatten sich Freunde angemeldet. Wir wollten mit ihnen ein langes Wochenende auf dem Wasser verbringen
Wir waren schon einen Tag früher an Bord, um Vorbereitungen zu treffen.
Meinem Mann ging es sehr schlecht.
Er verkroch sich bei unserer Ankunft sofort in seine Koje.
Bis zu diesem Zeitpunkt war von Depression noch keine Rede.
Zwar hatte er öfter als sonst einen Krankenschein, aber es waren alles körperliche Krankheiten.
Er ging auch regelmäßig arbeiten, die Wochenenden aber verbrachte er im Bett.
Im Urlaub lag er im Bett, an Bord lag er fast nur im Bett.
An Aktivitäten war garnicht dran zu denken.

Wie gesagt, es wollten Freunde kommen.
Als ich mit meiner Arbeit fertig war, ging ich in die Heckkajüte um nach ihm zu sehen.

Er lag wie ein Kleinkind zusammengekrümmt auf seinem Bett. Schweißnass und weiß im Gesicht wie eine Kalkwand. Der Puls raste und er weinte in einer Tour. Auf mein Fragen was denn los sei, sagte er, er habe Angst.
Ich hatte ihn in letzter Zeit ja des öfteren gesehen wenn es ihm nicht gut ging, aber so noch nie.
Auch ich bekam Angst. Auf seine Reaktion, in einer Stunde würde es ihm wieder besser gehen, ließ ich mich diemal nicht ein.
Packte das Auto, sagt den Freunden ab und fuhr wieder nach Hause direkt ins KH.

Der Arzt in der Notaufnahme fragte nach dem Grund und ich erklärte den Zustand meines Mannes, das er einen Nervenzusammenbruch hatte.
Mein Mann saß teilnahmslos neben mir.
" Wenn wir hier jeden aufnehmen, der mal weint, dann hätten wir aber viel zu tun ".
Und er fragte mich, wie ich als Laie die Diagnose -Nervenzusammenbruch- stellen kann, dass könnte doch wohl nur ein Arzt beurteilen. Einen Nervenzusammenbruch, kann er aber nicht feststellen.
Mein Mann solle sich mal richtg ausschlafen und dann wird das wieder.
Auf Wiedersehen, der Nächste bitte.

Ich fing an zu weinen, dass kann doch jetzt alles nicht wahr sein ? Der Arzt schickt uns tatsächlich nach Hause.
Heute würde ich mich darauf garnicht mehr einlassen. Ich würde es mir von so einem Arzt schriftlich geben lassen, dass er die Verantwortung übernimmt, sollte etwas passieren.
Aber damals war ich selber mit den Nerven fertig.

Tage später bekam ich von einer Freundin einen Tip, ich sollte doch mal zu ihrer Ärztin gehen.
Sie sei noch eine Ärztin von alten Schlag und bei ihr hätte man noch das Gefühl, sie sehe noch den Menschen und nicht nur eine Krankenkassennummer.

Wir gingen zusammen zu der Ärztin. Eine Allgemeinmedizinerin.
Sie sprach nachdem sie sich alles angehört hatte, auch vom Bruch mit seiner Familie, das erstmal von einer Depression.
Endlich hatte sein Zustand einen Namen, mit dem wir was anfangen konnten.
Ich war damals noch in dem naiven Glauben, mit den richtigen Medikamenten und ein bißchen guten Willen, wird das schon wieder.
Wo ich das erstemal merkte, dass etwas nicht stimmt, bis zum Tag wo seine Krankheit endlich einen Namen hatte, vergingen 6 Jahre.
Weitere 4 Jahre dauerte es aber bis er sich endlich dazu durchrung in Psychologische Behandlung zu begeben.
Diese ersten 6 Jahre sind auch an mir nicht spurlos vorbeigegangen.
Ich war jetzt aber guter Dinge, nachdem ich merkte das er in dieser Ärztin einen Ansperchspartner gefunden hatte, der Ihn ernst nahm.

Schlimmer konnte es jetzt eigentlich nicht mehr kommen, nur noch besser.
Gut das man nicht weiss, was die Zukunft noch so bereit hält.

Fortsetzung folgt.
Zen
Beiträge: 201
Registriert: 5. Jul 2010, 11:31

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

....und was ist mit mir??
Diese Frage stellte ich mir immer öfter.

Ich habe einen Beruf auf den ich mich konzentrieren musst. Unser Haushalt musste gemacht werden, einkaufen, putzen, Bankgeschäfte mussten erledigt werden und, und, und.
Jetzt hatte ich auch noch ein Schiff ( was ich ja unbedingt haben wollte )an der Backe.
Das gab er mir auch deutlich zu verstehen.

Musste meinen Eltern Rede und Antwort stehen, denn auch sie merkten langsam das was nicht stimmte. Sie hatten viel Geld investiert und so ein Schiff musste natürlich auch gepflegt werden.

Ich erfand im laufe der Zeit immer neue Geschichten, die ich meinen Eltern auftischte. Habe gelogen das sich die Balken bogen, hauptsache sie gaben sich mit der Antwort zufrieden und stellten keine bohrenden Fragen mehr.

In der Anfangszeit sind wir ja noch regelmäßig nach Holland gefahren, aber dann kam die Zeit wo er da garnicht mehr hinwollte.
Denn auch dort wartete Arbeit.Da musste gestrichen und dort der Rost abgeschliffen werden. Hier eine kleine Reparatur und da eine kleine Ausbesserung.

Ich saß, wenn wir Urlaub hatten, manchmal tagelang auf gepackten Taschen, weil er den Abreisetag immer wieder auf Morgen verschob.

Meine Geduld, die ich anfangs noch hatte, schlug so langsam in Wut über.
Was hatte ich nicht alles versucht.
Habe ihn getröstet, in den Arm genommen. Ihn Mut zugesprochen, habe versucht Ihn zu motivieren.
Er ist doch nicht alleine. Ich bin doch an seiner Seite und gemeinsam schaffen wir das doch.

Ich hatte doch alles bis ins kleinste Detail geplant.
Den Kauf, die Finanzierung. alles stimmte und war auf unsere Verhältnse abgestimmt.

Nur Glück, kann man nicht planen.

Mir ging es jetzt auch immer schlechter.
Konnte mich nicht mehr richtig konzentrieren.
Im Bett, wenn ich zur Ruhe kam, fing mein Herz an zu schlagen wie verrückt.
Bin nachts immer öfter wach geworden, weil mir plötzlich einfiel, dass ich dies und jenes vergessen hatte.

Eine Erkältung, die ich sonst in 2-3 Tagen überstanden hatte , zog sich über 7-10 Tage hin.
Mein Krankenstand wurde immer höher.
Wenn ich mich krank schreiben ließe, dauerte es keinen Tag, da hatte er auch einen Krankenschein.
Noch nicht mal dann, konnte ich mich auskurieren.
Trotzdem versuchte ich so gut es ging, den Haushalt und alle anfallenden Dinge zu erledigen.
Er lag im Bett.
Meine Motivation war gleich Null.
Ich quälte mich durch den Alltag und was tat er? Nicht, absolut nicht?

Zu einem vernünftigen Gespräch kam es an manchen Tagen garnicht, ich bekam keine Antworten auf meine Fragen.
Ich war total überfordert, gestresst und ausgepowert.

So konnte es nicht weitergehen.
Ich setzte mich mit seiner Ärztin in Verbindung und sie versprach mir, das sie sich um eine Kur kümmert, damit auch ich mal wieder zur Ruhe komme.

Die Kur wurde relativ schnell genehmigt.
Er wollte nicht fahren, aber seine Ärztin überzeugt ihn, dass es nur gut für ihn ist.

Als er im Zug saß, atmete ich erstmal auf.
Ich hatte mir ein paar Tage Urlaub genommen und wollte erstmal zur Ruhe kommen und abschalten.

2 Tage später rief er mich an und sagte, er werde die Kur abbrechen und wieder nach hause kommen.
Ich war fix und fertig. Hatte bis zu diesem Tag, 8 Jahre ein Rauchfreies Leben geführt.
Aber dieser Anruf ließ mich wieder zur Zigarette greifen.
Er kam nicht wieder nach Hause, sondern blieb 6 Wochen an diesem Kurort.
Ich war aber wieder in die Nikotinsucht gerutscht, es hat sich bis heute nix daran geändert.

In den Jahren vor 2000, stellte ich ihm die Frage, ob wir nicht heiraten sollen.
Er sah da keinen Sinn drin.
Warum sollen wir heiraten, geht doch auch so, oder?
Sicher ging es auch so, aber wir hatten uns einiges aufgebaut und das wäre dann noch das Krönchen gewesen allen zu zeigen, wir sind jetzt ein Paar.
Jetzt bin ich nicht der Frauentyp der auf Teufel komm raus geheiratet werden wollte.
Schön wäre es trotzdem gewesen.

Heute glaube ich, dass seine Familie daran einen großen Anteil hatte, dass er nicht heiraten wollte.
Denn kurz nach dem Tod seiner Mutter, sprach er von Heirat.
Mutter war nicht mehr da, also brauchte er sich ihr gegenüber nicht mehr rechtfertigen.

Wir lebten jetzt 15 Jahre zusammen und so sagte auch ich dann ja.
Ein Grund war mir damals natürlich auch sehr wichtig. Als Ehefrau wird man vieleicht besser in die Behandlung mit einbezogen.
Ausserdem wollte wir beide nicht, falls mal etwas passieren sollte, dass sich seine Schwester weiterhin in sein Leben einmischt.
Obwohl der Kontakt zu ihr auch abgebrochen war.

So heirateten wir im Sommer 2006.
Ich hatte aber anschließend das Gefühl, dass es nach der Hochzeit mit ihm noch schlimmer wurde.
Er legte jetzt alles in meine Hand, auch sein Konto.

Es gab Zeiten die waren fürchterlich.
Er machte keine Körperpflege mehr, ließ sich total gehen.
Er verkroch sich nur noch in seinem Bett. Ein Krankenschein, nach dem anderen wurde genommen auf irgendwelche Diagnosen, die nichts mit der Krankheit Depression zu tun hatten.
Ich will jetzt nicht behaupten, das er keine Rücken-, Magenschmerzen oder sonst was hatte, aber die eigendliche Ursache wurde eben nicht behandelt.
Seine Ärztin hatte zwar Verständniss, aber sie war nur eine Allgemeinmedizienerin, hier musste aber ein Fachmann die Behandlung übernehmen.

Ich redete mir den Mund fusselig, aber er wollte davon nichts wissen.

Ein Jahr dauerte es noch bis der Zusammenbruch kam.
Es waren bis dato also schon 9 Jahre vergangen, um zu akzeptieren das es ohne psychologische Hilfe nicht geht.

9 Jahre die uns viel Angst gemacht hat und aus der wir ohne profesionelle Hilfe alleine nicht rausfinden werden.

Fortsetzung folgt.
rm
Beiträge: 2209
Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von rm »

Guten Abend Sammie,

ich habe hier - wie im Forum auch - nicht mehr regelmäßig gelesen und möchte etwas nur kurz hier in Deinem 'Faden' abladen:

Ich finde es sehr bemerkenswert und wertvoll, wie Du/ ihr Beiden die Sache angeht und ich möchte einmal ganz speziell DEN Angehörigen/ auch MEINEN Nächsten sagen, daß es mir unendlich leid tut, daß sie so nah mit 'meinen' depressiven Phasen konfrontiert und ebenfalls berührt wurden.

Hilflosigkeit machte sich breit. Auf allen Seiten. Ich konnte nichts dagegen tun, weil ich es nicht erkannte. Mittlerweile (gerade in den letzten Wochen) habe ich vieles gesehen und verstanden.

Trotzdem ist manches nicht mehr rückgängig zu machen. Meine Nächsten sind allein gelassen worden in ihrer Hilflosigkeit und da waren eigentlich keine Menschen, die dies sahen. Sie selbst haben es auch nicht so erkannt.

Vieles von mir in der letzten Zeit Gedachte, Gesagte klingt mir in meinen Ohren momentan sehr abstrakt und ich fühle einfach nur eine tiefe Traurigkeit. Ja, auch um Zeit, die vertan ist. Ich denk, diese Seite habe ich auch und das ist menschlich.

Diese Gefühle in mir sind KEIN Anfang einer neuen depressiven Phase. Sie sind aber Ausdruck dessen, was mich auch bewegt, nämlich das komplizierte Leben mit mir, was meine Nächsten selbst so nicht wollten.

Es tut mir leid um IHRE Zeit, aber vielleicht haben auch sie daraus etwas für sich mitnehmen können. Es wäre schön.

Mal sehen, was die Zeit jetzt noch so bringen mag. Die Anfänge sind gemacht, daß jeder von uns ein selbstbestimmteres Leben führen kann.

Macht's vorerst einmal gut. Ich habe sagen können, was mir gerade heut so am Herzen lag. Das ist einfach so. Nicht mehr und nicht weniger.

Reinhart
Zen
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Lieber Reinhart,

schön von dir wieder zu lesen

Warum entschuldigst du dich? Dafür das du krank bist?

Das darfst du aber nicht, denn ein Kranker kann nichts für seine Krankheit.
Ich brauchte lange Zeit dafür das zu verstehen und zu akzeptieren, gerade weil es sich um eine Krankheit handelt die so völlig anders ist.
Aber trotzdem will ich persönlich nicht von verlorener Zeit reden.
Das solltest auch du nicht tun.
An jeder Ehe oder Beziehung muss gearbeitet werden, in Zusammenleben mit einen depressiven Partner um so schwerer.

Du hast es richtig erkannt, dass wir Angehörige mit dieser Situation Depression des Partner allein gelassen werden.
Da nützen keine Bücher und Ratgeber, denn Papier und Worte sind geduldig.
Jeder Mensch ist anders, jede Depression ist anders, obwohl doch wieder viele Depressive die gleichen Syntome zeigen.

Ich kann nur für mich jetzt sprechen, seit dem ich wieder mehr für mich persönlich tue und mich nicht mehr so sehr auf die Depression meines Mannes konzentriere, geht es mir besser.
Klingt egoistisch aber es ist tatsächlich so. Dank auch dem Forum hier, habe ich diese Sichtweise bekommen.

Wenn du deine Familie auch auf diesen Wege bringen kannst, wäre das doch schon mal positiv für alle.

Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute.

Es grüßt dich herzlich
Sammie
Zen
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Jetzt waren wir ein richtiges Paar, nach 15 Jahren wilder Ehe wie es immer so schön heißt.

So wild ging es aber in den letzten Jahren garnicht zu.
Die letzten 9 Jahren wurden eher von Angst, Hilflosigkeit, Lähmung, Ohnmacht, Stress, Ungeduld und Resignation begleitet.

Hast Du Dir das auch genau überlegt?
Diese Frage hörte ich des öfteren in meinem Bekanntenkreis.

Ja, habe ich.
So naiv und blauäugig, war ich nicht mehr, dass ich nicht wußte, auf was ich mich da einlasse. Oder doch?

Die einzigsten Verwanten, zu dehnen mein Mann noch Kontakt hatte, waren sein Onkel und Tante in Kanada.
Sie hatten uns schon mehrfach besucht und jedesmal eine Gegeneinladung ausgesprochen.

Ich weiß nicht wie oft ich mich rausreden konnte, aber einmal kommt der Tag, da wurde es auch für mich zu eng.
Ich wollten den beiden lieben Verwanten nicht das Gefühl geben unhöflich zu sein.
Beide wußten von der Krankheit meines Mannes, nur wenn sie bei uns für ein paar Tage wohnten, konnte mein Mann seine Gefühlswelt gut unter Kontrolle halten.

Darum haben auch unsere Freunde Probleme das nachzuvollziehen.
Wenn wir Besuch haben, ist er gesprächig, unterhaltsam, witzig, aber kaum fällt die Tür ins Schloss zieht er sich sofort in sein Schneckenhaus zurück.
Wenn ich erzähle wie es wirklich ist, sehe ich nur in ungläubige Gesichter.

Ich konnte jetzt nach Jahren zu der immer wieder kehrenden Einladungen nicht mehr nein sagen. So buchten wir für Sep. 2007 4 Wochen Kanada bei seiner kanadischen Verwandschaft.

Es war nicht so, dass ich nicht zu seinen Familie wollte, meine Gedanken kreisten immer darum, was passiert, wenn er, 4000 km von zu Hause weg eine depressive Phase bekommt.

Der Urlaub war wunderschön und Kanada ein grandioses Land.
Wenn wir zu anfang unseres Kennenlernen dort Urlaub gemacht hätten und er gefragt hätte, sollen wir hier bleiben, wäre nur eine Antwort in Frage gekommen. Jaaa!

Der Urlaub war schön, aber für ihn auch sehr stressig. Seine Familie reichte uns in ihrem Freundeskeis herum, wie selbstgemachten deutschen Käsekuchen.
Auch sollten wir natürlich so viel zu sehen bekommen, wie man in vier Wochen gerade noch verkraften kann.
Es blieb für ihn kaum Zeit sich mal zurüchzuziehen. Auch wenn er nicht alles mitmachte was Onkel und Tante geplant hatten.

Anfang Oktober waren wir dann wieder zu hause.
Es ging ihm immer schlechter und ich machte mir große Sorgen.
Hatte an manchen Tagen Angst zur Arbeit zu fahren und noch größere Angst nach hause zu kommen.
Was erwartet mich hinter der Wohnungstür ?

Von einer Kollegin erfuhr ich, dass es in der Nachbarstadt eine Psychologische Ambulanz gab.
Dort rief ich an und schilderte unsere Lage.
Man gab mir einen Termin und ich sollte doch versuchen, dass meine Mann diesen Termin wahrnimmt.
Ich sprach mit Ihm darüber und er versprach mir, dort auch hinzufahren.

Es war anfang November. Sehr unruhig bin ich morgens zur Arbeit gefahren. Was ist wenn er doch nicht fährt, sich nicht aufraffen kann? Diesen Termin sausen läßt?
Ich meldete mich bei meinem Chef ab und fuhr nach hause.
Zu hause macht ich ihm klar, ich lasse nicht eher locker bis er dort hinfährt und ich komme mit und dulde keine Wiederrede, oder Ausrede. Basta !

Wir fuhren zusammen zu der Psychologischen Ambulanz.
Zuerst wurde er von einem Psychologen befragt und anschließend von eine Fachärztin.
Bei beiden Gesprächen war ich dabei, weil mein Mann es so wollte.

Der Psychologe, sowie die Ärztin waren beide sehr einfühlsam.
Auch ich wurde mehrmals angesprochen, konnte aber manchmal kaum Antwort geben, weil mit immer wieder die Stimme versagte. Ich musste mich zusammenreißen, dass ich nicht losweinte.
Die Ärztin sprach sofort von einer schweren Episode. Auf die Frage, ob es auch Suizidgedanken gebe, nickte mein Mann nur.
Sie sprach ruhig auf meinem Mann ein und riet zu einem schnellst möglichen Klinikaufenthalt.
Zu dem er auch zustimmte.

Zuhause angekommen, wollte ich sofort die Klinik anrufen. Aber da ging das Pokerspiel mit ihm schon wieder los.
Es war ein Mittwoch, der darauf folgende Tag ein Feiertag und dann kam das Wochenende.
Was soll ich da, die tun sowie so übers Wochenende nix, meinte er.

Er wollte, das ich erst Montag wegen eines Termins in der Klinik anrufe.
Darauf ließ ich mich aber nicht ein, ich rief noch am selben Tag an und sein Termin zur Einweisung war der kommende Montag.

Das war der 12.11 2007 sein Entlasstag der 30.05.2008.

Die Depression meines Mannes ist nach so viel Jahren für mich keine Neuland mehr, trotzdem betrete ich jeden Tag neues Land und bin immer wieder überrascht über die Auswirkungen.

Fortsetzung folgt
rm
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von rm »

>Warum entschuldigst du dich? Dafür das du krank bist?
>Das darfst du aber nicht, denn ein Kranker kann nichts für seine Krankheit.
...schriebst Du, Sammie

Guten Morgen Sammie,
Danke für Dein feedback auf mein Post hier. Deine Antwort veranlasst mich, doch noch einmal eine Frage aufzuwerfen, die hier im Raum steht:

Was meinst Du, ist es wirklich so, daß ein 'Kranker' nichts für seine Krankheit kann?

Ich habe mich lange damit beschäftigt und komme immer mehr zu der Erkenntnis, daß es ein Trugschluß zu sein scheint, wenn wir davon ausgehen, daß Krankheit immer und ewig ein Ereignis ist, daß ohne unser Zutun, quasi aus heiterem Himmel daherkommt.

Natürlich sind es viele Faktoren, die zu einer Depression führen können und immer individuell zu sehen. Und natürlich haben wir selbst nicht immer alles in der Hand, um unser Schicksal zu bestimmen (das wäre ja auch zu 'schön' ), aber eins kann uns doch gewiß sein:

In uns schlummern so einzigartige Ressourcen, so vieles, auch gesundendes Wissen, daß ich glaube und auch immer wieder erfahre, daß wir SELBST sehr wohl Einfluß auf unseren Krankheitsverlauf bzw. die Gesundung aus diesem heraus haben.

Was wir brauchen, ist eine 'Anschubfinanzierung ', wenn ich dies mal so formulieren darf. Was wir aus diesen Talenten (im Sinne von Talern )dann machen, liegt in unserer EIGENEN Verantwortung.

Nimmst Du Deinem Mann nicht zu viel ab? Läßt Du ihm die Chance, sich SELBST zu entwickeln, auch auf die Gefahr hin, daß er sich in eine andere Richtung entwickelt wie DU es Dir vorstellst?

Das würde mich in diesem Zusammenhang und aus Deinen sehr detaillierten Schilderungen ergebend interessieren, denn ich komme auch immer mehr dazu, aus diesen Schilderungen heraus zu verstehen, daß meine family es ähnlich 'gut' mit mir meinte und damit die Grundlage schuf, daß ich mich letztendlich überhaupt nicht mehr bewegte. (was sie, die family eigentlich garnicht bezweckte, nein, im Gegenteil...).

Wär dies ein Ansatz für Dich? Kannst Du was mit meinen Worten anfangen? Bitte nicht falsch verstehen und: ich könnte bei Euch natürlich komplett falsch liegen, da ich - wie oben erwähnt - nicht mehr alles von Deinen Postings gelesen habe .

Hab einen schönen Tag und: ich hör Dir immer gern zu, denn Du schreibst sehr lebendig und eingehend.

Reinhart
Optimistin
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Optimistin »

Liebe Sammie,

ich schließe mich Reinhart an-ich lese Deine Beiträge unheimlich gerne weil sie so lebendig sind und Du mit wenigen Worten alles auf den Punkt bringen kannst-toll!
Ich wünschte ich könnte auch so schreiben...
Hast Du mal darüber nachgedacht ein Buch zu schreiben?

Ich finde es bemerkenswert, dass Dein Mann mit in die Ambulanz gegangen ist-und sogar in die Klinik. Wenn mein Partner depressiv ist, ist er zu keinem einzigen Schritt zu bewegen. Es ist ihm alles egal, "lass mich in Ruhe" höre ich nur von ihm, er sitzt ganz apathisch vor dem Fernseher oder liegt im Bett,seine Augen ganz starr, wie versteinert. Suizid hat er glücklicherweise aber noch nicht erwähnt und so denke ich, dass es ihm noch nicht schlecht genug geht, dass er zu professioneller Hilfe bereit ist. Dieser Punkt war bei Deinem Mann bestimmt schon erreicht. Hat er denn gearbeitet in der Zeit?

Lieber Reinhart,

interessante Aspekte, die Du da anbringst. Ich bin zwar nur ein Angehöriger eines depressiven Mannes aber ich frage mich, ob denn diese "Ressourcen", die Du ansprichst, überhaupt hervorgeholt werden können, wenn man depressiv ist. Ich habe gestern ein wenig im Betroffenen-Forum gelesen und da schrieb jemand, dass sogar der "Wille" nicht mehr vorhanden sei.
Ist es nicht so, dass Depressive sich dieser Ressourcen gar nicht
mehr bewusst sind?

Ich persönlich frage mich auch immer, wie ich am besten mit meinem Partner umgehe, wenn er selbst depressiv ist. Mache ich etwas für mich selber und komme gut gelaunt nach Hause (im ersten Moment natürlich nur, bis ich in sein versteinertes Gesicht sehe... ) und er merkt, dass ich mein Leben ohne ihn weiterführe und mich dabei ganz gut fühle- denkt er da nicht, ich brauche ihn nicht mehr, habe kein Interesse mehr an ihm? Zieht ihn das nicht noch mehr runter? Und wie mache ich es richtig?
Koche ich ihm etwas und sorge dafür dass er wenigstens was Gescheites isst oder tue ich so als sei mir das egal, lasse ihn den ganzen Tag nur ungesundes Zeug in sich reinstopfen in der Hoffnung, dass er sich dadurch aufrafft? Soll sich ein Depressiver nicht zurückziehen und Ruhe haben, damit er wieder Kräfte findet? Ich habe plötzlich lauter Fragen im Kopf...

Es grüßt Euch ganz lieb die ewige Optimistin
Optimistin
Beiträge: 20
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Optimistin »

Ich will noch was zum Thema Freunde sagen:

Oh Sammie, wie ich das nachvollziehen kann! In Gesellschaft der lustigste,unterhaltsamste Mensch überhaupt, aber wenn die Türen zu sind, erfolgt wieder die Verwandlung in denjenigen, der sich in ein "seine Welt" zurückzieht.

Ich hatte irgendwann nicht mehr die Kraft, alles zu verheimlichen und mir immer wieder neue Ausreden einfallen zu lassen und
spreche nun darüber, dass er "krank" ist. Da kristallisieren sich plötzlich die echten Freunde heraus, die, obwohl sie sich nicht mit der Krankheit auseinandergesetzt haben, versuchen zu verstehen, was in mir oder auch in ihm vorgeht. Ja ich habe sogar die Erfahrung gemacht, dass echte, enge Freunde mir sogar Aspekte offenbaren, über die ich noch gar nicht nachgedacht habe und die mir wieder die Augen öffnen.
Diese Freunde versuchen wirklich sich in die jeweilige Lage hineinzuversetzen-solche Freunde gibt es selten aber sie sind sehr wertvoll!
Sie haben durch meine Schilderungen über die Krankheit selbst Vieles darüber gelernt und ich brauche gar nicht mehr viel zu erklären...

Aber ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass "Freunde" mir rieten, mich von ihm zu trennen-das wäre die einzige Lösung, weil ich sonst nicht glücklich werde.
Oder aber sie meinten mir ins Gewissen reden zu müssen, dass er unbedingt in Therapie muss und ich mit ihm zum Arzt gehen soll. Tja aber wie denn? Soll ich ihn fesseln und hinschleifen? Oder wie? Oder als ich vor vier Jahren mit ihm in eine andere Stadt gezogen bin (und da war es noch gar nicht soo schlimm mit der Depression):
"Hast Du Dir das auch wirklich gut überlegt?" Genauso wie bei Dir, Sammie! Und meine Antwort lautete Ja! Unbedingt! Und würde diese Person mich heute fragen, ob ich meine Entscheidung bereue, mit ihm aus meiner Heimatstadt, weg von Familie und Freunden, zu ziehen, würde meine Antwort heute lauten: Nein! Ich habe es nicht bereut und würde es wieder tun!

Beim Thema Freunde trennt sich doch wirklich die Spreu vom Weizen, so meine Erfahrung.

Mittlerweile habe ich aber auch seine Mutter mit einbezogen, die zwar, zusammen mit seiner Familie überhaupt, meiner Meinung nach der Ursprung allen Übels ist, die aber selbst auch viel dazu beitragen kann, dass er sich schneller erholt. Sie kann unheimlich viel Druck aufbauen und die Situation nur noch mehr verschlimmern.
Was sie auch ganz toll kann ist sich vor ihn hinzustellen und dann geht die Schimpferei los: "Was ist nur mit Dir los? Raff Dich doch mal auf! Du bist doch ein erwachsener Mann und wir alle haben unsere Probleme. Du hast doch alles! Wir haben Dir so viel Unterstützung gegeben, jetzt erwarten wir, dass Du Dich mal zusammenreißt" usw....
Durch Gespräche mit ihr und vielen Erklärungen über die Krankheit merke ich aber immer öfter, dass sie wenigstens versucht, zu verstehen. Auch wenn sie von Psychologie null Ahnung hat. Aber sie ist letztlich auch nur eine Mutter, die sich Sorgen macht. Wenn ich ihr sage, dass es ihm gerade nicht gut geht und es am besten helfen würde, wenn sie weder anruft noch Mails schreibt und keinen Druck macht, dann macht sie das mittlerweile auch weitestgehend.
Ich weiß nicht, ob das letztlich der richtige Weg ist, aber einen Versuch ist es doch wert, denke ich.
rm
Beiträge: 2209
Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von rm »

>....ob denn diese "Ressourcen", die Du ansprichst, überhaupt hervorgeholt werden können, wenn man depressiv ist. Ich habe gestern ein wenig im Betroffenen-Forum gelesen und da schrieb jemand, dass sogar der "Wille" nicht mehr vorhanden sei....<

Ja, Optimistin, dies ist wirklich die Frage, und ich persönlich habe die Erfrahrung machen dürfen, daß auch in depressiven Phasen diese Ressourcen NICHT VERLOREN sind, sondern - sofern man sich dieser Fähigkeiten überhaupt schon BEWUSST ist - nur nicht in diesen Momenten abrufbar!

Wie kann ich es sagen? Der MOMENT ist wichtig, DEN gilt es abzupassen. Und: alles macht einem ja nun wirklich keinen Spass, besonders nicht das Nachdenken, welches dann meist in unendlichen Gedankenschleifen endet.

Darum ist es m.E. für den Angehörigen u. Betroffenen u.a. wichtig, phasenweise einfach nur mal DA zu sein, zuzuhören, den Betroffenen an die Hand zu nehmen, die Situation so sein lassen - wie sie gerade ist.

Bitte nicht falsch verstehen: ich rede hier nicht von sehr akuten Grenzsituationen, die das Leben des Betroffenen bedrohen, denn da ist sofortiges Handeln angesagt, nämlich meist Klinik, auf jeden Fall aber sofort professionelle Hilfe holen.

Ich rede hier von dieser permantenten 'Tatenlosigkeit', die irgendwann einmal in Gewöhnung überzugehen droht. Ich rede von 'sich in der Krankheit einrichten', ohne es selbst so wahrzunehmen.

Irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo Eigenverantwortung übernehmen das Mittel der Wahl sein wird, denn ohne das eigene Leben wirklich und mit allen Konsequenzen in die Hand nehmen zu wollen, ist m.E. kein miteinander auf die Dauer möglich.

So, und jetzt muß ich mich mal kurz verabschieden, obwohl das Thema 'Freunde' auch ein sehr sensibles und spannendes in MEINEM Leben ist. Vielleicht komme ich heute später hier noch einmal zurück.

Danke Euch für diese interessante Entwicklung hier im Thema

Herzliche Grüße,
Reinhart
Optimistin
Beiträge: 20
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Optimistin »

Lieber Reinhart,

ich konnte eben nur wieder nickend zustimmen. Ich bin zwar nur der "Beobachter", aber genau das denke ich auch, nämlich dass die Ressourcen nicht verloren sind, der Depressive sich eben dessen nur nicht bewusst ist. Es ist sicherlich ein Lernprozess für den Betroffenen, sich selbst zu motivieren, sich aktiv bewusst zu machen, dass da tief drinnen eben doch noch ein "Wille" ist, etwas verändern zu wollen.

Bei meinem Partner ist es bisher immer so gewesen, dass er phasenweise-und diese Phasen dauern i.d.R. von ein paar Tagen bis hin zu mehreren Wochen oder gar Monaten mit kurzen "Unterbrechungen"- nicht ansprechbar ist und auch überhaupt nichts reden möchte. Er möchte auch nicht, dass ich mich im selben Raum aufhalte.
So sieht es dann so aus, dass ich, wenn ich von der Arbeit komme, kurz schaue, wie die Lage ist und wenn ich ihn starr sitzend vor dem Fernseher vorfinde, einfach nur kurz "hallo"
sage, ihm vielleicht über den Kopf streiche und dann ins Obergeschoss (wir haben zum Glück ein Haus, wo es genug Rückzugsmöglichkeiten gibt) gehe, um fernzusehen (2 Fernseher-
auch praktisch, weil ich mich dann so auch ablenken kann, indem ich einfach etwas für mich Schönes im Fernsehen schaue).

Ich könnte mir aber schon vorstellen, dass es für ihn eine gewisse "Beruhigung" ist, zu wissen, dass er nicht alleine ist. Ich würde was darum geben, ihm zuzuhören! Aber er redet nicht.
Obwohl neulich, da hat er nur gemeint, dass sein Kollege ihn auch angesprochen hat, was denn mit ihm los sei, ob seine schlechte Laune mit ihm zu tun hat. Das war, nachdem er ein wenig Alkohol getrunken hat-ich nehme an, sonst hätte er nichts gesagt. Aber auch da war ich heilfroh, dass er ein kleines bisschen erzählt hat. Aber solche Äußerungen wie "es geht mir nicht gut, ich fühle mich schlecht" kamen noch nicht.
Ich habe aber mitbekommen, dass er besagtem Kollegen eine SMS geschrieben hat, dass es ihm jetzt wieder besser geht (er hat gerade eine "gute Phase" und ich kann endlich nach so langer Zeit auftanken, möchte mich aber weiterhin mit der Krankheit beschäftigen). Das ist, wie ich finde, ein echtes Zugeständnis nach außen hin, dass es ihm tatsächlich schlecht ging und er keine "Laune" gehabt hat.

Und als er dann so zaghaft anfing habe ich tatsächlich hauptsächlich nur zugehört. Klar denke ich mir dann: Was kann ich tun, was sagen, damit er mehr aus sich heraus kommt? Aber ich bin nun mal keine Psychologin und so habe ich mich lieber zurückgehalten und "lasse ihn von alleine kommen".

Jetzt habe ich ein wenig ausgeholt aber was ich eigentlich sagen wollte ist, dass er sich scheinbar irgendwie selbst wieder "aufraffen" kann nach einer schlechten Phase.
Reinhart wie kann es sein, dass er teilweise wochenlang nicht ansprechbar ist und dann plötzlich, manchmal von einem auf den anderen Tag, klart sich der Himmel sozusagen wieder auf und er ist wieder ganz der Alte? Hat er noch genügend Kraft dazu? Wird das irgendwann ohne Behandlung nicht mehr gehen? Ich meine schwindet die Kraft irgendwann, bzw.. ist auch der "Wille" irgendwann "untergraben"?
Oder kann es tatsächlich sein, dass es auch wieder längere Zeit gut wird, wenn die Lebensumstände passen?

In langen guten Phasen hat er zu mir auch schon gesagt, dass es sich jetzt wirklich schon gebessert hätte und er war fast stolz darauf. Das Thema schwebt sozusagen immer unausgesprochen im Raum aber ich denke er weiß, dass da irgendwas ist. Ich glaube ja, er denkt, dass er nur lange genug an sich selber arbeiten muss und dass sich dann irgendwann was ändert. Er meinte auch schon mal er wäre "auf der Suche nach sich selbst"...

Ich finde es, hingegen anderer Meinungen hier, sehr hilfreich, wenn ein Betroffener hier einfach mal ein paar Dinge "erklärt", die wir Angehörigen sonst gar nicht nachvollziehen könnten.

So, genug von meiner Situation. Aber es hat ganz einfach mal gut getan, darüber zu schreiben!

Sammie ich denke es ist eine ganz tolle Sache, da kann ich mich nur wiederholen, dass Du hier Deine Geschichte aufschreibst. So tut es Dir selbst gut, da es eine Form der Verarbeitung ist, und Du hilfst anderen, die sich damit identifizieren können. Außerdem regst Du hier zu interessantem Gedankenaustausch an-Danke dafür!

Alles Liebe,

die Optimistin
rm
Beiträge: 2209
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von rm »

>Jetzt habe ich ein wenig ausgeholt aber was ich eigentlich sagen wollte ist, dass er sich scheinbar irgendwie selbst wieder "aufraffen" kann nach einer schlechten Phase. >Reinhart wie kann es sein, dass er teilweise wochenlang nicht ansprechbar ist und dann plötzlich, manchmal von einem auf den anderen Tag, klart sich der Himmel sozusagen wieder auf und er ist wieder ganz der Alte? Hat er noch genügend Kraft dazu? Wird das irgendwann ohne Behandlung nicht mehr gehen? >Ich meine schwindet die Kraft irgendwann, bzw.. ist auch der "Wille" irgendwann "untergraben" >Oder kann es tatsächlich sein, dass es auch wieder längere Zeit gut wird, wenn die Lebensumstände passen?

Nun,Optimistin, Du schreibst es so treffend -finde ich - und es ähnelt/e irgendwie meiner Situation ein wenig:

ich konnte mich immer dann wieder und zunehmend 'aufraffen', wenn ich SELBST die Erfahrung machen durfte, etwas zu können, etwas - trotz Krankheit - gut und wertig gemacht zu haben. Wenn ich den Eindruck hatte, trotz aller 'Lahmheit', scheinbarer Bewegungslosigkeit meinen Mitmenschen etwas geben zu können, was diese auch wirklich als wertvoll betrachteten.

Wertvoll kann auch 'nur' die Anwesenheit des Mitmenschen sein.Auch meine Anwesenheit als Betroffener kann für meinen Nächsten schön sein, einfach nur so.

Rückzug vor den Fernseher war nur dann mein Ding, wenn es mir ziemlich schlecht ging und da wollte ich eigentlich NICHT allein sein, sondern einfach nur nichts sagen, aber trotzdem spüren, daß ich so gemocht wurde wie ich in diesem Moment war.

In meiner Situation kam da bei allen Beteiligten incl. mir nur Frust auf, weil meine family meinte, ich wollte nichts mehr mit ihnen zu tun haben und ich meinte, sie fänden mich in dieser Situation einfach ätzend.

Damit kam eine weitere Spirale nach unten in Gang, die mich nur noch weiter runter zog.Dabei wäre ein einziger Satz so hilfreich gewesen, den ich meinen Nächsten aber nicht in den Mund legen wollte, da ich dann die Befürchtung hatte, daß sie es nur so 'dahersagten':
Der Satz hätte z.B. sinngemäß lauten können: ich hab Dich sehr gern, auch so wie Du bist ist es ok.

Vielleicht kann ich es auch als LIEBE/ Wärme bezeichnen, die ich gesucht hatte. Und da kommt mir dann wieder der Spruch aus unseren Anfängen in Erinnerung, wo es hieß: Wir wollen zusammengehören in guten wie in schlechten Zeiten.
Irgendwie habe ich daran geglaubt und glaube da immer noch dran, wenn auch in anderer Form.

Andererseits weiß ich mittlerweile, daß zu einer Liebe auch die Liebe zu sich selbst gehört. Und ich dachte immer, wenn ich mich selbst gut und in Ordnung finde, so ist das Egoismus. Was für ein fataler Irrtum!

>Wird das irgendwann ohne Behandlung nicht mehr gehen? >Ich meine schwindet die Kraft irgendwann, bzw.. ist auch der "Wille" irgendwann "untergraben"

Ich kann nur für mich sprechen: Behandlung, vor allem Gespräche waren und sind für mich sehr notwendig, vor allem in stressigen Situationen, wobei ich immer mehr lerne, mir eben KEINEN Stress zu machen.

Sind Gespräche nicht möglich gewesen, dann war dies bei mir eben nur vorübergehend (siehe oben), ansonsten habe ich immer sehr stark signalisiert, daß ich einen Austausch wünschte.

Meist war es erst einmal am besten, wenn ich nach einer möglichst 'reizlosen' Zeit (z.B. Klinik) mich erst einmal mit professionellen Kräften, auf jeden Fall aber mit sog. neutralen Personen austauschte, die nicht so gefühlsmäßig mit mir verbändelt waren.

Da konnte ich Anregungen dann eher akzeptieren, auch wenn ich diese nicht gleich anwenden konnte, aber sie waren/ sind in mir abgespeichert. (z.B. Thema Bewegung etc. wo auch kleine u. große Erfolgserlebnisse zu holen sind, gerade auch aus dem Punkt heraus, daß man nahe an sich, seinem Körper ist und empfindet.)

Die Frage, ob der Wille irgendwann mal untergraben ist, kann ich auch nur von mir aus beurteilen:
Ja, es scheint einem manchmal so, als wäre alles umsonst gewesen, dabei ist es nur deshalb so, weil man wieder einmal gemeint hat, daß es ja endlich einmal mit dem sog. normalen Leben klappen müßte.

Im Nachhinein weiß ich, daß es ein sog. normales Leben ja garnicht gibt, denn ich bin nicht die Norm, ich bin ich, mit all meinen Fehlern, Schwächen, aber auch Stärken. Und diese Stärken werden mir da bewußt, wo ich durch Täler gegangen bin und mir sagen kann: Jawohl, Du bist wieder ein Stück reicher an Erfahrung, auch an schöner.

Es gibt ein gutes Gefühl, durch Schwierigkeiten gegangen zu sein, ohne aufgegeben zu haben. Und DA liegt meiner Ansicht nach der Schlüssel zum Erfolg:

Weitergehen, achtsam sein, konzentriert wahrnehmen, was gerade ist und erkennen, daß diese Achtsamkeit zum Leben, mag sie auch momentan verschüttet sein, in mir ist und ich sie in besseren Zeiten auch wieder zur Verfügung habe.

Ich darf daran glauben und hoffen, daß ich - so blöd dies vielleicht auch klingt - mich in wesentlichen Dingen wieder selbst halten kann, wenn die Zeit gekommen ist. Ich muß mich aber dazu aufraffen, auch wenn es mir momentan so garnicht gefallen wollte/will.

Der Erfolg kam/kommt mit der Übung.

So, jetzt habe ich ziemlich langatmig geschrieben, aber dies sollte einfach so sein und ich fühle mich gut dabei. Hoffentlich Du/ Ihr auch .

Herzliche Grüße und gute Nacht.
Reinhart
Zen
Beiträge: 201
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Hallo Optimistin, hallo Reinhart,

habe eure Beiträge verfolgt, bin nur etwas knapp mit der Zeit.

Melde mich aber noch, dann etwas ausführlicher.

Wünsche Euch einen schönen Tag
Sammie

und Dir Optimistin, immer schön optimistisch bleiben, auch wenn es manchmal schwer fällt.
Zen
Beiträge: 201
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Guten Abend zusammen,

Lieber Reinhart,
habe deine Antworten und Fragen verfolgt.
Du fragst mich ob ich meinem Mann zu viel abgenommen habe. Diese Frage kann ich nur mit JA beantworten.
Das war ein sehr schleichender Prozeß.
Hier ein bisschen, dort ein bisschen.
Wenn es ihm dann wieder besser ging, hat er diese Aufgaben wieder übernommen.
Bis zum nächsten Schub.

Ich hatte Dir geschriebe, keine Mensch kann was für seine Krankheit.
Das glaube ich auch heute noch.
Jeder kann eine Depression bekommen.
Nur, wie geht der Einzelne mit dieser Krankheit um und wie richtet er/sie sich in dieser Krankheit Depression ein.
Will damit sagen, wenn meine Mann ganz unten ist, in einem tiefen Loch, kann er keinerlei Pflichten übernehmen. Da ist er froh, wenn er sich abschotten und zurückziehen kann. Wenn jemand ( so wie ich, als Ehefrau )da ist um alles andere zu regeln und er einfach weiß , er ist nicht alleine, es ist jemand da, wenn er mich brauche.

Es gab natürlich auch Dinge die keinen Aufschub duldeten.
Ich konnte nicht warten bis es ihm wieder besser ging. Diese Sachen mussten sofort oder in den nächsten Tagen erledigt werden.
Was hätte ich da machen sollen?
Mit guten Zureden und vielen lieben Worten bin ich keinen Milimeter weiter gekommen.

Es gingen z.B. um seine Rechnungen, die er hätte bezahlen müssen.
Mein Mann hatte eine Allergie, gegen alles was zugriff auf sein Konto hat. Er hat seine Rechnungen immer bei der Bank eingezahlt.
Bei mir läuft alles über Dauerauftrag.

Natürlich hätte ich ihn auflaufen lassen können, nach dem Motto, was habe ich mit seiner KFZ Versicherung zu tun.
Aber was wäre wenn, wenn etwas passiert wäre.
Und wenn nicht nur eine, oder zwei Mahnungen kommen sondern es werde schon Amtliche Briefe geschrieben.
Den größeren Stress hinterher um das alles auszubügeln hätte ich gehabt.

Die Autoritäspersonen im Krankenhaus hatten mit meinem Mann keine Probleme.
Das ist das Problem, dass man sich von seinem Partner auch wenn er es nur gut meint, nix sagen lässt.

Muss jetzt leider Schluss machen, melde mich morgen wieder.

Wünsche Euch ein schönes Wochenende
Lieben Gruß von
Sammie
Zen
Beiträge: 201
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Hallo und guten Abend,

ich hatte in den letzten Tagen ja etwas wenig Zeit zum schreiben. Das hatte natürlich einen Grund. Ist mal was zum schmunzeln, vielleicht auch für Euch.

Wir haben einen 2 J. alten Kater Namens Carlos. Carlos ist ein Kathäuser, hat dunkelgraues seidiges Fell und bernstein farbene Augen.
Carlos ist jetzt 1 J. bei uns und ist auch psychisch angeknackst. Hatten auch schon eine Tierpsychologin hier bei uns.
Carlos Lieblingsbeschäftigungen sind pennen und fressen.
Lag er nicht auf der Couch, dann saß er vor seinem Fressnapf.
Er hat ein stattliches Gewicht von 7kg, nix ungewöhnliches für einen Kater dieser Rasse nur dicker sollte er trotzdem nicht werden.
Leichter gesagt wie getan.
Ich habe sämtliches Spielzeug gekauft was Katzen angeblich unwiederstehlich finden.
Der Einizigste der vor lauter Bällchen werfen und Mäuschen an der Angel hinter sich herziehend kaputt war, dass war ich. Carlos lag faul auf der Couch und guckte nur.

Am Donnerstag bin ich dann ins Tierheim gefahren und habe eine Katzendame als Spielgefährten geholt.
Die Katzendame habe ich Lili getauft, sie hat pechschwarzes Fell und grüne Augen.
Und was soll ich sagen, Carlos Katzenherz steht in Flammen.
Nix mehr Couch, nix mehr Futter. Er hat nur noch Augen für Lili.
Soviel wie er in den letzten 3 Tagen hinter Lili gelaufen ist, ist er das ganze letzte Jahr nicht gelaufen.

Was sagt uns das? Auch Tiere brauchen einen Partner der sie versteht und mit dem sie sich austauschen können.

Liebe Optimistin,

wollte Dir gerne auch noch Antworten.
Erstmal danke das Dir und auch den Anderen, unsere Geschichte zum nachdenken anregt.

Du schreibst das du es bemerkenswert findest, dass mein Mann mit mir zu dieser Psychologischen Ambulanz ging.
Wenn Du alles von anfang an gelesen hast, hat das bis zu diesem Zeitpunkt Jahre gedauert, ihn zu überzeugen das es ohne psychologische Hilfe nicht mehr geht.
Es ging ihm auch sehr schlecht zu diesem Zeitpunkt und mein Auftreten, dass ich mich von ihm einfach nicht mehr überreden ließ, doch noch ein paar Tage zu warten.
Mein Mann hatte sich jahrelang gewehrt, er hat mich regelrecht vollgequatscht. Er hat mir das Blaue vom Himmmel versprochen.
Morgen, morgen wird alles besser.
Morgen gehe ich zum Facharzt, morgen lasse ich mich behandeln.

Wenn ich das Wort " Morgen " schon hörte hätte ich schreien können.
Ich wollte nicht mehr auf morgen warten. Jetzt und gleich musste was passieren und nicht morgen.
Morgen kann schon alles zu spät sein.

Das hat mich in laufe der Jahre viel Energie gekostet.
Wenn andere Betroffene von ihrer Familie sagen, dass sie viel Geduld und keine Forderungen stellen, sondern den kranken Partner so akzeptieren wie er gerade ist, kann ich nur sagen, dass ist bewundernswert diese Ausdauer.

Auch ich habe es mit viel lieben Worten, mit Mut machen, mit im den Arm nehmen, mit zusammen weinen, mit motiviern, mit zuhören und vielem anderen versucht, aber irgendwann bin ich an meine Grenzen gestoßen.
Nämlich dann, als ich merkte, dass alles bringt Ihn keinen Schritt weiter und mich auch nicht.

Auch in einer schweren deprssiven Phase konnte mein Mann seine Grundbedürfnisse befriedigen, wie essen und trinken.
Er war in der Lage sich einen Teller, sowie Brot aus dem Schrank zu holen, Wurst aus dem
Kühlschrank usw. Das alles aber wieder zurück in den Kühlschrank zu legen, dazu war er angeblich nicht in der Lage.
Er konnte nicht zur Apotheke fahren seine Medikamente holen, fuhr aber wenn es sein musste spät abends noch Zigaretten holen.

Das konnte ich einfach nicht verstehen und nachvollziehen.

Ich habe heute wieder seine Medikamente aus der Apotheke geholt, hatte ihn tagelang gebeten er solle sich doch darum kümmern.

War dass wieder ein Fehler von mir ?
Er hat mir schon mal monatelang vorgemacht, dass er seine Medis nimmt, obwohl es nicht stimmte. Das Ende der Geschichte war eine zweite Einweisung in die Klinik.
Soll ich es nochmal soweit kommen lassen ?

Ich bin z.zt ja selber in Behandlung.
Mir geht es momentan ganz gut. Meinem Mann aber nicht. Er sagte mir vor ein paar Wochen, dass seine Medikamente nicht das bringen, was er sich erhofft hatte. Er kommt einfach nicht inne Gänge.
Jetzt hat er aber keinen Therapeuten auch keinen Facharzt, der ihm nach dem Klinikaufenthalt weiterbetreut.
Ich habe ihn mehrfach gebeten, dass er sich einen Facharzt sucht. Vergebens.

Als ich jetzt meinen lezten Termin hatte habe ich meinen Doc gefragt, ob ich meinen nächsten Termin nicht an meinem Mann weitergeben kann, er braucht diesen Termin dringender wie ich.
Woher hätten wir denn jetzt bei einem Facharzt in den nächsten Tagen einen Termin bekommen, sind doch alle monate ausgebucht.
Mein Arzt sagte nein, er machte mir klar, dass auch ich weiter in Behandlung bleiben muss.
Am Ende der Stunde gab er mir 2 Termine, einen für mich, einen für meinen Mann.

War auch das wieder ein Fehler??

Ich weiß nur eins, mein Mann braucht einen Arzt der ihn fordert und nicht nur bedauert.
Der ihm seine Lust am Leben wieder wecken kann, der ihm Wege zeigt auch mit seiner Krankheit zu leben.

So sieht es momentan aus, bei uns.
Er kommt mit dem Arzt gut aus, was ja auch von Vorteil ist.
Ich warte erstmal ab wie es sich in den nächsten Wochen entwickelt.

Wünsche allen einen schönes Wochenende
Es grüßt euch
Sammie
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