Umgang mit depressivem Mann?

sunshine45
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von sunshine45 »

Liebe Analena,
das ist eine schwere Situation momentan für Euch Beide.
Aber Du hast Babi gefragt wie es denn besser werden kann durch die Distanz, ich glaube dazu kann ich Dir auch etwas sagen.
Zunächst einmal hilft die Distanz das die Gemüter sich wieder beruhigen, das ist ja grundsätzlich so. Wenn man sich einmal räumlich verändert hat, so sieht man viele Dinge auch etwas anders.
Dann ist es jetzt ganz wichtig, dass Du auch für Dich zur Ruhe kommst und nicht durch ihn unter Dauerbeschuss stehst. Manchmal werden die Situationen so schlimm, dass man machen kann was man will und der depressive Partner alles aber auch absolut alles völlig falsch interpretiert. Worte, Gesichtsausdrücke, Taten alles aber auch absolut alles ist falsch und man zweifelt dann als Angehörige auch an sich selbst.
Daher kannst Du Dich jetzt mal auf eine Zeit freuen in der Du Luft holen kannst und nicht auf dem Weg nach Hause schon darüber nachdenkst, was Dich jetzt zuhause erwartet. Es erwartete Dich Ruhe und Geborgenheit in Deinen eigenen 4 Wänden, eine schöne Vorstellung oder?

Bei Deinem Freund wird es bestimmt so sein, dass er jetzt nicht mehr einen permanenten Druck spürt. Er merkt ja auch wie Du leidest und möchte eigentlich, dass es Dir gut geht, daher ist oft die Trennung für depressive Menschen der einzige Ausweg um etwas zu ändern. Sie spüren ja selbst, dass sie noch einen langen Weg vor sich haben und die Depression verstärkt sich oft noch etwas, wenn sie merken wie sehr der Partner leidet. Das führt dann auch wieder zu Aggressionen gegenüber sich selbst, weil sie einfach nicht das erfüllen können was von ihnen erwartet wird bzw. was sie selbst von sich erwarten. Wenn die Aggressionen dann so stark werden, muss einfach ein Blitzableiter her und das ist oft der Partner.
Schon allein die Frage wie es ihnen geht, ist ganz oft Druck für sie. Gemeinsame Entscheidungen über Unternehmungen, Einkäufe etc. zu treffen, kann Druck bedeuten ...
Das fällt jetzt alles erstmal bei Deinem Freund weg, auch wenn er vielleicht zunächst in ein tiefes Loch fällt, weil Du nicht mehr da bist. Leicht wird ihm das bestimmt nicht fallen.
Wenn man auf Distanz ist, so kann man sich leichter an neutralen Orten treffen, die auch wieder neue gemeinsame Erlebnisse bringen und man hat auch keine Erwartungshaltung mehr an den Partner wie beim Zusammenleben. Jeder ist für seine eigenen Dinge selbstverantwortlich und für Deinen Freund ist wichtig jetzt wieder eine eigene Struktur in seinem Alltag zu finden.
Und Du brauchst Ruhe, weil Du bestimmt von der letzten Zeit noch völlig erschöpft bist, was nur zu gut nachzuvollziehen ist. Wenn Du etwas ausgeruhter bist, so wirst Du auch wieder anders auf ihn reagieren, andere Fragen stellen, gelassener sein können und vielleicht sogar auch feststellen, dass Dein neues Leben für Dich erstmal besser ist. Die Zeit wird es zeigen, alles kann oder kann auch nicht passieren ...
Ich wünsche Dir für Dich neue spannende stressfreie Zeiten in denen das Lachen die Oberhand hat ...
Ganz herzliche Grüße
von der Koboldin
Love it, leave it or change it!
Babi
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Babi »

Hallo liebe Analena,

ja, du hast das mit dem "Päckchen" schon ganz richtig erkannt, das ist wirklich so.
Weißt du, bei mir war es nur eine Freundschaft, wo das vorkam und die Distanz hat sehr geholfen.
Ich habe heute einen lieben Kontakt mit meiner Freundin, wobei sie generell sehr weit weg von mir wohnt, was aber nicht schlimm ist.
Weißt du, die Distanz hat mir geholfen, wieder zu mir selbst zu finden und ihr auch, denn sie ist auch depressiv.
Wir haben in der Freundschaft gegenseitig zu viel voneinander erwartet und sind daran kaputt gegangen, daß unsere Erwartungen nicht erfüllt wurden.
Vielleicht geht es deinem Freund auch so.

Weißt du, je mehr man jemand lieb hat, desto mehr erhofft man sich von demjenigen.
Und das kann auch kaputt machen.
Die Distanz läßt einen dann wieder verschnaufen, und man kann sich in Ruhe selbst einiges klar machen und einiges erkennen. So ging es mir und meiner Freundin auch.
Wir konnten nach einer längeren Distanz ganz anders über die Freundschaft und das was war, reden und wir haben so viele Erkenntnisse bekommen.

Es wundert mich nicht, daß dein Freund nicht abgelehnt hat, dich zu treffen oder zu besuchen, du bedeutest ihm immer noch viel. Für ihn ist wie gesagt die räumliche Trennung wichtig, verstehst du.
Er braucht einen Rückzugsraum für sich, um sich nicht eingeengt vorzukommen.
So kann er auch vielleicht wieder Gefühle in sich entdecken, die durch die Nähe, die ihm zu viel war, erstickt worden sind, verstehst du.

Ihr müßt euch jetzt beide Zeit für euch selbst nehmen, nur so könnt ihr zur Ruhe kommen und kann es euch wieder gut gehen.
Glaub mir, es ist genau der richtige Schritt, den ihr tut, auch wenn es wehtut.

Mit meinem Sohn geht es mir ganz gut, denn er ruft an und er kommt morgen übers Wochenende und ich freu mich total, denn er wohnt ja jetzt bei seinem Dad und ich seh ihn nicht mehr so oft, bin über jedes Mal froh, wo ich ihn sehe.

Ich drück dich auch mal!

Schönen Abend Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Analena
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Analena »

Liebe Koboldin, liebe Babi,

ja, ich weiß, ich habt recht.
Ich freue mich jetzt auch wirklich auf MEINE Wohnung. Auf einen Neuanfang da.
Ich gehe gleich hin und messe ein paar Dinge aus weil ich es mir so richtig schön machen möchte.
Und: JA, das ist ein schönes Gefühl, wieder einen Schutzraum zu haben, nicht mehr dieser Achterbahnfahrt seiner Gefühle ausgesetzt zu sein.
Er muss erkennen, dass seine Probleme bestehen bleiben - auch ohne mich. Wenn er das nicht erkennt, ist es besser, dass wir uns trennen. Oder wie hat er gestern in einer SMS geschrieben: Er glaubt, es würde mehr Mut erfordern sich jetzt zu trennen, als zusammen zu bleiben. Wir hätten uns auf Dauer gegenseitig zerstört, denn wir wären zu impulsiv. Früher nannte er das Leidenschaft.
Nun ja, das war seine Antwort darauf, dass ich schrieb, dass ich es schade fände, dass er den Mut zu uns und zu sich nicht mehr hätte.

Wie sagt man so schön? Das "Heft des Handelns" liegt nun bei ihm.
Er weiß jetzt, dass ich glaube, dass er Depressionen hat. Er weiß jetzt, dass ich Depressionen hatte. Und das erstaunlichste gestern war, dass er darauf ganz ruhig reagiert hat, meine Hand gestreichelt hat, als ich ihm das alles erzählte.
Er war allerdings auch sehr müde von seiner Dauerparty am Wochenende - aber irgendwann geht auch der größte Rausch vorbei und dann wacht man auf. Ich glaube, der Aufprall für ihn wird hart, verdammt hart.
Seine Reaktion gestern hatte ich eigentlich erst in ein paar Wochen vermutet - ich war mir fast sicher, dass dies kommen würde, aber nicht so früh.
Aber es ist sicher, wie ihr sagt: Er spürt jetzt keinen Druck mehr, keine Erwartung mehr.
Sogar sein Vater und Stiefmutter scheinen ganz mitgenommen davon zu sein, dass wir nicht mehr zusammen sind. Man glaubt es kaum, aber vielleicht merken sie langsam, dass mit ihm "was nicht stimmt". Nur schade, dass sie die Verbindung zu sich einfach nicht sehen.

Ich weiß nicht, was mit meinen Gefühlen passieren wird, wie schnell ich mich von ihm entfernen werde. Ich weiß nur, dass es kein zurück mehr gibt, wenn er nicht sieht, dass er große psychische Probleme hat und, dass er hierfür unbedingt professionelle Hilfe von Außen braucht.
Es ist also an ihm jetzt. Ich habe ihm soviele Brücken gebaut, für ihn die Bücher gelesen, die er eigentlich lesen sollte, habe ihm schon einen Weg gezeigt, indem ich ihn auf das Thema Depression hingewiesen habe.

Insofern also: Ja, ich brauche jetzt auch Abstand von ihm, auch wenn es immer noch verdammt weh tut und er mir sehr fehlt.
Aber es kann und darf so nicht mehr weitergehen. Ich kann dich, liebe Koboldin, mit dem was du jetzt geschrieben hast in deinem Thread, sehr gut verstehen. Schau dir die Männer in Berlin an und ich werde mir eine schöne Wohnung, ein eigenes Reich einrichten. Und dann werden wir sehen, was passiert...

Ich kann nichts mehr für ihn tun. Nur für mich. Und vielleicht tue ich damit mehr für ihn als mit allem anderen. Ich weiß es nicht.

Ich drücke euch, denke an euch und wünsche auch euch viel, viele Kraft und Lebensfreude und dir liebe Babi wünsch ich ein ganz schönes Wochenende mit deinem Sohn!

Alles Liebe von
Analena
BettyM
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Registriert: 9. Mai 2010, 23:14

Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von BettyM »

Hallo Analena,

weil du so oft die Frage formuliert hast, ob du spinnst, dir etwas vormachst oder dir das alles einbildest, habe ich mir den ganzen Thread noch mal vorgenommen. Als Laie würde ich mich nicht trauen, eine Diagnose zu stellen, aber ich sehe sehr viele Parallelen zu meinem Freund und bei dem gab es ja eine Diagnose Burn-out und zumindest ist es eine massive Überforderung gewesen.

Was ich genau so erlebt habe: Solange es noch "gut" ging, bei kleinen Streitereien weglaufen, ins Auto setzen, lange herum fahren, auf dem Handy nicht erreichbar sein.
Mal heftigste Liebesbeteuerungen, dann wieder: Er wüsste nicht, ob er noch genug für mich empfinden würde, die Liebe wäre nicht mehr so stark wie am Anfang. Widersprüche: Zu meiner Mutter sagte er, wir wären nicht getrennt, es würde nur gerade nicht so gut laufen, dabei war er zu diesem Zeitpunkt schon seit 3 Wochen abgetaucht und ich hatte ihn so lange gar nicht mehr gesehen.
Er behauptete nachträglich, dass es seit September schwierig war. Ja, schwierig war, dass ich seit diesem Zeitpunkt seine Reaktionen und Verhaltensweisen weder voraussehen noch verstehen konnte, wirklich nicht mehr verstand, was da ablief, er aber immer wieder zwischendurch seine Liebe beteuerte und sagte, ich wäre sein Ein und Alles und das Wichtigste in seinem Leben. Das hielt ich nicht für eine Krise, die zur Trennung führen könnte...
Er behauptete, er bräuchte eine ruhigere Frau, Haha, ich bin eindeutig die Ruhigere und Stabilere von uns beiden.
Er hat seiner Mutter klar gemacht, dass er wieder in einer Beziehung leben möchte und nicht nur alleinerziehender Vater sein könnte und hat sich dann dem Druck und der Mißbilligung entzogen, indem er sich von mir getrennt hat.
Er hat behauptet, ich würde ihn zu einer Entscheidung zwingen, zwischen mir und seinem Sohn/Eltern. Als ich dagegen heftig protestiert habe, dass ich das weder verlangt hätte noch wollen würde, kam dann, dass er wüsste, dass ich nie gegen die Anderen gearbeitet hätte.

Ich glaube, das kommt dir alles bekannt vor und ich habe nur deine Aussagen genommen, die ich lesen konnte. Wahrscheinlich gäbe es noch mehr Parallelen... Ich denke also nicht, dass du dir was einbildest.
Dazu passt auch, dass du schreibst, es wäre schonmal schwierig nach einem Umzug gewesen. Im Betroffenenforum war vor einigen Tagen ein Thread zu diesem Thema. Dass Umzug ein sehr hoher Stressfaktor ist und der bei Depressiven das "Fass zum Überlaufen" bringen kann.

Dass es sich bei uns jetzt so positiv entwickelt, habe ich zum größten Teil der Tatsache zu verdanken, dass mein Freund sich gleichzeitig mit der Trennung von mir an einen Therapeuten gewandt hat, dass er verstanden hat, dass er Hilfe braucht und sie angenommen hat. Leider kann man niemanden dazu zwingen oder wieder mal argumentativ überzeugen, sich Hilfe von außen zu holen, auch das muss von selbst kommen.
Von dem Therapeuten kam auch der Schubs zu der eigenen Wohnung.

Ich habe in der ganzen schrecklichen Anfangszeit Abstand gewinnen können, weil ich oft von einer Trennung ausgegangen bin. Solche Ansätze, wie du sie in deinem letzten Post geschrieben hast. Er muss seinen Weg selber gehen, ich kann ihm dabei nicht helfen, von mir will er sich eh nicht helfen lassen. In deinen anderen Posts lese ich inzwischen, dass dir das theoretisch schon klar ist

Erstes Zeichen des Zueinander-Wieder-Findens war, dass er mir die Wohnung zeigen wollte und sagte, wenn es fertig ist, bist du die Erste die eingeladen wird. Passt in die Richtung, dass er dich besuchen will und nicht abblockt im Sinne: Ich bin ja froh, wenn sie weg ist.

Nachdem er die Wohnung langsam wohnlich machte und sich auch immer mehr darüber gefreut hat, hatte ich den Eindruck, dass er da gar nicht mehr raus will und mich gar nicht vermisst. Auf meine Frage dazu kam dann aber, dass er es nicht schön fände, abends mit niemandem mehr über den Tag sprechen zu können und keinen gemeinsamen Ausklang mehr haben zu können. Und da ist er nur drauf gekommen, weil er eben alleine war, seine gewünschte Ruhe hatte oder sich meinen Vorstellungen (=Erwartungen und Forderungen) fügen zu MÜSSEN.

Ich glaube, das meinen wir alle, wenn wir dir sagen, dass Nähe aus der Distanz heraus erst wieder möglich ist und dass alle erstmal zur Ruhe kommen müssen. Mein Freund musste durch das gewünschte Alleinsein erst lernen, dass er es doch schöner findet, wenn ich ihn besuche (Und es ist immer noch Besuch) Und er musste lernen, dass sich die Probleme nicht haben lösen lassen, indem er sich von mir getrennt hat. Aber auch das ging erst, nachdem er das selber durchgezogen/ausprobiert hat. Gesagt hatte ich ihm das in der Zeit, als es schwieriger wurde, leben musste er es selbst.

Man kann es argumentativ nicht klar machen, dass man alles für ihn tun würde und stützen und helfen will. Es wird als Druck empfunden, von dem man sich befreien will.

Deshalb ist deine eigene Wohnung so wichtig, jeder muss nachdenken. Auch du musst dich immer wieder fragen und wirst das auch tun, ob und wie weit du diesen Weg mitgehen willst. Bei jedem widersprüchlichen Verhalten, bei jedem Rückzug, immer wieder fragt man es sich.

Wie du schreibst: Du hast ihm einige Brücken gebaut. Aber ER muss gehen.

Hört sich alles so resignierend an, aber ich finde wirklich, dass es für euch Chancen gibt. Kein Trostpflaster, finde ich wirklich

Ich konnte es nicht wirklich verstehen oder gar leiden, wenn ich gelesen habe: Man soll sich selbst was Gutes tun. Ich hatte so das Gefühl, ich lüge mir selbst was vor. Wie es gemeint war, versteht man erst besser, wenn man das ein bisschen geschafft hat, wieder bei sich selbst anzukommen, Freude zu empfinden bei Dingen, die nichts mit dem Ex/Partner zu tun haben. Das verändert einen dann plötzlich und man ist WIRKLICH nicht mehr das traurige Häufchen Elend, dass denjenigen, der mit einer Depression kämpft, Druck empfinden lässt.

So, der Roman ist jetzt zu Ende...

Du schaffst das alles, bin ich sicher und in deiner eigenen Wohnung wird es dir besser gehen. Und, wie gesagt, danach ist alles möglich

Ganz liebe Grüße
Betty

@Babi: Ich glaube, du machst auch gerade einen ganz schön großen Schritt nach vorne, oder? Wie du mir mal geschrieben hattest: Man ist ja nicht getrennt, sondern die Herzen bleiben zusammen. Das zeigt dir dein Sohn doch gerade
Hast du noch Kontakt mit Mima? Geht es ihr gut?

Ich knuddel dich
Analena
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Analena »

Liebe Betty,

vielen, vielen Dank für deine liebe und ausführliche Antwort. Ehrlich gesagt: Ich hatte deinen Thread auch schon gelesen und dachte, das wir einen ziemlich ähnlichen Partner zu haben scheinen (in meinem Fall Ex-Partner), aber was ich jetzt gelesen habe: Irre, wie ähnlich das Verhalten ist.
Und auch ich bin definitv die Stabilere,stressresistentere von uns beiden. Er hat mal gesagt, dass er meinen Job so wahrscheinlich nicht machen könnte (habe viel Druck, Verantwortung) und deshalb war ich genauso ungläubig zu hören, dass er eine weniger dynamische, augeglichenere Frau bräuchte.
Du hast geschrieben, dass ihr auch wieder wild rumgeknutscht hattet, ja das haben wir auch vor drei Tagen.
Und weißt du was, heute morgen habe ich ihm (Babi, du wirst stolz auf mich sein:-)..) sogar gesagt, dass ich gehofft habe, dass er mich doch noch fragt, ob wir nicht zusammen auf das Konzert gehen wollten. Habe auch gleich noch hinzugefügt, dass ich gar nicht wüsste, ob ich das wollte, aber dass das mein ehrliches Gefühl wäre. Und, dass ich ihm nicht glauben würde, dass er nichts mehr für mich empfinden würde. Stille. Keine Antwort. Statt dessen hat er laut Musik angemacht.

Vorhin ist er wieder aus dem Haus gestürmt, um mit seinem neuen Super-Auto (kleines Cabrio!) abzudüsen. Dann habe ich noch entdeckt, dass er an der Klingel schon meinen Namen weggenommen hat. Und dann habe ich mir gedacht, krank hin oder her, der spinnt, das lasse ich nicht durchgehen. Nicht nur, dass er alles zu Hause stehen und liegen lässt, sondern auch noch das. Dann habe ich ihn via SMS darauf aufmerksam gemacht, dass ich hier noch wohnen würde.

Nun wie auch immer, ich höre jetzt auf wieder alle Details seiner Reaktionen aufzuzählen, die doch immer nach dem gleichen Muster ablaufen.

Die Umzugskartons stehen seit heute bereit. Morgen gehe ich nochmal ins Möbelhaus. Und wisst ihr was: Ich habe die Nase echt voll. Das geht jetzt seit einem halben Jahr so und mein ganzes Umfeld hat mitbekommen, wie schlecht es mir ging. Alle, wirklich alle. Ich habe irre abgenommen, meine Nägel sind nicht mehr vorhanden. Es reicht jetzt.

Die nächste Woche bin ich noch hier, dann kann ich nochmal ein paar Tage bei einer Freundin schlafen und dann ist schon der Tag des Auszugs gekommen.

Weißt du Betty, ja das passt total mit der Zustimmung zu dem Besuch von mir in der neuen Wohnung. Das hört sich wirklich ganz ähnlich an wie bei dir. Und ganz ehrlich ich halte auch alles für möglich.

Ich glaube auch, dass er sehr schmerzlich lernen wird müssen, dass er mich wegschicken kann, aber dass das seine Probleme nicht löst. Genau wie bei deinem Freund.

Wisst ihr, ich bin eigentlich eine sehr lebensfrohe junge Frau voller Elan, Humor, Ehrgeiz, aktiv und anpackend. Über mangelndes Männerinteresse konnte ich mich auch nie beklagen . Habe viele Bekannte und Freunde, habe immer mein Ding gemacht. Bin beruflich meinen Weg gegangen - egal wer was zu mir gesagt hat. Ich bin glücklich mit dem, wie ich geworden bin, wie ich mich entwickelt habe, aber ich habe auch viel dafür getan. Insbesondere nach dieser Kindheit, die ich hatte.

Aber selbst mich - und wahrscheinlich sind wir uns (auch du liebe Koboldin, wenn ich so von dir lese) sehr ähnlich - hat das alles total umgehauen und ich werde den Abstand erst bekommen, wenn ich endlich hier raus bin.
Habe mir ein schönes neues Bett gekauft, ganz frei von Vergangenheit - er behält das Alte

So und jetzt gehe ich mit einer Freundin was trinken und genieße den Sommerabend!

Und ich danke euch allen sehr fürs Zuhören und für euren wirklich sehr lieben und sehr, sehr wertvollen Rat!

Ich drücke dich,liebe Betty und natürlich auch dich Babi und liebe Koboldin und denk an euch!
Babi, mach dir ein schönes Wochenende mit deinem Sohn!

Alles Liebe
Analena
Babi
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Babi »

Hallo Analena,

danke für deine liebe Worte.
Mein Sohn ist dieses Wochenende da und ich genieße es.

Ich spüre, wie viel Stärke du in der hast. Du schaffst das, glaub an dich und in schwachen Momenten schreib hier rein, o.k.?
Hier wirst du immer aufgebaut.

Betty
ja, ich mache Fortschritte auch durch meine Therapie und bin auch froh darüber.
Mit Mima habe ich regen Kontakt und es geht ihr ganz gut.
Ich knuddel dich zurück und wünsch dir ein schönes Wochenende
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Analena
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Analena »

Liebe Babi,

ja, lass es dir und euch beiden gut gehen. Ich habe den Eindruck, dass du die Dinge sehr klar siehst und es scheint mir, dass du hierfür auch einen längeren Weg zurück gelegt hast (wenn du so von deiner Mutter insbesondere geschrieben hast), umso mehr bewundere ich das.Ich meine den Mut zu haben, sich sich selbst zu stellen und dann zu sagen: und ich schaff das nicht allein. Das ist für mich wahre Stärke und ich finde es wirklich bemerkenswert, was ich bis jetzt von dir weiß. Auch wie du hier glaube ich vielen eine große Hilfe ist.
Ich wünsch dir wirklich für deinen Weg alles Gute und ich kann nur sagen, das ist toll, dass du dich so klar sehen kannst und auch diese Krankheit. Das meine ich wirklich, denn ich kenne mit meiner Mutter auch ein anderes Beispiel. Sie geht lieber allein, völlig vereinsamt vor die Hunde, statt einmal den Panzer abzulegen.

Und was deinen Rat mit den Tickets angeht, du hast ja bestimmt gelesen, wie er reagiert hat (nichts sagen bedeutet ja oft mehr als 1000 Worte), kann ich nur sagen: Ich war wirklich überrascht, dass er mich nicht wieder angefahren oer abgewiesen hat. Als hätte ich ihn bei dem Gedanken daran ertappt. Er traut sich nur nicht es auszusprechen.
Insofern kann ich also nur sagen: Du hattest wohl Recht mit deiner Einschätzung und ich habe wieder etwas dazu gelernt.

Danke Dir für deine ganz lieben und wertvollen Antworten.

Sei gedrückt und ja, du hast Recht, mit jedem Tag, der vergeht und mit dem Auszug näher rückt, kehr langsam die Kraft zurück und auch mein Selbstbewusstsein.

Genießt das Wochenende!
Liebe Grüße
Analena
Babi
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Babi »

Hallo Analena,

ich habe jetzt nochmal nachgelesen, was du über seine Reaktion geschrieben hast.
Du hast eindeutig bei ihm einen wunden Punkt erwischt und wenn man den bei ihm erwischt, macht er total zu, deswegen auch das mit der lauten Musik.

Weißt du, ich glaube er fühlt sich schuldig am Scheitern der Beziehung ,fühlt sich richtg als Versager, kann ich mir vorstellen. Du darfst nur eins nicht vergesssen: Er hat das mit dir zwar beendet, aber glaub mir, er hat es aus Liebe getan, wie das alle Depressiven machen, die ihrem Partner ihre Krankheit nicht mehr länger zumuten wollen, weil sie sehen, daß der Partner darunter leidet.
Und das hat er bei dir gesehen, daß du mit den Stimmungsschwankungen von ihm nicht wirklich zurecht kommst, glaub mir.
Daß er laute Musik anmacht und flüchtet, zeigt, wie sehr in die ganze Situation ihn Moment richtiggehend quält.

Dennoch ist das alles, so wie es passiert, richtig und es ist gut, daß es dir langsam wieder besser geht, so soll es auch sein.
Geniesse den Abend heute, ich tue das auch, gehe auf die Beachparty, die bei uns am Ort heute Abend ist.

Ich drück dich mal.

Alles alles Liebe Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
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Analena
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Analena »

Liebe Babi,

danke für deine Nachricht - schön, von dir zu lesen.

Hattest du ein schönes Wochenende und eine schöne Beachparty? Wie war es mit deinem Sohn?

Was du schreibst, dass ich da einen wunden Punkt getroffen habe, das glaube ich auch.
Ich glaube auch, dass er eigentlich tatächlich gerne mit dir auf das Konzert gegangen wäre.

Nur weißt du, was mir so unheimlich schwer fällt zu glauben, ist immer wieder, dass er das alles tut weil oder trotz, dass er mich liebt. Ich meine, er küsst mich zärtlich und dann leidenschaftlich, sagt schade, als ich sage, dass ich dann jetzt ausziehe.
Am nächsten Tag finde ich nur noch seinen Namen am Klingelschild.

Aber letzten Endes sind diese Stimmungsschwankungen jetzt ja nur noch extremer geworden, als er sie ja schon die ganze Zeit hatte.

Nun sind die ersten Kisten gepackt und ich bin gespannt, wie er reagieren wird, wenn die Wohnung wirklich leer ist. Und das wird sie wie gesagt sein, denn es gehört mir fast alles.
Er muss sich komplett neu einrichten. Schon allein, dass er nicht einmal rechnen konnte, wie teuer das alles für ihn werden würde.
Nun, es wird jetzt also erst richtig spannend. Das böse Erwachen aus 8 Wochen Daueraction und Wegrennen kommt noch...

Alles Liebe
Analena
Babi
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Babi »

Hallo Analena,

ja, wenn du erst mal ausgezogen bist, wird es für ihn ein Schock sein, glaub ich.
Weißt du, es ist wie ich gesagt habe, da sind noch Gefühle für dich von seiner Seite, aber er will dir seine Stimmungsschwankungen nicht weiter zumuten.

Ihr seid - glaub ich - beide im Moment sehr aufgewühlt und müßt wieder zur Ruhe kommen.
Er braucht jetzt Zeit und du auch.
Und auch wenn du jetzt ausziehst, du bleibst in seinem Herzen haften, da sei dir sicher.
Er will einfach das beste für dich und glaubt nicht daran, daß er das beste für dich ist, weißt du.

Ich wünsch dir viel Kraft, Analena und hoffe, es entwickelt sich alles so, wie du dir es wünscht.

Mein Sohn ist gerade wieder zu seinem Dad gefahren, es war wunderschön mit ihm, wir sind ganz entspannt miteinander umgegangen.

Auf der Beachparty war ich nur eine Stunde, dann bekam ich Kopfweh, wegen der lauten hämmernden Musik und bin wieder heim. Hab auch gemerkt, daß mir die Stunde unter den vielen Leuten gereicht hat.

Liebe Grüße und schönen Abend Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
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:) ;)
Analena
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Analena »

Liebe Babi,

ja, ich denke, du hast recht.

Heute ist wieder ein Tag, an dem ich niedergeschlagen und traurig bin und merke, wie sehr ich ihn noch liebe.
Dennoch ist es das Beste für uns beide jetzt.

Vorhin habe ich ihm eine Mail geschrieben, wie sehr er mich verletzt hat, wie hart der Aufprall nach diesem "Sturz" für mich war und, dass ich nur noch Vorwürfe von ihm gehört hätte in den letzten Monaten und,dass ich in diesem Zustand dann auch ins Krankenhaus gegangen wäre. Auch, dass ich mir solche Selbstvorwürfe gemacht hätte.
Ich habe ihm auch geschrieben, dass ich den Abstand jetzt auch brauchen würde und wenn er einmal das offene, auch mit sich selbstkritische Gespräch suchen würde, dass meine Tür dann offen wäre.

Darauf erhielt ich keine Antwort - was bei ihm immer schon viel sagt, wie ich finde.

Dann schrieb ich ihm noch eine sachliche Email, was jetzt noch zu regeln wäre und, dass ich am Freitag das letzte Mal in der Wohnung schlafen würde (dann schlafe ich nochmal eine Woche bei einer Freundin und bin nur noch zum Packen in der Whg.)
Er muss mir noch was für meine neue Whg. geben. Ich bat ihn darum, es mir zu schicken oder vorbeizubringen.

Darauf antwortete er, dass er sich um das organisatorische kümmern würde, worum ich ihm ihn gebeten hatte und, dass er - wenn mir das recht wäre - diesen Gegenstand für die Wohnung dann vorbeibringen würde.
Da war ich dann doch sehr erstaunt - ich meine, bei einer "normalen" Trennung schickst du das doch und bringst es nicht vorbei.

Ich habe dann nur kurz und knapp geantwortet, dass das okay wäre.

Was meinst du dazu? Habe ich richtig gehandelt? Habe ich richtig kommuniziert?

Gestern Abend kam er nach Hause und war schon wieder super aggressiv - ich glaube weil er sah, dass überall schon Kisten stehen.

Ach, liebe Babi, er fehlt mir so und doch kann ich nicht mehr so leben und ich will es auch nicht mehr.

Sei ganz fest gedrückt von mir,
Analena
BettyM
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von BettyM »

Liebe Analena,

ich sehe wieder nur Parallelen zu meinem Freund
Wenn ich eine Mail geschrieben habe, in der ich über meine Gefühle geschrieben habe, kam....Nichts
Wenn ich sachlich Organisatorisches angesprochen habe, kam eine Antwort, dass er das regeln würde.

Ich finde auch, dass das Vorbeibringen in deine neue Wohnung ein gutes Zeichen ist.

Natürlich sind die Geschichten nie 1 : 1, aber Babi hatte in ihren Einschätzungen, was meinen Freund betraf, immer Recht! Und deshalb denke ich, dass sie auch bei dir richtig liegt, mit: "Weißt du, es ist wie ich gesagt habe, da sind noch Gefühle für dich von seiner Seite, aber er will dir seine Stimmungsschwankungen nicht weiter zumuten." und "Er will einfach das beste für dich und glaubt nicht daran, daß er das beste für dich ist, weißt du"

Man will und kann das zwischenzeitlich nicht glauben, aber bei meinem hat es sich im Nachhinein als wahr heraus gestellt.

Diese Stimmungsschwankungen und die Aggressivität das gehört leider zur Krankheit dazu. Habe jetzt auch das Buch: -So nah und doch so fern- gelesen (Danke Sammie). Das hat mir viel besser gefallen als: Wenn der Mensch, den du liebst, depressiv ist.

Dabei habe ich festgestellt, dass alles, was mich in den letzten Monaten vor der Trennung so runtergezogen hat, eben dieses Unberechenbare, diese Stimmungsschwankungen, diese Wutausbrüche, schon zur Depression gehört haben. Das gibt mir jetzt Kraft, weil ich nicht mehr denke: Ja, ich will wieder mit ihm zusammensein, aber ich weiß ja auch, WIE SCHWIERIG der ist.

Was ich sagen will ist, du sollst auch nicht mehr so leben!!!! Das ist kein schönes Leben, was du in der letzten Zeit mitgemacht hast.
Meinem Freund muss ich im Nachhinein fast dankbar dafür sein, dass er diesen brutalen Cut gewählt hat. Ich hätte mich selbst schon nicht mehr daraus befreien können, viel zu verwickelt, viel zu involviert, viel zu sehr überlegt, was ich besser machen könnte. Wahrscheinlich ging es dir da ähnlich??

Dass das schmerzt ist klar, diese Sehnsucht hat mir schwer zu schaffen gemacht und er hat mir auch furchtbar gefehlt. Wenn Babi was schrieb, habe ich zwar immer gehofft, dass sie Recht hat, aber es gab auch immer diese Zweifel, ob ich mir nicht doch nur was vormache. In meinem Fall hat Babi richtig gelegen, er wollte mich wirklich vor sich schützen, warum sollte es bei euch nicht auch so sein???

Ich drück dich

Was Einfaches haben wir uns halt nicht ausgesucht. Warum das so ist: keine Ahnung! Jedenfalls habe ich in dieser Zeit sehr viel gelernt. Und nachdem ich bisher immer nur dachte, ich will den Menschen zurück, den ich kennengelernt habe, denke ich jetzt: Wer weiß, was für ein Juwel sich wirklich noch dahinter verbirgt

Zieh du jetz mal deinen Umzug durch, lebe die Phasen zwischen: Ich liebe ihn so sehr, ich vermisse ihn schrecklich, der A... kann mich mal und warte ab, was passiert. Das Zauberwort heißt Geduld (kotz )

Ganz liebe Grüße an dich und an Babi (ohne die ich bis heute nix verstanden hätte)
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Babi »

Hallo Analena,

ich finde, du hast da alles richtig gemacht. Du hast ihm jetzt ein bißchen Stoff zum Nachdenken gegeben, und hast ihm dadurch einen Anstoss gegeben, seine Gedanken zu ordnen, damit er alles klarer sieht.
Und daß er dir keine Antwort gegeben hat, zeigt meines Erachtens, daß er erst mal darüber nachdenken will, bevor er was dazu sagt.

Es wundert mich wieder nicht, daß er dir den Gegenstand bringen will, schau, er will dir damit auch sagen, daß er Frieden zwischen euch will und daß er den Kontakt zu dir auch nicht verlieren will.
Er will, daß zwischen euch was bleibt und daß ihr euch nicht ganz verliert.

Ich bin mir sicher, wenn ihr beide wieder zur Ruhe gekommen seid, jeder für sich, dann könnt ihr auch wieder ganz anders miteinander reden.
Die ganze Situation zwischen euch ist doch sehr aufgeputscht.

Du bist ihm nach wie vor wichtig und einen Platz in seinem Herzen hast du allemal, davon kannst du ausgehen.
Ich finde, du machst das alles ganz toll, mach weiter so.

Schlaf gut, du Liebe.
Ich drück dich!

Betty
Depressive meinen immer, ihre liebsten vor sich selbst schützen zu müssen, weil sie denken, sie bzw. ihre Krankheit ist nicht zumutbar.
Leider reagieren viele Menschen in der Öffentlichkeit auch so, daß sie sich in dieser Meinung bestätigt fühlen.

Ich denk viel an dich und wie es dir wohl geht.
Ich schick dir auch mal einen Drücker.

Gute Nacht euch beiden
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Analena
Beiträge: 77
Registriert: 19. Jun 2010, 19:30

Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Analena »

Hallo ihr beiden Lieben,

ich dank euch so sehr für eure lieben aufbauenden Worte - ihr könnt euch nicht vorstellen, wie mir das hilft. Wirklich.

@Betty, kann es sein, dass du da einen Dreher hast in dem was du da geschrieben hast: "Das gibt mir jetzt Kraft, weil ich nicht mehr denke: Ja, ich will wieder mit ihm zusammensein, aber ich weiß ja auch, WIE SCHWIERIG der ist."

Ich meine, du willst doch noch mit ihm zusammen sein oder? Gleichzeitig weißt du aber auch, dass es nicht leicht ist und nie werden wird?
Es ist wirklich verrückt, wie ähnlich das Verhalten der beiden ist. Das finde ich wirklich unglaublich. Insofern hoffe ich also auch auf dich liebe Babi und deine "Prognosen" und danke dir, dass du mir auch wieder zurück geschrieben hast.

Ich will euch aber erzählen, was gestern Abend passiert ist, denn das war unglaublich: Ich glaube da bröckelt gerade die Fassade und zwar schneller, als ich je dachte.

Nun was ist passiert? Wir waren wieder mal zusammen in der Wohnung und es war ganz friedlich. Ich habe mich verschluckt, musste brutal husten und er hat mir dann ein Glas Wasser gegeben. Das fand ich lieb und ich habe ihm das auch gesagt. Ich habe schon gemerkt, dass ihn das gefreut hat. Es sind ja nur so kleine Details, Gesten, die plötzlich wieder möglich sind. Nun ich bin vorsichtig mit meinem "Optimismus".

Irgendwann lagen wir uns wieder in den Armen, haben uns leidenschaftlich geküsst und es war eine unheimliche sexuelle Anziehungskraft wieder zwischen uns (oh wie habe ich mich danach gesehnt!).
Erst fing er wieder an, dass sicher einige meiner Einschätzungen, was sein Seelenleben betriffen, richtig wären, aber ich manchmal eben doch falsch liegen würde, dass er einen "Depressionscheck" im Internet gemacht hätte und dabei wäre rausgekommen, dass er es nihct wäre. Aber immerhin: Wow! Ich war beeindruckt, dass er das doch an sich soweit rangelassen hatte.
Das war aber noch nicht alles. Dann ging es weiter, ich würde immer so resolute Urteile fällen (im Sinne von, ich wäre sicher, er hätte eine Depression und dann müsste das so sein). Meine Antwort: Ich könne mich ja auch irren, aber ich habe soviel nun darüber gelesen und hätte auch nie gedacht, dass ich depressiv wäre, denn es müssen ja nie alle Symptome da sein. Habe also viel von mir geredet. "Ich-Botschafte" gesendet...

Irgendwann ist er dann wieder in "sein Zimmer" und ich habe ihm dann noch gesagt, dass ich finde, dass es eben gerade kein "Urteil" wäre, sich mit jemanden zu beschäftigen und nicht einfach nur zu sagen, der ist wie Jekyll und Hyde, fertig. Ende der Diskussion.
Und ich habe ihm gesagt, dass ich ihn nach wie vor liebe und, dass er der erste Mann war, denn ich bedingungslos geliebt habe, genauso wie er ist.
Dann bin ich in mein Zimmer. Er kam nach und dann passierte etwas ganz wundervolles: Er sagte "Danke, dass du mich nicht in diese Schublade gesteckt hast." Anschließend haben wir uns wieder geküsst und es war sehr zärtlich. Er hatte Tränen in den Augen, meinte er wäre am absoluten Tiefpunkt angelangt, so könnte es nicht mehr weitergehen und er wüsste nicht ob diee Zärtlichkeiten es uns leichter oder schwerer machen würden, aber er sagte zu mir: "Du fehlst mir auch." Er sagte auch, dass er mich wohl oft falsch verstanden hätte und sagte mir, wie schön er mich nach wie vor fände.
Dann habe ich ihm auch offen gesagt - sehr vorsichtig wohl gemerkt, in der Erwartung, dass gleich wieder alles drehen würde - dass ich glaube, dass er eine Depression hat und, dass er diese vielleicht auch schon in seiner Jugend hatte.
Ich habe ihm gesagt, dass er vielleicht mal über eine Therapie nachdenken könne. Und er meinte sehr leise, dass er darüber mal nachdenken würde. Dann hat er sogar die Visitenkarte angenommen, die ich ihm gaaanz vorsichtig gegeben habe, von einem Psychologen. Den Kontakt hatte ich von unserer gemeinsamen Hausärztin und die Karte war eigentlich mal für mich bestimmt.

Er meinte, dass das, was er am wenigsten könne, allein sein wäre. Ich meinte dann, woher diese Angst käme, vielleicht aus dieser Verlusterfahrung in seiner Geschichte. Dann hat er wieder den Panzer zugemacht: "Aber mein Leben ist die Gegenwart."

Dennoch: Das war doch einfach ein unglaublich großer Schritt, oder??? Ich war heute ganz beschwingt und versuche mich doch auszubremsen. Mein Auszug rückt näher und ich freue mich dennoch darauf, weil ich jetzt wirklich das Gefühl habe, dass dies die einzige Chance ist, die jeder von uns beiden für sich hat und wir zusammen.

Was sagt ihr dazu?

Gaaanz vorsichtig optimistische Grüße. Ich drück euch und wünsche euch eine gute Nacht.
Analena
sunshine45
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Registriert: 16. Sep 2008, 14:26

Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von sunshine45 »

Liebe Analena,
ja ich finde das hört sich schon gut an.
Er ist ja noch in der Lage irgend etwas zu empfinden, das ist ja schon mal sehr viel und es Dir dann auch noch sagen zu können, Hut ab!
Mein Rat ist einfach nur: Genieß es so wie es ist und versuche Dich nicht reinzusteigern, versuche Dein eigenes Leben und Deine neue Wohnung immer fest im Blick zu halten und zunächst mal an 1. Stelle zu setzen. Es kann sein, dass er noch einen sehr langen Weg vor sich hat und das kann Dich viel Kraft kosten, wenn Du ihn mitgehst.
Ich drück Dir dennoch aber fest die Daumen und kann mich für Dich ganz doll mitfreuen!
Alles Liebe weiterhin und denk an den Prosecco
die Koboldin
Love it, leave it or change it!
BettyM
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Registriert: 9. Mai 2010, 23:14

Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von BettyM »

Liebe Analena,

ich finde es auch positiv, er macht nicht völlig dicht, sondern ein bisschen auf.

Dieses "mein Leben ist in der Gegenwart" hört sich nach Abwehr an, klar tut ja auch sehr weh, an die "alten" Dinge zu gehen. Ich hoffe sehr für ihn und für dich, dass er die Visitenkarte benutzt, denn ich glaube nicht mehr daran, dass man sich selbst aus der Suppe ziehen kann, wenn es schon so weit gekommen ist.

Interessant finde ich auch den Satz mit dere Schublade. Irgendwie sagt er damit doch, dass es für ihn eine Schublade ist, in die er nicht rein will, sich darin nicht sieht und vielleicht auch Angst hat, da nicht mehr raus zu kommen...

Nein, das war kein Dreher, aber ein bisschen verworren ausgedrückt

Ich wollte sagen, dass bei all meiner Liebe zu ihm und meiner festen Hoffnung, dass es wieder "normale" Zeiten geben wird, bei mir immer die Bedenken im Hintergrund waren, dass ich doch "weiß", dass er einen schwierigen Charakter hat und ob ich wirklich für immer mit leben will. Damit meinte ich die letzten Monate vor der Trennung, wo er sehr oft ungerecht war, aufbrausend und unberechenbar.

In dem Buch geht es auch um die Zeit VOR der Diagnose Depression. Klar weiß man mit ein bisschen Nachdenken, dass so was nicht über Nacht kommt und es sich abzeichnet, aber es war mir einfach nicht bewusst. Für mich ging die "Leidenszeit" erst offiziell los, als er sich trennte. Die Zeit davor habe ich irgendwie verdrängt.

Als ich aber in dem Buch gelesen habe, wie sich schleichend Veränderungen ergeben, habe ich erst kapiert, dass diese Zeiten auch schon dazugehört haben und es eben NICHT sein schwieriger Charakter ist. Deshalb bin ich jetzt noch zuversichtlicher und habe noch weniger Bedenken für unsere Zukunft.


Alles Liebe und

Alles IST gut (nicht WIRD, das unterstellt und manifestiert den Mangel)

Betty
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Babi »

Hallo Analena,

das ist wirklich ein Erfolg, daß er so aufgemacht hat. Das ging auch wirklich schneller, wie ich dachte.

Und weißt du, das bestätigt auch meine Aussage, daß er sich trennt, weil er dich schützen will, daß er das für dich tut.
Denk immer daran, das alles, was jetzt bei euch geschieht, geschieht, weil er dich liebt und nicht weil er dich nicht mehr liebt.

Es tut euch gut, daß du jetzt ausziehst, das wißt ihr beide auch instinktiv, finde ich, obwohl das ein schwerer Schritt ist.
Ich bin mit einem Pärchen befreundet, da ist der Mann auch für einige Monate wieder in sein Elternhaus gezogen, weil sie sehr starke depressive Phasen hatte durch den Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Nach ein paar Monaten ist er wieder zurückgezogen zu ihr und jetzt sind sie wieder glücklich. Du siehst, da hat die räumliche Trennung auch viel bewirkt, das funktioniert also. Die beiden haben sich auch gegenseitig aufgerieben wie ihr und mußten zur Ruhe kommen.
Er war auch trotzdem in der Zeit, in der sie getrennt wohnten, immer wieder bei ihr.
Ich vermute, daß das bei euch auch so laufen wird.

Du kannst ruhig positiv denken, denn dein Freund weiß genau, was er an dir hat und er wird um eure Beziehung kämpfen, da bin ich mir sicher. Das zeigt sein Verhalten deutlich, denn er denkt viel nach, nimmt Dinge von dir an, er will was ändern. Aber das geht eben im Moment nur, wenn ihr getrennt wohnt.
Gib ihm und euch beiden Zeit, das kann wieder werden, glaub mir.

Weißt du, das wichtigste ist, daß ihr beide jetzt eure Rückzugsphasen habt. Wenn ihr die habt, insbesondere er, kann er immer wieder Kraft sammeln und weiterkämpfen, verstehst du.
Es kann durchaus sein, daß er öfter bei dir auf der Matte steht, damit solltest du rechnen. Ich glaube auch nicht, daß seine Rückzugsphasen so lange dauern werden, die er immer wieder brauchen wird, denn er hat ja erkannt, daß er nicht allein sein kann und das ist der wichtigste Erkenntnis in einer Depression.
Wenn man die hat, dann hat man viel gewonnen, glaub mir.

Ich drück dich mal und denk fest an dich.

Ganz liebe Grüße Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Analena
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Analena »

Hallo ihr drei lieben,

mensch, was bin ich froh, dass ich euch in diesem Forum getroffen habe. Ehrlich gesagt, keine Ahnung, was passiert wäre, hätte ich mich nicht in Behandlung begeben, mit dieser Diagnose am Ende und hätte mich dann auf die Suche begeben und damit letztlich auch euch hier "getroffen".

Ich plane meine Wohnung und freue mich nach wie vor darauf.
Damit kann ich euch also beruhigen, das wenigstens habe ich wieder fest im Griff . Und freue mich echt total darauf!

@Betty, danke für den Buchtipp. Habe es mir heute gekauft. Ich habe schon eine halbe Bibliothek . Wisst ihr was ich auch ein gutes Buch fand? "Familie und Depression", das hat mir sehr geholfen, auch im Hinblick auf meine eigene Familiengeschichte.
Und ja, ich hoffe auch inständig, dass er diese Adresse nutzt und sich Hilfe sucht. Glaube aber auch, dass er (und da wirst du, liebe Babi, mir sicher recht geben) das erst tut, wenn ich weg bin.Dann ist er quasi unbeobachtet.
Wie ist es denn bei euch beiden momentan?

@liebe Koboldin, danke für deine wie immer lieben Worte und das trotz deiner eigenen Situation. Ich bewundere das zutiefst und klar, denk ich an den Prosecco

@liebe Babi,ja, das ist erstaunlich gewesen, hat mich echt übberrascht, dass er da plötzlich so aufgemacht hat und er auch so selbstkritisch war. Ich denke auch, dass er sich sehr gefreut hat, dass ich ihm gesagt habe, dass ich ihn nicht in die "Jekyll and Hyde-Schublade" stecke. Wie gesagt, er kam extra nochmal ins Zimmer und sagte: "Und jetzt muss ich dir noch was sagen: Danke."
Das hat mich echt umgehauen.
Und ja, ich glaube auch, das hast du Betty recht, er will nicht in diese Schublade, ist mit seinem eigenen Verhalten unglücklich.
Wie du immer sagst, Babi, er erlebt sich als unfähig und weiß nicht, was los ist mit ihm. Er hat mir sogar versprochen das Buch zu lesen "Wenn der Mensch den du liebst depressiv ist". Und er fing einen Satz an "Was wäre, wenn es wirklich stimmen würde, dass wir beide depressiv waren..." Und hat mich gefragt, ob ich mich nie gefragt hätte, ob er der richtige Partner für mich wäre. Meine Antwort: Nein, ich hab dich geliebt.
Dann war Stille.

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er fast erleichtert war, einen Ansatzpunkt zu seinem eigenen Verständnis zu haben. Ich meine, dass es ihn erleichtert haben könnte, zu wissen, dass er depressiv ist, nicht bösartig. Ist nur so ein Gefühl gewesen - meinst du, da könnte was dran sein?

Du,liebe Babi, ich hab mal eine Frage: Ich würde ihm gerne einen Brief hinterlassen, indem ich schreibe, wie ich ihn erlebt habe,wie es mir ging und auch, dass ich ihm - wie interessanterweise ja auch Betty schrieb - ich ihm eigentlich dankbar bin, dass er diesen Cut gemacht hat, denn ich war auch nicht mehr in der Lage mich aus meinen Einsamkeitsgefühlen zu lösen und klar zu sehen. Ich möchte ihm auch gerne schreiben, dass ich froh bin, dass ich dann Hilfe annahm von Außen, denn nur so, also mit meiner eigenen Diagnose, konnte ich ja besser verstehen, was passiert ist.
Meinst du, ich kann schreiben, dass ich das Gefühl habe, dass durch mich, an mir sichtbar wurde, was ich glaube (das Gefühl habe, ganz vorsichtig formuliert) er zunächst hatte und ich mich dann vor lauter "helfen wollen" genauso darin verheddert habe. Eigentlich habe ich ihm das schon fast so gesagt. Vielleicht ist es unnötig, das nochmal zu schreiben. Vielleicht macht er dann auch wieder zu.

Ach, ich bin mir so unsicher, habe Angst, etwas zu tun, so, dass er wieder zumacht.

Was meinst du?

So ihr Lieben, ich denke auch an euch ganz fest und drücke euch und danke euch von ganzem Herzen!

Alles Liebe
Analena
Babi
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Babi »

Hallo liebe Analena,

es ist wirklich schön, daß er sich bei dir bedankt hat.
Damit, daß du ihn nicht in die Schublade steckst und es ihm gezeigt hast, hast du ein Stück Vertrauen von ihm zurückgewonnen, das er offensichtlich verloren hatte.
Und ob du es glaubst oder nicht, damit hast du auch wieder ein Stück Nähe zwischen euch hergestellt und ihm ein bißchen Angst genommen.

Du kannst ihm schon den Brief schreiben, aber du solltest ihn nicht zu lange fassen, sondern eher kurz und bündig.
Ich kann mir vorstellen, daß er in der Phase, in der er jetzt ist, nicht so aufnahmefähig ist, einen langen Brief zu lesen. Das wäre ihm sicher zu viel.
Wenn du aber eine halbe DinA 4 Seite schreibst oder höchtens eine, wird er das lesen und auch sicher darüber nachdenken.

Du machst das schon alles ganz richtig, liebe Analena.

Ich drück dich mal und wünsch dir einen schönen Abend!

Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Analena
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Analena »

Liebe Babi,

danke, dass du so schnell zurück geschrieben hast. Ja, du hast recht, dass es kein langer Brief sein darf. Das würde ihn wirklich überfordern.
Ich versuche mich also kurz zu fassen - nicht meine leichteste Übung

Schlaf gut, ich drück dich!
Liebe Grüße,
Analena
Analena
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Analena »

Hallo Ihr Lieben,

wie ich gerade schon in Bettys Thread schrieb, auch bei uns ist viel passiert und ich kann es gar nicht glauben, auch wenn ich vor lauter Sehnsucht heute wieder ständig Tränen in den Augen hatte und kam war ich zu Hause ist wieder alles aus mir rausgebrochen und ich habe nur noch geweint.

Nun, wo fange ich. Also, gestern kam er nach Hause und ich saß rauchend auf dem Balkon und habe laut die melancholische Musik gehört, die er im CD-Player ließ.
Ich rauche erst seit zwei Monaten und früher hielt ich ihm immer "Vorträge" dagegen, wenn er mal schwach wurde und rauchte (in den letzten Monaten immer öfter).

Er setzte sich zu mir und sprach mit mir ganz nett und lieb. Schon, dass er sich zu mir setzte war viel.
Dann stand ich auf und wir standen voreinander. Ich schaute bedrückt und er nahm mich in den Arm und streichelte mich.
Er fragte mich dann, ob ich heute Abend mit ihm essen wolle. WOW! Natürlich gerne, war aber sehr ruhig in meiner Reaktion.
Mein Herz hüpfte und meine Therapeutin war über ihn auch ganz erstaunt.

Mir standen dann beim Essen wieder die Tränen in den Augen und später habe ich ihm alles erzählt, auch über die Klinik. Also, was für schwere Fälle da waren und, dass das für mich eine Schocktherapie und Mahnung war, mich um meine Seele zu kümmern.
Ich habe ihm dann offen und ehrlich unter Tränen gesagt, dass ich ihm - wie du Betty - eigentlich dankbar wäre, dass er so einen "Knall veranstaltet" hat, weil ich schon monatelang in einer Depression war und mich gar nicht mehr daraus hätte befreien können.
Habe auch erzählt, dass ich das alles jetzt auch als Chance sehe und dass er mir damit die Möglcihkeit gegeben hat, Muster bei mir zu sehen. Ich habe ein absolutes Helfersyndrom und das habe ich ihm auch gesagt. Er war ganz still, hat zugehört, gesagt, dass er das gut findet, was ich sage.
Ich habe dann gesagt, dass er mich so schwach noch nie gesehen hätte, dass ich aber dazustehen und, dass ich glaube, dass ich ihn mit meinem "ewig-stark-sein-wollen" vielleicht noch mehr in die Depression getrieben hätte. Er hat mir immer wieder gesagt, ich müsse doch gar nicht so stark sein.
Wow, das war ein Riesenschritt - auch für mich. Ich habe mich richtig nackt gefühlt anschließend.

Dann hat er gesagt, dass er darüber nachdenkt, ob er depressiv ist. Und dass auch für ihn ein Lebenstraum kaputt gegangen wäre, dass er sich gewünscht hätte, mit mir den Kinderwagen die Straße runter zu schieben, aber dass er gespürt hätte, dass er noch nicht soweit wäre. Er hat auch gesagt, dass er irgendwann im Leben in die falsche Richtung gegangen wäre - in Bezug auf seinen Job hat erdas gesagt.

Er hat mich geküßt und wir haben liebevoll geschmust - ich dachte, ich träume, denn da kam auch soviel von ihm.
Er hat es richtig genossen. Das habe ich gemerkt. Er hat mir gesagt, dass ich ihm immer noch sehr wichtig wäre.
Dann kam noch "Ich kann jetzt aber nicht einfach zurück." Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht erwarten würde und ich denke, dass wir jetzt beide Zeit bräuchten. Er meinte, dass er im Moment einfach überhaupt nicht wissen würde, was aus uns wird. Es wäre alles möglich vom Kontaktabbruch bis zur Rückehr zueinander.
Und er meinte noch, dass er es auch furchtbar fände, jetzt "allein in der Wohnung zurück zu bleiben" (O-Ton). Er sagte mir, dass wenn ich es wollte, er einmal kommen würde und für mich kochen.
Sorry, dass das alles so konfus ist und so stakkatoartig aus mir herausbricht, aber ich bin so überwältigt.

Er meinte dann er würde bei mir im Bett einschlafen, habe aber gemerkt, dass er ds eigentlich nicht will oder besser: es ihm zuviel ist.
Er meinte dann, er würde doch auf der Couch schlafen, da er das jetzt erstmal alles verarbeiten müsste. Ich habe gesagt, das ich das verstehe, kein Vorwurf ncihts von meiner Seite.

Und dann passierte das Wundervolle: Am frühen Morgen kam er zu mir ins Bett und kuschelte mit mir, zog mich an sich.

Es war so wunderbar, ihn wieder so nah bei mir zu haben.

Er ist dann heute auf das besagte Konzert gefahren, allein. Ich hatte wieder Tränen in den Augen als er ging. Er tröstete mich und ging dann.
Er ist wieder das Wochenende weg und wir wissen beide, dass ich ab Sonntag bei einer Freundin schlafen werde bis zu meinem Auszug.

Heute nachmittag rief ich ihn wieder an, dass ich so gerne mit kommen würde auf das Konzert und er meinte, dass er das sogar ganz nett fände. Ich habe dann aber wieder gemerkt, dass ich das nicht packen würde, ihm so nahe zu sein und dann nach dem Konzert wieder allein nach Hause zu fahren (er wollte noch zu seinen Eltern).
Das habe ich ihm auch gesagt und, dass ich dann einfach einen über den Durst trinken würde. Konnte dann nicht mehr vor lauter Tränen, musste auflegen und habe ihm dann noch eine liebe SMS geschickt, worin ich erklärt habe, dass ich einfach nicht mehr reden konnte und, dass ich mich einfach selbst quälen würde, wenn ich mitkommen würde.

Ich musste ihm das sagen. Er hat ja eh gemerkt, dass ich mit den Nerven total am Ende war, bzw. bin.

Babi, du liebe und verständnisvolle Ratgeberin, was meinst du dazu?
Hoffentlich mache ich auch langsam wenigstens weniger falsch in meinem Verhalten.

So jetzt ist es doch wieder ein Roman geworden, sorry, aber ich bin gerade wieder total am Ende vor Erschöpfung.
Babi, deine letzte Antwort schon x-fach gelesen, wenn du wüsstest, wie sehr mir das hilft. Aber auch von dir Betty zu lesen ist so hilfreich.

Alles Liebe und ich drück euch!
Analena
Babi
Beiträge: 1972
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Babi »

Hallo liebe Analena,

das ist wunder-wunderschön, wie das bei euch läuft.
Mein Herz ist tief berührt.
Es bestätigt das, was ich die ganze Zeit sagte, für ihn ist nur die räumliche Trennung wichtig, damit er einen Rückzugsort hat, verstehst du.

Und das habe ich durch deine Erzählungen gemerkt, daß er noch nicht so weit ist, das mit dir ganz ernst zu machen, aber er träumt davon (Kinderwagen schieben, wie er sagte). Du mußt ihm da noch Zeit geben, das schafft Vertrauen.

Du verhälst dich genau richtig, du liebe, machst keinerlei Druck, verstehst ihn. Das rechnet er dir hoch an, glaub mir.
Und dadurch traut er sich auch, mehr Nähe zuzulassen.

Ihr müsst euch beide jetzt Zeit lassen und ganz behutsam an die Sache gehen, dann gibt es irgendwann wieder ein zusammenkommen, glaub mir.
Ich sag dir was:
Selbst wenn du ausgezogen bist, wird er immer wieder bei dir vor der Tür stehen, er wird es ganz ohne dich nicht aushalten.
Wichtig ist, daß du ihn immer dann sich zurückziehen läßt, wenn er das braucht.

Ihr könnt auch ein Signalwort ausmachen, das er sagen soll, wenn er Rückzug braucht, dann weißt du Bescheid, und er muß dir nicht viel erklären.
Diesen Rückzug mußt du ihm immer lassen, das ist ganz wichtig, denn den braucht er wirklich, um sich auf sich selbst zu konzentrieren, damit er sich selbst nicht verliert, verstehst du.

Ich wünsch dir einen schönen Abend, bin jetzt eingeladen und muß weg.

Drück dich Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
BettyM
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von BettyM »

Siehst du Analena, ich habe dir auch ganz früh gesagt, es gibt noch Hoffnung

Ich denke, in Babis Antwort ist wieder alles Wichtige drin gewesen. Dass Rückzüge vorkommen und wichtig sind, kannst du ja bei mir nachlesen.

Das Signalwort scheint gut zu klappen, versuch es auch. Ich bin vorallem gespannt, weil ich das damals vorschlug, klar damit er dann nicht viel erklären muss, aber auch damit ich aus dieser Schiene raus komme: Sollte ich schon wieder nachfragen, wie es ihm geht, ist es noch zu früh, etc. Jetzt kann er den Zeitpunkt bestimmen und es wird eine echte Premiere, wann er den Schritt geht:-)

Ich glaube auch, dass dein (Ex?)Freund dann zukünftig vor deiner Tür stehen wird und du hattest jetzt schon 2 ! mal die Bemerkung von ihm, dass er dich in der neuen Wohnung besuchen wird, sogar mit Kochen, grins

Ich wünsche dir ein tolles (na ja) Wochenende mit Freundin und dass der Umzug gut klappt. Ist halt immer stressig und anstrengend. Und dann machst du dir die Wohnung sooo schön, dass er gar nicht anders kann, als dich ständig besuchen zu wollen

Betty
Analena
Beiträge: 77
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Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Analena »

Liebe Babi, liebe Betty,

@liebe Babi, ich hoffe, du hattest einen schönen Abend und es ging dir gut dabei??

Ich dank euch sehr und es freut mich, dass ihr genauso gerührt seid, wie ich es bin. Ich bin wirklich zutiefst berührt und finde es so schön, wie sanft er jetzt mit sich ist, dass ich den Eindruck habe, er hat aufgehört sich zu überfordern, tut, was ihm gut tut.


Und wisst ihr was? Ich glaube - oder was meinst du liebe Babi, ich glaube du hattest sowas auch mal geschrieben - ich hatte und habe irgendwie das Gefühl, dass ihn der Gedanke, er könnte Depressionen haben irgendwie erleichtert? Ich meine, dann wüsste er ja, wo er ansetzen könnte. So ging es mir ja auch, mich hat es tief getroffen, zu hören, dass ich "Super-Woman" eine Depression haben soll und dennoch hat es mich total erleichtert, weil ich das Gefühl hatte (und habe) damit einen Weg zu sehen. Mich besser verstehen zu können.
Was meint ihr?

Und das, was du meinst, liebe Babi, das mit dem sich auf sich selber konzentrieren, damit man sich nicht verliert, das kann ich jetzt voll verstehen. Das kostet alleine schon soviel Kraft...

Ich war gestern auch über mich schockiert. Bin vor lauter Erschöpfung eingeschlafen und mitten in der Nacht aufgewacht - habe noch nicht mal mein Handy gehört, dass direkt neben mir lag. Das passiert mir nie, sowas höre ich eigentlich immer, das zeigt aber auch mir, wie viel Kraft mich das alles gerade kostet.

Wisst ihr zu dem "vor der Tür stehen" will ich euch sagen: Die Frau seines Bruders, die wunderbar ist, sehr lieb und die alles auch eben von Außen (auch die ganze Fam.) sieht, sagt das Gleiche. Sie ist für mich wirklich auch so ein Rettungsanker, jemand in dieser Familie, die mir Zuneigung entgegenbringt und mich nicht von vorneherein ablehnt, die mir eine Chance gegegeben hat - im Gegensatz zu seinem Vater, seiner Schwester und seiner Stiefmutter. Alle anderen Geschwister mochten mich und ich sie auch.
Und ich vermute er wird bald zu ihr den Kontakt suchen. Ich habe ihm auch offen gesagt, dass ich mit ihr viel gesprochen hätte und, dass ich ihre liebevolle, herzliche Art sehr schätzen würde.

So, ihr Lieben, ich schreibe jetzt nicht wieder einen Roman und schicke euch beiden gedanklich den größtmöglich verfügbaren Blumenstrauß!! Ich bin euch sehr dankbar.

Ich packe jetzt weiter meine Kisten. Nächsten Samstag ist es ja soweit. Und ich habe gestern schon ganz panisch dafür gesorgt, dass ich gleich einen Internetanschluss habe, um euch in Ruhe schreiben zu können..

Ich drück euch.
Eure Analena
Analena
Beiträge: 77
Registriert: 19. Jun 2010, 19:30

Re: Umgang mit depressivem Mann?

Beitrag von Analena »

Ach ja und weißt du was liebe Babi,

ich habe mich gegen den Brief entschlossen. Ich habe ihm ja alles sagen können. Es wird sonst denke ich ihm zuviel. Ein Codewort haben wir ja (noch) nicht.

Aber ich habe eine andere Idee: Ich wollte schon ewig lange mal ein richtiges Fotoalbum von uns beiden machen. Das habe ich nie gemacht - schäm.... Aber gestern Nacht habe ich von allen Abzüge bestellt und will ihm einfach in der Wohnung ein Album von uns beiden hinterlassen - ganz ohne große Worte.

Was meinst du? Ich finde die Idee ist eigentlich sehr schön. Das fühlt sich irgendwie "still" an, so behutsam, wie er mir zur Zeit scheint und ich es auch brauche und er ganz sicher auch.

Sei gedrückt!
Analena
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