Was soll ich tun?

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Musikliebhaberin
Beiträge: 8
Registriert: 9. Feb 2010, 18:55

Was soll ich tun?

Beitrag von Musikliebhaberin »

Hallo,

habe hier schon einige Beiträge gelesen und auch lange überlegt, ob ich hier schreiben soll, da vieles, was hier steht auch auf meinen Mann paßt. Aber dennoch wage ich es jetzt.

Ich bin seit 19 Jahren mit meinem Mann verheiratet, 2008 wurde bei ihm eine Depression festgestellt, zuvor hatte er seinen Arbeitsplatz verloren. Wenn ich allerdings die Jahre zurückdenke, so scheint mir, hat er schon immer Anzeichen gezeigt.

Er war schon immer zeitweise zurückgezogen, sehr ruhig, es mußte nach seiner Nase gehen und er hatte schon immer eine Tendenz zum Messie. Allerdings hielt es sich in Grenzen, solange er Arbeit hatte.
Aber nach dem Arbeitsplatzverlust wurde es von Tag zu Tag schlimmer. Beispielsweise fing er an, eine Wand in der Küche zu streichen, der Rest blieb wochelnlang, wie es war. Wir kauften neue Schränke, sie standen dann verpackt im Schlafzimmer, zusammengebaut wurden sie nicht. Arbeitslosengeld hatte er auch nicht beantragt, er meinte, die Arge schreibt ihn an.Seine "Sammelsucht wurde immer schlimmer, der Keller wurde zugemüllt" wenn ich etwas sagte, wurde ich beschimpft. Mein Mann überzog das Konto bis zum "gehtnichtmehr", gottseidank konnte ich es vom Ersparten wieder ausgleichen. Es war ihm egal, ob etwas zu essen im Haus war oder ob unsere Tiere Futter hatten. Und wehe, ich sagte etwas, dann kamen Beschimpfungen, arrogante Gesten. Ich gebe zu, ich konnte auch nicht mehr und habe dann nur noch zurückgebrüllt. Hatte zur Folge, daß mein Mann dann einfach verschwand, auch schon über Nacht wegblieb und ich eine Vermißtenanzeige machte. Gottseidank war er am n#chsten Abend wieder da. Eben hatte ich entdeckt, daß er seinen Haus-und Wohnunsschlüssel verloren hatte und anstatt etwas zu sagen, klammheimlich die Ersatzschlüssel genommen hat. Hat wieder mal zu einer Auseinadersetzung geführt. Als ich ihn fragte, warum er nichts gesagt hätte, kam als Antwort: "Ich habe keine Lust auf blöde Antworten". Auf die Entgegnung, das wir auch der Hausverwaltung mitteilen müßten, daß der Schlüssel weg ist und möglicherweise das Schloß ausgetauscht werden muß kam nur ein "Pfff, mir egal". Jetzt ist er wieder mal verschwunden. Habe zum "ich weiß nicht wievielten Mal" das Gefühl, meinem Mann nichts mehr anvertrauen zu können und besser alles allein zu machen.

Ich habe am Mittwoch ein Gespräch in der Tagesklinik, aber ich weiß nicht, ob es überhaupt noch etwas bringt.

Dieser ganze Stress belastet mich sehr, zumal ich selbst chronisch krank bin. Ich möchte meinem Mann nur zu gern helfen, aber ich habe keine Kraft mehr.
LunaLove
Beiträge: 27
Registriert: 10. Feb 2010, 22:04

Re: Was soll ich tun?

Beitrag von LunaLove »

Hallo Musikliebhaberin,

das hört sich wirklich nicht gut an bei Dir!

Ich stelle mir das unglaublich belastend für Dich vor. Ich bin auf Deinen Thread aufmerksam geworden, als Du mir geantwortet hast.

Es hört sich bei Dir so an, als ob das ein Dauerzustand wäre. Ist das so, oder habe ich einen falschen Eindruck gewonnen?

Will Dein Mann sich denn helfen lassen? Hat er die Einsicht? Wie sieht es in seinem sozialen Umfeld aus? Hat er da Jemanden, dem er sich anvertrauen kann?

Auch während meiner Ehe kam es immer wieder zu Situationen, in denen ich für alles von meinem Mann verantwortlich gemacht wurde. Ich hatte öfter das Gefühl, dass er jedem Dahergelaufenem mehr vertraut und dem vertrauensseeliger begegnet, als mir.

Teilweise hatte ich schon das Gefühl, dass mein Mann zu vertrauensseelig anderen gegenüber ist. Er ist auch ein paar Mal auf die Nase gefallen. Aber gelernt hat er daraus nie, wie man so schön sagt.

Scheinbar gehört es dazu. Ich weiß, wie schwer es ist, denn alles was man macht ist falsch und verstanden wird man selber nie. Es gibt in Streitereien dann so den Punkt, an dem man genau weiß, jetzt kann es nur noch in einer Eskalation enden.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft vorallen Dingen für Dich! Ich finde es bemerkenswert, wie lange Du das schon schaffst!

VLG

Luna
Musikliebhaberin
Beiträge: 8
Registriert: 9. Feb 2010, 18:55

Re: Was soll ich tun?

Beitrag von Musikliebhaberin »

Dein Eindruck ist schon richtig. Es ist ein Dauerzustand.

Ob er einsichtig ist und sich helfen lassen will? Im Grunde denke ich es schon, aber ab und zu habe ich auch meinen Zweifel, weil ich wegen dieser emotionalen up and downs, die ich in den letzten Monaten mitgemacht hatte, einfach nicht mehr weiß, wie ich ihn einschätzen soll.

Von seinen Freunden hat er sich völlig zurückgezogen, ausgerechnet seiner Schwestern vertraut er, die ihn nach Strich und Faden ausgenutzt haben. Die machen alles richtig, während ich alles verkehrt mache.

Ich werde versuchen, mich so gut es geht abzugrenzen. Mal sehen, wie das Gespräch in der Tagesklinik verläuft. Und dann werde ich sehen, wie es weitergeht.

Ich habe übrigens auch schon einige deiner Beiträge gelesen und finde es ebenso bemerkenswert, wie du es schaffst, deine schwierige Situation durchzustehen.

Wünsche dir auch viel Kraft.
sunshine45
Beiträge: 685
Registriert: 16. Sep 2008, 14:26

Re: Was soll ich tun?

Beitrag von sunshine45 »

Liebe Musikliebhaberin,
zunächst einmal denke ich, dass Du schon einen wichtigen Schritt für Dich getan hast.
Hier zu schreiben, hilft schon mal ungemein.
Ich finde mich in Deinem posting etwas wieder und kann wirklich sehr gut nachvollziehen wie es Dir geht.
Du bist schon viel zu langer auf dem Weg des großen Verständnisses, der Zugeständnisse und der Demütigungen.
Nach jahrelanger Erfahrung mit einem depressiven Partner sage ich ihm nachhinein, dass schon Jahre vorher hätte meine Grenzen ziehen müssen.
Aber mir wurde immer wieder gesagt von Psychotherapeuten, von einer ambulanten Sprechstunde in einer Psychiatrischen Klinik etc, das ich Verständnis zeigen sollte, denn mein LG wäre aggressiv auf sich selbst und ich wäre nur sein Ventil.
Durch ständige Hilfestellung, immer wieder Verständnis, Verzeihen von Demütigungen und Wutausbrüchen, das Zurücknehmen meiner eigenen Person, sowie der alleinigen Bewältigung des Alltags und aller Verantwortungen, habe ich die Depression nur noch weiter gefüttert und mich selbst über die Grenzen meiner Kraft gebracht.
Im Kopf hatte ich schon lange Zeit wie ich mich verhalten sollte, aber mein Bauch kam einfach nicht hinterher. Es gab/gibt ja immer noch Gefühle für meine Ex-LG und das Wissen, dass hinter der Krankheit ein ganz toller Mensch steckt.
Ich habe es einfach nicht geschafft für mich die Grenzen zu ziehen um einigermaßen glücklich weiterleben zu können. Den depressiven Partner habe ich damit nur noch wütender gemacht, weil es ihn natürlich auch belastet hat zu sehen wie ich leide.
Aber was tun, wenn man es aus eigenen Kräften nicht schafft?
Ich habe einen Weg gewählt, den ich vor Jahren wahrscheinlich nie gegangen wäre.
Kennst Du Kinesiologie? Google mal danach
Ich habe in einer einzigen Sitzung geschafft mich gedanklich und emotional so zu lösen, dass ich den depressiven Menschen zwar nicht fallen lassen, aber ganz klare Grenzen setze und nicht das geringste schlechte Gewissen habe wieder ich selbst zu sein, mir etwas zu gönnen und auch zu genießen. All das hatte ich in den letzten Jahren verlernt und bin in den letzten Monaten/Wochen wieder aus meinem Loch gekommen.
Trotz der Trennung von meinen LG fühle ich mich gut. Natürlich läuft dann und wann mal die eine oder andere Träne, aber die Zuversicht, dass alles gut wird und ich mich nicht mehr verantwortlich fühle, zaubert mir schon wieder das ein oder andere Lächeln ins Gesicht.
Ich sehe auch mal wieder Sonnenstrahlen und verbiete mir nicht das Lachen, weil es ihm ja so schlecht geht.

Liebe Musikliebhaberin, Du mußt da raus aus der Situation. Hast Du die Möglichkeit Dich irgendwie räumlich abzugrenzen, Dir ein eigenes Zimmer einzurichten in dem Du Dich zurückziehen kannst und Deinem Mann klare Grenzen setzen kannst.
Ich lese zwischen den Zeilen wie schlecht es Dir geht und es wird immer noch schlimmer, wenn nicht DU JETZT etwas unternimmst. Du kannst nicht darauf warten, dass Dein Mann sich bewegt, das wird er wahrscheinlich erst tun, wenn er merkt wie ernst die Lage ist.

Hab Mut und Respekt vor Dir selbst!!!
die Koboldin
Love it, leave it or change it!
Musikliebhaberin
Beiträge: 8
Registriert: 9. Feb 2010, 18:55

Re: Was soll ich tun?

Beitrag von Musikliebhaberin »

Hallo,

Kinsieologie kenne ich nicht.

Ich war heute zum Gespräch in der Klinik und es hat mir sehr geholfen. Es waren mein Mann und die beiden Therapeuten anwesend. Ich konnte meinen Mann aus meiner Sicht schildern und er konnte sagen, ob es stimmt oder nicht. Er hat schon zugegeben, daß ich in vielem recht habe.Ich habe auch deutlich gemacht, daß ich mich trennen werden, wenn es keine Änderung gibt.

Was die Therapeuten angeht, so haben die eine klare Sprache gesprochen: er muß einen regelmäßigen Tagesablauf haben und dafür hat er zu sorgen. Er soll täglich zum hiesigen SPZ gehen und sich ein oder zwei Tage in der Wochen festsetzen, in denen er z.B, das Auto aufräumt. Und uns haben sie eine Paartherapie vorgeschlagen. Da bin ich auch mit einverstanden, denn wenn jemand dazwischengeschaltet ist, können wir uns wieder verständigen. Habe ich heute deutlich gemerkt. Mein Mann hat nicht dichtgemacht und ich wurde nicht wütend, weil ich nicht gegen eine Wand gesprochen habe, sondern eben mit ihm. Und genau dieses Phänomen haben die beiden auch festgestellt und deswegen die Paartherapie vorgeschlagen. Alles in allem war es ein wirklich gutes Gespräch und ich bin sehr froh, daß ich dahingegangen bin.

Entschuldigt, wenn ich jetzt so kurz schreibe, aber ich muß das heutige Gespräch erst mal verarbeiten.

Liebe Luna und liebe Koboldin, habt vielen Dank für eure Antworten, Ihr habt mir sehr geholfen.

Koboldin, es ist phantastisch, wie du es geschafft hast, dich aus dieser schlimmen Situation zu befreien und wieder an dich selbst zu denken und dir etwas Gutes zu tun. Ich wünsche dir von ganzem Herzen, daß auch
die Tränen bald versiegen und du nur noch gute Tage hast.

Seid beide lieb umarmt.
LunaLove
Beiträge: 27
Registriert: 10. Feb 2010, 22:04

Re: Was soll ich tun?

Beitrag von LunaLove »

Hallo Musikliebhaberin,

das sind ja wirklich tolle Neuigkeiten von Dir! Ich freue mich riesig für Dich!

Ich kann verstehen, dass Du das Gespräch erstmal verarbeiten musst. Ging mir nach dem Telefonat am Montag auch so
Trotzdem VIELEN DANK für das kurze Update.

Hast Du mit Deinem Mann schon gesprochen, wie er den Termin fand? Ging es ihm ähnlich gut, wie Dir?

Ich freue mich ein weniger ausführlicher von Dir zu lesen, wenn Du soweit bist!

Ich freu mich so für Dich!

LG

Luna
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