Aufgeben können wir uns später immer noch

Zen
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Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Liebe Forumleser,

ich werde hier in unregelmäßigen Abständen mein Leben mit meinem depressiven Mann beschreiben.
Was ich erlebt habe, wie ich es empfunden habe und was noch auf uns ( mich ) zukommt.

Es wird meine Geschichte sein, meine Gedanken, die ich mit meinen Worten hier niederschreibe.

Das Schreiben hier im Forum, ist für mich wie eine Therapie. Diese schwirrenden Gedanken im Kopf in Worten zusammen zu fassen, tut mir einfach gut.

Vielleicht finde ich ja doch noch Antworten auf meine Fragen.

Wenn jemand mir antworten möchte kann er das gerne tun, nur werde ich mich nicht groß dazu äußern.

Ich werde mich nicht mit großen und zeitraubenden Erklärungen abgeben, warum und wieso ich das so geschrieben habe.

Wenn ich wütend bin, dann schreibe ich auch in Wut, wenn ich traurig und hilflos bin, wird es auch so klingen.

Ich könnte meine Gedanken ja auch ganz privat für mich alleine in ein Heft schreiben, oder auf meinen PC unter " Meine Dateien " abspeichern.
Das Ganze noch mit separatem Passwort sichern, damit bloß niemand es lesen kann.

Nein, ich mache es hier öffentlich, vielleicht erkennt sich der ein oder andere Angehörige ja auch darin wieder.
Sowie der ein oder andere Betroffene sich auch wieder erkennt und denkt " Wir verstehen euch Angehörige ja, wissen was Ihr mit uns durchmacht , aber ".
Genau dieses " ABER " ist es, was mich zur Verzweifelung bringt und meine Wut immer wieder hochkochen lässt.

Dieses Forum ist öffentlich, jeder kann darin lesen und schreiben.
Sollte es jemanden geben, dem es nicht gefällt was ich hier schreibe, braucht er es nicht zu lesen.
Genau wie an jedem Gerät gibt es auch hier
einen Knopf zum um und abschalten.

Senden und Empfangen,

genau wie bei einem Radio, habe ich oft das Gefühl, Du sendest auf der MW und ich bin auf UKW eingestellt.

Warum ist das so?

Als wir uns damals kennenlernten, hat es doch geklappt mit dem Empfang?
Wir sind doch jahrelang Hand in Hand, in die gleiche Richtung gegangen.
Nur irgendwo auf unserem gemeinsamen Weg, hat einer von uns die Hand des anderen losgelassen.

War ich es? Weil ich dir zu schnell gelaufen bin? War ich dir zu spontan, zu flexibel, zu direkt, mit Worten und Taten ?

Ich habe es nicht gemerkt, wo ich deine Hand verloren habe.
Und das macht mir heute sehr zu schaffen.

Warst Du es? Weil Du nicht mehr mithalten wolltest, einfach nicht mehr konntest?
Gesagt hast Du keine Wort zu mir.

Nur die Veränderung habe ich mitbekommen und spüre sie noch heute.

Die letzten Tage waren eigentlich relativ entspannt bei uns.
Du weißt das ich in einem Forum schreibe und lese.
Hast auch schon gemerkt, dass ich etwas anders mit Dir jetzt umgehe.
Dadurch hast auch Du Dich verändert.
Die Anspannung zwischen uns beiden ist nicht mehr ganz so groß.

Doch seit 2 Tagen ist wieder alles anders.
Gestern warst Du nicht arbeiten, hast den ganzen Tag im Bett verbracht und das habe ich auch nur durch Zufall erfahren.
Jetzt liegst Du auch noch im Bett, dein Chef wartet vergeblich auf Dich.
Und ich auf irgendeine Erklärung.

Gestern war deine ehemalige Chefin im Lokal Fernsehen. Sie hat Dir vor Jahren sehr übel mitgespielt. Dir nach deinem langen Krankenhausaufenthalt, erst die Hand gereicht um Dich anschließend eiskalt ab zu servieren.
Nicht nur wir beide haben damals alles versucht, damit Du wieder in deinen alten Job fußfassen kannst. Der Betriebsrat, der Amtsarzt, der Behindertenbeauftragte.
Alle haben für Dich gesprochen, nur Sie wollte Dich nicht mehr und hat Dir sogar Hausverbot erteilt.

Ich habe Dich sogar ermuntert einen Anwalt für Arbeitsrecht einzuschalten, denn das was da ablieft, war Mobbing wie aus dem Lehrbuch.

Gebracht hat es nichts, trotz Mobbingtagebuch.

Warum kannst Du die Vergangenheit nicht ruhen lassen ? Was nicht zu ändern ist, ist nicht zu ändern.
Warum findest Du einfach keine Ruhe ?

Du bist gestern weiss geworden wie eine Kalkwand, als ihr Gesicht plötzlich im Fernsehn auftauchte.
Vergiss es doch einfach, was passiert ist.

Dein neuer Arbeitsplatz ist zwar nicht der Hit, denn so ohne weiteres kann man Dir nicht kündigen.
Da bist Du viel besser dran, wie viele andere.
40J öffent. Dienst und das mit 60 % Schwerbehinderung, da hatte Sie noch nicht mal den Hauch einer Chance.
Aber Sie konnte Dich versetzen lassen und das hat Dich bis ins Mark getroffen, sogar noch heute.

Morgen sind wir beide eingeladen.
Der neue Song von Nickelback " This Afternoon " beschreibt es ziemlich gut.
Feiern mit Freunden bis morgens um 6 Uhr.

Ich freue mich schon seit Tagen sehr darauf, aber wie es jetzt aus sieht, wede ich wohl wieder alleine gehen müssen.

Es fällt mir immer schwerer, vieles alleine zu unternehmen. Mir fehlt die Zweisammkeit, das " Wir ".

Aber morgen kann ja auch alles wieder anders sein.
rm
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von rm »

Liebe Sammie,

ich möchte Dich zu dieser Art der Öffentlichkeit beglückwünschen und gleichzeitig ermutigen, dies in dieser Form hier weiter durchzuziehen, so wie DU es Dir vorgestellt hast und es gut für Euch beide, für Dich und für Deinen Mann ist.

Dein Gespür scheint gut zu sein, Dein natürliches Empfinden für Dich selbst und teilweise auch im Umgang mit Deinem Mann ist m. E. nach dazu angetan, Eure Beziehung untereinander verändert zu erneuern. Schön, Dich hier zu lesen.

Vielleicht kommt auch Dein Mann irgendwann darauf, sich ebenfalls hier mitzuteilen. Ich würde ihm diese Chance wünschen, allerdings nur dann, wenn er wirklich auch bereit ist, eigeninitiativ zu werden.

Ich für meinen Teil habe aus u.a. Deinem Schreiben hier im Angehörigenteil sehr viel für mich mitnehmen können und würde für mich und für meine Nächsten wünschen, daß sie dies auch könnten.

Aber vielleicht ist es auch noch zu früh für sie. Die Zeit wird es bringen .

Was ich mir für diesen 'Faden' hier wünschen würde, wäre, wenn er sich für viele verständlich und hilfreich entwickelt. (...*)

Alle guten Wünsche für Dich, Deinen Mann und Deine Beziehung auf einem meiner Ansicht nach verheißungsvollen Weg.

Reinhart

Edit (...*) das Folgende war dann eher 'off topic' und hätte wohl zu hier nicht passenden Diskussionen geführt. Deshalb hab ich es gelöscht.
Anne Blume
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Anne Blume »

Hallo Sammie,

bitte lassen Sie es nicht zum Blog werden. Uns ist es wichtig, dass der Diskussionscharakter erhalten bleibt.

Vielen Dank für Ihr Verständnis,
Anne Blume
FönX
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von FönX »

Hallo Sammie,

sollte ich mit deinem Posting gemeint sein, hätte es mich sehr unangenehm berührt. Wenn mich meine Frau so "hintenrum" anspräche, die Öffentlichkeit mit einbezöge. In mir würde etwas zerbrechen: Vertrauen.

Das soll keine Wertung sein, nur meine Rückmeldung als Betroffener.

edit: Grammatikfehler

Lieber Gruß
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
rm
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von rm »

>Wenn mich meine Frau so "hintenrum" anspräche, die Öffentlichkeit mit einbezöge...<

Hallo FönX,

es ist gut, daß es so unterschiedliche Auffassungen darüber geben mag. Ich z.B. wäre sehr angenehm berührt gewesen, wenn meine Frau es nach anderweitigen 'Fehlversuchen' auf diese Art und Weise versucht hätte, mit mir über diese Öffentlichkeit (die ja eigentlich nur eine anonyme bleibt), in's Gespräch zu kommen.

Ich wäre mir dann gewiss gewesen, daß sie in die Lage versetzt werden könnte, andere Sichtweisen zu bekommen, die sonst nie und nimmer an sie herangetragen würden.

Auf diese Weise nähme sie und ich eine gewisse Bandbreite an Erfahrungswerten auf, die ein einzelner Familientherapeut so erst einmal nicht bringen könnte.

Der Austausch in dieser Form hier wird auch kein Allheilmittel sein, sondern kann m.E. nach als Baustein eines großen , dann hoffentlich tragfähigeren Gebäudes dienen.

That's my mind .

Herzliche Grüße,
Reinhart

Edit: Zitat berichtigt....

..und: Hi FönX: Alle wissen, was Du meinst und außerdem: Es ist doch nicht peinlich. denn alle können 'Fehler' machen. Du hast es wenigstens gemerkt, ich merk's manchmal nicht. Ist doch ok, oder?

Außerdem liegst DU nicht daneben, denn das ist DEIN Empfinden, was sog. Öffentlichkeit betrifft. Auch das ist doch o.k. und lebendig!

LG Reinhart
FönX
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von FönX »

Mag ja sein, dass ich mit meinem Empfinden oder meiner Meinung total daneben liege. Es ist ganz einfach so.
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Zen
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Hallo Frau Blume,

wie mach ich es denn dann richtig ?
Muss ich denn als Schreiber mit diskutieren ?

Es ist ja schon eine Pro und Contra Meinung vorhanden.

Und Diskussionstoff wird es bestimmt genug geben auch ohne meine Antworten.

Ich möchte natürlich nicht das Sie mich hier aussperren, denn es ist mir wichtig hier zu schreiben.

Mit freundlichen Gruß
Sammie
Laura.M
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Laura.M »

Liebe Sammie,

nachdem ich heute deine Schilderung las, kann ich nicht mehr anders und möchte meinen „Senf“ dazugeben. Ich glaube, du stellst dir manches leichter vor, als es vielfach ist.

Was mir schon länger auf der Seele liegt: Auch ein Beinbruch kann ein Leben völlig verändern. Am 24/07/2010 15:42 hast du in deinem Thread geschrieben: „Eine Depression ist nun mal kein Beinbruch, der nach 4,5 Wochen ausgeheilt ist. Das wissen wir alle.“ Ich habe meinen Sohn gefragt, ob ich dir das schreiben darf. / Er wollte nach seinem Abitur zur Piloten-Ausbildung und hatte dann aber leider einen unverschuldeten Sportunfall... mit Folge Beinbruch… und „aus der Traum“. Er musste zwei Mal operiert werden… aber das war es nicht nur… er war auch in seiner Berufswahl dadurch eingeschränkt. Letztendlich hat er sich für ein Studium entschieden. Ein Bekannter hatte (einige Jahre davor) auch einen Sportunfall mit den gleichen Folgen… ebenfalls Beinbruch… und er wurde deswegen vier Mal operiert. Durch diese Ausfallzeiten fiel er in seinen schulischen Leistungen stark zurück und schaffte nicht das Abitur. Er hatte ständig Schmerzen beim Laufen, bekam keine Lehrstelle und die Folge waren Depressionen. Was aus ihm weiter geworden ist, weiß ich nicht. Sorry… das musste ich einfach mal loswerden.

Nun zur zweiten Sache.
Du schreibst: „Warum kannst Du die Vergangenheit nicht ruhen lassen? Was nicht zu ändern ist, ist nicht zu ändern. Warum findest Du einfach keine Ruhe?“ Und später: „Vergiss es doch einfach, was passiert ist.“

Wie soll das ein Mensch vergessen können, wenn er mit den Folgen weiterhin konfrontiert ist? Bewundernswert für dich, wenn du es schaffst, alles so gut wegzustecken. Mir wird bestätigt, dass ich „hart im Nehmen“ bin… aber was dein Mann durchmachen musste… das wäre auch für mich die Hölle gewesen. So was können sicherlich die meisten Menschen nicht so leicht wegstecken… das brennt sich in die Seele ein… ob man will oder nicht.

Leider erlebte ich auf einer Arbeitsstelle auch Mobbing… habe auf dem Arbeitsgericht geklagt und mein Recht bekommen. Ich bin froh, dass ich diese Leute äußerst selten sehe. Da dreht sich mir noch heute der Magen um, wenn ich nur dran denke. Jedenfalls kann ich nachvollziehen, wenn der Körper deines Mannes nun total blockiert ist. Er macht das ja nicht mit Absicht… und wie soll er es dir erklären?

Bei mir war es so, dass ich als Sachbearbeiterin in dem Betrieb eingestellt wurde, aber als Mädchen für alles (Sekretärin, Sachbearbeiterin, Küchenhilfe, Putzfrau, Lagerfachkraft, Pförtnerin und Kinderaufsicht) gearbeitet habe. Es wurde einfach erwartet, dass ich ein bis zwei Stunden länger arbeite… ohne Überstundenbezahlung. Ich hatte zwei Chefs… Vater und Sohn… die sich selten einig werden konnten... und dadurch konnte ich es entweder dem Vater oder dem Sohn nur recht machen. Dann gab es noch mehr Familienangehörige, die auch das Sagen haben wollten. Es gab dort kaum Absprachen unter dieser „Chef-Familie“. Die Arbeitsbedingungen waren katastrophal... wichtige Informationen wurden oft nicht übermittelt (und ich hatte es auszubaden)… jeder holte sich Akten, wie er lustig war (ich musste sie wieder ranholen)… es wurde dort tagtäglich geschrien, beleidigt usw. Im Winter waren im Büro oft nur um die 15 Grad Raumtemperatur. Die meisten Bürokräfte hielten es nur zwei bis drei Monate aus. Die Firma gibt es natürlich nicht mehr… aber jedenfalls hat auch diese Situation mich schon kräftig geschlaucht… und das machte ich nur ein halbes Jahr mit. Sorry… das ich einfach so ausführlich geschrieben habe.

Ich wünsche dir ein angenehmes Wochenende und morgen eine schöne Fete.

Herzliche Grüße
Laura.M
Zen
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Liebe Laura,

ich habe hier im Forum langsam das Gefühl ich komme keinen Schritt weiter.

Wie soll ich das alles nur vernünftig rüberbringen ?
Schreibe ich so kompliziert, dass mich keiner verstehen kann, oder will?

Das was mein Mann mit seinem Arbeitgeber durchgemacht hat, ist nur ein Bruchteil von dem was er noch alles durchgemacht hat.

Seine Sorgen sind auch meine Sorgen, seine Probleme sind auch meine, oder anders gesagt unsere Probleme.
Es läßt mich doch nicht kalt, was da mit Ihm passiert. Was er durchgemacht hat.
Wenn es so wäre und er mir egal ist, würde ich mich nicht reinhängen.
Man kann mir vieles nachsagen, dass ich eine große Klappe habe, dass ich nicht sensibel genug bin im Umgang mit Ihm und bestimmt noch einiges mehr.
Aber wenn jemand behaupten soll, ich habe kein Verständniss für Ihn und seine Krankheit, dass ist nicht wahr.
Mich hat das alles genau so getroffen, nur wo er sich schon aufgegeben hat, habe ich weiter gemacht. Und bin immer noch am kämpfen, auch gegen mich selber.

Sicher kann, wie bei deinem Sohn ein Beinbruch ein ganzes Leben verändern und Zukunftsperspektiven zerstören.

Liebe Laura, was ist an mir bemerkenswert?
Ich stecke hier überhaupt nichts weg.
Warum schreibe ich hier im Forum?
Aus Langeweile? Damit sich andere Betroffene über mich aufregen können?

Ich hätte gerne einen anderen Gedankenaustausch.
Ich habe z.Zt leider kein gutes Händchen, ob hier oder privat zu Hause es läuft nicht so wie es laufen soll. Bin wahrscheinlich zu ungeduldig geworden nach 13 J. Depression meines Mannes .
Vielleicht liegt es an mir, ich muss mir mehr Mühe geben bevor ich in die Tasten haue.

Egal wie, was, warum geschreiben wird, einer ist immer dabei der sich persönlich angegriffen fühlt.

Lieben Gruß von
Sammie

P.S. Mein Mann sagte mir vorhin, dass er morgen mitkommt zur Fete.
Freue mich sehr darüber.
Zen
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Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Hallo Reinhart und Fönx,

ich möchte euch beide nicht übergehen, obwohl ich doch sehr durcheinander bin.

Was so ein paar geschriebene Worte doch für eine Lawine auslösen können, die ich losgetreten habe.

Lieber Fönx,
Du siehst es als Vertrauensbruch, wenn ich hier meine Geschichte erzähle?

Jetzt hat mein Doc, der Neurologe, Psychologe und Therapeut ist, mir eine Rezidivierende Depression bescheinigt.

Was bin ich jetzt, Betroffene oder Angehörige, oder beides ?
Warum bin ich den jetzt Betroffene ?
Weil die Depression meines Mannes auch mich in ihren Strudel mit reingezogen hat?

Jetzt schreibe ich hier mal als Betroffene.

Hilfe !! Mein Mann versteht mich nicht, immer bin ich der Sündenbock.
Ich kann nicht mehr so weiter machen, aber wir finden keinen gemeinsamen Weg. Mein Doc sagt, ich soll auch mal an mich denken. Wie soll ich das jetzt umsetzen.
Kann mir jemand sagen wie ich das machen soll?


Ich will nur wissen, welche Fehler ich mache, damit ich sie nicht noch mal mache.
Ich will meinen Mann hier nicht am Pranger stellen und mir einen Heiligenschein aufsetzen.
Aber ich merke schon ich verrenne mich gerade wieder, ich lass es sein. Wenigstens für heute.

Lieber Reinhart,

danke Dir für Deine Unterstützung.
Du bist meinem Mann im Wesen sehr ähnlich, ich würde gerne mehr von Dir erfahren, von deinen Sorgen und Ängsten.
Meine Mailadresse ist frei gegeben, aber nur wenn Du das möchtest.

Es grüßt Euch
Sammie




Jetzt schreibe ich mal als Betroffene.

Hilfe !! Mein Mann versteht micht, immer bin ich der Sündenbock.
Ich kann nicht mehr so weiter machen, aber wir finden keinen gemeinsamen Weg. Mein Doc sagt, ich soll auch mal an mich denken. Wie soll ich das jetzt umsetzen.
Kann mir jemand sagen wie ich das machen soll?
Metatron

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Metatron »

Liebe Sammie

Ich unterschreibe alles was Du geschrieben hast. Ich mag sogar noch ein wenig radikaler sein, aber nochmal für alle, bei uns sind Kinder im Spiel.
Ich bin doch nicht unerfahren, wir leben seit 7 Jahren mit der Depression.
Ich bin doch kein Idiot. Das was jetzt hier läuft hat was mit Selbsterhaltung zu tun. Irgendwann bin auch ich am Ende (Liebe Laura, finde vorher den Absprung, oder begib dich selbst in Therpie) Irgendwann wird man Co-Depressiv, das ist vergleichbar mit Co-Alkoholiker, vollkommen vergleichbar, aber beim Co-Alkoholiker wird es akzeptiert, wenn man ein Schlusstrich zieht...
Wie soll ich denn verachtende, miese Worte meiner Frau werten, soll ich mich persönlich angegriffen fühlen?
Es sind die Worte eines Alkoholikers, so kann sie mich bis aufs übelste verletzen, nur macht sie das im Depressiven Kopf mit den Kindern, dann hat sie einen Gegner.
Übrigens trotz allem was bis jetzt passiert ist, habe ich eine Hochachtung vor meine Frau. Sie gibt einfach nicht auf.
otterchen
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Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von otterchen »

Hallo Metatron,

hier muss ich Dir Recht geben.

Mir hat mal ein Alkoholiker gesagt: für ihn und seinen Alkoholkonsum sei es das beste gewesen, dass ihn seine Frau verlassen hat und er so richtig auf die Nase gefallen ist.

Und auch ich bin aufgerüttelt worden dadurch, dass mich einst (m)ein Partner verließ.

Für beide Seiten KANN es also positiv sein - und ich stimme Dir zu: einen Alkoholiker "darf" man verlassen, einen Depressiven doch nicht... das wäre doch unmenschlich...
Dass die zugrundeliegenden Probleme sich aber oft sehr gleichen und die Auswirkungen ebenfalls, ist anscheinend nicht in den Köpfen derjenigen, die ihr Urteil darüber fällen.
(Mir hilft dann oft "ist derjenige überhaupt kompetent, eine Aussage zu treffen, die mich berührt?")



Liebe Sammie,

auch wenn Dir hier manchmal etwas Wind ins Gesicht weht: es ist nicht gegen Dich gerichtet! Ich habe den Eindruck, dass Du Dich ziemlich leicht angegriffen fühlst und dass Du auch fürchtest, jemanden persönlich angegriffen zu haben.
Deine Worte sind aber kein Angriff, da kann ich Dich beruhigen. Und wenn jemand darauf entsprechend antwortet, dann klingt nur eine Saite in ihm entsprechend an, und das ist ganz alleine seine Sache.
Du hast einen tollen Schreibstil - ich kann zwar nur für mich selbst sprechen, aber ich empfinde dabei keinerlei Angriff, sondern nur Dein eigenes Empfinden.

Und das, was andere Dir schreiben, ist kein Vorwurf, sondern nur Gedanken der anderen, die sie hier an dieser Stelle loswerden möchten (genauso wie ich gerade). Vielleicht magst Du einige dieser Gedanken aufgreifen, weil sie Dir nützlich sind (auch wenn sie Dir nicht gefallen?), aber andere Gedanken kannst Du auch einfach nickend zur Kenntnis nehmen mit einem inneren "danke für die Info"
(sowas kann man in einer Therapie lernen)

Lass bitte sowas nicht allzu sehr an Dich heran. Ich kann Deinen inneren Kampf verstehen.
Ich glaube, wir alle machen nur Vorschläge, was Du tun KANNST. Was davon zu Dir passt, was Du davon aufgreifen möchtest, bleibt Dir überlassen. Und unsere Vorschläge kommen immer aus uns selbst, aus unseren eigenen Erfahrungen und Vorstellungen; sie sagen also immer etwas über uns selbst aus - und erstmal nichts über Dich.

Du hast genug, was Dich gerade belastet, da solltest Du aus diesem Forum nur das Positive herausziehen und Dich nicht auch noch aufreiben. Pass gut auf Dich auf
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
sunshine45
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Registriert: 16. Sep 2008, 14:26

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von sunshine45 »

Guten Morgen Euch allen,
auch ich habe immer wieder die Aussagen bekommen, dass ich was für mich tun muss und mich abgrenzen soll.
Diese Aussage hat in mir schon oft eine grenzenlose Wut ausgelöst, weil ich mir immer gesagt habe, wie soll das gehen und diejenigen, die das sagen, sollen erstmal in meiner Haut stecken, dann wissen sie genau, dass das geht.
Teilweise stimmt das auch, aber teilweise auch nicht.

Ich für mich selbst kann sagen, dass ich mich selbst blockiert habe, denn ich hatte mich in eine Rolle reingesetzt, die auch gleichzeitig Unentbehrlichkeit beinhaltete. Soviel hatte ich mir selbst aufgeladen und dabei hinterher gedacht, dass ohne mich gar nichts mehr geht. Vor kurzem war ein Freund von uns da und der sagte plötzlich zu mir: So, Du kommst jetzt mal mit!
Ich habe ihn groß angesehen und gefragt, wohin ich denn mitkommen soll und er sagte, dass sage ich Dir nicht, aber Du kommst jetzt einfach sofort mit und sagst keinem was Du machst und das Du weggehst.
Wir sind letztendlich spazieren gegangen und waren hinterher in einem Biergarten und es war einfach nur klasse. Ich fühlte mich endlich mal wieder frei und es wurde mir einfach bewußt, dass ich mir selbst diese Freiheit genommen habe, weil ich immer dachte, dass ich nicht weggehen könne.
Wenn ich mich allein verabredet hatte, so kam immer nach 2-3 Stunden das Gefühl, dass ich wieder fahren müsse, weil ich nicht wußte wie es meinem Partner ging.
Allles quatsch, man redet sich selbst auch viel ein und setzt sich selbst unter Druck.

Das Handwerkszeug meiner Meinung nach um etwas für sich zu tun heißt: Abwechslung! Abgleich mit anderen Menschen um auch mal wieder positive Gedanken zulassen zu können. Einmal in der Woche einen festen Termin AUSWÄRTS! um alles mal zu durchbrechen und dann auch mal ganz allein losziehen und etwas zu machen, was man schon immer wollte.

Es geht, nur man selbst ist oft die eigene Bremse!
Das ist auch eine Erkenntnis, die mir lange Zeit nicht leicht gefallen ist, aber bitte versucht es mal!
Sammie, Metatron Ihr kommt sonst aus dem Kreislauf nicht raus!
Otterchen hat völlig recht mit der Aussage, dass man gut auf sich aufpassen soll. Diese Aussage ist auch lange Zeit überhaupt nicht an mich rangekommen, weil ich sofort innerlich rebelliert habe, so nach dem Motto: Jaaaaa, klar aber wie denn? Ich hab doch soviel am Hals!

Sammie, ich wünsch Dir eine tolle Party heute abend und "lass mal so richtig die Sau raus" (wie man hier im Rheinland sagt)
Apropo, was ist mit unserem Date?

So, ich fahr jetzt mit dem Rad zum Markt und dann setz ich mich in die Sonne und trink dort erstmal gemütlich einen Kaffee.

Ein schönes Wochenende wünsche ich allen
die Koboldin
Love it, leave it or change it!
freebird
Beiträge: 1137
Registriert: 15. Dez 2003, 13:58

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von freebird »

Hallo Sammy,

ich kann mich Frau Blume nur anschließen, denn, was sie gepostet hat, ist mir auch gleich eingefallen, als ich dein Eingangsposting laß.

Daß hier ist kein Portal für ein Weblog, sondern ein Forum zum Austausch.

Mach doch ein Blog bei MySpace oder Facebook auf. Du kannst es ja dann von hier aus verlinken. Dort kann doch auch jeder, der möchte einen Kommentar schreiben.

Viele Liebe Grüße
Corinna
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Frage nicht danach, warum du lebst. Akzeptiere einfach, dass du existierst.
FönX
Beiträge: 3370
Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von FönX »

Guter Tipp von Corinna! Alternativ gibt es auch z.B. http://www.free-blog.in, falls du etwas gegen facebook, myspace & Co. hast.

Lieben Gruß
FönX

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Zen
Beiträge: 201
Registriert: 5. Jul 2010, 11:31

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Auf die Schnelle

Hallo an alle,

Danke für den Tip, Corinna und Fönx, werde darüber nachdenken.

Otterchen, so sehe ich mich selber garnicht.
Ist ja doch interessant, wenn man den Menschen der hinter den Worten steckt nicht persönlich kennt.

Bin eigentlich nicht so ein Sensibelchen.
Ich kann ja auch austeilen, also sollte ich auch was einstecken können.

Bin etwas Reif für die Insel, nur noch 1 Woche dann habe ich Urlaub.

Lieber Kobold, ja was macht denn unser Date ?

Werden schon einen Termin finden, melde mich morgen bei Dir.
Denn jetzt muss ich mich langsan fertig machen, 16.00 ist Einlass, dann wird die Sau rausgelassen.

Allen ein schönes Wochenende, denn aufgeben können wir uns später immer noch

Sammie
rm
Beiträge: 2209
Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von rm »

Liebe Sammie,

das, was u.a. Koboldin sagt, ist für mich sehr, sehr einleuchtend und bestätigt meine Erkenntnis:

>Das Handwerkszeug meiner Meinung nach um etwas für sich zu tun heißt: Abwechslung! Abgleich mit anderen Menschen um auch mal wieder positive Gedanken zulassen zu können. Einmal in der Woche einen festen Termin AUSWÄRTS! um alles mal zu durchbrechen und dann auch mal ganz allein losziehen und etwas zu machen, was man schon immer wollte.
>Es geht, nur man selbst ist oft die eigene Bremse!
>Das ist auch eine Erkenntnis, die mir lange Zeit nicht leicht gefallen ist, aber bitte versucht es mal!
>Sammie, Metatron Ihr kommt sonst aus dem Kreislauf nicht raus!
>Otterchen hat völlig recht mit der Aussage, dass man gut auf sich aufpassen soll. Diese Aussage ist auch lange Zeit überhaupt nicht an mich rangekommen, weil ich sofort innerlich rebelliert habe, so nach dem Motto: Jaaaaa, klar aber wie denn? Ich hab doch soviel am Hals!<

Und das 'klar-aber-wie-denn' habe ich unbewußt dadurch noch bei meiner Ehefrau verstärkt, indem ich erst nicht erkannte, daß sie sich für meine Depression teilweise verantwortlich fühlte/ fühlt, obwohl ich ihr und unserem Verwandten-/ Bekanntenkreis immer wieder versicherte, daß sie keinen Anteil an meiner Depr. trägt.

Warum hat sie es nicht geglaubt? Weil Sagen und Gestik zweierlei ist. Innerlich habe ich ihr in gewissem Maße wohl doch einen Teil der Depr. zugeschoben, allem voran deshalb, weil sie sich zwischenzeitlich mal einen anderen Partner gesucht hatte.

Komischerweise hatte ich sogar ein gewisses Verständnis für diesen Menschen. Ich weiß nämlich nicht, wie ich an seiner Stelle reagiert hätte. Wir sind doch alle nur Menschen, jeder für sich mit Schwächen, aber auch mit Stärken.

Nun, ich möchte das aber hier nicht weiter zum Thema werden lassen, erwähnt sei es aber am Rande.

Was ich viel wichtiger finde, ist folgende Erkenntnis von mir:
Ich wäre fast zerbrochen an meinem 'Schon-wieder-allein-gelassen-werden. Aber eben nur fast. ICH SELBST, natürlich auch mit der Hilfe von anderen Mitmenschen, habe mich auf den Weg gemacht, etwas ändern zu WOLLEN in meinem Leben.

Ich bin dabei, auf vielen Ebenen Eigenverantwortung zu übernehmen. Und das ist weiß Gott nicht immer einfach, denn es steht ja hinter jeder Entscheidung auch eine mögliche Konsequenz.

Möglich ist diese Entscheidung zur Eigenverantwortung aber erst dadurch geworden, indem ich erkannte, daß ich mich, ohne es zu wissen, schon sehr 'häuslich' in MEINER (sie war ja schon so etwas wie ein Teil von mir) Depression einzurichten.

Es klingt für manche Betroffene vielleicht befremdlich, aber das soll es bitte nicht, denn es ist nur MEIN Erleben und bei jedem wohl anders zu sehen.

Ich jedenfalls habe und ziehe wohl manchmal noch den vermeintlich einfacherern Weg vor und sage zu vielem depressiven Rückzug JA, statt auch mal zu sagen, NEIN, das will ich jetzt nicht mehr und brauch ich auch nicht mehr. Ich versuch's, allein klar zu kommen.

Dies 'mit-sich-allein-klar-kommen-wollen' (in der Akutphase einer Depression übrigens NICHT zu empfehlen)gibt mir zusehends mehr Selbstvertrauen. Und das Schöne dabei ist: Je selbstsicherer ICH werde, desto freier wird auch die Familie.

Zum Freiwerden gehört natürlich auch m.E., daß es mal so richtig kracht im Karton, daß ich meine Meinung sage und natürlich meinem Gegenüber das Gleiche zugestehe. Meine Verflossene sagte mal für mich sehr einleuchtend: Wenn wir streiten, so sehen wir daran, daß noch Gefühle füreinander da sind.
Und da hat sie recht, denn wenn Auseinandersetzungen nicht mehr stattfinden, so ist da wohl auch das Gefühl füreinander am abklingen. Der Gegenüber wird in die Gleichgültigkeitsschublade gesteckt. Das ist noch schlimmer in einer Depression zu ertragen.

Aber was wollte ich eigentlich sagen ? Ach ja, wenn ich es auf den Punkt bringen sollte: Folgendes Motto hätte mir sehr gut getan: IN LIEBENDEM ABSTAND ES MIR ETWAS UNBEQUEM MACHEN, aber DA sein, wenn wirklich Not am Mann gewesen wäre. Helfen ja, aber nur beim wirklich Notwendigen.

Ich weiß nun nicht, ob Dir das alles weiterhilft, bin auch nicht überzeugt, daß ein anderes Forum für Dich besser wäre, aber das wirst Du selbst spüren.

Meiner Ansicht nach könntest Du und Dein Mann am ehesten etwas mehr Ruhe und Gelassenheit gebrauchen, nicht noch mehr und weitere Informationen/ Meinungen. Lieber erst mal einen Schritt der Gemeinsamkeit gehen, nachspüren, was da dann so mit Euch passiert, dann mal wieder jeder einen Schritt für sich allein usw. und so fort.

Langsamkeit ist angesagt, KEINE Hektik und kein DRUCK.

Mach es erst mal gut Sammie, Du wirst Deinen Weg finden. Dein Mann den seinen.

Liebe Grüße von mir,
Reinhart

P.S.: Mit einer e'mehl' hab ich so meine Probleme technischer Art ( wie bekannt), andererseits bin ich da auch nicht böse drum, denn ich will mir hier nicht allzu viel Zeit von der Blechkiste PC klauen lassen. (Hat nix mit Dir zu tun, bitte nicht falsch verstehen)
Zen
Beiträge: 201
Registriert: 5. Jul 2010, 11:31

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Guten Morgen Reinhart und an alle Anderen,

bin dir nicht böse, verstehe das schon mit der Mail.

Ich lese gerne, dass was Du schreibst und es leuchtet mir vieles ein.
Du gleichst meinem Mann in vielen Dingen, daran mag es bestimmt liegen.
Ich habe das Gefühl bei Dir, Du bist irgendwie seine Stimme.
Verstehst Du wie ich das meine ?

Wir waren ja gestern eingeladen, meienm Mann ging es aber in den letzten 2 Tagen garnicht gut. Er ging nicht zur Arbeit und auch sonst war sein Tagesablauf nur Quälerei.

Ich war am Freitag stink sauer auf Ihn.
Er stand am späten Nachmittag auf und die ganze Last dieser Welt schleppte er wieder mit sich rum.

Was ist los?
Nix.
Sag doch mal, was hast Du denn?
Mir geht es nicht gut?
Warum denn?
Ach, ich mach Dir nur Kummer, versaue Dir dein ganzes Leben. Ich krieg einfch nix mehr auf die Reihe. Verspreche Dir etwas und halte es dann nicht ein.
Warum kannst Du sie denn nicht halten, deine Versprechen.
Du liest doch jeden Tag in diesem Forum, langsam müsstest Du es doch jetzt wohl wissen. ( Seine Stimme wurde lauter.)

Ich weis das Er es nicht haben kann ( oder will ) wenn ich immer wieder nachfrage.
Aber ich fand Er macht es sich zu einfach, mit " langsam müsstest Du es doch wissen ".

Ihr könnt Euch sicher schon denken, das ich alleine am Samstag auf die Fete gegangen bin.
Ich habe gemerkt das Er nur mir zu liebe sich am Samstag dahin gequält hätte.
Wir haben uns Samstagmittag zusammen gesetzt und Er war am rum drucksen, wie ein kleiner Junge.
Bis er dann endlich sagte, dass er es nicht schafft mitzugehen.
Er kann es einfach nicht erklären, warum er keine Lust hat am Leben mehr teilzunehmen.

Ich habe diesmal ganz anders reagiert wie sonst.

Ich habe Ihm gesagt, er soll sich jetzt nicht noch mehr unter Druck setzen, dass ich es zwar sehr traurig finde, dass ich alleine gehen soll, aber es auch verstehen kann.

Jetzt soll noch einer mal sagen, ich bin nicht Ausbau- und Lernfähig. Ein kleines Lob für mich an dieser Stelle, hätte ich doch wohl jetzt verdient, oder ?

Kleiner Scherz am Rande, die Situation war schon sehr ernst.

Ich bin dann alleine gegangen und es war ein sehr schöner Abend.
Was mich traurig macht, ist das mein Mann diese schönen Stunden mit Freunden nicht miterleben kann.
Das sind doch gerade die Tankstellen, die unserer Leben wieder Antrieb geben.
Davon zehren wir doch alle.
Es wurde viel gelacht auf der Fete, wir waren nur ein kleiner Kreis hatten aber Spass ohne Ende.
Wir haben Dart gespielt, Männer gegen Frauen.
Die Frauenpfeile flogen überall hin nur nicht wo sie hinsollten.
Das alles konnte mein Mann nicht miterleben, dabei hätte es Ihm bestimmt sehr gut getan aus seinen Teufelskreis auszubrechen.

Das ist es was mir so weh tut. Diese Stunden mit Freunden kommen nicht mehr wieder. Es ist verloren Zeit, seine verlorene Zeit.
Dabei war er früher auch sehr gerne mit unseren Freunden zusammen.

Und je mehr ich nachdenke, komme ich zu dem Schluss, dass es an seinen Medikamenten liegt, die Ihm nicht mehr helfen.
Er nimmt sie regelmäßig, dass sehe ich ja.
Aber kommt einfach nicht aus seiner Isolation raus.
Ich bin mir, nach dem Gespräch mit meinem Mann sicher, dass eine Umstellung der Medikamente zu mindest ein Versuch wert ist.

Wünsch Dir und allen anderen noch einen schönen Sonntag.
Sammie

P.S.
Reinhart, schreibst Du auch bei den Betroffenen ? Habe Dich da noch nicht entdeckt, oder bin ich blind ?
Laura.M
Beiträge: 86
Registriert: 12. Jul 2010, 11:49

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Laura.M »

Liebe Sammie,

wenn es dir wichtig ist, hier deine Geschichte zu schreiben, solltest du es weiterhin tun und dich von keinem Leser beirren lassen. Du hast die Worte von Frau Blume angenommen und stellst dich der Diskussion, damit kein Blog-Charakter entsteht. Wo passen deine Beiträge besser hin als hier im Angehörigen-Forum, bin ich der Meinung. Und myspace ist eher eine Plattform für Musikfreunde, usw.

Der Gedanke, deine Empfindungen als Angehörige offen zu schreiben, sehe ich als mutig an und könnte auch Angehörigen und Betroffenen zugleich für gute Denkanstöße dienen. Wie sollen wir sonst aufeinander zugehen, wenn uns die Befindlichkeiten des anderen fremd sind? Und deinen Slogan „aufgeben können wir uns später immer noch“ finde ich super. Darf ich dir sagen, dass es mir für dich leid tut, dass dein Arzt auch bei dir eine Depression diagnostiziert hat.

Herzlichen Dank für deine nette Antwort vom 13.08. Dazu möchte ich gern später noch meine Gedanken niederschreiben. Denn ich wollte dich mit meinen Zeilen nicht aufwühlen. Ich bin der Meinung, hier sollte keiner dem anderen seine geschriebenen Worte allzu persönlich nehmen, weil sie vor allen Dingen wirklich auch mit den Befindlichkeiten des Schreibers zu tun haben (100 Leser = 100 unterschiedliche Meinungen).

Danke... auch dir einen schönen Sonntag!

Herzliche Grüße
Laura.M
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von otterchen »

Liebe Sammi,

wann holst Du Dir endlich "Schattendasein" und liest es? *schimpf-mit-augenzwinkern*

Gerade solche Unternehmungen gehen nicht mehr und setzen den Depressiven noch mehr unter Druck. Ist zwar unverständlich, ist aber so. Ein lockerer Abend mit Freunden? Unmöglich. Man ist Störenfried, man "soll" sich amüsieren - geht nicht. Man passt nicht in die Runde, man ist "anders", das Lachen bleibt einem im Hals stecken. Es wird unerträglich, weil man diesen Spaß nicht empfinden kann, weil man nicht teilhaben kann, und man fühlt sich nur noch besch**ener.

Bitte bitte bitte: leg Dir Schattendasein zu.
http://www.amazon.de/Schattendasein-Das ... 924&sr=8-1
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
FönX
Beiträge: 3370
Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von FönX »

Hallo Sammie,

ich möchte otterchen uneingeschränkt Recht geben. Die Lektüre von Schattendasein wird dir die Augen öffnen. Viel einfacher beschreibt die Leidenssituation Depressiver Josef Giger-Bütler. Bitte nimm dir 45 Minuten und höre dir, idealerweise auch mit deinem Mann, vielleicht aber zuerst allein, dieses HR2-Sendung an (kannst du downloaden): http://tinyurl.com/2v9bkgy

Eine aufschlussreiche Dreiviertelstunde verspricht dir
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
sunshine45
Beiträge: 685
Registriert: 16. Sep 2008, 14:26

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von sunshine45 »

Guten Morgen zusammen,
Sammie, kauf Dir Schattendasein BITTE NICHT, denn ich bringe es Dir mit!

Aber zunächst kommt es erst einmal das Lob, es ist gut wie Du reagiert hast, dass Du Deinen Mann nicht weiter unter Druck gesetzt hast und gesagt hast, dass Du verstehst dass er einfach nicht mitgehen kann. Das hat ihm ganz bestimmt viel bedeutet. Wirklich klasse von Dir!

Aber am allerbesten ist, dass DU ALLEIN gegangen bist!
Bei Dir ist ja auch eine Depression diagnostiziert worden, aber ich hoffe Du merkst, dass Du solche Dinge alle noch machen kannst. Du kannst Dich mit Freunden treffen, es genießen und Spaß haben. Ich hoffe sehr, dass Dich das bestärkt, dass Du Deiner Depression entgegentreten kannst und sie Dich noch lange nicht so stark gefangen nimmt.

Lies bitte Dein letzten Beiträge nochmal durch und achte mal darauf wie oft Du beschreibst wie es Deinem Mann geht, wie Du ihm helfen kannst und überhaupt drehen sich Deine Gedanken fast ausschließlich um ihn.
Wenn Du es schafffst Dich mindestens genauso wichtig zu nehmen wie ihn, so bist Du schon mal einen riesigen Schritt weiter. Ich glaube dann wird es Dir und auch Deinem Mann etwas besser gehen.

Sobald Dein Mann merkt, dass Du traurig bist wegen ihm, so löst das bei ihm schreckliche Gedanken und Empfindungen aus. Nämlich dass er sich als Belastung fühlt, dass er Dir die Freude am Leben nimmt etc. Das macht ihn alles nur noch trauriger und kleiner.

Ich freue mich sehr für Dich und darüber, dass Du gestern ALLEIN für Dich einen schönen Abend genießen konntest. Es ist ganz wichtig den Abgleich zu haben, dass nicht alles im Leben schlecht und schwer zu ertragen ist, versuche so oft es geht Deinen Alltag zu durchbrechen und zu lachen und behalte fest im Blick, dass genau das Deinem Mann wahrscheinlich sehr viel hilft.
Du kannst nur für ihn da sein, aber helfen kann nur er sich ganz allein. Leider ist das so und es ist so schwer zu akzeptieren, aber vielleicht hilft Dir das Buch ja weiter!
Ganz herzliche Grüße an Alle hier und einen schönen Sonntag!
die Koboldin
Love it, leave it or change it!
Zen
Beiträge: 201
Registriert: 5. Jul 2010, 11:31

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von Zen »

Hallo Ihr Lieben,

ich darf das doch so schreiben ?

Otterchen, jaaa ich werde dieses Buch lesen und auch Dir Fönx danke für den Link und Dir Laura und all die Andern für eure Unterstützung.

Ich habe viele Bücher im laufe der letzten Jahre gelesen, mein Mann auch.
Wir haben auch viel darüber gesprochen und ich weiß, wenn er sagt, es geht nicht, dann geht es nicht.
Mich hat es manchmal nur sehr geärgert, wenn er mir die Textpassagen zum lesen gab, wie ich mich als Partner verhalten soll.
Oder sagen wir besser, mich besonders darauf hingewiesen.

Wenn ich aber 10 Seiten weiter blätterte standen in diesen Büchern, aber auch Wege beschrieben, wie man es schaffen kann, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Nur bis dahin hat er, oder wollte er garnicht weiterlesen.
Das diese Wege aus der Depression mit viel Kraftanstrengung zu tun haben, ist mir völlig klar. Nur man muss es doch auch erstmal versuchen wollen.

Entnommen aus einer Apotheker Zeitung von 15.10 09.

Günter Schallenmüller ( ich hoffe es gibt keine Probleme das ich den Namen jetzt hier schreibe, aber es war ja auch alles öffentlich zu lesen in der Apotheken Umschau ) erkrannkte an einer schweren Depression, musste ins KH. und kam dort auf die Idee auf Pilgerschaft zu gehen.
Er lief tatsächlich den Jakobsweg in Etappen bis zum Ende.
Seine Erkenntniss mit seiner Depression und dieser Pilgerreise : Man darf keine Etappe auslassen, sonst kommt man nicht ans Ziel.
Dieses gilt für die Depression, keine Etappe auslassen ( auch die ganz tiefen Löcher )wie die steilen und staubigen Etappen des Pilgerweges.
Mit Antidepressiva im Gepäck marschierte er los.
Sein Arbeitgeber hat Ihn nach der Rückkehr gekündigt, aber es machte Ihm nicht viel aus.
Er hat mehrere Selbsthilfe Gruppen gegründet und daraus entwickelte sich der Verein " Balance ".
Auch er hat ein Buch geschrieben
" Zeitenwende ". ( Habe es leider auch noch nicht gelesen ).

Jetzt meine Frage " Er hat es doch auch geschafft, er hat es zumindest versucht ".

Das muss doch für jeden von Euch, auch ein kleiner Anspron sein, aus Eurer Depression heraus zufinden.
Es muss ja nicht gleich der Jakobsweg sein.
Ein Spaziergang ( oder irgentwas anderes, was einfach spass macht ) um den Häuserblock, kann doch auch schon einiges bewirken.
Das nicht jeder so ist wie dieser Herr Schallenmüller ist mir auch klar, aber immer wieder zu höhren, es geht nicht, ich kann nicht, ich will ja, aber...., damit gebe ich mich nicht zufrieden. Da stell ich mich Stur .
Ich werde euch damit solange nerven, bis Ihr alle pilgern geht .
Denn es geht doch, und es gibt bestimmt noch viele solcher Lebensgeschichten.

Ich habe als ich dieses Thema von mir eröffnet wurde , falsch gedacht. Ich habe geschrieben, das ich mich an Diskissionen nicht beteidigen werde.
Frau Blume, im nachherein danke für Ihren erhobenen Zeigefinger.
War zwar etwas sauer im ersten Moment, aber es ist gut so wie es jetzt ist.
Es ist gut eure Meinungen zu lesen, auch wenn sie mir nicht immer passen.
Trotzdem regt es zum Nachdenken an und so soll es auch sein.

Auch danke ich Euch für eure Toleranz, das Ihr immer wieder antwortet, auch wenn ich manchmal frech und zickig reagiert habe.

Ich bin ein Wassermann und Wassermänner sind bekanntlich die Toerantesten Menschen im ganzen Universum : crazy: Ich verzeihe Euch einfach

Ich habe einen sehr speziellen Humor und ich hoffe ich habe jetzt mit dem letzten Abschnitt niemanden vor den Kopf gestoßen.

Es grüßt euch
Sammie

Otterchen, ich habe bald Urlaub, also Lesezeit satt. Stoff zu diskutieren wird uns schon nicht ausgehen.
tangram
Beiträge: 131
Registriert: 24. Mai 2010, 19:40

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von tangram »

Hallo Sammie,

ich hab gerade mit großem Interesse deine Geschichte von Herrn Schallenmüller gelesen.

Komisch über diese Möglichkeit hatte ich auch schon öfters nachgedacht.

Eigentlich zeigt die Geschichte ja sehr deutlich, dass der Herr Sch. aufgrund seiner Depression dazu kam, sein Leben grundlegend zu überdenken - selbst als es ihm den Job gekostet hat, hat er für sich und auch andere eine Möglichkeit gefunden, seine Krankheit für die Hilfe für Andere erkrankte zu nehmen.
Ich finde das einfach gut!!


Schön das gelesen zu haben

Gruß Tangram
"Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt"

Laotse
hap
Beiträge: 566
Registriert: 30. Jul 2008, 17:42

Re: Aufgeben können wir uns später immer noch

Beitrag von hap »

Hi Sammie,

ich habe den Link von FönX gesehen und ihn gehört? Du auch?

Ich sah dann dein Posting und bin etwas verblüfft über einige deiner Worte. Kommt dir vielleicht ab und an in den Sinn, dass Druck absolut nichts bringt oder sogar das Gegenteil verursacht?

Das Plus darin besteht, dass du alleine für deine Stimmung verantwortlich bist und auf die Party gegangen bist. Du möchtest gern, dass genau sowas dein Partner mit dir teilt. Wenn er aber nicht kann, weil er krank ist, beschreibst du sein Verhalten als reine Sturheit. Findest Möglichkeiten zu beweisen, dass genau dies jedoch ihn daran hindert gesund zu werden.

Ich glaube nicht, dass ein Hr. Sch. von irgendwem bedrängt wurde nun den Jakobsweg einzuschlagen.
Viel Mehr sind solche Aktionen eher ungern gesehen von Angehörigen, weil ja egoistisch


Nimm mal ne Puste Druck aus allem und dann sieh weiter. Das ist meine Meinung.

lg,hap
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