EU-Rente; warum nicht hilfreich ??

Antworten
searcher
Beiträge: 47
Registriert: 25. Okt 2004, 14:27

EU-Rente; warum nicht hilfreich ??

Beitrag von searcher »

hallo alle zusammen,

ich habe am Samstag den Bescheid der BfA bekommen das ich (auch rückwirkend) für insgesamt 3 Jahre voll erwerbsunfähig bin. Nun hätte ich ja erwartet das mir der berühmte "Stein" vom Herzen fällt, das ich mich einen Tick besser fühle. Aber nein!!!!

Ich habe nach wie vor (wie bei Rentenantrag vor über einem Jahr) ein schlechtes Gewissen ..... Arbeitsethik ??...

Ich musste nicht mal zum Gutachter und schäme mich quasi dafür jetzt (mit 41) raus zu sein obwohl ich objektiv/subjektiv sehe und weiss das es garnicht anders geht. Ich quäle mich von einem Tag zum anderen, bekomme NICHTS auf die Reihe und trotzdem, das miese Gefühl bleibt.

Ich glaube es hat ganz viel mit Scham zu tun und mit der Tatsache das ich mich mein Leben lang mit Arbeit (neben Alkohl und Medikamenten)"dichtgemacht" habe bis mein Körper und ich gestreikt haben. Und obwohl mein Kopf das weiss...

Wer von euch hat ähnliche Erfahrungen gemacht und kann mir ein paar heiße Tips geben wie ich diese Gefühle überlisten kann?

Bis dann

Basic Searcher
fish
Beiträge: 423
Registriert: 19. Jul 2004, 03:12

Re: EU-Rente; warum nicht hilfreich ??

Beitrag von fish »

Hi Basic Searcher,
Gefühle kann man nicht überlisten.
Da muss man... durch!

Gedankenspiel 1:

Du kannst dir zum Beispiel für dich überlegen, wenn dir dein Arbeitsethos oder deine sozialen Einstellungen gegenüber der Community der Bürger wichtig sind - was dich ehrt - und du dich "schämst", "unberechtigt" was zu erhalten, wie du der Gemeinschaft dennoch und auf deine Weise hilfreich sein könntest.

Gedankenspiel 2:

Oder aber mehr in die Tiefe gehn, und überlegen, warum du um alles auf der Welt glaubst, unberechtigt jetzt was dafür zu bekommen, dass du dir den Buckel (ehemals sicher) als worcaholic krumm geschuftet hast und damit deine Gesundheit eingebüßt hast?

[Sind nur meine rationalen Meinungen und Deinungen]

Kein rationales Gedannkenspiel mehr:

Natürlich ist dein Problem nur rein kognitiv allein nicht ganz in den Griff zu kriegen: Du kannst noch eine Stufe runter zu den Gefühlen und hinfühlen, wo, wann, warum du fühltest und fühlst, nie anderen zu genügen, oder nie genügt zu haben. Das könnte eine Richtung sein.

Ich sehe das halt so: Wenn du dich besser fühlen willst, müsstest du da mal ran, an deine Gefühle. Die Scham oder Beschämungsgefühle können dir was sagen. Aber überlisten oder unterdrücken? Das hast du doch schon dein Leben lang gemacht mit deinen Gefühlen *vorsichtig frag*?

Liebe Grüße

die Wanda

Ähnliche Erfahrungen zwar nicht mit EU-Rente, aber mal mit Überbrückungsgeld seinerzeit.

Es ist übrigens normal, dass man sich auf eine ersehnte Entscheidung dann nicht mehr ganz so freut, wenn sie endlich eingetreten ist. Den Effekt kennen viele sicher auch von bestandenen Prüfungen.
uti
Beiträge: 19
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: EU-Rente; warum nicht hilfreich ??

Beitrag von uti »

einen richtigen rat weiß ich leider auch nicht.ich habe auch seit 3 jahren eu rente rückwirkend.und am anfang plagten mich die gleichen gefühle.mein arzt hat mir viel davon genommen.mit der zeit wurde es auch besser.inzwischen arbeite ich ehrenamtlich beim kinderschutzbund,und das gibt mir das gefühl auch noch für die gesellschaft etwas zu tun.ich kann dort mit meinen kräften haushalten.außerdem habe ich mit der zeit gemerkt,daß es mir ohne die belastung der arbeit(krankenschwester,mobbing)wesentlich besser geht mit meinen depressionen,und das möchte ich nicht wieder eintauschen.versuch etwas sinnvolles in deinem alltag zu tun,was dir freude macht und genieße das.wer weiß wie lange es uns so gut geht.
liebe grüße uti
searcher
Beiträge: 47
Registriert: 25. Okt 2004, 14:27

Re: EU-Rente; warum nicht hilfreich ??

Beitrag von searcher »

Hi Wanda, hi Uti

danke erstmal für eure Antworten. Hab vorhin schon geschrieben, versenden hat aber nicht geklappt. Also auf ein neues.

@Wanda: Gedankenspiel 1 und 2 kann ich noch nicht.

Mein größtes Problem ist das ich keine Gefühle habe? bzw. diese nicht zulassen kann, habe noch nicht einmal ein ICH-Gefühl. Kopftechnisch weiss ich das dort der Anfang zu machen ist, aber die Ausführung.... damit hapert es gewaltig.

Nachdem ich nunmehr neben Angst/ Panik, Epilepsie, Depressionen und multiforme PtBS mir alles "zugelegt" habe damit es mir so richtig mies geht muss ich sehen wie ich da jemals wieder rauskomme.

Das Ganze saugt einen so aus, es ist mir einfach nicht möglich überhaupt nur Interesse am Leben zu entwickeln. Alles ist gleich schrecklich und furchtbar anstrengend.

Wenn mir nur klar werden würde wo der Anfang zu machen ist, egal was ich auch tue, eine von den o.a. knockt mich immer wieder aus.

Was ich definitiv weiss ist, das ich zu spät angefangen habe etwas zu tun (mache z.Z. amb. TP und Intervall-Traumatherapie in Klinik). Jetzt mit 41 weiss ich nicht ob ich es noch schaffe den "Rest" zu überstehen, bzw. diesen lebenswert zu machen.

Du siehst, ich gehe auf dem Zahnfleisch und trotzdem das Problem mit der Scham bzgl. der Arbeitsethik. Davon abgesehen bezieht sich diese Scham auf mein gesamtes Leben, ich schäme mich auf der Welt zu sein.

Ich hör jetzt auf, sonst wird das ein Roman und geht ja auch evtl. am Thema vorbei.

Bis dann

Basic Searcher
fish
Beiträge: 423
Registriert: 19. Jul 2004, 03:12

Re: EU-Rente; warum nicht hilfreich ??

Beitrag von fish »

Hallo Basic Searcher,
es gibt kein zu spät.
Jeder Zeitpunkt ist richtig, was zu tun.

Da du dich in Therapie befindest, bist du schon mal in besseren Händen als früher ohne.

Der Rest wird sich finden.
Und du bist die nächsten 3 Jahre abgesichert.


Grüße in die Basic Searcher Nebelbank,
die wird sich lichten

die Wanda
BayrLady
Beiträge: 49
Registriert: 16. Dez 2004, 20:57

Re: EU-Rente; warum nicht hilfreich ??

Beitrag von BayrLady »

Hallo Basic,

ich kann deine Gefühle sehr gut nachvollziehen! Befinde mich in fast gleicher Situation, nur dass ich den Rentenantrag noch nicht gestellt habe. Ich denke mir die Situation dann auch noch schlechter, als sie eh schon ist, indem ich mir Vorwürfe mache, jetzt auf Rente angewiesen zu sein und den Arbeitsalltag nicht mehr zu schaffen, der Allgemeinheit auf der Tasche zu liegen, wie du.

Aber: da müssen wir umdenken! Du und ich und all die anderen haben sich ihre Krankheit auch nicht ausgesucht, oder? Und wenn jemand ein Bein verliert und deswegen keinen Beruf mehr ausüben kann, wird wohl jedermann dafür Verständnis haben. Nur bei uns ist es schwierig, weil man die Depri auf den ersten Blick nicht sieht. Aber fühlst du dich nicht auch so, als hättest du "nur mehr 1 Bein?" Dann steht dir das gleiche Recht der Rente zu.

Du bist bei dir am arbeiten, machst Therapie. Und irgendwann mal geht es wieder raus aus der Talsohle, dafür ist die Zeit der Rente da, um die Chance zu haben, an sich zu arbeiten und sich zu stabilisieren. Wie gesagt: ich hab das gleiche Problem, aber sich für die Krankheit zu schämen, ist wirklich unsinnig.

Ich wünsch dir Glück auf deinem weiteren Weg und nimm diese Zeit jetzt für dich an, damit sich dein Gesundheitszustand verbessern kann.

Liebe Grüße
Claudia
searcher
Beiträge: 47
Registriert: 25. Okt 2004, 14:27

Re: EU-Rente; warum nicht hilfreich ??

Beitrag von searcher »

Hi Leute,

danke für eure Re.Post.

war heute zur TheraStd., hab das Problem dort schnell angesprochen. Meine Thera sagt, ich soll es nicht als eine Erleichterung sondern eine Entlastung sehen.

Nur ein kleines Wortspiel, sagt mir aber besser zu. Ich kann es vielleicht so eher akzeptieren lernen. Außerdem teilte sie mir heute noch mit, das neben meinen anderen Diagnosen nunmehr auch Borderline dazugekommen ist. Was ich bisher von dem Krankheitsbild weiss, läßt mich erahnen woher meine Schwarz-oder Weiss-Sicht der Dinge kommt.

Bis denn

Basic Searcher "in der Nebelbank"---- ist gut
hubsia
Beiträge: 639
Registriert: 19. Mär 2003, 16:33

Re: EU-Rente; warum nicht hilfreich ??

Beitrag von hubsia »

Hallo Claudia!
Du sprichst mir aus der Sehle, ich habe allerdins manchmal das Gefühl als hätte ich beide Beine ab. Es ist natürlich auch bei mir extrem jetzt mit der Leukämie meiner Frau, sie wird Morgen Transplantiert (Knochenmark).Ich wünsche Euch alles Liebe, Hubert.
betina
Beiträge: 198
Registriert: 20. Mär 2003, 17:39

Re: EU-Rente; warum nicht hilfreich ??

Beitrag von betina »

Hallo, es ist einerseits sicherlich schon richtig, ein schlechtes gewisen zu haben, weil man auf einmal Rente bekommt. Aber wenn es nicht geht. Ich klage schon seit 2 Jahren. Mir geht es inzwischen so schlecht, daß ich schon in den letzten Wochen 2x zusammengebrochen bin. Vor einigen Wochen beim <Sozialgericht wurde beschlossen, mich erst nochmals zur Reha zu schicken. Das war im Juli. Ich sollte auch schon im August antreten. Da ich bis heute nichts von der BfA gehört habe, rief ich dort an und was stellt sich heraus, meine Unterlagen gibt es dort nicht. Jetzt muß alles nochmals beginnen. neue Anträge usw. Dabei überlegt meine Psychiaterin schon, ob ich nicht sogar in Krankenhaus in psychische Abteilung sollte, da es mir so schlecht geht. Ich glaube, alles nochmals durcharbeiten, schaffe ich nicht mehr. Nun weiss ich nicht wie krank die anderen sind, aber ich lese doch vermehrt, daß Rente gezahlt wird. Warum bekomem ich diese nicht, obwohl in 2 Gutachten schon steht, daß ich in meinem Beruf nur noch 2 Std. arbeiten kann und ganz viele EWinschränkungen. Ich habe immer mich wieder aufgerichtet, mit selber Mut zugesprochen, aber ich glaube jetzt falle ich. Jetzt will ich und kann aber auch nicht mehr Liebe Grüße betina
Moritz600
Beiträge: 21
Registriert: 4. Sep 2005, 23:36

Zum Thema Schulgefühle weil man "Rentner" ist

Beitrag von Moritz600 »

Ich wurde auch mit solchen Schuldgefühlen konfrontiert, habe mir immer gedacht: Du beutest den Staat aus, und der Staat hat ja eh schon so viel Schulden. Bis mir meine Oma mal gesagt hat (meine Oma ist auch an einer Depression erkrankt) das Menschen die die Krankheit nicht haben es eh nicht oder zumindest nicht richtig verstehen können. Ich werde von meinen Eltern und meinen Brüdern auch nicht verstanden. Sie sagen immer (jedesmal wenn ich sie spreche, wohne nun alleine und nichtmehr im Elternhaus wo ich nun auch sehr froh bin), du hasts ja gut du bekommst deine Rente und musst nicht schuften so wie wir. Und des weiteren wenn ich sie um was bitte sagen sie ja wir müssen den ganzen tag arbeiten und du hast ja immer zeit. Dann fragen sie auch ständig ob ich jetzt schonmal was gearbeitet hab. Amliebsten würde ich ihnen sagen das ich genug mit mir selber beschäftigt bin. Naja ich rufe sie immer weniger an und versuche ein bisschen abstand zu nehmen. Aber nichts desto trotz finde ich es wichtig auch wenn man Frührentner oder EU Rentner ist sich trotzdem fit zu halten, ich gehe zum Beispiel joggen und hab jetzt auch das rauchen aufgehört. Und ich versuche alles um aus einen Tief wieder raus zu kommen aber es ist sehr schwer und ohne die Rente währe ich warscheinlich auf der Staße oder ALG 2 Empfänger. Wenn man grad solche Schuldgedanken hat sollte man sich vielleicht auch klar machen was wäre ohne die Rente wie stünde man dann da.
barney

Re: EU-Rente; warum nicht hilfreich ??

Beitrag von barney »

Hallo Moritz,

darf ich fragen, wie alt Du bist?

gruß
bernd
Moritz600
Beiträge: 21
Registriert: 4. Sep 2005, 23:36

Wie alt bin ich.

Beitrag von Moritz600 »

Ich war in der 5. Klasse das erste mal in der Psychatrie und hab auch so schon viel mit machen müssen. Also ich hab versucht eine Reha zu machen die nach einem halben Jahr zum scheitern verurteillt war. Darauf hat mich die Krankenkasse kann man fast schon sagen gezwungen EU Rente zu beantragen. Hab ich dann auch gemacht und lief auch durch obwohl ich erst 20 Jahre alt bin.
Und sagt jetzt blos nicht "du bist doch noch so jung und du hast garkeine 5 Jahre eingezahlt". Das habe ich schon zu offt gehört.
Tabby
Beiträge: 189
Registriert: 4. Jun 2003, 00:30

Re: EU-Rente; warum nicht hilfreich ??

Beitrag von Tabby »

> Dabei überlegt meine Psychiaterin schon,
> ob
> ich nicht sogar in Krankenhaus in
> psychische Abteilung sollte, da es mir so
> schlecht geht. Ich glaube, alles nochmals
> durcharbeiten, schaffe ich nicht mehr.

Was spricht dagegen ? Dort gibt es für dich dann auch Sozialarbeiter, die dich bei einem erneuten Antrag unterstützen.

Noch eine Verständnisfrage:

Wie kann man gegen etwas klagen, für das die Unterlagen nicht vorhanden sind ?
Antworten