Schwäche?

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Rolfe
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Registriert: 27. Jul 2004, 15:59

Schwäche?

Beitrag von Rolfe »

Seid gegrüßt,
ich bin seit 2 Monaten in der Klinik, eigentlich ist das besser als das Ende, vor dem ich stand, aber jetzt empfinde ich es als Schwäche - vor allem meiner Tochter gegenüber, die wir (meine Frau mußte schweren Herzens zur Kur) in Pflege in die Obhut einer befreundeten Familie geben mußten.
Aber ich konnte nicht mehr, und jetzt schäme ich mich dafür. Aber was sollten wir tun?
Wir konnten doch nicht anders. Wir wollten auch verhindern, dass publik wird, dass meine Frau zur Kur fährt und ich in der Klinik bin - und dann das Jugendamt handelt.
Dann doch lieber so.
Ich besuche meine Tochter jeden Tag; ich hoffe, sie wird mir meine Schwäche verzeihen und später verstehen, warum es nicht anders ging.
Ich weiß, dass es nicht anders ging, aber trotzdem fühle ich mich mies.
Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.
Bisher habe ich mit meiner Psychologin in der Klinik darüber nicht geredet; was soll sie dazu sagen? Vielleicht denkt sie ja auch,
dass meine Gefühle der Schwäche berechtigt sind. Es ist eine Sch... Situation, aber es ging nicht anders. Bei der Kur meiner Frau geht es um die Frage der Erwerbsunfähigkeit -
wenn sie nicht gefahren wäre, hätte sie alle Ansprüche verloren! Wie soll ich das später meiner Tochter erklären? Ich weiß es nicht.
Kennt Ihr das?
Rolle
Nico Niedermeier
Moderator
Beiträge: 2865
Registriert: 21. Mär 2003, 11:10

Re: Schwäche?

Beitrag von Nico Niedermeier »

Ich kenne solche Situationen von meinen Patienten...ich denke immer es erfodert am meisten Mut und Stärke aus sich rauszugehen und zu sagen:"ich schaff das alleine nicht mehr"..und dann in ne Klinik zu gehen...das ist kein therapeutisches Gerede....das meine ich ganz ganz ehrlich
liebe Grüsse
Dr. Niedermeier
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Schwäche?

Beitrag von Emily »

Hallo Rolle,

Dr. Niedermeier hat recht. Er hat dir das Wichtigste schon gesagt. Es ist letztlich ein Zeichen von Stärke, nicht von Schwäche, wenn man sich Hilfe sucht in einer Situation, in der Hilfe dringendst geboten ist.

Ich kann deine Sorgen um deine Tochter gut verstehen. Meine Kinder waren auch im Alter deiner Kleinen, als es mir so schlecht ging. Ich bin tausend Tode gestorben aus Angst und Sorge um meine Kinder, diesen Kummer kennst du ja zur Genüge. Aber wenn man die Dinge aus der Rückschau betrachten kann, sieht man, dass es die beste Lösung ist, sich in einer akuten Notsituation selbst Hilfe zu holen, damit man später wieder mit mehr Kraft für die Kinder dasein kann. Den Kindern ist ja auch nicht damit gedient, wenn aus der Krankheit eine chronische Krankheit wird! Es ist besser, gezielt zu handeln und seine Befindlichkeit wieder auf einen soliden Grund und Boden zu stellen.

Manchmal muss man im Leben Entscheidungen fällen, die einem alles abringen, was man zu geben hat. Das Leben fragt niemals danach, ob einem das gerade in den Kram passt oder nicht. Es stellt uns einfach vor solche Situationen und wir müssen uns danach richten, egal ob wir wollen oder nicht. Du hast das Richtige getan! Nutze deine Zeit jetzt lieber für die Arbeit an deiner Genesung und vergeude deine Kraft nicht für ständige Vorwürfe an dich selbst. Dazu besteht kein Grund.

Gruß von
Emily
häslein
Beiträge: 84
Registriert: 26. Okt 2004, 19:02

Re: Schwäche?

Beitrag von häslein »

Lieber Rolle,

sieh es doch einmal so: vielleicht tut es deiner Tochter eher gut, nicht mitzuerleben, dass es dir so schlecht geht. Ich habe ähnliches nämlich bei meiner Mutter erlebt, als ich ca. 5 Jahre alt war, und dachte damals immer, ich sei der Grund dafür. Da du sie jeden Tag besuchst, bist du ja quasi nicht ausser Reichweite. Vielleicht kannst du ja mit Hilfe deines Therapeuten eine Erklärung suchen, die für sie verständlich ausdrückt, warum du nicht zuhause sein kannst, dass es dir aber auch wieder besser gehen wird. Wärest du aufgrund eines Unfalles mit langwieriger Reha im Krankenhaus, müßtet ihr ja auch eine Lösung finden. Und die Unterbringung bei Freunden bietet ja sozusagen einen vertrauten Ort für sie, oder? Ich halte es für sinnvoller, Kinder miteinzubinden. Sie geben sich oft mit einer plausiblen Erklärung zufrieden, ohne bis ins Detail gehen zu wollen.

Dir und deiner Familie alles Gute weiterhin,
liebe Grüße, Martina.
kleine-lady
Beiträge: 93
Registriert: 25. Sep 2004, 20:41

Re: Schwäche?

Beitrag von kleine-lady »

Hi Rolle
solange Du eine Lösung für Dein Problem gefunden hast,wo Du u. Deine Fam. mit einverstanden seid,und Ihr auch noch Leute habt die Euch dabei unterstützen,na da braucht man sich doch nicht zu schämen,im Gegenteil,da wäre eher mancher neidisch,Wege u. Lösungen u. Unterstützung gefunden zu haben.
Und Deine Tochter versteht das sicher solange Ihr bei der Wahrheit bleibt.
Also - Kopf hoch,Gottes Segen für Euch....

> enga
! - " ich bekämpfe meine Krankheit nicht, ich toleriere sie und lasse mich von ihr nicht bestimmen."


! - "niemand hat uns versprochen, dass das Leben einfach ist."
rilke
Beiträge: 235
Registriert: 17. Dez 2004, 19:33

Re: Schwäche?

Beitrag von rilke »

Lieber Rolle,

ich finde ihr habt das einzig richtige getan. Ihr habt euch qualifizierte Hilfe geholt und trotzdem eure Tochter bei netten Menschen untergebracht. Du besuchst deine Tochter jeden Tag und zeigst ihr damit, wie wichtig sie dir ist.

Vielleicht kannst Du das Thema Schuldgefühle mit deinen Therapeuten ansprechen, denn sie sind Bestandteil deiner jetzigen problematischen Situation. Wenn ihr einen Weg findet eurer Tochter durch Aufmerksamkeit (Briefe, Anrufe usw.) eure Liebe mitzuteilen wird sie es sicher verstehen.

Ich finde Du bist ein mutiger Mann, dass Du diesen Weg gewählt hast. Wenn Du zu hause zusammengebrochen wärst wäre es sicherlich viel schmerzlicher für deine Tochter geworden.
Hab Mut diesen Weg auch weiterhin zu gehen und viel Glück Dir und deiner Familie.
Gruss gika
______________________________

Zwei Dinge sind unendlich:

Das Universum

und die menschliche Dummheit.

Aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.

(Albert Einstein)
Aki
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Registriert: 30. Dez 2004, 01:35

Re: Schwäche?

Beitrag von Aki »

Hallo Rolle,

betrachte deine Depression bitte nicht als persönliches Versagen oder Schwäche. Du bist krank! Und mit deinem Klinikaufenthalt machst du genau das Richtige. Du tust damit auch das beste für eure Tochter.
Du hast es nicht nötig, dich mit Schuldgefühlen zu belasten. Damit machst du es dir selbst auch noch schwerer.
Es ist einfach ein unglücklicher Zufall, dass beide Eltern gleichzeitig in die Klinik müssen. Aber ihr habt für eure Tochter doch eine gute Unterbringungslösung gefunden, zumal du sie ja auch jeden Tag besuchst.
Wahrscheinlich wird es schwierig, die Krankheit deiner Tochter zu erklären. Vielleicht könnt ihr sie in die Therapie miteinbeziehen. Sie muss auf jeden Fall wissen, dass deine Stimmungen nicht ihre Schuld sind, sondern ein Symptom, und wie sie damit umgehen kann.

Grüße
Aki
Rolfe
Beiträge: 388
Registriert: 27. Jul 2004, 15:59

Re: Schwäche?

Beitrag von Rolfe »

Seid gegrüßt,
danke für Euer Verständnis.
Ich wünsche Euch alles Gute und hoffe,
Ihr könnt Eure Probleme besser lösen als ich-
trotzdem werde ich mich ihnen stellen, ich habe es meiner Frau versprochen.
Seid gegrüßt, Rolle
mf412
Beiträge: 5
Registriert: 22. Jan 2005, 00:08

Re: Schwäche?

Beitrag von mf412 »

hallo Rolle,
ich kenne deine Sitaution aus Sicht deiner Tochter. Meine Mutter war auch in einer Klinik, und das monate lang. Ich war damals etwa 15 Jahre, also wußte ich schon, in was für einer Klinik sie war. ( das hätte ich in meinem Text auch noch anbringen können, daß ich vorbelastet bin). Mein Vater war aber zu Hause bei uns Kindern, und ziemlich überfordert mit der Situation,, wie ich später von meiner Mutter erfahren habe. Ich wußte nicht, warum meine Mutter in stationärer Behandlung war, die Gründe habe ich erst in den letzten 4 Jahren erfahren, ich wußte aber, daß sie es zu Hause nicht aushielt, scheinbar grundlos weinte, nicht unter Menschen gehen konnte usw. Was mir bei dir auffällt, du machst dir Sorgen um deine Tochter. Meine Mutter hat mir erzählt, daß wir Kinder, ich habe noch einen älteren Bruder, ihr damals total egal waren, sie konnte mit uns nichts anfangen, war nicht fähig, etwas für uns zu empfinden.
Was ich eigentlich sagen möchte, wenn du weißt, daß sich jemand gut um deine Tochter kümmert, dann denke jetzt an dich, daran daß du wieder gesund wirst, das hilft dir, deiner Tochter und deiner Familie am meisten. So habe ich es erlebt, als meine Mutter wieder einigermaßen auf dem Damm war. Das war mir als Kind wichtig, denn von dem "warum" wußte ich ja nichts. Und ganz ehrlich, es war auch gut so. Die Gründe hat sie mir erzählt, damit hatte ich sehr zu kämpfen, aber da konnte sie mir helfen, da sie wieder gefestigt war.
Ich wünsche dir alles Gute, Rolle!!
Edeltraud
Beiträge: 1495
Registriert: 22. Mai 2003, 16:49

Re: Schwäche?

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Rolle,

was meinst du mit: "Wie soll ich das später meiner Tochter erklären?"

Auch ich habe Kinder. Meine Erkrankung haben meine Kinder akzeptiert und können auch sehr gut damit umgehen - soll heißen: sie haben kein Problem damit.

Viele Grüße
Edeltraud
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