Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Zen
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Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von Zen »

Liebe Forumleser,

wie ich aus vielen Beiträgen und daraus entstandenen Antworten entnommen habe, sind viele hier im Forum mit der Therapie ihres kranken Partners nicht zufrieden, oder können nicht verstehen warum der Partner sich so verändert hat.

Woran liegt das?
Sind unsere Erwartungshaltungen zu hoch?

Sind wir zu ungeduldig?
Eine Depression ist nunmal kein Beinbruch, der nach 4,5 Wochen ausgeheilt ist.
Das wissen wir alle.

Oder läuft in der Therapie was falsch?
Worauf wir als Angehöriger ja keinen Einfluss haben.

Warum haben wir eigentlich keinen Einfluss?
Wir sind doch die, die mit dem kranken Partner zusammen leben.

Wir sind doch die, die wollen das es unserem Partner wieder besser geht.
Geht es Ihm gut, geht es uns doch auch gut.

Ich bin selber seit Okt. 09 in Behandlung, nicht weil ich mich krank fühlte, weil ich nach so vielen Jahren mit meinem depressiven Mann einfach nicht mehr weiter wusste.

Mein Doc meint zwar auch ich wäre krank, dass sehe ich zwar nicht so wie er, aber in einer Hinsicht hat er recht.
Durch die Depression meines Mannes, habe ich mich selber in eine Situation rein manövriert
aus der ich einfach nicht mehr rauskomme.
Z.B. die anfallenden Arbeiten zu Hause delegieren und aufzuteilen, wie es füher von uns immer gemacht worden ist.

Durch seine Krankheit, habe ich alles an mich gerissen um Ihn zu entlassten und jetzt bin ich zu belastet um das alles alleine noch zu bewältigen.

Ich werde in meiner nächsten Stunde, mal nicht über mich, sondern ganz allgemein mit Ihm sprechen. Denn ich habe einige Fragen, die sich auch aus euren Berichten und Antworten ergeben haben.

1. Sinn und Zweck einer Therapie.
2. Wird der Ehepartner/ Lebensgefährte mit
eingebunden, auch wenn er nicht bei den
Sitzungen dabei ist.
Soll heißen, der Kranke schildert seine Version z.b " Meine Frau stellt nur Forderungen, die ich aber nicht erfüülen kann".
Der Therapeut antwortet " Dann sagen Sie Ihrer Frau, dass Sie das jetzt nicht können und es auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und denken Sie in erster Linie an sich".

So, oder ähnlich könnte die Antwort lauten.
Es gibt aber nunmal Dinge, die müssen sofort erledigt werden und nicht wenn man dazu Lust hat.

Aus Sicht des Partners sieht die selbe Version aber ganz anders aus.
Nur das weiss der Therapeut natürlich nicht, woher auch. Sein Patient wird Ihm das bestimmt nicht auf die Nase binden.

3. Warum wird der Partner nicht nach jeder
5 oder 10 Sitzung dazu gebeten, um Erfolge
zu besprechen, oder falsche Ansätze in
richtige Bahnen zu lenken. Mit der Hilfe
des Partners.

Es kann doch nicht sein, das nach einer Therapie viele Paare zur Paartherapie müssen, nur weil der Kranke Partner meint alles dreht sich nur um Ihn. Der Rest der Welt ist Ihm egal.

4. Wie wird der Depressive auf ein Leben
nach der Therapie vorbereitet ?

Ich habe noch viele Fragen, aber ich will sie hier nicht alle aufzählen.
Bin sehr gespannt was dabei heraus kommt.

Sollte von eurer Seite noch Fragen sein, die Ihr gerne beantwortet haben wollt, dann stellt sie mir. Ich werde versuchen eine Antwort dafür zu finden.
Ich werde meinen Doc löchern, das er froh sein wird wenn die Stunde vorbei ist.
Mal sehen wie er darauf reagiert, wenn ich die Arbeitweise seiner Kollegen und auch seine kritisiere.

Einen schönen Tag wünscht
Sammie
susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von susan »

Hallo Sammie,

ich habe Achtung vor jedem Angehörigen, der an der Seite eines Depressiven lebt und sich bemüht, diesen zu verstehen und ihm zu helfen.

Das ist super, aber..... ich bin selbst seit meiner Kindheit depressiv. 2001 wurde das leider erst erkannt, das ist also 9 Jahre her. Es liegt also ein langer Weg hinter mir, und von Heilung kann ich auch nicht sprechen.

Ich habe immer wieder depressive Phasen (kann aber immer besser damit umgehen), nehme seit 9 Jahren Antidepressiva und habe eine VT hinter mir und eine TP läuft noch. Zur Zeit habe ich auf eigenen Wunsch eine Pause eingelegt. Und die tut mir wahnsinnig gut, weil jetzt vieles von dem, was in den ganzen Jahren besprochen wurde, erst wirken kann.

Ich bin verheiratet und habe 2 erwachsene Kinder, die aber, als die Diagnose erkannt wurde, noch bei uns wohnten. Also meine Familie hat ALLES mitbekommen. Die Stimmungsschwankungen, die Verzweiflung, die tiefsitzende Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit und alles, was sonst noch zur Depression gehört.

Alles fing bei mir in einer Schmerzklinik an, in der ich eigentlich wegen Migräne und therapieresistenten Rückenschmerzen war, mit einem Arzt, der sofort erkannte, dass ich depressiv bin und all die psychosomatischen Beschwerden, die ich jahrelang hatten, nur ein Hilfeschrei meiner Seele waren.

Und dieser Arzt hat erst therapeutische Gespräche mit mir geführt und was Du sicher schön finden wirst, er hat meinen Mann zu einem gemeinsamen Gespräch eingeladen, in dem er meine Krankheit erklärt hat mit Worten, die ich nie gefunden hätte. Dafür war ich sehr dankbar.

Mein Mann wollte auch verstehen, aber es war oft nicht möglich, zu erklären, was in mir ablief, verstand ich es doch selber nicht

Ich kaufte mit Depribücher, las meiner Familie einige Textstellen vor (das müssen sie naürlich wollen), bei denen ich fand, dass sie meinen Zustand gut erklärten. Du kannst glauben, sie bemühten sich sehr und das rechne ich ihnen hoch an.

Sie haben bis heute zu mir gehalten, nur .... 100%iges Verstehen war einfach nicht möglich. Ich würde sagen, es waren ca 25%, wenn man das überhaupt in Zahlen ausdrücken kann.

Dann begann meine Therapie (VT) und es war MEINE Therapie. Ich hatte große Schwierigkeiten, mich dem Therapeuten gegenüber zu öffnen und schämte mich für meine Krankheit sehr. Kam mir nutzlos vor, alles war sinnlos, hatte an nichts mehr Freude. Das war für die ganze Familie eine große Belastung.

Dennoch, es war MEINE Therapie, und nur dem Therapeuten konnte ich in Minischritten von meinen seelischen Problemen berichten, und nur er hatte die Kenntnis, auch dementsprechend darauf zu reagieren.

Es gab auch ein gemeinsames Gespräch mit meinem Mann und wieder trug das auch dazu bei, dass er meine Krankheit besser verstand.

Aber ich wäre nicht damit einverstanden gewesen, wenn man ihn in die Therapie mit einbezogen hätte. Das war meine Sache! Ich habe mit Hilfe der Therapie schädliche Muster und Verhaltensweisen aus meiner Kindheit erkannt und verändert, das war ein langer Weg. Und mit meinem Mann sprach ich darüber nur sehr selten.

Das mag Dich jetzt verwundern, aber wenn man eine Einzeltherapie macht, dann wird der Angehörige sehr selten mit in die Therapie einbezogen (war jedenfalls bei mir so und habe es auch noch nicht anders gehört, es sei denn, man macht eine Familien-, Paartherapie).

Ich musste erst mal für mich erkennen, woran es lag, dass ich immer wieder depressiv wurde und wo die Ursachen dafür liegen. Mit meinem Mann das zu besprechen, war ein schöner Moment, aber er kam erst Jahre später.

Vieles kann man gar nicht in Worte fassen, was in der Therapie passiert. Vieles mag man auch gar nicht sagen, weil man sich schämt, sich nackt fühlt. Und das ist harte Arbeit an sich selbst. Als Angehöriger bleibt Dir, dem Partner zu sagen, dass Du für ihn da bist, wenn er Dich braucht. Du kannst Dich informieren über die Krankheit, auch ein oder zwei gemeinsame Gespräche mit dem Therapeuten sind gut, aber bei mir war es eben so, dass die Therapie hauptsächlich für mich allein da war.

Das ist sicher unbefriedigend für Dich, weil Du so gerne helfen möchtest, mehr wissen möchtest, verstehen möchtest. Das ist auch ganz wichtig, dass Du dem Partner signalisierst, dass Du an seinem Leben weiterhin teilnimmst. Aber der eigentliche Schritt, dass er sich Dir gegenüber öffnet, muss von ihm kommen.

Und manchmal ist es gar nicht mehr wichtig, was in der Therapie besprochen wird, weil nur eins zählt und das ist das Ergebnis. Dass es Dir möglich ist, Dich anders zu verhalten, dass Du Problemen offener gegenüber stehst und andere positive Veränderungen.

Deine Bemühungen sind gut zu verstehen. Nicht jeder Angehörige hat so grosses Interesse, aber lass Deinen Partner ein Stück seines Weges alleine gehen. Es ist nicht einfach, da nur zuzuschauen, das weiß ich, aber mehr geht nicht. Das heißt nicht, dass Du gar nicht mit ihm reden sollst, aber lass ihn was das Thema Therapie und Krankheit betrifft, auf Dich zukommen. Es ist seine Entscheidung, wann und ob er sich öffnet. Alles andere kann schnell als Bedrängung empfunden werden, auch wenn es noch so gut gemeint ist.

Als es mir besser ging, hat sich durch die Therapie gezeigt, dass es einiges gab, was uns gemeinsam betraf und was ich allein durch meine Therapie nicht ändern konnte. Aber auch diese Erkenntnis dauerte sehr lange bei mir. Und mein Mann stimmte zu, zu einer Paartherapie mitzugehen. Dort konnte dann jeder über seine Probleme reden und es wurde anschließend gemeinsam mit den Therapeuten (es waren ein Mann und eine Frau) besprochen, was man ändern könnte.

Tipps und Vorschläge kamen da weniger, die Veränderung musste mit uns/in uns passieren und so spiegelten sie uns unser Verhalten und wir konnten viel erkennen, was uns jetzt beim Umgang miteinander sehr hilft.

Klar, hatte ich Glück, dass mein Mann da mitgegangen ist, aber den Zeitpunkt habe ich bestimmt, weil ich sehr lange die Probleme nicht so klar und differenziet beschreiben konnte. Es müssen auch beide die Beziehung noch wollen. Es hilft nicht, wenn ein Partner nur "mitgeht", weil der andere es sich wünscht.

Zur Zeit also die Therapiepause bei mir. Und im August habe ich wieder ein Gespräch mit dem Therapeuten. Ich will ihm ein Feedback geben, was die Therapie bis jetzt bei mir bewirkt hat und wo ich noch Probleme habe.

Es ist also alles ein Lern- und Erkenntnisprozess und viele Dinge musste ich erst mal selber begreifen, um sie meinem Mann mitteilen zu können. Es ist nicht immer hilfreich, mit dem Partner über die Therapie zu reden, weil der widerum seine Verhaltensmuster hat, mit denen er reagiert. Das braucht professionelle Hilfe, auch wenn sich das bitter anhört.

Gib die Hoffnung nicht auf, dass sich etwas positiv verändert. Dieser Glaube ich für einen Depressiven sehr wichtig. Sei an seiner Seite, sei für ihn da, aber mehr als ihm das Gefühl zu geben, dass du TROTZ-dem zu ihm hältst, kannst Du nicht. Und gib DICH nie auf, lebe Dein Leben so gut es geht, mache Dich nicht von seinen Stimmungen abhängig.

Das war jetzt sehr lang, aber kürzer ging's leider nicht

edit: ich möchte noch was hinzufügen. Es ist natürlich dem Angehörigen überlassen, inwieweit er diesen Weg mitgeht. Es kann sich auch ergeben, dass es für sie/ihn unmöglich wird, die Beziehung weiter fortzuführen, weil man sich weit voneinander entfernt. Therapie verändert, das ist keine Frage. Ob ein Zusammenleben weiter Sinn macht, entscheidet jeder Partner für sich. Es kann sehr leicht egoistisch wirken, wenn ein Partner mehr (nur) auf sich achtet, aber mein Weg war so, dass ich durch die Therapie erst an meine verschütteten Bedürfnisse wieder rangekommen bin. Und klar, der andere wundert sich, warum ich auf einmal (mehr) an mich denke und es treten Probleme auf, die man vorher nicht hatte. Nicht jede Veränderung ist angenehm für das Umfeld. Aber mit einem reinen Egoisten hat das nichts tun, mit dem hätte mein Mann es auch nicht weiter ausgehalten. Es ist ein Balanceakt trotz eigener Entwicklung auch die Wünsche und Bedürfnisse des Partners zu (be)achten. Dass ich diese als Depressiver nicht immer erfüllen kann, ist keine Frage.

Alles Liebe für Dich!

Susan


Metatron

Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von Metatron »

Das wäre eigentlich meim Thread gewesen.
Hmm, ich habe bis jetzt jede Therapie als Fluch empfunden.
Nicht ganz, damals die Psychologen in der Kurklinik, die waren auf Familien mit schwerkranken Kindern spezialisiert und entsprechend haben sie sehr schnell die Gesamtsituation erfasst. Und wir hatten sehr schnell zuhause eine Familienhilfe.

Irgendwie scheinen diese Leute Grundregeln des Lebens nicht zu verstehen. Vielleicht weil sie diese nie brauchten.
Nur mal ein Beispiel:
Jede Mutter weiss, dass sie mit 39 Grad Fieber noch so gesund ist um Ihre Kinder zumindest notdürftig zu versorgen.
Natürlich gelten an solchen Tagen besondere Regeln, z.b. dürfen die Kids an diesen Tagen vor dem Fernseher geparkt werden.....
Ich denke das bedeutet für jede Mutter sich gründlich zu schonen
Vielleicht war das ja auch das was die Therapeutin gemeint hat. Nur ist es dann wohl anders angekommen.
Hmm, ich denke mal, die meisten Therapeuten schauen viel zu isoliert, Ihr Ziel ist erreicht, sie bekommen ja ihr Geld.
Ist halt m.E. wie die Hersteller von Diätartikeln. Im Grunde genommen, können die überhaupt kein Interesse haben, das Ihr Klientel dauerhaft abnimmt. Es reicht wenn das Klientel ein wenig zufrieden ist und überzeugt von seinen Produkt ist.
Und zuallerletzt bringt mich immer durcheinander, mit welcher Kraft neue Hobbys angegangen werden. Meine Frau kann nicht gut rechnen, aber beim Stricken, zählt, addiert, subtrahiert sie und und und.
Backen, meine Frau backt sehr gerne, 500g Mehl abmessen, kein Problem. Kochen mag sie überhaupt nicht, also sind 500g Kartoffeln abmessen überhaupt nicht drin.
Ist ja auch was ganz anderes. Natürlich wird dieses Verhalten von der TP gedeckt.
War jetzt nur eine blöde Andekdote die aber wahr ist.
FönX
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Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von FönX »

Hallo Sammie,

da fällt mir zunächst eine Frage ein: Wer schreibt hier im Bereich "Angehörige"? Wenn er eine|n Angehörige|n hat, der nach einer Therapie zu einem angenehmeren Menschen wird, eher nicht. Die meisten haben erleben müssen, dass sich die Persönlichkeit in eine für ihn unerwünschte Richtung ändert. Vielleicht ist der Depressive mehr darauf bedacht, auf sich achtzugeben, was ja wünschenswert und positiv ist. Aber wenn der notorische Ja-Sager auch mal Nein sagt, könnte sich das Umfeld über ihn ärgern. Und oft ist das so.

Das sollte ein nicht umfassender Erklärung sondern nur eine Anregung sein vom
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Metatron

Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von Metatron »

@FönX
bei mir ist es zumindest so, das ich zwar auf der einen Seite in die Therapie nicht mit einbezogen werde. Aber auf der anderen Seite mir abverlangt wird, mein Leben zu ändern und mir eine Lebensweise aufgedrängt wird, die nicht meine ist.
Aber das muss ich halt, laut der TP meiner Frau, weil Sie ja krank ist.
Das ich daran oft genug verzweifel, weil auch Entscheidungen die schon für mich abgehakt waren, plötzlich wochenlang wieder zum Thema werden, nervt.
Beispiel Kinderwunsch:
die TP weiss genau wie meine Einstellung dazu ist, sie weiss es gibt kein drittes.
Es wäre jetzt müssig meine Gründe zu erklären muss ich nicht
Wieso wird dieses Thema wieder angesprochen ???
Wieso sagt eine fremde Frau, die überhaupt keine Ahnung davon hat, wie wenig sich meine Frau um unsere Kinder kümmert, die meine Frau 1 Stunde in der Woche sieht.
Wieso bestärkt sie meine Frau im Wunsch zu einen dritten Kind. Bei unserer ersten Tochter habe ich mich nicht getraut die Wohnung zu verlassen und wenn ich musste habe ich unsere Tochter mitgenommen. Ich hätte sie niemals allein mit einer Mutter gelassen, die kurz davor war Ihre Tochter vor die Wand zu schmeissen. Und meine Frau hat mir irgendwann mal später bestätigt, das sie so gedacht hat.
Ich bin derjenige gewesen der Nacht für Nacht aufgestanden ist.
Alles das weiss die TP und sie ist der Meinung nach 50 Stunden hat sich alles geändert???
Ich sehe hier keine wirkliche Änderung.
Also wäre es mal schön gewesen, solch ein Thema auch mit dem Partner abzuspechen.
Denn die 2 Wochen Krise habe ich hier....
Und glaube mir, das ist nur ein Punkt
Zen
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Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von Zen »

Hallo Susan, Metatron und FönX

erstmal zu Dir Susan. Danke für Deinen Bericht.

Ich kann deine Sichtweise gut nachvollziehen
Ich möchte auch nicht das mein Mann bei den Gesprächen mit meinem TP dabei ist.
Es gibt auch in einer langen Partnerschaft, Dinge die mein Mann nicht wissen muss und umgekehrt.

Jeder soll seinen Freiraum haben, die Gedanken sind frei.

Das Problem sehe ich im meiner Situation aber anders als Du.
Villeicht liegt es auch daran, das Frauen mit psychischen Krankheiten anders umgehen, als Männer.
Wir Frauen gestehen uns schneller ein, dass wir Krank sind und Hilfe brauchen.

Bei meinem Mann war es jedenfalls so.
Es hat Jahre gedauert, bis er sich eingestanden hat, das er Hilfe braucht und nochmal Jahre bis er sie dann unter Druck von mir auch endlich in Anspruch genommen hat.
Da waren wir aber erstmal nur bis zum Hausarzt vorgedrungen. Denn seine körperlichen Beschwerden, waren nur eine Täuschung, in Wahrheit war die Seele krank.
Es hat dann nochmals Jahre gedauert bis er dann endlich in eine Psychische Klinik ging.
Es war auch für mich ein Kampf bis dahin, denn es lagen vom " Merken, das was nicht stimmt", bis zur Klinik 13 J. dazwischen.

2007 der erste Aufenthalt vom 6 Mon. und 2009 der zweite Aufenthalt von 6 Mon.

2007 erlaubte mir mein Mann mit seinem Arzt zu sprechen, in seinem Beisein.

Mein Mann schilderte seine Situation natürlich aus seiner Sicht.
Ich aus meiner, aber dazwischen lagen Welten.

Ich wäre froh, wenn meine Mann sich öffnen könnte und seine Probleme mit einem guten TP besprechen würde.
Aber das tut er nicht.

Das die Krankheit einen Menschen verändert ist die eine Sache, dass er aber nach seiner Entlassung nur an sich dachte und alles was früher zwischen uns geteilt wurde, für Ihn garnicht mehr relevant war ist die Andere Seite.

Ein TP. sollte den Kranken unterstützen, seine Stärken wieder stabilisieren und seine Schwächen ausgleichen. So stelle ich mir eine Therapie vor.

Ich glaube heute das mein Mann, seinem TH genau das erzählt hat, was der Tp. hören wollte.

Ich wurde 07 mochmals zu einem dreier Gespräch eingeladen und da habe ich dem TP gesagt das es nicht so gut läuft, wenn mein Mann an den Wochenenden zu Hause ist.
Der TP war sehr überrascht, nach Aussage meines Mannes klappte alles super und prima.

2009 hat mein Mann mich garnicht erst gefragt. Mein Bitten doch mit seinem TP sprechen zu wollen, lehnte er ab.

Ich darf mir seit 2007 anhören, das sein TP Ihm geraten hat, mehr an sich zu denken und auch mal nein zu sagen.
Hat mein Mann Urlaub, dann hat er Urlaub. Ist er krank, dann ist er krank.
Geht er arbeiten, dann geht er arbeiten.
Soll heißen, er macht, was uns beide betrifft, keinen aber wirklich keinen Handschlag.
Ich erledige seit Jahren seine Angelegenheiten mit, also alles was in einem 2 Personen Haushalt anfällt. Darum bin ich jetzt selber in Therapie.

Das was ich möchte, soll keine Kontrolle oder Einmischen in sein Leben sein.
Nur mein Mann kam als Egoist nach hause, der er vorher nicht war.

Metatron ( ich zitiere Dich hier mal ) hat in einem Bericht geschrieben, die TP seiner Frau hat zu Ihm gesagt, als er fragte wie das Familienleben mit zwei Kindern denn aussehen soll, wenn er seiner Arbeit nachgeht, dann müsse er zur Entlastung seiner Frau Hartz 4 akzeptieren.

Das kann doch nicht der Sinn einer Therapie sein?
Viele im Angehörigen Teil haben ähnliche Erfahrungen gemacht.

Ich will hier nicht die Arbeit der Therapeuten verteufeln, dass ist nicht meine Absicht, aber woher soll der TP wissen, ob das, was der Patient erzählt der Wahrheit ist und nicht nur seine Wahrnehmung.

Mein Mann ist seit März wieder zu Hause, er hat sich keinen TP gesucht. Er nimmt seine Medikamente und geht wieder arbeiten.
Seit 14 Tg hat mein Mann Urlaub und diesen verbrachte er zu 95% im Bett.

Hallo FönX mein Mann war nie ein Ja Sager, er gehörte zu den Rebellen, ob in der Familie oder an seinem Arbeitsplatz.
Und die Neins, die ich täglich von Ihm zuhören bekomme, gehen voll auf meine Kosten.

Schönen Abend wünscht euch
Sammie
FönX
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Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von FönX »

Hallo Sammie, hallo Metatron,

danke für eure Antworten. Das wäre dann die X'te Variante. Es ist natürlich sehr unfein und auch unfair, wenn da einseitige Wünsche geschürt werden, die eigentlich beide Partner angehen. Das würde ich mir auch verbitten, oder alternativ mit in die Therapie einbezogen werden. Aber so ist das Scheitern programmiert.

Euch beiden wünschr ich viel Kraft, mit euren PartnerInnen an der Seite euer Leben zu gestalten. Mehr kann ich als Betroffener im Moment nicht dazu sagen.

Alles Gute!
FönX

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otterchen
Beiträge: 5118
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Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von otterchen »

Mal mein Senf als Betroffene dazu:

als Depressive(r) kann man das Leben, das man führt, einfach nicht mehr führen.
Und dieses findet zum Großteil in einer Partnerschaft statt.
Da sind Spannungen vorprogrammiert: während der eine Partner so nicht mehr leben kann, fand der andere Partner bisher alles ok.

Damit der eine aber nicht so tief in seiner Depression versinkt, dass es keinen Ausweg mehr gibt, muss sich etwas ändern.
Und das stellt viele Angehörige vor ein riesiges Problem, da sie selbst massiv betroffen, in Frage gestellt, mit anderen Augen betrachtet werden.

Also... Angehörige(r) möchte ich auch nicht sein, ganz ehrlich
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Metatron

Nochmal zur Info

Beitrag von Metatron »

Es geht zumindest in meinen Bereich einfach darum, daß die Partnerin mit der Therapie einfach ein sehr egoistisches Verhalten sich angeeignet hat. Mir wäre es egal, ich kann mich wehren. Aber die Kinder können es nicht.
Und es verwundert sehr, das eine TP, zwar das auf sich selbst achten predigt, aber dabei vollkommen vergisst, dass bei kleinen Kindern dieses nicht gilt.
Selbst ich gehe vor, aber davor stehen nochmal die Kinder.
Es sind halt immer die blöden Kleinigkeiten. Mir ist vollkommen klar, bevor ich esse, haben die Kinder was, haben wir wenig, gebe ich den Kindern.
Ich habe noch nie den Kids irgendwelche Süssigkeiten weggegessen, brauche ich einfach nicht. Meine Frau ist in diesen Bereichen inzwischen sehr haltlos. Egoismus kann ja sein. Ich könnte sogar damit leben, wenn meine Frau das letzte Eis vertilgt, wenn Sie dann am nächsten morgen neues kaufen würde. Aber soweit geht ihr empfinden nicht.
Ich kaufe 10 Kinderjoghurts und kann sicher sein, am nächsten Tag habe ich noch 2 und unsere Kids haben am wenigsten davon gegessen.
Ok, jetzt höre ich auch
Zen
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Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von Zen »

Hallo Otterchen,

da sind Spannungen vorprogrammiert.
Da hast Du vollkommen recht.

Aber muss das denn sein?
Es sind bei mir und meinem Mann nicht die großen Probleme, die uns zermürben, sondern der alltägliche Kleinkrieg der stattfindet.

Wer klärt mich denn als Angehöriger auf,wie ich mit meinem depressiven Mann umzugehen habe?

Ich war 2x in sogenannte Angehörigengruppen in der Klinik wo er behandelt wurde.
Ich hörte nur Rücksichtnahme, nicht Überfordern, versuchen zu motivieren und immer wieder Rücksicht. Der Depressive macht es ja nicht aus Absicht.

Da bin ich mir manchmal, aber garnicht so sicher, ob nicht doch eine gewisse Taktik dahinter steckt.

Das mein Mann und viele andere die eine Depression haben schwer krank sind, dass weiss ich selber.

Vor Jahren hatte ich einen Bandscheiben-
vorfall und ausgerechnet zu diesem Zeitpunk ein neues Bad bekommen.
Altes Bad raus, neues Bad rein. Ist mit viel Dreck verbunden.
Musste trotz Schmerzen, jeden Abend wenn die Arbeiter Feierabend machten, die Bude durchputzen. Sonst wären wir im Staub und Bauschutt versunken.
Mein Mann rührte sich keinen Milimeter von der Stelle. Er hatte seine Depression.
Er sah wie ich mich quälte, aber Hilfe von seiner Seite gleich Null.

Wofür ich 2 Std gebraucht habe, hätten wir gemeinsam in einer 1/2 Std. erledigen können.

Und das alles immer unter dem Deckmantel Depression ?

Ich verlange ja nichts unmenschliches von Ihm.
Er soll auch seinen Teil in unserer Ehe übernehmen.
Er hat natürlich gemerkt, dass es auch ohne Ihn geht. Das es ohne seine Hilfe weitergeht.
Warum soll er sich dann anstrengen, es wird ja irgendwann von mir erledigt. Er braucht nur lange genug warten.
Sein Lieblingssatz ist " Das mache ich morgen ".
Kann das schon nicht mehr hören. Was ist wenn es keine Morgen mehr gibt ?

Eine Therapie sollte da dasetzen und dem Kranken vermitteln, das auch er seinen Anteil beitragen muss.
Oder habe ich hier ein besonders Exemplar der Gattung Depressionkranker zu Hause sitzen?

Von mir erwartet man Rücksicht und was ist mit Ihm?
Nimmt er Rücksicht auf mich ?
Leider werde auch ich älter und es fällt mir immer schwerer, diese Doppelbelastung.

Was ist wenn ich ausfalle, so krank werde das nix mehr geht. Versinken wir dann im Chaos ?
Möchte garnicht darüber nachdenken.

Darum bin ich der Meinung, das bei der Therapie einiges falsch läuft und viele Therapeuten am realen Leben vorbei therapieren.

Beweißt mir einer, nur einer, das Gegenteil.

Einen schönen Sonntag wünscht euch
Sammie
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von otterchen »

Sammie,

ohne Deinen Mann zu kennen, vielleicht ein Versuch der Erklärung:

es geht nicht

Es ist, als würde man in einem Rollstuhl sitzen, und da kommt jemand an und sagt "du hast doch 2 Beine, also steh auf und geh".

Es geht nicht!

Und durch die Haltung des Partners (du könntest mir auch helfen, ich muss das hier alleine machen, du lässt mich im Stich) kommt noch das schlechte Gewissen hinzu, die Selbstvorwürfe, das totale innere Selbstzerfleischen.

Funktionieren? Geht nicht mehr.
Ja, wir haben einen Kopf, können aber nicht mehr "richtig" denken.
Ja, wir haben Hände, aber die können irgendwie nicht mehr zupacken.
Ja, wir haben Beine, aber sie tragen uns nirgendwo hin.

Wir fühlen uns wie Versager, eine Nullnummer, ein überflüssiges Anhängsel, eine Last - und das lähmt noch mehr.

Ich selbst musste, während es mir so richtig dreckig ging, einfach nur in einem Zimmer irgendwas aufräumen.
"Musste", das kam hinzu.
Es ging nicht. Ich musste raus, den Tränen nah. Der Körper verweigert. Das Herz rast, der Magen wird flau, die Knie werden weich, die Füße wollen einen nur wieder wegtragen.

Es ist vielleicht ein Anfang, wenn man diesem "muss" auf die Schliche kommt:
wenn zuviel "muss" da ist und zuwenig "ich will".
Das hat nichts mit den Angehörigen zu tun! Das hat nichts damit zu tun, dass Euer Partner Euch nicht helfen "will". Aber einen Willen kann man nicht befehlen, und wenn im Kopf des Betroffenen herumgeht "los jetzt, hilf ihr, du musst ihr helfen, du musst das schaffen... (blabla)", dann führt das leider noch mehr zur Lähmung als zu einer Handlung.

Ihr werdet übelst im Stich gelassen, das sehe ich auch so. Und der Therapeut unterstützt das auch noch... für Euch bestimmt nicht nachvollziehbar. Aber es funktioniert anscheinend wirklich nur so, dass zunächst der Betroffene stabilisiert wird und sich von den ganzen äußeren Ansprüchen freimachen und sich sich selbst zuwenden kann.

Ich glaube, ich kann mich glücklich schätzen, dass ich alleine lebe. Dieser therapeutische Lernprozess dauert bei mir mittlerweile seit 2007 - und wenn ich mir vorstelle, dass ein Partner an meiner Seite womöglich auch noch meine Aufmerksamkeit, Unterstützung und Zuwendung "gefordert" hätte - ich hätte es in dieser Zeit wohl nicht geschafft, dahin zu kommen, wo ich jetzt bin. Aber das betrifft nur mich und ist auf andere nicht pauschal übertragbar.
Immerhin habe ich während dieser Zeit auch auf die positiven Seiten einer Partnerschaft verzichtet.
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Zen
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Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von Zen »

Danke Otterchen,

ja, danke für deine Offenheit.

ich weiss wenn ich so reagiere fühle ich mich sehr mies.
Ich habe in den letzten Jahren 10000000 mal versucht mich in seine Lage rein zuversetzten, habe gelesen, gelesen, gelesen.
Habe mir vorgestellt wie es ist wenn ich eine Tief habe und das mal 10000 multipliziert.
Es hat alles nichts genutzt, ich kann mich in die Lage eines Depressiven nicht reindenken.

Daher mag wohl auch manchmal meine wahnsinne Wut kommen.
Bin zwar stinksauer auf meinen Mann, aber in Wirklichkeit auf mich selber, weil ich auch angst vor der Zukunft habe.
Nicht des Geldes wegen, sondern weil wir beide ja von einem ganz anderen Leben geträumt hatten.

Ich fühle mich so machtlos seiner Depression ausgeliefert, dass ich unrechterweise Ihn angreife ( mit Worten ).

Ich kann auch nicht sagen, ob es besser für uns beide wäre, wenn wir uns trennen.
Bin oft soweit, die Brocken einfach hinzuschmeißen.
Soll er doch gucken wie er klar kommt.
Auch sehe ich mich nicht als Heldin oder Samariter, weil ich noch bei meinem Mann bin.
Villeicht ist es einfach nur Verantwortungsgefühl und Hoffnung, das es doch irgendwann mal besser wird für uns zwei.

Darum habe ich mir auch einen TP gesucht, damit ich meine Situation in die ich mich ja selber reinmanövriert habe, besser ausgleichen kann.
Ich habe in unserer Beziehung viele Fehler gemacht, aber zum großen Teil aus Unwissenheit.
Ich dachte ich könnte Ihn mit meinem Power mitreißen, Ihn etwas davon abgeben.
Aber so funktioniert das leider nicht.

Ich bin nicht der Typ der schnell den Kopf in den Sand steckt. Und ich werde weiterhin versuchen das Beste aus unserer Ehe zu machen.
Ich bin gerade dabei, durch meinen TP neu zu lernen, besser mit der Situation umzugehen.
Was sich jahrelang bei mir eingefahren hat, muss erstmal aufgebrochen werden.
Aber ich gebe mir Mühe und will versuchen neue Wege zu gehen, die uns beide nutzen.
Denn 19 J. schmeißt man nicht so einfach weg.

Es grüßt Dich
Sammie
Zen
Beiträge: 201
Registriert: 5. Jul 2010, 11:31

Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von Zen »

Hallo Otterchen,

ich bin´s nochmal.

Du bist Single. Wie bekommst Du denn Deine Depression in den Griff?
Du musst doch auch deinen Alltag irgendwie regeln.
Zu Ämtern, zur Arbeit, Einkaufen, Wohnung in Ordnung halten, eben alles das was so anfällt.

Wie machst Du dass ?

Über eine Antwort würde ich mich freuen.

Lieben Gruß
Sammie
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von otterchen »

Hallo Sammie,

einiges funktioniert noch; ich war nicht auf allen Gebieten "lahmgelegt".
Mit der Arbeit hatte ich sogar die wenigsten Probleme, und dennoch würde ich sagen, dass es jetzt, nach der Therapie, noch besser läuft.
Einkaufen auch, aber Haushalt... ohje!
Das ist nach wie vor meine Baustelle.
Ansonsten bin ich oft auch jemand, der aufschiebt oder sich nicht kümmert oder erst im allerletzten Moment etwas erledigt.
Beispiel: TÜV-Termin: erst ganz zum Schluss, wenn der Monat auf der Plakette schon am Ende ist.

Erst heute ist mir aufgegangen, warum das (unter anderem) so ist: weil mir andere Dinge wichtiger sind (waren). Quasi der Weg zu mir selbst, das Selbst-Bewusstsein, das Stärken meiner Persönlichkeit, das Bearbeiten meiner Verletzlichkeit usw.

Bei manchen dieser typischen Alltagsdinge habe ich aber immer noch diffuse Blockaden in mir, so z.B. beim Treppeputzen. Ganz seltsam.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Metatron

Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von Metatron »

@otterchen

Hmm, mir ist die Problematik des Depressiven sehr bewusst, dadurch das unsere ersten zwei Jahre mit unserer Tochter sehr bewegend waren, ist die Depression meiner Frau nicht wirklich aufgefallen. 2003-2005 waren auch für mich superanstrengend, wir haben so oft mit dem Tod unserer Tochter gerechnet.
Die Depression wurde erst erkennbar, als zum ersten mal ein wenig Ruhe eintrat.
Aber....
Die Grundinstinkte, wie z.B. Kaffee für sich kochen, das hat immer funktioniert.
Und nachdem die Medis auch wirken, sollten ja einige Dinge wieder funktionieren. Funktionieren ja auch, so gut, das sie sich damit überfordert.
Ich bin inzwischen derjenige der sie in guten Zeiten etwas bremst (Das habe ich auch lernen müssen) Denn beim nächsten kleinen Problem liegt sie wieder ganz unten. Und dann beginnt meine eigentliche Arbeit. Ich muss rausfinden, was ist denn jetzt gewesen. Denn mit mir reden, darauf kann ich lange warten.
Nochmal, es ist ein Riesenunterschied zwischen depressiven Löchern, wo sie wirklich nichts mehr kann (wo ich dann der letzte bin, der Ihr nicht hilft und sie nicht unterstützt wo ich nur kann. Dann sogar noch ergründe wie kam es zum Loch, was können wir beim nächsten mal besser machen) oder der für mich ganz normalen, da habe ich kein Bock drauf, ich bin depressiv also muss ich nicht. Olaf wird es schon machen.
Glaube mir, den Unterschied kenne ich inzwischen sehr genau.
Ich habe einfach nix davon, wenn jemand arbeiten übernimmt, diese dann aber nur mit den halben Arsch ausführt. Wenn ich eh nacharbeiten muss, dann kann ich es auch selbst machen.
Und nochmal, das schlimmste finde ich, das die TP dieses Verhalten unterstützt, nicht mal ansatzweise darüber nachdenkt, in dieser Familie leben auch zwei Kinder.
otterchen
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Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von otterchen »

Hallo Metatron,

das ist bestimmt schwierig und belastend, besonders wenn sich der Partner auf der Depression "ausruht".
Ich denke dennoch - von mir ausgehend! - nicht, dass es was mit dem bewussten Willen zu tun hat ("lass ihn mal arbeiten"), sondern dass es wirklich nicht geht, aber das ist bestimmt auch von Fall zu Fall unterschiedlich.

Wie gesagt: in der Haut eines Angehörigen möchte ich auch nicht stecken!
Ob und wieweit der Therapie ein Vorwurf gemacht werden kann, kann ich nicht beurteilen. Es geht zunächst um das Stabilisieren und das "Aufpäppeln" des Betroffenen, und Lernerfolge können manchmal lange brauchen.
Ich arbeite jetzt seit 2007 an mir, und es funktioniert immer noch nicht alles.

Gibt es eigentlich Unterstützung für Angehörige? Sowas wie Selbsthilfegruppen oder was von der Diakonie oder so?
Ihr seid ja auch ziemlich aufgeschmissen: Ihr müsst Euch um Euch selbst kümmern, um Kind & Kegel sowie noch um den Partner.
Dass es da zu Frust, Wut, Ärger, Verzweiflung, Erschöpfung und anderem kommt, kann ich mir gut vorstellen.

Wir Depressiven haben es nicht leicht mit uns, aber Ihr Angehörigen auch nicht.
Vielen Dank, dass ich Einblick nehmen konnte in die Welt der Angehörigen. Ich schaue sonst sehr wenig hier herein.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Metatron

@Susan

Beitrag von Metatron »

Ich habe Deinen Bericht mit viel Interesse gelesen und wäre sehr glücklch wenn meine Frau solch einen tollen TP hätte.
Leider ist die Realität eine andere.
Obwohl die TP genau weiss, wie meine Einstellung zu einen dritten Kind ist, wird dieses regelmässig zum Thema gemacht. Warum???
Nochmal, wir waren alle gemeinsan zur familienorentierten Reha, dort die Psychologen waren spezialisiert. Und sie haben gesehen, das meine Frau dringend Hilfe bei Ihren Kindern braucht. Nochmal ich brauche Sie nicht, ich mache seit Jahren eine gute Miene zum Spiel. Mich nerven diese ganzen Aktionen.
Du hast selbst zwei Kinder....

Darf ich dich einfach mal fragen?
War es Dir egal wie Deine Kinder auftreten, ob sie ordentlich gekleidet sind, ob sie morgens die Haare gekämmt haben, ob sie in der Wäsche Hochwasser haben. Alles Dinge die muss ich als Mann jeden morgen überprüfen. Selbst 3 Jahre Erziehungshilfe ergeben dort keine Besserung.
Schlafen bis zur letzten Sekunde. Wecker klingelt morgens ab 6.30 Uhr. Ich bin dann wach, meine Frau schafft es bis zur letzten Stressekunde liegen zu bleiben.
Frühstück für die Kinder, hast Du Deinen Kids trotz Depressionen das Essen einfach nur hingeworfen.
Komisch, ich decke morgens den Tisch, auch die Idee den Tisch am abend vorher zu decken wird nicht angenommen.
Nochmal, ich habe Deinen Beitrag gelesen, aber ich bin der Überzeugung Du hast die Grundregeln gekannt.
Wir haben zwei solch tolle Kids, für die darf man platzen vor Stolz, ich spreche immer noch von Wir die haben wir so gut hinbekommen.
Nur bei meiner Frau kommt es nicht an.
Hast Du irgendeine Idee?

Lieben Gruß

Olaf
susan
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Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von susan »

Hallo Olaf,

Deine Situation ist nicht einfach. Es ist bewundernswert, dass Du trotz dieser Schwierigkeiten so gut für Deine Kinder sorgst. Ich kann nicht beurteilen, inwieweit Deine Frau nicht kann oder nicht will, das zu unterscheiden, ist wohl für den Angehörigen sehr schwer.

Gerade, weil man, wenn man in der Depression vieles nicht in Worte fassen kann, was man denkt, fühlt und es hängt auch davon ab, wie gut die Kommunikation ohne Krankheit funktioniert hat (wenn es so eine Zeit überhaupt gab)

Ob ich eine Idee habe? Ich kann Dir hier nur von meinen Erfahrungen berichten und hoffe, dass es Dir ein wenig hilft. Es gab bei uns eine lange Zeit, in der ich nicht wußte, was mit mir los war. Kein Arzt erkannte die Depression so befanden wir uns in einer Ungewißheit, die für beide Seiten schwer auszuhalten war. Man konnte auch nicht darüber reden, weil man ja gar nicht wußte, was das alles zu bedeuten hatte.

Für mich und auch für meine Familie war dann die Diagnose, die Einnahme der AD's und die Therapie wie eine Erlösung, aber denke jetzt nicht, dass damit unsere Schwierigkeiten aufhörten. Aber man hatte was in der Hand, wußte, wo man sich informieren konnte und fand ein paar wenige Erklärungen für die vielen Symptome, die mich jahrelang begleiteten.

Bei mir war es so, dass ich jahrelang sehr gut funktionierte. Wir haben auch 2 super Kinder, an deren Erziehung wir beide beteiligt waren. Ich investierte all meine Kraft in die Familie, den Beruf und wie ich schon schrieb, dachte ich da sehr wenig an mich und das Resultat waren psychosomatische Beschwerden, wobei ich heute erkannt habe, dass mein Körper mich damit aufmerksam machen wollte, dass irgendetwas an meinem Lebensstil nicht stimmte.

Der Zusammenbruch kam 2001. Ich konnte von einem Tag auf den anderen nicht mehr arbeiten, hatte an nichts mehr Interesse, konnte mich über nichts mehr freuen und dass ich dann in einer Klinik war, schrieb ich ja schon.

Die Kinder.... ich konnte mich auch um sie nur wenig kümmern, fühlte mich kraftlos, traurig, nutzlos und sah auch keinen Sinn in meinem Leben. Mein Mann übernahm in dieser Zeit 80% des Haushaltes und um die Kinder kümmerte auch er sich hauptsächlich.

Ich war wie in einer anderen Welt. Mir fehlte das glückliche Gefühl, eine Familie zu haben und meine Kräfte waren durch all die Jahre, in denen ich verzweifelt versuchte, meine Fassade aufrecht zu erhalten und ein "normales" Leben zu führen, aufgebraucht.

Es waren Jahre, die dieser Zustand anhielt. Am Anfang waren keinerlei Fortschritte zu erkennen und mein Mann hielt dennoch zu mir, kümmerte sich um die ganze Familie. Ich war sehr bemüht, an der Situation etwas zu ändern. Und das finde ich ganz wichtig. Will Deine Frau an Ihrem Zustand etwas ändern? Könnt Ihr über Eure Wünsche und Bedürfnisse reden. All das konnten wir damals nämlich nicht.

Mein Mann war noch nie der Mann der großen Worte und ich konnte mich nicht öffnen, weil meine Gefühle von der Depression zugedeckt waren. Es war auch von Trennung die Rede, weil mir Familie auf einmal zuviel war, weil ich mir nicht vorstellen konnte, jemals wieder die Kraft dafür aufbringen zu können.

Aber wir haben uns dann immer wieder gefunden. Kleine Fortschritte hielten die Beziehung am Leben. Ich hatte starke Schuldgefühle meinem Mann gegenüber, kam mir vor wie ein Faulpelz und Nichtsnutz vor und sah die anderen Paare, die scheinbar glücklich miteinander lebten, aber ich hatte das Gefühl, ich schaffe nie, das es wieder anders wird.

Die 9 Jahre von der Diagnose bis heute waren schwere Jahre was die Familie angeht. Für meinen Mann war wichtig, zu sehen, dass ich was tue für meine Gesundung und zu wissen, dass ich Besserung wollte. Das war ja am Anfang nicht so, weil mir mein Leben nichts mehr wert war.

Wie mein Weg dann weiterging schrieb ich schon. Es war auch wichtig für mich, Kontakte zu Betroffenen aufzunehmen, denn mein Mann verstand ja nur zum Teil, was sich in mir abspielte. Und wie gesagt, vieles begriff ich selber noch nicht. Ich schrieb hier im Forum, und es war wie Therapie für mich, zu spüren, ich bin nicht alleine mit meiner Krankheit und ich schrieb hier viel meinem Kummer und meinen kleinen Erfolgen rein. Der Austausch mit den anderen Betroffenen machte mir wieder Hoffnung, nebenbei machte ich ja meine VT und gründete 2003 eine Selbsthilfegruppe, die ich einmal wöchentlich besuchte.

Wenn ich zurückblicke, kann ich schon sagen, dass sich vieles geändert hat. Nach und nach konnte ich mich wieder mehr an der Hausarbeit beteiligen und die Gefühle für meine Kindern und meinen Mann kamen auch wieder. Alles, was ich erkannte, versuchte ich meinen Mann mitzuteilen, merkte aber, dass er nur einen winzigen Teil verstand.

Mein Mann hat mich nie gedrängt, wieder Aufgaben zu übernehmen und machte mir somit keinen Druck. Dafür bin ich ihm sehr dankbar, Schuldgefühle und ein schlechtes Gewissen hatte ich aber trotzdem. Wie gesagt, ich finde es schwierig für die Angehörigen, einzuschätzen, was der Betroffene einfach nicht kann und wo er noch die Möglichkeit hätte, mehr zu tun, wenn er nur wollte. Ich konnte lange Zeit vieles einfach nicht.

Ich glaube, es ist wohl das Wichtigste, dass man sich austauscht über das, was einen stört - ohne Vorwurf - und was man sich vom anderen wünscht. Das haben wir erst in der Paartherapie gelernt. Wir haben uns einmal in der Woche Zeit füreinander genommen und ein sogenanntes "Beziehungsgespräch" geführt. Was ist mir in der Woche positives am anderen aufgefallen? Wie fühle ich mich gerade? Wie geht es mir mit dem Verhalten des Partners? Und was wünsche ich mir von ihm/ihr?

So haben wir gelernt, dem anderen zuzuhören, konnten besser verstehen, warum er in dieser oder jener Situation so oder so reagiert hat usw. Ich weiß nicht, inwieweit Kommunikation ein Problem zwischen Euch ist. Aber vielleicht wäre es auch ein Weg für Euch, zu so einer Paartherapie zu gehen?

Wenn sie gerne länger im Bett liegt, okay, dann bist Du halt derjenige, der den Frühstückstisch deckt. Könntest Du das akzeptieren? Vllt bringt sie sich an anderer Stelle mehr ein und entlastet Dich. Oder sind ihr die Kinder, die Familie gleichgültig?

Nur an sich denken, geht in einer Beziehung nicht, das ist klar. Aber durch die Krankheit kann es Einschränkungen geben, wo ein Partner mehr gefordert ist als der andere. Und gerade bei Depressionen ist das keine Sache von Wochen, sondern oft von Jahren. So wie es bei uns war.

Versuche mit ihr zu reden. Rede davon, wie es dir geht, mit ihrem Verhalten, sage ihr, was du erwartest von der Beziehung für die Kinder und für dich - ohne Vorwürf - nur als Wunsch formuliert. Dann hat sie die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge zu erklären. Oder gab es solche Gespräche schon?

Soweit meine Erfahrungen.... sie sind nicht allgemeingültig, weil wir Menschen halt sehr verschieden sind und die Depression viele Facetten hat. Freue mich auf deine Antwort! Wenn Du noch Fragen hast - gerne!

Liebe Grüße
Susan

edit:
Hier noch ein Artikel, der extra für Angehörige geschrieben ist.

http://www.zeitzuleben.de/artikel/famil ... ionen.html


otterchen
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Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen!

Vielleicht... hm, nur eine Idee am Morgen:

Was ist mit dem Buch "Schattendasein" (das ist aus diesem Forum hier entstanden), wäre das eine Möglichkeit, das Verständnis zwischen beiden Seiten zu vergrößern?

http://www.amazon.de/Schattendasein-Das ... 438&sr=8-5

*mein-ja-nur*
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Laura.M
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Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von Laura.M »

Hallo Metatron,

es ist schwer, jemanden dezent mitzuteilen, was man wirklich denkt. Aber nur ein offener und ehrlicher Gedankenaustausch kann einem vielleicht wirklich weiterhelfen. So ist meine Einstellung. Außerdem ist es sehr schwer, sich einen Überblick zu verschaffen, bei diesem Bruchteil von Informationen… und alles kann man ja auch nicht lesen; es wird dann meist zuviel. Ich versuche mich nun auch kurz zu fassen. *lächeln*

Als ich deinen Beitrag las, meldete sich sofort mein Bauchgefühl. Ich denke nicht, dass alles Verhalten grundsätzlich nur mit der Depression zu tun hat. Umso mehr Beiträge ich lese, erkenne/vermute ich eine gewisse Logik im Verhalten. Außerdem sehe ich meistens mehrere Ursachen gleichzeitig für ein Handeln verantwortlich.

Die Sache mit den Süßigkeiten, Eis und dem Joghurt klingt nach Eifersucht auf eure Kinder.
Vielleicht ein Wunsch nach mehr Aufmerksamkeit von dir? Es scheint mir so, als würde sich deine Frau von dir wohl manchmal ähnlich wie ein Kind behandelt fühlen und dementsprechend reagieren. Sozusagen wie ein innerer Trotz oder ein inneres Aufbegehren gegen dich… „du behandelst mich wie ein Kind, also sollst du mich so erleben.“ Als Egoismus würde ich solches Handeln nicht sehen, denn du kannst ja jederzeit diese Sachen im Laden kaufen. Wäre es nicht der Fall und ihr müsstet aus irgendeinem Grund mit dieser Essenration über einen gewissen Zeitraum auskommen, dann würde ich solches Handeln als Egoismus sehen. Aber ich kann mich natürlich auch total irren…

Das geschilderte Verhalten von der Therapeutin finde ich verantwortungslos. Wie kann sie deiner Frau solche „Flusen“ mit dem dritten Kind in den Kopf setzen, wenn deine Frau mit den zwei Kindern schon überfordert ist? Haben sie dir dazu eine Begründung gegeben, warum ein drittes Kind?

[Das erinnert mich an einen Nachbarn. Er hatte einen großen Hund und sie liebte auch Hunde. Da er aber fast alles für den Hund erledigte, weil er es so gewohnt war, fühlte sie sich ausgeschlossen. Ich muss dazu erwähnen, dass beide keine Kinder haben. Irgendwann hatte sie sich gar nicht mehr um den Hund gekümmert, ihn sogar weggestoßen, wenn er in ihre Nähe kam. Etwa ein Jahr später kaufte sie sich einen „eigenen Hund“, wie sie es nannte. Sie versorgte ihren kleinen Hund wirklich gut… und ihr Partner musste sich da völlig rausnehmen laut ihrem Wunsch.

Du verstehst sicherlich, was ich mit diesem Beispiel sagen will. Vielleicht fühlt sich deine Frau ausgegrenzt, weil du irgendwann alle Pflichten für die Kinder übernommen hast/übernehmen musstest. Das dritte Kind zu versorgen wäre dann IHRE Aufgabe. So stelle ich mir das vor. Aber dann müsste doch die Therapeutin der Meinung sein, dass es jetzt IHR Kind wird und die anderen beiden Kinder DEINE sind, zumindest was den Aufgabenbereich betrifft. Ein Kind sozusagen als „therapeutisches Mittel“, nach dem Motto „es wird schon gut gehen“, das fände ich gefährlich und ich würde mich auch nicht dazu hinreißen lassen. Da kann ich dich gut verstehen.]

Auch die Aussage der Therapeutin mit Hartz IV… es ist der blanke Wahnsinn. Wer außerdem einmal Sozialleistungen über einen längeren Zeitraum bezieht, der kommt aus dieser Situation oft nicht so leicht heraus.

Alles Liebe für dich und deine Familie.

Herzliche Grüße
Laura.M

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erstellt am 24/07/2010 23:34-

Es geht zumindest in meinen Bereich einfach darum, daß die Partnerin mit der Therapie einfach ein sehr egoistisches Verhalten sich angeeignet hat. Mir wäre es egal, ich kann mich wehren. Aber die Kinder können es nicht.
Und es verwundert sehr, das eine TP, zwar das auf sich selbst achten predigt, aber dabei vollkommen vergisst, dass bei kleinen Kindern dieses nicht gilt.
Selbst ich gehe vor, aber davor stehen nochmal die Kinder.
Es sind halt immer die blöden Kleinigkeiten. Mir ist vollkommen klar, bevor ich esse, haben die Kinder was, haben wir wenig, gebe ich den Kindern.
Ich habe noch nie den Kids irgendwelche Süssigkeiten weggegessen, brauche ich einfach nicht. Meine Frau ist in diesen Bereichen inzwischen sehr haltlos. Egoismus kann ja sein. Ich könnte sogar damit leben, wenn meine Frau das letzte Eis vertilgt, wenn Sie dann am nächsten morgen neues kaufen würde. Aber soweit geht ihr empfinden nicht.
Ich kaufe 10 Kinderjoghurts und kann sicher sein, am nächsten Tag habe ich noch 2 und unsere Kids haben am wenigsten davon gegessen.
Ok, jetzt höre ich auch
sunshine45
Beiträge: 685
Registriert: 16. Sep 2008, 14:26

Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von sunshine45 »

Hallo in die Runde,
ich möchte auch noch etwas beitragen, was ich vom Therapeuten meines Ex-LG vor kurzem mitbekommen habe. Mein Ex-LG hat ja nach 6-7 Stunden die Therapie selbst abgebrochen, weil er erstmal verarbeiten wollte, was er dort über sich erfahren hat.
Aber ganz fest hat sich bei ihm seitdem eingebrannt SEIN DING zu machen.
Der Therapeut hat ihm geraten ganz unbeirrt seinen Weg zu gehen und nur noch das zu machen, was er für richtig hält.
Daraus resultierte kürzlich wieder eine Aktion, die mich sehr verletzt hat. Als ich ihn darauf angesprochen habe, hat er gesagt:
Ich tue und lasse was ich will und es ist mir völlig egal, ob ich Dich damit verletze!

Wie Ihr Euch vorstellen könnt, war ich ziemlich baff, habe kräftig geschluckt und ihm diesen Satz noch einmal wiederholt und ihn gefragt, ob er das wirklich so meint!

Er hat das dann noch einmal bestätigt. Ich muss dazu noch sagen, dass mein Ex-LG auch eine schwere Persönlichkeitsstörung hat, wie sich jetzt im nachhinein herausgestellt hat, aber in den Therapiestunden ging es um seine Depressionen. Und direkt in der 1. Stunde wurde ihm damals gesagt, dass er nur noch das tun solle was ihm gut tut.

Diese Einschätzung die viele von Euch hier haben, dass man in der Therapie zum Egoisten gemacht wird, die kann ich in sofern schon teilen!

Aber ich finde, dass man als Angehöriger nicht immer alles mit der Krankheit entschuldigen darf. Irgendwann muss man selbst auch Grenzen setzen.

Liebe Grüße
von der Koboldin
Love it, leave it or change it!
Blondie2511
Beiträge: 49
Registriert: 23. Nov 2009, 08:10

Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von Blondie2511 »

Hallo,

und genau vor diesem eingeredeten Egoismus oder doch neues Selbstvertrauen? habe ich Angst(daher auch mein Thread "stationärer Aufenthalt gleich Trennung?) bei meinem LG kann ich die kleinen Veränderungen noch nicht so genau einstufen. Bsp. wenn wir Händchenhaltend spazieren gehen nimmt er meine Hand jetzt anders und sagt zu mir "wer den Daumen oben auf der Hand hat ist der dominante Teil in der Beziheung" (ist mir bis dahin nicht bewußt gewesen das ich meinen Daumen bisher oben hatte) oder er sagt "ich bin ich u. gehöre nur mir" (wenn ich sage du bist mein Schatz)

Ist das Egoismus o. nur neues Selbstvertrauen???
In diese Richtung kann ich schon eine kleine Veränderung nach 3,5 Wochen stationären Aufenthalt erkennen.

Gruß
Mo
Laura.M
Beiträge: 86
Registriert: 12. Jul 2010, 11:49

Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von Laura.M »

Liebe Koboldin,

es steht die Frage im Raum, ob bei der Therapie die Partner zu Egoisten gemacht werden. Dazu möchte ich mich gern auf deinen letzten Beitrag beziehen.

Es heißt doch immer: „Den anderen kann man nicht ändern, aber sich selbst.“ Also wäre es nicht besser, darüber nachzudenken, wie man damit als Angehöriger umgehen sollte? Denn die Therapie-Verfahren werden wir höchstwahrscheinlich nicht so schnell ändern können.

Deinem Schluss-Satz: „Aber ich finde, dass man als Angehöriger nicht immer alles mit der Krankheit entschuldigen darf. Irgendwann muss man selbst auch Grenzen setzen“, kann ich nur zustimmen. Ich vermute, es geht dir mehr um ein respektvolles Miteinander und weniger um die Durchführung von Arbeiten. Du schreibst, du hast keine Selbstliebe mehr. Du bist so eine liebe Person, das weiß ich mit Sicherheit, ohne dich persönlich zu kennen. Ich würde dich einfach gern mal ganz lieb drücken (ein „Überraschungsangriff“ *lächeln*). Liebe dich, so wie du bist!

Wenn ein Depressiver tun soll, was ihm gut tut, daran kann ich nicht mal was Negatives finden. Denn die Therapeutin sagt doch sicherlich nicht, dass er respektlos mit dir umgehen soll und dich derart verletzen darf, oder? Vielleicht liegt es ebenso an der fehlerhaften Umsetzung. Ich würde dann der Therapeutin in einem kurzen Schreiben freundlich meine Sicht der Dinge darlegen.

Ich denke/hoffe, es gibt auch gute Therapeuten. Obwohl sich mein Freund auch während der Therapiezeit meiner Meinung nach negativ veränderte, indem er oft schnell stark gereizt war (womit ich oft gar nichts zu tun hatte). Außerdem war er unkonzentriert und wirkte bei den Gesprächen oft abwesend. Darum wollte ich diese Gespräche eher beenden, was ihm aber auch missfiel. Diese Info, dass er da durch muss, dass es normal ist bei dem Therapieverlauf, hätte man mir als seine Hauptkontaktperson geben müssen. Schließlich hat er mich angegeben… und wozu wird denn dann nach meiner Identität gefragt, nur für den Fragebogen? Ich hätte mit Sicherheit besser reagieren können, indem ich z. B. sein Verhalten nicht so persönlich genommen hätte. Wer bitte kann immer ruhig bleiben, wenn man die Hintergründe nicht kennt?!

Im Internet habe ich nachgelesen, dass viele Beziehungen nach der Therapie kaputt gehen, mit der (meiner Meinung nach… falschen) Begründung, weil der depressive Partner kein notorischer „Ja-Sager“ mehr ist, was in seinem Umfeld auf Unfrieden stößt. Ich kann dazu nur anführen, dass mein Freund (auch vor seiner abgebrochenen Therapie) zu mir schon öfters „nein“ gesagt hat, wenn er was nicht wollte. Das ist ja auch in Ordnung so. Dagegen habe ich feststellen müssen, dass er bei allen anderen nicht „nein“ sagen konnte (zumindest höchst selten). Ehrlich, diese Tatsache hat mich manchmal schon verletzt… aber dann habe ich mir wieder gesagt, er braucht das zur Stärkung seines Selbstbewusstseins… und bei mir spürt er ja, dass ich ihn liebe und achte.

Als wir uns vor längerer Zeit mal was vereinbart hatten, was für mich sehr wichtig war, und er mich dann trotzdem sozusagen versetzt hatte, weil zwischenzeitlich ein Bekannter was von ihm wollte, da beschwerte ich mich bei ihm (okay, ich hatte mit ihm geschimpft, weil mein Geduldsfaden gerissen war). Aber er war echt nur wegen einer Nichtigkeit (was er selbst zugab) für den anderen sofort zur Stelle. Viele nutzten bisher seine Gutmütigkeit aus und seinen Wunsch, von den anderen anerkannt zu werden. Jedenfalls, anstatt sich mit mir zu vertragen, reagierte er derart stur, dass er sehr viele Tage nicht ans Telefon ging und mir zwischenzeitlich eine Mail schickte mit dem Inhalt „er habe noch ein Leben außerhalb unserer Beziehung“. Das traf mich dann nochmals hart, denn wir hatten beide viel Freiraum… und ich habe auch nie viel von ihm erwartet (aus meiner Sicht gesehen). Ich habe es seiner Krankheit angerechnet und sein Verhalten versucht zu verstehen.

Sein Ansehen bei den anderen war ihm nur wichtig. Mit mir ging er nicht mehr so sensibel um, als er spürte, dass ich ihn nicht so schnell verlassen würde. Vorher verhielt er sich anders. Kannst du dir vorstellen, wie ich mich fühlte (um ein Beispiel zu nennen), als er mich nicht zum Frauentag gratulierte, aber die anderen Frauen in unserem Chat? Das hatte ich ihm beim anschließenden Telefongespräch offen gesagt und er schickte mir daraufhin am nächsten Tag eine SMS als Entschuldigung. Ich bin der Meinung, dass solches Verhalten nichts mit Depressionen zu tun hat. Ich stand immer zu ihm und machte mir Gedanken, wie ich ihm was Gutes tun kann.

Ich bin der Meinung, wenn unsere sensiblen Partner von uns viel Verständnis und Taktgefühl erwarten, könnten sie uns zumindest das auch entgegenbringen (auf jedem Fall in dem Maße, wie sie es bei den anderen Leuten tun). Oder? Ich spreche nicht von Mithilfe bei der Verrichtung von Arbeiten, wenn es ihnen gar nicht gut geht. Ich bin der Meinung, wir lassen es uns bieten und darum können sie mit uns so umgehen. Wenn ich mir manches hier so durchlese, rechnen doch viele Partner solch unsensibles Verhalten einfach der Krankheit an, damit es nicht so weh tut. Oder irre ich mich?

Alles Liebe für dich… lass dich nicht unterkriegen. Nicht vergessen, deine Gesundheit ist dein höchstes Gut! Ich fühle mit dir.

Herzliche Grüße
Laura.M



Nachtrag: Ich hoffe. Metatron nimmt mir meine Antwort nicht übel. Es ist lediglich meine persönliche Meinung… sorry.

Allen hier im Forum eine gute Woche und passt immer gut auf euch auf!
sunshine45
Beiträge: 685
Registriert: 16. Sep 2008, 14:26

Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von sunshine45 »

Es gibt nebenan bei Umgang mit der Krankheit einen wichtig Beitrag:
Das Forum am Rande des Depri-Universums

Ich glaube das könnte für den ein oder anderen von uns auch sehr wichtig sein, hinsichtlich der erkrankten Partner.

In meinem Fall hat mir die Erklärung sehr geholfen und sie trifft es zu 100%.

Liebe Grüße
... und das Leben ist doch schön, man muss nur die Augen aufmachen
die Koboldin
Love it, leave it or change it!
BettyM
Beiträge: 77
Registriert: 9. Mai 2010, 23:14

Re: Die Therapie, Fluch oder Segen für uns Angehörige

Beitrag von BettyM »

Danke Koboldin

Ich hatte schon überlegt, den Dr. Niedermeier zu fragen, ob dieser Beitrag nicht -etwas umformuliert- auch ins Angehörigenforum sollte.
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