als Angehörige bitte ich um Hilfe

Biho
Beiträge: 25
Registriert: 29. Okt 2009, 21:43

Re: als Angehörige bitte ich um Hilfe

Beitrag von Biho »

Liebe Heiser,

dass du etwas für dich tust ist doch schon mal ein gewaltiger Fortschritt.
Und es hat dir gut getan, das ist super.!!!

Ich denke, das nächste mal wenn du für dich etwas tust und nicht zu Hause bist, organisiere das mit dem Essen einfach. Vielleicht braucht dein Mann auch die Ansprache und das Bitten um etwas. War bei meinem auch eine zeitlang so. Da habe ich gedacht, "ah", wenn ich ihn um was Bitte dann funktioniert es. Musst du halt einfach ausprobieren.

Das mit dem ignorieren, kenne ich auch. Diese Geleichgültigkeit gehört wohl auch mit zur Depri. Fühlt sich für uns "Angehörigen" echt sch.... an. Das kann ich nach wie vor nicht gut ertragen. Aber ich versuch halt damit irgenwie umzugehen.

Mehr kann ich dir leider auch nicht sagen.
Die Frage müsste uns jetzt ein "Betroffener" mitteilen.

Ich habe nur gelernt, dass das "aufopfern" egal ob für die Kinder oder den Partner "Gift" ist. Man erlangt sich keine Achtung und keinen Respekt. Je mehr man sich bemüht umso mehr ist Gleichgültigkeit angesagt.

Das heißt für mich nur, dass ich mich noch mehr um mich und "was will ich" kümmern muss.

Machs gut und halt die Ohren steif du bist nicht alleine - ich fühle mit dir.

Ganz liebe Grüße
Loewin
penichette
Beiträge: 19
Registriert: 22. Nov 2009, 18:38

Re: als Angehöfür unsere Kinder Frühstück gemacht.rige bitte ich um Hilfe

Beitrag von penichette »

Hallo Ihr Lieben,

melde mich mal wieder zu Wort, weil einige neue Entwicklungen eingetroffen sind, die zum Teil positiv für mich zu sein schienen, andererseits negativ auf meinen Mann gewirkt haben.

Ich habe mich distanziert, das weiß ich. Um mich abzugrenzen und mir und unseren beiden Kindern eine Co-Existenz zu ermöglichen, alles im Rahmen des Möglichen eines depressiven Partners und Vaters. Nach wie vor dreht sich ja der Tagesablauf um den kranken Partner.
Ich versuche, meine Bedürfnisse durchzusetzen, etwa Treffen mit "meinen" Mädels. Oder mal einen Stadtbummel am Samstagnachmittag. Es fällt mit immer noch schwer, das zu organisieren, besonders, wenn der Partner sich während meiner Abwesenheit (auch wenn ich arbeite) nicht um die Kinder kümmert. Obwohl er zu Hause ist. Heute habe ich um 13 Uhr Frühstück gemacht, nachdem ich wieder zu Hause war, nachdem ich um 7 das Haus verlassen habe zum Arbeiten.

Es war eigentlich wie immer, auch die Ausraster, weil die Kinder sich nicht ruhig verhielten.

Heute Abend bekam ich einen Zettel vorgelegt, mit der Bitte, die beiden Musikstücke auf CD zu brennen, die bei seiner Beerdigung gerne abgespielt hätte. Diese Bitte habe ich ihm erfüllt. Auf mein Frage, wie er darauf JETZT kommt, antwortet er: weil er alles gerne komplett hätte.

Nun frage ich mich, ob er den Wind von vorne spürt, weil ich mich ein Stück weit von dem Einfluss seiner momentanen Gemütslage entfernt habe, oder ist es Erpressung, weil er den Zustand der "relativen" Sicherheit der Familie schwinden sieht?
Ich stehe vor dem Rätsel: soll ich es thematisieren, oder doch lieber totschweigen?
Ist es meine Aufgabe, die Therapie zu beginnen, oder sollte ich ihm die Pistole auf die Brust setzen: Entweder Du beginnst eine Therapie, oder...?
Ich bin geschockt und ratlos.
Jeden Tag schauen wir uns das an, die Kinder müssen still sein, oder es gibt Ärger - sie reagieren zunehmend extremer - und ich kann es nicht immer auffangen - Außerdem, welches Vorbild von Vaterschaft nehmen sie denn mit in Ihre eigene Familie später?

Mein Ehemann ist kein schlechter Mensch, hätte ich ihn sonst lieben können?
Ich möchte ihm gerne helfen, kann es aber nicht, das ist für mich zu akzeptieren. Dass ich für Haus und Kinder zu sorgen habe, mach ich gerne.

Ich bin "durch den Wind", wie man so schön sagt. Es ist auch krass, dass man aufgefodert wird, die Beerdigung des Ehemanns mit zu organisieren, oder sehe ich das zu eng?

Ich bin wirklich ratlos und verzweifelt, weil ich dachte, wenn ich ihn in Ruhe lasse und ihm zeige, dass er sich nur um sich selbst zu kümmern braucht, dass er wieder gesund wird, kommen wir als Familie wieder zusammen.

Ich glaube nicht mehr daran. Das ist schlimm für mich, und ich dachte, ich bin stark...

Lasst Euch trotzdem nicht entmutigen und haltet den Kopf oben, egal wie hoch das Wasser steht!

heiser
sunshine45
Beiträge: 685
Registriert: 16. Sep 2008, 14:26

Re: als Angehörige bitte ich um Hilfe

Beitrag von sunshine45 »

Liebe Heiser,
zunächst einmal möchte ich Dir noch ein gutes neues Jahr wünschen, vor allem wünsche ich, dass es für Dich und Deine Kinder wesentlich besser wird als das letzte und Deinem Mann geholfen werden kann.

Das was Du über Deinen Mann schreibst, kenn ich auch.
Wir hatten das vor 4 Wochen. Dann erklärte mir mein LG, dass er jetzt noch Sachen verkaufen wolle und dann sei wenigstens das Geld für seine Beerdigung zusammen.
Vorher hatte er auch schon mal ähnliche Andeutungen gemacht, aber nie so konkret wie in diesem Moment.
Ich war völlig geschockt und wußte nicht was ich tun sollte.
Bei mir hat diese Aussage auch heftigste körperliche Reaktionen gezeigt.
Ich habe das ganze Wochenende mit einer Hammer-Migräne auf dem Sofa gelegen.
Dabei ist mir immer klarer geworden, dass ich das nicht packen kann und ich habe die wenigen Personen angesprochen von denen ich glaube, dass sie etwas bewegen können.
Das hat mich unglaublich erleichtert, denn man kann das alles nicht allein auffangen.
Das kannst Du auch nicht Heiser!
An Deiner Stelle würde ich den Psychologen Deines Mannes anrufen und ihm davon berichten.
Es ist wirklich wichtig, dass Menschen die sich mit der Erkrankung wirklich auskennen darüber informiert werden, damit Euch allen geholfen werden kann.
Wenn man sich vom Partner distanziert (was wirklich richtig und absolut notwendig ist), so kann das bei vielen depressiven Partnern zur Erleichterung führen, aber ich glaube dass auch einige es zunächst erstmal so auffassen können, dass sie nicht gebraucht werden und überflüssig sind.
Grundsätzlich ist es sowieso so, dass Du wahrscheinlich machen kannst was Du willst und es sowieso falsch ist.
Bitte lass Dich selbst professionell beraten, auch die Diakonie und Caritas bieten Hilfsangebote an auf die man nicht so lange warten muss.

Ganz herzliche Grüße
von der Koboldin
Love it, leave it or change it!
Zehlendorf
Beiträge: 86
Registriert: 6. Feb 2008, 18:22

Re: als Angehörige bitte ich um Hilfe

Beitrag von Zehlendorf »

Liebe Heiser,
das hört sich für mich sehr nach Psychokrieg und Machtausübung an, was du da über deinen Mann schilderst. Psychisch Kranke können in ihrer Krankheit verdammt "stark" sein auf diesem Gebiet. Was du über deine Reaktion (Schlafmangel, Überforderung usw.) und vor allem über dein Kinder schilderst, finde ich besorgniserregend. Speziell die Kinder sind der Situation ausgeliefert, noch dazu wenn ein Erwachsener seine Launen offenbar auf ihre Kosten auslebt.In einem Haushalt mit Kindern kann und darf sich nicht "alles" um einen Erwachsenen, auch nicht um einen Kranken drehen. Selbst wenn du in allem nachgibst, kannst du ja seine Probleme nicht lösen. Ich denke, dass du dir Hilfe suchen musst für dich selbst und für deine Kinder. Was du bereits dahingehend tust, finde ich beeindruckend. Natürlich kannst du deinen Mann nicht zwingen, eine Therapie anzufangen, notwendig ist das ganz sicher. Das würde ich ihm immer wieder sagen bzw. einfordern. Mehr kannst du da nicht tun. Ansonsten solltest du tun, was für Dich und für deine Kinder am besten ist! Natürlich ist dein Mann kein "schlechter Mensch", das ist doch gar nicht die Frage. Aber er versucht, seine Probleme auf Kosten seiner Familie zu verkleinern. Das steht ihm nicht zu und hilft noch nicht einmal ihm selbst. Deshalb ist es extrem wichtig, sich hier als Angehöriger abzugrenzen!
Alles Liebe
Anna
penichette
Beiträge: 19
Registriert: 22. Nov 2009, 18:38

Re: als Angehörige bitte ich um Hilfe

Beitrag von penichette »

Liebe Koboldin,

danke für Deine Antwort. Ich wünsche Dir auch ein frohes neues Jahr und eine rasche Besserung für Deinen Fuß.

Manchmal ist es schwer zu akzeptieren, dass man selbst nicht mehr damit weiter kommt. Es tat so gut, als ich mich ein wenig mehr um mich gekümmert habe, auch gegen seinen Widerstand. Ich konnte - zumindest mit anderen - wieder lachen und zu Hause ausgelichen und angemessen auf alle Anforderungen reagieren. Und vorgestern dann das Chaos. Ich dachte, mich kann nun nichts mehr schocken, alles falsch. Wieder Blei in den Füßen und Pfeifen in den Ohren.

Weißt Du Koboldin, wenn es nicht der Vater unserer gemeinsamen Kinder wäre, ich glaube, ich hätte mich schon längst getrennt. DIeser Gedanke erschreckt mich zutiefst und ich schäme mich dafür. Man verlässt seinen Partner doch nicht, wenn er krank ist, es wäre Verrat.
Sähe ich eine Chance, dass er wirklich eine Therapie macht, wäre ja zumindest die Möglichkeit auf Besserung gegeben und es wäre eine Perspektive für unsere Familie. Da er das jedoch ablehnt, sondern nur auf die Wirkung der Tabletten vertraut und darauf, dass die Depression irgendwann von allein aufhört, habe ich kaum noch Hoffnung. Außerdem, jede neue persönliche Niederlage könnte erneut einen Schub auslösen, weil die ganzen Ereignisse aus seiner Vergangenheit nie aufgearbeitet wurden, und wir stünden wieder genau da, wo wir jetzt sind.
Die Zukunft würde gelebt mit einem Damokles-Schwert, das über einem schwebt und hin und her schwingt. Ich höre das Sirren des Stahles durch die Luft in meinem Kopf. Will ich das?

Ich habe gemerkt, dass ich mich nicht Tag für Tag, aber Woche für Woche ein Stückchen mehr von meinem Partner entferne. Spürbar ist das auch bei anderen hier im Forum, wenn man die Beiträge liest. Wenn nicht nach einer individuell unterschiedlichen (je nach Leidensfähigkeit des Angehörigen) Zeitspanne eine Besserung erkennbar wird, verliert der Angehörige den Mut und zweifelt an der Partnerschaft. Aber vielleicht ist es auch notwendig für das eigene Seelenheil.

Laß Dich auch nicht unterkriegen, und ich umarme Dich

Heiser
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