Wir wissen nicht mehr weiter

ines
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Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von ines »

Unser Sohn, 30, ist seit einigen Wochen sehr depressiv. Vorausgegangen ist ein Waschzwang, womit er schon in Gesprächstherapie bei einem Psychotherapeuten war, was aber sehr wenig gebracht hat, da er immer noch Zwänge hat. Unser Eindruck ist nun, daß die Zwänge nicht mehr vorrangig sind und sich eine allgemeine starke Depression breitgemacht hat, die sich in allgemeiner Interesselosigkeit, Lethargie und Traurigkeit äußert. Hinzu kommt, daß unser Sohn in Trennung und kurz vor der Scheidung steht nach einer sehr kurzen Ehe. Seine Frau hat ihn u. a. wegen des Waschzwangs verlassen und der Belastung dadurch für sie.
Besondere Sorge gilt aber vor allem seinen Äußerungen, daß sein Leben doch sowieso keinen Sinn hat. Das macht uns Angst.
Er hatte in der Vergangenheit Kontakt zu einem Neurologen, bekam AD, die er aber wegen der Nebenwirkungen in Absprache mit dem Neurologen abgesetzt hat.
Trotzdem es ihm sehr, sehr schlecht geht, lehnt er eine erneute Psychotherapie ab - das würde lt. seinen Worten ja sowieso nichts bringen. Wir fangen ihn soweit es geht, auf und versuchen ihm vorsichtig
Mut zu machen auch mit dem Hinweis, sich doch therapeutisch wieder helfen zu lassen, evtl. auch mit einem Klinikaufenthalt.
Wir denken inzwischen, daß er dringend nötig wäre bei seinem jetzigen Zustand. Er war beim Hausarzt, der von der Vorgeschichte weiß und er hat ihn erstmal krankgeschrieben und ihm eine Überweisung zum Neurologen mitgegeben, wenn er dorthin möchte. Aber ob er dorthin geht - wir sind da nicht sicher. Dann hat er außerdem noch Ängste, daß sein Chef etwas von seiner Krankheit erfahren könnte, bisher weiß dort niemand etwas. Er meint, daß sich, auch wenn er in eine Klinik gehen würde, dies sich evtl. rumsprechen könnte in der Firma und dann alle wüßten, daß er psychisch erkrankt ist. Wir sagten ihm aber, daß der Chef seine Schweigepflicht einzuhalten hat, ansonsten wäre er seinen Job los. Es ist alles so problematisch für uns, sind deswegen selbst schon depremiert. Weiß jemand Rat, was wir tun können, um ihm zu helfen??
Hina1
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von Hina1 »

Liebe Ines,

sei herzlich willkommen im Forum. Es ist schon sehr traurig, was Du da schreibst. Aber es ist in der Tat so, dass man einem Depressiven nicht helfen kann, das kann er nur selbst, indem er sich professionelle Hilfe sucht. Ihr könnt ihn tatsächlich nur ermuntern, es zu tun.

Ein bißchen unverständlich ist mir allerdings, warum die ADs in Absprache mit dem Arzt komplett abgesetzt wurden. Es ist natürlich so, dass die anfänglichen Nebenwirkungen oft wirklich sehr unerträglich sein können aber es gibt eine riesige Vielfalt an ADs und nicht immer ist das erste Medikament, das man bekommt auch schon das richtige, das zu einem paßt. Es gibt Leute, die haben über 10 Medikamente ausprobiert, bis sie eine entsprchende Wirkung erzielten. Da ist natürlich Geduld angebracht. Außerdem wirken zuerst die Nebenwirkungen, die dann aber nachlassen. Die antidepressive Wirkung tritt erst mit Verzögerung ein. Das kann gut 2-6 Wochen dauern.

Wenn ihr das Gefühl habt, dass seine suizidalen Gedanken bei ihm recht dominant sind, dann wäre es auch angebracht, ihn notfalls gegen seinen Willen einweisen zu lassen. Die Möglichkeit habt Ihr dazu. Das Problem ist nämlich, dass ein Depressiver diese Gedanken absolut das nicht steuern kann. Es sind Zwangsgedanken, die nicht ausgeredet werden können, michtmal mit den überzeugensten Argumenten. Deshalb gilt eine schwere Depression auch als lebensbedrohlich. Nicht wenige Depressive waren nach erster Riesenwut auf ihre Angehörigen, unheimlich froh, dass sie diesem Spuk ein Ende gesetzt haben. In der Klinik kann einem geholfen werden. Alleine schafft das ein untherapierter Depressiver nicht, gegen diese Gedanken anzukämpfen.

Was die Situation in seiner Arbeit betrifft, werden die Kollegen sowieso über kurz oder lang mitbekommen, dass er sich verändert hat, denn typische Symptome einer Depression sind auch Konzentrationsschwäche, Vergesslichkeit, Unausgeglichenheit, Müdigkeit. Man sieht es einem regelrecht an und merkt es auch oft in der Arbeitsleistung, das nicht mehr alles so wie immer von der Hand geht. Ein Depressiver kann sich immer nur eine bedingte Zeit verstellen und zusammenreißen. Das erfordert fast übermenschliche Kräfte.

Daß eine Gesprächstherapie weder bei Zwängen noch bei einer schweren Depression wirklich etwas bringt, das kann ich mir gut vorstellen. Hier geht es um schwerwiegendere Krankheitsbilder, die in anderen Therapieformen aufgearbeitet werden müssen. Üblich sind Verhaltenstherapie oder eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie. Eine Gesprächstherapie ist eher bei momentanen nicht so schwerwiegenden Lebenskrisen angezeigt.

Ich wünsche Euch viel Kraft und Geduld, die Ihr jetzt braucht.

Viele Grüße
Hina
BeAk

Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von BeAk »

Liebe Hina, liebe Ines,

wenn Die gesetzliche Krankenkasse die Therapie bezahlt, handelt es sich entweder um eine Verhaltenstherapie oder tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie.

Eine Gesprächstherapie wird von der gK nicht finanziert.
KristinaB
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von KristinaB »

ines
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von ines »

Herzlichen Dank Euch allen für Eure hilfreichen Tipps!
Z. Z. ist es heftiger geworden mit meinem Sohn - die bald bevorstehende Scheidung und der Trennungsschmerz reißt ihn noch vielmehr herunter. Wenigstens öffnet er sich uns seit ein paar Tagen und spricht über seinen Schmerz, läßt dabei seinen Tränen freien Lauf, was sicher gut für ihn ist.. Davor versuchte er immer noch nach außen stark zu sein, obwohl man ihm anmerkte, wie depressiv er war und ständig mit seinen Gedanken woanders. Er gibt sich die Schuld an seiner Trennung, daß er alles hätte verhindern können, wenn dieser Waschzwang nicht gewesen wäre. Sein Selbstwertgefühl ist so gut wie nicht mehr vorhanden, zumal seine Frau kurz nach der Trennung wieder eine neue Beziehung eingegangen ist und nun auch zu diesem neuen Mann hinzieht. Er liebt sie noch immer und hätte sie am liebsten wieder zurück, aber es ist aussichtslos, das hat sie ihm zu verstehen gegeben, obwohl er um eine nochmalige Chance bat.
Er konsultiert in Kürze auf unser Anraten einen anderen Neurologen, nachdem er mit dem bisherigen nicht weiter kam. Mittlerweile ist er auch nicht mehr abgeneigt, eine evtl. psychosomatische Kur anzugehen - bisher wollte er das immer noch umgehen. Mal sehen, was der Neurologe nun macht, ich denke, erstmal ist wieder ein Antidepressivum erforderlich als 1. Hilfe, besonders bei diesem z. Z. schlechten Zustand. Er hatte vor längerer Zeit, als es ihm etwas besser ging, einen Urlaub gebucht. Mir kommen Zweifel, ob es bei dem derzeitigen Stand sinnvoll für ihn ist - mal sehen, wie es zu dem Reisetermin in ein paar Wochen aussieht.. Hat jemand Erfahrung, ob ein Urlaub nicht die ganze Sache noch schlimmer wegen Überforderung machen könnte?? Mein Mann und ich hoffen, daß alles noch gut mit ihm wird. Wir brauchen sehr viel Kraft, um ihn zu unterstützen und stoßen an unsere Grenzen, aber er soll auch die Gewissheit haben, daß er nicht alleine gelassen wird mit seinen Problemen. Seine Frage war heute mehrmals: "Ich schaffe das doch, oder? Wird alles wieder gut?". "Ja", antworteten wir, "Du wirst es schaffen, wenn vielleicht auch in kleinen Schritten, wenn auch Du bereit bist, daran mitzuarbeiten, schaffst Du es, wir unterstützen Dich dabei". Er ist dankbar für diese Hilfe und wenn es ihm wieder gut ginge, wäre es das schönste Geschenk für uns...
BeAk

Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von BeAk »

Liebe Ines

wenn Dein Sohn schon einen Neurologen aufsucht, dann sollte es einer sein, der auch Psychiater ist. Das ist wichtig, denn Psychiater sind die Fachärtze für seelische Leiden und nicht Neurologen. Schließlich gehst Du mit Zahnschmerzen auch nicht zum Orthodäden.

Und noch was, ich weiß nicht ob es so sinnvoll ist, was ihr da tut. Ich kann mich täuschen, aber es kommt mir vor, als ob Du einen 12 jährigen Sohn versorgst und nicht einen erwachsenen Mann.
Dein Sohn ist für sich selbst verantwortlich. Es ist allein seine Aufgabe dafür zu sorgen, das es ihm gut geht.

Ich habe den Eindruck das Du ihn daran hinderst erwachsen und selbstverantwortlich zu handeln. Und damit würdest Du genau das Gegenteil erreichen, von dem ich doch hoffe das du erreichen willst, das Dein Sohn gesund wird.

Setze Dich mal mit den Thema Coabhängigkeit auseinander.
ines
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von ines »

Liebe Bea,

Du hast vollkommen recht mit dem, was Du schreibst. Wir wissen, daß er selbstverantwortlich handeln muß und haben ihm ja auch dazu geraten, dies zu tun mit dem Erfolg, daß er aus eigenen Stücken heute morgen einen Neurologen aufgesucht hat - er ist gerade im Moment dort. Bisher hatte er nur einen Neurologen und auf unser Anraten ist er nun bei einem, der zusätzlich auch Psychotherapeut ist. Wir denken auch, daß er dort mehr Hilfe erfahren kann.
Wir mußten aber auch ein wenig Druck auf ihn ausüben, da er von sich aus garnichts in dieser Richtung unternommen hätte und so vor die Hunde gegangen wäre. Diesen sanften Druck aber mit viel Diplomatie mit dem Hinweis, daß er letztendlich selbst entscheidet, ob er diesen Schritt tut oder nicht, also selbstverantwortlich handeln muß. Er hat ja dann selbst eingesehen, daß er was unternehmen muß, hat es aber so lange vor sich hingeschoben mit dem Ergebnis, daß er jetzt alle ist und einsieht, daß er professionelle Hilfe braucht. So und nicht anders haben wir es ihm immer wieder gesagt....
ines
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von ines »

Liebe Ines,

noch ein Nachtrag: Der Arzt ist zusätzlich noch Psychiater...
ines
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von ines »

Quatsch - meine natürlich Bea....
BeAk

Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von BeAk »

Liebe Ines,

habe verstanden. Das ist so richtig wie Du Deinen Sohn ermutigst.

Aber Du leidest trotzdem, wie ich Deinem Schreiben hier entnehmen kann.

Deshalb ist es vielleicht richtig, das Du Dir doch mal das Thema Coabhängigkeit anschaust. Nicht weil Du coabhängig bist, sondern weil es Denkanstöße gibt, wie man mit der Situation in der Du steckst umgehn kann, ohne darunter zu leiden.

http://www.manfred-koschnick.de/coabhaengigkeit.htm
KristinaB
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von KristinaB »

ines
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von ines »

Hallo Bea und Kristina,

ich danke Euch Beiden für die guten Ratschläge! Liebe Bea, inpuncto Co-Abhängigkeit habe ich schon einiges verstanden, aber es ist sooo schwer in dieser Situation - man gibt schon einen Teil von sich auf, um zu helfen und zu unterstützen. Ich weiß, daß man sich selbst auch nicht vergessen sollte... In ruhigen Phasen nutzen wir es auch, um wieder Kraft zu tanken für die zeitweise notwendige Unterstützung.
Liebe Kristina, wenn Du es selbst so erfahren hast, dann denke ich, daß wir auf dem richtigen Weg sind, unserem Sohn in Situationen, wo er nicht mehr kann, die nötige Hilfestellung zu geben. Seine Depression kostet ihn ja auch sehr große Kraft - er möchte ja so vieles selbst machen, aber es fällt ihm oft unendlich schwer. Man sieht es ihm ja auch an, wie er z. Z. leidet.
Immerhin gibt es ja auch Erfreuliches zu berichten: Der Arzt (Neurologe u. Psychiater) hat sich heute sehr viel Zeit für ihn genommen, was bei dem vorherigen, der nur Neurologe ist, nicht der Fall war. Zunächst einmal hat er Paroxetin verordnet bekommen, 1 x täglich eine halbe, Einnahmebeginn morgen früh. Blutkontrolle in der nächsten Wo., Anfang August nächste Sprechstunde, wenn nichts außergewöhnliches ist - ansonsten soll er sich kurzfristig bei ihm melden. Der Arzt überlegt noch, zu welchem Therapeuten er gehen soll, er soll auf jeden Fall nicht nur tiefenpsychologisch behandeln, sondern auch auf seine Zwangserkrankung ausgerichtet sein. Vom Urlaub im August hat er nicht unbedingt abgeraten, sofern er sich bis dahin besser fühlt. Der Arzt denkt aber, daß das Medikament schon bald seine Wirkung zeigen wird. Erstmal hat er ihn 1 Wo krankgeschrieben, damit er sich erstmal erholen und danach wieder arbeiten kann. Beginn der Psychotherapie soll dann nach dem Urlaub ca. Ende August sein, weil er dann anfangs 2 x die Wo dorthin muß. Vorher würde das keinen Sinn machen wegen der Unterbrechung durch den Urlaub. Hoffen wir also alle das Beste!
Lebtmitdepressiv
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von Lebtmitdepressiv »

Also mit nem Putzzwang kann er mich gerne mal besuchen!!! Naja Scherz beiseite.

Also ich würde ihm generell vor allem mal Beschäftigung empfehlen, da das bei Depressionen sehr hilfreich sein kann. Gerade nach einer Beziehung (Scheidung) hilft das um sich nicht so reinzusteigern. Ich war zwar nie richtig Depressiv, aber als ich auch mal so eine "ach hab keine Lust mehr" Phase hatte hab ich mit Muay Thai (sowas wie Kickboxen) und Bodybuilding angefangen - wobei ich von Kickboxen auf normales Boxen aufgrund einer Knieverletzung ausweichen musste. Aber nur so nebenbei 1x Die Woche. Weiß ja nicht ob das was für ihn ist, aber als Mann machts generell tierischen Spaß wenn man sich prügeln kann (mir zumindest hat das immer Spaß gemacht - super Ausgleich zu einem Büro Job übrigends). Wenn er eher schmächtig ist, Schach - war ich auch mal im Verein, hat sogar so viel Zeit in anspruch genommen das ich ausgetreten bin. Auf jeden Fall hat man da an Wochenenden immer was zu tun (Kreisligaspiele kosten z.B. ganze Sonntage) und sind meist ältere Männer dort(60+ war Durchschnittsalter), die wissen das das Leben schätzenswert ist (sehr positive Lebensinstellung dort im allgemeinen).
Anne Blume
Moderator
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von Anne Blume »

Lieber Lebtmitdepressiv,

Sport kann bei der Bewältigung von Depressionen, zusätzlich zur Therapie, sicher unterstützend sein. Aber sich prügeln bringt keinem was. Bitte einen Gang rausnehmen und nicht in jedem thread so eine Geschichte!

Viele Grüße
Anne Zink
Lebtmitdepressiv
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von Lebtmitdepressiv »

das hat nichts mit Prügeln zu tun, sondern ist nur ein Sport (wie z.B. Joggen) in den man sich jedoch besser reinsteigern kann. Außerdem knüpft man zwangsweise so soziale Kontakte, da man mit Menschen in Kontakt kommt. Kommt halt darauf an wie Stark die Depressionen sind.
BeAk

Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von BeAk »

Lieber Lebmitdepressiv,

das von Dir geschilderte ist einem Depressiven garnicht möglich. Die Energie für all diese Tätigkeiten bringt ein Depressiver gar nicht auf.
KristinaB
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von KristinaB »

ines
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von ines »

Danke für Eure nachfolgenden Antworten. Sport hat er in der Vergangenheit in guten Phasen gemacht, aber in der jetzigen ist ihm das nicht möglich und kostet zuviel Kraft.
Die Dosierung des AD ist erstmal 20 mg Paroxetin, er soll am Mi zum Neurologen zur Blutabnahme, um irgendwelche Werte zu kontrollieren. Z. Z. ist keine Besserung in Sicht, kann viell. auch nicht, bis das Medikament seine Wirksamkeit erreicht.
Seit ein paar Tagen hat er wieder ein neues Problem und Ängste: Er hatte mal einen Freund vor einem halben Jahr bei sich übernachten lassen, nach einem Kneipenbesuch traf er ihn damals nach längerem wieder. Kurz danach das gleiche wieder, wobei mein Sohn schon vor ihm zuhause war und dieser etwas später nachkam. Mein Sohn war damals verdutzt, daß er schon direkt vor seiner Wohnungstür stand, obwohl er wußte, daß die Haupteingangstür 2 Std. verschlossen war. Man kann es nicht glauben, denn es kam ihm jetzt nach 1/2 Jahr plötzlich in den Sinn, daß der vielleicht bei der 1. Übernachtung
sein Schlüsselbund - es existierten 2 - heimlich mitgenommen und nachgemacht hätte. Er hatte u. a. einen Zweitschlüssel von unserer Wohnung für alle Fälle. Nun machte er gestern und vorgestern totale Panik, ein neues Schloß muß her, für unsere Haustür am besten auch, etc. etc. Als er bei uns war, kontrollierte er ständig, ob unsere Tür auch richtig abgeschlossen ist - es war zum Nichtaushalten... Mein Mann hat ihm daraufhin ein neues Schloß besorgt und eingebaut, weil er sonst noch abdreht. Aber es wird nicht besser, im Gegenteil: Er denkt sich immer was Neues aus, lauter verworrenes Zeug, evtl. könnte er doch noch rein, wenn auch unplausibel jetzt das Ganze ist. Ich denke mal, da ist nun auch noch ein Kontrollzwang dazugekommen. Auch wenn wir ihm sagen, daß, wenn es wirklich so sein sollte, daß der Bekannte darauf hinauswar, hätte er doch schon längst in dem halben Jahr in seine Wohnung hineingekonnt. Seine Gedanken: Es könnte ja Taktik sein, daß er erstmal abwartet. Auch die Erklärung, daß die Eingangstür zufällig nicht richtig ins Schloß gefallen ist, weil hinter ihm ein anderer Nachbar reinging, half nichts. "Nein, nein, die Tür geht immer zu, das weiß ich, etc. etc". Wir haben ihm geraten, am Mo schon zum Neurologen zu gehen, da es so nicht weiter geht, weil wir sehen, wie er immer mehr durchdreht. Unseres Erachtens gehört er in ein Klinik, die Kraft wird wohl nicht mehr reichen, eigenständig und dann noch irgendwann, wenn ein Termin frei wird, zu einem Zwangstherapeuten wochenlang zu gehen. Wie gesagt, es ist nur ein Rat von uns an ihn u. wir haben ihm gesagt, daß er für sich selbst eigenverantwortlich das entscheiden muß, wobei fraglich ist, ob das Wort "muß" nicht wieder Druck auf ihn ausübt. Er überlegt nun schon selbst, ob es nicht das Beste für ihn ist. Bei diesem ganzen Hickhack und seinen Panikattacken in den letzten Tagen kommen so Sätze von ihm wie "Warum bin ich bloß auf der Welt, am liebsten wäre ich tot, ich bin häßlich (was das Gegenteil ist), etc. etc. - also sein ganzes Selbstwertgefühl ist weg. Noch etwas: Mein Mann war heute mal mit ihm kurz mit dem Wagen unterwegs, und als mein Mann hier oben war, vermißte er sein Portemonnaie, kriegte erstmal einen Schreck, wo er das evtl. liegengelassen haben könnte und ging zum Auto zurück, um es dort zu suchen. Mein Sohn drehte hier völlig ab, obwohl das ja nun nicht sein Ding war und gab SICH die Schuld, weil er ja z. Z. an allem schuld ist, weil hier alles durcheinander läuft durch ihn. Dabei ist mein Mann sowieso hin und wieder ein bißchen "schusselig", wie man so schön sagt, auch ich lasse schonmal meine Brille, meinen Schlüssel u. ä. irgendwo liegen. Aber nein, grundsätzlich gibt er sich z. Z. für alles die Schuld, obwohl wir ihm wirklich keinen Anlaß weder durch unsere Worte oder Verhalten geben. Wir hoffen nun, daß Mo der Therapeut erkennt, wie schlimm es mit ihm inzwischen ist und vor allem, daß unser Sohn nicht mit der Wahrheit, wie es ihm momentan geht, hinter dem Berg hält. Denn wenn es so weiter geht, sind wir bald auch depressiv und fertig...
nessi
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Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von nessi »

Hallo!
Es ist schon etwas her (April), da habe ich schon mal über meine Mutter geschrieben. Sie hat seit Januar Probleme. Nahm immer mehr ab, Schlaflosigkeit, Antriebslosigkeit... Im April habe ich einen Termin in einer Klinik gemacht (für eine Ambulante Behandlung) - Termin 12.07.07! Jetzt kam es leider wie es wohl kommen musste: Meine Mutter hatte, wie sie selber sagt "einen dummen Gedanken - kommt nur von der Schlaflosigkeit". Mein Vater rief mich am Montag früh an, das meine Mutter halt versucht hätte ... Auf jeden Fall war mein Vater total Fertig, wusste nicht mehr was er machen sollte. ER wollte und konnte Mama ja nicht mehr alleine lassen. So habe ich ein bisschen herumtelefoniert - Meine Mutter sagt: Ich bin ja nicht depressiv. Ich möchte nicht zu einer Klinik, ich möchte lieber zu einen Neurologen. Ich habe eine Nervenentzündung in meinem Körper. - Aber es nahm kein Arzt sie mehr an bei einer so akuten Sache. So bin ich mit meinem Mann zu meinen Eltern gefahren, wir haben die Tasche gepackt und sind zu einer Klinik gefahren. Jetzt ist sie erst mal in einer geschlossen Abteilung. Später wird sie dann verlegt. Der Arzt sagte da müsste sie dann noch mal 6-8 Wochen bleiben, dann müsste es besser gehen. Da meine Mutter nicht einsieht , dass sie schwer depressiv ist öffnet sie sich auch nicht. Wir mussten mit dem Arzt sprechen - Ursachenforschung sozusagen, denn was im Januar war, war der Auslöser nicht die Ursache. (Im Januar hatte meine Mutter Probleme mit dem Rücken, sie war Jahrelang nie Krank gewesen, da hat sie sich dann in etwas reingesteigert. Es war richtig schlimm: Meine Mutter hat gedacht sie müsste sterben) Jetzt haben wir erzählt, das meine Mutter immer sehr perfekt war - überperfekt - 200%ig und der Arzt meinte das gerade die perfekten Menschen irgentwann merken: ich kann ja gar nicht alles perfekt machen, jetzt habe ich Rückenschmerzen, ich kann den Haushalt gar nicht mehr so machen wie immer usw. und rutschen dann (wie halt meine Mutter) in eine Melancholie. Ich hoffe, dass es meiner Mutter bald etwas besser geht, ich sage mir selber, wenn die AD anschlagen und sie sich ein bisschen besser fühlt wird sie meken, dass das alle richtig war mit der Klinik!
Ich hoffe, dass war jetzt nicht alles zu wirr was ich geschrieben habe, aber ich musste mir das mal alles selber von der Seele schreiben. Und es passte jetzt zum Thema: Wir wissen nicht mehr weiter!
Ich wünsche auch dir alles Gute Ines, sei stark (Ich weiß, es ist nicht so einfach).
Eure Mel
KristinaB
Beiträge: 113
Registriert: 25. Dez 2006, 11:00

Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von KristinaB »

Hallo Ines,

auf jeden Fall muss er am Montag zu Arzt. Wenn er sich schwertut, übt ruhig Druck aus.
Der Besuch ist extrem wichtig.

Ich denke nicht, dass Dein Sohn in der nächsten Woche arbeitsfähig ist. Schon deswegen muss er zum Arzt.

Evtl. kannst Du ihn zum Arzt begleiten und auch kurz mit dem Arzt reden. Die Medikamente, die er bekommt, scheinen nicht zu reichen.

Sehr ausführliche Informationen zum Thema findest Du u.a. unter

www.psychosoziale-gesundheit.net/psychi ... ion4a.html

Bis bald

Kristina
ines
Beiträge: 15
Registriert: 12. Jun 2007, 00:22

Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von ines »

Vielen Dank für Eure letzten Beiträge!

Wir haben ein Horrorwochenende hinter uns, sehen nur noch einen traurigen, grübelnden, apathischen und vor allen Dingen panischen Sohn, dessen Gedanken sich immer wieder um sein Wohnungs- und Hausflurschloß und die Sicherheit dreht. Trotzdem mein Mann ihm vor ein paar Tagen ein neues Türschloß eingebaut hat, denkt er immer noch, es könnte ja vorher jemand schon, bevor das neue Schloß reinkam, in seiner Wohnung gewesen sein und der Gedanke, daß dort jetzt durch diese Person alles "beschmutzt" sein könnte, macht ihm panische Angst und es wäre nicht zum Aushalten. Sogar die absurde Idee, daß diese Person evtl. Abhörwanzen dort angebracht haben könnte, erwähnt er. Da er z. Z. in diesem Zustand bei uns wohnt, erwähnt er, daß das gleiche ja auch in unserer Wohnung passiert sein könnte wegen unseres Wohnungsschlüssels, der sich für alle Fälle in seiner Wohnung befand. Ich habe ihn dabei erwischt, daß er heimlich in unsere Schränke (Flurschrank, Schlafzimmerschrank) schaute, ob sich dort evtl. jemand versteckt haben könnte. Dies antwortete er auf unsere Frage. Gestern Abend dann das Unfaßbare: Er vermutete sogar, daß sich evtl. in einem größeren Regal in einer Nische, in dem Aktenordner stehen, jemand versteckt haben könnte - da paßt ja noch nicht mal ein Kind hinein. Als wir ihm das sagten, antwortete er, daß er das real schon verstehen kann, ihm aber trotzdem diese Gedanken kommen. Was kann nur dahinter stecken?? Wofür stehen diese Gedanken?? Ist das ein Verfolgungswahn oder evtl. doch "nur" ein Kontrollzwang? Heute morgen machte sich mein Mann mit ihm auf dem Weg zum Neurologen/Psychiater, bei dem er schon letzte Wo war. Er hat ihm vorgeschlagen, wenn er es möchte, mit ihm in die Sprechstunde hineinzugehen, aber er will alleine dort rein. Hat versprochen, ihm aber auch ALLES zu sagen und nichts zu beschönigen. Ich selbst habe am Mi einen Termin bei dem gleichen Arzt, da ich vor ein paar Wo zu einer Nervüberprüfung in der Hand wegen meiner defekten Halswirbelsäule dort war. Ich werde auf jeden Fall auch nochmal die Sache mit meinem Sohn ansprechen.
Mal sehen, was heute bei dem Arztbesuch herauskommt. Wir denken, daß ein Klinikaufenthalt z. Z. die einzig richtige Lösung ist, damit man herausfindet, was die Ursache seiner Ängste ist.
Wir sind furchtbar traurig und ratlos, da wir nicht wissen, was noch alles auf unseren Sohn und auch uns zukommt...
Es tut mir momentan gut, daß es dieses Forum hier gibt und so nette Menschen wie ihr mir mit Euren Ratschlägen auch ein wenig Hilfestellung gebt. Wir werden uns kurz über lang selbst Hilfestellung bei einem Therapeuten suchen müssen, sonst schaffen auch wir das nicht...
Tabby
Beiträge: 189
Registriert: 4. Jun 2003, 00:30

Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von Tabby »

Nach "nur Kontrollzwang" klingt das für mich nicht.
Hat dein Sohn mal mit Drogen experimentiert ?
ines
Beiträge: 15
Registriert: 12. Jun 2007, 00:22

Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von ines »

Mit Drogen hat das definitiv nichts zu tun - solche Sachen verabscheut er. Er nimmt ja z. B. schon nur Medikamente, wenn es unbedingt sein muß und geht vorsichtig mit solchen Dingen um. Lt. seinem Arzt hat er es mit einer ausgeprägten Zwangserkrankung zu tun. Er muß sich heute wieder dort vorstellen, damit man weitersieht, wie schnell und effektiv geholfen werden kann...
ines
Beiträge: 15
Registriert: 12. Jun 2007, 00:22

Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von ines »

Nun der neueste Stand: Als mein Sohn gestern wieder seinen Arzt konsultierte, schlug er ihm vor, auch in der nächsten Wo noch zuhause zu bleiben, u. a. wurde die Medikamentendosis von anfangs 20 mg Paroxetin, auf 30 mg erhöht. Aber da es bisweilen nicht viel besser wurde, soll nun ab Sonntag auf 40 mg erhöht werden. Der Arzt stellte ihm auch die Frage, ob er mit einem evtl. Klinikaufenthalt einverstanden wäre, wenn es nicht besser wird. Da die Wartezeiten etwas länger dauern, gäbe es auch die Möglichkeit, vorerst sich in einer Tagesklinik behandeln zu lassen. Mein Sohn überlegt noch und schaut mal, ob die ADS erstmal Besserung bringen, weiß aber auch, daß er über kurz oder lang um eine Therapie nicht herumkommt und ihm helfen könnte.
Zuerst einmal meinte mein Sohn, daß er aber wohl nä Wo arbeiten müßte wegen Urlaubsvertretung. Zumindest dachte er zuerst, er könnte es schaffen. Geht aber wohl doch nicht, wie er im Laufe des Tages merkte - er schläft fast den ganzen Tag und ist im Moment mit allem überfordert. Außerdem macht das Medikament auch in der Eingewöhnungszeit sehr müde. Er tat sich sehr schwer, das heute telefonisch mit seinem Arbeitgeber zu klären. Das schlimmste für ihn ist, zuzugeben, daß er depressiv ist. "Jetzt reden sicher die Kollegen über mich" und "sicherlich spricht sich nun herum, daß ich depressiv bin". Kurzum, er fühlt sich damit nun als Außenseiter. Wir versuchten ihm, klarzumachen, daß Depression gerade heutzutage keine Seltenheit mehr ist und nicht mehr die negative Bedeutung im wörtlichen Sinne wie früher hat. "Wie könnten die schauen, wenn ich wieder arbeite?", auch das ist seine Frage.
Hat jemand hier im Forum von den Betroffenen ähnliche Erfahrungen gemacht und wie sind sie damit umgegangen? Das alles würde mich mal interessieren... Auch die Frage, wie schnell man durch die Arbeitsausfälle seinen Job verlieren könnte, aber m. E. darf es das doch so einfach nicht geben.
HexHex
Beiträge: 48
Registriert: 4. Jul 2007, 15:54

Re: Wir wissen nicht mehr weiter

Beitrag von HexHex »

Hallo,
mein Freund ist jetzt mehr oder weniger durchgehend seid Mitte April krank geschrieben. Als er aus der Klinik kam, eine Woche zu hause verbrachte, war er total scharf drauf wieder arbeiten gehen zu dürfen. Ich glaube, er dachte, dass dann der Alltag wieder einkehrt und alles gut ist. Er war der einzige der das glaubte und er musste er sehr schnell einsehen, dass das nicht der Fall ist. Nach einer Woche arbeiten ließ er sich wieder krank schreiben, dann der nächste Versuch. Es ging wieder nur eine Woche gut.
Seit Montag ist er wieder krank geschrieben, trauriger und mutloser als bisher.
Nicht zuletzt natürlich auch durch die Angst um den Job. Auch mich würde es interessieren, wie die Erfahrungen anderer Betroffener mit ihren Arbeitgebern aussehen.
Wahrscheinlich kann man aber gar nicht so pauschal sagen, ab wann es Probleme gibt, da es sehr von der Arbeit an sich und dem Typ Mensch der Chef ist abhängt...
Seine Chefin weiss Bescheid, hat bisher super viel Verständnis, hat ihm angeboten es erstmal stundenweise zu versuchen, etc.
Da es bei uns in den letzten zwei Wochen kaum gesehen oder gesprochen haben, weil er sich immer mehr zurück zieht und ich so langsam nicht mehr weiss wie ich das ändern soll, weiss ich den aktuellsten Stand leider gerade nicht.


Viele Grüße
hexhex
Antworten