diagnosen-wirrwarr

deborah
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diagnosen-wirrwarr

Beitrag von deborah »

einen guten morgen wünsche ich!

bin ja relativ neu hier und habe so meine fragen, die auf der seele brennen!

bin seit ca. 20 jahren an depressionen erkrankt ( bin 31 jahre alt), d.h. schon in meiner kindheit.
was ich als kind natürlich nicht wusste, bin seit ca. 2 jahren in behandlung.
war stationär in einer psychatrie, medikamente, stationäre therapie in tiefenbrunn (bei göttingen), versuchter selbstmord.
habe die diagnose chronische depression.
aber auch verhaltensstörungen und ein SISSI-syndrom wurde festgestellt!
was ist das überhaupt?????
befinde mich in einer tiefenpsychologischen behandlung, nehme aber keine medikamente mehr, weil ich für mich die nebenwirkungen schlimmer fand als die positive wirkung.
unter anderem leide ich an störungen des essverhaltens.
hat noch jemand ähnliche erfahrungen über diese sachen?
würde mich sehr freuen, wenn ich einen ausstausch erfahren könnte!
die depressionen sind auf misshandlungen in der kindheit zurückzuführen, keine sexuellen!

liebe grüsse
trainspotterin
Faustus
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von Faustus »

Hallo Deborah,


nimms nicht persoenlich, wenn sich noch keiner auf Deine Postings gemeldet hat - ist momentan nicht viel los hier.

Zu Deinem Hormonposting kann ich als Mann natuerlich nicht so viel loswerden - nur, dass ich auch ein Sexualproblem habe (fast voellig impotent, es klappt einfach nicht), was ein befreundeter Psychologe auf meine Depressionen zurueckfuehrt. Auch meinte meine Ex-Partnerin bei mancher Gelegenheit, ich waere nicht "mannhaft" genug - das klingt jetzt flach, aber sie vermutete dass mein Hormonhaushalt nicht stimme und deswegen meine Triebe klemmen. Diesen Weg habe ich bislang auf professioneller Seite nicht weiterverfolgt.

Zu Deinem jetzigen Posting - es hat mich sehr betroffen gemacht, dass Du schon einen Suizidversuch hinter Dir hast. Da muss ein erheblicher Leidensdruck dahinterstecken. Ich kann Dir die Diagnosebegriffe auch nicht im Einzelnen erklaeren, aber hast Du schon mal Buecher ueber Depression gelesen ? Ich lebe momentan in England, wo die medizinische Versorgung im allgemeinen eher duenn ist. So habe ich neben den seltenen Therapieterminen und den Medikamenten als dritten Loesungsansatz die Eigentherapie mit Buechern. Vor allem in den Buechern von Alice Miller ("Das Drama des begabten Kindes") finde ich mich wieder. Wenn Du schreibst, dass Du als Kind Opfer von nichtsexuellem Missbrauch wurdest, vermute ich mal haeusliche Gewalt. Vielleicht waere Millers "Am Anfang war Erziehung" lesenswert, ich habe es gerade gelesen, ist jedoch verdammt hart was dort fuer Einzelschicksale zitiert werden.

Vielleicht sind das ja ein paar Anregungen fuer Dich.


Hoffentlich gehts Dir bald besser !!!


Faustus
deborah
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von deborah »

hallo faustus!

habe mich gefreut, dass ich von jemanden eine rückmeldung bekommen habe!

kurze rückblende:
habe leider tatsächlich häusliche gewalt durch meinen stiefvater erlebt.
viel schlimmer allerdings war die nichtachtung und verachtung, die ich erlebt habe.
durch meine mutter weiss ich heute, dass er mich regelrecht gehasst hat.
ich war doof, faul, dumm, hässlich, dick und sämtliches negative, was man sich vorstellen kann.
für mich war das normal damals.
auch heute noch habe ich erhebliche problem mit mir selber, obwohl ich seit einem jahr in einer glücklichen beziehung lebe.
trotzdem falle ich gerade wieder in mein dunkles loch!
ich will es nicht!
vor allem meine umwelt sagt mir ständig, wie gut es mir doch nun geht!
habe arbeit, habe einen freund, habe haus......u.s.w.
ich bin 31 und eigentlich völlig unfähig zu arbeiten, aber wer nimmt mir das ab?
bin ja immer die strahle-maus!!!
habe den selbstmordversuch knapp überlebt, das erste, was ich damls (letztes jahr april)
gesagt habe, war scheisse!
ich will nicht mehr denken müssen!

die antidepressiva möchte ich nicht mehr nehmen, weil ich nie dadurch eine besserung gespürt habe und ich durch die einnahme völlig meine libido verliere!
habe so ca. 6 verschiedene sorten durch!
angefangen mit zoloft und geendet mit fluoxetin!
von den ganzen beruhigern und schlaftabletten rede ich schon gar nicht mehr.
in der psychatrie haben sie einen schlafentzug mit mir gemacht, das ende vom lied war, dass ich einen kreislaufkollaps hatte!
ich hab so die nase voll!
alles ist mir zuviel.
aber warum, ich bin jung, ich bin verliebt...?
naja, habe auch schon viele bücher gelesen, weiss aber nicht, ob das immer so gut ist, ich denke, dass ich mich da sonst immer mehr reinsteigere!?

eines weiss ich sicher: ich möchte meine kindheit zurück!

liebe grüsse
deborah
Faustus
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von Faustus »

Hallo Deborah !


Dir gehts aeusserlich gut - Haus, Partner, Arbeit und so weiter ... dennoch hast Du versucht, mit Deinem Suizidversuch das alles wegzuwerfen. Da ist irgendwas tief in Dir verletzt, und es ist sehr langwierig, das in den Griff zu bekommen. Gib bitte nicht auf ! Es faellt schwer daran zu arbeiten, aber es ist wirklich notwendig, um das Kapitel abzuschliessen. Wir leben heute, und wenn Du die Vergangenheit erst einmal betrauert hast, kannst Du das Heute wieder geniessen.

Zur Erziehung: So hart wie bei Dir wars bei mir nicht, aber koerperliche Strafe war normal (keine Misshandlung, aber relativ oft der Klaps oder der "Arsch voll" schon fuer relativ kleine Missgeschicke). Dazu die permanente Erstickung jeglicher Selbstwertgefuehle. Das geht bei mir bis heute - bin ich irgendwo allein, denke ich alle Leute muessten mit dem Finger auf mich zeigen, weil ich "falsch" bin. Partnerschaft kann ich mir abschminken, obwohl ich einen Partner dringend noetig haette. Auf der Arbeit habe ich immer das Gefuehl, der Gruppenschlechteste zu sein und auch der erste, der bald gefeuert wuerde. Rational weiss ich dass das alles Kappes ist, aber das Gefuehl ueberwaeltigt mich und macht mir per Wahrnehmungsstoerung diese Position vor. Klar, denn wofuer immer ich mich frueher interessierte - sobald es etwas tiefergehender wurde, war es seitens meiner Eltern "abnormal" und "Spinnerei". In allem hatte ich mich total anzupassen. Pubertaet ? Nie erlebt. Mal aufmucken, Gel in die Haare schmieren, als 16-jaehriger mal mit anderen Ausgeflippten losziehen - nie erlebt. Und heute ist es zu spaet dafuer. Vielleicht sollte ich mir die Haare blaufaerben ?

Okay, jetzt bin ich etwas abgeschweift. Aber ich glaube, wir leiden beide unter anerzogener Depression. Fluoxetin kenne ich uebrigens auch, hat bei mir nicht sonderlich gewirkt. Nehm jetzt Trevilor ...


Alles Gute ! Wuerd mich freuen, mal wieder von Dir zu hoeren ...


Faustus
deborah
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von deborah »

hallo lieber faustus!

schreibe morgen ausführlicher zurück, war das wochenende unterwegs!

liebe grüsse
trainspotterin (deborah)
trainspotterin schrieb:
> einen guten morgen wünsche ich!
>
> bin ja relativ neu hier und habe so meine fragen, die auf der seele brennen!
>
> bin seit ca. 20 jahren an depressionen erkrankt ( bin 31 jahre alt), d.h. schon in meiner kindheit.
> was ich als kind natürlich nicht wusste, bin seit ca. 2 jahren in behandlung.
> war stationär in einer psychatrie, medikamente, stationäre therapie in tiefenbrunn (bei göttingen), versuchter selbstmord.
> habe die diagnose chronische depression.
> aber auch verhaltensstörungen und ein SISSI-syndrom wurde festgestellt!
> was ist das überhaupt?????
> befinde mich in einer tiefenpsychologischen behandlung, nehme aber keine medikamente mehr, weil ich für mich die nebenwirkungen schlimmer fand als die positive wirkung.
> unter anderem leide ich an störungen des essverhaltens.
> hat noch jemand ähnliche erfahrungen über diese sachen?
> würde mich sehr freuen, wenn ich einen ausstausch erfahren könnte!
> die depressionen sind auf misshandlungen in der kindheit zurückzuführen, keine sexuellen!
>
> liebe grüsse
> trainspotterin
deborah
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von deborah »

hallo faustus!

kleines missverständnis, meinen partner und haus und so betreffend.
bin seit einem jahr mit meinem freund zusammen, vorher hatte ich nie eine feste partnerschaft, habe es mir immer gewünscht, bin aber leider immer wieder auf die nase gefallen!
spielt wohl auch mit meiner ätzenden vater/tochter-beziehung zusammen.
weisst du, was mich immer wieder überkommt?!
die frage, ob ich vielleicht zuviel jammere!
aber auf der anderen seite, muss ich vielleicht endlich mal lernen, nur für mich zu denken, aber das geht nicht.
ich bin zur zeit nur müde, ständig erschöpft, will nicht denken, nicht lesen, am besten ist für mich der fernseher, da kann man wunderbar abdriften.
ich will in diesem leben bleiben, das ist klar, aber warum ist es so schwer?
wer hilft einem, wenn man eben nicht arbeiten kann, aber ja nicht bettlägerig ist?
ich bin auch in einer selbsthilfegruppe und auch in tiefenpsychologischer therapie.
aber trotzdem kann ich nicht mehr.
was sind das für gefühle, die andere menschen haben, wie freude, trauer, alles eben.
ich weiss und fühle wohl auch, dass ich meinen freund liebe, habe aber trotzdem das gefühl, dass es nicht richtig an mich rankommt!
mein herz schmerzt, es schmerzt richtig körperlich!
meine "schwiegereltern" wissen nichts von meiner krankheit.
und ausserdem muss man geld verdienen um zu leben!
ich möchte für mein leben gern mit tieren arbeiten, geht nicht.
ich möchte freude fühlen und spüren, bin zum herzen, geht nicht.
ich möchte nicht mehr müde sein, geht nicht.
ich möchte, ich möchte ich möchte

ich will mich in mein bett verkriechen, geht nicht!
ich will keine verantwortung übernehmen müssen.
ich will mich nicht ständig rechtfertigen müssen!
oh jeh!
soviel auf einmal!

aber vorher weiss ich, was richtig für mich ist!
wer unterstütz einen?
du siehst, ich bin total verwirrt!
vielleicht finde ich hier ein wenig verständnis für diesen ganzen mist!

liebe grüsse
deborah
Faustus
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von Faustus »

Hallo Deborah !


Tut mri leid, dass es so lange dauerte, bis Du durch eine funktionierende Partnerschaft an Geborgenheit und Selbstvertrauen kommen konntest. Gerade dies ist ja so wichtig fuer uns Depris.

Zum "Jammern" - ich meine, das Forum hier ist dafuer da, dass man mal den Schrott rauslaesst. Deswegen glaube ich nicht, dass Du zuviel "jammerst" - solange es nicht beim Jammern bleibt und Du auch aktiv wirst (Verbesserung der Lebensbedingungen, Arztbesuche etc). Und das bist Du ja.

Ich glaube, es ist sehr wichtig, "Dich selbst" zu finden und Dir etwas zu goennen, was Du immer schon machen wolltest. Zum Beispiel ein schoenes Hobby. Der Fernseher lenkt zwar ab, aber die Probleme bleiben. Ist ein bisschen wie mit Alkohol ...

Wie geht Dein Freund mit Deiner Krankheit um ? Akzeptiert er, dass Du manchmal nicht kannst und grundlos verstimmt/traurig bist ?

Wie ich das kenne - das "Leben hinter der Glasscheibe", die Herzschmerzen und andere Psychosomatik (bei mir Tinnitus).

Du fuehlst Dich in einer ausweglosen Lage. Warum ? Du sagst, ein Job mit Tieren "geht nicht" - warum ?

Ich glaube, Du bist momentan wirklich verzweifelt und der rote Faden fehlt in Deinem Leben. Vielleicht brauchst Du ein neues Ziel, z.B. eine Ausbildung zu einem Beruf, der Dich erfuellt (Stichwort Tiere) ? Wenn Du Dich ein bisschen wieder freigeschwommen hast, gehen auch andere Dinge wieder. Und mit dem Schwinden der Depression kommen die positiven Gefuehle wieder durch.

Hast Du schon mal Buecher ueber Depressionen gelesen ? Einige koennte ich Dir empfehlen, die mir die Augen geoeffnet haben fuer meine verfahrene Situation - vielleicht wirds Dir auch so gehen ?


Liebe Gruesse von


Faustus
deborah
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von deborah »

hallo faustus!

habe fast drei ausbildungen, die letzte war eine umschulung, kurz vor der prüfung habe ich sie geschmissen, weil ich diesen leistungsdruck nicht mehr standhalten konnte!
muss dazu sagen, dass ich leider körperllich eingeschränkt bin, habe angeborene hüftfehler.
dadurch schon eine operation, die mir eine teilweise lähmung des oberschenkels eingebracht hat.
kann aber mittlerweile wieder fast normal laufen.
ich möchte auf keinen fall noch eine ausbildung anfangen.
ausserdem reicht das geld hinten und vorne nicht.
möchte ja versuchen, teilweise erwerbsunfähigkeitsrente zu bekommen.
hobbies?
habe ich im eigentlichen sinne nicht, ich lese sehr viel, höre sehr gern musik, hilft dabei die seele baumeln zu lassen.
ich arbeite ansonsten gern im garten, bin zwar langsam,aber das macht ja nix.
es ist ja so, dass ich ständig erschöpft bin, habe nach meinem job überhaupt keine lust mehr noch etwas zu unternehmen.
brauche immer wieder pausen zum ausruhen.
merke immer wieder, wie sich mein ganzer körper total verkrampft, wenn ich keine pause bekomme.
ist nicht nur auf der arbeit so, sondern eben auch in der freizeit. es schlaucht halt alles, auch dinge, die spass machen.
sämtliche antidepressiva haben bis jetzt nix gebracht, leider.
unter anderem war da auch mal lithium dabei, remagil (schreibt man das so?), remagil in der psychatrie auch als infusion.
nix.
unter einnahme von cipramil habe ich ja auch den suizidversuch gemacht.
zusätzlich hatte ich ja noch lorazepam und noch etwas zum schlafen.
es ist ja so ziemlich alles probiert worden.
meine therapeutin hat gesagt, bei einnahme von fluoxetin nimmt man ab, ich habe zugenommen.
das mit den büchern klingt interessant, was gibt es denn da so?
wäre halt auch interessant, was eben der gewalttätige missbrauch fur eine rolle spielt!
danke für deine lieben antworten!

grüsse von
trainspotterin
Faustus
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von Faustus »

Liebe Deborah,


ich kann nicht viel schreiben heute (bin im Stress), schreibe morgen mehr. Ist schon ganz schoen heftig, koerperliches und seelisches Handycap ... ich hoffe, dass Du auch weiterhin die Kraft hast damit umzugehen und die Depression ueberwindest.

Nur kurz zu den Buechern - die meisten sind englisch ... aber unter den deutschsprachigen Buechern, die ich gelesen habe, sticht "Das Drama des begabten Kindes" von Alice Miller besonders hervor. Ihre These ist, dass Depressionen von der erziehungsbedingten Trennung unserer Persoenlichkeit von der externen Erwartungshaltung herruehren. Von Kindheit an mussten wir uns in eine Form giessen, um geliebt zu werden. Hierbei ist das eigentliche "ich" verlorengegangen, und unterbewusst existiert es noch in einer sehr ungluecklichen Form - eben der Depression.


Bis morgen ...


Faustus
Faustus
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von Faustus »

Hallo Deborah,


heute wie versprochen etwas ausfuehrlicher, obwohl ich auch wieder etwas unter Druck stehe und gerade wieder in einem Loch stecke.

Stimmt das - du hast aufgrund Deiner Behinderung den Leistungsdruck der Ausbildung nicht ausgehalten ? Gab es nicht die Moeglichkeit der Ausbilder, auf dieses Handycap Ruecksicht zu nehmen ?

Dir scheint allgemein Stress, auch in der Freizeit, sehr viel auszumachen, wenn Du komplett verkrampfst. Ist das Teil Deiner koerperlichen Behinderung oder eher psychisch zu sehen ? Mit Medis habe ich nicht so eine Erfahrung wie Du (kenne nur Fluoxetin und Trevilor), aber Fluoxetin hat bei mir zum Abnehmen gefuehrt - hauptsaechlich ueber Appetitverlust.

Zum gewalttaetigen Missbrauch waere vielleicht das Buch "Am Anfang war Erziehung" von Alice Miller nicht schlecht. Sie fuehrt aus, wie erlebte Unterdrueckung und Gewalt in der Kindheit spaeter entweder an sich selbst oder an unschuldigen Opfern ausgelebt werden kann. Insofern ist Missbrauch ein Themenschwerpunkt dieses Buches.

Wenn ich auf die vergangenen Postings dieses Threads blicke, sehe ich dass Du den Eindruck hast, dass Dir im Leben alles verbaut ist (Stichwort "geht nicht"). Woher kommt das - hat man Dir das als Kind eingetrichtert ? Hat das was mit Deiner Behinderung zu tun, dass Du von klein auf darunter gelitten hast, dass vieles "nicht geht", was anderen Kindern moeglich ist ? Irgendwie klingt es so.



Alles Gute und bis spaeter,


Faustus ...
deborah
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von deborah »

hallo faustus!

die umschulung habe ich abgebrochen, weil ich den leistungsdruck nicht aushalten konnte.
war nämlich zum größten teil eine schulische ausbildung.
war in einer stadt, wo ich keinen kannte,immer nur allein in meiner wohnung.
keine familie, keine freunde und erst recht keinen partner.
in der zeit noch viele gescheiterte beziehungen, waren wohl eher gar keine, sondern eher affären für die männer.
für mich steckte viel gefühl drin.
alles zusammen hat dazu geführt, dass ich lernen konnt soviel ich wollte, es ging nix rein.
bin dann gleich von dort aus in eine psychatrie gegangen, weil ich starke suizidgednken hatte.
die verkrampfung ist nicht auf meine noch leichte behinderung zurückzuführen, sondern sie kommt von innen, äussert sich aber eben körperlich, bin total verspannt, der rücken ist ein einziges brett.
in uangenehmen situationen wird es schlimmer.
du hast recht, als kind wurde mir eingetrichtert, dass ich nichts bin, nichts kann und eh völlig daneben bin.
beim kleinsten fehler hat es schon schläge gebeben.
z.b. wenn ich die milch umgekippt habe.
ich durfte dann nicht weinen, sonst gab es noch mehr.
auch widerworte waren nicht drin.
auch lauter reden durfte ich nicht, wenn ich mich aufgeregt habe.
meine meinung zählte einfach nicht.
ich weiss von meiner mutter, dass mein stiefvater mich regelrecht gehasst hat.
ich war eben das kind von einem anderen.
aber was kann ein kind dafür?
warum hat mir nie jemand geholfen?
keine mutter, keine freunde von den eltern, keine grosseltern, keiner.
es gab ja eben nicht nur schläge, sondern die verbale gewalt war viel schlimmer!
ich wollte nach dem abschluss weiter zur schule gehen, durfte ich nicht, sollte was anständiges lernen.
interessanterweise war ich total abhängig von der meinung meines stiefvaters, wollte ihm immer gefallen, alles richtig machen.
eben auch streit vermeiden.
heute frage ich mich, warum ich nicht ausgezogen bin.
ich konnte nicht.
weil ich nicht wusste, dass so etwas geht.
fühle mich heute noch in seiner gegenwart wie ein kleines kind, dass erst die meinung vom papa einholen muss.
ich habe noch eine menge für mich zu lernen, manchmal wird es mir zuviel.
aber ich muss dadurch.
aber es fällt eben schwer, gleichzeitig ein "normales" leben zu führen.
denn eigentlich nimmt die verarbeitung alles ein.
sind bei dir die depressionen aus heiterem himmel gekommen?
oder auch schon in der kindheit?
wie äussert sich bei dir ein "loch"?
und das trotz der medikamte?
kann übrigens überhaupt keinen stress vertragen, egal in welcher behiehung, ich will immer stress umgehen, was nicht immer gut ist.
werde total nervös, verkrampft, bekomme einen trockenen mund und werde zittrig in den bewegungen.

freue mich auf deine nächste antwort!

liebe grüsse

trainspotterin
Faustus
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von Faustus »

Liebe Deborah !


Dein Posting hat mich ziemlich erschuettert. Na gut, geschlagen wurde ich frueher auch (nicht misshandelt!), auch schon fuer kleine Dinge oder "Widerworte". Was mich aber bei Deiner Schilderung betroffen gemacht hat, war dass Du nicht einmal Deine Emotionen zeigen durftest, weil dann mit noch mehr Schlaegen zu rechnen sei. Das ist in meinen Augen Kindesmisshandlung pur ! Vor allem, dass Du gerade als Pflegekind keine andere Bezugsperson hattest, der Du Dich anvertrauen konntest ... das ist verdammt hart.

Dein spaeteres Schicksal teile ich in sofern, dass ich auch oft herumgezogen bin und immer wieder das Gefuehl des Alleinseins ertragen musste. Okay, ueber mein Hobby hatte ich meist schnell Freunde gefunden, aber dennoch ... fuer z.B. eine Beziehung reichte es nicht. Und die einzige Beziehung, die ich mit 31 begann und die letztes Jahr (wohl auch wegen meiner Depressionen) zerbrach, hat mir gezeigt dass ich aufgrund meiner Psyche offenbar fuer Beziehungen ungeeignet bin. Es ist eine verdammt harte Einsicht, und ich muss daran arbeiten das zu aendern. Ursache hierfuer ist sicher auch eine Erziehung, die auf null Selbstvertrauen abzielte, wenn man nicht so funktionierte wie die Eltern das wollen.

Deine Verkrampfung bei Stress, z.B. auch beim Lernen, wird z.B. sehr gut im Buch "Lernen, Erinnern, Vergessen" (weiss nicht ob der Titel so stimmt), Autor Frederik Vester, beschrieben. Der "Lernkrampf" aeussert sich immer unter Stress bzw. wenn die Atmosphaere oder das Gefuehl suggeriert, "ich schaffe es eh nicht". Gerade in den ersten Semestern meines Studiums hatte ich stark unter Lernkraempfen gelitten und meine Depression brach nach dem Vordiplom voll aus mir heraus. Im Diplom hatte ich fuer die Quantenmechanikpruefung die ganze Nacht vorher gepaukt, noch die ein oder andere ellenlange Formel sinnloserweise auswendig lernen wollen ... Folge war ein Nervenzusammenbruch, und obwohl ich die Pruefung noch um einen Tag verschieben konnte, bekam ich kaum was raus und die Pruefungsnote war eine Gnade, aber ein Schandfleck auf meinem Zeugnis. Die weiteren Pruefungen habe ich dann versucht, lockerer anzugehen und prompt wurden die Resultate besser !

> sind bei dir die depressionen aus heiterem himmel gekommen?

> oder auch schon in der kindheit?



Meine Depressionen fingen in der Kindheit an, sowohl mein geringes Selbstvertrauen (andere, z.B. Freunde, waren immer dominant und "besser" als ich), als auch andere Neigungen wie Zwanghaftigkeit oder die Wurzeln meines heutigen sexuellen Problems. Ich sollte dazusagen, dass ich als Kind zeitweise von der Aussenwelt abgeschnitten war, da stark kurzsichtig und ca. 1/2 Jahr lang taubstumm (wg. Mittelohrentzuendung). Ich war frueh trocken, spaeter gab es auf dieser Ebene einen Rueckfall und darin sehe ich heute meine sexuellen Probleme - aber auch erste Minderwertigkeit.

Spaeter dann kamen erste "grundlose" Depressionen. Ich kann mich an einen konkreten Fall erinnern (ich war 10 oder 11), als ich grundlos mich selbst immer mehr erniedrigte und nur noch traurig war, sogar an den Tod dachte. Damals wusste ich nur noch nicht, dass es Depression war. Mit 12 starb mein 1 Jahr juengerer Cousin an Krebs, ein weiterer Schlag. Und in der Schule wurde ich zum Aussenseiter (war halt nicht "cool"), seitdem habe ich immer das Gefuehl von allen gehasst zu werden. Meine Schullaufbahn war Gymnasium, Sitzenbleiben, Hauptschule, dann wieder Gymnasium - weil ich mich auf der Hauptschule erholen konnte, und die guten Noten die ich nach Hause brachte mich dort wieder akzeptabel machten. Schliesslich bekam ich mehr Selbstvertrauen und den Gedanken, zu studieren. Haette ich vorher nie im Traum dran gedacht. Und im Abitur, spaeter im Studium wurden die Depris immer schlimmer, bis ich schliesslich eine Therapie anfing. Die letzten Jahre habe ich dann versucht, ohne Therapie auszukommen. Aber hier in England kamen die Geister wieder:

* Mein Buerokollege ist ein Guru in unserem Fachgebiet ---> Zwangsgedanke: Ich bin eine arme Wurst, kann ihm nicht das Wasser reichen und es ist nur eine Frage der Zeit, wann alle das merken und ich gefeuert werde.

* Ich wohne alleine, im Umfeld alles Familien ... ---> Zwangsgedanke: Klar, ich bin nicht partnerschaftsfaehig und abgesehen vom Kopfkissen werde ich nie jemanden zum Kuscheln haben. Meine Partnerschaft ist ja auch deswegen zerbrochen ...

* Die Kinder der Nachbarschaft, auch Jugendliche dabei, rufen mir Unanstaendiges hinterher. Sie bewerfen mich mit Muell, zerstoeren den Vorgarten, werfen Scheiben ein, drehen am Gashahn rum ... ---> "Voellig klar": Sie hassen mich, genau wie ich frueher in der Schule gehasst wurde. Entweder wollen sie mich umbringen oder in den Suizid treiben.

Du siehst, in meiner Situation kommen die alten Geister wieder. Obwohl sich die Probleme auch rational loesen lassen (und speziell das letztgenannte Vandalismusproblem wurde geloest!), denke ich immer daran, minderwertig zu sein und nie "Liebe" erfahren zu koennen.


> wie äussert sich bei dir ein "loch"?
> und das trotz der medikamte?

Die Medis bringen meines Erachtens keine signifikante Wirkung (mal abgesehen von Nebenwirkungen). Okay, immerhin - wenn ich frueher morgens um 5 mit negativen Gedanken aufwachte, kann ich jetzt weiterschlafen. Habe viele, teils merkwuerdige Traeume ... offenbar wird der Stoffwechsel im Hirn in der Tat beeinflusst.

Ein "Loch" kann sich ganz schnell auftun. Ob es der Gang durch die Fussgaengerzone ist, eine kleine Situation - z.B. ich stolpere oder erschrecke mich ueber ein hupendes Auto. Aufgrund meiner Zwanghaftigkeit habe ich mir angewoehnt, in solchen Situationen mit meiner geballten Faust auf die Herzgegend zu schlagen. Dann denke ich wieder, wer das jetzt gesehen hat weiss dass ich verrueckt sein muss. Und sie werden mich noch weniger akzeptieren. Warum nicht einfach aufgeben usw. - voellig entnervt komme ich ins Buero, mein Kollege brummelt nur vor sich hin wenn ich einen Smalltalk starten will - klar, ich stoere wieder mal nur. Und schon ist das Loch ganz offen.

Oder auch sonst, eine Nachricht die mir nicht passt ... oftmals kommt das Loch auch "grundlos", wenn ich mir wieder ueber meine Situation klar werde.



Uff, jetzt habe ich mir ganz schoen was vom Leib geschrieben. Vieles findest Du bei anderen Depressiven wieder, die Erziehung scheint einen Hauptgrund dafuer darzustellen.


Wie kannst Du heute damit klarkommen, dass Du Deine Emotionen frueher nicht zeigen durftest ? Geht das heute ?


Alles Gute und ich freue mich auf Dein naechstes Posting ...



Faustus
deborah
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von deborah »

hallo faustus!

fahre das wochenende weg, werde daher nächste woche wieder mehr schreiben.
nur soviel, habe heute von meiner therapeutin neues ad verschrieben bekommen.
sie sagt, es ist ein klassisches.
mal sehen.
ansonsten sagt sie, dass ich immer noch schwer krank bin, was ich nicht wahrhaben will.
habe auch mal was erfreuliches, bin seit einem jahr mit meinem freund zusammen.
das wollen wir ein wenig feiern.

ganz liebe grüsse

trainspotterin
Faustus
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von Faustus »

Hallo Deborah !


Tja, "klassisches" Medikament kann viel heissen. Hoffentlich meint sie kein "altes" damit, aus der Zeit wo die Nebenwirkungen noch so heftig waren. Glaube ich aber kaum.

Ich glaube doch, dass Du noch schwer krank bist, nach all dem was Du geschrieben hast ... zumindest sollte es sich lohnen, weiter daran zu arbeiten !

Dass Du eine Beziehung hast, die immerhin schon ein Jahr haelt, freut mich fuer Dich. Es zeigt, dass Du ein liebenswerter Mensch bist - mach Dir das bewusst, wenn die Depression Dich mal wieder runterziehen will !

Also frohes Feiern ...


Faustus
deborah
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von deborah »

hallo faustus!

habe lange nix von mir hören lassen!
letzte woche habe ich ganztags gearbeitet und war völlig fertig, wenn ich zu hause war.
habe gemerkt, dass das noch nichts für mich ist!
werde wohl auch in nächster zeit ein wenig mehr eingespannt sein, wir bekommen zuwachs!
kein baby, aber einen welpen!
eine kleine hundedame(labrador-mix!)
damit geht mein grösster wunsch in erfüllung!

ich liebe ja tiere über alles!
der hund meiner eltern hat mir ja auch schon viel geholfen, einfach nur dadurch, dass er da war!
bin mal gespannt, ob ich so ein kleines wesen auch erziehen kann!

mein neues medikament heisst übrigens amitriptylin!
soll die dosierung langsam steigern, nehme sie jetzt seit einer woche, die dinger machen tierisch müde!
noch hat sich nix geändert, freue mich aber über den zuwachs nächste woche!
mehr demnächst, hier an diesem ort!

ganz liebe grüsse
deborah
trainspotterin schrieb:
> einen guten morgen wünsche ich!
>
> bin ja relativ neu hier und habe so meine fragen, die auf der seele brennen!
>
> bin seit ca. 20 jahren an depressionen erkrankt ( bin 31 jahre alt), d.h. schon in meiner kindheit.
> was ich als kind natürlich nicht wusste, bin seit ca. 2 jahren in behandlung.
> war stationär in einer psychatrie, medikamente, stationäre therapie in tiefenbrunn (bei göttingen), versuchter selbstmord.
> habe die diagnose chronische depression.
> aber auch verhaltensstörungen und ein SISSI-syndrom wurde festgestellt!
> was ist das überhaupt?????
> befinde mich in einer tiefenpsychologischen behandlung, nehme aber keine medikamente mehr, weil ich für mich die nebenwirkungen schlimmer fand als die positive wirkung.
> unter anderem leide ich an störungen des essverhaltens.
> hat noch jemand ähnliche erfahrungen über diese sachen?
> würde mich sehr freuen, wenn ich einen ausstausch erfahren könnte!
> die depressionen sind auf misshandlungen in der kindheit zurückzuführen, keine sexuellen!
>
> liebe grüsse
> trainspotterin
Faustus
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von Faustus »

Liebe Deborah !


Ich hatte Dich schon vermisst - schoen, mal wieder von Dir zu hoeren.

Das Medikament kenne ich nicht. Aber ein Medikament mit sedierender (=muedemachender) Wirkung kann beim Ganztagsjob, zusammen mit dem gegenwaertig warmen Wetter, ganz schoen fertig machen. Hauptsache, es hilft !

Dein zweites "Medikament" gefaellt mir ausserordentlich gut - der Hund ! Ich bin zwar selber kein Hundeliebhaber (habe eher Angst vor ihnen), aber allgemein ist ein Haustier eine wunderschoene Sache gegen Depressionen. Ich hatte mal ein Wellensittichpaerchen, beide handzahm, und viel Freude an den beiden. Bin schon am ueberlegen, ob ich mir wieder welche anschaffen sollte ...

Auf jeden Fall Glueckwunsch, dass Du "auf den Hund gekommen" bist und ein gutes Gelingen der "Erziehungsarbeit" ...


Alles Gute !


Faustus
dia
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Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von dia »

Hallo Faustus, hallo Deborah, bin ganz gerührt von eurem gegenseitigen unterstüzendem Mailwechsel. Ihr seid beide sehr liebevoll! Gruß dia
Faustus
Beiträge: 690
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von Faustus »

Hallo Ute !


Danke fuer Deine lieben Worte ! Hier im Forum kann man als Depressive(r) das bekommen, was im Alltag so oft verwehrt bleibt. Ich mag das - dieses Forum hat mir eine ganze Menge an Positivem eingebracht. Auch Dein Beitrag hat mich sehr gefreut !


Alles Liebe ...



Faustus


PS: Deborah - wie gehts Dir und dem "Zuwachs" ?
igel
Beiträge: 924
Registriert: 26. Jul 2003, 11:19

Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von igel »

Hallo Faustus!

Bin relativ neu hier und nehme mir jetzt die Zeit, alles einmal genauer zu lesen. Finde auch Euren Austausch total liebevoll! Und das ist einfach so, Ihr müsst Euch endlich nicht mehr in irgendeine Form pressen! Wie ich das kenne.....


Bin jetzt dabei, alles wieder zusammenzubekommen und herauszufinden, wie es wirklich war.

Welchen Kontakt hast Du zu Deiner Familie? Wie gehst Du mit ihr um? Passiert es Dir auch, dass Du automatisch irgendwelche Rollen übernimmst und das erst später merkst?


Ich habe schon wieder ein schlechtes Gewissen wegen der ganzen Jammerei.

Versteht Ihr eigentlich, was ich meine oder habe ich wieder lauter wirres Zeug geschrieben, dem niemand folgen kann?

Alles Liebe,
igel
Cordi
Beiträge: 321
Registriert: 30. Jul 2003, 09:08

Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von Cordi »

HI igel...

So sieht man sich wieder
Ich klicke mich hier einfach mal ein, wenn ich darf.
Ich habe schon verstanden, was Du meinst.
Manipulation der Familie...
Da sehe ich mich in Deinem Posting teilweise wieder.
Zu "meiner Familie" habe ich überhaupt keinen Kontakt mehr.
Meine Schwiegereltern wohnen genau gegenüber von uns in dem Haus.
Aber weder ich werde beachtet, noch beachte ich sie.
Zu viel ist passiert, was noch zu weh tut, um wirklich dadrüber nachdenken zu wollen.
Meine Eltern sind beide verstorben. Da war ich noch "jung"
Mein Vater, als ich 5 war, meine Mutter als ich 13 Jahre alt war.
Aber auch diese Kindheit war einfach nur die Hölle! Und ich versuche sie zu vergessen.
Wer weiss, vielleicht liegt es dadran, das ich Depris habe, weil vielleicht jetzt alles nach und nach hochkommt, was ich jahrelang versucht habe zu verdrängen.?!

Igel, ich wünsche Dir alles alles liebe
Und den anderen natürlich auch!!!

Liebe Grüße Cordi
Faustus
Beiträge: 690
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von Faustus »

Hallo Igel & Cordi !


Also meine Depression ist zum grossen Teil anerzogen. Allerdings habe ich zu meinen Eltern heute ein sehr gutes Verhaeltnis, wir hatten einige Aussprachen und ich habe versucht, keine Vorwuerfe zu erheben. Wozu auch ?

(i) Es laesst sich eh nicht mehr aendern.
(ii) Sie gaben unbewusst ihre Erziehung weiter.

Und (ii) bedeutete bei mir eine kleinbuergerliche Gehorsamserziehung, in die viele meiner kreativen Ideen keinen Platz haben. Wie oft hiess es, ich "spaenne" wieder oder sei sonstwie nicht normal. Dazu gab es fuer kleine Vergehen schon (auch koerperliche) Strafen, keine Misshandlung aber eben Zuechtigung. Weil beide Elternteile in einem gleichen Umfeld aufwuchsen. Und weil sie beide als Fremdlinge in eine neue Stadt kamen, kaum Sozialkontakte hatten und deswegen wenig neuer Denkweisen absorbieren konnten.

Meine "Schaedigungen" sind im Einzelnen:

- Zwanghaftigkeit: Was ich plane, muss auch so umgesetzt werden, sonst werde ich innerlich sauer.

- Mimose: Ich kann keine Kritik vertragen, denke immer nur was ich wieder falsch gemacht habe, warum ich nicht geliebt werde. Und generalisiere immer - ich habe diesen Fehler gemacht und das ist der Grund dafuer, dass ich gemieden werde, mich alle hassen und ich nie einen Partner haben kann (wohlgemerkt, das sind die Gedanken meiner Depression und ich weiss dass es nicht wirklich so ist). Auch wehren kann ich mich nicht, wenn ich z.B. von Anderen schlecht behandelt werde, was gerade zur Pubertaetszeit in der Schule ein Riesenproblem war. Noch heute nenne ich diese Zeit "Stalinismus", denn sie war einfach nur grau in grau, voller Bedrohung und Strafe, ohne Geborgenheit und jeder Tag neuer Terror fuer mich - und kein Schulpsychologe kam dahinter dass ich da vielleicht eine depressive Episode durchmachte !

- Funktionalitaet: Der Fluchtraum "Maschine" hat mich sehr effizient werden lassen. Menschlichkeit blieb dabei auf der Strecke.

- Sexualitaet: Vermutlich durch zwanghafte Sauberkeitserziehung im Kindesalter bin ich hier voellig unfaehig.

- Personengedaechtnis: So gut wie garnicht, ich erkenne kaum Leute wieder. Meine Theorie: Ich bekam erst mit vier eine Brille (war damals so), vorher war ich halb "blind". Ausserdem war ich eine Zeit lang taubstumm (Mittelohrentzuendung), was auch in eine Phase gefallen sein kann, in der das Kind normalerweise begreift dass es verschiedene Menschen im Umfeld gibt die sich audiovisuell unterscheiden.


Ich denke, das Graben in der Kindheit kann viel zutage foerdern ueber das WARUM der Depression (und im meinem Fall auch der sexuellen Problematik, die mich sehr belastet). Klar kann zuviel Graben dort nicht gut sein, zumal es kein Loesungsansatz darstellt. Bei mir persoenlich sehe ich die Sequenz Medikamente --> tiefenpsychologische Therapie --> Verhaltenstherapie als erfolgversprechend an.




Liebe Ute,


ich sehe gerade dass mein Smily in der Kopfzeile meiner Antwort an Dich etwas traurig reinschaut. Eigentlich muesste er laecheln, da ich mich ueber Deine Antwort gefreut habe. Ich aendere das gleich.


Hallo Deborah !


Wie gehts Dir denn so ? Ich denke, Du bist mit dem "Zuwachs" beschaeftigt - hoffentlich kann dieser Dir Kraft geben, aus der Depression rauszukommen !!!



Alles Gute Euch allen,


Faustus
igel
Beiträge: 924
Registriert: 26. Jul 2003, 11:19

Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von igel »

Lieber Faustus!

Deine Ausführungen zu dem Thema "Mimose" beschäftigen mich gerade sehr. Empfindest Du denn machmal Kritik regelrecht als Angriff auf dein Ich, als vernichtende, lebensbedrohliche Kritik? Oder war das einmal so und hat sich abgeschwächt? Mir geht das oft so und ich weiss dann nicht, wie ich ersteinmal Ruhe bewahren kann und nicht gleich "giftig" zum Gegenschlag aushole.

Du bist mit Sicherheit fähig für eine Partnerschaft! Vielleicht bis Du "nur" noch sehr verletzt und hast Angst, dass Dir wieder wehgetan wird. Bei mir ist das so und wahrscheinlich nenne ich mich deshalb auch Igel.

Alles Liebe auch an Cordi,
igel
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von srb »

Lieber Faustus,

mir die Haare blau zu färben, um meine Kindheit nachzuholen, da habe ich auch schon drüber nachgedacht...

Viele Grüße,
Silke
srb
Beiträge: 508
Registriert: 11. Jun 2003, 11:59

Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von srb »

Hallo Deborah,

ich kann Deine Verwirrung so gut verstehen. Ich habe das gefühl, mein Leben besteht nur noch aus "Du mußt".
Du mußt aufstehen.
Du mußt zur Arbeit gehen.
Du mußt Dich um Deine Freunde kümmern.
Du mußt Spaß an Deinen Hobbies haben.
Du mußt genug essen.
Du mußt, Du mußt, Du mußt,....

Und in mir reagiert alles nur noch mit: Ich will aber nicht!!!!!

Ich habe so keine Lust mehr, zu nichts Lust zu haben....

Wie geht es Deinem Hund? Hat er sich gut eingelebt? Hätte so gerne auch wieder einen...

Liebe Grüße,
Silke
Faustus
Beiträge: 690
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: diagnosen-wirrwarr

Beitrag von Faustus »

Hallo Cordi, Igel und Silke !


Sorry dass ich erst jetzt wieder antworte, aber ich habe in all dem Stress den ich derzeit habe die Uebersicht ein wenig verloren.

Silke - Die Bemerkung mit den blauen Haaren gefaellt mir. Aber ob ich mich traue ... ? Mal schauen, vielleicht gibt es ja auch bessere Wege die hinausfuehren. Die Unlust innerhalb der Depression kenne ich sehr gut - das letzte Jahr ueber war ich superaktiv, habe extrem viel getan und dann blieb alles liegen. Zunaechst schleichend, keinen Bock halt. Dann brach die Depression voll los und ich hatte eine Erklaerung fuer die Bocklosigkeit ...

Igel - wie mimosenhaft ich bin habe ich ja gerade unter "Hoffnungslos Teil 3" unter Beweis gestellt. Noch immer bin ich ziemlich verunsichert, aber ich habe eine ganze Menge dabei ueber mich gelernt. Mit der Partnerschaft ... ich weiss nicht. 50 % meiner Selbst sind Maschine, 40 % Helfer und 9 % das Chamaeleon, das sich an alles anpasst. Bliebe ein Rauschen von 1%, mein Kern. Und um diesen herum muss ich mich neu aufbauen, um dem Anforderungsprofil eines Partners gerecht zu werden. Ob ich das in diesem Leben noch schaffe ? Schon meine Psychologin hat mir vor 10 Jahren gesagt, ich waere zu 100 % partnerschaftsfaehig. Als 8 Jahre spaeter der "Ernstfall" eintrat, war es ein Reinfall den meine Ex-Partnerin in einer meiner schlimmsten Zeiten mal als "Albtraum" beschrieben hat. Weil ich einfach nichts konnte, zu sehr in der "Maschine" steckte und die Eigenschaft, zaertlich zu sein erst lernen musste.



Alles Gute,


Faustus
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