Freund ist manisch-depressiv

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JM
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Registriert: 7. Aug 2006, 11:23

Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von JM »

Hi zusammen,
nicht einfach zu beginnen: ich selbst habe Depris und habe mit einer Psychotherapie letzte Woche begonnen. Mein Feund,den ich in einer guten Phase kennengelernt habe und natürlich von seiner Krankheitsform nichts wußte, ist seit rd. 3 Wochen in einer Klinik, nachdem er sich versucht hat das Leben zu nehmen (2. Suizidversuch innerhalb von 5 J.). Ich stehe seiner bipolaren Deprssion völlig hilflos gegenüber. Insbesondere weil er mir gestern erzählte, dass mehrere auf der Staion schon das 5-6x in Behandlung seien. DAS würde er nicht wollen. Ich habe schon reichlich zu der mansich-depressiven Krankheitsform gelesen udn es beunruhigt mich v.a. die wohl starke Rückfallquote bzw. die massiven Selbstmordraten (im Gegensatz zu anderen Depressionen). Mir ist klar, dass er sich zurzeit in einer ziemlich miesen Lage befindet, bei der ein Tag gut, der andere schlecht ist (ich kenne das ja aus eigener Erfahrung auch), aber ich frage mich folgendes: sollte ich das ewige Thema "Suizid" mir so zu Herzen nehmen? Ich habe ihn mal darauf angesprochen und er meinte, das sei halt Dauerthema bei manisch Depressiven. Sehr beruhigend Ich habe ihn schon gebeten, ob ich mit seienr Ärztin mal reden kann zwecks "Aufklärung". Seine Bemerkungen ziehen mich natürlich runter, im Grunde genommen die gesamte Situation. Der Gedanke, ich lebe mit jemandem zusammen, der sich irgendwann wieder das Leben nehmen will, ist echter Horror. Mal will er eine gemeinsame Zukunft mit mir, mal ist alles egal..

Hat jemand von euch auch solche Erfahrungen gemacht und mag mir sagen wie ich mich verhalten soll?

LG
Chiron
Beiträge: 2006
Registriert: 14. Feb 2005, 15:45

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von Chiron »

Hallo Jule,

wie sehr liebst Du Deinen Freund?
Ist er es wert, dass Du Dich kaputt machst?
Wie lange seid Ihr schon zusammen?

Bipolar zu sein, ist die Hölle auf Erden.
Vor allem, wenn man extreme Wechsel hat.
In jeder hypomanischen Phase hat man Angst davor, wieder die Depression zu erleben.
Und die kommt, wie das Amen in der Kirche, wenigstens bei mir. Durch gravierende Lebensumstände, die mich sehr belasten, fällt es mir immer schwerer die Balance zu halten.
Meine frisch begonnene Phasenprophylaxe wirkt, wenn ich sehr viel Glück habe, in einem halben Jahr, wenn ich Pech habe, muss dann ein neues Medi probiert werden.
Gegen die Depris nehme ich zusätzlich ein AD.
Aber die Gefühle der Trauer sind so tief, dass sie nur ein Betroffener nachempfinden kann.
Als bei mir dieses Jahr die Diagnose gestellt wurde, war ich zunächst geschockt.

Inzwischen setze ich mich damit auseinander.
Und kämpfe ums nackte Überleben und die Phasen des Glücks, die natürlich auch immer wieder kommen...

Die Schriftstellerin Danielle Steel, schrieb ein Buch über ihren Sohn, der manisch-depressiv war und sich mit 19 Jahren das Leben nahm.

Es heißt:" Sein strahlendes Licht - Die Geschichte von Nick Traina. "

Ich habe es verschlungen, weil es sehr treffend und einfühlsam, diese Hölle beschreibt, auch welche große Belastung es für die Angehörigen ist.
Da Du selbst unter Depris leidest, bin ich der Meinung, solltest Du Dich von Deinem Freund trennen, vor allem, weil er anscheinend seinen Impulsen nicht mehr Leben zu wollen, nicht widerstehen kann.
Jedesmal diese Angst, schafft er es oder nicht, wird Dich auf Dauer immer mehr zermürben. Irgendwann wirst Du entnervt aufgeben. Und wem ist dann geholfen?
Ist der Schmerz geringer, je länger man versuchte die Beziehung aufrecht zu halten?

Den Impulsen nicht nachzugeben kostet seeeehr vieeeeel Kraft, die man in den guten Phasen tanken muss.
Ihnen zu widerstehen, fühlt sich an wie Masochismus. Der Schmerz ist so schrecklich, dass man denkt, ohnmächtig zu werden, aber man wird es leider nicht und weiß, wenn man glaubt daran zu zerbrechen, verzieht er sich wieder, bis zum nächsten Angriff.

Glaubst Du wirklich, diese Hölle mit Deinem Freund teilen zu können, ohne selbst daran zu zerbrechen?

Ich weiß nicht, wie er sich in diesen Phasen der Hölle benimmt, ob er Dich mit einbezieht?
Ich kämpfe lieber alleine, weil ich diese Qual nicht mal meinen Feinden wünsche.

Das war meine Meinung zu dieser Pest, die ich mit sehr vielen Menschen teile, was es aber nicht einfacher macht.

Ich wünsche Dir alles Liebe und Gute und die Kraft, die für Dich richtige Entscheidung zu treffen,

Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von tommi »

Liebe Jule,

mir tut deine Situation schrecklich leid. Mir tut es auch leid, dass du nicht mehr Antworten bekommst. Ich denke, das liegt daran, dass hier kaum jemand im Angehörigenforum ist, der diese Erfahrungen gemacht hat. Ich Gott sei Dank auch nicht.

Vielleicht solltest du diesen Beitrag mal ins Betroffenenforum setzten, denn viele Betroffene lesen im Angehörigen teil nicht mit.

Ich versuche mir vorzustellen, wie es gehen soll, das Thema Suizid aus deinem Herzen zu bekommen. Es ist nicht möglich oder?
Auch ich würde mir die Frage stellen, ob ich es schaffen kann, mit solch einem Partner leben zu können. Schaue in dich hinein. Vielleicht ist das auch ein Thema, das du in deiner Therastunde mal besprechen solltest.

Liebe Chiron, ich wünsche dir viel Kraft und dass du den Kampf gegen die Pest gewinnst.

Liebe Grüße
Tom
Chiron
Beiträge: 2006
Registriert: 14. Feb 2005, 15:45

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von Chiron »

Danke Tom!

Liebe Grüße,

Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
BeAk

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von BeAk »

Hallo zusammen,

ich denke das Thema Suizid gehört immer zu einer Depression. Nur wird aus Rücksicht auf den Angehörigen meist nicht mit ihm darüber gesprochen.
So hat es mein Mann gehalten, als es ihm so ging, er sagte es mir erst viel später. Aber ich habe genau gefühlt, was in ihm vorging und wusste daher wie es um ihn stand.

Die Angst den Partner durch Suizid zu verlieren, hatte ich auch ganz massiv. Hinzu kam noch seine Weigerung ärztliche Hilfe anzunehen. Es war die Frage was trifft eher ein, seine Bereitschaft zum Arzt zu gehn oder sein Suizid.

Von meiner eigenen Suizidaliät weis mein Mann nichts. Er weigert sich bis heute, zu erkennen, das ich eine schwere Episode 2005 hatte. Ein Gespräch über meine Suizidimpulse hätte also keinen Sinn.
Allerdings weiß mein Psychiater und Therapeut um den Ernst meiner Lage 2005, mit ihm kann ich darüber sprechen.

Übrigens war sicher mit ein Grund für meine Episode auch diese Ungewissheit im Bezug auf die Suizidalität meines Mannes. Die ganze Situation hat mich an den Rand meiner Kräfte gebracht.
heike56
Beiträge: 1126
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von heike56 »

Hallo Jule,

Erfahrung mit manisch- depressiven Menschen, die Suizid in Betracht ziehen, habe ich nicht.
Eine Behandlungsmethode bei manisch- depressiv Erkrankten ist die Gabe von Lithiumsalzen. Die gerade bei dieser Erkrankung oft gute bis sehr gute Erfolge bringen.

Ich weiß nicht, ob dein Freund das schon ausprobiert hat. Das einzige Problem bei Lithium können die Nebenwirkungen sein. Aber in gewissen Rahmen würde ich lieber die Nebenwirkungen in Kauf nehmen, als mit solchen Schwankungen zu kämpfen.

Ich wünsche dir, dass ihr einen Weg findet. Denn ein Leben mit einem Partner, wo man keine Verläßlichkeit hat, stelle ich mir sehr schwierig vor, besonders wenn man selber auch krank ist.

Alles Gute!

Heike 47
Nico Niedermeier
Moderator
Beiträge: 2865
Registriert: 21. Mär 2003, 11:10

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von Nico Niedermeier »

Also..jetzt muss ich auch mal...einem großen Teil von betroffenen Menschen mit Bipolaren Störungen gelingt es sehr ,die Phasen z.B. mit Phasenprophylaktika in den Griff zu bekommen. Diese Diagnose ist nicht zwingend ein Weg in die Hölle" oder ähnliches..
Dr. Niedermeier
Chiron
Beiträge: 2006
Registriert: 14. Feb 2005, 15:45

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von Chiron »

Sehr geehrter Herr Dr. Niedermeier,

das gibt mir ein bisschen Hoffnung, denn bisher erlebte ich die tiefen depressiven Phasen, als Hölle und wünsche sie niemandem.
Jeder körperliche Schmerz ist leichter zu ertragen als dieser seelische und wie er sich anfühlt kann nur einer verstehen, der eine Zeitlang in meinen Mokassins gelaufen ist.

Liebe Grüße,

Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
Edeltraud
Beiträge: 1495
Registriert: 22. Mai 2003, 16:49

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Chiron,

weiter oben in einem Postign schreibst du, dass deine frisch begonnene Phasenprophylaxe mit sehr viel Glück erst in einem halben Jahr wirkt. Dgl. habe ich bisher noch nie gehört, deswegen würde mich die Quelle dieser Aussage interessieren und um welches Medikament es sich handelt.

Grüße,
von Edeltraud
Chiron
Beiträge: 2006
Registriert: 14. Feb 2005, 15:45

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von Chiron »

Hallo Edeltraud,

es handelt sich um Lamotrigin.
Die Quelle ist mein Psychiater.
Er sagte es mir während unseres letzten Gespräches genau 3-mal. Das heißt immer wieder zwischendurch, damit ich ja nicht vorher aufgebe, weil ich denke:"Mensch, das hilft ja gar nicht."

Liebe Grüße,

Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
Chris369
Beiträge: 9
Registriert: 8. Jun 2006, 09:27

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von Chris369 »

Hallo Chiron,

bei meinem Freund wurde vor einigen Monaten Bipolar II diagnostiziert, davor sind wir davon ausgegangen, daß es reine Depressionen sind. Dieses Ausharren auf Besserung empfindet mein Freund auch als sehr schlimm.

Er bekommt seither auch Lamotrigin als Phasenprophylaxe und schleicht dies sehr langsam ein. Der Zeitraum von einem halben Jahr wurde uns auch genannt. Ich habe es seinerzeit so verstanden, daß die Prophylaxe helfen soll, das man nicht mehr in eine solch tiefe Depression fällt. Die akute Behandlung aber immer über ein AD erfolgt.

Sprich doch Deinen Arzt nochmal darauf an und laß es Dir von ihm näher beschreiben.

LG
Chris
Chiron
Beiträge: 2006
Registriert: 14. Feb 2005, 15:45

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von Chiron »

Hallo Chris,

genau diese Infos habe ich mir bereits zusammengesucht.

Lamotrigin soll vor allem gegen die tiefen Depressionen helfen, was mein eigentliches Problem ist.

Gegen die Depri an sich nehme ich noch 75 mg Doxepin abends, welches ich aber gerade wieder ausschleiche, wegen dem massiven Haarausfall, den es bei mir immer verursacht.

Obwohl Lamotrigin noch nicht helfen kann, fühle ich mich der Krankheit nicht mehr so ausgeliefert, auch weil ich keine Nebenwirkungen spüre.

Liebe Grüße,

Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
Chris369
Beiträge: 9
Registriert: 8. Jun 2006, 09:27

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von Chris369 »

Hallo Chiron,

es freut mich, daß Du keine Nebenwirkungen spürst. Mein Freund hatte am Anfang etwas Hautprobleme, das hat sich mittlerweile aber gegeben.

Doxepin und deren Wirkweise kenne ich nicht, mein Freund hat die letzten 2 Jahre auch mehrere AD´s "ausprobiert" bis er wieder zu seinen Alten zurückgekehr ist. Ausschleichen und warten bis das neue AD wirkt ist hart.

Denke an Dich und drücke ganz fest die Daumen, daß es schnell wieder besser wird.

Liebe Grüsse
Chris
Chiron
Beiträge: 2006
Registriert: 14. Feb 2005, 15:45

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von Chiron »

Hallo Chris,

herzlichen Dank für Deine guten Wünsche.

Auch ich wünsche Dir und Deinem Freund,
alles Liebe und Gute für die weitere Behandlung.

Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
annette71
Beiträge: 14
Registriert: 25. Aug 2006, 10:54

Re: Freund ist manisch-depressiv

Beitrag von annette71 »

Liebe Julee,
es kostet ungeheuer viel Kraft einen Menschen zu unterstützen, der manisch depressiv ist und ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wie Du das schaffst, wenn Du selber mit Depressionen zu kämpfen hast.
Mein Mann hat auch immer mal wieder manische und depressive Phasen mit unterschiedlichen Abständen. Bis vor 1 1/2 Jahren ging es ihm 4 Jahre lang relativ gut. Leider lösten die äußeren Umstände wieder einen Schub aus. Aber ich kann nur bestätigen, daß man mit Medikamenten solchen Phasen vorbeugen kann.
Aber sie kommen schon immer mal wieder und für uns als Angehörige ist es nicht leicht sie durchzustehen und war manchesmal davor aufzugeben.
Solltet Ihr zusammen bleiben wünsche ich Dir wirklich ganz viel Kraft.
LG Annette
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