Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Antworten
Herzeleid
Beiträge: 8
Registriert: 9. Mär 2010, 21:26

Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Herzeleid »

Hallo in die Runde!

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich habe hier im Forum schon so viel gelesen, dass mir der Kopf schwirrt. Es ist wohl da Beste, ich fange von vorne an.

Ich habe meinen Mann vor 6 Jahren kennen gelernt, seit fast 3 Jahren sind wir nun verheiratet und haben einen kleinen Sohn von 2,5 Jahren.
Dass mein Mann vor unserer Zeit schon einmal wegen Depressionen eine Therapie gemacht hat wusste ich. Er meinte immer, dort hätte er gelernt damit umzugehen, sie zu erkennen und zu bekämpfen. Es gab immer einmal depressive Phasen bei ihm, die aber ganz schnell (2,3 Tage) wieder vorbei waren.

Seit einigen Monaten, ich glaube es fing im Spätsommer/Herbst an, wurden die Streitereien häufiger, oft nur wegen Kleinigkeiten. Für mich waren es Kleinigkeiten. Mit dem jetzigen Wissensstand muss ich sagen, dass es für ihn keine waren und er sich selbst durch eine simple Frage wie "Soll ich den Anzug in den Schrank hängen oder in die Reinigung geben?" total aus der Fassung bringen ließ.

Ich habe dieses Verhalten immer auf mich bezogen, aber jetzt muss ich sagen, dass es schon damals die Depression war. Ich habe es nicht erkannt ....

In der letzten Zeit gab es für ihn viele Herausforderungen: Seine Mutter bekam wieder Krebs (hat es aber gut geschafft), unser Kleiner wurde vom Baby zum Trotzkopf und forderte ihn als Vater, er hat eine führende Position im Job übernommen.
Er arbeitet viel und ich bin mit unserem Süßen viel allein. Es gibt keine Angehörigen oder Freunde, die Zeit hätten, mal einzuspringen, in 2,5 Jahren hatte ich einen kinderfreien Nachmittag, an dem ich mal baden konnte. Da mir mein Mann so gut wie gar nicht zu Hause hilft und wirklich alles an mir hängt, wurde ich immer unzufriedener und forderte seinen Teil als Familienmitglied ein. Ich habe ihm gesagt, dass er hier lebt wie ein Hotelgast, als würde er gar nicht hier wohnen und es schön mit uns haben wollen.

So steigerte es sich in den letzten Monaten Stück für Stück und jetzt sind wir an dem Punkt, den ich hier so oft im Forum in anderen Beiträgen lesen musste und an dem ich nicht mehr weiter weiß.

Seit gut 3 Wochen ist er in einer richtig üblen Depression, so wie ich es mir in meinen schlimmsten Träumen nicht hätte vorstellen können. Er zieht sich komplett zurück, ist nur noch im Schlafzimmer, schaut dort Zeitungen und spielt schon fasst verbissen auf seiner Gitarre. Wir hatten an einem Samstag Streit, weil er immer aggressiver wurde wegen Kleinigkeiten, auch unserem Sohn gegenüber. Ich wollte mir dieses Verhalten nicht gefallen lassen, wusste ich ja noch nicht woher es kam. Hatte schon den Verdacht, er hätte jemanden anderes kennen gelernt.
Nach diesem Streit verschwand er im Schlafzimmer und dieser Zustand blieb einige Tage so. Arbeiten geht er nach wie vor und dort scheint auch alles zu klappen, aber wenn er zu Hause ist zieht er sich völlig zurück.
Er schwankt bei unserem Sohn hin und her. Mal macht er Spaß mit ihm und es ist lustig, aber sobald der Kleine Durchsetzungskraft erfordert (und das tun 2,5jährige ständig), ist er beleidigt, schimpft, schreit und zieht sich anschließend zurück.
Unser Sohn ist noch so klein und kommt damit gar nicht zurecht. Er und sein Papa hatten immer ein sehr enges Verhältnis und er ist ein absolutes Wunschkind. Der Kleine verliert langsam den Halt bei seinem Papa habe ich das Gefühl. Er will vom Papa keine Windel mehr, keinen Kuss, alles muss Mama machen .... Das tut mir so weh und hat mich in den ersten Tagen dieser schlimmen Depression sehr wütend gemacht. Ich wünsche mir so sehr einen Partner, mit dem ich mein Leben teilen kann, der mich unterstützt und auf den ich mich verlassen kann.

Nach ca. 1 Woche ging es ihm etwas besser und ich habe Hoffnung geschöpft. Wir haben ein Gespräch gehabt in dem er mir sagte, dass er eine Depression hätte, die aber so stark ist und ihn so umgehauen hat, weil er dachte er hätte es im Griff, dass er nicht weiß, ob er da allein rauskommt.
Ich habe ihm gesagt, dass ich für ihn da bin, dass wir das gemeinsam schaffen können und uns kompetente Hilfe von Dritten suchen müssen. Ich hatte das Gefühl es tut ihm gut, darüber zu reden.

Am nächsten Tag aber ging es genau so weiter und er geriet wieder mit unserem Sohn aneinander. Ich bin wütend geworden und habe ihm gesagt, er solle sich endlich behandeln lassen, wir hielten das nicht mehr aus. Schon da hatte ich mich schlau gemacht und wusste, dass das genau das war, was ich nicht hätte sagen dürfen, nicht in diesem Ton auf diese Art. Aber mir ist einfach der Kragen geplatzt, es tut mir so leid, aber auch ich bin nur ein Mensch.

Seitdem ist es schlimmer als je zuvor. Er behandelt mich wie seinen schlimmsten Feind. Ich habe mich entschuldigt und ihm einen Brief geschrieben, in dem ich meine Sicht der Dinge versucht habe darzustellen. Ich habe ihm gesagt, dass wir für ihn da sind, ihn brauchen und lieben und wir als Familie das alles gemeinsam schaffen können, nur er aber den ersten Schritt tun kann.
Daraufhin bekam ich eine EMail von ihm, dass es kein "wir" und kein "gemeinsam" mehr gibt, dass er keinen Arzt braucht, sondern eine Ehefrau die sich kümmert. Dass ich ihn nicht mehr ertragen kann und sein Sohn Angst vor ihm hat, wir wären ohne ihn besser dran.

Ich habe danach nochmal das Gespräch gesucht, habe mich nochmals entschuldigt und versucht ihm klar zu machen, dass es die Depression ist, die aus ihm spricht. Er hat mich nur angestarrt mit diesem veränderten Gesicht und gesagt, dass er total leer ist, nichts mehr empfinden kann, nichts mehr weiß und erstmal einen klaren Kopf bekommen müsse. Er hätte quasi an der Klippe gestanden und der Mensch der für ihn da sein sollte, nämlich ich, hätte ihn geschubst, ein Teil von ihm wäre gefallen und es wüsste nicht, ob er da noch irgendwo unten liege.
Ich habe ihm gesagt, dass es schwer ist für mich mit dieser Situation umzugehen, dass ich mir Ansprechpartner und Infos gesucht hätte, um das richtige zu tun und ihm nicht zu schaden. Er fragt mich, warum er nicht mein erster Ansprechpartner ist? In seinem Zustand momentan, den ich einfach nicht nachvollziehen kann, ist aber kein richtiges Gespräch möglich.

Mein Mann und der Vater meines Sohnes ist fort. Ich erkenne ihn nicht mehr, hier ist ein anderer und ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Ich versuche ihm zu zeigen, dass ich da bin, frage ihn, ob ich etwas für ihn tun kann und bin so zurückhaltend wie möglich. Er möchte den Kopf frei bekommen, also gebe ich ihm diese Zeit, lasse ihm seinen Rückzug, auch wenn es so weh tut und ich letzte Kraftreserven mobilisieren muss. Und trotzdem habe ich das Gefühl, dass es falsch ist, dass er etwas anderes von mir erwartet. Ich kann ihn aber nicht danach fragen, weil ich keine vernünftige Antwort bekommen würde.

Ich habe einfach nur noch Angst, könnte nur heulen, bin ein nervliches Wrack und versuche trotzdem stark zu bleiben für unseren Sohn. Er muss bei mir die Beständigkeit finden, die sein Papa ihm momentan nicht geben kann.
Es gibt bei uns momentan einige wichtige Dinge zu klären, mit denen ich nun völlig allein dastehe und ich fühle mich wie verlassen.

Ich hoffe einfach, dass es wieder besser wird, aber nachdem ich hier so viele Fälle gelesen habe, die in einer Trennung endeten und dem unseren so ähnlich sind, bin ich verzweifelt. Ich möchte einfach nicht, dass wir dem Schema F der Depression zum Opfer werden, dass unsere Familie daran zerbricht. Ich habe Angst davor, dass er in den nächsten Tagen auf mich zukommt und mir sagt, dass er mich nicht mehr lieben kann, dass da nichts mehr ist. Ich weiß nicht was ich tun soll, was richtig ist, was falsch, wie es weitergehen soll ....

Heute Morgen hat er zumindest "Guten Morgen" gesagt, bevor er zur Arbeit ist und hat mir und meinem Sohn vom Auto aus zum Balkon hinauf gewunken. Sofort stellt sich der Gedanke ein: Wird es jetzt wieder gut? Und dann kommt sofort der nächste Gedanke: Ist es nur einer dieser Strohhalme an den man sich klammert? Ich habe Angst vor dem Moment wenn er von der Arbeit kommt, weil ich nicht weiß, was mich erwartet. Aber ich weiß wie enttäuscht und traurig ich sein werde, wenn ich wieder die Schlafzimmertür hinter ihm zugehen höre.
Ich weiß nicht, wie wir das ohne ärztliche Hilfe schaffen können, aber die lehnt er ab.

Wie ihr seht, ich weiß selbst eigentlich gar nichts mehr und hänge in der Luft. Ich musste das alles einmal niederschreiben und auch wenn es so lang geworden ist, ist es nur ein Bruchteil der Geschichte.

Ich bin Dankbar für jedes Feedback, für jeden Rat ...

Liebe Grüße
Herzeleid
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Babi »

Hallo Herzeleid,
dein Mann ist wirklich in einer heftigen Depression.
Das schlimme ist, daß du da hilflos bist, wenn er nicht selbst einsieht, daß er was tun muß, denn er braucht professionelle Hilfe.
Vielleicht reicht da schon, wenn er mal zu einem Neurologen geht und sich da beraten läßt, ob er Antidepressiva nimmt.

Daß er sich im Schlafzimmer einschließt, ist eine Verzweiflungstat. Er weiß innerlich im Moment selbst nicht weiter, glaub mir.

Es kann auch gut sein, daß die Depression durch Streß auf der Arbeit verstärkt wird, daß er sich da einfach zu viel zumutet.
Vielleicht hilft es ihm einfach, mal eine Kur zu machen und so zur Ruhe zu kommen.

Diese Stimmungsschwankungen, die du beschreibst, sind typisch für eine Depression und es ist auch normal, daß man in Depressionsphasen nichts mehr fühlen kann innerlich.

Es ist ganz wichtig, daß du ihm jetzt Zeit läßt und vor allen Dingen keinen Druck machst, denn auch wenn das nicht so aussieht, den macht er sich innerlich selber, glaub mir.

Und ganz wichtig: Denke an dich und tue was für dich, damit du zufriedener wirst.
Es ist auch falsch, zu vorsichtig zu sein und sich zu viel zurückzuhalten, aber ich verstehe, daß das einfach deine Unsicherheit ist.

Und habe keine Angst vor dem, was dein Mann im Moment sagt. Denk immer daran, er ist in einer Depression und sieht dadurch alles verzerrt.
Er kann im Moment nicht mehr wahrnehmen, was er wirklich fühlt. Und er ist sehr mit sich selbst beschäftigt, deshalb merkt er auch nicht, wie belastet du bist. Das kann er nicht wahrnehmen.

Ich wünsch dir viel viel Kraft.
Alles Liebe Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Herzeleid
Beiträge: 8
Registriert: 9. Mär 2010, 21:26

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Herzeleid »

Hallo Babi!

Danke für deine lieben Worte! Es tut einfach nur gut, wenn man weiß, dass jemand sich die Zeit nimmt, das hier zu lesen und mitfühlt.

Mein Fazit ist auch, dass ich einfach durchhalten muss und ihm keinen Druck machen darf. Aber was heißt das eigentlich? Ich nehme ihm alle Aufgaben ab, bin neben Hausfrau und Mutter nun auch Mann und Papa in unserer Familie. Ich frage ihn nicht nach Entscheidungen, weil ich weiß, dass er momentan keine treffen kann. Ich nehme ihm sofort den Kleinen ab, sobald es Theater gibt und lasse den beiden ihre Zeit, wenn`s gut läuft. Beim Wocheneinkauf bleibt er im Auto und ich gehe allein mit dem Kleinen, weil es für ihn zu viel wäre. Ich bohre nicht nach bei ihm, sage nichts wie "reiss dich zusammen".
Ich frage mich aber auch, ob dieses Entlasten von allen Verpflichtungen nicht auch etwas Gegenteiliges bewirken könnte, nämlich dass er sich hier nicht mehr gebraucht fühlt, weil ja auch ohne ihn alles läuft und wir uns einfach nicht mehr für ihn interessieren. Etwas in der Art hat er schon vor einiger Zeit geäußert, nämlich dass er sich als Belastung für die Familie fühlt und hier nicht gebraucht wird. Ich empfand das als Quatsch und gemein. Wenn ich da schon gewusst hätte, wofür es ein Anzeichen war und wohin es führt ....

In seiner Mail schrieb er ja auch, dass er nicht mit mir redet, weil es mich ja sowieso nicht interessiert und nur nervt.

Ich hoffe so sehr, dass er irgendwoher Kraft findet. Er hat ja so eine schlimme Phase (wenn auch nicht so schlimm wie diese) gehabt damals, und durch die Therapie gelernt damit umzugehen. Ob er sich daran erinnern kann/wird?

In dem letzten Gespräch warf er mir vor, dass er den schweren Schritt getan hätte, mir von seiner Depression zu erzählen und ich sein Vertrauen missbraucht hätte, dass ich es totschweigen würde. Dabei möchte ich ihm nur seinen Rückzug gestatten und alles richtig machen. Wenn ich ihn frage, ob ich etwas für ihn tun kann oder ob er reden möchte sagt er nur "Nein".

Ach, es ist alles so verfahren und ich hätte niemals gedacht, was hinter dem Wort Depression, was einem so leicht von den Lippen kommt, wirklich steckt und dass es uns einmal so treffen würde...

Danke nochmal!

Liebe Grüße
Herzeleid
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Babi »

HI Herzeleid,

du brauchst dich nicht zu bedanken, wir sind hier alle füreinander da.

Ein Depressiver fühlt sich immer als Belastung, das ist sein Empfinden, weißt du.
Und wenn er sagt, daß er das Gefühl hat, nicht gebraucht zu werden, dann will er einfach nur hören, daß das nicht so ist und daß du ihn lieb hast, das ist alles.

Depressive brauchen es, das öfter zu hören, weißt du, denn nur wenn sie es immer wieder hören, kann es sich bei ihnen verinnerlichen. Und mit den Aussagen "ich bin nur eine Belastung" oder "ich fühle mich nicht gebraucht" wollen sie unbewußt klar machen, daß sie es mal wieder brauchen, daß ihnen liebe Worte gesagt werden, wie "Ich hab dich lieb" oder "Ich und der kleine brauchen dich".

Das wollte ich dir mal als Tipp mitgeben.

Alles Liebe Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
sunshine45
Beiträge: 685
Registriert: 16. Sep 2008, 14:26

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von sunshine45 »

Hallo Herzeleid,
zunächst mal herzlich Willkommen hier!
Hier zu schreiben und den Rat von Anderen zu bekommen, wird Dir schon mal sehr helfen.
Nicht alle Geschichten müssen gleich enden, daher vergleiche Dich nicht mit uns anderen.
Ein Rat von mir:
Nimm ihm nicht alles ab, dadurch machst Du ihn noch kleiner und "entmündigst ihn" und treibst Dich noch weiter an den Rand der Verzweiflung.
Sag ihm ruhig, dass Du seine Hilfe brauchst, aber auch weißt, dass er momentan durch die Depression nicht ganz soviel wie sonst leisten kann. Frag ihn was er sich zutrauen würde, was er machen könnte und legt dafür einen großzügigen Zeitraum fest. Wenn er keinen starken Druck verspürt und sich die Aufgaben einteilen kann, so könnte es gelingen. Auch wenn es nur kleine Dinge wie z.B. den Müll rausbringen sind, so fühlt er sich dadurch besser, weil er etwas zum Alltag beitragen kann.
Es ist schwierig dabei Geduld zu bewahren, gerade wenn man auch noch ein kleines Kind hat, dass Aufmerksamkeit braucht.
Er merkt ja auch wieviel Du momentan zu tun hast und dass Du nervlich angespannt bist, da will er Dich dann nicht noch zusätzlich belasten und mit Dir über seine Depression sprechen. Aber genau das wäre wichtig, damit Du seine Verhaltensweisen besser verstehen kannst.
Versuch ihm doch vielleicht zweimal die Woche abends oder am Wochenende eine ganz bestimmte Zeit anzubieten, die nur Euch Beiden gehört (wenn das Kind im Bett ist). Eine Zeit die nur für ihn bestimmt ist und in der Du ihm einfach zuhörst.
Bei Streitigkeiten darfst Du auch ruhig Grenzen setzen, denn oft ist das was er Dir vielleicht vorwerfen wird, genau sein Fehlverhalten. Pass nur auf, dass Du Dir den Schuh nicht anziehst und mach auch ruhig mal etwas schönes und genieße es. Dadurch verschlechtert sich die Depression Deines Mannes nicht.
Ebenso hilft es auch, wenn man gute Freunde hat mit denen man reden kann. Bloss nichts verschweigen, dass würde Dich nur noch mehr belasten!
Es reicht jetzt schon, wenn ich das von Dir lese und aus Erfahrung kann ich mir nur zu gut vorstellen, dass Du auch nur einen Bruchteil des ganzen geschrieben hast.
Scheue Dich wirklich nicht hier viel zu schreiben, Du darfst auch richtig wütend schreiben und auch sein, denn das gehört zur Abgrenzung und zum eigenen Überleben dazu.
Liebe Grüße
von der Koboldin
Love it, leave it or change it!
bradforhelp
Beiträge: 344
Registriert: 11. Nov 2009, 13:55

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von bradforhelp »

Hallo Herzeleid,

ich möchte kolbold unbedingt zustimmen. Es ist meines Erachtens wichtig, dass du lernst, Grenzen zu ziehen. Vielleicht kannst du dir ja auch therapeutische Hilfe suchen, um mit der Situation besser zurecht zu kommen.

brad
"In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt."

Albert Camus
Herzeleid
Beiträge: 8
Registriert: 9. Mär 2010, 21:26

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Herzeleid »

Ihr Lieben!

Vielen Dank, eure Beiträge helfen mir und die Ratschläge werde ich sicher berücksichtigen.
Mir ist erst jetzt bewusst geworden, dass liebe Worte an ihn von meiner Seite eher Mangelware waren in der letzten Zeit. Ich hab sooo viel um die Ohren, Kind, pflegebedürftige Großeltern, da habe ich ihm glaube ich Druck gemacht, mich zu unterstützen und für mich da zu sein. Wollte etwas mit Unmut erzwingen, ws er wohl nicht bringen konnte ...

Dass er eine schwere Depression hat steht wohl ausser Frage, aber die Entwicklungen hier sind seltsam. Ich habe ein langes Telefonat mit einer Freundin geführt, sie kennt uns sehr gut und steht mir bei.

Heute nachmittag schrieb ich meinen Mann an, ob er Hustensaft für den kleinen nach der Arbeit mitbringen könnte. Antwort war: Bin in Krefeld in der Stadt, wird wohl klappen, komme später.
Was mich so stutzig macht: Wieso nimmt er sich früher frei und ist in der Stadt in Krefeld? Er hat dort eigentlich niemanden mit dem er sich treffen könnte. Bei seinen Eltern ist er nicht. Das macht mich alles stutzig ...
Dann fiel mir nur noch eine Möglichkeit ein: Eine frühere Freundin von ihm arbeitet dort. Für mich ein rotes Tuch. Wir hatten vor 3 Jahren eine schwere Zeit, als ich dahinter kam, wie "intim" der Kontakt doch mit dieser vermeindlich besten Freundin war. Er hat mich nicht körperlich betrogen, aber hat sehr vertrauliche und vor allem sexuelle Mails mit ihr ausgetauscht. Es gab ein riesen Theater, im Endeffekt und nach viel hin und her hat er den Kontakt zu dieser Freundin abgebrochen, unser Sohn wurde geboren usw. . Die Geschichte ist zu komplex um sie in aller Gänze wieder zu geben. Nur soviel noch: Diese Freundin war immer sein perfektes Bild einer Frau, sein Ideal wie er mir mal sagte: Magersüchtig, kurze Haare, forsch. All das bin ich nicht. Die Zeit damals war schwer und viele rieten mir mich zu trennen, aber ich bin bei ihm geblieben.

Ich vermute nun, dass er in seiner jetzigen Lage wieder Kontakt zu ihr sucht, was die ganze Sache noch komplizierter machen würde.

Auf der anderen Seite fallen mir bei genauer Überlegung einige Dinge ein: In den letzten Wochen vor der Depression hing er nur noch an seinem iPhone. Kam ich manchmal unerwartet ins Zimmer oder ins Bad hat er es schnell weggedreht, damit ich ja nix sehen konnte. Er ist immer früh ins Bett gegangen, hat dann aber noch eine gute Zeit mit seinem iPhone verbracht. Auch jetzt in der schlimmen Phase macht er das nach wie vor. Sein neues Hobby ist seit einiger Zeit sowieso auf der Toilette zu verschwinden, mit iPhone. Er hat das Teil übrigens gecrackt, hat also uneingeschränkten Zugriff auf alles.
In unserem letzten Gespräch meinte er auch: Wenn ich mit dir nicht reden kann, muss ich mir wohl jemand anderen zum reden suchen. In so einem komischen Tonfall.

Ich frage mich, ob er nicht schon vor einiger Zeit einen Kontakt zu dieser Freundin aufgebaut hat (oder zu jemand anderem), sich vielleicht verliebt hat und die Depression daraus entstanden ist.

Es ist schlimm, dass ich nun schon hier sitze und in solche Richtungen denke, aber so gaaaanz abwegig erscheint es mir halt nicht.

Bis jetzt ist er nicht zu Hause und ich mache mir Sorgen, merke die beginnende Eifersucht. Mit wem ist er nur unterwegs? Wieso zieht er sich nach dem Rückzug ins Schlafzimmer nun auch aus unserer Wohnung zurück? Was für eine irreale Situation. Hätte mir jemand an Silvester gesagt, was das neue Jahr bringen würde, ich hätte es nicht geglaubt.

Ich würde so gern mit ihm reden, ihn reden lassen, aber er lässt es momentan so gar nicht zu, guckt mich nur böse an. Ich weiß, dass eine Depression sehr lange dauern kann. Aber dieser extreme Zustand wie er jetzt ist, kann der auch Monate oder sogar Jahre so weitergehen? Woher soll ich dafür nur die Kraft nehmen. Und nochmal den "Kampf" gegen diese Freundin aufnehmen, das möchte ich nicht.

Mir ist bewusst, dass ich diese Abgrenzung finden muss, an mich denken muss und an mein Kind. Aber ich bin noch so ins kalte Wasser geworfen, dass daran nciht zu denken ist. Mir ist die Kehle zugeschnürt, ich habe keinen Appetit, fühle mich betäubt durch die Hilflosigkeit. Es ist ein so körperliches Gefühl. Ich kann das alles nur noch niederschreiben.

Eine Bekannte gibt mir noch den Namen einer guten Therapeutin, die ich dann aufsuchen möchte. Nur leider weiß ich nciht, wie ich das anstellen soll. Den Kleinen kann ich zu den Gesprächen nicht mitnehmen, der reisst de Bude ab. Und ich habe niemanden, der zu Sprechzeiten auf ihn aufpassen könnte. In den Kindergarten geht er erst ab September...

Momentan geht es mir nur noch schlecht. Tagsüber reisse ich mich zusammen, aber an den Abenden, wenn der Kleine im Bett ist, kommt dann alles raus.

Ich bin so froh hier schreiben zu können ... Und er ist immer noch nicht da .... Wenn er in einer so schweren Depression ist, wieso kann er dann so und mit wem auch immer um die Häuser ziehen?
Ich begreife es einfach nicht und bin krank vor Sorge.

Liebe Grüße
Herzeleid
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Babi »

Hallo Herzeleid,

ich verstehe sehr gut, was du da gefühlsmäßig durchmachst. Es ist alles sehr sehr schmerzhaft für dich, ich kann das total nachfühlen.

Ich denke, er merkt gar nicht, was er dir antut, ihm ist das nicht bewußt.
Er fühlt sich von dir unverstanden, deswegen reagiert er wohl so.

Und ich verstehe auch deine Angst mit der anderen Frau.
Aber muß es denn sein, daß er eine Frau zum sich ausquatschen ausgesucht hat? Vielleicht hat er auch einen Freund, mit dem er gut reden kann, kann ja auch sein.

Deine Worte hören sich im Moment wirklich so an, als würdest du gar nicht mehr an ihn rankommen, als hätte er total dicht gemacht.

Eins kannst du mir glauben: Er ist genau so unsicher wie du, was den Umgang von euch zweien miteinander betrifft.
Vielleicht kannst du ihm ja mal in einem Brief an ihn aufschreiben, was du fühlst und was in dir vorgeht, vor allem von deinem Schmerz und deiner Traurigkeit, denn ich denke, er ahnt in keinster Weise, wie du dich wirklich fühlst.

Ich denk an dich und fühl mit dir, deine Situation berührt mich sehr.
Laß dich mal drücken!

Alles Liebe Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
chrigu
Beiträge: 2081
Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von chrigu »

Hallo Herzeleid,

es gibt natürlich die von Babi vorgeschlagene Möglichkeit, äußerst verständnisvoll an die Situation heranzugehen und Deinen Mann behutsam zu behandeln. Das ist natürlich immer die einfachere Wahl, weil man dann niemanden angreift und keine Gegenattacke zu erwarten hat. Es ist aber meiner Meinung nach nicht die richtige Wahl. Denn Du selbst bleibst dabei auf der Strecke und bedienst das Muster Deines Mannes auch noch.

Mein Rat wäre deshalb genau entgegengesetzt: Ansprechen, was Du fühlst, denkst, befürchtest. Depressive sind zwar krank, aber sie sind nicht doof. Und nur weil jemand depressiv ist, muss er sich nicht wie ein Vollidiot benehmen. Ebensowenig muss er hinnehmen, dass ein Verhalten, das meiner Meinung nach nur zweitrangig mit Depressionen zu tun hat, von den Mitmenschen getragen wird. Zwar hat Depression oft eine sehr schräge Egozentrizität zur Folge, aber die muss ja nicht auch noch von außen bestätigt werden. Ganz im Gegenteil: Erst die Erkenntnis, dass man nicht nur sich selbst, sondern auch seiner Familie schadet, könnte dazu führen, sich Hilfe zu holen.

Ein Credo ist häufig, den Depressiven nicht unter Druck zu setzen. Aber wo beginnt denn der Druck? Den anderen zu fragen, was denn nun eigentlich los ist und seine eigenen Befürchtungen zu äußern ist eine andere Art von Druck als dem Depressiven dauernd einzuhämmern, doch endlich aufzustehen.

Wir können leider nicht wissen, was bei Deinem Mann los ist. Ich sehe - wie Du selbst ja auch - viele Parallelen zu Geschichten, die hier schon geschildert wurden. Vielleicht schlage ich auch deshalb diese härtere Richtung vor, weil ich das Gefühl habe, es hier mal wieder nicht nur oder überhaupt mit einer Depression zu tun zu haben. Da bleibt natürlich immer die Möglichkeit, dass ich Deinem Mann absolut unrecht tue!

Für Dich (und es geht hier ja um Dich!) kannst Du die Situation meiner Meinung nach nur verbessern, wenn Du weißt, worum es geht. Von seinem Mann zu verlangen, bitte ehrlich zu sagen, was denn nun eigentlich los ist, finde ich absolut berechtigt. Ebenso berechtigt ist die Frage, ob er sich denn nun mit einer anderen Frau trifft. Ob er das nun tut, weil er in seiner depressiven Phase Selbstbestätigung sucht oder Trost oder Ruhe ist egal. Wäre das der Fall, wäre das zusammen mit der Heimlichtuerei (und wie gesagt, Depressive sind nicht blöd, sie wissen schon, dass sie dem Partner damit wehtun) trotzdem nicht mit der Krankheit zu entschuldigen.

Alles Gute
Chrigu
tomroerich
Beiträge: 3102
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
Kontaktdaten:

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von tomroerich »

Hallo Herzeleid,

es kommt leider häufig vor, dass durch eine Depression der nicht (direkt durch Krankheit) betroffene Partner zum Sündenbock wird.

Der Satz "Ich brauche eine Frau, die zu mir steht, und keinen Arzt" (oder so ähnlich), zeigt recht deutlich, wie dein Mann gerade tickt. Auch wenn er ja zu wissen scheint, dass er eine Depression hat und dass dies eine Erkrankung ist, fühlt er dennoch Verletzung und Unverstandensein, die für ihn von außen zu kommen scheinen - durch dich. Was er fühlt ist, dass du ihn nicht verstehst und ihm nicht gibst, was er zu benötigen glaubt. Dass diese Ausbrüche von grotesk übersteigerten Verletzlichkeit in ihm selbst ablaufen und in ihm ihre Ursache haben, nimmt er nicht wahr.

Das ist eine dieser verflixten Gefühlskurzschlüsse, die eine Depri mit sich bringen kann. Indem du die Rolle zugeschustert bekommst, ihn heil machen zu sollen oder doch wenigstens dich so zu verhalten, dass ihm nichts wehtut, macht er dich indirekt für seinen Zustand verantwortlich und fühlt sich berechtigt, anderweitig Trost zu finden. Und du stehst da und verstehst garnichts mehr.
Wenn du sein Verhalten gegenüber dem kleinen Sohn bedenkst, wird auch da ganz deutlich, dass er sein Leid auf andere projiziert und wütend werden muss wegen nichts.

Das mag dir jetzt nicht gefallen, aber lass ihn doch sich woanders ausheulen. So merkt er am ehesten, dass es mit dir garnichts zu tun hat. Denn lösen wird das sein Problem höchstwahrscheinlich nicht. Was dir und ihm am besten tun würde nach meiner eigenen Erfahrung ist, die normalen Erwartungen an die Beziehung vorübergehend aufzugeben und sein ganzes Verhalten als Ausnahmezustand zu akzeptieren, der einfach nicht mit nomalen Maßstäben gemessen werden kann.

Schau, dass du klar kommst und nicht so leiden musst. Eine Haltung, die ausdrückt, dass du zwar notgedrungen akzeptierst, was gerade los ist, aber dennoch ganz anders über alles denkst und dich seinen Vorwürfen nicht anschließen kannst, schafft die nötige Distanz, ohne dabei alles über Bord zu werfen. Ja, du erlebst das gerade alles so, ok. Aber ich nicht.

Alles Gute!



Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
Himmel2
Beiträge: 144
Registriert: 16. Mai 2008, 21:02

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Himmel2 »

Hallo Herzenleid

Was Chiru u. Thomas schreiben würde ich genau so sehen.Die Wahrnehmung eines depressiven Menschen ist eine andere und so zeigt sich dann auch das Verhalten.Oft merken sie es nicht mal, daß dieses Verhalten extrem daneben ist.Ja, man ist als depressiver Mensch nicht blöd,deswegen sollte auch dem Betroffenen ab und an der Spiegel vorgehalten werden.Dies kannst Du machen, in dem Du in der ICH-FORM über Deine Gefühle sprichst und Ihm Fragen stellst.Erkläre ihm, was dieses Verhalten in Dir auslöst. Vielleicht schafft ihr es über solche Situationen Absprachen zu treffen, damit es BEIDEN besser geht u. schwere Situationen besser überstanden werden können.Falls er extrem reagieren sollte(aggressiv), breche einfach die Gespräche ab.Denn sonst schauckeln sich solche Gespräche auf.Lerne für Dich selbständiger ohne Deinen Partner zurecht zu kommen,dann schaffst Du es auch Dich besser abzugrenzen.Schaffe Dir Dein eigenes soz. Umfeld ( Freunde, Familie u.s.w.)Depressive Menschen denken negativ verdreht u. projezieren ihre eigenen Probleme oft auf andere.Meine Tochter würde sagen, VERDREHTE WELT !!! Beobachte dies und Du wirst schnell merken was sein Part ist , den er Dir zu schieben möchte. Falls er jemanden Neues hätte,glaube nur nicht das seine Depressionen weg sind. Die nimmt er nämlich mit und das ganze Spiel beginnt von vorne.Erst die Arbeit an sich selbst hilft wieder mit sich und der Umwelt klar zu kommen. Macht man dies nicht, sind halt immer die anderen daran Schuld und man fällt immer wieder auf die Nase. Oft zeigt die Depression erst, daß hier was verkehrt läuft.Der Weg zurück ist lang und dies geschied oft mit Umwegen und auch mit Fehler.Aber Fehler sind dazu da um daraus zu lernen.Das Du zu einer Therapeutin gehen willst, finde ich gut.Dadurch wirst Du mehr erfahren, wo Deine eigenen Grenzen bei der ganzen Situation liegen.Oft überschreiten wir diese und fallen dann selber in ein Loch.


LG Heide !!!
Herzeleid
Beiträge: 8
Registriert: 9. Mär 2010, 21:26

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Herzeleid »

Hallo Zusammen!

Erstmal vielen Dank für das Feedback, das hilft mir wirklich sehr! Auch unterschiedliche Meinungen sind super, das ich mir nach wie vor wirklich der Situation unsicher bin. Die große Heulerei der ersten Tage ist vorbei, im Moment "harre ich aus".

Der Verdacht wegen der Freundin hat sich nicht bestätigt. An dem Abend war er bei seinen Eltern und hat sich von Schwiegermutter die Haare schneiden lassen. Als er dann nach Hause kam, war das alte Spiel: Toilette, rauchen auf dem Balkon, Schlafzimmer. Als er dann das letzte Mal rausging fragte ich ihn, ob wir uns nicht Gute-Nacht sagen. Doch meinte er und wollte wieder ins Schlafzimmer. Bin dann aber auf ihn zugegangen und habe ihn in den Arm genommen. In dem Moment hat er richtig zurückumarmt, war kein steifer Holzklotz wie ich erwartet hatte. Er sagte dann noch, dass wir am Wochenende mal reden sollten und ich stimmte zu, dann verschwand er wieder.

Am Tag darauf rief mich sein Vater an. Mein Mann hatte ein langes Gespräch mit ihm geführt und ihn zum Ende gebeten mich anzurufen und mit mir zu sprechen, da er nun viel mehr über ihn wüsste als ich.
Was sein Vater mir erzählte hat mich im Endeffekt auch nur sehr verwirrt.
Mein Mann sagte er würde viel für mich empfinden, mich sehr lieben, aber in den Momenten in denen er auf mich trifft und ich vielleicht emotional werde kann er damit nicht umgehen, weil er nichts empfindet. Sein vater fragte nach, wie das denn zusammenpasst und darauf meinte er wohl, dass er die Depression fast überwunden hätte, ich ihn aber so verletzt hätte mit meiner forschen Aufforderung nun doch endlich zum Arzt zu gehen und sich behandeln zu lassen, dass er nicht mit mir umgehen könnte.

Für mich tun sich da viele Fragen auf. Dass er die Depression überstanden hat halte ich für ein Gerücht. Hier zu Hause hat er in den letzten Tagen kaum ein Wort mit mir gewechselt, kümmert sich kaum um den Kleinen. Wenn ja, dann ist er lieb zu ihm, aber sobald dem Lütten etwas runterfällt oder er etwas lauter wird, verschwindet mein Mann genervt und überfordert im Schlafzimmer und schmeisst die Tür hinter sich zu.

Wenn er weiß, dass er mich liebt und viel für mich empfindet, wie passt das mit einer Depression zusammen, in der man doch eigentlich nichts empfinden kann?
Ich habe das Gefühl er möchte mich irgendwie bestrafen mit seinem extrem abweisenden Verhalten. Oder ist das wirklich eine Begleiterscheinung der Depression.

Normalerweise fahren wir heute immer groß einkaufen und ich war davon ausgegangen, dass wir das auch heute s machen und er dann wieder wie die letzten Wochen im Auto bleibt. Eben hat er mich das erste Mal seit langem mal wieder von der Arbeit aus angerufen und fragte knapp und sehr kalt, ob wir über`s Wochenede kämen oder er was einkaufen solle. Hab dann gesagt, dass wir schon einiges brauchen und er meinte nur, ich solle ihm eine Liste durchschicken. Tschüss.
Er wirkte total genervt und stinkig. Die letzten Tage war er eigentlich neutral, abweisend, aber nicht besonders wütend. Ich hatte ihm von meiner Entscheidung in welchen Kindergarten unser Kleiner gehen soll berichtet und ihn gefragt, ob die für ihn in Ordnung ist. Er sagte nur okay und das war`s, er spricht ienfach nicht mehr. Jetzt graut`s mir schon wieder vorm Wochenende und ich überlege, was ich bei dem schlechten Wetter mit dem Kleinen tun kann, um hier raus zu kommen.
Ich hatte mich auch erst gefreut, dass er jetzt am Wochenende reden möchte, aber jetzt hab ich schon wieder Angst davor. Er wird sowieso die ganze Zeit nur im Schlafzimmer sein und Gitarre spielen...

Ich weiß nicht, wie ich das alles deuten soll. Auch wenn ich mir schon viele Infos geholt habe, ist mir sein Verhalten einfach nur "suspekt" und irreal.
Ich weiß nicht, wie ich mit ihm sprechen soll. Kann ich ihm sagen, dass ich nicht weiß wie ich mich verhalten soll? Dass mir und vor allem unserem Sohn das alles weh tut? Oder bestärkt das nur seine Depression. Ich habe so oft gelesen, dass depressive Menschen nicht "dumm" sind, aber ich habe das Gefühl er ist momentan "dumm" (oder stellt er sich so), weil er auf gar nix reagiert. Auch nicht auf die Kindergartengeschichte.

Wie ist das für denjenigen, aus der Depression wieder herauszukommen? Wie empfindet er die Phase, in der es vielleicht Schritt für Schritt besser geht? Wird dann alles langsam wieder klarer? Das würde mich sehr interessieren.

Ich bin gespannt, was das Wochenende bringt und froh, dass diese Weinphase bei mir vorbei ist und ich momentan eher ruhig bin, hoffe, das bleibt auch so.

Ich würde hier gern öfter schreiben, aber habe nicht genug Zeit, so viel um die Ohren, mal abgesehen von der Depression...
Aber es tut sehr gut und hilft mir weiter das alles Schritt für Schritt zumindest Ansatzweise zu verstehen ... DANKE!

Liebe Grüße
Herzeleid
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Babi »

Hallo Herzeleid,

so wie du deinen Mann schilderst, steckt er noch mitten in der Depression drin. Ich denke, daß er gesagt hat, er ist da raus, heißt für ihn eher, daß er aus der Hilflosigkeit raus ist und einen Weg für sich sieht.

Es hat sich das nun bestätigt, was ich die ganze Zeit vermutet habe, nämlich daß er keine andere hat.
Er hat im Moment einfach wenig Kraft, dewwegen auch der Rückzug. Das Musik machen ist seine eigene Kraftquelle, weißt du. Das braucht er. Ist ganz wichtig, daß er diese Phasen hat, in denen er mit der Gitarre spielt, das ist wahrscheinlich im Moment der einzige Weg, wie er sich selbst spürt, weißt du.

Ich finde das auch gut, daß er mit seinem Dad geredet hat und ihn gebeten hat, dann mit dir zu reden.
Das zeigt, daß dein Mann Dinge klären will.
Es ist normal in einer Depression, daß man jemand sehr liebt und trotzdem Angst vor dessen Nähe hat.
Und deshalb auch nix spürt, wenn derjenige einen dann in den Arm nimmt oder so. Das braucht dich gar nicht beunruhigen.
Ich bin selbst Betroffene und kenne das von mir auch, weißt du.

Er liebt dich aber irgendeine Angst überdeckt das immer, wenn du ihm nahe kommst, deshalb fühlt er in dem Moment nix.
Vielleicht hat er ja Angst, daß von dir irgendwas kommt, was er nicht verkraftet im Moment.
Daß er die Gefühle runterfährt, ist ein Stück Selbstschutz, das er da an den Tag legt, verstehst du.
Er ist in einer Depression und da tritt das automatisch auf, er ist einfach noch nicht stabil, braucht dazu noch Zeit.

Was du ihm auf alle Fälle aber sagen solltest, ist, daß du selbst unsicher im Moment bist in der ganzen Situation.
Das sollte er schon wissen.

Und zu deiner Frage: Man kann nur Schritt für Schritt wieder aus einer Depression wieder herauskommen und ja, es wird langsam alles wieder klarer, aber das dauert.
Du mußt dir das so vorstellen, wie bei einem bewölkten Himmel. In der Depression ist alles dicht behangen mit depressiven Gedanken wie der Himmel mit dicken grauen Wolken und mit der Zeit klart sich das schrittchenweise immer mehr auf wie der graue Himmel, an dem immer mehr dichte dicke Wolken verschwinden, so daß er klarer wird.
Kannst du dir das vorstellen?

Weißt du, es dauert seine Zeit, es geht ganz langsam und man muß da Geduld haben. Der Depressive muß dazu ja viel Kraft aufwenden, daß es überhaupt vorangeht.

Ich hoffe, dir ein bißchen weitergeholfen zu haben.
Ich wünsch dir nur das Beste.
Alles Liebe Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Herzeleid
Beiträge: 8
Registriert: 9. Mär 2010, 21:26

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Herzeleid »

Hallo!

Ja Babi, ich denke du hast recht, wenn du sagst, dass er Angst hat, dass von meiner Seite ewas kommt, was ihn verletzen könnte, deswegen macht er so dicht.

Wir haben heute Abend miteinander gesprochen….

Ich habe ihn in den Arm genommen (die letzten Tage ist er dabei wie ein Holzklotz – die Nähe der ersten Umarmung ist nicht mehr da) und ihn gefragt, ob wir miteinander reden könnten. Er sagte, er wüsste nicht worüber, hat sich dann aber mit mir hingesetzt.

Ich habe ihn gefragt, wie es ihm geht und er sagte, nicht gut nicht schlecht, es geht halt.
Ich habe ihm viele Fragen gestellt über sein Verhalten momentan. Habe ihm gesagt, dass ich die Situation momentan nicht einschätzen kann und deshalb diese Fragen stellen möchte, um mir das alles klarer zu machen. Er hat auf alle knapp geantwortet, wirkte leicht abwehrend. Sagte er fühlt nichts und müsste sich darüber klar werden, wie es weitergehen soll, sagte es gäbe für ihn kein „uns“. Es gehe ihm besser in einem Zimmer allein, als hier in einer Gemeinschaft, in der er sich einsam fühlt. Ich habe ihn dann gefragt, was es ist, dass dieses uns (das es für mich nach wie vor gibt) in Frage stellen würde.

Er brachte dann wieder den Samstag an, den Tag an dem wir uns gestritten haben und ich ihm sagte, er solle sich behandeln lassen. Er hätte sein Vertrauen in mich verloren, da ich in dem Moment in dem er mich am meisten brauchte sein Problem gegen ihn verwendet hätte. Es hätte hier schon lange keine Umarmung, kein nettes Wort oder ein „gemeinsam“ gegeben, er fühle sich hier unerwünscht.

Er hat es nicht direkt gesagt, aber aus ein paar seiner Antworten ging hervor, dass er wohl gar nicht der Meinung ist, dass er noch in der Depression wäre. Er wolle sich hier jetzt alles angucken und dann entscheiden, ob es nicht besser wäre in 2 Wochen zu seinem Schwager zu ziehen.

Ich habe ihm dann darauf geantwortet, dass ich mir in den letzten Tagen viele Gedanken gemacht habe über uns und dass er recht hat. Dass ich in der letzten Zeit oft gemein und abweisend zu ihm war, dass es mir aber wirklich und das muss er mir glauben erst in dieser Situation wirklich klar geworden ist, wie sehr ich ihn damit verletzt habe. Er sagte, er könne dazu nicht viel sagen, wozu ich meinte, dass ich schon froh wäre, dass er mir zugehört hätte und ich darüber sprechen konnte, er müsse nichts sagen.

Ich war so überlastet mit Haushalt, Kind und anderen Verpflichtungen, dass ich ihn dabei völlig übergangen habe. Ich war oft aufbrausend und irgendwie kalt, habe mir von ihm Unterstützung gewünscht und als er sie vermeindlich nicht gab (Versuche hat er gemacht und Vorschläge), da bin ich wütend geworden, habe aber nicht darüber mit ihm geredet und meinen Groll immer weiter in die nächste Auseinandersetzung getragen. So hat es sich hier immer weiter runtergeschraubt: Ich wurde immer unzufriedener und damit unausstehlicher und er wurde davon immer mehr und mehr in seiner depressiven Stimmung gestärkt und es führte letztendlich hierhin. In eine totale Abschottung seinerseits.

Leider sieht er nicht, dass auch er seinen Teil dazu beigetragen hat, aber das habe ich nicht angesprochen, da ich lieber Schritt für Schritt vorgehe.

Ich habe ihm noch gesagt, dass mir ebenfalls klar geworden ist, wie sehr ich ihn liebe und brauche, dass er der Mann ist den ich geheiratet habe und zu dem ich stehen will.

Und dass, egal was in der Zukunft passieren wird, wir öfter das Gespräch suchen sollten und so miteinander reden wie grade. Er hat zugestimmt und ist dann wieder im Schlafzimmer verschwunden.

Für mich ist das alles so verworren. Ich verstehe, dass ich in letzter Instanz wohl der Auslöser war für diese schwere Depression. Ich muss von meiner Seite daran arbeiten, dass ich lerne mehr Gefühle zu zeigen und vor allem darüber zu sprechen, damit habe ich Probleme.

Er versteht aber nicht, dass diese Unzufriedenheit meinerseits durch viele Situationen und Reaktionen von ihm mit entstanden ist, die aus seiner Depression heraus kommen. Er war oft ungerecht und fordernd, egozentrisch und überheblich. Ich habe den Fehler gemacht immer wieder und wieder darauf anzuspringen und aufzubrausen, anstatt darüber zu reden. Aber das lag mit daran, dass ich nicht wusste, was die Krankheit Depression eigentlich ist und ich sie nicht wahrgenommen habe, obwohl es über die Jahre Anzeichen gab. Ich dachte, er nimmt mich nicht wahr, will mir etwas böses oder zumindest nichts Gutes.

Oh je, kommt jemand von euch noch mit? Mich macht das alles konfus. Meine Ruhe die ich mir eingeredet habe ist wieder vorbei und ich bin reizbar und traurig zugleich. Ich habe schon fast selbst das Gefühl eine Depression zu haben. Vielleicht hat sich über die Jahre tatsächlich bei mir ebenfalls eine entwickelt … das muss ich herausfinden.

Was mir Sorgen macht ist, dass mein Mann die jetzige Situation anscheinend allein auf eine Reaktion meinerseits bezieht, mich verantwortlich macht und nicht sieht (was er noch vor 3 Wochen konnte), dass er eine Depression hat und drinsteckt. Ich habe riesige Angst davor, dass er wirklich zu seinem Bruder zieht und uns hier allein lässt. Mein Sohn ist völlig ausser Rand und Band. Auf mich hört er gar nicht mehr, vermisst seinen Papa und weint, wenn er von ihm weggeschickt wird. Er macht nur noch Unfug um auf sich aufmerksam zu machen, das tut mir so weh, dass zu sehen. Wie lange kann man einem 2,5jährigen eine solche Situation zumuten?

Und ich kann nur alles so hinnehmen wie es ist, geduldig sein und hoffen, dass mein Mann „zur Besinnung“ kommt und merkt, dass seine Familie ihm doch wichtig ist?

Ich bin in demselben Schwebezustand wie vor dem Gespräch, weiss nicht wie unsere Zukunft weitergeht. .. Nichtsdesotrotz habe ich irgendwie das Gefühl, dass es gut war, dieses Gespräch zu führen und dass auch mein Mann dankbar dafür war. Jetzt sitzt er aber wieder im Schlafzimmer und ich hier allein… . Er fehlt mir so sehr und ich würde am liebsten einfach rübergehen und mit einer Umarmung voller Liebe alles wieder gut machen …

Liebe Grüße
Herzeleid
tomroerich
Beiträge: 3102
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
Kontaktdaten:

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von tomroerich »

Hallo Herzeleid,

Wie ist das für denjenigen, aus der Depression wieder herauszukommen? Wie empfindet er die Phase, in der es vielleicht Schritt für Schritt besser geht? Wird dann alles langsam wieder klarer? Das würde mich sehr interessieren.

versuch es doch einmal damit, dir klar zu machen, was mit dir passiert, wenn du sehr starken Ärger empfindest, Wut, oder Verletzung. Und wie du dann gefangen bist in diesem Zustand. Vielleicht einen ganzen Tag lang oder auch länger, wenn dich etwas sehr gekränkthat.

Ist es dann nicht so, dass deine Gedanken und Gefühle völlig von diesem Zustand vereinnahmt sind? Sagst du dann nicht Dinge, die besser ungesagt bleiben würden? Alles, was du denkst, ist dann ärgerlich, wütend, verletzt. Und das scheint auch gerechtfertigt, denn man hat dich ja gekränkt. Du sehnst dich vielleicht sogar danach, dem anderen richtig eine reinzuwürgen. Dein eigener Gefühlszustand gibt dir deine Gedanken vor, - alles in ihnen dreht sich um dieses Gefühl.

Dann flaut dieser Zustand irgendwann ab und deine Gedanken klären sich. Hmmm, denkst du vielleicht, ich habe übertrieben. Oder du kannst jetzt erkennen, dass die Dinge anders liegen als es dir vorkam, solange du so verletzt warst, kannst die Argumente des anderen nun besser verstehen. Vielleicht verstehst du sogar nicht einmal mehr, wie du so denken konntest.

Dem Depressiven geht es nicht anders - vom Prinzip her. Wenn es ihm besser geht, versteht er selbst nicht mehr, wie er so denken konnte. Es kommt ihm wie ein seltsamer Traum vor. Wenn die Depression vorüber ist, fehlt anschließend das Verständnis dafür, wie es dazu hatte kommen können. Oft hört man dann, es sei wie ein Albtraum gewesen. Ebenso wie in meinem Beispiel war auch der Depressive gezwungen, so zu denken und zu fühlen. Er konnte nichts anderes sehen und konnte nicht anders denken. Die Wirkung der Depression hat alles vorgegeben und wenn sie nachlässt, werden die Gedanken wieder freier und zunehmend differenzierter. Der furchtbare Zwang lässt nach wie ein Krampf, der im Kopf saß und sich nun langsam lockert. Mildere Gefühle können wieder auftauchen, freundliche, wärmere Gefühle. Und mit ihnen ändert sich auch die Reaktion auf äußere Reize. Sie werden verständnisvoller, verzeihender, toleranter. Doch mag das dauern und mit einer Zeit von Aufs und Abs einhergehen.

Negative Gefühle haben diese Eigenart: Sie machen unfrei und zwängen bestimmte Gedankenmuster auf - sie wirken wie eine Einengung des Geistes, so dass nur noch bestimmte, negative Weltsichten möglich sind. Doch während dein Zorn, deine Verletzung abklingt, geschieht dies nicht beim Depressiven. Er muss Wochen und Monate in diesem Zustand verbringen ohne zu wissen, was ihn in diesem Zustand festhält - und es geht noch sehr viel tiefer hinunter als Ärger und Wut oder Trauer. Es geht so tief hinab, wie du es nicht kennen kannst.

Sag dir immer wieder: "Das alles hat nichts mit mir zu tun".



Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
schneewittchen.m.m
Beiträge: 154
Registriert: 24. Feb 2010, 16:51

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von schneewittchen.m.m »

Hallo Herzeleid,

deine Geschichte berührt mich sehr. Ich muss gleich zur Arbeit, drum hab ich nicht viel Zeit. Aber ein Tipp von mir bezüglich eures Kindes. Sprech mit eurem Kinderarzt ob für ihn eine Ergotherapie sinnvoll wäre. Ich selbst habe das während und nach der Trennung des Kindsvaters mit beiden Kindern sehr erfolgreich gemacht! Über 1 Jahr! Eine sehr spielerische Therapie. Ich bin restlos begeistert und meinem Doc heute noch dankbar! Es hilft in vielen Bereichen - Selbstbewusstsein, Selbstständigkeit, Grob und Feinmotorik..... (mir hat das auch geholfen, in Elterngesprächen ,die Therapeuten sehen die ganze Situation)
Auf jeden Fall n Tipp an dich - such und hol dir Hilfe. Du musst so viel ertragen und aushalten, nimmst viel (zuviel) auf deine (Schuld)Mütze. Pass gut auf dich auf
Liebe grüße

Mima
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Babi »

Hallo Herzeleid,
ich verstehe dich so gut, wirklich!
Es war sehr gut, daß du das Gespräch geführt hast.
Es war sehr wichtig für dich und für deinen Mann, das hast du genau richtig gemacht.

Du hast nur indirekt einen Anteil an der Depression deines Mannes.
Durch dein Verhalten hast du irgendwas bei deinem Mann wieder hervorgerufen, daß er in der Vergangenheit schon erlebt hat, möglicherweise im Elternhaus.

Vielleicht hat er seine Mutter wieder gesehen, die genauso abweisend war wie du in letzter Zeit. Vielleicht hat er Parallelen entdeckt zwischen Vergangenheit und heute und etwas kam in ihm wieder hoch.
Ich halte das für gut möglich.

Durch dein Verhalten hast du wohl schlechte Erinnerungen in ihm wachgerufen, nur deshalb ist er so depressiv geworden. Er hat etwas aus seiner Vergangenheit möglicherweise nicht richtig verarbeitet, weißt du.

Laß ihm Zeit und zeige ihm jetzt, daß es auch anders geht, versuche einfach aufmerksamer zu sein, vielleicht kannst du sein Vertrauen ja zurückgewinnen.

Ich wünsch dir viel viel Kraft.
Alles Liebe Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Herzeleid
Beiträge: 8
Registriert: 9. Mär 2010, 21:26

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Herzeleid »

Hallo Ihr Lieben!

Eure Beiträge haben mir sehr geholfen und ich kann nicht genug Danke sagen für eure Unterstützung. Ich beginne die Dinge langsam klarer zu sehen.

Thomas Beispiel hat mir sehr geholfen die Situation in der wir uns befinden langsam zu verstehen.
Ich habe meinen Mann sehr verletzt und verärgert. Als Tropfen, der das Fass wohl zum Überlaufen brachte hat er von mir Verletzung erfahren, was ihn in diese tiefe Depression gestürzt hat. Vorher war er schon in einer Depression, aber durch unseren Streit habe ich ihn in dieses Loch gestossen, was sich für den Depressiven auftut.
Ich stelle mir das ein wenig vor, wie wenn man den Stöpsel der Badewanne zieht. Es entsteht ein Strudel über dem Abfluss. Das Wasser fließt erst langsam im Kreis (hier gerät man in die Depression und wird mitgezogen), dann wird es schneller, der Sog wird stärker und es dreht sich alles im Kreis (hier war mein Mann vor unserem Streit, er kam nicht heraus und hat mir hilfesuchend die Hand entgegengestreckt) und dann, wenn man es nicht schafft und nicht erkennt in welcher Lage man sich befindet, geht es hinab in den Abfluss, in ein bodenloses Loch ... Hier ist mein Mann jetzt, er ist gefallen.
Er ist so verletzt und wütend auf mich, das verstehe ich jetzt so gut. Während er in sonstigen Streitsituationen nach spätestens einem Tag wieder irgendwie gesprächsbereit war, hält ihn die Depression nun fest in diesem Zustand, er kann sich nicht beruhigen und fühlt nun schon seit Wochen diesen Ärger und diese Enttäuschung in sich.
Im Gegensatz zu anderen Fällen in denen der Depressive verlässt, weil er seine Lieben vor sich schützen möchte, will mein Mann glaube ich momentan sich selbst schützen, weil er eine weitere Verletzung, ein im Stich lassen, nicht verkraften könnte.

Ich kann nun nur hoffen, dass die Depression langsam von ihm ablässt, so dass sein Ärger schwächer wird und er nicht nur die Kontras gegen unsere Ehe sehen kann, sondern auch die Pros.

So erkläre ich mir das Ganze. Ich habe solche Angst, dass seine Enttäuschung und sein Ärger bleibt, dass sie nicht mehr schwächer werden und ich keinen Ansatzpunkt mehr bekomme, dass unsere Ehe und unsere Beziehung daran scheitert.

Ich wusste, dass mein Mann Depressionen hatte und hat, aber was das wirklich bedeutet, was diese Krankheit wirklich ist und bewirkt, wie sehr derjenige leiden muss, all das war mir nicht Ansatzweise bewusst. Ich mache mir große Vorwürfe, dass ich mit meinem Mann nicht mehr darüber gesprochen habe, dass ich nicht auf die Idee gekommen bin mich in den letzten Jahren einfach selbst mal schlau zu machen.
Ich wusste es einfach nicht und habe deswegen absolut falsch gehandelt, mich falsch verhalten und ihm in dem Moment, in dem er es am nötigsten hatte, nicht geholfen. Er hat recht damit, wenn er es mir vorwirft, aber es war mir einfach alles nicht bewusst.

Im Moment denke ich viel nach und beschäftige mich auch mit mir, habe mein Leben revue passieren lassen. Ich könnte es schon fast als Phase einer gewissen "Erleuchtung" bezeichnen, da mir in den letzten zwei Tagen so viel bewusst wurde.

Ich habe mir das Buch "Wenn der Mensch, den du liebst, Depressionen hat" geholt und fleissig gelesen. Ich habe das getan um die Situation meines Mannes besser zu verstehen, etwas tun zu können. So habe ich es auch gelesen, immer auf meinen Mann als Erkrankten bezogen und mich als Angehörige.

Ich kann es nicht genau beschreiben, aber an irgendeinem Punkt und bei zweimaligem Lesen machte es plötzlich "Klick" und es fiel mir wie Schuppen von den Augen: All das was ich dort auf meinen Mann zu beziehen versuchte, konnte ich genauso gut auf mich. ICH war der geliebte Mensch und mein Mann der Angehörige genauso wie auch umgekehrt. Es ist, als wäre mir ein Licht aufgegangen, also würde plötzlich alles klar. So viele vermeindlich sinnlose schwierige Situationen gingen mir durch den Kopf, die plötzlich Sinn hatten. So viele Hinweise auf eine Depression trafen auch auf mich zu, bezogen auf die letzten Monate. Und viele Hinweise sogar auf die letzten Jahre, vielleicht sogar mein ganzes Leben bezogen. Ich habe über meine schwierige Kindheit nachgedacht, über die gescheiterten Beziehungen und es bringt mich alles nur zu dem Schluss und der Einsicht, dass nicht nur mein Mann, sondern auch ich Depressionen habe.
Ich konnte ihm nicht helfen, weil ich es nicht KONNTE. Weil ich selbst gefangen bin oder war in meiner negativen Welt, in der ich die Liebe anderer zu mir immer in Frage gestellt habe. Ich liebe mich nicht oder einfach zu wenig, das ist mir bewusst geworden.

Ich könnte noch ewig so weiterschreiben, aber die Zeit drückt und ich habe viel zu tun. Ich habe etwas erkannt und kann etwas tun und das muss ich. Vielleicht kann ich damit dazu beitragen, dass unsere Ehe eine zweite Chance bekommt. Vielleicht nicht, aber dann muss ich es für mich tun, um endlich innerlich zur Ruhe zu kommen und ohne Angst in die Zukunft zu blicken.

Ich sehe nun endlich den Berg Arbeit der vor mir liegt klar, sehe nun endlich klar wie groß dieser Berg eigentlich ist, der vorher immer als diffuses Monster vor mir lag. Ich kann meinem Mann nur helfen, wenn ich selbst stark bin und meine Seele gesund ist - muss jetzt mein ICH sehen und kennen lernen und dafür brauche ich Hilfe.
Ich spüre plötzlich so sehr die Last die ich schon so lange mit mir herumtrage, habe so sehr das Bedürfnis mein ganzes Leben aufzurollen und zu verarbeiten, möchte es förmlich alles "auskotzen" (sorry), um mich davon zu befreien ...

Die Erkenntnis, dass mein Mann und ich seit 6 Jahren eine Beziehung zwischen zwei depressiven Menschen führen und keiner das wirklich erkannt hat, dass wir uns 6 Jahre lang im Kreis drehten und unsere Probleme nicht lösen konnten, ist hart. Aber gleichzeitig denke ich mir: Wenn wir es unter diesen wirklich schweren Umständen 6 Jahre miteinander ausgehalten haben, dann muss da schon viel Verbundenheit und Liebe sein. Die Zeiten waren ja auch nicht nur schlimm, wir hatten so viele schöne! Es war ein ewiges Auf und ab, ein Heiß und Kalt.

Ich würde das alles auch so gern meinem Mann sagen, aber ich fürchte, das würde ihn in seiner jetzigen Phase überfordern. Was würdet ihr tun? Ich bin unsicher und fürchte, dass es ihn nur noch mehr darin bestärken würde, keinen Sinn in unserer Beziehung zu sehen, in einer Beziehung mit zwei depressiven Menschen. Zumindest jetzt, wo er gar nicht in der Lage ist ein "wir" oder "uns" zu sehen.

Gestern Abend war er wieder im Schlafzimmer, hat aber zumindest ein paar Sätze mit mir gewechselt, hat erzählt, dass er eine schlimme Migräne hat uns es ihm nicht gut geht. Hat erzählt, dass sein freier Tag heute ausfällt, weil er eine Schulung hat. Es war fast Smalltalk, wenn auch mit gedrückter Stimme und danach ging er wieder ins Schlafzimmer. Aber es war mehr, als ich in den letzten Wochen von ihm hatte und es hat mir ein wenig Hoffnung gegeben. Er hat auch etwas mitgegessen, was er in den letzten Tagen abgelehnt hat. Heute Morgen war er dann wie gewohnt hölzern und einsilbig, aber ich denke morgens braucht er auch viel Kraft und Anstrengung, um sich auf den Arbeitstag einzustellen.

Mir geht so viel im Kopf herum und es tut so gut, dass hier aufschreiben zu können ...

Liebe Grüße
Herzeleid
Himmel2
Beiträge: 144
Registriert: 16. Mai 2008, 21:02

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Himmel2 »

Hallo Herzeleid

Meine Liebe, ziehe Dir ja nicht den Schuh an,daß Du ihn in die tiefe Depression gestürzt hast.Natürlich kann Euer Streit ein Auslöser für ein Stimmungsloch sein.Die Frage ist aber,warum reagiert er so extrem auf diese Situation ? Diese Seite hat was mit dem inneren ICH zu tun.Das Du ihm Deine Meinung gesagt hast, daß er sich therapeutische Hilfe holen soll, ist nur gerecht.Natürlich löst diese Frage einen inneren Konflikt aus. = Ist es den wirklich so ? Bin ich wirklich so ? Oder ist es die Ehe ? So ein innerer Konflikt mit sich selbst, ist sehr schmerzhaft u. man kann in tiefe Löcher fallen.Wird das eigene ICH angekratzt,können gerade Menschen mit wenig Selbstwertgefühl sehr abrutschen.Aber vielleicht arbeitet er gerade daran u. brauch die Ruhe und alles andere herum ist störend.Warum will Dein Mann denn keine Therapie machen, ich denke ihm ist es bewußt das er Depressionen hat ? Oder kann er sich das nicht im Moment eingestehen ? Falls es so ist, bist Du eh für ihn die, die Druck macht.
Ach noch was ! Gerade wenn man mit depressiven Menschen zusammen lebt und man nicht weiß warum der Partner so reagiert,sieht der Angehörige ja nicht die Krankheit die dahinter steht und es kommt automatisch zu Konflikten. Wie in einer ganz normalen Beziehung. Unbewußt kann man dadurch auch in leichte Depressionen fallen.Man reagiert genervt und denkt sich dann auch so seinen negativen Teil über den depr. Partner.Darum ist das A u. O sich Informationen über Depressionen zu holen.


LG Heide !
Herzeleid
Beiträge: 8
Registriert: 9. Mär 2010, 21:26

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Herzeleid »

Hallo Heide!

Warum er keine Therapie machen will, kann ich nicht sagen. Momentan traue ich mich nicht mehr dieses Thema anzusprechen und warte einfach nur erstarrt, dass es besser wird, dass es ihm besser geht.
Ich habe aber das Gefühl, dass er nicht wahrnimmt, dass er noch in der Depression steckt. Der Konflikt liegt seiner Meinung nicht in ihm, sondern bei mir, weil ich diejenige war, die ihn in den Abgrund gestossen hat, als er mich brauchte. Was in ihm vorgeht kann ich einfach nicht sagen und er spricht nicht darüber... Ich habe den Eindruck, er will mich einfach nur bestrafen und kann mich nicht in seiner Näher ertragen.

Vor etwa 10 Jahren hat er schon eine Therapie gemacht, auch ziemlich lange. Irgendwann hat er sie beendet, weil er meinte, er hätte alles daraus gezogen, was ginge. Er hat dort gelernt die Depressionen von selbst zu erkennen und dagegen anzugehen. Ob er auch Medikamente bekommen hat, weiß ich nicht genau.

In den letzten Tagen nach unserem Gespräch habe ich kleine Veränderungen wahrgenommen.
Mit unserem Sohn geht er liebevoller um, macht richtig Spaß mit ihm und Quatsch, aber nur, wenn ich nicht im Raum bin. Komme ich dazu "flüchtet" er. Er küsst den Kleinen auch und sagt: Komm mal kuscheln, trotzdem ist da diese riesige Distanz. Gestern hatte er ja zum ersten mal wieder etwas von sich berichtet, wenn auch nichts tiefer gehendes. Aber es kam wieder ein Dialog zustande.
Heute hatte er eine Schulung und hat, als er auf der Rückfahrt war, hier angerufen. Ich war so erstaunt ihn im Display des klingelnden Handys zu lesen. Seine Stimme war zwar monoton und knapp, aber er fragte, ob er etwas zu essen vom "goldenen M" für uns mitbringen soll. Mir ist das Herz bis zum Hals gesprungen: Er hatte sich von allein gemeldet, hatte an uns gedacht ...

Als er ankam hat er aber schnell seinen Teil aus der Tüte geholt und ist damit im Schlafzimmer verschwunden, um alleine zu essen.
Zu Abend wollte er dann wieder nichts essen und war wie gewohnt im Schlafzimmer.
Er hat wenigstens gute Nacht gesagt und ich bin auf ihn zugegangen und habe ihn in den Arm genommen. Er dreht dann immer sein Gesicht weg, damit es auch ja nicht zu einem versehentlichen Kuss von meiner Seite kommen kann. Habe ihn noch gefragt, ob die Schulung gut war und wie sein Tag morgen ausschaut. Immerhin 2 Sätze hat er gesagt.

Was mir auch aufgefallen ist, ist, dass er wieder etwas Augenkontakt halten kann, was jetzt schon lange nicht ging. Dabei hat er diesen traurigen Blick, der mir das Herz zerreisst, aber er schaut mich an.

So achte ich auf jede noch so kleine Kleinigkeit, aus der ich Hoffnung schöpfen könnte. Es macht mich wahnsinnig, nicht zu wissen was die Zukunft bringt. Ist die Depression für uns eine Chance so viele Dinge aufzuarbeiten und gestärkt daraus hervorzugehen oder lässt er mich und unseren Sohn allein? Geht er in 2 Wochen und wohnt erstmal bei seinem Bruder oder schaffen wir es bis dahin, zumindest so weit zu kommen, dass er das verwirft? Ich habe unglaubliche Angst vor der Zukunft. Ich liebe diesen Mann, er ist ein wundervoller Mensch. der mich so sehr bereichert, mir einen zauberhaften Sohn geschenkt hat und dem ich aus vollem Herzen mein JA gegeben habe. Ich will einfach nicht aufgeben, ich kann es nicht, egal was passieren wird.

Ich denke nicht, dass ich selbst Depressionen von der Schwere meines Mannes habe, aber das muss ein Fachmann mir sagen und feststellen.
Was mir einfach brennend bewusst geworden ist, dass ich viel aufzuarbeiten habe. Dinge die bei mir selbst liegen und die mir im Leben Selbstzweifel, rasende Eifersucht, ständige Verlustangst, Misstrauen und Wut bringen. Mein Mann hat mal zu mir gesagt: Du willst einfach nicht glücklich sein oder kannst es nicht! Auf diesen Satz habe ich sehr verärgert reagiert, aber jetzt schwirrt er in meinem Kopf herum.
Ich habe meinen Mann so oft vor den Kopf gestossen. Mein Mann hat sich dadurch wahrscheinlich nur in seinen depressiven Gedanken bestätigt gefühlt... Ich habe den Eindruck, wir waren da in einem Teufelskreis gefangen.

Es ist alles so surreal .... Die Situation an sich, die Erkenntnisse über mich selbst. Selbst meine Texte hier lesen sich für mich surreal ...

Wieder sitze ich hier allein und fühle genau das, was er mir über sich sagte: Ich fühle mich so allein und einsam in der Gemeinschaft. Er fehlt mir so unglaublich und ich trauere um ihn ...

Herzeleid
Himmel2
Beiträge: 144
Registriert: 16. Mai 2008, 21:02

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Himmel2 »

Hallo Herzeleid

Zum Thema Hoffnung: Hoffnung ist wichtig, aber wir Angehörigen klammern uns oft zu sehr daran.Oft ist ein kleiner Fingerzeig des depr. Partners für uns sofort das Zeichen jetzt wird es besser.Wir freuen uns emotional sehr darüber und sind dann enttäuscht wenn es Stunden später wieder anders ist. Dadurch kommen wir in einem ständigen auf und ab von verschiedenen Gefühlen und Stimmungsschwankungen. Bei längerer Dauer wissen wir selber nicht mehr wo unsere Mitte ist.Dadurch sind Tiefs auch bei uns vorprogrammiert.Dies passiert besonders, wenn man sehr nahe zu dem erkrankten Partner steht.Ich möchte damit sagen,daß man vorsichtig sein soll u. das man sich auch bewußt machen muß, daß es Stunden später wieder anders sein kann. So rutscht man in seiner Gefühlswelt nicht so hin u. her.Das heißt, schöne Situationen wahrnehmen, aber nicht interpredieren.Ich selber halte es auch so bei Untenehmungen.Oft sagt mein Partner ja und eine Stunde später ist es dann wieder anders.In solchen Situationen habe ich immer einen Notfallplan, damit ich nicht zu sehr enttäuscht bin, wenn ich wieder alleine was machen muß. Mit der Zeit gewöhnt man sich daran.Liebe Herzeleid,daß was Dein Mann zeigt ist oft das Verhalten bei depressiven Menschen. Laß ihm seine Ruhe u. beziehe nicht alles auf Dich.Unternehme was mit Deinem Kind (Mutter- Kind-Sauna).So wie es Thomas beschrieben hat,was u. wie sich ein depressiver Mensch fühlt,entspricht der Wahrheit.Wie weit seine Wahrnehmung und Gedanken auf Euch realistisch im Moment sind, kann ich Dir nicht sagen.Es bessert sich aber wieder, wenn die Depression etwas nachläßt.Das Nachlassen der Depression geht aber immer mit Höhen und Tiefen einher.Wie lange so ein Prozeß dauert, ist individuell u. von vielen Faktoren abhängig.Da Dein Mann dazu noch eine Schulung bewältigt, denke ich mal, daß er nicht so extrem tief drinnen hängt.Sonst wäre dies nicht möglich.Laß ihm den Rückzug,der tut Dir gut u. ihm auch.

LG Heide !
Schwingi
Beiträge: 48
Registriert: 3. Okt 2009, 20:06

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Schwingi »

Hallo Herzeleid.
Immer wieder schlimm zu lesen, was eine Depression aus einem Menschen vorübergehend macht. Ich habe es am eigenen Leib erfahren und auch einen kleinen Sohn. Ja, man ist Hausfrau, Mutter, Mama und Papa. Und in dem Moment hat man die Kräfte, die man braucht. Doch du darfst dich nicht vergessen! Denn du musst die nächste Zeit stark bleiben! Für dich und in erster Linie für euren Sohn! Es ist und wird eine schwere Zeit. Ich habe mich damals schnelllstmöglichst selber in therapeutische Hilfe begeben. Man braucht diesen Halt, sonst versteht man das alles nicht. Mein Mann hat mich in dieser schwierigen Zeit auch oft verletzt und wollte sich mehrmals trennen (wir waren davor ein Superteam - und dann das! - für mich völlig unverständlich. ) Unsere Ehe war für mich immer unantastbar. Ich hätte nie geglaubt, dass eine Depression für einen Angehörigen so persönlich, so verletzend werden kann. Mein Therapeut hat gesagt, dass Menschen in einer depr. Phase als quasi "unzurechnungsfähig" angesehen werden können. Weil sie nur von dem negativen Gefühl geleitet werden und selber nicht mehr Herr ihrer Gefühle sind.
Für mich eine schreckliche Vorstellung. Weil ich meinen Mann auch monatelang nicht mehr erkannt habe.
Sammle Kraft aus allem was dir gut tut. Du musst DICH wichtig nehmen. Helfen kannst du deinem Mann im Moment nicht wirklich.
Ich wünsch dir die nötige Kraft,
Anette
Herzeleid
Beiträge: 8
Registriert: 9. Mär 2010, 21:26

Re: Verzweifelte Ehefrau sucht Rat und Beistand

Beitrag von Herzeleid »

Ihr Lieben!

Danke für eure Worte! Das abgrenzen fällt mir noch wirklich schwer. Ich erledige den Alltag, aber mal wirklich etwas für mich zu tun, das schaffe ich irgendwie noch nicht. Ich könnte mal ausgiebig baden, mich mit meiner besten Freundin treffen, aber wenn die Zeit dazu ist, sitze ich nur hier auf dem Sofa (da schlafe ich ja auch schon seit einigen Wochen), lasse mich vom Fernseher berieseln, grüble über alles. Es fällt mir schwer im Moment Freude zu empfinden, mit meinem Sohn geht das, aber mir fällt auf, dass es mir schon schwerfällt beim Einkauf jemanden anzulächeln. Ich ziehe einfach nur die Mundwinkel hoch ... Am Dienstag habe ich einen Ersttermin beim Therapeuten, ich kann es kaum erwarten.

Anette, deine Geschichte habe ich eben gelesen und ich wünschte, ich hätte nur 10% deiner Kraft. Was du durchgestanden hast und es noch tust ist unglaublich. Aber es gibt mir auch Hoffnung ...
Dein Mann hat aber zumindest die Therapie gemacht, auch wenn er der Meinung war, sie hätte nicht viel gebracht.

Mein Mann hat gestern von sich aus das Gespräch mit mir gesucht. Am Vorabend war er wieder lange bei seinen Eltern und ich denke sein Vater hat ihm dazu geraten.
Wir haben wirklich lange gesprochen und er ist nicht gleich aufgestanden und im Schlafzimmer verschwunden.

Ich kann das alles gar nciht mehr wiedergeben.
Er ist der Meinung, dass er die Depression zu 100% überstanden hat. Er sagt es ginge ihm gut und sie wäre definitiv vorbei.
Er wisse aber nicht, wie es weitergehen solle, er würde zu dieser Situation nichts empfinden können und nicht sagen können, ob es besser wäre auszuziehen. Er könne nicht wieder herauskommen aus dem Schlafzimmer, weil dann alles ganz schnell wieder beim Alten wäre. Er hat unsere gesamte Beziehung in Frage gestellt, zweifelte unsere Basis an.
Er hätte hier zu Hause keinen Rückzugsort (ausser das Schlafzimmer), hätte sich in der Depression doch hier zu Hause aufgefangen fühlen müssen und unterstützt, aber das hat er nicht. Er hat kritisiert, dass wir in den letzten Monaten fast gar nichts mehr zusammen gemacht hätten, dass wir noch nicht mal mehr zur selben Zeit ins Bett gingen, dass er ja nichts zur Erziehung unseres Sohnes einbringen dürfe, weil ja sowieso alles falsch sei.
Er hat recht mit dem was er sagt, so ist es in den letzten Monaten abgelaufen. Seine Erziehung habe ich aber deswegen oft angegriffen, weil ich ihn völlig überzogen und teils viel zu aggressiv auf einen 2,5jährigen bezogen empfunden habe und das als Mutter so einfach nicht hinnehmen konnte. Man kann so einen kleinen Menschen nicht 8 Mal am Tag in sein Zimmer schicken, weil irgendwas nicht so läuft, wie man es sich vorstellt. Wie oft habe ich den Satz gesagt: Aber er ist doch erst 2 Jahre alt! Du der Zeit war er schon depressiv, da bin ich mir sicher, aber er kann das einfach nicht sehen.
Er sagte, dass von seiner Seite noch starke Gefühle da wären, aber darum ginge es nicht. Er hätte sein Vertrauen in mich verloren und egal wie es weiterginge, er würde mir nie mehr die Gelegenheit und die "Waffe" in die Hand geben um ihn so zu verletzen. Er müsse sich selbst schützen und sich selbst wieder finden, das hätte oberste Priorität.
Er wisse nicht, wie er wieder zurückkommen soll, an den Punkt wo er sagt: Wir versuchen es nochmal. Wir müssten quasi ganz von vorne und neu anfangen, aber dafür bräuchte man eine Basis, die bei uns ganz marode wäre. Die Depression hätte ihm klargemacht, dass er jetzt zuerst an sich denken muss.

Ich habe ihm geantwortet, dass ich diese Hoffnung doch habe. Habe ihm eingestanden, dass er mit vielen Dingen die er sagt Recht hat und dass dort meine Fehler liegen.
Ich habe ihm gesagt, dass mir viel in der letzten Zeit erst wirklich klar geworden ist und dass ich mir therapeutische Hilfe suchen würde, weil ich, unabhängig von uns, viel aufzuarbeiten hätte. Er fand das gut und sagte, er würde mich dabei unterstützen, wo er kann.

Das Gespräch war im Grunde gut, anfangs etwas herber von seiner Seite, aber er wurde immer gesprächiger und ruhiger. Die Tatsache, dass ich mir Hilfe suchen wollte schien ihn irgendwie zu besänftigen.

Ich kann dennoch nicht verstehen, wie er sagen kann, seine Depression wäre vorbei und dann sieht er alles nur schwarz. Alltag und Stillstand gibt es doch in so vielen Beziehungen und Ehen irgendwann. So etwas sollte doch eine Herausforderung an beide Partner darstellen und nicht eine Katastrophe. Wenn man heiratet verspricht man sich doch, dass man auch die schweren Zeiten miteinander durchstehen will und nicht gleich die Flinte ins Korn wirft, wenn es ungemütlich wird. Ich verlasse ihn doch auch nicht jetzt und würde es z. B. auch nicht tun, wenn er Krebs hätte.
Wir waren immer ein gutes Team und hatten viele schöne und intensive Zeiten, aber all das scheint in der Waagschale nicht so schwer zu wiegen, wie das was ihn stört und belastet.

Kann es denn sein, dass er die Depression überstanden hat? Ich habe nicht das Gefühl ...

Nach wie vor ist der Stand der Dinge derselbe: Er weiß nicht, wie und ob es weitergehen soll und muss das erstmal für sich herausfinden. Es kann sein, dass er auszieht oder aber auch nicht.

Heute war er nach der Arbeit wieder die ganze Zeit im Schlafzimmer, hat erst geschlafen, den Abend dann wieder nur am iPhone gehangen, nichts gegessen.
Im Job scheint es wohl gut zu klappen. Sein Kollege rief ihn an und er scherzte wie ein Weltmeister, mit kräftiger Stimme und viel Elan. Mein Mann halt wie ich ihn kenne, wie er aber bei MIR nicht mehr ist.
Die von mir gewünschte Umarmung zur Nacht war nicht warm und nicht kalt. Schlimm wie man nur danach giert und darauf achtet, ob er auch nur ein wenig der alten Herzlichkeit erahnen lässt ... Manchmal sitze ich hier auf dem Sofa und umarme mich selbst, nur damit mich irgendjemand hält und wenn ich es eben selbst bin.
Ich habe selbst so wenig Selbstwertgefühl, aber diese Situation nimmt mir wirklich auch den letzten Rest.

Und wieder steht ein Wochenende vor der Tür, vor dem es mir unendlich graut.
Ich hoffe nur, dass der Termin am Dienstag gut verläuft und ich mit dem Therapeuten zurecht komme. Hier in der Stadt gibt es viele, aber alle sind total überbelegt, Termine erst ab Mai/Juni. Danach werde ich weitersehen und gucke, dass ich es schaffe mich mehr abzugrenzen.
Aber es ist gar nicht so leicht, mal mit einer Freundin auszugehen oder eine Ausflug zu machen. All das kostet zumindest ein wenig Geld. Mein Mann ist Alleinverdiener und ich zur Zeit komplett abhängig von ihm. Ich müsste ihn also um Geld bitte und damit tu ich mich schwer. Ich will ihm nicht das Gefühl geben, dass er hier nur der "Goldesel" ist und für nix anderes zu gebrauchen. Auch das ist etwas, was mich momentan sehr belastet, wobei es auch das kleinste Problem ist, was wir haben...

Ich möchte mich bei euch allen für eure Unterstützung bedanken!! Ich weiß gar nicht, was ich machen würde, wenn ich mich hier nicht mitteilen könnte und so viel loswerden. Es hilft mir wirklich sehr!

Liebe Grüße
Herzeleid
Antworten