Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Tine
Beiträge: 214
Registriert: 11. Okt 2004, 19:57

Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von Tine »

Liebe Leser,

hier im Forum für Angehörige ist viel zu lesen über Beziehungen, die durch die Depressionen eines der Partner gescheitert sind. Auch ich hatte vor mehreren Monaten threads zu diesem Thema.
Ich suche nun den Austausch mit Menschen, die in bestehenden Beziehungen leben, entweder als Partner eines depressiven Menschen oder als depressiver Partner selbst.

Nach mehr als zwei Jahren mit einem depressiven Partner habe ich mehr und mehr den Eindruck, dass mir das Gefühl für 'normale' Verhaltensweisen verloren geht.
Ich ertappe mich dabei, dass ich meinen Partner schone, seine Verhaltensweisen entschuldige und eigentlich stets auf die Depressionen zurückführe. Jede Verstimmung, die ich an ihm beobachte fasse ich als Beginn einer depressiven Episode auf (meistens liege ich da richtig) und versuche dem entgegenzusteuern. Tröste, lenke ab, berate, nehme ihm alltägliche Arbeiten ab, bin da, ziehe mich zurück, ganz nach seinem von mir vermuteten Bedürfnis. Es ist natürlich auch sehr schwer herauszufinden, welche Reaktionen der Depression zuzuschreiben sind und welche ganz anderen Ursprung haben.
Solange die eigenen Kräfte reichen ist dies auch kein Problem. Doch die Kräfte schwinden oder sinken zeitweise durch andere, externe Faktoren. Mit dem Schwinden der Kräfte kommt die erlebte Hilflosigkeit, der eigene Rückzug erfolgt und man muss feststellen, dass man durch die Schonung, das Verständnis, die immer vorhandene Kommunikationsbereitschaft der Beziehung ein Muster verpasst hat, nach dem sie auf Dauer vielleicht nicht existieren kann.
Wie findet man richtigen Weg zwischen Schonung, Überforderung und maßvoller Forderung des Partners? Wie schafft man es, den eigenen Bedürfnissen Geltung zu verschaffen ohne den Druck aufzubauen, durch den der Partner sich wieder gezwungen sieht, sich in die Distanz zu flüchten? Wie kann ich meinem Partner helfen, ohne ihn zu bevormunden oder gar zu entmündigen, indem ich ihm alle Hindernisse aus dem Weg räume?
Wie schaffe ich es, aus den eigenen Tiefs herauszukommen um die Verantwortung für die Beziehung wieder aufzunehmen? Denn eines ist mir deutlich geworden, als Nichtdepressiver trage ich oft ein Mehr an Verantwortung für unsere Beziehung. Ich trage es weil ich es kann und er nicht. Andererseits sehe ich natürlich auch die oben bereits erwähnte Gefahr, die Depression als Ursache anderer Beziehungsstörungen vorzuschieben.
Die Liebe zu dem anderen zeigt zwar immer wieder den Weg, doch in mir keimt die Angst, irgendwann vielleicht meine Kräfte überfordert zu haben, so dass ich die Liebe nicht mehr spüren oder leben kann.

Wie ergeht es euch in euren Beziehungen? Welche Probleme tauchen da auf, wie löst ihr sie?
Liebe Grüße
Tine
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von Emily »

Liebe Tine,

wie du sicherlich weißt, war ich selbst betroffen von der Krankheit. Deine Fragen sind berechtigte Fragen, die man sich dann wohl zwangsläufig stellt, wenn man wirklich tiefe Gefühle für den Partner hat.
Aber meine eigene Erfahrung lehrt mich, dass es gar keine allgemeingültigen Antworten auf deine Fragen gibt. Es sind immer ganz spezifische, individuelle Erfahrungen, über die man berichten kann, die man aber nur schwer verallgemeinern kann, weil jeder Mensch anders ist, jede Depression anders ist, jede Beziehung anders ist. Trotzdem hier mal der Versuch, ein paar Erfahrungen weiterzugeben:

>>> Wie findet man richtigen Weg zwischen Schonung, Überforderung und maßvoller Forderung des Partners?
Das ist so eine Frage, die ich generell gesehen für kaum beantwortbar halte. Ich würde sagen: Dieser "richtige" Weg kann jeden Tag ein anderer sein. Was heute in einer Depression gegolten hat, kann morgen völlig anders sein, kann total überholt sein, oder in einem Monat oder Jahr plötzlich wieder richtig sein. Wenn der Kranke eine Therapie macht, wird vieles davon abhängen, wie gut die Therapie greift. WENN sie aber greift, wird der Kranke viele seiner Handlungsweisen an die Fortschritte in der Therapie anpassen, wird sich stark verändern, ist mal belastbarer, an anderen Tagen wieder kaum belastbar. Ich glaube, dass hier eine Regel gilt für den von dir gesuchten Mittelweg, und die lautet: Es gibt KEINE Regel.

>>> Wie schafft man es, den eigenen Bedürfnissen Geltung zu verschaffen ohne den Druck aufzubauen, durch den der Partner sich wieder gezwungen sieht, sich in die Distanz zu flüchten?
Wenn sich der Partner in die Distanz flüchtet, kann das an zu großem Druck vom Partner liegen, es kann aber auch an ganz anderen Dingen liegen, von denen der gesunde Partner in diesem Moment nicht die geringste Ahnung hat. Der Druck entsteht überwiegend ohnehin durch die Krankheit, durch die massiven Zukunftsängste, die Versagensgefühle, den Zusammenbruch des Selbstwertgefühls etc. Bei weitem nicht alles, woran sich der gesunde Partner "schuldig" fühlt, liegt überhaupt in dessen Zuständigkeitsbereich. Es kann für den Partner sehr schwer sein, das Nichtwissen um die Gründe für den offensichtlich vorhandenen inneren Druck des Kranken auszuhalten. Wenn der Partner sich in die Distanz flüchtet, sollte man das respektieren. Vermutlich ist es einfach das, was er gerade am meisten braucht.

>>> Wie kann ich meinem Partner helfen, ohne ihn zu bevormunden oder gar zu entmündigen, indem ich ihm alle Hindernisse aus dem Weg räume?
Ich glaube, du kannst einfach nur das Angebot machen, für ihn dazusein, so wie du es ja auch schon längere Zeit tust. Es gibt meiner Meinung nach keinen "idealen" Weg, dafür ist diese Krankheit zu kompliziert, zu wenig vorhersehbar, zu unberechenbar, zu wenig beeinflussbar. Ich bin eher der Meinung, dass es nicht viel bringt, sich vorzunehmen, in bestimmten Situationen so und so zu handeln als Angehöriger. Wie schon gesagt: Was gestern und heute in solchen Situationen richtig war, kann morgen völlig daneben sein und das Gegenteil bewirken. Daran trägt der Kranke auch keine "Schuld", er leidet ja selbst massiv unter diesem instabilen Hin- und Hergespringe. Höre einfach auf dein Bauchgefühl: Biete deine Hilfe an, wo sie gewünscht wird, aber glaube nicht, rein intuitiv immer erfassen zu müssen, welches Verhalten gerade angesagt ist. Das wäre ein Anspruch an dich selbst, den du gar nicht erfüllen kannst, egal wie viel Mühe du dir auch immer geben magst. Man muss sich über die Tatsache im Klaren sein, dass diese Krankheit kaum jemals Planung zulässt, weder für den Kranken, noch für die Angehörigen.

>>> Die Liebe zu dem anderen zeigt zwar immer wieder den Weg, doch in mir keimt die Angst, irgendwann vielleicht meine Kräfte überfordert zu haben, so dass ich die Liebe nicht mehr spüren oder leben kann.

Ich bin der Meinung, wenn es für den Angehörigen an die ureigenste Substanz geht und er diesen elenden Zickzackkurs kräftemäßig einfach nicht mehr mittragen und mitgehen kann, dann kann/darf/sollte er das eigene Wohlbefinden in den Vordergrund stellen. Man muss gut aufpassen, wo man sich als Angehöriger befindet. Ist man außerhalb der Depression, oder steckt man schon selbst mittendrin? Kann man noch helfen, oder braucht man selbst Hilfe? Wenn man noch helfen kann, sollte man nicht den Anspruch an sich erheben, alles "richtig" machen zu wollen, denn das ist unmöglich. Fehler sind vorprogrammiert. Ehrlichkeit sich selbst und dem Partner gegenüber ist in meinen Augen unerlässlich. Das gilt sowohl für den Betroffenen, als auch für den gesunden Partner.

Wenn ich heute so zurückschaue auf meine eigene Krankheit, dann sehe ich, dass mein Mann und ich viele Dinge im Hinblick auf die Krankheit richtig gemacht haben, aber vieles haben wir auch falsch gemacht. DAMALS war es aber richtig, das ist der Unterschied. Und mehr ging einfach nicht, weil man nur ein Mensch ist und nicht der liebe Gott. Die Fehler sind oft das, woraus man letztendlich am meisten lernt. Fehler sind keine Niederlagen. Wenn man sie nicht machen würde, hätte man weniger dazugelernt als gerade mit und durch die Fehler.

Liebe Grüße,
Emily
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von tommi »

Liebe Tine,

danke, dass du diesen Thread geöffnet hast .

Das Gefühl nur für die Probleme des Partners da zu sein und seine Probleme nicht artikulieren zu können und hinten an zu stellen, ist fürchterlich. In so einer Phase befinde ich mich gerade. Meine Frau ist im Moment so seh mit sich selbst beschäftigt, dass ich das Gefühl habe, sie interessiert sich für mich, meine Gefühle und Probleme überhaupt nicht.

Ich bin trotzdem (auch wenn bei uns Momentan Funkstille herscht) der Meinung, dass man sich nicht verbiegen sollte. Ich kann im Moment auch nicht aus meiner Haut, habe keine Lust zu diskutieren, vor allem, wenn ich mir nur Vorwürfe anhören muss . Ich bin mitlerweile der Meinung, dass ich sehr authentisch handle. Auch wenn ich weiß, dass mein Verhalten wegen der Krankheit nicht richtig ist. Aber, das sieht Emily richtig, ich bin auch nur ein Mensch. Es geht eben nicht immer, dass man sich in einigen Situationen an das hält, was man selber rät; das führt genau zu dem, was du befürchtest, du bleibst auf der Strecke.

Ein großes Einschätzungsproblem ist, sind das nun die Depressionen oder Beziehungsprobleme? Ich bin dazu übergegangen, beides in Betracht zu ziehen und auch mehr zu den Beziehungsproblemen zu tendieren. Wenn auch die Depression sein Teil dazu beiträgt, handelt es sich bei Streits dennoch um zwischenmenschliche Beziehungen. Ich glaube, man nimmt den Partner damit auch ernster, als zu sagen, ja,ja, dass sind wieder ihre Depressionen. Ich denke, man muss dem Betroffenen auch die Verantwortung für sein Handeln und die Beziehung aufzeigen, damit man nicht alles auf die Depressionen schiebt.

All das steht meines Erachtens nicht im Widerspruch zu dem, was ich sonst hier schreibe. Denn weitehin gilt, dass das Gespräch der Auflöser der Beziehungsprobleme bleibt .

Ich glaube, dass jeder Fehler macht, sie können aber eine wahre Liebe nicht erschüttern.

Gruß
Tom
Tine
Beiträge: 214
Registriert: 11. Okt 2004, 19:57

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von Tine »

Liebe Emily, lieber Tom,
vorhin hatte ich einen superlangen Beitrag verfasst um euch erstens zu danken und zweitens einige eurer Gedanken wieder aufzugreifen. Leider habe ich ungeschickterweise alles wieder gelöscht.
Heute Abend habe ich auch keine Energie mehr dazu, alles wieder neu zu schreiben, was ich morgen nachholen wollte.
Aber mein Dank schon einmal an euch.
Gute Nacht
Tine
Meerschweinfan
Beiträge: 0
Registriert: 31. Jan 2005, 20:49

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von Meerschweinfan »

Lieber Tom,
es tut mir leid, dass du mit deiner Frau momentan auch in einer schwierigen Phase bist! Ich gebe daher deine Frage an Charlotta an dich weiter - wen hast du "in der realen Welt" zum Reden? Und magst du deiner Frau nicht auch einmal einen Brief schreiben? Du musst ihn ihr ja nicht geben.
Liebe Grüße,
Anja
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von tommi »

Liebe Anja,

danke für dein Mitgefühl.
Die Verhaltensweisen eines Depressiven ist leider nicht kalkulierbar- aber spannend. Im Moment könnte ich auf die Spannung allerdings verzichten .

Seit ca. 3 Wochen ist bei uns nun schon Funkstille, was für uns beide fürchterlich belastend ist. Aber keiner macht den ersten Schritt und so wird das klärende Gespräch weiter nach hinten geschoben. Die bisherigen Versuche zu reden sind daran gescheitert, weil meine Frau mich immer wieder mit Vorwürfen konfrontiert. Ich benehme mich im Moment auch sehr bockig, da ich der Meinung bin, mir nicht alles gefallen lassen zu müssen. Ich will nicht verstehen, warum das bisher erarbeitete unserer Beziehung von ihr so sehr in Frage gestellt wird. Ich denke, wir haben ein durch die Krankheit ausgelöstes Beziehungsproblem. Auch wenn es mir dabei nicht gut geht, sehe ich diese Phase als sehr wichtig und irgendwie positiv an, da es meines Erachtens für die Zukunft um Grundlegende Verhaltensweisen geht.
Natürlich kann man jetzt gegenagumentieren, sie könne nicht anders- ich weiß das- aber die letzten Monate haben mir gezeigt, dass es doch anders geht. Wir hatten einen guten Weg gefunden mit der Krankheit umzugehen, waren beidseitig Gesprächsbereit, verstanden miteinander gut umzugehen. Durch die Einnahme von Antidpressiva wurden die Angstzustände und Stimmungsschwankungen gut abgemildert (auch laut ihrer Aussage)

Ich weiß nicht, was letztendlich der Auslöser ihrer totalen Unzufriedenheit gewesen ist, aber zunehmend wurde ich von ihr wieder angegriffen (alles was ich machte war falsch), und, wie gesagt, zielten die Gespräche auf weitere mir nicht nachvollziehbaren Vorwürfe ab. Bei allem Verständnis, ich verstehe sie nicht.

Mir ist klar, dass das Gespräch gesucht werden muss und dieses auch bald von mir aus stattfindet. Ich denke heute Abend werde ich es in Angriff nehmen.

Nun zu deiner Frage. Ja, ich habe keine reale Person zum Reden. Ich einen Mitarbeiter, der auch mein Freund geworden ist und ich habe auch mit ihm über meine Probleme schon gesprochen, allerdings ist das im Geschäftbetrieb nur bedingt möglich. Trotzdem tat es gut in ihm einen guten Zuhörer zu finden. Helfen, oder Ratschläge geben, kann er mir nicht. Ich habe auch noch unseren Eheberater, der wirklich eine tolle Stütze für mich und uns ist.
Meine Familie kann ich durch ihre Oberflächlichkeit nicht gebrauchen.
Ich habe schon sehr früh gelernt mit diesen Situationen auch alleine fertig zu werden. Im Endefekt kann mir eigentlich nur meine Frau helfen und die Gedanken, die ich hier im Forum formuliere und höre. Das hilft mir besonders. Wärend des Schreibens und Lesens kommen mir viele Einsichten, die früher nicht so präsent waren und die ich dann versuche in unserer Beziehung umzusetzen. Deswegen ist ein Brief an meine Frau nicht nötig. Das Gespräch ist wichtiger.

Ich bin zuversichtlich gespannt, wie es weiter geht, es ist nicht immer alles Platin, was glänzt

Gruß
Tom
geborgenheit
Beiträge: 178
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von geborgenheit »

Liebe Tine

erlaubst Du mir, auch zu antworten, obwohl ich Ex-Angehörige bin? Ich habe meinen ehemaligen Mann während 16 Jahren in seinen Depressionen begleitet und Deine Fragen sind mir nur allzu vertraut.

Heute begleite ich ihn als Freundin. Wir sind geschieden, weil es ihm alleine besser geht. Wir bleiben trotzdem durch unsere Kinder verbunden. Und es fällt mir einfacher, ihn zu begleiten in seinen schweren Zeiten, weil ich mehr Luft für mich habe dazwischen.

Ich habe Jahrelang alle Verhaltensweisen auf die Depression geschoben, dachte, wenn er wieder gesund ist, dann werden wir Dies und Jenes wieder leben wie vor der Krankheit. Im Rückblick muss ich mir eingestehen, dass es nicht immer die Depression war, sondern z.T. auch eine Frage des Menschen dahinter.

Nur, wie kann man das auseinander halten? Es scheint mir sehr schwer zu sein, zu spüren, welche Anteile die Depression und welche Anteile eben ganz normale Beziehungsfragen betreffen.

Heute, im Rückblick und mit etwas Distanz, würde ich viel eher zu meiner eigenen Überforderung stehen. Auch ich dachte immer, dass ich stark sein muss, dass ich für die ganze Familie (wir haben drei Kinder) den Boden tragen muss. Ich habe mir Kraft ausserhalb gesucht und auch gefunden. Und so konnte ich jahrelang mittragen.

Dieses alleine Tragen hatte aber zur Folge, dass sich immer mehr eine Nicht-Kommunikation eintstellte. Wir redeten wohl miteinander. Aber alles, was mich belastete, klammerte ich aus. Irgendwann war unsere Beziehung eine gut funktionierende WG, in welcher Jeder den Anderen unterstüzte.

Du bist kein Übermensch. Und auch Du hast Deine Bedürfnisse. Du darfst lernen, auch für Dich schwierige Fragen anzusprechen. Es ist immer noch die Frage, wie Du das machst. Wenn Du von Dir aus sprichst und nicht mit Vorwürfen kommst, dann ist es gut möglich, zu Dir zu stehen, die Dinge zu klären. So würde Eure Kommunikation nicht unterbrochen durch die Depression.

Es gibt kein Richtig oder Falsch... wie Emily schon geschrieben hat. Ihr müsst in dem Moment entscheiden, wo ihr drin steht. Und diese Entscheidung stimmt für den Moment. Entscheidungen kann man korrigieren oder mit mehr Lebenserfahrung anders fällen. Das ist wohl normal.

Schonung ist auf die Dauer falsch... Verständnis ja, unbedingt! Aber es braucht Verständnis für beide, den Erkrankten und den Angehörigen!

Viel Kraft wünsche ich Dir und ich hoffe, Ihr findet einen gemeinsamen Weg!

Liebe Grüsse
Geborgenheit
geborgenheit
Beiträge: 178
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von geborgenheit »

Lieber Tom

unsere Beiträge haben sich überschnitten Ich möchte Dir einfach Mut machen für das Gespräch mit Deiner Frau. Ich weiss, wie schwer es ist. Aber ich weiss auch, wie unendlich wichtig es ist, die Kommunikation nicht zu verlieren auf Grund der Krankheit!!

Liebe Grüsse Dir
Geborgenheit
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von tommi »

Liebe Geborgenheit,

ich danke dir für deine mutmachenden Worte.
Das was du an Tine geschrieben hast, bestärkt mich in meiner Annahme, dass in "Watte packen" und jeder Konfrontation aus dem Weg gehen, nicht der richtige Weg ist. Der Betroffene hat auch eine Selbstverantwortung- nicht nur für sich, sondern auch für seine Angehörigen. Diese Verantwortung ihm gänzlich abzunehmen, führt genau dazu, dass irgendwann die Kräfte zu ende gehen. Ich konnte bis vor kurzem feststellen, dass unsere Komunikation viel intensiever war als vorher. Dadurch auch die Beziehung.
Wie ich schon sagte, empfinde ich im Moment unsere Kriese als klärende Chance. Heile Welt zu spielen ist auf Dauer unerträglich, da in jeder Beziehung jeder ein großes Stück von sich aufgibt.

Gruß
Tom
kater
Beiträge: 39
Registriert: 8. Mär 2005, 17:28

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von kater »

Hallo Tom,
Es ist für dich sehr wichtig loszulassen.
Loslassen in den Sinne auf Freunde zuzugehen und einfach mal selbst Hilfe anzunehmen. Ich habe deine Einsamkeit heraus gelesen. Ich wünsche dir alles Gute und für deine Ehe auch alles Gute. Shawn
Tine
Beiträge: 214
Registriert: 11. Okt 2004, 19:57

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von Tine »

Hallo an alle!
Ich möchte gerne auf alle eure Beiträge eingehen, die mir sehr weiterhelfen.

Liebe Emily,
du schreibst, dass Depressionen unvorhersehbar und unberechenbar sind, und es auf Grund dessen keine allgemeingültige Verhaltensregel gibt. In der Tat habe ich auch schon beobachtet, dass die Reaktion, die heute passt morgen unpassend sein kann. Manchmal ist es richtig, dass ich auf seinen Wunsch nach Distanz eingehe, manchmal (eigentlich meistens) ist es gut wenn ich mich maßvoll darüber hinwegsetze. Durch die extremen Rückzüge, die dreimal sogar bis zur Trennung reichten, bin ich so verunsichert und verängstigt, dass ich immer glaube, jeder Fehler könnte wieder soweit führen. Doch Angst lähmt und sie nimmt einem auch die natürliche Reaktionsfähigkeit. Dazu kommt noch, wie du richtig sagst, dass man sich bei aller Fähigkeit zur Empathie niemals ganz in den anderen hineinversetzen kann um alle seine Reaktionen zu antizipieren. Ich glaube das ist ein entscheidender Punkt, wir können uns nicht bis ins Letzte einfühlen und wir müssen es auch nicht. Allein der ernsthafte Versuch sich einzufühlen sollte schon zu einem annähernd richtigen Bauchgefühl verhelfen.
Du schreibst, dass es für den Angehörigen sehr schwer ist, auszuhalten, dass er die Gründe für die Depression, die oft mit ihm nichts zu tun haben, nicht kennt. Ja, das stimmt. Und eigentlich hat das etwas mit mir selbst zu tun. Der Wunsch, nicht zu reden, muss zeitweise wohl auch respektiert werden.
Dein posting hat mir geholfen, weniger Angst vor Fehlern zu haben. Ich muss nicht alles richtig machen, ein gemachter Fehler muss auch nicht zwangsläufig in die Katastrophe führen. Es ist wichtig sich klar zu machen, dass die eigene Handlung nicht deshalb an sich falsch ist, weil sie nicht den erwünschten Erfolg erzielte. Viel zu oft zermartere ich mir den Kopf darüber, wie sich bestimmte Phasen wohl entwickelt hätten, wenn ich an der und der Stelle anders reagiert hätte. Ziel dieser Überlegungen ist es, eine Art Muster zu erkennen, auf das man dann musterhaft reagieren kann. Dein Posting hat meine eigene Ahnung gestärkt, dass dies bei dieser Erkrankung nicht funktionieren kann.

Lieber Tom,
auch dir steht es zu, einfach mal am Boden zu sein, zu bocken, keine Lust auf Verständnis zu haben. Wichtig ist doch nur, dass es dir nicht grundsätzlich abhanden kommt; und dass dem nicht der Fall ist, zeigen deine Postings. Du bist müde, du wünschst dir, selber einmal im Mittelpunkt der Bemühungen zu stehen, deine Gefühle und deine Bedürfnisse beachtet zu wissen.
Du schreibst, dass du auch diese Phase als wertvoll betrachtest. Das kann ich gut verstehen. Es zeigt sich nämlich, dass du deinen Bedürfnissen sehr wohl nachkommst und nicht beständig zum Wohle der Harmonie zurücksteckst. Ich denke es ist auch wichtig sich klar zu machen, dass die Beziehung zu einem depressiven Menschen nicht automatisch gefeit sein kann von ganz 'normalen' Beziehungsproblemen. Warum sollte die Depression das einzige Problem sein? Euer Therapeut wird euch da sicher helfen können.
Ich hoffe, dass du bald die Energie findest, das erlösende Gespräch anzuleiern.

Liebe Geborgenheit,
natürlich 'darfst' du mir schreiben ich bin sehr froh über deinen Beitrag, da er aus der Erfahrung fließt. Obwohl es für dich vielleicht nicht (mehr) so ist, so hat mich deine Geschichte doch sehr traurig gestimmt. Der Satz, wir sind geschieden, weil es ihm alleine besser geht, hat mich sehr getroffen.
Auch mein Partner hat schon öfter gesagt, es sei für ihn besser alleine zu sein. Wenn ich dann jedoch sehe, wie sehr er oft die Nähe genießt, wie gut ihm meine Anwesenheit tut, dann zweifle ich am Wahrheitsgehalt dieser Aussage. Es ist wohl so, dass er für ein dauerhaftes, tagtägliches Miteinander zur Zeit noch nicht bereit ist, aber das macht ja auch nichts.
Du hast Recht, wenn du sagst, man sollte zu der eigenen Überforderung stehen. Ich habe vor einigen Wochen zu meinem Partner gesagt, dass ich immer bemüht bin ihm zu helfen, dass ich mich aber auch mal zurückziehe, wenn ich merke, dass ich momentan keine Kraft dazu habe. Ich denke das hat er auch verstanden und nicht als Zurückweisung erlebt.
Die eigenen Bedürfnisse zu artikulieren, ist schwer. Weißt du, man liest so oft, man soll keinen Druck aufbauen, nicht das Gefühl geben, dass der Partner nicht den Ansprüchen genüge etc...
Wo ist bei all diesen Ratschlägen Platz dazu, Unmut zu äußern, zu zeigen, dass man das Gefühl hat, mit den eigenen Bedürfnissen ins Hintertreffen zu geraten, die eigenen Probleme in den Hintergrund gedrängt zu sehen? Ich bin in dieser Hinsicht unsicher.
Du schreibst, dass die gefällten Entscheidungen in der entsprechenden Situation die richtigen sind. Diesen Satz werde ich mir ganz oft sagen müssen, denn eigentlich neige ich eher dazu, das Gegenteil anzunehmen. Damit macht man sich das Leben unnötig schwer.


Ich danke euch herzlich für eure Beiträge und hoffe, dass ihr euch noch einmal zum Thema meldet, wenn ihr Ansatzpunkte seht.

Herzliche Grüße
Tine
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von tommi »

Liebe Tine,

deine mich betreffende Analyse ist vollkommen richtig. Natürlich verliere ich das Grundsätzliche nicht aus den Augen , da ich mich nunmal sehr damit beschäftige.

Ein ganz zentrales Thema ist dein Absatz, kein Druck aufbauen, kein Unmut äußern. Ich denke, es kommt hierbei darauf an, sich die Zeitphasen zu betrachten- erkennen der Krankheit, also den Anfang - und das alltägliche Leben nach dem Erkennen.
Am Anfang ist es wichtig dem Betroffenen keinen Druck aufzubauen, sich zurückzunehmen, Verständnis zu zeigen und vor allem VERTRAUEN aufzubauen, damit sich der Partner öffnet. Wenn das erreicht ist, hat man in der Beziehung schon einen großen Schritt hinter sich gebracht. Durch das Öffnen müssen Dialoge stattfinden, in denen beide sich ihre Gefühle mitteilen und Verhaltensverabredungen unter Umständen getroffen werden. Der Betroffene hat somit einen Mittelpunkt, der ihm eine große Stütze ist. Er sieht das Bemühen um ihn und seiner Krankheit.

Die zweite Phase, das alltägliche Leben, baut weitestgehend auf die erste auf. Allerdings mit einem Unterschied, dass der Angehörige einen Teil seiner Verantwortung abgibt, indem er zum Beispiel auch seinen Unmut, seine Ängst und Gefühle äußern kann und sogar muss, um nicht alles in sich hinein zu fressen und slbst vor die Hunde geht. Dieses kann gelingen, wenn die erste Phase gut aufgebaut wurde und die Aüßerungen nicht als Vorwurf angebracht werden. Warum soll ein Angehöriger nicht auch mal sagen, mir geht es schlecht, weil... . Auch wenn der Auslöser der Betroffene selbst ist? Es ist oftmals auch so, dass der Betroffene hier seine Hilfe anbieten kann und somit sein Selbstwertgefühl steigt. Er ist für den Partner der wichtigste Mensch und das sollte er auch weiterhin wissen. Natürlich kommt es auch auf die schwere der Depression/Phase an. Trotzdem bin ich der Meinung, dass ein Mindestmaß an Verhaltensweisen von ihm eingefordert werden kann. Die Gedanken als Angehöriger - hoffentlich sage oder mache ich jetzt nichts falsches - sollten erst garnicht aufkommen, das würde ein "Eiertanz" werden, den keiner auf lange Sicht aushalten kann. Auch zurückzuschauen, wie man noch besser hätte reagieren können bringt nichts, sonder verunsichert zusätzlich noch. Fehler allerdings, die negative Folgen ausgelöst haben, sollte man ernsthaft betrachten, eingestehen und versuchen, sie nicht wieder zu machen.

All das soll nicht heißen, keinerlei Rücksicht mehr zu nehmen, sonst würde man die Krankheit herunterspielen oder garnicht mehr sehen. Vielmehr soll uns Angehörigen damit zugestanden werden, weiterhin Menschen zu bleiben , die ihren Partner unendlich lieben .

Gruß
Tom

P.S.: Ich habe mir meinen Text noch mal durchgelesen und finde ihn irgendwie plakativ , lasse ihn aber trotzdem stehen.
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von tommi »

Lieber Shawn,

ich fühle mich nicht einsam.
Ich habe eigentlich sehr viele Bekannte und einige Freunde. Nur habe ich für mich festgestellt, dass ich mich durch das Nichtaustauschen besser ablenken kann und für mich was tue. Mein angesprochener Freund ist für mich, wenn ich das Bedürfniss habe zu reden, immer da.
Ich gebe dir aber Recht, dass mein Beitrag den Anschein der Einsamkeit vermittelt hat. Deine Einschätzung zeugt von viel Einfühlungsvermögen .
Gruß
Tom
pferdediebin
Beiträge: 472
Registriert: 11. Jun 2004, 23:45

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von pferdediebin »

liebe tine!


mir wurde gleich ganz zwiespältig,beim lesen deines beitrags.
als betroffene weiß ich,daß ich andauernde nähe nicht sehr gut aushalte.auf der anderen seite tut es gut,jemanden an der seite zu haben,der einen "ab-lenkt".manchmal hab ich über mich selbst gestaunt,wie einfach das funktionierte,in ganz schlechten phasen sah ich das aber wieder als druck,weil ich mich anscheinend automatisch zusammenreisse...auf dauer wurde ich aggressiv.
ich brauche manchmal genau dieses nur-um-mich-drehen um gedanken zu ordnen,zu tanken durch die ruhe.und mir ist vollkommen bewußt,daß die echte hilfe nur aus mir selbst kommen kann.aber ohne das gefordert-sein (kind-haushalt-freund),wäre ich wohl schon komplett versumpert.verständnis ist gut,aber schonung nicht ganz das richtige.
ich hoff,das klingt jetzt nicht zu verwirrend,und ich kann nur von mir ausgehen,aber kraft tanken kann ich nur allein,impulse müssen von außen kommen.
vielleicht wären getrennte wohnungen mit bleibender beziehung eine lösung (wenn man es sich leisten kann).ich würde mich niemandem zumuten ...


alles gute

pferdediebin
"Die Stimme des Fleisches verlangt: nicht hungern,nicht dürsten,nicht frieren.Wer dies erreicht und hoffen darf,auch künftig zu erreichen,kann sich selbst mit Zeus im Glücke messen"



Epikur





Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von Emily »

Liebe Tine,

ich fühle mich von dir sehr gut verstanden. Was du als Zusammenfassung an mich geschrieben hast, trifft es genau.

Beim Sport kam mir heute noch ein Gedanke zu deinem Thread: Ich habe diese Krankheit so empfunden, dass man leider jeden verdammten Tag, an dem man sie hat, so leben muss, als wäre es der erste damit. Man steht immer wieder vor neuen Problemen, was man über die alten Probleme schon gelernt hat, kann bei den neuen wieder völlig versagen. Es gibt nichts Stetiges, Festes, Bleibendes. Alles kann sich binnen Minuten oder Stunden wieder verändern. Die Dinge sind wirklich in ihrer Gesamtheit weder vorhersehbar noch berechenbar. Man schwebt oft in einem völlig luftleeren Raum ohne Netz und Halt. Oft ist man auch orientierungslos, denn was bis vor der Krankheit gegolten hatte, kann komplett verlorengehen als Orientierungspunkt.
Dass es kein "Muster" gibt, nach dem man als Angehöriger handeln kann, hast du klar erkannt. Man kann nur nach seinem Bauchgefühl das Beste wollen und versuchen. Ob es "richtig" oder "falsch" war, zeigt sich vielleicht nach der Krankheit, vielleicht aber auch nie. Man sucht einen roten Faden, irgendein Seil, an dem man sich entlanghangeln kann, aber oft gibt es eben keins. An manchen Tagen geht es in der Depression nur ums nackte Überleben, an manchen Tagen geht es um Probleme der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, an manchen Tage geht es um Fortschritte im Denken und Handeln, an manchen Tagen geht es um diesbezügliche Rückschritte, an manchen Tagen geht es um gar nichts außer um das verzweifelte Aushalten der inneren Leere, der Zweifel und des Drucks. Welcher Tag gerade angesagt ist, ist oft morgens nicht mal in Ansätzen absehbar, kann sich auch im Laufe eines Tages wieder komplett ändern.

Du machst deine Sache gut. Du tust dein Bestes. Das muss genügen. Und das genügt auch.

Lieber Gruß,
Emily
Tine
Beiträge: 214
Registriert: 11. Okt 2004, 19:57

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von Tine »

Liebe Pferdediebin,
danke für deinen Beitrag. Nein, es klingt überhaupt nicht verwirrend was du schreibst.
Aber vielleicht kannst du mir noch erklären, weshalb du ein zwiespältiges Gefühl hattest beim Lesen, das ist mir nicht ganz klar geworden?
So ähnlich wie du es beschreibst, beschreibt es mein Partner auch. Er muss manchmal einfach alleine sein und irgendwann, wenn er sich genug um sich gedreht hat, ist er dann wohl wieder bereit, aus dem Karussell auszusteigen.
Wir haben getrennte Wohnungen und leben etwa 20 Kilometer voneinander getrennt.
Weißt du, schlimm sind diese Rückzüge ja dann, wenn man selber gerade in einer Phase ist, in der man die Nähe braucht. Man muss wirklich kerngesund sein, darf nicht unter immensen Verlustängsten leiden und auch viel Kraft aus sich selbst ziehen. Vielleicht liegt der Schlüssel viel mehr bei mir selbst.
Wie gut, dass dein Freund sich dich gerne zumutet.
Liebe Grüße
Tine
kater
Beiträge: 39
Registriert: 8. Mär 2005, 17:28

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von kater »

Lieber Tom mit der Einsamkeit spreche ich die Einsamkeit an die jeder Mensch mit sich trägt. Wir werden geboren und wir sterben alleine. Danke für dein Kompliment. Mit den Loslassen glaube ich denoch nicht ganz im Unrecht zu sein. Ich habe es vor langer Zeit auch lernen müssen. Du erwähntest in einen deiner Beiträge das du alles mit dir alleine ausmachst. Generell finde ich dies garnicht so schlecht doch ich glaube du weißt genau was ich dir versuche zu sagen.Doch brauchst auch du einen wahren Freund der dich stärkt. Ich habe schon mitbekommen das es dich sehr bedrückt wenn deine Frau in einer schwierigen Phase. Verständlich doch befreie dich von der Last vieles auf dich zu beziehen. Ich weiß das meine Worte jetzt auf Widerstand treffen, doch ich meine es gut und habe selbst lange gebraucht meinen Schutzmantel abzustreifen. du kämpst gegen ihre Krankheit. Was ich sehr annerkenne doch was ist mit dir?
bersch0507
Beiträge: 52
Registriert: 12. Jan 2005, 15:31

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von bersch0507 »

Hallo an Alle!
Danke für diesen Thread! Ihr habt sehr sachlich und offen geschrieben. Es bedrückt einerseits zu lesen, das so erfahrene Partner immer noch kämpfen, andererseits komme ich mir, mit meinen Schwächen und Zweifeln, wieder normal vor. Ich habe ein paar Kernsätze herausgeschnitten:

>> Dieser "richtige" Weg kann jeden Tag ein anderer sein. Was heute in einer Depression gegolten hat, kann morgen völlig anders sein, kann total überholt sein, oder in einem Monat oder Jahr plötzlich wieder richtig sein. <<
>> Es gibt meiner Meinung nach keinen "idealen" Weg, dafür ist diese Krankheit zu kompliziert, zu wenig vorhersehbar, zu unberechenbar, zu wenig beeinflussbar. <<
>> Die Verhaltensweisen eines Depressiven ist leider nicht kalkulierbar- aber spannend. Im Moment könnte ich auf die Spannung allerdings verzichten <<
>> Ich weiß nicht, was letztendlich der Auslöser ihrer totalen Unzufriedenheit gewesen ist, aber zunehmend wurde ich von ihr wieder angegriffen (alles was ich machte war falsch), und, wie gesagt, zielten die Gespräche auf weitere mir nicht nachvollziehbaren Vorwürfe ab. Bei allem Verständnis, ich verstehe sie nicht. <<
Fazit: es ist unmöglich diese paradoxe Krankheit als Partner komplett zu verstehen. Wir kennen die Beispiele aus den Foren, wir wissen wie es theoretisch geht, aber richtig begreifen können wir es nicht, wir können auch nicht in der Depri-Logik agieren und reagieren. Also lassen wir es bleiben, akzeptieren unsere menschlichen Schwächen und reduzieren wir unsere Ansprüche an uns selbst.

>> Dieses alleine Tragen hatte aber zur Folge, dass sich immer mehr eine Nicht-Kommunikation eintstellte. Wir redeten wohl miteinander. Aber alles, was mich belastete, klammerte ich aus. Irgendwann war unsere Beziehung eine gut funktionierende WG <<
Was ist daran so falsch. Vielleicht können wir nicht mehr von unseren Partnern und damit von unserer Ehe erwarten. Nicht sichtbare Krankheiten sind schwer zu erfassen. Einen Querschnittgelähmten fordern wir doch nie auf zu gehen. Ein Depri tritt aber völlig „normal“ auf und fordert permanent, direkt oder indirekt. Es fällt so schwer zu akzeptieren, das der Depri weit weniger KANN als er vorgibt. So brutal es klingt, wir müssen ultimativ akzeptieren, das er seelisch behindert ist. Also ist es eine seelische Pflegform. Die kann ich annehmen oder es lassen. Das gilt für die Belastungen von allen Pflegeformen. Nur man tut sich viel leichter, wenn man es SEHEN kann.

>> Ein großes Einschätzungsproblem ist, sind das nun die Depressionen oder Beziehungsprobleme? <<
Absolut unlösbar. Wenn man die Beiträge der Betroffenen liest, für wirklich jede Handlung gibt es eine Erklärung aus dem Krankheitsbild. Man kann IMMER auf „nicht schuldig“ pledieren. Da muß man „volles Risiko“ gehen und nur die eigene Liebe als Fundament nehmen.

>> Während des Schreibens und Lesens kommen mir viele Einsichten, die früher nicht so präsent waren und die ich dann versuche in unserer Beziehung umzusetzen. Deswegen ist ein Brief an meine Frau nicht nötig. Das Gespräch ist wichtiger. <<
Eben da bin ich ganz anderer Ansicht. Wenn der Partner in seiner Hölle ist, wird jedes, aber jedes Wort zum Messerstich oder es prallt wie an einer unsichtbaren Mauer ab. Die Depri sind wirklich dann gefühllos (weder + noch -), auch wenn sich das unsereiner nicht vorstellen kann. Gespräche überfordern eindeutig! Ein Brief, so einfühlsam und gefühlvoll wie hier oft geschrieben wird, kann der Partner zur Hand nehmen, wenn er es will/kann. DIESEN Moment können wir per Gespräch nicht erahnen.

>> Ich bin der Meinung, wenn es für den Angehörigen an die ureigenste Substanz geht und er diesen elenden Zickzackkurs kräftemäßig einfach nicht mehr mittragen und mitgehen kann, dann kann/darf/sollte er das eigene Wohlbefinden in den Vordergrund stellen. <<
Hier denke ich, ist die wichtigste Quelle in einer Partnerschaft seelisch selbst zu überleben: an sich denken! Alle Ratschläge, wie man mit depressiven STIMMUNGEN umgehen kann sollten wir annehmen. Im Gegensatz zu den Betroffenen können wir bewußt unsere Tiefs abfedern. Wir können die lauten, negative Gedanken bewußt wegschieben und die leisen, positiven Schwingungen annehmen und genießen. Klar, das klingt abgehoben, aber es geht (Es gibt interessante Betroffene-Threads zum Thema Umgang mit Gefühlen). Wut und Enttäuschung, Kälte und Ignoranz, Vorwürfe und Schweigen sind oder erzeugen sofort Gefühle. Die Depris werden davon vereinnahmt, davon BEHERRSCHT. Wir aber können damit umgehen und das WIE durch das WAS ersetzen. Hüten wir uns, uns von Gefühlen einnehmen zu lassen und um daraus unser Verhalten zu begründen. Negative Gefühle führen zwangsläufig zu Unzufriedenheit. Positive Gefühle bringen uns Zufriedenheit. Das wohl mächtigste positive Gefühl ist es, einem Anderen zu helfen. Ich weiß, das klingt unrealistisch gut, aber es ist trotzdem so.

Aber eins ist auch klar, wenn man es nicht mehr aushalten kann, hat man das moralische Recht sich zu trennen. Wie beschrieben, kann das beiden helfen.

So, das ist wieder lang geworden, aber das ist das Ergebnis meiner eigenen, frischen Analyse/Erfahrungen und es ist einfach so herausgesprudelt. Das schütz uns natürlich nicht vor unseren Tiefs, aber wir sollten immer wieder darüber nachdenken, dann beherrschen uns die negativen Gedanken nicht zu lange.

Liebe Grüße an alle, viel Kraft und auch Einsicht in unser eigenes ICH
Bernd
Tine
Beiträge: 214
Registriert: 11. Okt 2004, 19:57

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von Tine »

Liebe Emily,
danke für deine Rückmeldung.
Wenn ich die Beschreibung von Betroffenen lese, schäme ich mich oft darüber, dass ich manchmal wütend auf meinen Partner bin.
Gerade noch vor ein paar Minuten. Im Moment bin ich sehr stark erkältet, er rief an um zu hören wie es mir geht. Seine kalte Stimme, die Oberflächlichkeit seiner Ratschläge, das alles hat mich so getroffen. Am liebsten hätte ich gerade alles hingeworfen, nicht ohne ihn noch mit bitteren Vorwürfen über seine Gefühllosigkeit zu übergießen. Ich hätte mir einfach Wärme gewünscht, oder dass er vorbeikommt, um nach mir zu sehen. Wenn ich mir jetzt nach deinem Beitrag vorstelle, wie es im Moment vielleicht in ihm aussieht, ein Berg an realen oder eingebildeten Problemen, Zukunftsängste, Leere, Druck, Angst, Angst, Angst, dann war ein Anruf vielleicht schon sehr viel.
Zu einer Therapie wird er sich leider nicht überreden lassen. Vor ein paar Monaten hat er es zum ersten Mal geschafft, das Wort Depression überhaupt auszusprechen. Aber Probleme sind dazu da, sie alleine zu lösen. So sein Lebensmotto.
Jetzt versuche ich mich etwas abzuregen.
Vielen Dank und liebe Grüße
Tine
Meerschweinfan
Beiträge: 0
Registriert: 31. Jan 2005, 20:49

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von Meerschweinfan »

Liebe Tine,
du schreibst: "Weißt du, schlimm sind diese Rückzüge ja dann, wenn man selber gerade in einer Phase ist, in der man die Nähe braucht. Man muss wirklich kerngesund sein, darf nicht unter immensen Verlustängsten leiden und auch viel Kraft aus sich selbst ziehen. Vielleicht liegt der Schlüssel viel mehr bei mir selbst."
Mit deiner Vermutung, dass der Schlüssel viel mehr bei dir liegt, liegst du meiner Meinung nach richtig!
Hast du schon einmal versucht, dir die Nähe, die du gerade in Momenten, in denen er sie dir nicht geben kann, selbst zu geben? Das versuche ich gerade zu lernen und es geht! Ich bin nicht mehr so abhängig von der Zuwendung anderer, auch wenn ich natürlich noch lange nicht total befreit davon bin!
Liebe Grüße,
Anja
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von tommi »

Lieber Bernd,

mit einem depressiven Partner zusammen zu leben bedeutet wohl immer Kampf, weil man die Beziehung meines Erachtens viel bewußter und emotionaler lebt. Ich glaube mit meiner Einschätzung nicht daneben zu liegen, dass oft in normalen Beziehungen viel zu wenig um die Beziehung gekämpft wird und dadurch viele Partnerschaften auf der Strecke bleiben. So gesehen ist der Kampf immer positiv zu sehen.

Dein öfteres Unverständnis für Handlungen und Äßerungen deiner Frau , kenne ich auch. Es ist normal, weil das das Denken in der Tiefphase eine andere Qualität besitzt. Oft kommt der wirkliche Grund erst viel später zu Tage. Du schriebst mal, man müßte hellseherische Fähigkeiten haben, da ist was dran .

Gruß
bersch0507
Beiträge: 52
Registriert: 12. Jan 2005, 15:31

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von bersch0507 »

Hallo lieber Tom,
natürlich stimme ich dir zu. In meinem Betrag wollte ich auf diesen unvermeidlichen „Kampf“ eingehen, bzw. wie kann man das durchstehen. Die Depression hat beide Partner im Griff! Diese Interaktion müssen wir verstehen.

Ich denke, das wir beim BEGREIFEN unserer Partner zwei Phasen durchmachen (ging mir so). Zuerst versuchen wir es mit unserer Logikwelt zu verstehen: medizinische Abhandlungen / Bücher wie „Wenn der Mensch den du liebst depressiv ist“ / Ratschläge aus dem Forum der Angehörigen. Die zweite Phase ist, sich mit der für uns paradoxen Welt der Betroffenen auseinander zu setzen (Partner sagt nichts, also ab in die Betroffenen-Foren). Es ist sehr, sehr zeitaufwendig und mühseelig (Spreu vom Weizen trennen) sich durch den Berg der Betroffenenbeiträge durchzuarbeiten. Aber es lohnt sich. Man versteht etwas mehr die Logik der Depri (da gibt es sehr wohl einen roten Faden) und man lernt etwas über sich selbst, über die Macht der Gefühle.
Als Angehörige sind wir doch oft genug in depressiven STIMMUNGEN. Was auch hier beschrieben wird: wir sind verletzt, enttäuscht, verunsichert, wütend und wir haben natürlich die Nase voll, immer der Stärkere zu sein, die Verantwortung für unsere Partnerschaft alleine zu tragen. Der Betroffene hilft uns nicht, im Gegenteil, er greift uns noch mit Vorwürfen an. Dann entstehen unweigerlich negative Gefühle und die werden mächtig. Oft schämen wir uns noch zusätzlich dafür. Da das aber alles natürlich, menschlich ist, können wir diese Gefühle getrost akzeptieren. Wichtig ist nur, und das wollte ich mit meinem Beitrag klar machen, das wir uns davon nicht beherrschen lassen dürfen. Wenn uns diese lauten Gefühle führen, treffen wir immer die falschen Entscheidungen. Nicht das WIE soll uns leiten, sondern das WAS.
Also negative Gefühle annehmen und als normal akzeptieren, sie aber nicht pflegen sondern mit dem Verstand relativieren. Wir kennen alle den Vorteil, „einmal darüber geschlafen zu haben“. Unser eigentliches Problem löst sich dadurch natürlich nicht auf, aber wir können es besser ertragen.
Im oben erwähnten Buch wird ja sehr klar darauf hingewiesen, das die Depression die BEIDEN Partner „verarscht“, sprich sie aufeinander hetzt und sich durch diese Interaktion wunderbar ernährt. Reagieren wir nach Gefühlen, gelingt es der sehr verdeckt agierenden Depression uns auseinander zu bringen. Für mich ist diese Krankheit ein seelischer Parasit, der sich durch BEIDE Partner ernährt.
Wie lange man die Gefühle immer wieder relativieren kann, weiß ich nicht. Krankheit und Partnerprobleme sind nicht trennbar, denn gerade die Partnerprobleme habe ihre Ursachen im Verhalten der Krankheit. Irgend wann geht das vermutlich nicht mehr, wird die Last der Vernunft zu schwer und wir beenden die Beziehung.

Liebe Grüße Bernd
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von tommi »

Liebe Leser,

ich möchte für alle erstmal vermelden, dass das Eis zwischen meiner Frau und mir gebrochen . Wie schnell doch die Stimmung wieder steig . Wieder einmal bewahrheitet sich, wenn der Nichtbetroffene nicht den ersten Schritt macht, wird das nie was . Auch wenn ich es mir mal so gewünscht hätte. Nun ja, ich bin auf jedenfall froh, dass die Eiszeit vorbei ist.

Lieber Bernd,

ich habe es irgendwo auch schon mal geschrieben, geht es dem Partner schlecht, geht es einem auch nicht so gut. Der Unterschied ist, wie du schreibst, wir kommen da von alleine heraus und der Partner braucht dazu Hilfe.

Dein letzter Satz lässt mich erahnen, wie es dir im Moment geht. Es hört sich so an, als würde eigentlich jede Beziehung mit einem depressiven Partner zum Scheitern verurteilt sein. Dem möchte ich widersprechen und nicht nur, weil ich im Moment wieder im Hochgefühl meiner Beziehung stecke.

Ich wünsche dir so sehr, dass deine Frau dich wieder zulässt, damit du auch wieder die schönen Seiten deiner Partnerschaft erfahren kannst. Ich kann mir vorstellen, dass du das Gefühl hast gegen Windräder zu kämpfen.
Ich bin schon fast der Meinung, dass ich hier nicht mitreden kann, weil ich so eine Extremsituation, wie du sie erlebst, noch nie mit meiner Frau erlebt habe.
Bei uns ging es- ich weiß nicht, wie ich mich ausdrücken soll- ineinander über. Meine Frau hat mit mir schon immer ihre Gefühle gesprochen, ihre Ängste mitgeteilt, bis ich gemerkt habe, dass ich ihr nicht mehr helfen konnte. All mein gutes Zureden, wurde letztendlich immer von ihrem "ich weiß ja, dass du recht hast, aber ich kann daran nichts mache" abgeschlossen. Sie ging in Thrapie und die Diagnose wurde gestellt, ich informierte mich intensiv gerade hier im Forum über die Krankheit und wir leben seit dem damit und zwar eben mit dieser schönen inniger gewordenen Liebe. Die letzte jetzige Tifphase meiner Frau hat mir bewußt gemacht, dass nichts von alleine kommt und man eben kämpfen und immer wieder an der Beziehung arbeiten muss.

Ich wünsche dir, dass du auch bald mit deiner Frau diese Gespräche führen kannst.

Gruß
Tom
bersch0507
Beiträge: 52
Registriert: 12. Jan 2005, 15:31

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von bersch0507 »

Hallo Tom,

im Gegenteil, ich bin optimistischer denn je. Weil ich verstanden habe, meine negativen Gefühle (Wut, Trauer, Verzeiflung..) zu akzeptiere, mich aber nicht mehr davon leiten lasse. Das habe ich eigentlich die ganzen letzten Jahre getan. Zu begreifen, das diese Krankheit beide Partner manipuliert, war mir wichtig. Ich bin mit mir jetzt besser im reinen und das strahle ich auch aus (denke ich). Mehr kann ich im Moment nicht tun und geduldig auf den richtigen Zeitpunkt für ein echtes Gespräch warten. Danke für deine guten Wünsche, kann sie gebrauchen.

Übrigens, da die negativen Gefühle auch euch zeitweise beherrschen können, wie ihr geschrieben habt, darum habe ich den Beitrag geschrieben.

Uns allen ein schönes Wochenende
Gruß Bernd
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Umgang mit Depressionen in bestehenden Beziehungen!

Beitrag von tommi »

Lieber Bernd,

das ist schön, dass ich dich falsch verstanden habe .
Ich habe deinen Beitrag auch verstanden und gebe dir recht, dass die Krankheit beide manipuliert.

Gruß
Tom
Antworten