Suche nach Mail-Freundschaften

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Melancholia
Beiträge: 12
Registriert: 21. Apr 2007, 11:33

Suche nach Mail-Freundschaften

Beitrag von Melancholia »

Ich, 30, weibl, leide an sozialer Phobie und Dysthymie. Bin empfindsame, melancholische, nachdenkliche Nonkonformistin, Müßiggängerin und Hippie-Sympathisantin. Ich liebe vor allem die Schönheit der Natur, Wandern, Rad-Touren, gutes Essen, Literatur, Briefe schreiben.

Ich kann mit den gesellschaftlich vorherrschenden Mainstrem-Prinzipien wie Konkurrenzdenken, Karriere-Streben, Leistungs-Wahn, Konsumorientierung, Schönheitskult überhaupt nichts anfangen. Fühle mich durch die Anforderungen der Arbeitswelt verängstigt, verunsichert, verschlissen, verstört, mißbraucht, fremdbestimmt, erschöpft. Bin noch auf der Suche nach meiner Berufung. Spiele mit dem Gedanken, aus der Gesellschaft auszusteigen und in einem alternativen Selbstversorger-Dorf zu leben, weil ich keine Möglichkeit sehe, im kapitalistischen System meine individuellen Ideen, Wünsche, Bedürfnisse zu verwirklichen.

Suche nach Kontakt zu Menschen, die sich von dieser Beschreibung angesprochen fühlen.

Melancholia
sonnenwurm
Beiträge: 275
Registriert: 26. Jul 2006, 16:14

Re: Suche nach Mail-Freundschaften

Beitrag von sonnenwurm »

Hallo Melancholia!

Ich hatte dir auf dein Posting "Fühle mich am Arbeitsplatz überfordert" geantwortet. Du hast gar nichts mehr geschrieben dazu, hätte mich wirklich interessiert, wie es dir da mittlerweile so geht...

liebe Grüsse, Sonnenwurm
chimera

Re: Suche nach Mail-Freundschaften

Beitrag von chimera »

Hallo Melancholia,

ich suche leider nicht nach Mail-Freundschaften; sie sind mir zu virtuell. Aber es freut mich, hier von einem Menschen zu lesen, der den Mainstream der Welt, der wenig gesund bis krank erscheint, ebenso beklagt. Ich könnte Bücher füllen mit den Gedanken, die ich mir zum vorherrschenden, völlig perversen und zerstörerischen, von blinder Gier und Sucht geprägten, globalkapitalistischen System machte – doch ich habe ein stückweit aufgegeben, mich dagegen zu wehren – schlicht aus der Erkenntnis heraus, daß Träume allein nicht den Magen füllen, kein Dach über dem Kopf ergeben.

Und somit diene ich dem kapitalistischen System, fühle mich allzuoft schäbig und werde stockdepressiv – der Ausweg, den ich daraus finde (zu finden versuche), ist die Hingabe an den Glauben an eine höhere Ordnung – Rebellion und Idealismus ließen mich in allzutiefe Löcher fallen. Meine Vision von einer sanfteren, einer liebevolleren, einer verantwortungsvolleren Welt, die Tiere und Natur und Menschen respektiert, aufgeben zu müssen, macht mich allzuoft bitter – doch ein Konzept, diese Vision in eine realisierbare Form zu bringen, habe ich (in der Gegenwart) nicht.

Erschütternd ist, daß die Hinweise sich verdichten, daß die (seit Jahrzehnten bestehende) intuitive Kritik am vorherrschenden System nicht wirklich unsinnig war: Diverse Publikationen aus den frühen Neunzigerjahren, die ich aufbewahrte, geben Zeugnis, daß die Prophezeiungen in Bezug auf den Klimawandel aussprachen, was heute monatlich bis täglich fühlbar ist. Man denke ferner an den Club of Rome, man denke ferner an George Orwell – all das waren keine Hirngespinste.

Klimawandel, Globalisierung und Leistungsdenken ob des Leistens willens begleiten mich seit zwanzig Jahren; sie zerstörten das Gefühl, in einer intakten, in einer freundlichen und liebevollen Welt zu leben. Doch nachdem in mich bis zur totalen Erschöpfung wehrte, mußte ich erkennen, gegen die Wucht des Rades der vorherrschenden Memetik nicht anzukommen. Somit verbleibe ich demütig im Glauben, daß all das doch seinen Sinn hat; daß jedes Individuum auch ein individuelles Schicksal hat – trotzdem es eingebettet ist, das Ich nur im Wir denkbar ist.


Alles Gute Dir auf Deinem Weg!
Chimera
Melancholia
Beiträge: 12
Registriert: 21. Apr 2007, 11:33

Re: Suche nach Mail-Freundschaften

Beitrag von Melancholia »

Hallo Sonnenwurm,

vielen Dank für deine Nachrichten. Ich konnte dir nicht früher schreiben, weil ich zu Hause kein Internet habe und meistens nur am Samstag Zeit habe, in die Stadt ins Internetcafe zu fahren. Kann man in diesem Forum eigentlich keine private Nachricht an einen bestimmten Autor schicken? Gibt es hier kein eigenes Postfach, wo man die Nachrichten abrufen kann, die man auf Beiträge erhalten hat?

Erstmal möchte ich dir auf deine Nachricht zu meinem Beitrag "Überforderung am Arbeitsplatz" antworten. Zu deiner Frage nach meinen Aufgaben am Arbeitsplatz: Also zu meinen alltäglichen Tätigkeiten gehören: Besucher begrüßen, Auskünfte an Angehörige und Bewohner erteilen, Telefonzentrale, Post verteilen, Material-Bestellungen, Gestalten von Schildern und Plakaten, Anschreiben und Absagen anfertigen, Protokoll-Führung. Ich unterhalte mich mit den Bewohnern, wenn ich auf dem Wohnbereich was abholen oder abgeben muss, höre mir ihre Lebensgeschichte an, erkläre ihnen mal dieses und jenes. Ab und zu fahre ich mit einem Bewohner zum Arzt.

Also die Heimleitung macht sehr viel für die Bewohner, es gibt sehr viele Freizeit-Aktivitäten, Ausflüge, Ergotherapie, Gesprächsangebote, Gymnastik. Die Führungskräfte sind sehr darum bemüht, das Leben für die Bewohner so zu gestalten, dass sie sich wohl fühlen und körperlich und geistig aktiv bleiben. Also die Führungskräfte nehmen das sehr ernst, dass die Bewohner eine gute Pflege und Betreuung erhalten, so dass ich versuchen werde, meine eigenen Eltern dort unterzubrigen, wenn sie pflegebedürftig werden. Von den Mitarbeitern wird erwartet, dass sie auf die Wünsche, Bedürfnisse, Sorgen und Nöte der Bewohner liebevoll und mit sehr viel Respekt eingehen und alles tun, um diese so weit es möglich ist, zu verwirklichen. Darauf haben die Bewohner einen Anspruch und das gefällt mir dort sehr gut! Natürlich steht dem Heim nicht so viel Pflegepersonal zur Verfügung, dass ein Bewohner eine persönliche 24-Std.-Betreuung erhält.
Das Problem besteht darin, dass ich mich selbst aufgrund meiner Sozialphobie und der damit verbundenen Kontakt- und Kommunikationsdefizite für ziemlich unbeholfen und oft ziemlich hilflos halte, den Bewohnern eine gute menschliche Zuwendung anzubieten. Ich bin zu den Bewohnern immer sehr freundlich und hilfsbereit und richte mich nach ihren Bedürfnissen. Aber ob das reicht?
Also Schulungen, wie man mit alten Menschen umgehen soll, habe ich keine erhalten. Ich habe mich noch nicht oft getraut, um Unterstützung zu bitten, weil ich meine Vorgesetzten nicht zusätzlich belasten wollte und immer denke, ich muss alleine damit klarkommen. Aber es stimmt, ich könnte meine Probleme im Umgang mit den Bewohnern öfter ansprechen.
Was mich so sehr fertig macht - und im Grunde genommen gilt das für alle anderen Aufgaben auch - ist, dass ich sehr hohe Ansprüche an mich selbst stelle, ich strebe nach Exzellenz, und da ist immer dieses Gefühl, dass ich eine Aufgabe noch nicht gut genug erledigt habe, dass es noch besser geht. Ich hasse Mittelmäßigkeit und denke, man ist entweder richtig gut in dem, was man tut, oder man sucht sich etwas anderes!

Zur Zeit mache ich einen Kurs, wo es um berufliche Zielfindung für Frauen geht. Ich habe dort meine Situation am Arbeitsplatz ausführlich dargestellt. Die Teilnehmerinnen sagten mir, dass sie es erschreckend finden, wie sehr ich mich beruflich anpasse und dass an den Empfang eine Fachkraft gehört, die in der Altenarbeit geschult ist und der diese Arbeit auch Freude macht und eine Bereicherung ist. Sie sagten mir, dass bei mir eine berufliche Veränderung sehr dringend ansteht, und ich mir mit der Betreuung der Bewohner psychisch zuviel zumuten würde.

In meinem Elternhaus war ich sehr stark dieser "Wer-nicht-arbeitet-ist-nichts-wert" und "Hauptsache Arbeit haben"-Mentalität ausgesetzt, die mich immer dazu getrieben hat, mich für den Arbeitsplatz völlig zu verausgaben, immer weiterzumachen, egal, wie schlecht es mir ging. Jetzt bin ich auch noch an eine Therapeutin geraten, die mich in eine ähnliche Richtung lenkt, anstatt mich darin zu unterstützen, mich nach einer Ausbildung oder Arbeit umzusehen, die besser zu meinen Fähigkeiten, seelischen Ressourcen und Interessen passt. Darüber bin ich sehr wütend! Ich habe bei ihr aber nur Krisengespräche einmal im Monat und halte auch schon nach anderen Therapie- Möglichkeiten Ausschau. Ich muss auch sagen, dass ich bei den probatorischen Sitzungen bei anderen Therapeuten auch überhaupt nicht ermutigt worden bin, nach neuen Ausbildungs- und Jobmöglichkeiten Ausschau zu halten, sondern die Therapeuten haben das Ziel verfolgt, wie ich es schaffen kann, an diesem Arbeitsplatz zu bleiben und ihn besser auszuhalten, mich noch besser "anzupassen". Ich habe nicht mehr allzuviel Vertrauen in die Therapeuten, denn ihr Betreben schein nicht zu sein, mich dabei zu unterstützen, herauszufinden, was für mich gut ist, meine individuellen Interessen, Wünsche, Bedürfnisse wahrzunehmen und mich zu verwirklichen!

Würde mich freuen, wenn du mehr von dir erzählen würdest - Was bedeutet für dich Depression, bzw. wie äußert sich deine Depression? Bist du ein Mann oder eine Frau?
Bist du berufstätig? Bist du in einer Ausbildung/Studium/Job, der dir Freude macht, die für dich geistig anregend und abwechslungsreich ist, in der du deine Persönlichkeit weiterentwickeln kannst, bei der du Mitgestaltungsmöglichkeiten hast?

Ein Wochenende mit viel Sonnenschein wünscht dir

Melancholia
sonnenwurm
Beiträge: 275
Registriert: 26. Jul 2006, 16:14

Re: Suche nach Mail-Freundschaften

Beitrag von sonnenwurm »

Hallo Mela!

Schön, dass du noch geantwortet hast, da habe ich mich drüber gefreut.
Es gibt hier nicht die Möglichkeit eines privaten Postfachs - du könntest aber in deinem Profil deine private e-mail-Adresse veröffentlichen. Dann könnte man dir eine e-mail zukommen lassen, die eben nicht für andere Augen bestimmt ist...

Ich werde mal versuchen, auf alle angesprochenen Aspekte einzugehen. Zunächst zu mir:
Ich bin 32, w., habe gerade meine dritte und wohl schwerste depressive Episode hinter mir. Insgesamt hat sie nun über ein Jahr angedauert und insgesamt hampel ich schon 6 Jahre damit rum. Ich bin Erzieherin/Heilpädagogin und habe in den letzten 6 Jahren zunächst in der Psychiatrie und dann im Schwerstbehindertenbereich gearbeitet. Nachdem die letzte Episode ausbrach war ich 9 Monate krankgeschrieben und letzendlich habe ich nun gekündigt und bin arbeitslos.

Das war das Beste was ich je gemacht habe, denn endlich fühle ich mich wieder frei. Aufgrund meiner beruflichen Erfahrung weiß ich, welchen Belastungen du am Arbeitsplatz ausgesetzt bist und deswegen sprach mich dein Eingangsposting auch so an.

Was du nun von deiner Arbeitsstelle schreibst hört sich jedoch ganz gut an - also es scheint eine für die dort lebenden Bewohner gute Einrichtung zu sein. Es scheint also eher ein Problem zu sein, dass bei dir liegt, wenn du einen so hohen Anspruch an dich selber hast. Das würde ich an deiner Stelle versuchen, für dich zu differenzieren: scheiterst du an der Arbeitsstelle, an den Aufgaben oder scheiterst du an deinen Ansprüchen?? Denn wenn das Hauptproblem bei dir liegt, dann werden dir diese Dinge ja an jeder anderen Arbeitsstelle auch zusetzen....

Ich denke nach wie vor, dass ein Mensch, der mit den Bewohnern zu tun hat, auch geschult sein sollte. Aber wenn dir an der Stelle was liegt, dann könntest du bei deinem Arbeitgeber ja vielleicht eine Schulung anregen? Sagen, dass du gern mehr Hintergrundwissen hättest, um angemessener mit den Belangen der Bewohner umzugehen??

Das wird ein Arbeitgeber bestimmt nicht als Belastung empfinden, sondern als echtes Interesse und Engagement.
Aber wenn dir die vielen Menschen und der Umgang mit den Bewohnern zusetzt, dann würde ich mich nach was anderem umsehen. Aber du nimmst ja schon an einem Programm zur Berufsfindung teil, vielleicht ergeben sich ja noch Optionen für dich?

Bei mir war es so, dass ich die Arbeit mit den Menschen mit Herz und Seele gemacht habe. Mich haben jedoch die Machtstrukturen und der oft sehr unangemessene und menschenunwürdige Rahmen geschockt und krank gemacht. Ist halt nicht jede Einrichtung um das Wohl der Menschen bemüht...

Auf meiner Suche nach einem Therapeuten wurde mir eine Verhaltenstherapie nahegelegt, um meinen Job besser auszuhalten! Das fand ich ungeheuerlich! Ich finde, eine Arbeit sollte man nicht "Aushalten müssen" um jeden Preis - man sollte sie gut - und guten Gewissens - erledigen können. Nun, ich werde erst einmal Abstand von meinem Beruf nehmen und arbeite an einem eigenen Weg für mich.

Wäre schön, von dir zu lesen, Sonnenwurm
Melancholia
Beiträge: 12
Registriert: 21. Apr 2007, 11:33

Re: Suche nach Mail-Freundschaften

Beitrag von Melancholia »

Hallo Sonnenwurm,

danke schön für deine Nachricht.

Also in der letzten Woche war es so, dass ich und mein Kollege am Empfang zur gleichen Dienst-Zeit eingesetzt waren, was nicht oft vorkommt. Mein Kollege saß vorne am Empfang und ich habe hinten im Büro die ganze Büroarbeit abgearbeitet, die mit dem Computer erledigt werden muss. Das ist zum größten Teil meine Aufgabe, weil meine meist älterne Kollegen sich nicht so gut mit Word und Excel auskennen. Das war eine sehr entspannte, angenehme Woche für mich, weil ich mit den Bewohnern nichts zu tun hatte! Es würde mir gesundheitlich auch viel besser gehen, wenn ich in dem Heim in der Verwaltung in meinem Beruf als Bürokauffrau arbeiten könnte, aber es besteht keine Aussicht auf eine freiwerdende Stelle.
Bei den Büroarbeiten fühle ich mich zum größten Teil kompetent, ganz im Gegensatz zu der Aufgabe der Bewohner-Betreuung! Ich bewerbe mich auf Stellenangebote im Bürobereich aus der Zeitung und aus dem Internet, aber bisher ohne Erfolg. Also ich habe auch große Sorge, in ein Unternehmen hineinzugeraten, wo sehr hoher Zeit- und Leistungsdruck herrscht, wo ich viele Überstunden machen oder wo ich Kundenaquise machen müßte, wie das in der heutigen Zeit so üblich ist, oder wo ich keine netten, hilfsbereiten Kollegen hätte.

Am Montag passierte dann etwas, was mich in völlige Verzweiflung stürzte. Hier die Vorgeschichte dazu: Es gibt eine an Demenz leidende Bewohnerin, Frau V., die fast jede Woche versucht, das Haus zu verlassen, obwohl sie das alleine nicht tun darf. Als sie früher schon mal versucht hat, wegzulaufen, habe ich versucht, sie zu überreden, sie wieder auf ihr Zimmer hinaufzubegleiten, weil die Pflegedienstleitung uns gesagt hat, dass wenn diese Bewohnerin desorientiert im Haus herumläuft, dann sollten wir sie fragen, ob wir ihr ihr Zimmer zeigen sollen, dann würde sie sich in der Regel von uns nach oben auf den Wohnbereich in ihr Zimmer begleiten lassen. Aber wenn Frau V. einen dieser Tage hat, an dem sie fest entschlossen ist, das Haus zu verlassen, dann schaffe ich es nicht, sie davon abzubringen! Frau V. hat einen starken Realitätsverlust, d. h. wenn ich versuche, sie daran zu hindern, hinauszugehen, sagt sie entrüstet zu mir: "Ich habe fünf kleine Kinder zu Hause, die warten auf mich, um die muss ich mich kümmern. Ich muss jetzt nach Hause gehen, ich kann meine Kinder doch nicht alleine lassen!" Also ihre Kinder sind natürlich schon längst erwachsen und ob sie sie mal besuchen, weiß ich nicht. Wenn sie also das Haus verläßt, rufe ich auf dem Wohnbereich an und dann läuft eine Pflegerin hinter ihr her und bringt sie wieder zurück. Diese Situation hat mich immer sehr belastet und die Mitarbeiter haben mir gesagt, dass ich nichts anderes tun könne, als die Bezugspflegekraft hinter ihr herzuschicken, also mache ich das immer so.

Am Montag hat aber die Pflegedienstleitung mitbekommen, dass Frau V. weggelaufen ist und ich habe ihr gesagt, dass es mir nicht gelingt, sie davon abzubringen. Sie hat mich dann sehr getadelt mit den Worten:" Also, wenn Frau V. das Haus verlassen möchte und Sie sagen zu ihr "Bleiben Sie mal schön hier", dann fühlt Frau V. sich behandelt, als sei sie verrückt, weil sie aufgrund ihrer dementiellen Erkrankung nicht verstehen kann, warum sie nicht das Haus verlassen darf. So mit Frau V. zu sprechen, das ist entwürdigend! Gehen Sie einfach mit Frau V. ein Stück mit, nach 10 Minuten wird sie dann müde und möchte von selbst wieder zurück." Das hat mich total fertig gemacht!
Also ich werde Frau V. auf jeden Fall nicht nachlaufen! Mein Kollege vom Empfang versucht das immer, er läuft hinter ihr her und hat es bisher noch nie geschafft, dass sie nach einiger Zeit bereit war, mit ihm wieder mit ins Heim zurückzugehen! Also Frau V. ist körperlich recht fit und kann weit laufen. Das letzte Mal, als mein Kollege ihr gefolgt ist, hat Frau V. ihn angeschrien, er solle verschwinden und sie in Ruhe lassen. Daraufhin ist mein Kollege ins Heim zurückgekehrt. Mehrere Pflegekräfte haben dann die Gegend nach Frau V. abgesucht und konnten sie stundenlang nicht finden! Er sagte, es hätte deswegen eine große Aufregung gegeben, weil alle Angst hatten, dass Frau V. etwas zustoßen könnte. Am Abend wurde Frau V. dann zufällig von einer Mitarbeiterin gefunden, und zwar an einer Haltestelle, die drei Straßenbahnhaltestellen vom Heim entfernt lag! Also, ich weiß ganz genau, dass es überhaupt keinen Sinn hätte, wenn ich Frau V. hinterherlaufe, weil sie von ihrem sehr großen Wunsch, ihre Kinder wiederzusehen, angetrieben wird, immer weiter zu laufen und da läßt sie sich von mir und meinen Kollegen am Empfang auch nichts sagen! Diese Aufgabe müssen die Bezugspflegekräfte übernehmen, weil Frau V. sie gut kennt und Vertrauen zu ihnen hat. Was die Pflegedienstleitung da von mir verlangt, ist eine totale Überforderung für mich!

Trotz großer Erschöpfung konnte ich lange nicht einschlafen, weil die Nachbarn wieder so laut waren und mir die Worte der PDL schwer auf dem Herzen lagen. Da ich schon seit Tagen großen Schlafmangel hatte, war ich am Dienstagmorgen total gerädert und mißgestimmt. Als meine Mutter mich gefragt hat, warum ich denn so ein Gesicht ziehen würde, sagte ich ihr, dass mich die Situation am Arbeitsplatz wieder dermaßen ferig gemacht hätte, dass ich das alles einfach nicht mehr ertragen könne und dringend eine Auszeit bräuchte. Daraufhin gab es einen heftigen Streit. Meine Mutter meinte, ich hätte keinen Grund, um so mißmutig zu sein. Sie spulte dann wieder ihr übliche alte Leier ab, die so geht: "Also, schlechte Laune zu haben, weil man arbeiten muss, ist das Allerletzte. Jede Arbeit ist anstrengend und hart und schwierig, eine solche Arbeit, wie du sie dir wünscht, die gibt es gar nicht. Du willst es dir im Leben nur leicht und bequem machen. Die schwere Arbeit, die ich machen musste, die hättest du gar nicht ausgehalten! Wer nicht arbeiten will, ist nichts wert und sollte auch nichts zu essen bekommen!" Da ist der ganze Frust aus mir herausgebrochen. Ich habe sie angeschrien, dass das nicht richtig sei, wie sie mir mein Leben lang einredet, ich solle mich an alles anpassen, den Mund halten, jede Arbeit annehmen und aushalten, ganz egal, wie sehr mich die Arbeit gesundheitlich belastet, ich könne ihre dämliche "Hauptsache-Arbeit"-Sklaven-Mentalität nicht mehr ertragen usw.

Ich wohne zusammen mit meinen Eltern und meiner Tante, denen es körperlich und psychisch sehr schlecht geht. Es gibt Zeiten, wo meine Mutter keine Kraft zu irgendetwas hat, im Bett liegt und immer wieder sagt, dass sie bald sterben wird, und wenn es ihr wieder besser geht, hat meine Tante ihre Depri-Phase, wo sie stundenlang durch die Wohnung streift, und unentwegt jammert, wie schlecht es ihr ginge und dass sie ihr Leben nicht mehr lebenswert findet. Das geht schon über 10 Jahr so.

Ich bin gerade wieder in einer Phase, wo ich gleichzeitig unglaublich wütend, verzweifelt, depressiv bin, mich im emotionalen Ausnahmezustand befinde und das Gefühl habe, ich muss aus diesem Leben raus, ich muss was ändern, sonst werde ich wahnsinnig!
Ich habe nächste Woche einen Termin bei einer Psychiaterin, und ich werde sie bitten, mich in eine psychiatrische oder psychosomatische Klinik einzuweisen. Es fällt mir nicht leicht, das zu äußern, dass ich mit meiner beruflichen Situation so unzufrieden bin, wo doch in der Gesellschaft diese "Man kann froh sein, wenn man überhaupt noch Arbeit findet"-Mentalität und Forderung vorherrscht, sich für den Arbeitsplatz aufzuopfern und alles andere hintenanzustellen. Ich habe Angst davor, dass ich als Arbeitsunwillige abgestempelt werde, so wie meine Mutter das immer tut.

Also die Arbeit am Empfang ist einfach überhaupt nichts für mich, ich bin es auch leid, arbeiten gehen zu müssen, nur um der gesellschaftlichen Maxime, dass man im Leben etwas leisten muss, gerecht zu werden. Ich will eine Tätigkeit ausüben, wo ich mich als kompetent erlebe, die meinen Interessen und Fähigkeiten entspricht, die für mich geistig anregend und abwechslungsreich ist, bei der ich -was die Arbeitsbedingungen und Arbeitsinhalte angeht- Mitbestimmungsmöglichkeiten habe, in der ich meine Persönlichkeit weiterentwickeln kann. Ich finde, darauf hat jeder Mensch ein Recht.

Dass man dir geraten hat, eine Verhaltenstherapie zu machen, um deine Arbeit besser aushalten zu können, das finde ich auch empörend! Solche Ratschläge oder Ideologien, die darauf abzielen, Menschen dazu zu bringen, die in immer mehr Unternehmen vorherrschenden krankmachenden Arbeitsbedingungen und Leistungsanforderungen zu ertragen, oder einen Job zu machen, der sie von ihrer Persönlichkeit her total überfordert, und sie daher immer wieder an die Grenzen ihrer psychischen oder körperlichen Belastbarkeit und in den Burnout treibt, das finde ich unmenschlich, sozial ungerecht und versklavend!

Das freut mich sehr für dich, dass du den krankmachenden Arbeitsbedingungen in der Psychiatrie/Schwerbehindertenbereich nicht mehr ausgesetzt bist und nun an neuen Wegen für dich arbeitest, um nicht wieder Strukturen ausgesetzt zu sein, die dich in die Depression treiben.
Lebst du denn allein oder hast du Partner/Kinder/gute Freude?
Welche Hobbies hast du?

Also ich selbst bin 30, w, Single und leide sehr darunter, dass ich keinen Partner habe.

Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn du mir wieder schreibst.

Melancholia
JM26
Beiträge: 5
Registriert: 16. Mai 2007, 10:42
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Re: Suche nach Mail-Freundschaften

Beitrag von JM26 »

hallo alle

ich würde jetzt ja gerne auf die obigen beiträge antworten aber das ist mir im mom einfach zu viel stoff zum lesen...
da ich nicht so der forumschreiber bin(man siehts ja sachen geschrieben die nicht dahin gehören wo sie sind)und ich auch einfach persönlich mit leuten mailen oder chatten will ohne dass alle es lesen können, versuch ich hier jetzt auch mal mail- oder chatfreundschaften zu finden..leute die es wirklich interessiert was ich zu schreiben hab..die mich verstehen weil sie ähnliches durchmachen.

naja mal schauen was drauss wird
Lakota
sonnenwurm
Beiträge: 275
Registriert: 26. Jul 2006, 16:14

Re: Suche nach Mail-Freundschaften

Beitrag von sonnenwurm »

Hallo Melancholia!!

Entschuldige bitte, dass ich dir erst jetzt antworte - ich habe schlichtwg verpennt und nicht gesehen, dass du mir geantwortet hast....

Puh, da ist ganz schön was los und ich fürchte, es ist nicht nur die Überforderung am Arbeitsplatz, die dir so zusetzt....

Ich möchte hier nicht viel weiter auf die mail eingehen - sie ist doch sehr persönlich...ich habe mein Profil geöffnet - wenn du magst, dann melde dich doch kurz bei mir und wir schreiben dann da weiter, ok?

Liebe Grüsse, Sonnenwurm
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