Brauche dringend einen Rat

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bobbyie
Beiträge: 3
Registriert: 8. Mär 2008, 16:42

Brauche dringend einen Rat

Beitrag von bobbyie »

Mein Sohn leidet unter Depressionen. Wir haben es von ihm erst seit einiger Zeit erfahren, aber er leidet bestimmt schon seit einem Jahr oder sogar länger darunter. Die Anzeichen dafür waren schon da, aber wir haben es leider nicht als so ernst angesehen. Er wohnt ca. 400 km von uns entfernt, hat dort auch keine Freunde und so oft sehen wir uns leider nicht. Er ist schon immer sehr still gewesen und hat alle Probleme mit sich ausgemacht. Ich komme nicht mehr an ihn ran, auf meine Fragen kommen keine Antworten. Ich komme mir so hilflos vor und habe auch Angst, das er sich selber etwas antun könnte.
Was kann ich tun, damit er ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt? Er will davon nichts wissen und igelt sich immer mehr ein. Ich bin mit meinen Nerven am Ende. Manchmal möchte ich ihm alles aufschreiben ( da er nicht mit sich reden läßt )über meine Gefühle, dann denke ich wieder dass er davon nur noch Schuldgefühle uns gegenüber bekommt. Ich möchte ihm so gerne helfen, er ist doch mein Kind.

Was kann ich tun, kann mir jemand helfen und einen Rat geben?
Yogi66
Beiträge: 1287
Registriert: 15. Feb 2011, 17:31

Re: Brauche dringend einen Rat

Beitrag von Yogi66 »

Hallo Christina,
der Fall von Deinem Jungen kommt mir sehr bekannt vor.
Denn in meinem Beitrag: "Betreff: SOS- An alle Psychologen und Forianer." war der Fall ja so ähnlich.
Leider ist es schwer, auch als Eltern an so einem Kind ran zu kommen.

Man darf nur nicht aufhören, sich um Ihn zu kümmern.
In jeder Hinsicht.
Lade deinen Sohn ein, vielleicht das Osterfest gemeinsam zu verbringen. Oder fahre einfach Mal zu Ihm hin. Auch überraschenderweise. Auch wenn die Entfernung noch so weit ist.

Wenn der Zustand schlimmer wird, kannst Du Dir auch über das Gesundheitsamt der Stadt wo Dein Sohn wohnt, Hilfe holen. Rufe einfach Mal dort an und erzähle denen dort Deinen Fall.
Ich weiß der Weg ist schwer. Aber er lohnt sich.
Schon aus dem Grund, weil es Dein Kind ist.
Ich wünsche Dir viel Mut.

Yogi.
bobbyie
Beiträge: 3
Registriert: 8. Mär 2008, 16:42

Re: Brauche dringend einen Rat

Beitrag von bobbyie »

Hallo Yogi,

danke für deine Antwort. Wir waren erst bei ihm und es war sehr schwer für mich. Wir haben krampfhaft nach Fragen gesucht damit überhaupt ein Gespräch zustande kam, als Antwort kam nur ja, nein, mir egal oder garnichts. Es ist so schrecklich wenn man nicht helfen kann. Ostern kommt er zu uns und ich freue mich.
ChristinaS. schrieb:
> Mein Sohn leidet unter Depressionen. Wir haben es von ihm erst seit einiger Zeit erfahren, aber er leidet bestimmt schon seit einem Jahr oder sogar länger darunter. Die Anzeichen dafür waren schon da, aber wir haben es leider nicht als so ernst angesehen. Er wohnt ca. 400 km von uns entfernt, hat dort auch keine Freunde und so oft sehen wir uns leider nicht. Er ist schon immer sehr still gewesen und hat alle Probleme mit sich ausgemacht. Ich komme nicht mehr an ihn ran, auf meine Fragen kommen keine Antworten. Ich komme mir so hilflos vor und habe auch Angst, das er sich selber etwas antun könnte.
> Was kann ich tun, damit er ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt? Er will davon nichts wissen und igelt sich immer mehr ein. Ich bin mit meinen Nerven am Ende. Manchmal möchte ich ihm alles aufschreiben ( da er nicht mit sich reden läßt )über meine Gefühle, dann denke ich wieder dass er davon nur noch Schuldgefühle uns gegenüber bekommt. Ich möchte ihm so gerne helfen, er ist doch mein Kind.
>
> Was kann ich tun, kann mir jemand helfen und einen Rat geben?
Yogi66
Beiträge: 1287
Registriert: 15. Feb 2011, 17:31

Re: Brauche dringend einen Rat

Beitrag von Yogi66 »

Vielleicht hat Dein Sohn auch Heimweh, und will es nicht zugeben?

Mit freundlichen Grüßen, Yogi.
Zehlendorf
Beiträge: 86
Registriert: 6. Feb 2008, 18:22

Re: Brauche dringend einen Rat

Beitrag von Zehlendorf »

Liebe Christina,
das alles machen wir bei einem unserer Söhne seit 2 1/2 Jahren durch. Er studiert sogar noch weiter als 400 Kilometer weit weg. Er hat dauerhaft sein handy nicht eingeschaltet, antwortet nicht auf emails oder Briefe usw. Auch was du über die übrigen Kontaktprobleme deines Sohnes schreibst, kennen wir leider sehr gut. "Soziale Phobien" sind leider sehr häufig mit Depressionen gepaart.

Weil wir Angst hatten, dass unser Sohn sich etwas angetan haben könnte, hatten wir in dieser Zeit bereits den Hausmeister des Studentenwohnheims, den sozialpsychatrischen Dienst, Polizei usw. alarmiert und ich bin auch schon einmal ohne Ankündigung hingefahren, als ich ein paar Tage Urlaub hatte. Wenn wir ihn treffen, gibt es keinerlei Streitereien, er ist freundlich, gibt "rationale" Erklärungen usw. und taucht dann wieder ab.


Hintergrund sind schwere depressive Verstimmungen und Kontaktängste, er hat Redehemmungen am Telefon bzw. ist so verzweifelt, dass er im Bett liegen bleibt und einfach keinen Kontakt haben kann. Bei einem volljährigen "Kind" sind leider die "Eingriffsmöglichkeiten" von Eltern praktisch gleich null, solange keine nachgewiesene (!) aktuelle Selbstmordgefährdung besteht.

Letzten Herbst ist dann die Situation für ihn so eskaliert, dass ihm kein Ausweg mehr blieb (exmatrikuliert, Gefahr seine Studentenbude zu verlieren usw.. Erst in dieser Situation habe ich ihn endlich dazu gebracht, zu einem Psychiater zu gehen. Seit Dezember nimmt er nun ADs. Weihnachten war er da, sichtlich krank (auch wegen der Nebenwirkungen der Medikamente), aber wir waren richtig hoffnungsvoll, weil sich ja nun immerhin etwas bewegte. Beim Abschied nahm er mich sogar von sich aus(!) in den Arm, lächelte mich an. Völlig ungewohnt bei ihm. Er wirkte insgesamt zugänglicher und als er wieder zu Hause war, kamen noch einige (für seine Verhältnisse sehr optimistische) Emails, seit über einem Monat ist wieder Funkstille. Immerhin hat uns der Arzt bestätigt(vor 2 Wochen), dass er noch in Behandlung ist. WEitere Informationen wird er uns aber nicht geben, das ist auch sinnvoll, damit der Patient sich nicht hintergangen fühlt. Aber für uns als Eltern ist es einfach die Hölle, nicht zu wissen, was los ist.

Liebe Christina, was du über deine Gefühle schreibst, kann ich mehr als nur nachvollziehen: Man weiß als Mutter nicht mehr aus noch ein. Aber: Man kann nichts machen, wenn der Betreffende selbst es nicht "will". So sagte es uns auch der Arzt (und andere Ärzte, die wir befragt haben.) Einen Rat, der dir jetzt wirklich "hilft", kann ich dir also nicht geben. Nur: Tu so viel wie möglich für dein (!) eigenes Gleichgewicht, sieh zu, dass du trotzdem immer wieder Dinge erlebst, die dir Freude machen. Und: Sag bzw. schreib deinem Sohn immer wieder, dass du ihn liebst, dass du zu ihm hältst und dass du ihm seine Abwehr nicht übel nimmst. Und warte darauf, dass er so weit kommt, Hilfe anzunehmen!

Vielleicht gibt es auch die Möglichkeit mit deinem Sohn Kontakt zu halten, ohne dass du ihn direkt auf seine Krankheit ansprichst. Interessiert er sich z.B. für bestimmte Themen oder Bereiche, so dass du ihm z.B. einfach mal einen Zeitungsausschnitt, ein Buch oder so schicken könntest? Oder schreib ihm vielleicht über einen Film, der ihn auch interessieren könnte. Es ist so wichtig, dass man irgendeinen (!) Zugang behält. Auch so kann dein Sohn sehen, dass du an ihm als Mensch interessiert bist und mit ihm in Kontakt bleiben möchtest. Wahrscheinlich fällt es ihm schwer, über seine Probleme zu sprechen, speziell zu dir als Mutter. Da spielen nämlich immer eine Menge Schuldgefühle eine Rolle, auch wenn du ihn objektiv nicht unter Druck gesetzt hast.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft und verliere nicht die Hoffnung!
Anna
bobbyie
Beiträge: 3
Registriert: 8. Mär 2008, 16:42

Re: Brauche dringend einen Rat

Beitrag von bobbyie »

Liebe Anna,

es tut gut, dass man mit jemandem über die gleichen Probleme reden kann der einen versteht. Du hast mir mit deinen Zeilen trotzdem weitergeholfen, auch wenn du nicht helfen kannst. Mit meinem Mann kann ich leider auch nicht darüber reden. Er geht unangenehmen Gesprächen lieber aus dem Weg und er sieht auch bei unserem Sohn die Depressionen nicht so ernst an, da er mal letzte Woche mit uns telefoniert hat und mal 3 zusammenhängende Sätze gesagt hat. Ich bin aber der Meinung, dass eine Depression, die schon lange anhält nicht von heute auf morgen so einfach vergeht, das braucht bestimmt sehr viel Zeit und Geduld.

Mein Sohn hat nach 7 Jahren das Studium abgebrochen und da war er schon sehr schlecht drauf. Ich hatte ihm damals schon gesagt, dass er jederzeit wieder nach Hause kommen kann, aber ich denke, er wollte nicht weil er sich geschämt hat. Ich habe dann mit ihm Bewerbungen geschrieben, da er nicht konnte oder wollte. Ich glaube, da hat alles schon angefangen. Er hat auch einen Ausbildungsplatz bekommen und als im letzten Jahr Prüfungen waren ist er nicht hingegangen und jetzt im Januar wieder nicht zur Nachprüfung. Ich weiss nicht, ob er Angst davor hat oder warum auch immer. Seine Firma hat ihn nun trotzdem eingestellt. Ich habe mit seiner Chefin gesprochen. Sie ist sowas von nett, sie wissen, was sie an meinem Sohn haben und helfen ihm auch wo es nur geht. Welcher Betrieb macht das schon mit?

Ich habe so viele Fragen und bekomme keine Antworten.

Viele liebe Grüße
Christina
angelino
Beiträge: 36
Registriert: 7. Apr 2008, 19:41

Re: Brauche dringend einen Rat

Beitrag von angelino »

Zehlendorf
Beiträge: 86
Registriert: 6. Feb 2008, 18:22

Re: Brauche dringend einen Rat

Beitrag von Zehlendorf »

Hallo Christina,
zunächst einmal: Sieh mal aus dem Fenster. Die Sonne scheint bei mir von einem blauen Himmel und unsere Forsythiensträucher sind seit ein paar Tagen gelb. Ich war gerade mit dem Hund spazieren und - obwohl ich mal wieder die Nacht über kaum ein Auge zubekommen habe - es geht mir heute ziemlich gut!!

Dass dein Sohn schon seit Jahren an dem Problem "laboriert", habe ich schon erwartet (Studienabbruck nach 7 Jahren), wir kennen das selbst. Mein ältestes Kind ist vor ein paar Tagen 29 geworden und es ist keine Aussicht auf Abschluss des Studiums. Es leidet unter Prüfungsangst in einem Ausmaß, das wir Eltern nur kaum nachvollziehen können. Es hatte unmittelbar nach dem Abitur eine schwere depressive Phase, die es mittlerweile "überwunden" hat (Medikamente und Phychotherapie), es hat inzwischen Freunde und seit längerem eine feste Freundin, aber von endgültig gelösten Problemen kann nicht die Rede sein. Der mittlere Sohn, von dem ich geschrieben hatte, hat nach 2 Jahren ein super Vordiplom hingelegt, unmittelbar danach das Studium gewechselt und befindet sich nun bereits im 4. Studiengang. Beides liebe und kluge Menschen, an Intelligenz mangelt es nicht (Im Gegenteil denke ich oft, wenn sie etwas "dümmer" wären, hätten sie es "leichter"!), auch nicht an Fleiß.

Was du über deinen Mann schreibst, kenne ich auch. Während ich nachts nicht schlafen kann bzw. "offen verzweifelt" reagiere auf die jeweils neueste Hiobsbotschaft, zeigt mein Mann vordergründig Optimismus und weigert sich, stundenlange Gespräche zu führen. Stattdessen versucht er Probleme konkret handelnd zu lösen und mich (und auch die Kinder) ohne langes Reden zu stützen.

Ich vermute, dass auch ihr bereits das Stadium erreicht habt, indem man sich gegenseitig die Schuld zuweist. Bei uns ging das jedenfalls bis an die Grenze zur Scheidung. Inzwischen sehen wir das so, dass wir unser Leid gemeinsam tragen müssen, jeder auf seine Weise. Und das Nichtredenkönnen bei Männern ist keine Gefühllosigkeit, sondern eine typische Überlebenstaktik. Mein Mann reagiert zwar immer "rational" und "distanziert", hat aber stattdessen im Herbst einen schweren Herzinfarkt mehr oder weniger knapp überlebt (was natürlich seiner Meinung nach überhaupt nichts mit unserer Familiensituation zu tun hat!)

Wenn ich davon ausgehe, dass alle Kranken auch Eltern haben, wovon die meisten wohl der Krankheit ihrer Kinder genauso hilflos und verzweifelt gegenüberstehen wie wir, dann frage ich mich, wo die wohl alle geblieben sein können. Zumindest findet man sie nur selten in irgendwelchen Foren oder Angehörigengruppen, nicht wenn die "Kinder" erwachsen sind. Ich denke, das hat sehr viel mit Schuldgefühlen zu tun und auch mit Schuldzuweisungen, mit denen unsere Gesellschaft sehr schnell zur Hand ist.

Da meine Kinder sich mit ziemlicher Sicherheit auch im Internet informieren und dann auf dieses Forum stoßen, will ich hier keine Einzelheiten schreiben. Wenn du aber möchtest, kannst du mich gerne per Email erreichen. Ich habe zu diesem Zweck meine Identität vorübergehend freigeschaltet. (Obere linke Ecke anklicken") Ich würde mich freuen!

Machs gut!
Anna
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