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Kroki
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Beitrag von Kroki »

winnie
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von winnie »

Hallo Kroki,

ja, ich kenn das.

Wie habe ich das "gelöst"?
Ich habe mir eine ältere Bewerbung von mir genommen, aus einer Zeit, als ich noch mehr an mich und meine Fähigkeiten geglaubt hatte. Die habe ich dann in einem Gewaltakt auf den aktuellen Stand der Fakten gebracht. Und dann habe ich diese "neue" Bewerbung gerade immer nur halbwegs auf die jeweilige freie Stelle angepasst und sozusagen im Akkord verschickt. Und je öfter ich das gemacht habe, desto mehr habe ich beinahe selbst geglaubt, dass ich wirklich so toll bin, wie ich mich darin beschrieb.

Noten waren bei mir zum Glück nicht mehr wichtig - meine Prüfungen liegen lang zurück, und ich hab mich inzwischen auf alles beworben, was sich gerade bot, und für so einiges davon hätte ich nicht mal lesen und schreiben können müssen...
Mir fällt gerade auf, ich habe mich übrigens NIE auf einen meiner erlernten Berufe beworben. Vielleicht doch noch ein letzter Rest Vernunft?

Bei mir waren auch nie die Noten das Problem, sondern meine jahrelange (seit meiner Erziehungszeit) mehr als bunte Arbeitsplatzkarriere. Ich hab ja seitdem nur kurze, Aushilfs- und Teilzeitbeschäftigungen gehabt, manchmal mehrere gleichzeitig. Das kommt bei den Arbeitgebern nie gut an.
Ich war da allerdings immer sehr offen. Ich habe (sofern sie mir da überhaupt die Gelegenheit ließen, es zu erklären - meist nicht...) ganz klar gesagt, ich habe eben nichts anderes gefunden, und besser so als die ganze Zeit arbeits- und mittellos daheim rumsitzen. Das hat immerhin ein klein wenig versöhnt...

In Deinem Fall würde ich wahrscheinlich da auch ganz offen sein. Du hast mit der Zeit gemerkt, dass Du mit der Belastung des Lehrerberufes nicht zurecht gekommen bist (ruhig auf die große Verantwortung gegenüber den Kindern hinweisen!!!), und weil Du der Meinung seist, Kinder sollten nicht darunter leiden, dass Du eine falsche Berufswahl getroffen hast, hast Du nach langem Überlegen entschieden, Dich anders zu orientieren. Und diese Neuorientierung hast Du ja auch konsequent durchgezogen, das würde ich zumindest als sehr beachtenswert ansehen - verkauf's also auch als LEISTUNG statt als Versagen!

Abgesehen davon, Kroki - nimm's mir nicht übel, aber ich hab Dich ja persönlich kennengelernt. Und wenn DU sagst, dass Du pubertierenden Jugendlichen der heutigen Zeit nicht genug entgegensetzen konntest, dann wird das jeder verstehen und keiner als fadenscheinige Ausrede ansehen... Ist ganz ehrlich gemeint, ist ja nichts Abwertendes. Aber als Lehrer braucht man heutzutage nicht nur eiserne Nerven, sondern auch eine gediegene Härte. Und das liegt Dir einfach nicht, hab ich recht?
Aber Du hast es sozusagen rechtzeitig gemerkt, dass Du damit weder den Kindern noch Dir einen Gefallen tun würdest, es weiter zu versuchen. Also hast Du den (mutigen) Schritt gemacht, etwas anderes anzufangen, und das hast Du ja immerhin auch stetig und erfolgreich durchgezogen.
Erwähne es als Positivum!!
Und Du bist auch noch einiges jünger als ich, das musst Du ausnutzen, so lange es geht!

Wie gesagt, ich habe bei meinen Bewerbungen auch gefaselt, von wegen viel Erfahrung in den verschiedensten Bereichen, Lebenserfahrung, Souveränität im täglichen Chaos, Lernfähigkeit, das Vermögen, mich auf jede neue Situation schnell einstellen zu können, usw.

Hach, war ich doch immer eine supertolle Bewerberin! Genau die Richtige für Sie!!

Es hat ja auch nur zwei Jahre gedauert, bis es jemand geglaubt hat und mich einstellte.
Und jetzt kämpf ich jeden Tag darum, dass mein "Lügengebäude" nicht einstürzt.
Ja, ich bin tatsächlich einigermaßen gut, lernfähig und vor allem total arbeitswillig.
Aber ich bin total eingeschüchtert, dass ich irgendwas falsch mache - und deswegen geht natürlich auch so manches schief. Ich trau mich nichts, und reagiere oft geradezu verängstigt, wenn mich jemand anspricht.
Von Kollegen erhielt ich bereits eine immerhin eingiermaßen wohlmeinende Warnung, und ich rechne eigentlich täglich mit meiner Kündigung.
Depressive Wahrnehmung...?

Lass Dich aber von mir keine Angst machen, nehm es als Beispiel, was man machen kann (seine vermeintlich negativen Eigenschaften als positiv verkaufen) und was man nicht machen sollte (schon bei Antritt der Stelle Angst davor haben, sie wieder zu verlieren).

Du hast nichts zu verlieren.
Sag ich mir auch immer wieder.
Schlimmer kann's nicht mehr kommen, also Zähne zusammengebissen und hallo, hier komm ich!

Liebe Grüße von
Winnie
Maria
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von Maria »

Liebe Kroki,

wie du weißt, gehöre ich auch zu den Leuten mit einigen Brüchen im Lebenslauf und kann gut nachvollziehen, wie es dir geht.

Wegen meines abgebrochenen Lehramts-Studiums habe ich ähnlich argumentiert wie es Winnie vorschlägt: Ich habe erkannt, dass das nicht der Beruf für mich ist… also Offenheit, so mit dem Unterton: „Ich steh voll dazu“. Bei mir kam damals dazu, dass man als Lehrer nicht unbedingt Chancen hatte, eingestellt zu werden – ich weiß nicht, wie es bei dir aussah? Und dass du z.B. einer pubertierenden Schulklasse nicht gewachsen sein könntest, wird bestimmt nicht von jedem als negativ aufgefasst.

Gut ist jedenfalls, einen durchgehenden Faden im Lebenslauf darzustellen, d.h. möglichst eine plausible Entwicklung darzustellen, wie sich der eine Job aus dem anderen ergeben hat. Immer positiv darstellen: Z.B. „Dann habe ich mein Interesse an diesem und jenem erkannt und beschlossen, das zu meinem Beruf zu machen…“ usw. Man darf auch mal sagen, dass man mit dem einen oder anderen unterfordert war und deshalb einen Wechsel vorgenommen hat.

Falls du eine Lücke im Lebenslauf hast, sollte nicht der Eindruck entstehen, dass du nicht wusstest, was du tun willst. Vielleicht hast du dich in der Zeit ehrenamtlich engagiert, einen Kurs gemacht, jemanden in der Verwandtschaft gepflegt?

Noch ein Tipp: Vielleicht hast du jemanden, mit dem du ein Vorstellungsgespräch üben kannst und der dir Rückmeldungen geben kann?

Der Satz: „Ich hab nichts zu verlieren“ hat mir auch geholfen, das Ganze nicht so ernst anzugehen. Man kann sich auch auf Stellen bewerben, die einem nicht so wichtig sind – wenn dann eine Absage kommt, war es jedenfalls eine gute Übung.

Dir alles Gute!

Lieber Gruß von Maria
cool
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von cool »

Hallo Kroki,

alles was schon geschrieben wurde finde ich richtig und wichtig.
Hinzufügen möchte ich noch, daß Bewerbungen schreiben und Vorstellungsgespräche einfach Übungssache sind.
Für ersteres kaufe Dir ein gutes und aktuelles Buch und laß Dir von jemandem helfen. Und zweiteres mußt Du üben. Also bewirb Dich und wenn Du eingeladen wirst, geh hin. Was kann schon passieren ? Eine Absage ist nichts ehrenrühriges. Selbst wenn Du im Vorstellungsgespräch einen Black Out haben solltest, wird der Personalchef das überleben. Du bist sicher nicht die erste der so etwas passiert.

Dann würde ich den Ball grundsätzlich flach halten. Bewirb Dich nicht als persönliche Referentin des Bürgermeisters, sondern als Sachbearbeiterin für ein Sachgebiet, daß viele Mitarbeiter machen. Als (nur als Beispiel) Sachbearbeiterin im Sozialamt eines überörtlichen Sozialhilfeträgers, hast Du kaum Publikumsverkehr, weil sich Deine Kunden in der Regel in stationärer Behandlung befinden oder zum Beispiel im Altenheim sind.
Du bearbeitest einen oder mehrere Buchstaben des Alphabets. Du hast ganz viele Kollegen, die die selbe Arbeit machen. Wenn jemand ausfällt, wird die Arbeit auf viele Schultern verteilt.
Wenn Du einen komplizierten Fall hast, hilft Dir jemand, der so was schon mal hatte.

In der Mitte geht man eben am sichersten.

Du hast Akten, bekommst Post, telefonierst und schreibst Bescheide. Am Anfang hast Du noch keine Unterschriftstberechtigung, das heißt Dein Gruppenleiter liest, korrigiert und unterschreibt Deine Entwürfe.

Das ist etwas ganz anderes als täglich allein vor einer Klasse zu stehen. Akten kann man auch mal liegen lassen und sich seinen Tag einteilen. Wenn Du schwächelst machst Du eben Ablage oder Routinearbeiten.

95 Prozent von dem was Du gebüffelt hast kannst Du vergessen, weil Du es nie wieder brauchst. Personalamt oder Beihilfestelle wäre auch ein guter Einstieg. Je größer die Behörde um so spezialisierter sind die Aufgabenbereiche. Im Personalamt einer Gemeinde mußt Du alles können, in einer größeren Behörde machst Du zum Beispiel nur Beihilfebescheide und das wird recht schnell zur Routine.

Natürlich klingt das alles etwas fad, aber Du bist auf der sicheren Seite. Zunächst wirst Du eine Probezeit haben und die gilt es zu bestehen. Ich würde an Deiner Stelle nicht irgendwo anfangen, wo Du Einzelkämpfer bist oder an exponierter Stelle stehst.

Wer weiß, wenn Du mal Fuß gefasst hast, kannst Du Dich immer noch woanders hin bewerben und richtig Karriere machen. Wenn Du das dann überhaupt willst.

Ich kenne auch eine Frau, die das Diplom für den gehobenen Dienst mit ach und krach bestanden hat und keine Stelle fand. Sie hat dann eine Stelle im mittleren Dienst angenommen und sich in der Praxis so toll bewährt, daß sie recht schnell in der Abteilung aufgestiegen ist und dann eben doch eine Stelle im gehobenen Dienst hatte.

Im Moment ist es glaube ich am wichtigsten, Dein Selbstbewusssein etwas aufzupäppeln. Ich habe Dich zweimal in Schöntal getroffen und gesehen, daß Du sehr kommunikativ bist und Dich angeregt und lange mit Leuten unterhalten hast. Und als ich Dich das zweite mal getroffen habe, warst Du richtig aufgeblüht und hattest Dich von einer eher grauen Maus in eine attraktive Frau verwandelt.
Das ist jetzt kein Honig um den Maul schmieren, sondern meine ehrliche und offene Wahrnehmung.
Denn wenn es anders wäre, würde ich das sagen. So schätze ich mich zumindest hier im Forum ein, daß ich kein Blatt vor den Mund nehme.

Glück auf, liebe Kroki.
Deine Cool
elas
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von elas »

Guten Tag, Kroki,

da ich erst seit einem Jahr hier im Forum poste, kenne ich keine früheren Beiträge von Dir, auch kenne ich Dich nicht persönlich, so wie meine Vorschreiberinnen, und die haben ja schon super_super_gute Sachen zu Dir gesagt.

Trotzdem mische ich mich als pensionierte Hauptschullehrerin mal ein.

Es ist absolut kein Versagen aus dem Lehrberuf auszusteigen.
Der Lehrberuf ist ein interessanter Beruf.
Allerdings ist es auch der Beruf mit einer der höchsten psych. Erkrankungraten und einer der höchsten Vorpensionierungen.

Na, warum wohl??? Weil es ein überaus anstrengender Beruf ist. Einmal wird eine ununterbrochenen Flexibilität verlangt, das Einzelkämpfertum vor den Klassen ist schwierig und je nach zu unterrichtenden Fächern ist der Arbeitsaufwand für Korrekturen und Vorbereitungen immens.

Es ist ein Beruf, der sich nur gut bewältigen lässt, wenn man nie Probleme hat, in keine Lebenskrise kommt, keine Scheidung oder Trennung droht, kein Todesfall einen niederdrückt. Etc. Denn vor den Klassen ist immer 200 % gefordert.

Und...es ist ein Beruf, in dem es sich nicht gut alt werden lässt.

Kroki, Gratulation, dass Du rechtzeitig ausgestiegen bist, und Dir nun ein neues berufliches Standbein aufbaust. Du scheinst ja auch noch jung genug dazu zu sein.

Als ich mit meinen seel. und körp. Ressourcen zu schwächeln anfing, war ich ja in einem Alter, wo in der Industrie die Menschen rausgemobbt werden, um diese Stellen mit billigeren Arbeitskräften zu besetzen, und in einem Alter, wo ich nach einer zweiten Berufsausbildung aufgrund des Alters gar keine Chance mehr auf eine Einstellung gehabt hätte.

So von außen betrachtet, hast Du in meinen Augen alles richtig und gut gemacht.

Du hast eine stimmige Berufs-Biographie.

Dass natürlich jetzt Ängste hochkochen vor dem Neustart im Beruf, das ist normal.
Jeder Mensch ohne Depris hätte da auch das große Zittern. Es ist etwas Neues und Unbekanntes, das es gilt zu bewältigen.

Denk dran, depressive Phasen und Tage vor Klassen zu stehen, das ist hart und schlimm. Man kann sich ja nie zurücknehmen und sagen, heute geht es mir nicht so gut, aber morgen, dann...Man kann nicht in die innere Emmigration gehen.

Hast Du aber als "eher Schreibtischtäterin"
schlechte Tage und Phasen, dann kannst Du mal vor Dich hinmüffeln, mal nicht so kommunikativ sein, mal weniger Arbeitsleistung bringen. Wenns Dir wieder besser geht, lässt sich das Arbeitspensum dann wieder aufholen.

Fast beneide ich Dich ein wenig...

Herzlich
elas


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Der Weg ist das Ziel



Lebensringe sind auch Themenringe
Kroki
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Beitrag von Kroki »

cool
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von cool »

Liebe Kroki,

das hört sich doch alles sehr gut durchdacht an, was Du schreibst. Ich drücke Dir fest die Daumen.
Dein Alter sehe ich von der Reife her nur als Vorteil an. Ich mußte lachen, als ich las, wie sehr sich Deine 23 jährigen Mitstudenten zum Teil überschätzen.

Du bist aber noch im "gebärfähigen Alter". Im Bewerbungsgespräch können Fragen kommen, wie Deine Lebensplanung so aussieht.

Zu meiner Zeit gab es nur Einzelgespräche, also ich und dann mehrere Leute die gefragt haben. (Personalchef,Personalrat,zukünftiger Chef)
Heute solltest Du Dich auch auf Gruppengespräche einstellen. Zu Assesment Centern gibt es auch gute Bücher und Internet-Seiten.

Ob große eher anonyme Behörde etwas abseits vom Wohnort oder kleine Gemeinde oder Stadt, wo sich jeder kennt, das ist die große Frage.
Es kann tatsächlich sein, daß Deine gesundheitlichen Probleme einfach eine Reaktion auf den alten Beruf waren und im neuen Beruf "einfach weg" sind.

Es kann aber auch sein, daß Du die Krankheit eben hast und damit leben musst.

Was nun zutrifft wird Dir keiner sagen können. Du mußt es probieren.

Ich bin ab dem Wochenende im Urlaub und lese vielleicht erst nach Ostern wieder.

Viele Grüße Cool
winnie
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von winnie »

Liebe Kroki,

ja, Du hast recht - in erster Linie haben wir ein Selbstwertproblem. Und ich beneide oft diejenigen, die unbekümmert drauflosagieren.

Das Fatale ist, daß wir, ganz objektiv betrachtet, diesen "Jungen" absolut das Wasser reichen könnten. Doch wir verlangen viel mehr von uns, als sie es vermutlich tun. Wir zweifeln an uns, empfinden uns und unsere Leistung daher per se als unzureichend, und deshalb achten wir peinlichst auf jedes Anzeichen von Abwertung und Kritik.

Kroki, ich weiß (zumindest für mich) sehr wohl, daß es eine absolut depressive Wahrnehmung ist. Insofern bemühe ich mich schon, es "rationell" zu sehen, sage mir immer wieder, nein, laß die blöden Gedanken, mach einfach, du kannst es.

Aber ich habe da in den letzten Jahren schon so viel Sch... erlebt, und habe immer wieder erfahren müssen, daß mein (von mir immer wieder verdrängter) Instinkt eben doch richtig war. Ich habe übles Mobbing erlebt, ich wurde gefeuert oder rausgeekelt, nicht wegen schlechter Leistung, sondern weil mich die Leute einfach instinktiv nicht mochten und als Gefahr ansahen (manchmal, weil ich tatsächlich besser war als sie... man glaubt es nicht!). Man ließ mich ins offene Messer laufen, sabotierte meine Arbeit, belieferte mich mit unklaren oder Fehlinformationen, um dann genüßlich zuzusehen, wie ich dann natürlich Mist baute. Wenn ich gute Ideen hatte, wurden die abgeschmettert, ich wurde gezwungen, in falschen, aber für die Kollegen gewohnten Bahnen zu arbeiten - so waren meine Ergebnisse halt wirklich manchmal schlecht (wie bei den Kollegen, aber die durften das ja...) Und so wurde mir dann am Ende tatsächlich irgendwelche mangelhafte Leistung vorgeworfen. Es war zum Teil wirklich sehr schlimm. Und weil meine Situation auch eben die ist, wie sie ist, bin ich sowieso immer ein gut geeignetes Opfer - man hackt schließlich am liebsten auf denen rum, die von vornherein verletztlich sind...

Und das hat mich inzwischen vollkommen verunsichert. Es ist in der letzten Zeit fast bei jeder Stelle passiert. Ich konnte irgendwann gar nicht mehr anders, als inzwischen zu glauben, ich sei wirklich doof und unfähig, außerdem menschlich abstoßend und teamunfähig.

Deswegen gehe ich jetzt nur noch mit weichen Knien zur Arbeit. Warte jeden Tag darauf, dass es wieder so kommt.
Die Stelle, die ich momentan habe, ist sogar recht okay (Mitarbeiterin in einem Pressedienst, dh Backoffice und auch mal den einen oder anderen Artikel schreiben, das liegt mir!) - aber ich bin trotzdem ein Nervenbündel. Und genau deshalb passieren mir immer wieder dumme Fehler, bei denen ich mich im Nachhinein immer wieder frage, verdammt, das gibt's doch nicht, daß ich das schon wieder übersehen habe!!
Und es kommt schon wieder so: ich habe schon die ersten Warnungen erhalten, daß ich mir allmählich wirklich keine weiteren Fehler mehr leisten dürfe, meine Probezeit läuft demnächst ab und ich zittere vor dem da sicher kommenden Gespräch...

Lieb von Dir, Kroki, daß Du mich so lobst.
Aber inzwischen glaube ich, ich habe so ein Lob nicht mehr verdient. Ich bin einfach fertig - immer kämpfen müssen, hat mich wohl einfach ausgelaugt und fertig gemacht.

Aber, Kroki, das genau sollte Dir NICHT passieren. Versuche, so eine Entwicklung im Keim zu ersticken. Denk mal genau nach - Du HAST doch eigentlich gute Fähigkeiten und Kenntnisse. Jetzt ist der Psychodruck mit Deinen Siebt- und Achtklässlern vorbei, also JETZT hast Du die Gelegenheit, ohne Angst das zu tun, was Du kannst.

Und Du bist außerdem einfach eine total sympathische Person. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß Du solche Probleme mit Kollegen bekommen könntest wie ich (Du kennst mich ja ein bißchen und weißt, daß ich kein sehr einfacher Mensch bin, mich mögen tatsächlich viele einfach nicht, ohne dafür einen richtigen Grund nennen zu können).

Du hast die Chance, Du bist fähig und Du bist sympathisch.
Du kannst noch mit völliger Berechtigung sagen, Deine Ängste sind zwar verständlich, aber eigentlich irrational. Also fang an mit Bewerbungen, nimm eine Stelle an, und Du wirst nach wenigen Tagen merken, daß Du Dir zuviele Sorgen gemacht hast. Deine Praktikumsstelle war doch schon ein positives Beispiel.

Laß es nicht so weit kommen, wie ich es jetzt erlebe.
Du hattest jetzt eine angstbesetzte Stelle - die nächste wird mit großer Wahrscheinlichkeit wieder ok sein, und mit etwas Glück kannst Du Dir dann auch wieder einen festen Posten erarbeiten.
Bei mir waren es einfach zu viele sch... Stellen, das hat mich am Ende wohl einfach kaputtgemacht.
Aber das passiert Dir nicht!!!!

Ganz liebe Grüße und *daumendrück* von
Winnie
cocorosie
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von cocorosie »

Hallo Kroki,

vielleicht hilft Dir das. Ich habe mich in den 2 Jahren Berwerbungzeit komplett von meinen eigenen Anforderungen und meinem früheren Berufsbild gelößt (war einer der Auslöder meiner Depression) und fange jetzt wieder von vorne an.

In der ganzen Zeit dachte ich: kann ich das noch, soll ich ein Bild vertreten, von dem ich glaube, dass ich es gar nicht mehr erfüllen kann, was kann ich überhaupt noch, und natürlich spielte auch die "Eitelkeit" eine Rolle. Und das ist nicht Vergangenheit, das frage ich mich auch heute. Aber wenn ich es nicht ausprobiere, werde ich es nie wissen.

Letzte Woche hatte ich ein Gespräch, bei dem ich mit ganz offenen Karten spielte und mein vielleicht zukünfiger Chef sagte: ja, kenn ich, hab ich auch. Also Punktlandung.

Viel Erfolg und Grüße, Claudia
kormoran
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von kormoran »

hallo kroki,

ich kann dir nicht konkrete tipps geben, und kann auch deine bedenken nicht zerstreuen.

ich erzähle dir einfach ein bisschen von meinem berufsumstieg, der geklappt hat und wünsche dir ganz fest, dass es auch für dich klappt. ein klein bisschen können wir das in der hand haben, wenn wir an uns glauben können und nicht von der angst und unsicherheit gesteuert sind. der rest ist auch einfach glück.

ich bin mit 35 als praktikantin in einem komplett neuen beruf aufgetreten. die anderen praktikantinnen waren studis anfang zwanzig.
geschafft habe ich das wohl, weil ich zu dem zeitpunkt endlich ganz fest gewusst habe, das will ich machen (das war neu), und weil ich ganz intensiv und erfolgreich dran gearbeitet habe, bei mir zu bleiben, mich nicht von der angst "was denken die anderen" beherrschen zu lassen.
und: ich hatte großes glück und bin auf menschen getroffen, die mir ohne lang zu fragen eine chance gegeben haben und mich gefördert haben. ich konnte das annehmen und umsetzen und musste diesmal nicht das muster wiederholen: wenn mir jemand eine chance gibt, muss ich versagen. für mich steckte also in dieser geschichte auch eine ganz stark befreiende entwicklung drin.

nach dem praktikum und dank dem guten zeugnis habe ich mich auf eine richtige stelle beworben und wurde genommen. man hat nicht lang nach meiner biografie gefragt und ich konnte ganz gelassen vertreten, dass ich im laufe der zeit hier meine stärke entdeckt und mich bewusst dem neuen beruf zugewandt habe. ich habe auch konsequent meinen wunsch, nicht vollzeit zu arbeiten, durchgesetzt, auch meinem unmittelbaren vorgesetzten ganz nüchtern gesagt, aus gesundheitlichen gründen, und das war's.

der umstieg hat auch für mich eine deutliche gehaltseinbuße gebracht, ein viertel.

deine nächsten schritte werden natürlich von vielen äußeren faktoren, die du nicht beeinflussen kannst, begleitet.

einiges hast du selbst in der hand:
- deine haltung dir selbst gegenüber. wertest du dich selbst ab, lässt du zu, dass bewertungen deiner leistung zu einer abwertung deiner person werden?
- zum anderen habe ich es als wirklich hilfreich empfunden, mich ernsthaft mit meinen stärken und schwächen in beruflicher hinsicht zu befassen;
bei der haltung, mit der ich in ein gespräch gehe, einen mittelweg zu finden zwischen übertriebener ehrlichkeit, die in selbstabwertung kippt und ebenso übertriebener selbstdarstellung "alles super", die mich wiederum verunsichert, weil ich weiß, dass ich das nicht leisten kann.

viel erfolg wünscht dir
kormoranin
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Kroki
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Beitrag von Kroki »

Merle91
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von Merle91 »

Liebe Kroki (und alle anderen)

Ich stecke so ziemlich in derselben Situation.

Ich habe letztes Jahr die 11te Klasse auf dem Gymnasium abbrechen müssen, weil ich es nervlich nicht mehr ausgehalten habe und knappe 7 Monate auf meinem Klinik-Platz gewartet.

Die Klinik habe ich wunderbar überstanden, bin mit viel Kraft rausgegangen, hatte viele Pläne, von denen der größte und wichtigste natürlich war, dass ich mein Abi noch mache.

Pustekuchen.

Ich bin auf allen Fachgymnasien in der Nähe abgelehnt worden, die Fachoberschulen haben mich auf ihre Wartelisten gesetzt und ich habe bis jetzt immer noch keine schlüssige Antwort (Ferien haben ja auch grad erst angefangen, sind also noch super tolle 6 Wochen bis Schulanfang).

Aus Panik habe ich angefangen, mich auf Ausbildungsplätze zu bewerben.
Lustig, mit einem entsprechend besch****** letzten Zeugnis (kein Wunder) und im Lebenslauf ein leeres Jahr, dass ich grad noch so mit einem ganz guten Job und einem Aushilfsjob auf einem Reiterhof (meinem Nachbarn) füllen konnte.
Habe trotzdem bis jetzt schon auf 20 Bewerbungen 9 Absagen bekommen.

Ich frag mich auch, wie es weitergehen soll. Noch ein Jahr ohne Weiterbildung/Schule/Ausbildung?

Vielleicht weiß einer aus dieser klasse Runde eine Antwort für mich

Ganz liebe Grüße,
Merle
rispe
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von rispe »

Auch ich kenne diese Problematik. Hab nicht gerade was Arbeitsmarkttaugliches studiert, suchte daher lange nach einer Stelle, was mich arg belastete. Nach einer Fortbildung klappte es dann, aber die vielen nutzlosen Bewerbungen habe ich noch im Hinterkopf. Zumal ich nicht so ganz glücklich auf der Stelle bin und gerne was anders hätte. Aber schon Bewerbungsschreiben stellen eine riesige Hürde dar. Oder ich fühle mich jedes Mal ungeeignet, wenn ich die Ausschreibung sehe, trotz meiner Berufserfahrung. Belastbar, flexibel, teamfähig? Bin ich eben nicht in dem Maße. Wie stellt man sich dann dar?
Bellasus
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von Bellasus »

>>>Wie stellt man sich dann dar?<<<

Authentisch! Ein Arbeitgeber, bei dem man sich zukünftig wohl fühlen könnte, wird auch damit umgehen können, wenn man Schwächen eingesteht. Fliegt man dadurch raus, wäre die Stelle bestimmt auch nicht gut für einen gewesen, so selektiert sich das von alleine.

Und es gibt die Arbeitgeber, die Menschen geblieben sind und abwägen, was man mitbringt und kann, und auch bereit sind, Zugeständnisse zu machen und Menschen mit Einschränkungen eine Chance geben.

Ich kann gerade gut reden - seit gestern bin ich arbeitslos, weil meine Firma "ein wenig" in finanzieller Bedrängnis ist und noch einige Kollegen gehen müssen. Es schien mir seit Monaten überhaupt nicht machbar, eine neue Stelle zu finden, mich neu einzuarbeiten, es war ein Riesenberg. Dementsprechend habe ich in 2 Monaten auch nur 4 Bewerbungen geschrieben. Und für eine davon habe ich gerade die Zusage erhalten! Heute früh war das Vorstellungsgespräch, und sie haben 4 Std. später angerufen.

Und ich glaube, neben dem, was ich bürotechnisch kann, war eben meine Authentizität ausschlaggebend. Ich habe gesagt, dass ich von der Erkrankung Depression betroffen bin, dass ich aus gesundheitlichen Gründen nur 20 Stunden arbeiten kann, habe auch gesagt, dass ganze Tage Arbeit mich ziemlich anstrengen.

Es ist die Schwierigkeit, sich nicht vollkommen unfähig und schwach zu fühlen, sondern zu trennen zwischen dem, was tatsächlich schwierig ist bei der Arbeitssuche, und dem, was man aber unzweifelhaft kann und was für einen spricht.
Gestern abend dachte ich auch noch, ich geh da heute nicht hin, war kaum nervös, sondern nur mutlos. Aber irgendwie paßte es dann heute früh, war keine Prüfungssituation, sondern ein interessierter Austausch.

Ich will damit sagen, dass man nicht den Glauben daran verlieren soll, seine Nische zu finden. Bei mir ging es jetzt extrem schnell, aber auch wenn es länger dauert und man sich dennoch sagen kann, dass es irgendwann passen wird, dann wird es das auch.

Viel Erfolg allen, denen das Gleiche bevorsteht!
Annette

P.S. Schwarz auf weiß habe ich es auch noch nicht, es muss erst durch den Personalrat




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Beitrag von Kroki »

Regenwolke
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von Regenwolke »

von mir auch herzlichen Glückwunsch, liebe Annette
kormoran
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von kormoran »



annette, das ist ja toll. es ist ein risiko, sich zu outen, aber - wenn man nicht gleich rausgeschmissen wird - ist die klarheit wohl einer der besten wege.
ich hab heute morgen fest an dich gedacht und freue mich sehr für dich!

merle, ich bin ziemlich erschüttert, dass schulen einen jungen menschen, der sein abi machen will, abweisen können. klar, wenn du nicht mal die volksschule geschafft hättest, wäre das in der sache argumentierbar. aber so? du machst einen neuen anlauf. gibt es da evtl. bei der schulbehörde eine anlaufstelle dafür? verdammtnochmal, das bildungssystem ist nicht dazu da, türen zuzuschlagen, sondern welche zu öffnen!

kroki - ich halte dir weiterhin die daumen. glaub an dich und sorge gut für dich!

ach, gerade erst wieder diese woche hatte ich bei der arbeit diesen gedanken: was für ein glück und wie froh ich bin, heute in meinem wunschberuf zu arbeiten ja, es kann klappen!

liebe grüße
kormoranin
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von rispe »

Das macht wirklich Mut, dass es Arbeitgeber gibt, denen man so offen begegnen kann! Bei meinem würde ich mich das nie trauen... Aber vielleicht finde ich ja für die Zukunft so einen. *hoff*
Kroki
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Beitrag von Kroki »

Bellasus
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von Bellasus »

Ach Mensch Kroki, auch wenns dir nicht hilft - will einfach nur mein Mitgefühl ausdrücken, denn ein klein wenig kenne ich die Situation, wenn alles hoffnungslos scheint. Nur dass ich die Probleme mit Beamtenrecht nie hatte und haben werde - als einfache Angestellte hat man es da doch erheblich leichter.

Wäre das denn auch nur zu einem ganz kleinen Teil eine Option für dich, es auf dem Weg zu versuchen? Das doofe ist vermutlich, dass dich jeder AG fragen wird, wieso du in die Privatwirtschaft wechseln willst.

Steck auf jeden Fall nicht den Kopf in den Sand - irgendeinen Weg, wo entlang auch immer, wird es geben, das wünsche ich dir sehr!

Liebe Grüße
Annette




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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von kormoran »

hallo kroki,

was ist das nur für eine bescheuerte rechtssituation, da kannst du ja keinen schritt nach keiner seite machen . ist das ganz sicher so, dass du dich sozusagen strafbar machst, wenn du an der stelle, wo du jetzt gute chancen hattest, nichts sagst? gibt es eine stelle, wo du dir eine unabhängige zweite meinung einholen könntest? das wäre doch einen versuch wert? oder dann wirklich raus auf den "normalen arbeitsmarkt". es klingt für mich ein bisschen wie pest gegen cholera, geschützt und an einer vielleicht völlig unbefriedigenden position abgestellt vs. ungeschützt mit einer chance auf eine interessante stelle. annette hat's auch geschafft!

ach, ist mehr hilfloses im kreis denken, was du sicher schon selbst zur genüge tust.

gib nicht auf, kroki!
alles gute und liebe grüße
kormoranin
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Beitrag von Kroki »

kormoran
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Re: Bewerbung und Depression

Beitrag von kormoran »

hi kroki ,

das klingt schon besser!
ich halte dir jetzt mal fest die daumen, dass es mit der stelle klappt.

liebe grüße
kormoranin
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Beitrag von Kroki »

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Beitrag von Kroki »

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