???

Antworten
ricky
Beiträge: 1450
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

???

Beitrag von ricky »

Ihr Lieben,

kann ich diese Depri ein für allemal wirklich überwinden oder wird sie immer ein Teil von mir sein,der ruht und darauf wartet,irgendwann wieder auszubrechen?

Lieber Gruss
Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
tomroerich
Beiträge: 3102
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
Kontaktdaten:

Re: ???

Beitrag von tomroerich »

Liebe Uta,

eine furchtbar schwierige Frage, niemand wird dazu nein oder ja sagen können oder auch nur wollen. Ich sag dir aber, wie das bei mir ist. Depressionen bleiben nicht, wie sie sind, sie verwandeln sich im Laufe der Zeit und nehmen andere Formen an, die ich als längst nicht mehr so belastend erlebe wie früher. Ich würde heute unbedingt sagen, dass mein Leben, trotz depressiver Phasen, lebenswert ist. Man lernt einfach unheimlich dazu, die eigene Einstellung zur Krankheit verändert sich und dadurch auch die Bewertung. Man lernt auch, mit sich umzugehen, Belastungen zu vermeiden, depressive Auslöser zu meiden. Und vielleicht sogar die schönen Seiten der Melancholie schätzen zu lernen.


Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
MissMarple

Re: ???

Beitrag von MissMarple »

Hallo Uta,

wie man sich so wieder trifft, Du bleibst nicht unerkannt.

Meine feste Überzeugung ist, J A, man kann die Depressionen überwinden.

Wenn ich mir ganz genau überlegen, welche Zeit es gebraucht hat bis die Depressionen richtig stark ausgebrochen sind, und sie genau so lange brauchen wieder zu verschwinden, habe ich noch einige Zeit mit ihnen zu leben, mit allen Wellen, den hohen, den tiefen und auch den ganz tiefen.

Ich habe lange Zeit ohne Depressionen gelebt und ich werde noch eine lange Zeit ohne Depressionen leben.

Depressionen werden eine, wenn auch längere, Episode in meinem Leben sein.

Daran glaube ich und daran arbeite ich mit allen, die mir helfen können und wollen.

Ganz liebe Grüße

Birgit
ricky
Beiträge: 1450
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: ???

Beitrag von ricky »

Lieber Thomas,liebe Birgit,

erstmal vielen Dank für eure Antworten.

In meiner momentanen Situation fällt es mir ehrlich gesagt sehr schwer zu glauben,dass ich meine Depri irgendwann einmal überwinden werde.Ich lebe schon so lange mit ihr,dass ich mir ein Leben ohne sie gar nicht mehr vorstellen kann.

Ich habe gerade ein sehr interessantes Buch gelesen "Das heimatlose Ich - Aus der Depression zurück ins Leben" von Holger Reiners,und der schreibt immer wieder,dass das Ich eine Heimat finden muss,um gesund zu werden.
Aber mein Ich kann in mir keine Heimat finden,weil ich mich selbst immer noch nicht so akzeptieren kann wie ich bin.Ich komme mit mir selbst nicht klar.Ich bin mir selbst nichts wert und habe oft das Gefühl, mein eigener und grösster Feind zu sein.


Traurige Grüsse Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
MissMarple

Re: ???

Beitrag von MissMarple »

Hallo Uta,

ich bin traurig, dass es Dir so schlecht geht, dass Du kein Ende der Krankheit siehst.

Ich glaube aber, dass dieses Gefühl alle von uns kennen, ich besonders. Ich war in meinem Leben und ich bin ja schon ein bißchen älter als Du (ich glaube, Du könntest meine Tochter sein) nie länger als 14 Tage am Stück krank und das auch nicht jedes Jahr.

Und plötzlich Depressionen, eine Krankheit, die ich nicht in 14 Tagen in den Griff bekommen habe, je länger ich krank war um so mehr kamen "Deine" Gedanken.

Wie oft das Wort "Episode" in meiner Diagnose der einzige Halt für mich war, kann ich Dir nicht sagen. Vor allem auch dann, wenn wieder festgestellt werden mußte, dass das AD nicht zu mir "passte".

Nach über 13 Monaten Krankschreibung und dem "richtigen" AD, ging es wieder aufwärts. Erst letztens war ich wieder so tief unten, und doch, ich weiß, dass ich kämpfe bis die Depressionen weg sind. Ich bin nicht bereit, sie als Bestandteil meines Lebens zu akzeptieren.

Ich mache es aber anders als Du und viele andere hier im Forum, ich lese keine Bücher über das Thema. Ich halte mir immer wieder vor Augen, was habe ich gelesen vor der Geburt meines Sohnes und das Einzige, was sie bewirkt haben, war Unsicherheit. Nach dem ersten Vierteljahr habe ich alle Bücher verschenkt, nur ein Buch über Kinderkrankheiten behalten. Mit gesundem Menschenverstand, viel Bauchgefühl und Liebe habe ich meinen Sohn erzogen.
Die "Probleme" gelöst, wenn sie anstanden und mich nicht schon vorher "verrückt" gemacht, was mache ich, wenn das oder das eintritt.

Liebe Uta, wir schaffen es, das Leben ohne Depressionen wieder zu erleben und zu leben.

Birgit
ricky
Beiträge: 1450
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: ???

Beitrag von ricky »

Lieber Thomas,

was verstehst du unter den schönen Seiten der Melancholie???

Lieber Gruss Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
ricky
Beiträge: 1450
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: ???

Beitrag von ricky »

Liebe Birgit,

ich lese alles über Depri`s,was mir in die Finger kommt,aber das heisst nicht,dass ich mit allem,was ich lese auch so einverstanden bin.Ich betrachte alles sehr kritisch und mache mir meine Gedanken dazu...

Du hörst dich sehr stark an und du lässt dich nicht unterkriegen.Das find`ich klasse.Mach`weiter so!
Wünsch`dir ganz viel Kraft dabei!

Wir lesen uns...

Liebe Grüsse Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
tomroerich
Beiträge: 3102
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
Kontaktdaten:

Re: ???

Beitrag von tomroerich »

Liebe Uta,

Melancholie ist nicht gleich Depression. Vielleicht ist Depression die kranke Seite der Melancholie? Ich würde es so sehen. Aber dann gibt es auch eine gesunde Seite und ich finde, die hat wirklich viel Schönes und Wertvolles zu bieten. Tiefsinnigkeit, Einfühlsamkeit, Sinn für das Verborgene, Kreativität und v.m. Die folgende Charakterisierung stammt aus dem sehr empfehlenwerten Buch "Melancholie" von J.Zehentbauer.
Klar ist auch, in der Depr. kann man die schönen Seiten nicht sehen, aber es gibt sie trotzdem.

Liebe Grüße

Thomas


Facetten der menschlichen Melancholie

ernst, tiefsinnig, introvertiert
überwiegend ruhig wirkend
nachdenklich und manchmal gar grüblerisch
eher ordnungsliebend
sanft, sozial mitfühlend bis mitleidend
sensibel gegenüber sich und anderen
lange überlegen müssen, besonnen und zuverlässig sein
vom Negativen oft mehr beeindruckt als vom Positiven
natürlicher, beinahe gelassener Umgang mit dem Tod
manchmal Todessehnsucht Neigung zu schwermütiger Betrachtung der Welt-als-Ganzes
oftmals jammern und schlechte Laune zeigen
eher nicht im Mittelpunkt sein wollen (aber dies können)
immer wieder Angst haben, leichte oder große Angst
manchmal stille Panik
Gefühle von Heimatlosigkeit und Einsamkeit in Beziehungen sehr auf den anderen eingehend
gefühlvolle bis hinschmelzende Erotik
Sexualität, die auch selten sein darf, doch dann zärtlich ist
künstlerische Fähigkeiten zeigen oder stilles Kreativ-Sein
sich mitteilen in der wortlosen Sprache des Herzens
die einsamen Wege des Genies erahnen abwechselnd leidenschaftlich oder niedergeschmettert
naturverbunden sein
spirituell manchmal mystisch-romantisch ausgerichtet
vor dem Handeln oft langes Nachdenken
auch trauriges Glück empfinden können
gezügelte Freude und verschleierte Euphorie
das Geheimnis des Jenseitigen fühlen und ahnen
dem Wahnsinn lächelnd begegnen
Tränen der Trauer und Tränen der Wonne vergießen
sich der Kontemplation hingeben
in Musik und Poesie versinken leben in Leiden und Leidenschaft
immer in Gedanken sein Sehnsucht nach Harmonie und Liebe
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
ricky
Beiträge: 1450
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: ???

Beitrag von ricky »

Lieber Thomas,

erstmal lieben Dank für deine Antwort!

Ich habe mich noch nie mit dem Sinn des Wortes "Melancholie" auseinandergesetzt,finde aber deine Ansicht mit den zwei Seiten total interessant.
Die aufgelisteten Facetten der Melancholie treffen fast alle auf mich zu, und ich bin damit im Moment irgendwie ein bisschen überfordert.
Weiss noch nicht so genau,was ich jetzt davon halten soll.Muss mich doch wohl mal etwas näher damit beschäftigen,vielleicht mir mal dieses Buch besorgen, von dem du schriebst...

Liebe Grüsse Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
tomroerich
Beiträge: 3102
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
Kontaktdaten:

Re: ???

Beitrag von tomroerich »

Liebe Uta,

und wenn nicht jetzt, dann vielleicht später, wenn es dir entsprechend besser geht. Ich will versuchen, es noch einmal klarer zu machen, was ich meine.

Das, was oft in die Depression führt, die oben aufgelisteten Eigenschaften, ist ja gleichzeitig ein sehr hohes Gut. Bestimmt hast du ja auch schon gehört, dass viele große Persönlichkeiten, Künstler vor allem, Melancholiker sind oder waren, oft litten sie auch an Depressionen. Willi Brandt z.B. war auch depressiv und Herbert Wehner sagte über ihn: "Er hatte eine große Schwäche: seine Menschlichkeit, und er hatte eine große Stärke: seine Menschlichkeit".
Viele der oben genannten Eigenschaften oder Fähigkeiten sind einfach sehr menschlich und liebenswert und wenn man das an sich erkennen kann, findet man einen neuen Blickwinkel zu seiner Melancholie. Evtl. erkennt man, dass diese Eigenschaften Fluch und Segen zugleich sein können, je nachdem, wie gut man sich selbst dabei nicht aus den Augen verliert.

Einen lieben Gruß

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
powersofti2
Beiträge: 225
Registriert: 20. Mär 2003, 02:23
Kontaktdaten:

Re: ???

Beitrag von powersofti2 »

Ich nannte meine Melancholie immer "zärtliche Traurigkeit" und empfand sie als äusserst angenehm. Ich bin froh wenn ich sie wieder habe.
ricky
Beiträge: 1450
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: ???

Beitrag von ricky »

Lieber Thomas,lieber powersofti,

für euch scheint diese Melancholie anscheinend wirklich was Positives und Gutes zu haben.
Leider kann ich sowohl "Positiv" als auch "Gut" nicht mit meiner Person in Verbindung bringen...

Gruss Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
tomroerich
Beiträge: 3102
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
Kontaktdaten:

Re: ???

Beitrag von tomroerich »

Liebe Uta,

das ist so ein bisschen die Gefahr, wenn man vom Guten und Schönen spricht im Zusammenhang mit der Depri- es wird nicht selten als neues Versagen aufgefasst nach dem Motto: Wieder etwas, was ich nicht kann. Du kannst es jetzt nicht, im Moment geht das eben nicht. Aber du kannst den Gedanken zulassen, dass es sich ändern kann. Ich wünsche dir, dass es bald so weit ist.

Herzlichst

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
MissMarple

Re: ???

Beitrag von MissMarple »

Hallo Uta,

seit Samstag oder Sonntag war ich nicht im Forum, mir ging es "schwer depressiv".

Aus so einem nichtigen Grund, mein Verstand hat gelacht, mein "inneres Kind" hat geheult, geheult, geheult.

War Montag und Dienstag dann auch nicht arbeiten, weil ........

Heute war ich kurz im Büro und wir haben besprochen, dass ich grundsätzlich zum Arbeiten komme. Es ist egal, wann ich anfange, wenn ich meine Bürotür schließe, will ich von niemanden gestört werden und ich kann jederzeit eine Auszeit nehmen. Mal schaun, ob so klappt.

Und nichts desto Trotz, ich weiß, irgendwann sind die Depressionen ganz verschwunden..

Ich hoffe, dass es Dir wieder zufriedenstellend geht.

Birgit
ricky
Beiträge: 1450
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: ???

Beitrag von ricky »

Liebe Birgit,

es tut mir leid,dass es dir schlecht geht.
Ich bewundere dich,dass du trotzdem die Hoffnung nicht verlierst und dazu auch noch mir Mut machst.
Das mit dem Arbeiten hört sich gut an,deine Kollegen scheinen mit der Situation sehr gut umzugehen.Das ist viel wert.

Mir ging es gestern und heute eigentlich recht gut.War viel abgelenkt von meinen Gedanken und Problemen...

Wünsch`dir,dass es für dich schnell wieder aufwärts geht!!!

Alles Liebe Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
Antworten