ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Cookie
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Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von Cookie »

Hallo s-ch,
hm, schwierige Situation. Also auf deine Eingangsfrage würde ich sagen: Nein.
Man kann vielleicht überleben, aber wirklich klarkommen, nein...
Vielleicht versuchst du´s mit hochdosiertem Johanniskraut aus der Apotheke. Laif 900 heißt das, glaub ich, mir hat´s gut geholfen. Wenn es dir dadurch etwas besser geht, versuch es mit telefonischer Beratung, vielleicht findest du ja einen Thera, der erstmal per Telefon oder Mail mit dir anfängt. Irgendwie so...aber versuch, dir helfen zu lassen. Von alleine geht das nicht weg. Scheißkrankheit.
Grüße
cookie
ANOVA
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Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von ANOVA »

Hallo S,

ich kann mir auch nicht so wirklich vorstellen, dass Du auf Dauer alleine mit Deiner Depression und den möglicherweise manchmal auftretenden Erinnerungen gut klarkommen wirst. Aber ich denke mal, das ist Dir selbst auch irgendwie klar, sonst hättest Du vermutlich auch nicht Deinen ganzen Mut zusammengenommen und hier geschrieben...

Zunächst einmal: Du bist nicht allein mit diesem Problem! Ich habe während meiner Klinikaufenthalte einige Betroffene kennen gelernt, denen es vorher auch so ging wie Dir. Es ist also zu schaffen, sich Hilfe zu holen, auch wenn Dir das gerade bzw. schon seit langer Zeit als völlig abwegig erscheint. Was im übrigen sehr gut nachvollziehbar ist.

Ich denke, dass es vielleicht erstmal darum gehen könnte, welche schon vorhandenen Strategien Du nützen könntest, um einen Kontakt herzustellen. Wie ist es denn bei Deiner Arbeitsstelle bisher gelaufen, hattest Du dort anfangs auch Ängste vor dem Kontakt mit Kollegen und Vorgesetzten? Wie hast Du diese Ängste abbauen bzw. in den Griff kriegen können? Vielleicht lässt sich ja Deine Strategie auch auf einen möglichen Therapeutenbesuch übertragen.

Oder Du könntest erstmal per E-Mail oder telefonisch Kontakt aufnehmen, z.B. mit einer Ambulanz einer psychiatrischen Klinik, dem sozialpsychiatrischen Dienst oder einer Beratungsstelle für Menschen mit Deinen Erfahrungen. Das hätte vielleicht zwei Vorteile: zum einen könntest Du Dir direkt von einem Therapeuten erklären lassen, wie so ein Besuch überhaupt genau abläuft, denn ich könnte mir vorstellen, dass Du davon gar keine Vorstellung hast. Zum anderen könntest Du mit einem u.U. mehr oder weniger regelmäßigen E-Mail-Kontakt so etwas wie ein vorläufiges Vertrauen aufbauen. Und noch ein Vorteil fällt mir bezüglich E-Mail-Kontaktierung ein: Du könntest vorher klären, dass Du solche großen Ängste und Befürchtungen hast, dass Du eben nicht einfach mal so dorthin spazieren kannst. Gemeinsam könnte man dann überlegen, welche Maßnahmen auf der Therapeutenseite Dir ein klitzekleines bisschen Deiner Angst nehmen könnte. Und das hättest Du dann sogar schriftlich, so dass Du Dir das alles mehrmals in Ruhe durchlesen könntest. Du könntest dann mit der ausgedruckten E-Mail in der Hand einen Versuch wagen, dorthin zu gehen. Die E-Mail hättest Du als nochmalige Absicherung, was auf Dich zukommen wird.

Was mir (allerdings in einem anderen Kontext) geholfen hat: ich bin ein paar Mal erstmal nur in die Nähe des Gebäudes gegangen, quasi um erstmal die Situation zu checken und auch mögliche „Fluchtwege“, falls mir das alles zu viel wird. Mit der Zeit konnte ich dann ins Gebäude reingehen und irgendwann hatte ich gar keine Angst mehr.

Dies alles habe ich nicht geschrieben, um Dich zu einem sofortigen Arztbesuch zu überreden. Ich kann verstehen, dass Du Dir das nicht vorstellen kannst. Aber vielleicht stecken in meinem Posting ja kleine Anregungen, die Du irgendwann einmal an Dich heranlassen kannst.

Ich wünsche Dir alles Gute und viel Kraft!

Xenia
s-ch
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Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von s-ch »

vielen Dank für die weiteren Wortmeldungen.

Xenia, danke für Deine ausführlichen Infos. Ich weiß ja nicht, ob ich wirklich Depressionen habe oder ob meine negative Stimmung ein Nachhall meines Traumas ist oder vielleicht auch eine Kombination aus beidem. Im Grunde ist es auch nicht entscheidend, denn ich habe wie gesagt etliche Symptome, aber andere fehlen auch. Ich würde z. B. ohne meinen Job nicht überleben.

Ich komme mein Leben lang mit mir alleine klar, ich habe mich noch niemals jemandem geöffnet. Doch ich spüre, dass die Kraft nachläßt und ich abdrifte, in finsteren Gedanken versinke und der Job an Priorität verliert.

Im Job - auf der rationalen Ebene - komme ich gut klar. Doch sobald die rationale Ebene verlassen wird, mache ich dicht und bestehe nur noch aus Angst und Hemmungen. Angst, dass jemand erkennen könnte, wie desolat es im privaten Bereich um mich steht. Ich gelte deshalb auch als absolut unnahbar und distanziert.

Vielleicht wäre es mir möglich, schriftlichen Kontakt aufzunehmen. Doch der folgerichtige nächste Schritt - persönlichen Kontakt, Therapie, evtl. Medikamente - könnte dann nicht kommen und dann würde ich mich noch viel mieser und bedrängter fühlen als jetzt. Vielleicht bin ich wirklich unfähig dazu, Hilfe anzunehmen.

Ich möchte mich sehr für Deine Anregungen und die der anderen Poster bedanken.

Gruß S.
ANOVA
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Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von ANOVA »

Hallo S,

>Im Job - auf der rationalen Ebene - komme ich gut klar. Doch sobald die rationale Ebene verlassen wird, mache ich dicht und bestehe nur noch aus Angst und Hemmungen. Angst, dass jemand erkennen könnte, wie desolat es im privaten Bereich um mich steht. Ich gelte deshalb auch als absolut unnahbar und distanziert.

Aber wie war es denn, als Du den Job angefangen hast? Irgendwann war ja auch dort Dein allererster Tag, an dem Du niemanden kanntest? Und jetzt bist Du sogar in der Lage auf der rationalen Ebene klarzukommen. Wie hast Du das geschafft? Vielleicht ließen sich Deine Erfahrungen aus der Anfangszeit im Job ja irgendwie auch auf die Situation der Kontaktaufnahme übertragen...

>Vielleicht wäre es mir möglich, schriftlichen Kontakt aufzunehmen. Doch der folgerichtige nächste Schritt - persönlichen Kontakt, Therapie, evtl. Medikamente - könnte dann nicht kommen und dann würde ich mich noch viel mieser und bedrängter fühlen als jetzt. Vielleicht bin ich wirklich unfähig dazu, Hilfe anzunehmen.

Es ist verständlich und absolut nachvollziehbar, dass Du es so empfindest, vor allem nach Deinen Erfahrungen. Jedoch gibt es einen ganz großen Unterschied zwischen damals und heute: damals hattest Du keine Kontrolle über das Geschehen, heute hast Du sie aber. Du wärst diejenige, die entscheidet.

Kann es sein, dass Du Dir eine therapeutische oder psychiatrische Behandlung so vorstellst, dass Du die rationale Ebene immer und auf jeden Fall ablegen musst? Das ist absolut nicht so. Du bist einem Therapeuten nicht schutzlos ausgeliefert.

Aber vielleicht bist Du im Moment auch noch nicht bereit zu diesem Schritt, was absolut verständlich wäre. Damit meine ich nicht, dass es Dir nicht schlecht genug geht oder so, denn ich nehme mal an, dass es Dir sehr viel schlechter geht, als Du es hier im Forum zeigst. Aber vielleicht bist Du noch zu sehr gefangen in Deinem inneren Gefängnis und der Vergangenheit.

Irgendwann wirst Du aber den Mut und die Kraft haben für den ersten Schritt in Richtung Behandlung.

Viele Grüße

Xenia
s-ch
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Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von s-ch »

Hallo Xenia,

ich möchte mich sehr herzlich für Deine Antwort und Deine guten Gedanken bedanken.

Die rationale Ebene stellt für mich keine Gefahr von Nähe oder Grenzüberschreitung dar. Ich arbeite in dieser Firma und diesem Job schon sehr lange, schon seit der Ausbildung. Zudem bin ich fachlich sehr respektiert, wir haben ein angenehmes Arbeitsklima abseits von Mobbing.

Ja Du hast recht. Ich fürchte sicher bewußt oder unbewußt, dass mir bei einer realen Öffnung Dritten gegenüber die Kontrolle entgleitet. Und auch dass es womöglich jemand nicht mehr verantworten könnte, mich meiner Situation zu überlassen.

Zudem hast Du richtig erkannt, dass ich in meinem inneren Gefängnis, das ich mir mein Leben lang aufgrund nicht bewältigter Vergangenheit erbaut habe, gefangen bin. Ich kann mir nicht vorstellen, all das Unaussprechliche und die Folgen (auch SVV) real mit jemandem zu teilen.

Ja, mir geht es ziemlich schlecht. Aber es braucht bitte niemand im Forum irgendwelche Sorgen zu haben, es besteht keine akute Gefahr.

Danke nochmals für alle Wortmeldungen und alles Gute, S.
BeAk

Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von BeAk »

Liebe S,

Schau Dir noch mal die Seiten von Schotterblume an. Dort wirst Du einiges über die Gestalttherapie erfahren.
Sie arbeitet auch vielfach ohne Worte.

Ich selber mach z.Z. zusätzlich eine Konzentrative Bewegungstherapie um an meine abgespatenen Gefühle zu kommen. Das klappt bei dieser Therapieart ganz wunderbar.

Und Xenia beschreibt das vollkommen richtig, in einer Psychotherapie behälst Du die volle Kontrolle. Du entscheidest worüber gesprochen wird und ob und wieweit Du Dich einem Trauma näherst. Ich selber habe meinen Therapeuten erst mach 10 Monaten Psychotherapie gebeten, mit mir mein Trauma zu bearbeiten. Obwohl ich es ihm in der 2ten Sitzung in einem Satz mitgeteilt habe das dieses Trauma vorliegt, brauchte ich doch diese lange Zeit, bis ich bereit war mich dem zu stellen.
Und gefühlt habe ich bei der Bearbeitung auch nichts. Das kam erst ganz langsam später, vorallem durch die konzentrative Bewegungstherapie.

Die längste Zeit in der Traumatherapie nimmt übrigens die Stabilisierung ein, eine Zeit in der Therapie in der noch nicht am Trauma gearbeitet wird, sondern allein am seelischen Wohlbefinden dient.

Und etwas mehr Stabilität, liebe S. kannst Du mit Sicherheit gut gebrauchen.

Alles Gute Dir
ANOVA
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Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von ANOVA »

Hallo S,

>Die rationale Ebene stellt für mich keine Gefahr von Nähe oder Grenzüberschreitung dar. Ich arbeite in dieser Firma und diesem Job schon sehr lange, schon seit der Ausbildung.

Vielleicht kannst Du ja auf der rationalen Ebene, auf der Du ja anscheinend gut „funktionierst“ bleiben, um die Situation eines therapeutischen oder psychiatrischen Gesprächs kennenzulernen? Quasi als Einstiegserleichterung... Vielleicht könnte Dir das ja ein wenig Angst nehmen. Außerdem wüsstest Du dann auch, was bei einem solchen Besuch wirklich abläuft und was eher in Deiner Phantasie abläuft. Das meine ich nicht negativ oder wertend, ich könnte mir jedoch vorstellen, dass Du eine ziemlich verzerrte Vorstellung davon hast, wie so etwas abläuft.

> Ich fürchte sicher bewußt oder unbewußt, dass mir bei einer realen Öffnung Dritten gegenüber die Kontrolle entgleitet. Und auch dass es womöglich jemand nicht mehr verantworten könnte, mich meiner Situation zu überlassen.

Nun ja, zum einen musst Du Dich nicht direkt beim ersten Gespräch öffnen und zum anderen sind das Deine Ängste, die m.E. dringend mal auf Wahrheit hin überprüft werden müssten. Mit Ängsten ist es irgendwie eine blöde Sache: vermeidet man auf Dauer jegliche Konfrontation, werden die Ängste mit der Zeit immer schlimmer und man bringt sich selbst um die Erfahrung, dass sie in der Realität ziemlich situationsunangemessen sind. Auf lange Sicht wirst Du Dich diesen (und anderen) Ängsten stellen müssen, glaube ich.

> Ich kann mir nicht vorstellen, all das Unaussprechliche und die Folgen (auch SVV) real mit jemandem zu teilen.

Das kann ich gut verstehen. Schließlich hast Du vermutlich über einen langen Zeitraum gelernt, dass es eben unaussprechlich ist und mit niemandem geteilt werden darf. Aber Du wirst Dich wundern, es tut gut, darüber zu sprechen. Und es tut extrem gut, andere Betroffene kennenzulernen, die ähnliches erlebt haben. Es ist nicht so, dass jemand von Dir verlangen wird, sofort alles zu erzählen. Im Gegenteil, heutzutage wird eigentlich darauf geachtet, dass man erst stabil ist, seinen Alltag bewältigt und gut mit Krisen umgehen kann, bevor es an die Traumata geht. Bei mir war es z.B. so, dass ich ca. drei oder vier Jahre Therapie hinter mir hatte, bevor ich über Traumatisches sprach. Und ich hätte auch nicht darüber sprechen müssen; keiner hat mich gezwungen oder Druck gemacht. Ähnlich war es mit anderen Betroffenen: mir hat es gut getan, als ich merkte, dass andere ähnliches erlebt hatten und ähnliche „Bewältigungsmechanismen“ (SVV) aufgebaut hatten. So wurde das Unaussprechliche ganz langsam – in Babyschritten – aussprechlich und verlor ein wenig von seinem Schrecken, was für mich eine sehr große Entlastung war und mir extrem geholfen hat auf meinem Weg.

Liebe Grüße

Xenia
Bangalore
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Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von Bangalore »

Hallo S.,

es hat mir so leid getan, von Deiner nahezu ausweglosen Situation zu lesen. Ich schreibe Dir einfach mal, was mir zu Deinen Schilderungen einfällt, vielleicht ist etwas brauchbares für Dich dabei.

Zunächst kann ich bestätigen, was hier geschrieben wurde: Ein Besuch beim Psychiater bedeutet keine körperliche Untersuchung. Auch das Gespräch läuft sehr rational ab, was Dir entgegenkommen dürfte.

Einen Gang zum Psychiater empfehle ich Dir deshalb, weil Du zum einen eine Diagnose bekommt, d.h. Du weißt, was Dir fehlt. Zum anderen kannst Du Dich medikamentös unterstützen lassen. Ein Medikament kann Dir u.U. helfen, Deinen Job wieder besser zu bewältigen und einen klaren Kopf und Mut für weitere Entscheidungen (z.B. eine eventuelle Psychotherapie) zu bekommen.

Zitat:
"Ich lasse sicher nichts an meinen Angehörigen aus, ich lebe alleine seit über 20 Jahren, habe auch keinen Partner und keine Freunde. Mit meiner Familie habe ich einen nur losen Kontakt.

Ich bin krankenversichert, stehe auch seit 25 Jahren im Beruf, vollkommen unauffällig, ohne jegliche Fehlzeiten. Mit welchem Kraftaufwand, werdet Ihr sicher ahnen.

Warum ich nicht zum Arzt kann? Ich habe extreme Angst davor, ich kann mich nicht untersuchen lassen."
Ende des Zitats.

Warst Du noch nie krank? Was machst Du, wenn Du eine Grippe bekommst, Dir ein Bein brichst, Zahnschmerzen bekommst? Was ist mit Vorsorge-Untersuchungen? Ehrlich gesagt, gehst Du da fahrlässig mit Dir um. Du solltest unbedingt an Deiner Arzt-Angst arbeiten - schon alleine aus den genannten Gründen.

Wie sieht es mit der Freizeitgestaltung aus? Gehst Du gerne in Ausstellungen, machst Du Musik? Sport wirst Du wahrscheinlich bei Deiner Vorgeschichte eher vermeiden. In Deiner Situation ist ein Ausgleich ungeheuer wichtig - der Job alleine reicht nicht. Das hast Du inzwischen selbst gemerkt. Überleg Dir mal, welche Aktivitäten Dir Spaß machen könnten (vielleicht ein ausgiebiger Einkaufsbummel oder ein Herbstspaziergang). Auch das kann dem Abwärtstrend entgegenwirken und Kraft geben.

Alles Gute!
Bangalore
s-ch
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Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von s-ch »

danke schön Bea, Xenia und Bangalore. Ich fühle mich wie durch den Wolf gedreht, aber ich möchte gerne auf Eure netten Worte noch eingehen.

Liebe Bea, für mich wäre eine Therapie mit Schwerpunkt Gestalten oder Malen hochgradig suspekt. Ich kann mich leider nicht öffnen, auch nicht auf diesen versteckten Wegen.

Liebe Xenia, ich habe vermutlich schon eine verzerrte Vorstellung. Es wäre für mich der Horror, jahrelang in Therapie zu gehen. Unmöglich. Mit meinem Widerstand hätte es vermutlich auch gar keinen Sinn und würde nur alle Seiten frusten.

Liebe Bangalore, ich kann leider nicht zum Arzt gehen. Weder zum Hausarzt noch zum Zahnarzt noch zu sonst einem. Ich kann nicht einmal zum Friseur gehen, weil ich solche Angst vor Berührungen habe. Vor Medikamenten fürchte ich mich insofern, weil ich glaube, dass diese mich sedieren, abschießen, arbeitsunfähig machen. Das darf nicht sein, meine Arbeit ist das einzige, was ich habe.

Nein Bangalore, ich war noch nie krank, ich bin gesund, allerdings auch durch jahrzehntelanges SVV sicher nicht in der Lage, Schmerzen normal einzuschätzen. Ich habe vielleicht mal einen Schnupfen, aber ich brauchte nie einen Arzt. In all den Jahren hatte ich nicht einen einzigen Fehltag wegen Krankheit, auch nicht bei massiveren Selbstverletzungen. Ich bin da - leider? - sehr hart im Nehmen.

Freizeitgestaltung gibt es nicht. Ich habe nur meine Bücher, raus unter Menschen oder in die Natur gehe ich nie und ging ich nie. Zuviel Angst, unmöglich.

Ich möchte mich bei Euch für Eure netten Worte und Anregungen bedanken. Wahrscheinlich bin ich wirklich unfähig, Hilfe anzunehmen oder etwas zu ändern.

Alles Gute für Euch, ich hoffe, dass Euer Weg ins Licht führt und die Schatten verblassen, S.
BeAk

Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von BeAk »

Liebe S,

bist Du sicher das Therapien die suspekt sind, von der Krankenkasse finanziert werden?
Die hier genannten Kunst und/oder körperorientierten Therapien werden stationär in psychiatischen Krankenhäusern und Rehakliniken durchgeführt und dann auch vom Kostenträger übernommen.

Nur leider werden die selben Therapien im ambulanten Bereich von der KK nicht übernommen, was nicht an der Qualität der Therapien liegt, sondern am bürokratischen Systhem.
Wenn Du wirklich die Qualität einer Therapie beurteilen willst, solltest Du vor Deinem Urteil fachkundige Quellen zu Rate ziehn. Die gibt es auch reichlich im www.

Die Therapie von der ich schrieb ist die konzentrative Bewegungstherapie, sie spricht ausschließlich die emotionale Ebene an.
ANOVA
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Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von ANOVA »

Hallo Bea,

ich glaube, es geht überhaupt nicht darum, dass S keinen Kontakt zu ihren Emotionen hat oder ähnliches.

Sie hat Angst vor jeglichen Kontakten, die nicht vorhersehbar sind.

Von daher verstehe ich nicht wirklich, dass Du sie davon überzeugen möchtest, dass KBT für sie eine Alternative wäre.

Mich hat KBT z.B. massiv zurückgeworfen und im nachhinein durfte ich erfahren, dass sie für Menschen mit schwerem und bislang unbehandeltem Trauma völlig inadäquat ist. Vielleicht kann man davon profitieren, wenn man schon eine gewisse Zeit lang psychotherapeutisch begleitet wurde, aber ganz sicher nicht, wenn dies nicht der Fall ist. Es mag ja sein, dass Du davon profitierst, aber das solltest Du nicht einfach so auf jeden anderen übertragen.

Ich finde auch, dass Du die Aussagen von S, dass sie momentan einfach keine Therapie machen kann mehr respektieren solltest.

Gruß

Xenia
ANOVA
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Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von ANOVA »

Hallo S,

ich möchte Dir gerne noch ein Feedback zu Deinem letzten Posting geben, aber das wird heute nichts mehr. Bin zu müde...

Grüße

Xenia
Bangalore
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Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von Bangalore »

Liebe S.,

in Deinem Eingangsposting hast Du gefragt "Kann man alleine damit klarkommen oder wird irgendwann der Kollaps kommen?"

Ehrlich gesagt, wenn ich mir durchlese, wie Du lebst, glaube ich nicht, dass Du ewig so weitermachen kannst. Du hast außer Deinem Job (was ich sehr gut und wichtig finde) nicht mehr viele Ressourcen, auf die Du zugreifen kannst.

In klaren Worten, ich fürchte der Kollaps wird kommen. Aber Du kannst das aufhalten!!!

Du liest viel. Besorge Dir doch mal Literatur über Antidepressiva. Diese machen Dich nicht platt - im Gegenteil. Du wirst mit medikamentöser Hilfe eher besser als schlechter arbeiten können.

Außerdem empfehle ich Dir (falls Du es noch nicht kennst)das Buch "Trotz allem". Das ist ein exzellenter, sehr einfühlsamer Ratgeber für sexuell Missbrauchte. Die Autorinnen sind selbst betroffen.

Irgendwann schriebst Du, Du seist unfähig, Dir Hilfe zu holen. Unfähig bist Du sicher nicht - aber es fehlt Dir im Moment am Willen, Dir helfen zu lassen. Dies ist übrigens auch ein Kennzeichen von Depression (und könnte sich unter Medikation bessern).

Alles Gute
Bangalore
BeAk

Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von BeAk »

Liebe Xenia,

ich versuche garnicht S. zu einer Therapie zu übereden.
Aber nur weil eine Therapie für einen selber nicht oder noch nicht geeignet ist, ist diese Therapie noch lange nicht suspekt.
Ich habe den Eindruck, als wenn S. momentan Therapien schlecht macht, um sich nicht mit ihnen auseinander setzen zu müssen.

Besser währe das Eingeständniss, ich bin noch nicht bereit, Erfahrungen der Behandlung meines Leidens zuzulassen/ Hilfe anzunehmen. Ich habe Angst davor und will mich dieser Angst nicht stellen.
maggy
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Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von maggy »

Liebe S.,

ich kann das was Du schreibst sehr gut nachempfinden.

Obwohl ich verheiratet bin und 2 Söhne habe, war ich nicht in der Lage andere Menschen an mich ran zu lassen oder auf sie zuzugehen.
Außer während meiner Arbeitszeit (und das auch nur, weil wir Wohnhaus und Betrieb auf dem gleichen Grundstück haben), hatte ich mehr als 2 Jahrzehnte keinen Kontakt zu anderen Menschen. Zu Ärzten nur dadurch, dass mein Mann mich in den ersten 2 Jahren von einem zum anderen schleppte und erwartete, dass irgendeiner der Ärzte die Wunderpille hat und dann wäre ich wieder "die Alte". Klappte aber nicht; denn ich wollte nicht mehr "die Alte" sein (habe aber Jahre gebraucht, bis mir das bewußt wurde).

Wir haben uns so lange im Über-Leben trainiert, dass das für uns die einzigste Möglichkeit des Lebens ist; denn alles andere ist mit so viel Angst, Scham und Schuld besetzt, dass wir nicht wissen wie wir aus diesem Teufelskreis aussteigen sollen.

Glaub mir, der richtige Zeitpunkt kommt auch für Dich; Du entscheidest wann er da ist.

Von mir kann ich Dir sagen, dass ich jetzt, mit 56 Jahren, ein neues Leben anfange und es macht mir großen Spaß mich so mitten in meinem Leben zu fühlen. Ja, auch fühlen ist mir wieder möglich. Ich kann aber auch ganz real meinen Verstand einsetzen, der in der Lage ist zu überprüfen, ob das was ich fühle was uraltes ist, das mich da mal wieder einholt, oder ob es was mit der momentanen und realen Situation zu tun hat, in der ich mich gerade befinde.

Wenn ich darf schick ich Dir ein paar Sonnenstrahlen
und alles Liebe
von
Maggy
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Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
ANOVA
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Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von ANOVA »

Hallo S,

eigentlich hat Maggy schon alles geschrieben, was ich Dir zurückmelden wollte...

Es ist vielleicht noch nicht an der Zeit, dass Du Deine Ängste überwinden kannst. Das ist wirklich sehr gut nachvollziehbar und hat nichts mit Schwäche, Unfähigkeit oder mangelndem Willen zu tun. Aber ich bin mir - ebenso wie Maggy - sicher, dass Du irgendwann den richtigen Moment erspüren wirst.

Ich würde mich freuen, wenn Du Dir das, was Du in diesem Thread als potentiell hilfreich empfunden hast, ausdrucken könntest. Vielleicht hilft es Dir später einmal, wenn Du genügend Kraft hast, den ersten Schritt in Richtung Behandlung zu machen.

Ich wünsche Dir alles Gute und hoffe, dass Du Dich irgendwann nicht mehr so abwerten musst. Du bist ebenso viel wert wie jeder andere Mensch. Was Dir andere in Deiner Vergangenheit eingebleut haben, wird irgendwann keine Gültigkeit mehr für Dich haben. Ich hoffe, Du kannst Dich irgendwann aus der Macht, die die Vergangenheit immer noch über Dich hat befreien.

Liebe Grüße

Xenia
s-ch
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Registriert: 6. Jul 2008, 23:44

Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von s-ch »

Liebes Forum,

ich möchte mich entschuldigen, mich so lange nicht gemeldet zu haben, es ging mir ziemlich schlecht. Mein Lebensmut und die Kraft sind ziemlich am Ende, doch es ist wieder etwas besser und ich möchte gerne noch auf die letzten Beiträge eingehen.

Ja Maggy, ich habe auch noch niemals jemanden an mich heranlassen können. Ich lebe alleine, ich hatte noch niemals eine auch nur unverbindliche Beziehung. Das wird sich auch nicht ändern. Meine Angst davor ist übermächtig. Rational weiß ich natürlich, dass das aus der Vergangenheit kommt, vom Trauma. Doch ich bin nicht imstande, mich dem zu stellen. Vor allem habe ich große Angst vor Ärzten und dem, was sie womöglich an Eigengefährdung vermuten könnten und dann reagieren würden.

Du hast diesen Teufelskreis sehr gut beschrieben, das läßt mich leider vermuten, dass Du ähnliche Erfahrungen wie ich machen mußtest? So etwas zerstört das Vertrauen und das gesamte Leben. Ich habe auch keine HOffnung bzw. bin nicht imstande, etwas dafür zu tun.

Liebe Xenia, danke auch für Deine Worte. Ich weiß nicht, ob ich mich jemals für wichtig nehmen kann. Das alles ist brutal zerstört worden. Ich habe ungeheuer viel Wut und Aggression in mir, die sich aber nur gegen mich selbst richtet, weil der Selbsthaß so groß ist und gleichzeitig die Unfähigkeit so massiv ist, auch nur etwas ansatzweise Positives für mich selbst zu tun.

Ich bedanke mich bei allen Postern und grüße Euch, S.
ANOVA
Beiträge: 1137
Registriert: 22. Jul 2006, 21:27

Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von ANOVA »

Liebe S,

ich drücke Dir die Daumen, dass Du irgendwann einmal genügend Kraft haben wirst, um die Vergangenheit hinter Dir zu lassen! Es lohnt sich...

Viel Glück auf Deinem Weg und liebe Grüße

Xenia
depi
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Registriert: 1. Jan 2008, 18:49

Re: ohne Medis und Thera klarkommen möglich?

Beitrag von depi »



Versteh Dich gut.

Ich vertraue auch keinem Psychiater.
Der eine meinte einmal, wenn man die Aussicht hat, in 3 Jahren das *zeitliche zu segnen*, dann ist das °das Eine°,
aber einer Mitkommilitonin ein e-Mail zu senden, das ihre Kritik anzweifelte, weil sie nicht der Wahrheit entsprach (sie hatte 10 Min. vorher zum selben Thema freundlich reagierte) sei verachtungswürdig.
Solche Ansagen lassen einen schon sehr an der Kompetenz eines Psychiaters zweifeln.
Eine andere Psychiaterin erkennt einen neurotisch-reaktiven somatisierten Verstimmungszustand...

*Nichtsdesdo- trotz* werde ich demnächst wieder zu einem °sogenannten° Psychiater gehen. Mal sehen, ob...grins...bzw. was, er dann diagnostiziert.

Momentan helfe ich mir selber mit Gedichten und den Versuch einen Roman zu erarbeiten.
Dabei muß ich mich voll auf die Lyrik- Gegebenheiten konzentrieren und vergesse so für einige Zeit das ganze Umfeld.

Freunde habe ich genug. Es ist eher mühsam, ihnen die total tolle, wunderbare Welt vorzuspielen und den strahlenden Mittelpunkt zu mimen.
Fast beneide ich Dich darum, Dich total zurückziehen zu können.

Deine Problematik hängt, glaube ich am gleichen Grundproblem...
***fehlende Liebe***. bzw. durch Dein Trauma bist Du Dir nie geliebt vorgekommen und willst keine Liebe(bzw.Nähe) mehr an Dich heranlassen, um nicht wieder verletzt zu werden.
Um nicht wieder um Liebe betrogen zu werden.

Momentan ist anscheinend Deine Arbeit das Ventil( so wie es für mich derzeit die Lyrik ist). Hast Du Angst Deine Arbeit zu verlieren? Bist Du deshalb so unrund?
Denn wie ich aus Deinen Postings herauslas, bist du bis jetzt ganz gut mit Deiner Situation klargekommen. Oder habe ich etwas falsch verstanden?

Medikamente will ich auch nicht nehmen, den erstens belastet jedes Medikament die Leber, was in meinem Fall nicht gut wäre. Und zweitens sind mir mit den derzeitigen Generika zu wenig *langzeiterprobte*Medikamente am Markt.

Die Ärzte im Forum werden wohl wissen, was ich damit meine.

Aber es gibt ja auch bereits Schulmediziner, die Medikamente aus der Natur für nicht abwegig betrachten. Also, den Versuch, einen Psychiater aufzusuchen würde ich an Deiner Stelle einmal wagen. Und wenn es nur ist, um festzustellen, dass dieser eben dann doch nichts für Dich ist.

Oder Du machst die gegenteilige Erfahrung und gerätst an einen Arzt, der Dir wieder etwas von deinem eigenen Vertrauen aus Deinem Unterbewußtsein hervorholen kann, mit dem dann ein langsamer Aufbau ins Leben wieder möglich wird?

Auf den Versuch würde ich es ankommen lassen! Was hast Du denn schon zu verlieren? Das Negative erlebst du ja bereits. Es könnte also Gleich bleiben...oder sich verbessern...!

Überlegs Dir einfach einmal in Ruhe.

Wer Fehler in meinem Beitrag findet, darf sie behalten. Ich lese das Ganze jetzt nicht mehr durch. Aber wenn Jemand Fragen hat, werde ich diese gerne beantworten.

Wünsche allen Lesern ein 2008 mit vielen Lichtblicken...sofort...
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Nur Starke Menschen

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