Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

bersch0507
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von bersch0507 »

Hallo Tina,

herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort. Leider hast du meine Formulierungen sehr direkt genommen. Wenn ich z.B. „“ verwende, meine ich das Wort nicht im ursprünglichen Sinn, sondern als Synonym für eine Tendenz. Es ist auch nicht so, das ich immer selbst auf diese Fragen komme. Ich habe sehr viel im Internet gelesen. Besser gesagt, ich will es lieber überspitzt auf den Punkt bringen, als es zu umschreiben. Da dann die Reaktionen klarer ausfallen hilft das mir eher, mir eine eigene Meinung zu bilden oder einfach was dazu zu lernen. Also bitte nicht als „unsensibel“ oder „der ist aber ahnungslos“ einstufen.

Natürlich sind mir die Gefühlsnöte der Betroffenen grundsätzlich „bekannt“. Die Depression ist eine Krankheit, der Betroffene ist krank und im positiven Fall weiß er das auch. Die Edeltraud hat den sachlichen Begriff „sekundärer Krankheitsgewinn“ erläutert und ich denke, den sollten wir nicht wegschieben. Natürlich muß es nicht zutreffen, aber scheinbar haben einige es doch anders erfahren. Ich versteh auch nicht, warum das so negativ gewertet wird! Die Betroffenen sind wie wir keine Heiligen und es ist doch menschlich, wenn ein Kranker so reagiert. Warum ich darauf so „herumreite“: wir Angehörigen sollten darauf achten, das sich nicht alles nur um die heimtückische Krankheit dreht (wird alles zugeschoben), der Betroffene nicht zum unkritischen Mittelpunkt wird, sondern Partnerschaftsthemen und unsere Charakter mit einbezogen werden müssen. Nicht für die Hilfe bei der Krankheit, sondern für die realistischere Einschätzung unserer Partnerschaft und zum Schutz unserer eigenen Seele (Selbstaufgabe).

Du hast deinen Partner beschrieben. Wenn ich es richtig verstehe, ist er dir gegenüber „dankbar“ und hat eher Probleme, deine Hilfe selbstverständlich anzunehmen (Selbstwertgefühl). Aus meinem Mailverkehr (habe aus dem Archiv einige „Alte“ angeschrieben, mit der Bitte „wie ist es weitergegangen“) habe ich aber auch einige kritischere Bemerkungen/Abläufe erfahren. Es wurde auch ganz klar gesagt, das „zu viel“ Verständnis (das Wort verhätscheln habe ich daher) auch kontraproduktiv ist. Ferner gibt es Betroffene, die nicht wie dein Partner, den Angehörigen so in seiner Hilfe sehen. Was ich bisher gelesen habe, ist es öfter beschrieben, das der Zugang eher „versperrt/abgelehnt“ wird.

Um gleich Missverständnisse auszuschließen: ganz klar, jeder Betroffene ist eine Persönlichkeit und seine Krankheit verändert ihn zusätzlich noch unterschiedlich. Wir Angehörige suchen nach vergleichbaren Situationen, was natürlich nicht gelingt. Bei mir selbst habe ich festgestellt, das ich unsere Situation vor einigen Wochen ganz anders gesehen habe. Also aus den Beiträgen die Vielfalt aufnehmen und die eigene Situationsbeurteilung lange offen lassen. Die Grundregeln beim Umgang mit einem Betroffenen sind relativ schnell zu erfahren. Die eigene Situation zu verstehen, seinen Partner zu begreifen, ist unendlich schwieriger. Wir Angehörige, welche am Anfang stehen, wollen ja lernen und möglichst keine groben Fehler machen.

Ich habe jedenfalls folgendes gelernt:
- ich liebe meine Renate (war mir so nicht vorher bewusst, im grauen Alltag verschüttet gegangen),
- ich verstehe jetzt deutlich mehr, warum sie so ist und warum ich so verletzt bin;
- ich glaube zu wissen, wie ich ihr helfen kann (und da habe ich mich radikal umstellen müssen)
- ich plane und analysiere nicht mehr (Kopfmensch), ich lasse es mehr laufen (nicht den Strudel „betreten)
- ich sehe eine große Chance für unsere Partnerschaft, halte aber auch ein Scheitern für möglich.

Danke, ein schönes Wochenende & Gruß Bernd
Motte777
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Motte777 »

Hallo Bernd,

es stimmt schon, dass mir in Deinen Beiträgen immer wieder die Ausdrücke Selbstmitleid, Freifahrtschein, ausnutzen, sich in den Mittelpunkt stellen etc. in Bezug auf die depressiven Partner aufgefallen sind.
Da war es mir ein Bedürfnis (ja ich fühlte mich direkt verpflichtet) meinen Freund und andere depressive Menschen etwás in Schutz zu nehmen.
Persönlich genommen habe ich das sicher nicht und für unsensibel halte ich Dich auch nicht;-) Ich denke, jeder geht auf seine eigene Art mit dieser Situation um und macht sich seine ganz eigenen Gedanken.

Und ja, bei allem Verständnis müssen wir darauf achten, nicht auf der Strecke zu bleiben.
Ich habe inzwischen die Einsicht gewonnen, dass ich mich ganz losgelöst von den derzeitigen Problemen meines Freundes gut um mich kümmern kann und daraus auch die Kraft ziehe, weiterhin für ihn da zu sein.

Dir und Deiner Frau wünsche ich, dass es zu einer gemeinsamen Therapie kommt und dass die Zeit nach der Depression Euch die Möglichkeit gibt, Euch wieder anzunähern.

Viele Grüße,
Tina
bersch0507
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von bersch0507 »

Liebe Tina,

das ist es was ich meine: du fühlst dich verpflichtet, die Betroffenen vor solchen "Unterstellungen" in Schutz zu nehmen. Wenn ich diese Punkte frage, dann nur, weil scheinbar viele überhaupt darüber nicht "nachdenken" oder wie du, es ganz ausschließen, ja sogar die Frage danach schon "falsch" ist. Bei Gott, es sind für mich natürlich keine zentrale Themen, aber ich brauche doch nicht wiederholen, was andere schon geschrieben haben. Also bitte nicht gleich auf kritische Ansätze gleich so reagieren, auch wenn es gut gemeint ist.

So, ich mache mich auf den Weg ins WE, hole meinen Sohn ab und dann am So in einen Kurzurlaub (leider alleine).
Gruß Bernd
Edeltraud
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Edeltraud »

Hallo @all,

zum Thema sekundärer "Krankheitsgewinn" durch Betroffene und/oder Angehörige:

ob absichtlich oder nicht absichtlich
ob bewusst oder unbewusst
HEILIG sind wir wohl alle nicht

Wir alle sollten uns darüber klar sein (Betroffene als auch Angehörige), dass der sekundäre Krankheitsgewinn eigentlich ein Verlust ist.

@Bernd
Dir einen angenehmen und erholsamen Urlaub!

Viele Grüße
Edeltraud
bersch0507
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von bersch0507 »

Hallo Edeltraud,

ich melde mich aus dem Kurzurlaub zurück und habe etwas verwundert das Forum
http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1106907362
gelesen. Leider sind die Ausführung sehr, sehr allgemein gehalten. Was mich erstaunt, das ein Angehöriger einen positiven Krankheitsverlauf als negativ empfinden kann. Es ist doch oft beschrieben, wie hilflos es den Angehörigen geht, wenn die Betroffenen im Tief sind. Für einen Angehörigen kann dieser Zustand doch keinen „Gewinn“ darstellen. Sollte es Angehörige geben, die diesen Zustand wollen? Was soll da erstrebenswert sein, wenn der Partner sogar Selbstmordgedanken hat? Diese Krankheit reißt doch den Angehörigen, bei „klarem“ Bewusstsein, selbst in die Krise. Es gelten keine „Regeln“ mehr und man verlangt von uns zu recht, nichts persönlich zu nehmen, Verständnis und Geduld zu haben.

Ein depressiver Mensch hat doch ein geschwächtes Selbstwertgefühl. Für ihn muß doch der Partner als stark und „mächtig“ erscheinen. Sind das nicht die düsteren Gedanke und Gefühle, die solche Vorwürfe erst möglich machen. Gefühle sind, auch wenn sie mächtig sind, noch lange keine Tatsachen. Als Angehöriger muß man sich ohnehin mit Vorwürfen auseinander setzten, deren Begründung uns schmerzen und oft mehr als verwundern.

Dieses Gefühl haben die Betroffenen, wenn es ihnen besser geht. Empfinden sie dann die auf das „normale“ reduzierte Zuwendung des Angehörigen bereits als „Niedermachen“? Nun, es ist aber leider so, das die Betroffenen diesen Eindruck haben. Mit Interesse werde ich die Ausführungen dort verfolgen um selbst keine Fehler zu machen.

Würde mich freuen, wenn das Thema die Betroffenen genauer beschreiben und ob Angehörige, auch nur theoretisch, diesen Vorwurf für realistisch halten. Man muß auch bedenken, das solche Vorwürfe einen „neuen“ Angehörigen mächtig verunsichern könnten.

Ich hoffe, das deine einleitende Frage
>> wie bekämpfe ich als Betroffene den negativen sekundären Krankheits-"Gewinn" von Angehörigen? <<
nicht wirklich so negativ gemeint war.

Wünsche uns noch eine ruhige Woche
Gruß Bernd
Edeltraud
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Bernd,

zu meinem Posting v. 21.01. 09.31 Uhr:
"Ergänzend möchte ich hinzufügen, dass es durchaus auch einen sekundären Krankheitsgewinn der Angehörigen/Behörden gibt."

Damit meinte ich nicht dich - es war eine Ergänzung/Verallgemeinerung.
Ich hoffe, du fühltest dich nicht angegriffen - hier im Forum fühlen sich viele oft angegriffen (ist jetzt wieder eine Verallgemeinerung und eine Feststellung)

Andere sagen von mir, dass ich sehr realistisch bin - vielleicht zu realistisch.
Zum Thema "sekundärer Krankh.gewinn der Angehörigen" habe ich mich nur sehr allgemein geäußert, da mich dies nicht ohne Grund sehr belastet.
In dem von mir eröffneten Thread werde ich mich deswegen nicht mehr dazu näher äußern, aber ganz bestimmt werde ich diesen Thread weiterhin mitverfolgen.

Ich hoffe auf einen weiterhin regen Gedankenaustausch in diesem und dem anderen Thread.

Viele Grüße
Edeltraud
bersch0507
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von bersch0507 »

Guten Morgen Edeltraud,

nein, ich fühle mich nicht angesprochen. Es ist ja auch richtig, unverblümt das zu schreiben, was man fühlt. Schade das du nicht konkreter werden willst. Aus anderen Kontakten habe ich gelernt, das depressive Menschen in ihrer Depression "handlicher" werden und das Angehörige das dann "gut" finden. Diese Sichtweise war mir neu. Die Wirkung der Depression verändert scheinbar auch den Charakter. Ich war vorher der Meinung, das die Depression den Charakter nicht verändert, sondern "Eigenarten" eher hervorhebt. Wieder was dazugelernt!

Ich wünsche dir gute Erfahrungen mit deinen Mitmenschen.
Liebe Grüße Bernd
Edeltraud
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Bernd,

ich empfand es nicht so, dass sich mein Charakter in der Krankheit verändert hat. Ich sehe das auch heute nicht so, nachdem ich nicht mehr so extrem krank bin.
Ich hatte nur mein Verhalten in der Schwere der Erkrankung geändert - nicht ohne Grund - mehr dazu vielleicht später.

Mein Verhalten hat sich wieder verändert mit dem Auftauchen aus der Depression. Dahingehend, dass ich krankmachendes Verhalten abgelegt habe, welche mich u.a. mit in die Depression katapultiert hat - ein schwieriger und langwieriger Prozess.

Ich empfand es auch so, dass sich in der Schwere meiner Erkrankung der wahre Charakter von Angehörigen (Angehörige auch im weitestem Sinne) zeigte.

Natürlich machte ich auch positive Erfahrungen mit Menschen!
Viele liebe Menschen lernte ich erst durch die Erkrankung kennen. Das ist mein persönlicher "sekundärer Krankheitsgewinn".

Vielleicht erkläre ich dir das ganze später noch ausführlicher, aber nur in der "man-Form" - muss erst noch genauer darüber nachdenken - kann dauern.

Herzliche Grüße
Edeltraud
bersch0507
Beiträge: 52
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von bersch0507 »

Liebe Edeltraud,

das mit dem Charakter habe ich nicht auf dich bezogen. Aus anderen Beschreibungen habe ich erfahren, das aus "aufmüpfigen" Menschen "handzahme" Wesen werden. Das meinte ich damit und das hat mich erstaunt.

Ich freue mich als "Mann auf die man-Form" (schönes Wortspiel). Habe schon verdammt viel von Euch gelernt und hoffentlich auch begriffen.

Bis dann & Gruß Bernd
deep
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von deep »

Hallo Bernd,

vielleicht, wahrscheinlich sogar sicher, haben wir uns ein wenig missverstanden.

Ich würde nicht behaupten, dass sich mein Charakter verändert hat in der Zeit der Depression, es war "nur" das verschwunden, was mein Wesen zuvor ausmachte, weil ich es nicht mehr äußern konnte. Ich war nicht mehr ich, sondern ich war völlig aus der Spur.
Jetzt, wo ich ein ordentliches Stück weit wieder gesund bin, bin ich auch wieder ich. Nicht ganz so, wie zuvor, weil da eben eine herbe Erfahrung dazwischen liegt, aber ich bin wieder da. Vielleicht mit anderen Prioritäten, was mir in meinem Leben wichtig ist, aber meistens wieder mit dem Mut, den ich vor der Krankheit hatte.

Die Krankheit führte bei mir sicher zu einer Veränderung meines Wesens, aber nicht zu einer Veränderung meines Charakters an sich. Ich glaube, wenn ich nicht grundlegend kämpferisch veranlagt wäre, hätte ich mich gar nicht getraut, mich gegen meine Krankheit zu stellen. Auch hier: Meine ganz persönliche Anmerkung zu meinem ganz persönlichen Aspekt "Depression".

Lieben Gruß
Karin
bersch0507
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von bersch0507 »

Danke liebe Karin für die Klärung. Ich habe es auch verstanden. Für uns Angehörige wirkt es aber wie eine Änderung der Wesensart / des Charkters. Wir versuchen ja andauernd die Situation zu analysieren, weil eben die Standards nicht mehr gelten. Es ist schon wichtig zu erfahren, wie du das siehst, das erfahren hast. Wir können also weder aus dem Verhalten noch aus der scheinbaren Wesensart Rückschlüsse auf unsere Partnerschaft ziehen. Habe es verstanden, nun ist es aber auch ein Stückchen schwieriger geworden. Wir müssen also noch mehr den Menschen vor der Krankheit sehen um dann mit Vertrauen und Geduld auf das Licht im Tunnel warten.

Danke und ich hoffe das es für dich weiter aufwärts geht.
Liebe Grüße
Bernd
bersch0507
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von bersch0507 »

Hallo @all,

auch wenn ich im Kopf einiges verstanden habe, die Seele nimmt darauf keine Rücksicht. Ihre Kälte sticht tief. Ich habe den Kontakt, auch wenn es mir sehr schwer fällt, „heruntergeschraubt“. Die Kinder sind jetzt eine Woche außer Haus und sie fuhr gestern zu Ihrer Freundin nach Karlsruhe. Das „angekündigte“ gemeinsame Gespräch und der gemeinsame Termin beim Therapeuten hat sie verdrängt, sicher nicht vergessen. Die kurzen Telefonate sind freundlich kühl, die kleinste Bemerkung zur Situation beendet das Gespräch. Über ihr Empfinden oder wie es mir geht, darüber darf nicht gesprochen werden. Wir reden nur über das „Wetter“. Vor dem Auflegen sage ich nur kurz, das ich sie sehr vermisse oder das ich immer für sie da bin, sie schweigt. Ich denke, ich verhalte mich „vorbildlich“.

Vor 4 Monaten bin ich auf ihren Wunsch, gegen meine Überzeugung, ausgezogen. Das der starke Wunsch nach räumlicher Trennung ein Teil der Krankheit ist, habe ich erst hier im Forum erfahren. Dazu auch die „Lustlosigkeit“, den Kontakt zu suchen. Dazu kommt, das ich ihr Wesen kenne: sie ist freundlich introvertiert, Schuld sind immer die Anderen und Problemen geht sie aus dem Weg. Das läst mich nicht hoffen!

Diese Wochenenden sind für mich Horror und ich beginne schon am Donnerstag mich davor zu fürchten. Ich muß sie strukturieren, irgendwelche „Events“ einbauen um nicht zu viel in der Wohnung zu sein. Wie gesagt, der Kopf funktioniert nur der Bauch rebelliert.

Wie lange soll dieser „es-tut-sich-nichts-Status“ noch andauern? Ich werde mir ein Zeitlimit setzen, noch 2 Monate, dann werde ich eine Entscheidung „herbeiführen“: reden oder Trennung!

Kann ich für ihr Verhalten allein die Depression verantwortlich machen? Wer nicht will hat schon? Bei einer räumlichen Trennung: Dieses verdammte Dilemma der aufgezwungenen Passivität auf meiner Seite und bei ihr die Interessens-/Gefühllosigkeit der Depression, wie soll das zu einer Klärung führen? Klar, das könnt ihr mir auch nicht beantworten, aber was meint ihr, was sind euere Erfahrungen als Angehörige UND als Betroffene?

Würde mich freuen, wieder von euch zu lesen. Bis dann & liebe Grüße, Bernd.
Motte777
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Motte777 »

Hallo Bernd,

oh ja, dieser "es-tut-sich-nichts" Zustand lässt sich manchmal nur sehr schwer ertragen und ich glaube, ein zeitliches Limit lässt sich da auch nicht setzen, da sich der Zustand von Seiten Deiner Frau wohl erst ändern wird, wenn die Depression abklingt. Ich verstehe aber, dass Du Dir ein Limit setzen musst, um daran nicht zu zerbrechen.
Ich erlebe ähnliches im Moment und die Passivität, die Du beschrieben hast, treibt mich auch manchmal soweit mich zu fragen, wie lange ich das wohl aushalten kann.
Ich weiß eben, dass sich nichts ändern wird, solange diese "Schatten" über meinem Freund hängen. Während dieser Zeit bekomme ich von ihm nur sehr selten und sehr kurz Information darüber, wie es ihm gerade geht.

Ich versuche meine Freizeit so auszufüllen, dass mir nicht viel Zeit bleibt, um zu grübeln und vor allem tue ich alles, um mir selbst Gutes zu tun, um mir selbst "die Seele zu streicheln".
Ich verabrede mich mit Freunden, gehe ins Kino, mache einen Sprachkurs etc.

Ich wünsche Dir noch sehr viel Geduld aber auch die Kraft, Deine Grenzen zu erkennen und auch für Dich das Richtige zu tun.
Ich wünsche Dir, dass es gelingt.
Ich weiß auch noch nicht, ob es mir gelingen wird.
Das hängt eben auch sehr stark von meinem Freund ab.

Tina
Ele
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Ele »

Hallo Bernd und alle anderen Angehörigen,

ich bin zutiefst berührt davon wie ihr um Eure kranken Partner kämpft, und es ist für mich sehr aufschlussreich zu hören was Ihr alles durchmacht. Mein Mann konnte das nicht aushalten und hat mich vor 2 Jahren verlassen. Ich verurteile ihn deshalb nicht, aber bin traurig, weil ich erst jetzt merke was ich verloren habe und doch hätte ich ja meine Krankheit nicht einfach abstellen können. Ich wollte damals nicht wahrhaben, dass ich depressiv bin, und mein Mann war immer der Meinung, man muss sich nur zusammenreißen. Vielleicht war er nicht immer mein "Traumpartner" aber wir haben viele schwierige Phasen gemeinsam gemeistert und 2 Kinder in die Welt gesetzt. Schön, wenn man es abwarten kann, bis der Kranke wieder am Leben teilnehmen kann.
Während meiner Ehe hatte ich nur einen Wunsch, nämlich, dass mein Mann mich einfach in den Arm nimmt, dass ich mich anlehnen kann, dass ich weiß, da ist jemand der zu mir steht, obwohl ich nicht perfekt bin. Ja, das hätte ich mir so sehr gewünscht. Ich habe mich so schuldig gefühlt, wäre gerne auf ihn zugegangen, konnte aber nicht. Naja, vorbei...
Sekundärer Krankheitsgewinn hin oder her, jemanden zu haben, der zu einem steht, wenn es einem schlecht geht ist mehr als man sich wünschen kann.
>> Du mußt Chaos in dir tragen um einen tanzenden Stern zu gebären...>>

Friedrich Nietzsche

Motte777
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Motte777 »

Hallo Ele,

es ist so gut einmal etwas von einem Betroffenen zu hören, da wir Angehörigen doch immer nur raten können, wie es in unseren Partnern aussieht.
Du schreibst z.B., dass Du Dir gewünscht hast, Dein Mann würde Dich einfach in den Arm nehmen. Weißt Du, ich würde meinen Freund so gern einmal wieder in den Arm nehmen, doch er gibt mir das Gefühl, dass er lieber allein sein möchte. Ich überlege die ganze Zeit, ob er sich "freuen" würde, wenn ich ihn besuchen würde, oder ob er das als "Eingriff in seine Privatsphäre" betrachten würde. Einerseits denke ich, dass auch er die körperlich Nähe vermissen muss aber andererseits lese ich aus seinen e-mails, dass er jetzt allein gegen die Krankheit kämpfen muss und keine Kraft für jegliche Kontakte hat.
Ich möchte einfach das Richtige tun.
Ich kann nicht "teilnehmen" an seinem Leben und das seit fast 3 Monaten.

Es tut mir leid, dass Du durch diese Krankheit Deinen Mann verloren hast. Auch meinem Freund ging es so, als er vor 6 Jahren zum ersten mal eine Depression hatte.
Seine Frau hat es auch nicht mehr geschafft und hat sich von ihm getrennt. Diese Krankheit ist wirklich vernichtend.

Ich würde mich sehr freuen, mehr von Dir zu lesen;-)

Tina
bersch0507
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von bersch0507 »

Hallo Ele,
danke für deine Zeilen. Es ist schön, wenn ein Betroffener im „Bereich“ der Angehörigen etwas von seinem Inneren preis gibt. Ich habe natürlich keine Ahnung, was dein Mann für ein Typ ist und ob er sich mit der Unlogik deiner Krankheit auseinandergesetzt hat. Sich um seinen Partner zu kümmern ist ja eigentlich nichts besonderes: ... wie auch in schlechten Tagen. Unser Problem ist, wir können unseren Partner nicht erreichen, nicht erschließen und nicht „logisch“ verstehen. Vielleicht hast du gar nicht komplett realisiert, wie er um dich gekämpft hat? Hast du ihm auch wirklich gesagt, das er dich in den Arm nehmen soll? Lese ruhig einiges von den Angehörigen. Vielleicht kannst du in zukünftigen Tiefen daran denken. Wir Angehörige brauchen euere Unterstützung in Form von wenigstens kleinen Zeichen.
Was die Tina schreibt ist genau einer dieser verrückten Punkte. Die Schulter wird gewünscht aber die Anwesenheit des Partners belastet. Der Kontakt soll nicht abreißen, aber der Kranke vergißt den Partner in seiner Leere. Ein Beispiel ist der Link aus unserem Forum: >>Nähe zum Partner unerträglich geworden, kennt jemand dieses auch?<<
http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1105279516
Wir sind ausgeschlossen, Tina schreibt >>Ich kann nicht "teilnehmen" an seinem Leben<<.

Ich wünsche dir, liebe Ele, ein Lächeln und von Herzen sonnige Tage! Gruß Bernd


Hallo Tina,

wir sind halt nicht allein mit unseren scheinbar unüberwindlichen Gefühlsproblemen. Das mit dem Limit habe ich bezogen auf: reden oder Trennung. Auch wenn es „der Lehre widerspricht“, irgendwann muß man über das Thema reden, wie tief oder erfolgreich auch immer. Ich denke es geht euch auch so: wir lieben unseren Partner, aber jeden Tag bröckelt ein ganz kleines Stück ab. Nur Hoffnungssignale vom Partner würden „kleben“ und uns stärken, es für die Partnerschaft unbeschadet durchzustehen. Schade das wir alle über D verteilt wohnen und uns nicht einmal "spontan" zu „einem Bierchen“ zusammensetzen können. Der PC ist nur Ersatz, den menschlicher Kontakt ersetzt er nicht. Aber dieses Forum ist toll, mir hat es sehr viel geholfen.

Deine Wünsche, liebe Tina, auch zurück, besser kann man es ja nicht sagen.
Gruß Bernd
Ele
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Ele »

Liebe Tina, lieber Bernd,
es ist schon alles sehr kompliziert: Ich hätte mir sehr gewünscht, dass mein Mann mich auffängt, aber ich glaube nicht, dass ich es ihm signalisiert habe. Wenn er mich in den Arm genommen hätte, ich weiß nicht ob ich es zulassen hätte können. Ich weiß nur, dass ich mich unheimlich schuldig gefühlt habe, ich habe mich vor ihm geschämt und mich deshalb vielleicht auch selbst abgewendet. Das ist ja das Ambivalente, dass man sich wünscht sich anlehnen zu können, sich aber zurückzieht, wenn der andere auf einen zukommt. Ich wußte ja nicht, was mit mir los war, ich war wie eingemauert, ich habe zwar mein Tagwerk geschafft, mich um die Kinder gekümmert etc., für meinen Mann reichte die Kraft nicht mehr.
Ich muss dazu sagen, ich wußte damals ja nicht, dass ich an Depressionen leide und mein Exmann ist einer der nicht besonders viel Tiefgang besitzt und mit der Situation überfordert war. Psychische Erkrankungen sind ihm fremd. Er ist ein Mensch, der nie über sowas nachdenken würde. Wir hättens wohl auch nicht geschafft, wenn wir gewußt hätten, dass ich Depressionen habe und ich merke, dass mir das nach fast 2 1/2 Jahren noch immer unheimlich weh tut.
Ich weiß nicht, was ich Euch raten soll, wie ihr Euch verhalten könntet. Ich weiß nicht, ob man sich richtig oder falsch verhalten kann. Eines sollte man nicht vergessen: Es hat keiner Schuld, auch wenn man das selber so empfindet und man darf sich selber nicht verlieren.
Ich wünsche Euch viel Kraft und das ihr für Euch die richtige Entscheidung findet.
Gruß
Ele
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Friedrich Nietzsche

Motte777
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Motte777 »

Hallo Ele, hallo Bernd

Ele, Du hast geschrieben, dass Du Dich Deinem Partner gegenüber geschämt hast und Dich deshalb abgewendet hast. Das höre ich von meinem Freund ganz oft, dass er sich als Niete empfindet und es ihm unendlich leid tut und er sich dafür entschuldigt, dass er mir das alles antut.
Ich möchte ihn halt manchmal einfach in meinen Arm "zwingen", ihn schütteln und ihm sagen, dass er sich für nichts entschuldigen muss. Das geht wohl aber nicht;-)
Es ist genauso wie Du sagst: Gehe ich auf ihn zu, dann geht er einen Schritt zurück.
Also kann ich nur warten, aber wie lange?

Bernd, vielleicht wohnen wir ja gar nicht soo weit voneinander entfernt und wissen es nur nicht;-)
Auch ich würde mich unheimlich gern mal persönlich mit dem ein oder anderen treffen.
Ich habe noch nicht ganz raus, wie man hier seine e-mail freischalten kann, also gebe ich Dir einfach mal meine private. Melde Dich gern und vielleicht finden wir ja heraus, dass die Entfernung überwindbar ist.
Das gilt übrigens auch für Euch anderen.

tina_johanssen@yahoo.de

Liebe Grüße,
Tina
Ele
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Ele »

Hallo Tina,
ich weiß nicht wie lange Du warten musst.
Das Problem ist, dass man als Depri selbst ja kein Selbstbewußtsein mehr hat. Wie kann mich nur jemand lieben, wenn ich mich selber nicht ausstehen kann, bzw. wenn ich mir selber "fremd" bin. Unser Sexualleben hat fast nicht mehr stattgefunden. Zeitweise dachte ich mir ich mach jetzt einfach mit, aber es ging einfach nicht, wiegesagt ich war wie hinter einer Mauer. Eigentlich würde ich am liebesten meinen Exmann in den Arm nehmen, ich glaube, ich habe ihm viel angetan. Ich war so wütend, weil er uns im Stich gelassen hat, leider sind ja auch die Kinder betroffen: Aber ich habe ihm wohl viel "angetan". Trotzdem muss man sich von der "Schuld" freimachen, man machts ja nicht absichtlich. Ein Mann hats da natürlich noch schwerer. Obwohl ja heute nicht mehr nötig, hat ein Mann doch das Image vom starken, versorgenden Beschützer.
Mein Bruder hat scheinbar auch Depressionen, sagt es aber nicht. Er sitzt nur seit seinem Diplom bei meinen Eltern zu Hause und arbeitet nicht und hat auch keine sozialen Kontakte mehr. Das ist noch wesentlich schlimmer.
Übrigens finde ich mich selber unzumutbar für einen neuen Partner, das sagt mein Bauch. Wenn ich mir überlege, was ich zu geben hätte fällt mir nichts ein. Ich habe aber doch viele Bekanntschaften und kann deshalb nicht so unmöglich sein, sagt mein Kopf. Vielleicht kommt ja doch noch mal einer und reißt meine Mauer ein und dann geht das ganze Spiel hoffentlich nicht wieder von vorne los.
Übrigens glaube ich, dass das schon auch was zu sagen hat, dass man sich "labile" Persönlichkeiten als Partner aussucht. Ich z.B. habe mir als ersten Ehepartner einen Drogensüchtigen ausgesucht und damit haben alle meine Probleme angefangen...
Ich wünsche ganz viel Kraft, aber Bitte vergiß Dich dabei nicht
Gruß Ele
>> Du mußt Chaos in dir tragen um einen tanzenden Stern zu gebären...>>

Friedrich Nietzsche

Motte777
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Motte777 »

Hallo Ele,
nein, ich vergesse mich dabei nicht, auch wenn ich mich hier gerade ziemlich nachdenklich und "verletzt" anhöre. Ich weiß, wie ich es mir gut gehen lassen kann und das tue ich auch.
Was Du da beschrieben hast, dass Du Dich selbst keinem neuen Partner zumuten möchtest, dass ist genau die Sorge, die ich bei meinem Freund habe. Ich habe Angst, dass er auch nach der Depression Abstand von mir hält weil er denkt,er könne mir nichts bieten.
Wie bereits erzählt entschuldigt er sich ganz oft dafür wie er ist. Er schreibt, genau wie Du, dass er sich selbst nicht mehr kennt und nicht mehr der Mann ist, der er einmal war.
Nun, ich warte seit 3 Monaten, weil ich weiß, dass er mir sehr wohl etwas zu bieten hat.Hätte ich nicht vor der Krankheit seinen "wahren Charakter" kennenlernen können, dann wäre ich wohl auch nicht diesen Weg gegangen.
Ich sehe es auch nicht so, dass er mir etwas antut mit dieser Krankheit. Ich habe mich mit dieser Krankheit sehr intensiv auseinander gesetzt und weiß, dass ihn keine Schuld trifft, dass er derjenige ist, der den wirklich grausamen Kampf zu kämpfen hat. Es hat mir aber auch sehr geholfen, dass er mit mir vor dem Ausbruch dieser depressiven Phase über seine Krankheit gesprochen hat. Es hat mir geholfen, dass er mir beschrieben hat,wie es ihm bei der 1. Depression vor 6 Jahren ergangen ist und dass ihn seine Frau deshalb verlassen hat. Er sagte mir, dass er unter dem Einfluss dieser Krankheit ein echtes Scheusal sei.
Seine Erklärungen haben mir geholfen mit seinem jetzigen Verhalten umzugehen und es zu verstehen.
Ja, ich denke oft, wie lange es wohl noch dauern wird aber ich bin wohl von Natur aus so optimistisch und so positiv eingestellt, dass mich so leicht nichts umhaut.
Ich hoffe, dass bleibt noch eine Weile so.

Dass es auch Deinem Bruder so schlecht geht, tut mir leid. Ich hoffe, er wird bald erkennen, was mit ihm los ist und wird Hilfe annehmen. Allein wird er das wohl nicht bewältigen können, aber wem sage ich das. Du weißt das ja selbst am besten.
Ich glaube auch, dass depressive Männer anders mit der Krankheit umgehen. Sie ziehen sich noch stärker zurück und sind emotional wohl auch um einiges schwerer zu erreichen.

Was zukünftige Partnerschaften angeht, so solltest Du versuchen, ganz fest an Deine guten Seiten, von denen Du sicher unzählige hast, zu glauben und Dein Selbstwertgefühl zurückzugewinnen. Ganz bestimmt ist es so, dass Deine Freunde und Bekannte Dich nicht ohne Grund so zu schätzen wissen. Es wird schon daran liegen, dass Du ein toller Mensch bist!
Also nimm es einfach so an und klopf Dir mal selbst auf die Schulter;-)
Vor allem glaube daran, dass auch Du anderen viel zu geben hast.

Liebe Grüße,
Tina
bersch0507
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von bersch0507 »

Hallo Tina,
das mit dem Unterschied zwischen Männern und Frauen ist sicher richtig, die gehen beide anders mit Problemen um. Im Forum gibt auch nur wenige Männer. Verschlossen sind sie aber alle. Ob laut oder leise, das ist sicher Wesensart, wobei Männer generell aggresiever sein können (war für die Evulution auch sinnvoll war).
Bis bald Gruß Bernd.

Hallo Ele, du bist nicht mehr oder weniger Wert, nur weil du krank bist. Natürlich verstehe ich, wenn du einem neuen Partner gegenüber "verkrampfst". Sicher ist es besser, du bekommst die Depression in den Griff, denn nur so bist du bereit, dich einer Partnerschaft wieder "hinzugeben". Man "liest" ja, das die Chancen damit brauchbar leben zu können, doch groß sind. Ich drücke dir ganz fest die Daumen, das du bald eine Partnerschaft wieder genießen kannst. Bis dahin sind gute Freunde mehr als nur Ersatz.
Und was Tina schreibt bringt es auf den Punkt >>Vor allem glaube daran, dass auch Du anderen viel zu geben hast<<
Lieber Gruß Bernd
Motte777
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Motte777 »

Hallo Bernd,

tja, das Nord-Süd-Gefälle hätte kaum größer sein können;-) Schade. Ich bin aus Hamburg, aber sollte ich mal in die Nürnberger Gegend kommen, melde ich mich sicher;-)

Übrigens habe auch ich es nun geschafft mein Profil freizuschalten.

Bis demnächst und viele Grüße,
Tina
Simpl
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Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Simpl »

Hallo enga,

sorry, Du hattest ganz, ganz oben im Thread ein Post an mich gerichtet und ich habe nicht darauf geantwortet.

Ich will das hiermit nachholen.

Ja, ich schätze mich so ein, dass ich, auch wenn ich emotional angeschlagen bin - wie seit einem Jahr ungefähr - trotzdem sachlich agieren kann.

Wenn es seiner Frau zuviel wird, warum schmeisst sie ihn aus dem Haus? Dadurch wird der Druck ja erhöht. Und vor allem frage ich mich warum zieht er aus!

Also ich habe eine bescheinigte und begutachtete Depression, aber mir würde nie im Leben einfallen mein Frau des Hauses zu verweisen. Im Gegenteil, meine große Stütze ist es, dass ich eine Frau habe die für mich da ist und ein Kind, das ihren arbeitsfreien Tag benutzt um den "kranken" Vater zu besuchen.

Also, und dann die Ratschläge, ich habe das nur quergelesen, weil ich mich auch nicht mehr so konzentrieren kann, aber da zog es mir schon die Schuhe aus - mal bildlich gesprochen.

Verständnis, Mitleid - komm bitte! Auch ein depressiver Mensch weiss wo seine Rettungsanker sind. Und wenn sie in ihrer Krankheit den Mann als Schuldobjekt hilfsweise ausfindig gemacht hat, dann muss der sich dagegen wehren, mit allem was eine ehelich Kommunikation erlaubt. Und vor allem ausziehen und damit die Schuld quasi eingestehen, das ist ja der größte Fehler schlechthin - rein aus meiner Sicht.

Ne, ich mache immer mehr die Erfahrung, dass viele Männer sich einfach in Ihrer Gutmenschlichkeit wohl fühlen um nur nicht dem negativen Bild der Frauen zu entsprechen und sich den Prüglern und Vergewaltigern, die es natürlich auch gibt, abzusetzen.

Aber Selbstaufgabe kann nicht das Ergebnis sein!

Also wie gesagt, ich habe nur quergelesen aber das hat mir schon gelangt.

In jeder Psychotherapie wird der Patient gefordert - auch wenn er depressiv ist. Sich hängen lassen, Schuld zuweisen - und dann die Schuld noch annehmen, das halte ich für katastrophal.

Und wie gesagt ich habe auch Depressionen, aber meinen Verstand habe ich trotzdem. Und ich weiß auch was es für mich bedeudet nicht alleine zu sein. Und das müsste der undankbaren Frau klargemacht werden.

Können wir gerne noch weiter diskutieren. Ich hoffe dass ich das alles halbwegs rüberbekommen haben, ist meine Meinung, lasse mich aber auch gerne überzeugen.

Viele Grüße

Simpl
bersch0507
Beiträge: 52
Registriert: 12. Jan 2005, 15:31

Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von bersch0507 »

Hallo an Alle,

der Beitrag vom Simpl hat „meine“ Themenüberschrift wieder „hochgespült“. Darum will ich euch nun doch mitteilen, welche Phasen ich in kurzer Zeit durchgemacht habe. Vielleicht sind sie für die Neuen etwas hilfreich. Vor 7 Monaten ist es für mich zum Gau gekommen, aus heiterem Himmel, angestaut durch unser Kommunikationsproblem. So wie Simpl es anklingen läßt, so ging es mir damals. Das für mich völlig unverständliche Verhalten von meiner Frau hat mich zutiefst verletzt. Durch die Familiensituation war mir klar, das wir beide burn-out waren. Das uns BEIDE die Depression durch die Interaktion zunehmend massiv manipuliert hat, durch die gegenseitigen Aggressionen (leise gegen laut) sich prima „ernährt“ hat, war mir damals natürlich nicht bewußt. Wir BEIDE waren „dumm“, haben uns nicht schuldig gemacht und brauchen uns eigentlich nicht einmal zu verzeihen. Mir ist erst heute bewußt, wie kraftvoll der Einfluß der Krankheit auf Paare ist und wie verdeckt/unsichtbar (wir zogen die falschen Schlüsse) sie wirkt. Aus über die Jahre hinweg „normalen“ Eheproblemen werden Krisen.
Gegen meinen Kopf hat der Bauch entschieden, dem Wunsch nach räumlicher Trennung, ohne Absicherung, nachzugeben (incl. Schuldeingeständnis für das Umfeld). Ich habe angefangen, mich mit dem Thema auseinander zu setzen, erst die nüchterne medizinische Beschreibung und später die Realität in den Foren.
Der extreme Spagat zwischen dem anwachsenden Wissen im Kopf (die Krankheit erklärt das Paradoxe) und dem frustrierten Bauch (es ist ein Ehe-/Charakter-Thema) hat sich nur sehr langsam geschlossen. Geduld ist nicht meine Stärke und „es nicht persönlich nehmen“ klang sehr lange unrealistisch. Maßgeblich waren die Beiträge hier im Netzwerk! Wir haben zwar immer noch die Kommunikationsprobleme, aus den Kontakten ist aber jede Aggression verschwunden, ich AHNE was in meiner Frau vorgeht und vor allem was ich erwarten darf. Ich lasse sie in Ruhe, wir haben regelmäßigen Kontakt (SMS/Telefon/Roman abholen). Ich sage ihr, ohne etwas zu fordern, das ich für sie da bin und es ihr überlasse, wann sie über das Thema reden will. Ich merke das ihr es gut tut und sie sich jetzt mit sich selbst beschäftigen kann (ich bin kein zusätzlicher Unruheherd mehr).
Natürlich ist die Situation für mich immer noch sehr belastend, aber ich kann sie annehmen. Gegen mein Naturell vermeide ich jegliche Planung/Erwartung und habe gelernt, etwas in den Tag zu leben und loszulassen. Ich habe eueren Rat beachtet und etwas für mich getan (zentral wichtig, denn sonst schafft man es nicht!!!!). Aus dem Internet und den Foren habe ich mir eine lange Liste gemacht (eigentlich für die Betroffenen gedacht), wie ich meine depressive STIMMUNG verhindern kann. Im Gegensatz zu den Betroffenen sind wir Angehörige sehr wohl in der Lage, solche Ratschläge anzunehmen und auch umzusetzen. Wenn es meiner Frau etwas besser geht, werde ich ihr diese Liste auch geben. Ich bin über mich selbst sehr erstaunt, wie ich mein Verständnis aufgebaut habe und daraus die Kraft für die Geduld schöpfe. Wenn ich etwas nachvollziehen kann, dann kann ich es auch akzeptieren! Ich habe meinen Platz in der Situation gefunden und hoffe, ohne etwas zu erwarten. Ein WIR will ich, es ist möglich aber es ist kein MUSS mehr. Am Anfang war ich der Meinung, wenn ich egoistisch was für mich tue, verrate ich meine Liebe. Bei der Depression ist das eben auch paradox zum normalen Zusammenleben. Also mir geht es brauchbar gut und ich bin froh, das wir keine weiteren Probleme haben (Beruf/Finanzen/Gesundheit der Kinder etc.). Danke für euere Begleitung, für die Einblicke durch die Beiträge der Betroffenen und für die Aufmunterungen der Angehörigen.
Liebe Grüße an Alle
Bernd
Simpl
Beiträge: 219
Registriert: 12. Feb 2006, 21:40

Re: Hilfe für Angehörige (Ehepartner)

Beitrag von Simpl »

Hallo Bernd,

freut mich, dass hier ein Lichtblick reinkommt.

Wenn Ihr das bewältigt habt, geht ihr partnerschaftlich gestärkt in eine gemeinsame Zukunft.

Das wünsche ich Euch auf jeden Fall!

Gruß Simpl
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