Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

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Knuddelchen
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Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von Knuddelchen »

Hi ihr lieben,
ein wenig habe ich nun schon hier gelesen brauche jetzt aber doch einen Rat. Bin total überfordert mit dem Verhalten meines Sohnes.
Ich versuche, mich kurz zu fassen:
Mein Sohn ist inzwischen 25 - "es" fing eigentlich alles nach der Ausbildung an.
Seine Lehre begann, als er 18 war, ein Jahr später musste er sich nach einem neuen Platz umsehen, weil sein Chef den "Laden dicht machen mußte". Mein Sohn fühlte sich sehr wohl dort und ging schweren Herzens. Er bekam vom "Ex-Chef" einen Betrieb vermittelt, in dem er die Ausbildung beenden konnte. Der "neue" war ein Thyrann. Schikanierte sämtliche Azubis. Auch mein Sohn litt! Ich schaltete die Gewerkschaft ein, was den jungen Menschen wenigstens zu einem einsichtigen Chef verhalf und dieser sich dann auch korrekt verhielt. Mein Sohn ist seit dem arbeitslos(4 Jahre schon) Er bekam vom Arbeitsamt für 6 Monate eine Stelle bei einer Zeitarbeit mit 600 Euro im Monat. Seit dem Ende der Lehre wird es mit seiner Lethargie immer schlimmer. Er verkriecht sich in sein Zimmer, an seinen PC, geht nicht unter Leute, schläft bis nachmittag und schaut aus, als ob er frisch aus der Klinik kommt - abgekämpft, fahl und trüb. Er will nicht mit mir reden, mault seine Großeltern an, will keine Arbeit suchen. Er steht auf dem Standpunkt wofür aufstehen, wenn man eh nur 6 Euro die Stunde verdienen kann. An Essen, wenn überhaupt ist kaum zu denken - wenn dann 1 Mahlzeit am Tag.
Das Schlimme ist ich habe keinen Einfluß drauf. Ich hege seit einigen Monaten das Gefühl, daß er schwerst depressiv ist. Trau mir aber keinen Schritt zu tun, ihm das zu sagen, weil ich denk, daß er noch mehr *zu macht*. Er ist um 180 Grad gewandelt. So kenn ich ihn nicht. Seine Motivation ist gleich 0. Leider wohne ich 700 km weg von ihm, so daß ich nur selten mit ihm reden kann. Und mich macht es fast mit krank, zusehen zu müssen, wie er einfach zerfällt.
Besch... Situation, ausweglos, ratlos. Du siehst, was los ist und weißt nicht, wie Du helfen kannst?
Manchmal wenn er mit mir reden mag, erzählt er mir, daß seine Freunde dies und das gemacht haben, die oder jene Reise, das oder jenes Studium angefangen haben, und er sagt mir auch oftmals, daß er sich im Nachhinein ärgert, nicht mit gemacht zu haben (z.b. bei einer Reise)Ich sag ihm dann immer,.... dann tus doch einfach und das nächste mal passiert dann doch wieder nix

Ich habe ihm angeboten, daß er bei mir wohnen kann, wenn er hier einen Job bekommt, habe mich nach Jobs für ihn umgesehen, habe auch in einem sehr großen, sozial engagiertem Unternehmen Angebot bekommen, in dem man ihm fürs volle Geld eine Zusatzausbildung anbot (mit Garantie für Übernahme).... aber er brachte mir durch die Blume bei, er will nicht weg - eben nicht raus aus *seinem Loch*...
Wenn ich einen Tip von Euch bekommen könnte, wie ich ihn dazu bewegen könnte, zu sehen, was los ist, wenigstens ärztliche Hilfe anzunehmen.... Ich wäre Euch unendlich dankbar. Ich möchte ihm einfach helfen, zu erkennen, wie schön das Leben sein kann.
Könnte eine gemeinsame Reise, zu der ich ihn einlade, helfen? Was, wenn er bei der Einladung ablehnt? Wie sollte ich mich möglichst feinfühlig verhalten, um ihm zu helfen und nicht einfach zuzusehen?
Wie werden depressive motiviert? Geht das überhaupt??? Fragen über Fragen...
Bitte helft uns mit Euren Erfahrungen.
Ich danke Euch von ganzem Herzen.

liebe Grüße Euer Knuddelchen
tomroerich
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von tomroerich »

Liebe Mama Sorgenvoll,

ja das sind schwere und verständliche Sorgen! Gerade bei Jugendlichen ist es oft ganz besonders schwierig, sie zur Einsicht ihrer Krankheit zu bewegen. Wobei man jetzt nicht gleich so tun sollte, als hätte Dein Sohn tatsächlich Depressionen aber die Vermutung liegt doch recht nahe und es muss etwas getan werden.
Wenn er welche hat, dann wird Dein Vorschlag, eine Reise zu unternehmen, kaum das Richtige sein, denn ein depr. Mensch kann so etwas weder schätzen noch überhaupt nur als etwas Schönes wahrnehmen und die Gefahr ist groß, dass er hinterher noch unglücklicher ist als vorher. Und Deine Frage, wie man depr. Menschen motivieren könne, muss auch leider so beantwortet werden, dass es gar nicht möglich ist, so lange sie in diesem Loch stecken. Es ist nicht so, dass sie nicht wollen, sie KÖNNEN einfach nicht.

Aber im Grunde sind dies ja ungelegte Eier, so lange nicht klar ist, ob er eine Depr. hat oder nicht. Und deshalb muss sich jede Anstrengung darauf richten, ihn zu einem Arztbesuch zu bewegen. An und für sich wäre ja ein Psychiater die richtige Adresse, nur fürchte ich, dass er sich dann sofort so stigmatisiert fühlt, dass er nicht mitspielt. Hausärzte sind leider oft nicht ausreichend informiert, um eine Depr. zu erkennen aber ein Ansatz wäre es vielleicht doch, um mal einen Schritt zu tun. Du könntest im Vorfeld den Arzt über Deinen Verdacht informieren- tja und dann ist deine Kunst als Mutter gefragt, ihn dort hin zu lotsen.

Wichtig ist gute Information. Was ist eine Depression überhaupt etc., damit er Möglichkeiten hat, sich selbst einzuordnen außerhalb dummer und unrichtiger Vorurteile, wie verrückt zu sein etc. Da liegen ja auch die Wurzeln der Schwierigkeiten, einen Arzt aufzusuchen. Also eine informative Schrift, in die Hand gedrückt nach einem eindringlichen Appell, dass es so nicht weitergehen kann. Wenn Du möchtest, kann ich Dir etwas, das mir selbst mal vor vielen Jahren die Augen geöffnet hat für meine Krankheit, per mail zusenden, wenn Du mich anschreibst.


Viele Grüße von

Thomas
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Knuddelchen
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von Knuddelchen »

Lieber Thomas,
ich danke Dir zunächst ganz herzlich für Deine kompetente Antwort. Sicher bin ich
froh um jeden Anhaltspunkt und jeden Rat,
so daß ich zielsicherer agieren kann.
Deshalb freue ich mich, wenn Du mir mailst.
Ich schau mal, ob Du meine Mailadresse einlesen kannst, wenn nicht pack ich sie Dir einfach in den nächsten thread.
Vielen herzlichen Dank schon im Vorfeld
liebe Grüße Knuddelchen
klatschmohn
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von klatschmohn »

ob das jetzt wirklich weiter hilft weiß ich nicht, weil ich zwar gelesen habe was du schreibst, aber die situation eben nicht genau kenne, aber: ich wäre froh, wenn meine eltern mal was sagen würden...
-
Knuddelchen
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von Knuddelchen »

Liebe(r) Neka,

Danke, Neka, ich glaube Dein Wunsch ist sicher eine Option, die ich auch nutzen würde. Schlimm ist nur, daß man nie weiß, wie das "Kind" reagiert. Kind sage ich jetzt, weil ich als Mutter spreche.
vielleicht haben Deine Eltern die selben Bedenken wie ich.
Es ist ein ziemlich heikles Thema, man denkt als Elternteil, man würde beim Kind Mauern aufbauen, statt einzureissen.
Hast Du versucht mit Deinen Eltern zu reden? Ich kenne Deine Situation auch nicht, aber
ich würde meinem Kind alle erdenkliche Hilfe anbieten, die es braucht.
Eine Zwickmühle - man (ich zumindest)möchte was sagen, weiß aber nicht, wie....

Es tut demjenigen weh, der mit der Depression zu kämpfen hat. Es tut auch den Menschen in der Umgebung weh. Ich glaube, man muß lernen, damit umzugehen.

Ich selbst hatte auch schon viele depressive Phasen, aber ich habe mich selbst immer wieder aufgebaut. Eine Phase davon war eine lange Zeit des Allein seins. Ich habe mich in Bücher vergraben. Psychologiebücher, Ratgeber, Esoterik. Für mich selbst habe ich eine Lösung gefunden. Heut ist es so, daß was mich selbst angeht, nix mehr umhauen kann. Aber was meine Kinder anbetrifft, bin ich zutiefst empfindsam.
Und ich bin traurig, wenn ich meinen Sohn sehe, der im Moment nicht zu wissen scheint, wie er sein eigenes Leben wieder in den Griff bekommt Ich weiß daß viele Menschen das nicht können oder nicht wissen, wie.....

Mein Schatz erzählt mir immer eine Geschichte, beim geringsten Anfall von Traurigkeit und Ratlosigkeit: von dem Frosch, der in ein Glas
Milch gefallen ist und der so lange strampelt, bis aus der Milch Sahne wird....

liebe Grüße und Danke für Deinen Rat
Knuddelchen
tomroerich
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Knuddelchen,

stimmt die mail-Adresse in deinem Profil?

Gruß von

Thomas
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Leeloo
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von Leeloo »

Mama Sorgenvoll schrieb:
>
> Wenn ich einen Tip von Euch bekommen könnte, wie ich ihn dazu bewegen könnte, zu sehen, was los ist, wenigstens ärztliche Hilfe anzunehmen.... Ich wäre Euch unendlich dankbar.
>

Ich glaube kaum, dass das funktioniert. Er zeigt Dir doch deutlich, dass er zur Zeit Deine Hilfe nicht will.
Kennst Du den Spruch: "bitte nicht helfen, es ist auch so schon schwer genug!". Klingt vielleicht zynisch, aber da ist doch was dran. Wie könntest Du Dir mehr Abstand erlauben ohne schlechtes Gewissen?

gruß
leeloo
tomroerich
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Leeloo,

keine Hilfe annehmen zu wollen ist bei Depris ja geradezu ein Symptom der Krankheit und ich würde es deshalb anders werten als das "Nein danke" eines gesunden Menschen. Die Bockbeinigkeit, mit der so mancher Depri sich gegen Hilfe wehrt und dadurch seine Umwelt zur Verzweiflung treibt würde ich nicht unter den Begriff der Selbstbestimmung rechnen sondern unter krankheitsbedingte Destruktivität. Trotzdem hat Zwang keinen Sinn sondern nur geduldiges Appellieren ohne respektlos zu werden.

Gruß von

Thomas
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Knuddelchen
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von Knuddelchen »

Hallo Thomas,
ja die stimmt.
Liebe Grüße Knuddelchen
Knuddelchen
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von Knuddelchen »

Hallo Leeloo,

die Frage ist berechtigt.
Ich weiß es leider nicht - wie ich mehr Abstand gewähren kann, ohne für mich das schlechte Gewissen - oder die Einsicht - nicht genug getan zu haben- heraufzubeschwören.
Das ist eine gute Frage.... über die ich schon oft sinniert habe.
Ich glaube, daß es extrem wichtig ist, einem depressiven Menschen das Gefühl zu geben, selbst zu entscheiden und gleichzeitig so vorsichtig Einfluß zu nehmen, daß er es nicht als Manipulation empfindet.
Ich denke, daß in der Umwelt ein Ansatz ist, Depressionen in den Griff zu bekommen.

Frei nach dem Motto " Auf einen Hundebiss gehören Hundehaare"....

Denn ich bin felsenfest davon überzeugt, daß eine "verschobene" Umwelt Ursache für depressive Verstimmung bzw. - nach Eskalation selbiger - Ursache einer handfesten Depression ist. Sei es Unzufriedenheit gegenüber dem Geschehen/Handeln der Umwelt, oder das Unverstandensein, Hilflosigkeit. Das bringt zwangsläufig eine Erschütterung im Selbstwert ein. Man ächtet sein Selbst so sehr, daß man irgendwann glaubt "nix geht mehr, ich kann nix, ich bin nix wert, ich weiß nicht wozu ich auf dieser Welt bin.."

Und der depressive Mensch ist nicht in der Lage, zu erkennen, woher das kommt. Was wiederrum dazu führt, daß er eine gewisse Unfähigkeit verspürt - ein Teufelskreis!

Deshalb finde ich es auch wichtig, daß die Menschen in nächster Nähe sich irgendwie *kümmern* und das nicht mit klugen Ratschlägen sondern vorsichtiger / umsichtiger Führung - wieder auf den Weg in die Sonne.....

Ich spüre selbst, wie die Menschen in meiner Umgebung, auf diese(meine) Vermutung der Depression reagieren - viele sagen, er sei einfach nur stinkend faul - wobei sich viele eben nicht fragen - woher kommt diese vermeintliche Faulheit, Lustlosigkeit. Denn es ist ja auch Lustlosigkeit allen *schönen* Dingen gegenüber, die *normal* jeder junge Mensch in dem Alter nachgeht.

Ich möchte auch nicht im geringsten auf seinen Gefühlen herumtrampeln -der strategisch richtige Ansatz fehlt mir dazu. Leider
liebe Grüße Knuddelchen
Emily
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von Emily »

Hallo M. Sorgenvoll,

du machst dir sehr viele Gedanken um deinen Sohn. Weißt du, ob er das Forum kennt oder Interesse daran hätte, hier zu lesen? So machner schafft endlich den Gang zum Arzt, nachdem er hier gelesen hat, dass er weiß Gott nicht alleine ist mit solchen Problemen, und dass eine solche Situation nichts Außergewöhnliches ist.

Gruß,
Emily
Knuddelchen
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von Knuddelchen »

Hallo Thomas, zunächst einmal recht herzlichen Dank für Deine Ausführung!

Ich habe es gerade gelesen und bin jetzt um einiges informierter! Beruhigt es mich zumindest in dem Punkt, daß es doch überwindbar bzw. *heilbar* ist!
Soll ich ihm jetzt auf den Kopf zusagen, was ich vermute (natürlich würde ich das in jedem Fall sehr sehr vorsichtig tun und seiner derzeitigen *Sprache angepasst*)
Da er in der Regel nicht liest was man ihm hinlegt, wirds für ihn auch schwierig sein, die Informationen zum Erkennen selbst zu finden.
Obgleich ich nach Deiner Lektüre nun schon fast der Meinung bin, daß ich ihm es schon noch auf den Kopf zusagen kann - in jedem Fall mal zu versuchen einige Fragen zu klären.
Auf alle Fälle will ich auch mit seiner Hausärztin reden, die ich auch gut kenne.
liebe Grüße Euer Knuddelchen
Knuddelchen
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von Knuddelchen »

Hallo Emily,

leider hat er kein Internet - ich habe ihm zwar schon mehrfach Empfehlungen gegeben, wie er z.b. für ein paar Euro im Monat online sein kann - aber er zeigt keinerlei Aktivitäten, das für sich zu ändern.
Er hat manchmal Anflüge von Aktivitäten - die dann aber im nächsten Augenblick wieder erlöschen. Z.b. hat er sich vor einem Jahr ein Möbelstück gekauft, das heute aber eben immer noch unaufgebaut da steht
Es ist verdammt schwer ihn zu irgendwas zu bewegen, auch nicht zu solchen Dingen, die im *vermeintlich* Spass machen - wie gesagt - Essen, Schlafen, PC.
liebe Grüße Knuddelchen
Emily
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von Emily »

Vielleicht kann man dir beim Sozialpsychiatrischen Dienst im Gesundheitsamt weiterhelfen. Sie geben meines Wissens auch Tipps an Angehörige.

Im Grund genommen wirst du nicht viel tun können, denn der Wille zur Veränderung und zur Inanspruchnahme von Hilfe muss in der Regel von dem Betreffenden selbst kommen. Allerdings würde ich es zumindest auch versuchen, mir kompetente Ratschläge zu holen (s.o.).

Gruß,
Emily
tomroerich
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Knuddelchen,

es ist eher schwierig vorauszusagen, wie er reagieren würde. Bei mir war es so, dass mich die Diagnose "Depression" unglaublich erleichtert hat. Endlich hatte das Grauen einen Namen, endlich konnte ich gezielt behandelt werden! Ich meine, das hängt stark vom Leidensdruck ab und welches Symptom gerade im Vordergrund steht. Falls dein Sohn eher verstockt, neagtiv eingestellt und hoffnungslos ist, interessiert es ihn u.U.überhaupt nicht, weil ihn einfach nichts interessiert. Geht es ihm sehr schlecht, wird das noch am ehesten ein Motiv sein, nach einem Ausweg zu suchen.
Aber wenn ich Du wäre, ich könnte da eben auch nicht zuschauen und würde das Gespräch suchen- so oder so. Wenn Du ihn nicht gleich in eine Schublade steckst sondern von einem Verdacht redest und Dich nicht auf eine emotionale Redeschlacht einlässt, wären das m.E. die besten Voraussetzungen. Was vielleicht ein gutes Argument wäre: "Du bist wahrscheinlich für deine jetzige Situation nicht verantwortlich, sondern es ist eine Krankheit, die dir diese Hofnungslosigkeit und Lethargie aufzwingt" Deine Behauptung kannst Du ja untermauern mit dem Schriftlichen, das Du hast. Ist es einmal gelungen, den Gedanken ihn ihm zu erwecken, dass er krank sein könnte und dass man ihm helfen kann, wäre vielleicht der Test auf der Startseite etwas?

Nun, versucht werden muss es jedenfalls und ich bin gespannt, was Du berichtest!

Grüße von

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Knuddelchen
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von Knuddelchen »

Hallo Thomas,

ich danke Dir für den Tip - ich werde es beim nächsten Besuch tun - einfach zur Sprache bringen - jedoch sehr sensibel!
Ich möchte auch mit dem Hausarzt telefonieren - jetzt in der kommenden Woche.
Da mein Sohn ja auch öfter undefinierbare Magen- und Rückenbeschwerden hat, bei denen bislang keine (somatische) Ursache gefunden werden konnte. Habe mir grad die Informationen auf der Startseite mal genauer durchgelesen - den Test und Thema "erkennen", es stellt sich aus meiner Sicht vieles so heraus.

Und ich muß auch zugeben, daß viele Dinge auch auf mich und die Oma projiziert werden können. Ich gehe von einem Stück erblicher Belastung aus (mit meiner jüngeren Tochter bin ich derzeit auch in psychologischer Behandlung & Therapie wg. ADHS)
Nur daß ich wahrscheinlich gelernt habe, damit umzugehen und durch Lesen mir einfach ein "think positive" angeeignet habe.

Heute bin ich für meine Begriffe der Meinung, daß jedem Tiefschlag im Leben etwas Gutes abgewonnen werden kann. Nämlich der Sachverhalt - heut bin ich glücklich, weil ohne die Tiefphasen wäre ich heut nicht da, wo ich heut bin.... (wenn Du verstehst, was ich meine)... einfach aus Tiefschlägen lernen und positives abgewinnen. Mein Glas ist halb voll, nicht halb leer.

Ich wage mir sogar, zu behaupten, daß mein körperliches Leiden (bin chronisch herzkrank) mit steter Missstimmung zu tun hat. Seit 7 Jahren weiß ich davon und lebe daher bewußter, habe gelernt mit Tiefstimmungen umzugehen. Wenn mir noch vor 10 oder 15 Jahren jemand gesagt hätte, ich sei depressiv, hätte ich ihm wahrscheinlich auch die kalte Schulter gezeigt.

Ich werde in jedem Fall berichten, innerhalb der nächsten 4 Wochen fahre ich hin.
Ich danke Euch allen ganz herzlich werde aber wahrscheinlich bis dahin noch weiter im Forum lesen und schreiben.

liebe Grüße Euer Knuddelchen
tomroerich
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Knuddelchen,

ja, auch meine Depressionen haben irgendwie einen anderen Menschen aus mir geformt. Die Beschwerlichkeit, die in so einer Krankheit liegt oder auch in deinen Herzproblemen macht doch auch auf eine sonderbare Art bewusst und ernst (nicht humorlos!). Hat man mal einen Weg gefunden, damit klar zu kommen, kommt man auch mit anderen Nackenschlägen des Lebens besser klar und anstatt nur immer viel und immer mehr zu erwarten, freut man sich über Weniges.
Aber dazu muss man eben auch durch tiefe Täler und da lauert Gefahr. Leben zu wollen trotz Einschränkungen und nicht aus dem Vollen schöpfen zu können bedeutet inneren Wandel gegen den man sich zunächst sträubt. Man klagt und hadert, möchte nicht mehr, will vielleicht alles hinschmeißen, findet das Leben ungerecht und sich selbst schlecht behandelt.
Na, Du wirst das schon hinkrigen, Deinem Sohn aus der Krise zu helfen, bist ja selbst geübt darin, scheint mir.

Bis bald?

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Knuddelchen
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Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von Knuddelchen »

Soooo, ich bin wieder da,
war ja nun die Ferien bei meinem Sohn!
Wie ich schon bei dem letzten Telefongespräch festgestellt habe, öffnete er sich da schon wieder mehr. Auch hängt er seit ein paar Wochen nicht mehr bis nachmittag im dunklen Zimmer! So auf den ersten Gedanken hatte ich das Gefühl - wird eine handfeste Winterdepression gewesen sein??? Aber vermutlich sind da noch andere Ursachen da....

Ich habe nun mit ihm geredet. Er ist bei der Feuerwehr - schon seit mehreren Jahren (das weiß ich auch..). Und er hatte in den letzten paar Monaten einige Tote gesehen und sehr sehr schreckliche Situationen erlebt. Das schlimmste Ereignis Anfang d. Jahres setzte dem ganzen wohl die "Krone auf"
Er wurde mit seiner Truppe zum Einsatz auf der Autobahn gerufen, musste bei einem Unfall ein junges Pärchen und ein Kind (alle 3 tot) aus dem Auto schneiden. Ein zweites Auto (was beim Unfall "verschont" blieb) stand auch dabei - und damit sind die Eltern des Kindes gefahren. Das junge (tödlich verunglückte) Paar gehörte auch zu der Familie.
Ihr könnt Euch vorstellen, was für eine Situation das ist, vorn 3 tote völlig zerstümmelte Menschen, hinten der Rest der Familie, der verständlicherweise völlig am Durchdrehen ist
Es war ein sehr brutaler Unfall - wie er mir erzählt hat - er meinte es war der schlimmste Horror den man sich vorstellen kann. Die Mannschaft hat insgesamt drunter gelitten. Sie haben aber nun endlich - weil viele Feuerwehrmänner das nicht verkraftet haben, den psychologischen Dienst beauftragt, der die Truppe nun regelmäßig betreut. Auch machen sie jetzt autogenes Training.
Er hatte vorher auch nie richtig mit jemandem geredet - weil es ihn wohl auch so sehr beschäftigt hat ...????

Als ich die ganze Situation geschildert bekam, wurde mir einiges klar.
Die Situation insgesamt ist für ihn nicht leicht, dann kam das noch ... man kann sich an allen 10 Fingern abzählen, was in seinem Kopf passiert.

Wir wollen nun mal schaun, ob er vielleicht hier in der Nähe nach einem Job schaut. Und wollen ihn auch richtig unterstützen dabei.
Endlich öffnet er sich wieder etwas - wenn auch der große Kraftakt noch nicht geschafft ist.

Ich habe ihm auch gesagt, ob er schon mal daran gedacht hat, daß er eine Depression haben könnte. Da hater nix dazu gesagt. In meinem Kopf kam gleich der Gedanke "in dem wir schweigen stimmen wir zu..."
Ich hatte durch die Geschichte mit dem schweren Unfall einen guten Ansatz - weil ich glaube dass die meisten Menschen Depressionen mit einem Ereignis koppeln.
Ich glaube auch, daß ich ihn etwas bewegen konnte, über sich nachzudenken.
Und ich habe ihm den Tip gegeben, daß er, wenn er sich wieder so elend fühlt, zum Arzt gehen soll.....habe ihn auch auf seine somatischen Probleme hingewiesen, daß die durchaus mit einer Depression zusammenhängen können...

Ich werde Geduld haben müssen und die Sache mit Vorsicht angehen, und Euch auf dem Laufenden halten, wie wir das Ganze in den Griff kriegen.

Ich danke Euch für Euer "zuhören" im übertragenen Sinne.

liebe Grüsse Euer Knuddelchen
winnie
Beiträge: 1683
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von winnie »

Hallo Mama Sorgenvoll,

nur mal so eine Idee - vielleicht solltest Du (bzw. Ihr) bei Deinem Sohne auch eine Posttraumatische Belastungsstörung in Betracht ziehen?

Ich habe selbst Feuerwehrleute in meiner Bekanntschaft, und ich weiß, wie es sie auf die Dauer fertig macht, immer wieder so grauenvolle Szenen zu erleben. Und gerade die Freiwillige Feuerwehr in den ländlichen Bezirken hat oft mehr mit schrecklichen Autounfällen als mit Bränden zu tun, und das, ohne psychologisch wirklich dafür ausgebildet zu sein.

Vielleicht ist das ja ein Ansatzpunkt für eine Therapie, den Dein Sohn akzeptieren kann, was meinst Du dazu?

Alles Gute Dir und Deinem Sohn, und Gruß,
Winnie
tommi
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Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Wie kann man einen depressiven Menschen bewegen, zu erkennen?

Beitrag von tommi »

Liebes Knuddelchen,

ich habe mich schon des Öfteren gefragt, wie Helfer solche Situationen überhaupt aushalten können. Wie würde ich damit umgehen? Ich habe darauf keine Antwort gefunden und der bloße Gedanke daran, lässt es mir eiskalt den Rücken runter laufen.

Ich kann gut verstehen, dass es deinem Sohn auch deswegen nicht gut geht.

Ich kann Winnie nur zustimmen, es wäre ein guter Ansatz ihn zu einer Thrapie zu bewegen.

Ich wünsche dir viel Kraft und Geduld

Gruß
Tom
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