Hallo ihr da.

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Mazzelino
Beiträge: 2
Registriert: 27. Nov 2009, 16:47
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Hallo ihr da.

Beitrag von Mazzelino »

Hallo, ich bin neu hier und wollte gleich mal einen längeren Post schreiben, über mich und was so die letzten paar Monate alles passiert ist, als eine quasi Vorstellung hier im Forum, zur gleichen Zeit aber auch eine Art Bericht wies mir ging und geht.
Ich bitte jetzt schon etwaige Schreibfehler und nicht zusammenhängende Sätze zu entschuldigen

Die Kurzfassung ist das ich meine Freundin 4 Jahr lang belogen habe, ich habe meinen Eltern und meinem anderen Umfeld ein Leben vorgelogen, dass ich zu keiner Zeit führte.
Anstatt wie ich allen erzählte studieren zu gehen, saß ich zu Hause und spielte sinnlose Computerspiele.

Doch dann kam der Tag an dem sich alles änderte, beziehungsweise es waren ein paar Tage.
Angefangen hatte es auf einem Kurztrip nach Paris. Um ehrlich zu sein hat es mir dort nicht wirklich gefallen und ich konnte die Heimreise kaum noch erwarten als ich auf dem Weg zum Frühstück einen Schwindelanfall hatte, mir wurde schwarz vor Augen ich bin aber nicht zusammengebrochen. Mit Hilfe meiner Freundin hab ich mich wieder etwas beruhigt und es lief darauf hinaus das es eine Panikattacke war.
Ein paar Wochen später, ich war wieder in unserer Wohnung, es war so gegen 12 Uhr mittags, wollte ich am Kiosk neben an Kippen kaufen als ich wieder so eine Panikattacke beim Verlassen des Hauses hatte. Herzrasen, Schwindel, Zittern. Ich konnte mich über eine geraume Zeit nicht beruhigen, auch nicht durch mehrere Telefonate mit meiner Familie.
Da ich dieses Herzrasen nicht aufhören wollte, schleppte ich mich total beuhruhigt Samstag abends ins örtliche Krankenhaus die aber auch nicht wirklich was feststellen konnten, bis auf den Hinweis ich sollte mich doch in der nächsten Woche an meinen Hausarzt wenden.
Gesagt getan. Durchgecheckt, EKG, abfallende T-Welle (oder sowas) aber nicht wirklich schlimm, wie es sich später durch ein BelastungsEKG herausstellte.
Besser ging es mir trotzdem nicht wirklich.
Am Dienstag der Folgewoche habe ich es nicht mehr ausgehalten, ich hatte das Gefühl unbedingt rauszumüssen und bin unter einem Vorwand zu meinen Eltern gefahren (diesen Entschluss hab ich während einer weiteren Panikattacke gefasst).
Dort angekommen brach alles aus mir heraus. Ich hab meinen Eltern alles gestanden und es ging einfach nicht mehr...
Nachdem meine Eltern mir das Versprechen abgenommen hatte, alles meiner Freundin zu sagen wenn ich wieder bei ihr wäre, wurde ich kurzerhand am nächsten morgen zu einem Arzt geschleppt der mir nach einem längeren Gespräch eine Überweisung zu einem Psychiater herausgeschrieben hatte mit der Diagnose auf schwere Depression mit Angststörung.
Seltsamerweise ging es mir wirklich besser als ich mit dieser Diagnose die Praxis verließ.
Ein Termin bei einem Psychiater wurde auch gemacht, diesen bekam ich aber erst in 2 Monaten.
Ich bin nach Hause gefahren, nachdem ich nochmals versprechen musste meiner Freundin alles zu sagen. Ich hab sie an diesem Tag von der Arbeit abgeholt und sobald wir die Wohnung betraten sprudelte alles aus mir heraus. Zum Glück hat sie sich alles angehört und blieb relativ ruhig. Wir haben lang geredet und ich war sowas von froh als sie mehrmals bestätigte das sie mich nicht in die Wüste schicken würde.

Die 2 Monate bis zu dem Termin beim Psychiater wollten nicht wirklich vorbeigehen. Deshalb bin ich nach 2 Wochen wieder zu meinem Hausarzt gegangen. Dort zeigte ich die Überweisungen vor und er hat mir netterweise sofort ein Medikament verschrieben und zwar Cipralex 10mg am Tag. Das Gefühl das sich endlich etwas tut hat mich nochmals richtig gepusht und ich habe mich richtig gehend auf den ersten Termin beim Psychiater gefreut.

Der erste Termin war auch etwas seltsam aber gut, er fand die Wahl meines Hausarztes für Cipralex mehr als gut und hat gleichmal die Dosis erhöht. Wir haben etwas geredet und alles in Allem war es weniger schlimm als man so hört.
14 Tage später hatte ich den nächsten Termin und nochmals 14 Tage später wurde die Dosis nochmal erhöht so das es nun 30mg / Tag sind.
Die ersten Wochen mit den Pillen waren nicht wirklich eine Erleichterung, Magenschmerzen, Kopfschmerzen, Übelkeit das volle Programm halt. Ich wusste auch und weiß auch das die Pillen alleine nicht die Heilung sind sondern auch ich mich ziemlich ins Zeug legen muss. Doch nach 2-3 Wochen bemerkte ich leichte Veränderungen.
Mir war öfters langweilig. Meinen PC hatte ich in der Zwischenzeit verkauft und auch den Schreibtisch entsorgt.
Nach und nach stellten sich die ersten Erfolge ein. Ich ging wieder raus, hatte wieder mehr Appetit und war auch sonst viel aktiver und ich begann mir zusammen mit meiner Freundin Gedanken über die Zukunft zu machen.
Innerhalb kürzester Zeit schaffte ich es einen 400 Euro Job zu besorgen um wenigstens etwas zu tun zu haben.
Nach langem Überlegungen und einigen Studienberatungen bewarb ich mich an der HS Karlsruhe um einen Studienplatz den ich auch glücklicherweise inzwischen bekommen habe und besuche nun auch noch ein Fitneßstudio um die überschüssige Energie irgendwie loszubekommen.
Achja fast vergessen hätte ich das ich vor nun schon fast 7 Monaten das Rauchen aufgehört habe und zwar einfach so über Nacht und es bis jetzt erfolgreich durchgehalten habe nicht wieder damit anzufangen.

Wenn ich nun zurückschaue schäme ich mich klar noch dafür das ich über 4 Jahre lang ein Theater gespielt habe und viele Menschen enttäuscht und angelogen habe inklusive meiner Freundin und ich bin ihr auch sehr dankbar das sie mich nicht auf die Straße gesetzt hat, was ich definitiv verdient hätte.
Alles in allem läuft es zur Zeit sehr gut, ich nehme immernoch meine Tabletten, besuche regelmässig meine Vorlesungen und bin mit meiner Freundin zur Zeit sehr sehr glücklich da sich einfach so viel zum Positiven hin geändert hat, so hab ich auch in meinem ganzen Bekanntenkreis klar Schiff gemacht und jedem gesagt das ich gelogen hab und unter einer Depression leide wobei mich die durchaus positiven Reaktionen der Menschen doch sehr überrascht hat mich aber in meinem Entschluß bestärkt hat mit meiner Krankheit offen umzugehen.

Bei allem Postiven weiß ich aber auch, dass es immer wieder Rückfälle und Rückschläge geben wird, doch ich bin inzwischen guten Mutes das ich mich trotz erneuter Panikattacken und Depressionsschüben wieder aufrappeln werde.

So das wars nun vorerst mal, Ist etwas länger geworden als geplant und ich hoffe es liest sich relativ gut.

Viele Grüße Mazz
Biho
Beiträge: 25
Registriert: 29. Okt 2009, 21:43

Re: Hallo ihr da.

Beitrag von Biho »

Hallo Matthias,
ich habe deine Geschichte gelesen und finde das echt mutig von dir, den Schritt so nach vorne zu gehen, wie du es getan hast. Respekt! Das ist wohl der einzig richtige Schritt denke ich. Und die Reaktion deiner "Nächsten" bestätigen dich darin.
Ich wäre froh, mein Mann hätte es auch so getan. Er hat es über 20 Jahre in so einem "Doppelleben bzw. Lüge" ausgehalten. Und er ist noch lange nicht da, wo du schon angekommen bist. Also Respekt vor deinem Mut.
VG Loewin
maki

Re: Hallo ihr da.

Beitrag von maki »

Hallo Mazz,

Also, für mich als nicht-so-gerne-lange-bericht-leserin hat es sich gut gelesen, und ich finde es toll wie du das geschafft hast! Das geht nicht jedem so, andere brauchen viel länger um auf diese Schiene zu kommen.

Danke dass du denen Mut machst mit deinem Erfahrungsbericht, und bleib dran

Liebe Grüsse

Milly
Elly50
Beiträge: 191
Registriert: 30. Okt 2009, 12:27

Re: Hallo ihr da.

Beitrag von Elly50 »

Hallo Mazz,

ich freue mich über Deinen positiven Bericht - das macht Hoffnung!

Und versuche dich nicht mehr so über die Vergangenheit zu grämen, es hatte ja Gründe, dass du so gehandelt hast und ich finde das Verhalten deiner Freundin prima - ich wünsche dir und Euch alles Gute!
Gruß,
Ellendur
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Hallo ihr da.

Beitrag von Babi »

HI Mazz,
ich finde toll, wie du alles in den Griff bekommen hast.
Es war sicherlich nicht richtig zu lügen, aber du hast das ja eingesehen und geändert und hast gemerkt, daß es dir besser geht, wenn du nicht mehr lügst.
Das ist doch allein das, was zählt!
Und du hast wirklich liebe Eltern und eine liebe Freundin, finde ich.
Ich wünsch dir weiter alles Gute!
Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
LeonessaLöwin
Beiträge: 30
Registriert: 30. Nov 2009, 12:08

Re: Hallo ihr da.

Beitrag von LeonessaLöwin »

Hallo Mazz,

vielen Dank für Deinen offenen Bericht. Ich finde es klasse, was Du geschafft hast und uns daran teilhaben lässt. Mir geht es zur Zeit etwas schlechter und solch ein Bericht gibt mir nochmals schwung einiges anzupacken, was ich die ganze Zeit vor mir herschiebe.

Ganz lieben Gruß

Löwin
---Nur wer aufgibt hat bereits verloren---
Mazzelino
Beiträge: 2
Registriert: 27. Nov 2009, 16:47
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Re: Hallo ihr da.

Beitrag von Mazzelino »

Vielen Dank für eure lieben und netten Antworten.
Ja es ist ein ständiger Kampf auch wenn es mal positiv läuft aber man muss auch lernen die guten Zeiten zu genießen und nicht immer im Hinterkopf behalten das es auch wieder schlechte Zeiten geben wird.
Ich muss auch nochmal sagen dass ich es ohne die Hilfe meiner Familie und ganz besonders meiner Freundin nie und nimmer so weit geschafft hätte. Dieses kann ich ihr nicht hoch genug anrechnen, vor allem, dass sie bei mir geblieben ist und mich immer wieder angetrieben oder aufgebaut hat oder mir während meiner Panikattacken beigestanden ist.
Eine wirkliche Erleichterung ist auf jedenfall das Wissen das ich nicht mehr lügen muss. Denn jede Lüge zieht eine oder mehrere weitere Lügen nach sich und irgendwann hat man sich ein riesiges Lügengeflecht aufgebaut das man kaum noch überblicken kann und das einen quasi erdrückt.
So bin ich nun froh das ich keine Veranlassung mehr habe zu lügen und das ist wirklich was herrliches.

Das schlechteste was man machen kann, ist nichts zu machen auch wenn es manchmal schwer fällt sich aufzurappeln am Ende lohnt es sich immer, denn selbst ein kleiner Erfolg ist immernoch ein Erfolg.
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