Traurig - traue mir Job nicht zu

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Regenwolke
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Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Regenwolke »

Hallo ihr,

ich bin ziemlich traurig und verzweifelt, trau mir irgendwie beruflich gar nichts zu.

Ich hab nach einem sehr chaotischen Berufsweg mit mehreren Studienabbrüchen und langen Lücken Psychologie studiert, finde aber als Psychologin keinen Job. Das liegt wohl naben dem krummen Lebenslauf zum einen daran, daß ich mit Ende dreißig Berufsanfängerin bin, zum anderen daran, daß für die meisten Psychologenstellen eine (superteure) therapeutische Zusatzausbildung notwendig ist. In andere Bereiche rein zu kommen, ist ebenfalls schwer.

Davon abgesehen bin ich aber bei meinen Bewerbungen auch meist total ambivalent. Das Arbeitsamt weiß nichts von meiner psychischen Erkrankung, und ich fühle mich verpflichtet, mich regelmäßig zu bewerben. Andererseits traue ich mir die meisten Arbeiten, für die ich mich bewerbe, gar nicht zu.

Ich hab mich eigentlich immer schon in beruflichen Situationen ziemlich beschissen gefühlt, ferngesteuert, wie ein Roboter, total steif und gehemmt. Jetzt hat mich tatsächlich mal jemand zum Vorstellungsgespräch und zur Hospitation eingeladen, es geht um einen Job, bei dem man sehr kontaktfreudig und durchsetzungsfähig sein muß. Ich bin aber gerade Gruppen gegenüber sozial sehr ängstlich, und Durchsetzungsvermögen, Entschiedenheit, Realitätssinn etc. sind sicherlich nicht meine Stärken. Bin eher weich und idealistisch. Ich hatte beim Hospitieren das Gefühl, daß ich das, was dort gebraucht wird, überhaupt nicht hinkriegen kann, hatte eigentlich nur Angst und hab versucht, daß man das irgendwie nicht merkt.

Im Augenblick siehts nicht so aus, als würde ich den Job kriegen (was mich eigentlich erleichtert hat). Aber auf der anderen Seite hab ich totale Versagergefühle. Irgendwie muß ich doch mal einen Berufseinstieg finden, irgendwas muß ich mir doch mal zutrauen. Ich hänge sehr an meinem Beruf, gleichzeitig wünsche ich mir so oft, ich könnte einfach hinter einem Schreibtisch sitzen und Daten auswerten, irgendwas Ruhiges tun. Weiß aber nicht, wie das gehen soll, es gibt zwar in meinem Beruf entsprechende Jobs, aber die sind wirklich ganz rar. Manchmal träum ich davon, mich umschulen zu lassen, aber irgendwie bringe ich das auch nicht richtig.

Jetzt, nach dieser Hospitation bin ich sehr verzweifelt, merk auch, wie mich das in die Depri reinzieht, weil ich einfach nicht weiter weiß.

Traurige Grüße,
Regenwolke
Lioness
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Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Lioness »

Liebe Regenwolke,

ich weiß genau, wie Du Dich fühlst - ging es mir doch jahrelang ganz ähnlich! Auch mein Lebenslauf nicht geradlinig, unterbrochen, chaotisch. Wenn ich auch das Studium von Anfang bis Ende durchgezogen habe, so hat's doch laaaaaaange gedauert, bis ich endlich meinen Abschluss hatte.

Und das Gefühl, für einen Job nicht die notwendigen Fähigkeiten zu haben, das hat mich auch Jahre, fast bin ich versucht zu sagen Jahrzehnte, begleitet.

Da beißt sich die Katze in den Schwanz: Frau traut sich nichts zu - und kann in entsprechenden Situationen auch nur so handeln. Was wiederum zu einem Misserfolg führt - in diesem Fall ein Nicht-eingestellt-werden -, was wiederum das Gefühl der Unzulänglichkeit verstärkt. Ciruculus Vitiosus! Das kenne ich auch nur zu gut: Vorstellungsgespräche, in denen klar wird, dass die die eierlegende Wollmilchsau suchen. Das untrügerische Gefühl, für diese Stelle einige grundlegende Voraussetzungen nicht zu erfüllen - und zwar in Bereichen, die nicht so ohne Weiteres zu ändern sind, schon mal gar nicht kurzfristig. Ein instinktives Bewusstsein, dass diese Position eine Nummer oder zwei zu groß ist, dass man gut daran tut, sie nicht anzunehmen. Gleichzeitig das Gefühl des Abgelehntseins, wenn man sie dann auch nicht angeboten bekommt. Abgelehnt, weil einem nicht nur Hard-Skills wie Erfahrung und ganz konkrete "technische" Dinge fehlen, sondern die Soft-Skills. Und das hat dann immer zwangsläufig gleich mit der eigenen Persönlichkeit zu tun. Und die stille Verzweiflung, dass es schon wieder nicht geklappt hat.

Ich weiß im Moment nichts wirlich Aufbauendes zu sagen, was keine Floskel wäre. Aber vielleicht hilft es Dir ja ein bisschen, zu hören, dass es nicht nur Dir so geht.....

Ich bin nun Anfang 40 und habe so lange gebraucht, meine berufliche Identität zu finden. Und ein Teil von mir - ich glaube gar, alle meine inneren Kinder und Jugendlichen - zweifelt immer noch daran.

Alles Liebe Dir
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
BeAk

Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von BeAk »

Liebe Wolke,

ja ähnliche Gefühle kenne ich auch. Ich denke, es liegt daran das man selber in den Alter eigendlich erwartet und auch erwartet wird, Erfahrungen zu haben und selbstsicher zu sein. Stattdessen fühlt man sich wie ein jungendlicher Anfänger, ist man ja auch, nur das Alter und die sonstige Lebenserfahrung passt nicht.
Dazu kommt noch mangeldes Selbstbewustsein, das die Situation verschärft.

Eigendlich ein gute Thema für die Therapie, will es jedenfalls noch dort ansprechen.

Liebe Wolke, ich denke das wir, genau wie die jugendliche Anfänger, durch diese Phase durchgehn müssen, um so langsam zu Erfahrungen und Fertigkeiten und beruflicher Reife zu gelangen.

Übrigens kann man bei der Bank für Wiederaufbau günstige Kredite für die berufliche Weiterbildung bekommen, z.B. für eine Therapeutenausbildung mit Selbsterfahrung.
Regenwolke
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Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Regenwolke »

Liebe Lioness,

danke für Deine Antwort. Ja, es tut gut, zu hören, daß ich nicht allein mit diesen Problemen und Ängsten bin. Ich hätte nicht gedacht, daß deine versammelte "innere Kinder- und Jugendfrauschaft" solche Zweifel an Deiner beruflichen Kompetenz hegt, weil ich Dich als so lebendig und engagiert empfinde, wenn Du über Deine Arbeit sprichst.

Es sind tatsächlich mehr die "Soft Skills", die mir Sorgen machen, beim "Handwerkszeug" hab ich mehr Vertrauen, daß ich das schon mit der Zeit lernen kann. Aber meine Neigung, mich zwar schnell in mein Gegenüber einzufühlen, dabei aber den Kontakt zu mir selbst zu verlieren, oder meine Gutgläubigkeit und mein mangelnder Pragmatismus, weiß nicht, das sitzt sehr tief. Vielleicht ist das Problem auch, daß ich denke, ich müßte im Job völlig anders sein, eben pragmatisch und entscheidungsstark.

Was ich außerdem schwierig finde, ist der flapsige, betont kumpelige Umgangston, der an viele Arbeitsplätzen herrscht. Da fühl ich mich dann oft ganz steif und humorlos. Dabei kann ich durchaus sehr leicht und witzig sein, brauch aber leider viel Vertrauen dazu. Oft hab ich schon das Gefühl, daß ich selbst hier im Forum steif und unnahbar bin und an den lockeren "Forenton" irgendwie nicht rankomme.

Was machst Du denn mit Deinen inneren Kindern und Jugendlichen, wenn die an Deinen beruflichen Fähigkeiten zweifeln?


Liebe Bea,

das stimmt, irgendwie haben wir als "späte Berufseinsteigerinnen" die Phase verpaßt, wo es "normal" war, sich neu in den Beruf reinfinden zu müssen. Ich denke oft, ich müßte mich ebenso (selbst)sicher am Arbeitsplatz bewegen können, wie Gleichaltrige, die aber oft schon seit über 10 Jahren oder noch länger dabei sind und denen das Berufsleben deshalb total vertraut ist.

Für mich ist das auch ein wichtiges Therapiethema. Hab nur eigentlich jetzt gerade eine Therapiepause, weil der Antrag zuerst bewilligt werden muß und meine Therapeutin demnächst Urlaub macht. Sie hat mir aber angeboten, daß ich auch zwischendurch kommen kann, falls es mir nicht gut geht. Nachdem ich dann heute Morgen auch noch sehr down war, hab ich sie angerufen und einen Termin vereinbart.

Danke übrigens für den Tip mit der Bank für Wiederaufbau, werde mich mal schlau machen.



Liebe Grüße Euch,
Regenwolke
BeAk

Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von BeAk »

Lieber Wolke,

die Bank heißt richtig
"Kreditanstalt für Wiederaufbau" und sitzt in Bonn.

Alles Gute Dir
Denker
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Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Denker »

Liebe Regenwolke,
ja, ich kenne diese Ängste und Gedanken auch, obwohl oder weil ich voll im Berufsleben stehe.

Das Gefühl, jeder andere kann so ziemlich alles besser als ich, ist ja irgendwie ein Grundgefühl in der Depression. Mir geht es auch so. Dazu kommt noch ein lähmender Perfektionismus.

In letzter Zeit frage ich mich sehr oft, wie lange ich diesen Job hier noch machen kann. Meine Stressresistenz wird mit jeder depressiven Episode geringer. Und dann spüre ich die Angst, ohne Job noch depressiver zu werden, mich nutzlos zu fühlen, völlig zu versumpfen.

Vielleicht tröstet es dich ein wenig, dass diejenigen, die einen Job haben, auch nicht immer besser dran sind.

Liebe Grüße
Denker
steppenwolf1

Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo Wolke,

ich habe meine Ausbildung nicht abgebrochen, mein Studienabschluss mit 1 Jahr verspätung abgeschlossen.
Danach 8 Monate Praktikum (mit anfänglicher Wiedereingliederung), dann 5 Monate Teilzeit bei nem Bekannten, der Bescheid wusste, dann Job in der Schweiz angenommen ... halbes Jahr hats gedauert ... dann Inttensivstation, Psychiatrie , Entlassung ... zurück nach Dtl. .... seither arbeitslos ...

Die Idee, erstmal mit Praktikum einzusteigen, hatte viele Hintergründe. Zum einen bekommt man als Praktikant kein Geld. Somit kann auch nicht das Gefühl entstehen "ich bin mein Geld nicht wert". Weiterhin trägt man als Praktikant nicht soviel Verantwortung. So etwas zum Einstieg nehmen find ich jetzt nicht so verkehrt. Ein Praktikant ist Lernender, d.h. er muss nicht alles können !
Leider sieht die Realität anders aus. Es ist kein Geheimnis, dass viele junge Leute zur Praktikantengeneration gehören. In der Wirtschaft wird daher viel davon ausgegangen, dass ein Praktikant, der eigentlich schon einen Abschluss hat, eine billige Arbeitskraft ist, vollwertig und kostenlos !!
Dennoch, sehe ich es als einzige Möglichkeit vielleicht doch irgendwann Fuss zu fassen.

Sicher sind Praktikas staatlich subventionierte Stellen, da viele Praktikanten Hartz 4 beziehen. Hier wäre die Politik am Zuge, die vor der Misere die Augen verschliesst.

Liebe wolke, was ich eigentlich sagen wollte ist, dass vielleicht zum Berufseinstieg ein Praktikum nützlich wäre ... auch, weil Du Dir sagen könntest, ich lerne noch !!!

Liebe Grüsse, s.wolf
Regenwolke
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Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Regenwolke »

Lieber Denker,

traurig, zu hören, daß es Dir im Job nicht besser geht, obwohl Du schon viele Berufsjahre Erfahrung hast. Du hast recht, es ist (auch) ein Teil der Depression, das Gefühl zu haben, daß andere alles besser machen und man niemals so gut sein kann. Ich hab immer sehr schnell eine Vorstellung davon, was genau ich können und wie ich sein müßte, um bestimmte Anforderungen zu erfüllen (und natürlich bin ich nicht im mindesten so...). Dabei vergesse ich dann, daß ich meine eigene Art habe, Dinge zu tun. Bin vielleicht nicht so entscheidungsfreudig und durchsetzungsstark wie andere, aber es gibt durchaus auch Dinge, die ich gut kann. Die sind dann nur schnell in meinem Bewußtsein nicht mehr vorhanden.


Lieber Steppenwolf,

das mit dem Praktikum finde ich gar keine schlechte Idee. Ich hatte das vor einiger Zeit schonmal überlegt, es dann aber verworfen, weil man in der Regel in meinem Job als Praktikantin nichts tun darf, außer zusehen (das war zumindest in meinen Studienpraktika so). Andererseits könnte ich durch ein Praktikum vielleicht ein besseres Gefühl dafür kriegen, wie belastbar ich bin und auch nochmal ein bißchen klarer erfahren, inwieweit mich meine soziale Angst einschränkt. Und das eben ohne den Druck, auf jeden Fall funktionieren zu müssen. Ich werd das nochmal überlegen, evtl. auch mit meiner Therapeutin mal besprechen.



Liebe Grüße,
Regenwolke
Lioness
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Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Lioness »

Liebe Regenwolke,

danke Dir für Dein Feedback. Es stimmt natürlich, auf der einen Seite bin ich engagiert und liebe meinen Beruf.

Auf der anderen Seite aber bleibt dieses nagende Gefühl: Du bist ein - jetzt fällt mir nur das passende englische Wort ein - "Fraud". (Nein, nicht "Freud"...). Irgendwie muss ich es geschafft haben, der Prüfungskomission (und meinen Ausbilderinnen und der Schulleitung und meinen KollegInnen und nicht zuletzt und vor Allem meinen SchülerInnen) vorzugaukeln, ich verstünde etwas von der Materie. HA! Wenn die wüssten!

Bin ich mit einem Kollegin / einer Kollegin im Raum (an der Hauptschule sind in den unteren Jahrgängen und in den Hauptfächern oftmals 2 Lehrkräfte gleichzeitig in einer Klasse), so sehe ich ihn / sie automatisch als die federführende und allwissende Autorität an. Bzw. meine inneren Kinder / Jugendlichen tun dies natürlich. DIE (KollegInnen) sind schließlich ECHTE Lehrkräfte, ich hingegen - ein Fraud? Naja, aus Sicht meiner inneren Kinder / Jugendlichen KANN ich ja noch gar keine Lehrerin sein. Und gleich muss doch jemand kommen, der dies auch klar sagt und mich umgehend aus der Lerngruppe entfernt, oder?

Frau sieht das energie- und kräftezehrende Dilemma, in dem ich mich tagtäglich bewege, ja? Denn mein rationales Alltags-Ich weiß natürlich schon um meine Qualitäten, und dass ich eine ganz brauchbare Pädagogin abgebe. Und vor allem, dass alle anderen auch nur mit Wasser kochen. Und dass im Vorbereitungsdienst hauptsächlich vermittelt wird, wie man Ausbilder und Prüfungskomission glücklich macht. Mitnichten aber, wie man - bei vollem Stundendeputat - die ganzen hehren Theorien im Schulalltag umsetzen soll. Und dass daran schon so manche(r) scheiterte und resignierte. Um dann trotzdem bis zur Frühpensionierung durchzuhalten.

Gerade letzte Nacht hatte ich wieder einen Alptraum - einen neuerlichen Unterrichtsbesuch im Fach Deutsch, in einer 6.- Schulstunde. Natürlich war nichts fertig, natürlich hatte ich Panik - aber tröstlich trotz allem der Gedanke, den ich auch in real bei der Planung meiner Prüfungsstunden hatte: Egal! Muss reichen, was ich habe! Soll sie doch kommen und gucken....

Besonders "schlimm" wird es für mich, wenn es um die ganz alltäglichen Machtkämpfchen im Klassenzimmer geht. Wenn Schüler austesten, wie weit sie gehen können, und wie ich reagiere, wenn sie sich total verweigern. Und sich an meiner Hilflosigkeit in einigen Situationen weiden (so kommt es mir jedenfalls vor.) Und gerade das ist ja so tödlich für uns Traumatisierte: Hilflosigkeit; das Gefühl, für eine bestimmte Situation so gar keine Bewältigungsstrategie zu haben. Und auch noch ein Gegenüber, dass dies mitkriegt, es vielleicht sogar drauf angelegt hat, dies in uns auszulösen. Und schwupps! ist frau wieder 5 oder 8 oder höchstens 13 und kann gar nicht anders als sich auch so zu fühlen.

DENNOCH: auf der anderen Seite erlebe ich Bestätigung und Anerkennung in meinem Schaffen! Und kann mir in diesen Augenblicken nur immer wieder sagen, dass die kindlichen Stimmen in mir nicht Recht haben, was ihre Einschätzung meiner Fähigkeiten angeht. Das ist ja generell meine momentane Aufgabe: diesen kindlichen Anteilen klarzumachen, dass wir heute in einer anderen Zeit leben - und dass sich seit "damals" so einiges getan hat in unserem Leben. (Hmph - merke an meiner Verwendung der 1. Person Plural gerade, dass ich mich letzte Nacht wohl etwas zu lange auf einer - ansonsten ganz hervorragenden - Seite für traumatisierte, dissoziative und multiple Menschen herumgetrieben habe..... NEIN, ich bin ganz sicher nicht multipel!)

Doch es ist insgesamt mühsam und bedarf einiger geistiger Klimmzüge, um meine Minderwertigkeitsgefühle zu reduzieren, sie zumindest nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. ABER wie lautet schließlich mein geheimer Wahlspruch: M'r losse uns nit ungerkrieje!

Lieben Gruß
Lioness



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muckelmaus
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Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von muckelmaus »

Hallo wolke und Ihr anderen!

"sich steif und humorlos fühlen" - jaaaaa, immer und immer wieder!! Aber da mache ich so langsam die Erfahrung, dass zum einen nicht alle anderen so flapsig sind, sondern nur einige wenige, die auch nicht bei allen gut mit ihrem Ton ankommen. Und zum anderen ich mit der Zeit auch etwas lockerer werde (auch wenn es dann frustrierend ist, dass meine Sprüche (wenn mir mal was eingefallen ist) oft gar nicht zur Kenntnis genommen werde ...). Letztenendes bin ich aber auch eher ein ernsthafter Typ! Und dazu stehe ich inzwischen besser!

Wolke, ich denke gerade in Deinem Beruf ist Deine Zurückhaltung, Dein Zuhörenkönnen doch eine wunderbare Gabe, die leider viele Deiner Kollegen nicht haben. Selbstdarstellung ist doch häufig eher kontraproduktiv!
Ich erlebe Dich immer wieder als kontaktfreudig (ja!!!). Und der Umgang mit Gruppen muß doch von jedem erstmal gelernt sein!!!

Bißchen konfus, aber von Herzen! Und gegen soziale Ängste kann mensch was tun!!! (es gibt lebende Beispiele ...)

Liebe Grüße
muckelmaus
Sara32
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Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Sara32 »

Liebe Regenwolke!
Ich kann Dein Problem auch sehr gut nachvollziehen.... Nicht zu wissen, wie es weitergeht. Traurigkeit, Unsicherheit,...

Mir geht's zum Teil auch wie Denker.
Stecke (noch?!!) mitten im Berufsleben und habe einen ziemlich glatten Lebenslauf.
Aber durch die Depression, die seitdem immer schlimmer wird, bin ich einfach nicht stabil genug und oft am Ende meiner Kräfte.
Die Arbeit an sich ist sehr belastend und stressig, dann der Perfektionismus und der hohe Anspruch und die eigenen Gefühle der Minderwertigkeit... Furchtbar.

Mittlerweile hab' ich's auch schwarz auf weiß.
Das Arbeitsamt sieht's ähnlich wie mein Arzt: sollte mit der jetzigen Arbeit aufhören, am besten den Beruf an den Nagel hängen.
Aber was stattdessen? Ich weiß es nicht.
Bin ähnlich wie Du auf der Suche nach einem Arbeitsplatz, wo der Beruf gefragt ist, aber soziale Fertigkeiten nicht im Vordergrund stehen. Vor allem möchte ich mich nicht mehr ständig mit den Problemen anderer beschäftigen. Leider gibt's nur wenige interessante Stellen - schon gar nicht, wenn man örtlich nicht flexibel ist.
Ich sehe mich manchmal auch hinter'm Schreibtisch sitzen, was Ruhiges, weniger verantwortungsvolles tun - in einem anderen Beruf. Andererseits hänge ich an diesem auch, und ich denke, dass ich mittlerweile nach 7 Jahren Berufserfahrung schon einiges kann.

Was ich eigentlich auch sagen wollte:
Hat es einen Grund, dass das Arbeitsamt von Deiner Erkrankung nix weiß?
Ich mache übermorgen nämlich einen (7stündigen!!)-Eignungstest beim Psychologischen Dienst des Arbeitsamtes. Hoffe, dass ich dadurch Ideen entwickle, in welche andere Richtung es gehen könnte.
Mein Reha-Berater sagte jedoch, dass ich den Antrag (auf ne Umschulung) jederzeit zurücknehmen kann und der Vorschlag des ärztlichen Dienstes, mit der jetzigen Arbeit aufzuhören, nicht bindend ist.

Noch was: das, was Du als eigene Schwächen beschreibst (weich, idealistisch) ist eher eine Stärke, gerade als Psychologin. Ohne Idealismus brennt man aus. Als Berufsanfängerin ist man noch voller Idealismus, was sehr erfrischend und inspirierend ist.
Und "weich" zu sein ist in der Arbeit oft stärker gefragt als vermutet. Empathisch und vorsichtig zu sein find' ich ganz wichtig.

Ich war am Anfang auch total unsicher, habe mich vieles nicht getraut, hatte solche Ängste. So geht's fast jedem im neuen Job. Wir als "depressiv veranlagte" Menschen trauen uns aber per se viel weniger zu als wir wirklich können. Eins, was ich in meiner Therapie gelernt habe, ist, dass die Eigenwahrnehmung (Minderwertigkeitsgefühle und Co.) oft nicht mit der Realtiät übereinstimmt. Und dass "wir" sehr hohe Erwartungen und Ansprüche an uns stellen. Wer ist am Anfang nicht zurückhaltend im Umgang mit Gruppen? Wir kochen in der Tat alle nur mit Wasser, und wenn jemand so super selbstbewußt oder "locker" rüber kommt, vertuscht dann oft anderes oder hat auch 'ne sogenannte Leiche im Keller.
Du bist als Anfängerin zwar etwas älter, aber bringst dafür mehr Lebenserfahrung mit.
Was spricht dagegen, mit einer Arbeit, die Du interessant findest, einfach anzufangen und dann zu gucken, ob es Dein Ding ist? Ich denke, Du siehst dich selber viele kritischer als nötig.

Das wurde ja jetzt doch ein langer Beitrag...

Liebe Grüße!
Regenwolke
Beiträge: 2214
Registriert: 15. Apr 2006, 12:46

Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Regenwolke »

Liebe Lioness,

vielen Dank für Dein langes Posting, jetzt kann ich mir besser vorstellen, welche inneren Kämpfe da abgehen.

Gerade das mit den "Machtkämpfen", den Schülern, die Dich auf die Probe stellen, Dich genau da treffen, wo Du wehrlos bist, kann ich super gut nachvollziehen. Genau vor sowas hab ich auch ziemlich Angst. Ich bin so leicht zu verunsichern, auszuhebeln, und es gibt Menschen, die treffen mit traumwandlerischer Sicherheit die richtigen Punkte dafür. In meinen Praktika gab es immer mal den einen oder anderen, der mich durch wenige Worte in die Handlungsunfähigkeit befördern konnte, oder - noch schlimmer - in totalen Kontrollverlust.

Bin noch nie drauf gekommen, daß das was mit Traumatisierung zu tun haben könnte, komisch, dabei liegt das so nahe. Es läuft ja wirklich fast automatisch ab: Jemand drückt einfach den richtigen Schalter. Ich glaube, es ist gut, da in Richtung Trauma zu denken, das läßt mich bestimmte Erlebnisse besser einordnen und gibt mir Futter, an dem ich in der Therapie arbeiten kann.



Liebe Muckelmaus,

Du hast mir sehr viel Mut gemacht, danke!

Danke auch für Deine Rückmeldung. Wie ich oben schon geschrieben habe, vergesse ich so leicht, daß einige meiner Eigenschaften für meinen Beruf durchaus auch vorteilhaft sind und messe mich an ganz komischen "Idealmaßstäben".

Übrigens erleben mich die meisten als eher kontakfreudig, witzigerweise steht das sogar als Einschätzung in meinen Klinikberichten (und irgendwie stimmt es ja auch: ich hab ja Freude an Kontakten). Als meine neue Therapeutin jetzt mit mir die Ergebnisse der diagnostischen Fragebögen besprochen hat, wurde allerdings auch deutlich, daß mir Kontakte oft Angst machen und ich in manchen sozialen Situationen stark unter "Selbstentfremdung" leide, d.h. dem Gefühl, mich nicht mehr spüren zu können. Mich hat das Ergebnis erleichtert, da es meinem Erleben entspricht. Wir haben beschlossen, daß wir uns diese Gefühle und Situationen in der Therapie sehr genau angucken wollen und daß ich Techniken lernen will, die mir helfen, im Kontakt mehr bei mir selbst zu bleiben.

Ich finde übrigens, daß Du ein sehr gelungenes Beispiel dafür bist, wie man mutig und charmant mit sozialer Angst umgehen kann




Liebe Sara,

Danke auch für Deinen langen Beitrag.

Der Grund, daß das Arbeitsamt von meiner Erkrankung nichts weiß, liegt einfach in meiner Angst, daß man mir "verbieten" könnte, in meinem Beruf zu arbeiten, daß man den medizinischen Dienst einschaltet, und das ganz unangenehm ist. Wenn ich mich unter Druck fühle, stelle ich mich oft ganz komisch und falsch dar, ich hab Angst, daß sie mich entweder als viel zu krank oder viel zu gesund einschätzen würden.
Vielleicht ist auch ein Stück Scham dabei, einzugestehen, daß ich als Psychologin psychisch nicht stabil bin.
Dann gibts auch noch dieses Gefühl, daß mir eigentlich doch gar nichts fehlt, daß ich simuliere, daß ich mich vor einer Berufstätigkeit drücken will, daß ich mich doch eh bloß hinter einer psychischen Krankheit verstecke, daß es anderen auch schlecht geht, und sie trotzdem voll im Job stehen, es mir nicht zusteht, mit psychischer Krankheit anzukommen. Also doch ein ganzes Bündel an Gründen...

Allerdings hab ich für nächste Woche eine "Vorladung" bekommen, von Zeit zu Zeit werde ich aufs Amt geladen und nach dem Stand der Dinge befragt. Allein der Brief hat mich panisch gemacht, ich fühle mich schuldig, weil ich noch keine Arbeit habe, mich nicht bundesweit bewerbe (das schaff ich einfach nicht), lieber eine Halbtagsstelle als eine volle hätte... Was soll ich denn der Frau dort sagen?
Andererseits war ich in diesem Jahr schon drei Monate am Stück krank geschrieben, Auslöser war zwar eine körperliche Krankheit, die hat aber eine Anpassungsstörung nach sich gezogen, und meine Krankschreibungen kamen dann vom Psychiater, das sieht meine Sachbearbeiterin ja nun auch. Vielleicht schaffe ich es ja, offener mit ihr zu reden, sie ist eigentlich eine ganz nette. - Es ist jedenfalls gut, zu hören, daß der Vorschlag für eine Umschulung nicht bindend ist, ich dachte immer, wenn man einmal in der Nummer drinsteckt, kommt man nicht mehr raus.

Bin jetzt langsam zu müde, um noch detailliert auf alles einzugehen. Aber es ermutigt mich, zu lesen, daß Du am Anfang Deines Berufslebens auch viele Ängste hattest, und daß das mit der Zeit weniger geworden ist. Und ich schätze eigentlich Zurückhaltung bei anderen auch sehr - weiß auch nicht, wieso ich das bei mir selbst so schlecht wertschätzen kann.


Euch allen eine gute Nacht,
Regenwolke
Frauke47
Beiträge: 137
Registriert: 6. Nov 2006, 18:03

Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Frauke47 »

Oh jetzt habe ich Dir etwas schreiben wollen, und in die Betreff-Zeile
"Sich-selbst-nicht-spüre" eingegeben. Ist jetzt als neues Thema gepostet, sollte aber hier hin.

...erst denken, dann handeln.... aber mit dem Denken klappt es zur Zeit gar nicht.

Gruß. Frauke
Liebe Grüße, Frauke
HarryX
Beiträge: 11
Registriert: 19. Mär 2007, 18:56

Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von HarryX »

Hallo Regenwolke,

auch ich (41 Jahre) traue mir im Job im Moment gar nichts mehr zu und versinke momentan vollkommen in meinen Ängsten und Sorgen, wie es weiter gehen könnte. Ich arbeite als Ingenieur in einem Zeitarbeitsunternehmen und habe zur Zeit kein Projekt, d.h. die Firma sucht für mich jetzt eines und versucht mich nun bundesweit in irgend-eines hineinzudrücken. Ich kann es ja verstehen, dass man mich nicht längere Zeit für meine Untätigkeit bezahlen kann, aber ich traue mir z.B. überhaupt nicht zu, an einen anderen Ort umzuziehen oder auch längere Strecken mit dem Auto zu fahren. Ich war schon bei meiner Hausärztin und einer Psychiaterin wegen dieser Ängste und der Panik, die mir beide zu einer Therapie raten - allerdings hilft mir das im Moment überhaupt nicht - eine Therapie kann man nicht von jetzt auf sofort beginnen und die positiven Veränderungen dauern wohl auch etwas längere Zeit. Nächste Woche muss ich wohl zu einem Vorstellungsgespräch fast 90km von meinem Wohnort entfernt. Man bezeichnet das dann als heimatnah und ich könnte die Strecke ja bequem fahren - über die Landstraße mit Auto dauert das aber 1,5h , d.h. ich würde für meinen Job wieder 12h +x unterwegs sein - Therapie bzw. überhaupt mehr Ruhe, die ich mir so sehr wünsche, kämen dann wieder nicht zum Zuge. Lehne ich den Job ab, so werde ich wohl entlassen, da in meinem Arbeitsvertrag steht, daß ich auch bereit sein muss, bundesweit eingesetzt zu werden. Einen anderen Job außerhalb einer Zeitarbeitsfirma ist aufgrund meines Lebenslaufes (ewig langes Studium, wenig Berufserfahrung) kaum zu finden - ich weiss wirklich nicht, was ich tun soll, denn dem Arbeitsamt möchte ich mich auch nicht ausliefern, zumal die mich auch im ganzen Bundesgebiet zu vermitteln versuchen würden (bin Single). Ich habe Angst, dass alles irgendwie außer Kontrolle gerät...

Viele Grüße
Lonely Moon
Frauke47
Beiträge: 137
Registriert: 6. Nov 2006, 18:03

Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Frauke47 »

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Frauke47
(Frauke47)
Benutzer
26 message(s)

erstellt am 01/07/2007 17:21
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Als ich vorhin alle posting hier gelesen habe kam es mir vor, als hättet ihr aus dem Brief an meinen Psych. zitiert.
Da ich bisher noch nicht in der Lage war, ihm zu erzählen was mich so runterzieht, habe ich ihm geschrieben, damit er am Dienstag Abend vorbereitet ist, wenn ich den nächsten Termin habe.
Da ich meine Gefühle und Empfindungen aber sicher nicht so genau beschreiben kann wie Du liebe Regenwolke, hoffe ich inständig, dass der Doc mich versteht , wie ich Deine Gefühle verstehe.

Dieses "sich-nicht-mehr-spüren-können" ist etwas wirklich Schreckliches. Ich war in den letzten zwei Jahren lange Zeit krank, (u.a. wegen der Netzhautablösung und fünf nachfolgender Operationen).
Ich selbst nehme die Symptome zwar wahr, trau aber meiner Wahrnehmung gar nicht mehr aus Angst, als Hypochonder oder Simulant da zu stehen. Gott sei Dank kann ich auf dem betroffenen Auge noch sehen, aber mein Gang zum Arzt und dann in die Augenklinik kam schon sehr spät. Und so geht es mir sehr oft, ich brauche die Bestätigung, dass meine Wahrnehmung o.K. ist...

Ich habe mit 38 Jahren eine Umschulung zur Heilpädagogin gemacht und dann zwei Jahre sehr zufrieden im neuen Beruf gearbeitet. Leider war das nur eine befristete Stelle, die finanziell nicht die notwendige Sicherheit bot, deshalb bin ich dann im alten Beruf als Krankenschwester wieder eingestiegen obwohl das nichts für meinen kaputten Rücken war, aber verboten hat es mir auch niemand.
Jetzt arbeite ich (gelernte Kinderkranken- schwester) in der Psychiatrie und werde selbst von der Depri erwischt....

Liebe Grüße, Frauke
Liebe Grüße, Frauke
Regenwolke
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Registriert: 15. Apr 2006, 12:46

Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Regenwolke »

Lieber Lonely Moon,

kann ich sehr gut verstehen, daß Deine Situation Dir Angst macht. Ich bin, nachdem ich wegen dem Studium lange woanders gelebt habe, wieder in meinen Heimatort zurück gezogen, weil es mir am Studienort immer schlechter und schlechter ging, ich mich einfach dort nicht beheimaten konnte. Ich hab auch ständig Angst, daß das Arbeitsamt mich unter Druck setzt, mich bundesweit zu bewerben (bin auch Single), ich weiß, daß ich es zumindest im Augenblick nicht schaffen kann, allein an einen fremden Ort zu gehen. Allerdings hat mein Psychiater mir mal angeboten, mir ggf. ein entsprechendes Attest zu schreiben (was natürlich bedeuten würde, daß das Arbeitsamt von meinen psychischen Problemen erfährt). Wäre so etwas für Dich nicht auch möglich? Oder glaubst Du, die Zeitarbeitsfirma würde Dich in diesem Fall sofort entlassen? Vielleicht gilt die Vertragsklausel ja nicht, wenn gesundheitliche Einschränkungen eintreten, die bei Vertragsabschluß nicht abzusehen waren? Hab den Eindruck, daß es ganz gut wäre, wenn Dich in Deiner Situation mal jemand beraten würde, ich weiß aber leider nicht, welche Stelle das sein könnte.



Liebe Frauke,

ja, dieses Gefühl des sich-nicht-Spürens finde ich auch sehr quälend. Manchmal geht es bei mir in Richtung Depersonalisation, dann kommen mir meine eigenen Bewegungen wie ferngesteuert vor und meine Stimme klingt fremd. Oft ist es aber einfach so, daß ich nicht weiß, was ich fühle, oder der Kopf ganz leer ist, als würde ich nichts denken. Das nicht einordnen können von körperlichen Beschwerden kenne ich auch, irgendwie gibts kein Maß in mir, das mir zeigt: "das ist harmlos" oder "Achtung! Damit geh mal besser zum Arzt". Auch für Gefühle gibts dieses Maß nicht, ich frage mich ständig, ob ein Gefühl das ich habe, nun eine entsprechende Handlung rechtfertigt, oder nicht. Bei mir führt das in sozialen Situationen oft dazu, daß ich anderen nicht sage, wenn mir etwas zu viel wird oder ich ungute Situationen nicht verlasse. Ich merk oft erst dann, das was nicht stimmt, wenn ich körperlich schon fast zusammenbreche. Andererseits ist da immer das Gefühl, ich stelle mich an.

Wie ist denn für Dich der Job in der Psychiatrie, den Du jetzt machst, ist das ok oder fühlst Du Dich damit überfordert?

Ich wünsch Dir ein gutes Gespräch mit Deinem Doc morgen und hoffe, daß er deine Gefühle gut versteht (ich habe übrigens überhaupt nicht das Gefühl, gut ausdrücken zu können, was ich empfinde...).


Liebe Grüße,
Regenwolke
muckelmaus
Beiträge: 211
Registriert: 4. Jan 2006, 21:03

Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von muckelmaus »

Liebe Wolke, liebe Frauke,

dieses Maß suche ich auch immer wieder von neuem - gerade jetzt aktuell mit Ohrenschmerzen ... quäle ich mich mit Arztbesuch ja oder doch nicht herum. Die weiteren Gedanken / Sorgen - Ketten werde ich jetzt nicht ausführen!
Das ist sowohl auf körperlicher als auch auf gefühlsmäßiger Ebene eine immer wiederkehrende Gradwanderung zwischen "Hallo, das bildest Du Dir nur ein und machst aus einer Mücke einen Elefanten!" und dem wirklich nicht können, was ich auch nur schwer annehmen kann.
Ich mache für mich die Erfahrung, dass ich (ganz langsam) mit der Zeit mehr Erfahrung und Einschätzungsvermögen für mich selbst bekomme und damit achsamer für mich selbst sorgen kann. Ein mühevoller Prozeß, in dem ich oft mit somatischen Erscheinungen "bezahle".
Auf der anderen Seite bin ich aber teilweise auch stärker und fähiger als ich mir selbst zutraue ...

Und gerade in sozialen Situationen ...
... aber ich habe entdeckt, dass es ganz häufig auf größeren sozialen Treffen (Party, Grillen etc.) gut möglich ist, sich mal für eine gewisse Zeit auszuklinken (Spazierengehen), um wieder Kraft zu schöpfen ...

@wolke: Danke für "mutig und charmant"!

Liebe Grüße
muckelmaus
Regenwolke
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Registriert: 15. Apr 2006, 12:46

Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Regenwolke »

Hallo ihr alle,

ich habe jetzt über das Thema inzwischen auch mit Psychiater und Therapeutin gesprochen. Als ich meinen Psychiater gefragt habe, wie er meine Belastbarkeit einschätzt, meinte er, ich solle zunächst mal nicht mehr als 20 Stunden arbeiten, eher weniger. Außerdem hat er mir geraten, dem Arbeitsamt gegenüber offen zu sein und mir seine Unterstützung zugesagt, falls es Schwierigkeiten gäbe. Das hat mich erleichtert, gleichzeitig hats mich aber auch etwas geschockt, daß er mich tatsächlich nicht für "voll einsatzfähig" hält. Die Therapeutin war derselben Meinung und hat nochmal bekräftigt, daß ich mir keinen Gefallen damit tue, meine Probleme vor dem Arbeitsamt zu verschweigen, weil ich mich damit selbst sehr stark unter Druck setze.

Heute war dann Termin beim Arbeitsamt und meine Sachbearbeiterin hat aufgrund der zurückliegenden längeren Krankschreibung von sich aus nach meiner Belastbarkeit gefragt. Ich hab ihr dann erzählt, was ich mit dem Psychiater besprochen habe und sie war sehr nett und verständnisvoll. Sie sieht momentan keinen Bedarf, weitere Schritte (medizinischer Dienst, etc.) zu unternehmen und hat einfach vermerkt, daß ich aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht vollzeit und nicht bundesweit vermittelbar bin. Das wars schon. Und ich hab mal wieder nächtelang nicht geschlafen...


Liebe Muckelmaus, ja, ich hoffe auch, daß ich mit der Zeit lernen kann, meine gefühlsmäßigen und körperlichen Regungen klarer einzuordnen. Hoffentlich sind Deine Ohrenschmerzen inzwischen besser.


Liebe Grüße,
Regenwolke
Cecil
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Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Cecil »

Hallo Wolke,

darf ich fragen, was diese Offenheit beim Arbeitsamt für Dich für finanzielle Konsequenzen hat?
Denn Du bist ja nun sozusagen offiziel nicht vermittelbar. Habt Ihr darüber auch gesprochen?

best wishes
Cecil
Regenwolke
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Re: Traurig - traue mir Job nicht zu

Beitrag von Regenwolke »

Hallo Cecil,

vermittelbar bin ich schon noch, allerdings mit örtlicher Einschränkung und zur Zeit eben nur für Halbtagsstellen. Ich hab Arbeitslosengeld II (Hartz IV) und bekomme das auch weiterhin. Soviel ich weiß gibt es Probleme mit dem Bezug des AG II nur dann, wenn man weniger als drei Stunden pro Tag arbeiten kann.

Lieben Gruß,
Regenwolke
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