Tod

Yogibär
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Tod

Beitrag von Yogibär »

Hallo alle,

ich weiß nicht, ob dieses Thema hier tabu ist. Hab zumindest nicht bisher davon gelesen. Ich möchte euch auch nicht noch mehr runterziehen oder so. Deshalb lest bitte nur weiter, wenn ihr euch dazu in der Lage fühlt.

Ich weiß, dass viele Menschen sich garnicht umbringen möchten, sondern sich von einer unerträglichen Situation befreien. Und wenn keine andere Möglichkeit in Aussicht ist, dann wird ein Suizid in Erwägung gezogen. Schlußfolgerung daraus: Man kann und sollte diese Menschen davor bewahren sich umzubringen, weil man ihnen auch anderweitig aus dieser Situation helfen kann.

Soweit, sogut. Nun frage ich mich aber, ob das IMMER so ist. Natürlich rede ich jetzt von mir. Meine Situation ist: ich glaube, ich bin depressiv, auch wenn meine Psychologin die Therapie bereits während der Probesitzung für erfolgreich beendet erklärt hat. Weiterhin geht es mir gerade ganz gut, zumindest wesentlich besser als noch von zwei Wochen. Ich funktioniere wieder, d.h. ich kann meine Arbeit machen, bin nicht mehr so negativ und denke mittlerweile auch nicht mehr nur immerzu an das gleiche. Bin also stabil. Aber ich denke, ich komme mit dieser Welt und dieser Gesellschaft nicht klar (um ehrlich zu sein, wundert es mich nicht, dass Depressionen zur Volkskrankheit geworden sind, denn wenn ihr mal aufmerksam die gesellschaftlichen Entwicklungen nachverfolgt, glaub ich, die Gesellschaft ist krank, nicht die Menschen!). Ich sehe also nicht mich als Problem, sondern die Gesellschaft, aber das ist ein anderes und komplexes Thema.

Nun, um einen Vergleich zu bringen: Wenn ich im Kino einen äußert langweiligen und ätzenden Film sehe, welchen Sinn macht es, ihn sich bis zum bitteren Ende anzusehen? Warum nicht einfach gehen? Dann aber, so stellt euch mal vor, kommen schlaue Filmkritiker und sagen: "Nein, nein, mein Bester, nicht der Film ist schlecht, sondern deine Einstellung dazu! Die mußt Du ändern!"
- "Aber", so frage ich,"wie könnt ihr denn beurteilen wollen, was richtig und falsch, gut und schlecht ist???"

Gut, nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Aber zeigt mir ruhig meinen Denkfehler auf, so er denn vorhanden ist.
Warum zur Hölle muß man beim Leben denn unbedingt bis zum bitteren Ende durchhalten, wenn man zu dem Entschluß kam "Naja, habs mal ausprobiert, ist aber nicht so mein Ding, deshalb mache ich jetzt Schluß. Hab ja genug erlebt." Warum nicht? Wer kann es wagen, zu beurteilen, dass das Leben immer und grundsätzlich lebenswert ist? Wie kann das denn jemand für andere behaupten? Und das in dieser Gesellschaft!

Psychiater/Psychologen/Therapeuten/etc. können nur deshalb arbeiten, weil sie ihre Wahrnehmung der Realität (gibt es die?) als per se richtig erachten (das müssen sie). Das heißt, sie korrigieren meine Wahrnehmung in ihre Richtung. Was aber, wenn meine Wahrnehmung die richtige ist? Darauf gibt es keine Antwort. Es gibt Studien, die besagen, dass Depressive eine bessere(!) Wahrnehmung der Realität haben als Gesunde. Warum? Kurz gefaßt: Dein Leben wird dadurch erträglich, dass Du mit einigen Lebenslügen durch die Welt gehst (ich bin gut, ich bin ehrlich, viele mögen mich, etc.). Oft stimmen aber nur ein paar dieser Aussagen (Menschen sind halt nie perfekt), andere stimmen nicht, wir machen uns aber was vor. Das ist normal. Nicht normal ist, alles schwarz zu sehen oder alles nur positiv. Trotzdem kommen die meisten ohne diese Lügen nicht aus (ist auch irgendwo genauer nachzulesen). Depressive tun das nicht, meist zu ihrem Schaden. Fazit: Wie kann der Therapeut (oder was auch immer), einfach seine Wahrnehmung als gegeben und richtig definieren?

Blablabla.......
Ich höre mal auf, euch brummt eh schon der Schädel, wenn ihr hier angekommen seid.

Gruß
YogiBär
ekbiw
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Re: Tod

Beitrag von ekbiw »

hallo.
das ist ein kompliziertes thema, mit dem ich mich auch lange beschäftigt habe.
und irgendwie ist die frage in der form unlösbar glaube ich.
meine erfahrung mit depression und antidepressiva geht in die richtung:

wenn der film in dem du bist dir gefällt, dann kommen diese fragen irgendwie gar nicht auf.
also, wenn irgendwie möglich: in einen guten film kommen! (leicht gesagt, ich weiss...)

und die kleinen "selbst-lügen" gehören einfach dazu damit es funktioniert. zu viel selbstzweifel ist sand im getriebe. (aber, größenwahnsinnig oder selbstverliebt muss man ja auch nicht sein, um sich gut zu fühlen.)

hmm, ist schwierig. in der phase letztens wo ich vormittags AD hatte, und nachmittags depression habe ich gemerkt daß es (für mich, mindestens) zwei völlig getrente welten sind:
morgens konnte ich mir nicht vorstellen sterben zu wollen, war unternehmungslustig, wach, zuversichtlich, kompetent, und abends saß ich heulend vor einer schublade weil ich nicht wußte wie ich sie aufräumen sollte und wollte tod sein. konnte nicht mehr im enferntesten nach vollziehen wie es mir am morgen gegangen war.

ich denke die frage beantwortet letzten endes jeder selbst, mit bezug auf seine situation.
ich finde es auch keineswegs unlegitim sein leben zu beenden. es gibt verdammt schwere schicksale.

aber, mit dem verdacht daß ich (anders als im kino), wenn ich dieses leben verlasse, kein anderes angeboten bekomme, kämpfe ich bis zu dem punkt wo ich nicht mehr kann.

mehr weiß ich glaube ich auch nicht dazu.

ich wünsche dir dass es eine positive wende in deinem film gibt.

alles gute,
wibke
Dunkelheit
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Re: Tod

Beitrag von Dunkelheit »

Lieber Bär,
ich bin gerade viel zu müde, weil meine Spritze wirkt. Aber eines will ich dir noch schnell schreiben. Das mit der Gesellschaft, mit dem krank sein, mit dem anders sehen fällt mir auch immer mehr auf. Je kränker ich werde, desto mehr sehe ich die Krankheit der anderen (zu denen ich dennoch gehöre). Nicht hier, sondern in der "normalen" Welt, die mich umgibt. Würde mich gerne mehr darüber austauschen, kann es aber gerade nicht so gut, weil ich müder und müder werde. Morgen vielleicht, wenn du soviel Geduld hast.
LG
Dunkelheit
albert
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Re: Tod

Beitrag von albert »

Hallo Yogibär,
richtig ist, dass viele Depressive eine im Vergleich zu den sogenannten "Normalis" eine verschobene Wahrnehmung haben. Ich sage hier mal verschoben, weil ich als depressiv Betroffener oft Wahrnehmungsausfälle erlebt habe. Das war eine Art von Schutzfilter des Gehirns vor der Überforderung aus dem Umfeld. So wie die "Normalis" ihre Wahrnehmung filtern, aber in einem anderem Bereich. Heute sind meine Ausfälle geringer geworden, ich werde draußen wieder als normal genommen, vielleicht auch mal ernst genommen - abwarten.
Schlimmer waren die Trugbilder, oder sollte ich besser sagen, die Zwangsvorstellungen, so schrieb es meine damalige Hausärztin auf die Überweisung an den Psychiater. Es waren Halluzinationen und ich fragte mich, was das bedeutete, dass ich mich beobachtet fühlte. Später habe ich gelesen, dass dieses Gefühl, beobachtet zu werden, oft am Ende einer Depression auftritt. Das war beruhigend zu wissen, dass es das gibt, dass diese Erscheinung bekannt ist. Langwierig waren die Vorstellungen von Verletzungen an meinem Leib. Ich hatte die Vision einer Waffe vor mir und dann das Loch im Leib, aber nur in meiner Vorstellung. Natürlich war das pathologisch. Wenn ich nicht irre, nennt die Psychiatrie das eine Pseudohalluzination. Die Vision wird als solche wahrgenommen, aber der Betroffene weiß genau, dass sie nicht der Wirklichkeit entspricht. Später habe ich Möglichkeiten gefunden, damit umzugehen mit Hilfe spiritueller Methoden. Ich weiß inzwischen, dass solche Verletzungen mir immer wieder geschehen. Es sind Abwertungen aus dem Umfeld, die auf mich geworfen werden und die auf mich wirken in negativer Weise wegen meiner überhöhten Empfindlichkeit. Ich nutze heute meine Möglichkeiten zu Visionen, steuere sie teilweise bewusst, um Probleme zu bewältigen.
So ist die verschobene und erweiterte Wahrnehmung und die Empfindlichkeit zuerst eine sehr nachteilige Eigenschaft, aber ich meine aus meiner Erfahrung, dass es Möglichkeiten der Kompensation gibt, um daraus Besseres zu machen. Nun, Besseres will ich nicht sein, sondern einfach nur ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft.
Herzliche Grüße
Albert
maggy
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Re: Tod

Beitrag von maggy »

Hallo YogiBär,

Du schreibst:
"die Gesellschaft ist krank, nicht die Menschen"

Ich habe das auch lange so gesehen.
Wer aber ist die Gesellschaft? Sie setzt sich aus vielen einzelnen Menschen zusammen.
Also..., jeder ist ein Teil dieser Gesellschaft und trägt zu ihrer Gestaltung bei.

Alles Liebe
von
Maggy
-------------------------------------------

Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
Yogibär
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Re: Tod

Beitrag von Yogibär »

Hallo alle,

danke für eure Antworten. Es ist ja nicht so, dass ich hier meine völlig feste Meinung posten will. Ich bin mir selbst nicht ganz sicher, aber glaube, dass die verbreiteten Grundannahmen von Ärzten, Psychologen und anderen mal hinterfragt werden müssen. Was ist denn nun, wenn ich einfach ein anderes Weltbild habe als mein Therapeut?

Und speziell zu dir Maggy: Sicher setzt sich die Gesellschaft aus Menschen zusammen. Aber es ist die Frage, wie menschlich eine Gesellschaft ist. Wenn die Starken dominieren und auf Kosten der Schwachen leben und dabei entweder keine Skrupel kennen oder sich zumindest ihrer Verantwortung nicht bewußt sind, dann ist diese, zumindest in Teilen, unmenschlich. Wir können unseren hohen Lebensstandard hier nur haben, indem wir Menschen in der Dritten Welt ausbeuten. Wir leben von deren Elend. Aber das ist eine längere und kompliziert Diskussion.

Es gibt außerdem Studien, die besagen, dass die Individualierungstendenzen in den westlichen Gesellschaften (Jeder ist seines Glückes Schmid, Auseinanderfall der Großfamilien, etc.) starke Vereinzelungs- und Vereinsamungseffekte mit sich bringt und dass Leute, die heute depressiv sind oder werden, früher vielleicht durch das engere soziale Netz in ihrer Großfamilien oder in ihrem Dorf, oder was auch immer, stärker aufgefangen worden wäre. Und ich weiß: hätte ich nicht Freunde, wäre ich vielleicht schon längst aus dem Fenster gesprungen. Aber viele Leute haben heutzutage kein gutes soziales Netz mehr. Das sind äußere Bedingungen, keine dysfunktionale Kognition!

Gruß
YogiBär
albert
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Re: Tod

Beitrag von albert »

Hallo Yogibär,
du hast Recht soweit, als in unserer heutigen Gesellschaft starke Tendenzen zur Individualisierungstendenzen bestehen, bis hin zu einem manischen Drall. Es darf sich durchsetzen, wer agressiv sich benimmt und einfach fordert. Und wer zwischen die Fronten der Interessengruppen gerät, der wird zerrieben. Das ist meine persönliche Erfahrung. Aber ich sage, es gibt nach dieser Erfahrung noch eine Aufgabe, nämlich das Zusammenfügen und der Ausgleich dieser gegensätzlichen Interessen. Das ist nicht leicht, wenn mir nicht immer wieder Prügel zwischen die Beine geworfen würden. Aber mal sehen. Es ist noch nicht aller Tage Abend.
Das Weltbild des Therapeuten, ja das ist mal eine gute Frage. Soweit dieser eine vorgefertigte Meinung hat, taugt er nicht mal als Hasenfutter. Ich wurde auch mal in einem Amt nach einer klaren festen Meinung gefragt und antwortete, dass ich damit nicht dienen kann, weil ich mir meine Meinung jeden Tag neu erarbeiten muss.
So wünsche ich mir als Therapeuten jemanden, der mir Anstöße gibt, der mir Fragen stellt, mit deren Hilfe ich meinen Weg suchen und finden kann. Sektierer, die alles schon fertig wissen, gibt es genug; ich kann mit solchen nichts anfangen.
Herzliche Grüße
Albert
wuschel
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Re: Tod

Beitrag von wuschel »

Yogibär
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Re: Tod

Beitrag von Yogibär »

Hi,

kämpfen? Inhaltlich könnte ich Dir zu diesem Thema ne Menge sagen, aber das ist eine andere Diskussion.

Nur zu den Rahmenbedingungen: wie soll man den kämpfen, wenn man keine Kraft mehr dazu hat, alles sinnlos ist und man schon mit den alltäglichen Dingen nicht mehr zu Rande kommt??? Zum Kämpfen braucht man Rückhalt, sprich Dinge oder Menschen, die einem Kraft geben. Wenn man das alles aber nicht hat, was dann? Wie soll ich (gerade im Moment) für etwas kämpfen, wenn ich mich schon dazu überwinden muß, morgens aufzustehen??

Gruß
YogiBär
Auge
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Re: Tod

Beitrag von Auge »

Hallo,

der Tod ist für mich nicht fassbar. Ich weiß nicht, was dann kommt. Ich wurde mit Tod konfrontiert als ich noch klein war.

Ich bin in einer Position, dass ich beide Seiten kennengelernt habe. Einmal habe ich in meinem Leben einen wichtigen Menschen verloren, der sich das Leben nahm. Und ich kenne meine eigenen düsteren Gedanken. Für Hinterbliebene ist es ganz schrecklich, wenn der Mensch sterben wollte. (So finde ich)
Xenia
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Re: Tod

Beitrag von Xenia »

Stimmt, für die Hinterbliebenen ist es schrecklich, wenn ein Mensch sterben wollte und sich schlußendlich das Leben nahm... Mein bester Freund war "so einer" und hat sich vor mittlerweile 10 Jahren das Leben genommen. Und heute noch bin ich manchmal sehr, sehr traurig, daß es ihn zumindest hier nicht mehr gibt.

Aber ich kenne natürlich die gleichen Gedanken bei mir. Das hilft mir, es nicht zu tun, obgleich ich manchmal keinen anderen Ausweg sehen kann...

Sein Tod hat mir übrigens "geholfen". Ich habe mir seinerzeit geschworen, daß ich, sollte ich in so einer Situation sein, einen Psychiater aufsuchen werde. Was ich im gleichen Jahr noch machen mußte....

Was für mich und seine anderen Freunde sehr schlimm war/ist, ist daß wir nicht in der Lage waren, seine innerliche Not wahrzunehmen. Wir wußten zumindest nicht, wie ernst es ist. Manchmal fühle ich mich immer noch (mit)verantwortlich, weil ich ihn eigentlich an seinem Sterbetag anrufen wollte, dann aber doch keinen Bock hatte... vielleicht hätte ich was merken können, wenn ich mit ihm gesprochen hätte? Ich meine, ich wußte von ihm, daß er das Leben nicht liebt und er wußte es von mir.

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang vielleicht noch, daß er einen Tag vor seinem Suizid einen Psychiater aufgesucht hat, der ihm geraten hat, stat. in eine psychiatrische Klinik zu gehen. Das hat er aber nicht machen wollen und so hat ihn der Arzt wieder gehen lassen...

So eine Scheiße, oder??

Ich merke gerade, daß das jetzt nicht so ganz zum Thema paßt. Aber, YogiBär, vielleicht hilft es Dir, beim Aufstehen ein wenig.

Ich wollte Dir schon vorher antworten, denn mir geht es momentan wohl ähnlich. Ich kann kaum aufstehen und mache es auch oft nicht, aber trotzdem will ich nicht aufgeben und so kämpfe ich halt weiter. Und das, obwohl ich z.Z. kaum Perspektiven für mich sehe. Ich kann meinen Kampfgeist aber nicht so richtig begründen. Nun gut, ich stehe bei einigen Personen im Wort und es wartet ein Klinikaufenthalt auf mich, aber sind das die Gründe, ich weiß es nicht.

Grüße, Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
Yogibär
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Re: Tod

Beitrag von Yogibär »

Hallo Cinderella,
hallo Xenia,

ja, sicher ist es für die Hinterbliebenen schlimm. Ist sicherlich ein großer Grund für viele, es nicht zu tun. Ihr habt Recht, kein Widerspruch.

Aber (a) reicht das trotzdem aus? Sollte mensche denn NUR deshalb weiterleben?

Und (b) mir ging es darum - und das ist vielleicht eher etwas theoretisch/philosophisch - wer denn bitteschön beurteilen kann, ob das Leben eben lebenswert ist bzw. wer kann ganz *pauschal* behaupten, das Leben sei lebenswert.

Zumindest gibt es ja auch andere Kulturen, in denen mit dem Thema Tod ganz anders umgegangen wird (ohne das bewerten zu wollen).
In unserer Gesellschaft ist das Thema ja scheinbar von irgendeinem Dämon besessen. Beispiel: Ich finde es "normal" und in Ordnung und gut, wenn eine Person, sagen wir mal, meine Oma, im hohen Alter zuhause stirbt, weil der Körper nun mal nicht mehr mitmacht. Natürlich leide ich dann immer noch unter dem Verlust, ich mag sie und will sie nicht verlieren. Aber was soll ich denn tun? Manche meinen dann, diese Alte Dame in ein Krankenhaus an Apparaturen hängen zu müssen, an denen sie noch Monate oder wenige Jahre dahin vegetiert, mehr oder weniger leblos, unfähig, noch etwas zu unternehmen. Und das teilweise selbst gegen den expliziten Wunsch der Betroffenen. Sie wird damit gequält! Und hier fängt der Egoismus der Angehörigen an. Warum muß diese Frau gegen ihren eigenen Willen leben? Wer hat das Recht, sich über ihren Wunsch hinweg zu setzen?

Gut, ich gebe zu: das Thema ist einfacher und eindeutiger. Der Vergleich hinkt (aber wo?).
Trotzdem: Wer entscheidet? Und nach welchen Kriterien?

Gruß
Philosophen-Bär
Dunkelheit
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Re: Tod

Beitrag von Dunkelheit »

Hallo Yoghurt-Bär,
Ja, es ist eine gute Frage. Wer entscheidet? Und viel wichtiger, wer bewertet? Der Tod eines Soldaten der offenen Auges ins Mündungsfeuer läuft wird als Heldentum gefeiert, obgleich er einer Selbstötung ähnlich ist. Der Selbstmord eines Depressiven wird unverständig aufgenommen (wenn nicht mit Dummheit gleichgesetzt......."das Leben kann doch so schön sein...bla bla bla). Der Tod eines Schwerkranken im körperlichen Sinne wird oft als "Erlösung" bezeichnet. Ich glaube, wenn wir in unserer Situation darüber nachdenken, haben wir alle diese Bewertungen im Kopf, die natürlich einem ganz bestimmten Kulturkreis entstammen. Du hast Recht, in anderen Kulturen hat der Tod eine andere Stellung und auch eine eindeutigere Bewertung. Aber das ist auch ein Zeichen unserer Gesellschaft, Individualisierung schafft Pluralisierung und dies eben nicht nur im positiven Sinne. Ich denke oft über dieses Thema nach, besonders in der letzten Zeit und mir aufgefallen, das mein nachdenken eine gewisse Ruhe bekommen hat. Ich weiß nicht genau, wie ich es dir erklären soll. Aber als ich früher an das Thema dachte, war in mir ein Aufruhr. Heute ist es leise und still und überhaupt nicht mehr erschreckend. Was hält? Vielleicht was Xenia schreibt, das man/frau bei einigen im Wort steht........aber sicher bin ich da auch nicht.
LG
Dunkelheit
wuschel
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Kämpfen!!!

Beitrag von wuschel »

sewi
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Re: Tod

Beitrag von sewi »

Xenia
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Re: Tod

Beitrag von Xenia »

Hallo Dunkelheit,

ich fand Dein Posting sehr interessant, vor allem die verschiedenen Bewertungen des Todes in unserer Gesellschaft betrifft. Vielleicht werden der Tod des Soldaten und des Depressiven so grundverschieden bewertet, weil der Soldat sich mutig und selbstlos "opfert" für sein "Vaterland", während der Depressive scheinbar egoistisch, feige, den anderen einen Denkzettel verpassend handelt und es gibt bestimmt noch ungezählte negative Meinungen zum Thema Suizid (nicht meine Meinung!!!!).

In anderen Kulturen, z.B. Japan wird der Suizid sogar gefordert in bestimmten Situationen, wenn man - mal läppisch ausgedrückt - eine riesige Scheiße gebaut hat.

Auch in unserer Kultur gab es Zeichen, in denen der Suizid anders bewertet wurde als heute, nämlich positiv. Ich meine mich zu erinnern, das im Alten Testament der Suizid als positiv bewertet wurde. Bin aber nicht bibelfest.

Die Ächtung des Suizids hat meines Erachtens viel mit der Interpretation des Neuen Testaments und der 10 Gebote "Du sollst nicht töten" zu tun. Erst dann wurden Suizidenten nämlich eine Bestattung auf dem örtlichen Friedhof verwehrt. Sie wurden neben den Friedhofsmauern verscharrt ohne Letzte Weihe oder wie das heißt. Aber ich denke, weiter sollte ich diese Theorie nicht vertiefen, ich möchte nicht die Gefühle von irgendwelchen Forumsteilnehmern verletzen (das meine ich durchaus ernst).

Ein sehr gutes Buch zu diesem Thema ist "Wenn es dunkel wird. Geschichte des Selbstmordes" von Kay Redfield Jamison, die in den USA eine sehr bekannte Prof. auf dem Gebiet affektive Störungen ist und selbst an einer bipolaren Störung leidet. In diesem Buch beschreibt sie eben die unterschiedlichen Bewertungen des Suizids in unterschiedlichen Zeiten und Kulturen. Sehr lesenswert, wenn man sich mit dem Thema auf einer eher unemotionalen Ebene befassen möchte. Gibt es bei amazon.de.

Ich möchte nochmal betonen, daß das, was ich geschrieben habe, meine ureigene Meinung zu dem Thema ist. Ich respektiere jede andere Meinung. Ich denke nicht, daß uns eine Diskussion über meine Meinung weiterbringen würde. Ich lese aber gerne Kritik.

Dennoch sollten wir alle darauf achten, in welche Richtung dieser thread geht! Ich denke, ab einem gewissen Maß der Auseinandersetzung ist das Thema "gefährlich" für Gefährdete. Wie gesagt, meine Meinung.

Grüße, Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
sewi
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Re: Tod

Beitrag von sewi »

sewi
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Re: Tod

Beitrag von sewi »

Dunkelheit
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Re: Tod

Beitrag von Dunkelheit »

Liebe Xenia,
ich glaube wir haben uns noch nicht direkt geschrieben, aber ich habe viele deiner postings gelesen. Ich lese sehr oft hier, eigentlich täglich mehrmals, aber schreibe viel seltener. Oft weil mir die Kraft fehlt und weil ich in ein altes Kindheitsmuster verfalle. Schon damals sprach ich nicht mehr wenn mir die Welt zuviel wurde.
Ich wollte dir für deinen Buchtipp danken. Und du hast Recht, gerade hier sollte man mit diesem Thema sehr vorsichtig umgehen. Dennoch glaube ich nicht, das Schweigen nützt, wenn es doch in vielen Köpfen hier irgendwie umhergeistert. Vielleicht gelingt es uns, darüber zu sprechen, ohne andere zu verletzten, zu triggern (diesen Begriff habe ich hier neu gelernt).
Liebe Grüße
Dunkelheit

@sewi du verunsicherst mich.....
Data

Re: Tod

Beitrag von Data »

Hallo Sewi,

sag mal, bist du besoffen oder was? Hältst du dich wirklich für so dermaßen verunstaltet, dass jedem Mann/Mensch der Ekel kommt, wenn er dich nur sieht? Was wurde denn an dir so verunstaltet?

Du findest nicht deshalb keinen Anschluß, weil du so verunstaltet wurdest, sondern weil du einfach irgendwie bescheuert bist, wage ich mal zu behaupten. Ich weiß nur nicht, was es eigentlich wirklich bei dir ist: Selbstmitleid oder Zynismus? Wahrscheinlich von beidem eine gewaltige Überdosis.

Weißt du, Sewi, du schreibst jetzt hier schon (mit Unterbrechungen) bald ein Jahr lang in diesem Forum (oder hab ich das falsch recherchiert?), mal ganz brauchbare Beiträge, überwiegend aber Müll, manchmal regelrechten Sondermüll. Mir scheint, du bist jetzt immer noch nicht weiter als damals. Wie wäre es denn, wenn du hier endlich mal etwas mehr und zusammenhängender über dich erzählen und konstruktiv diskutieren würdest (oder eben deinen Mund halten, wenn du nichts zu sagen hast oder in den Chat gehen, wenn du Ansprache brauchst), statt dich darüber zu ärgern, dass andere nicht von selbst drauf kommen, dass es dir hier von allen (genau wie deinem Freund Bolek übrigens) am schlechtesten geht?

Im übrigen steht es dir nicht zu, darüber zu urteilen, wer hier das Schreiben als Freizeitbeschäftigung betreibt, wem es wieviel hilft oder bedeutet usw. Die Beiträge von Thomas (tomroerich) sind mit Sicherheit um mehrere Zehnerpotenzen besser als die, die wir bisher von DIR lesen durften, wenn du verstehst, was ich meine.

Ich würde dich gern mal aus der Reserve locken, Sewi, denn ich kann einfach nicht glauben, dass du nur Sägespäne im Schädel hast, aber ich weiß echt nicht, wie ich das anstellen soll. Warum kannst du nicht mal aufhören, andere zu provozieren und dich über andere auszulassen? Schreib doch lieber mal was über dich. Und halte dich doch bitte nicht für so wichtig, dass du wegen jedem halbgaren Gedanken einen Beitrag schreiben mußt. Fang stattdessen endlich mal an zu denken, bevor du deine Finger bewegst!

Und noch was: Der Spruch, der dir so zu gefallen scheint, dass du ihn als Motto gewählt hast ("... er sang am Abend Morgenlieder"), passt überhaupt nicht zu dir. Denn erstens krächzt du hier meistens nur herum wie eine alte Krähe, und zweitens wäre es bei dir genau anders herum (...am Morgen Abendlieder), wenn du singen könntest.

Reicht das erst mal?

Gruß

Data
sewi
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Re: Tod

Beitrag von sewi »

Yogibär
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Re: Tod

Beitrag von Yogibär »

Hey sewi,

sag mir doch mal, warum ich das hier NICHT diskutieren sollte? Hm, nur einen Grund.

Angenommen ich lebe und will leben. Ok. Was mache ich denn dann? Ich könnte Squash spielen, Bücher lesen, Essen, denken, Fernsehen, schlafen, bla bla bla.

Klar, kann ich alles machen. Kann aber auch mit Leuten diskutieren, z.B. hier. Also sterben soll ich nicht, weil ich besser leben soll (in Ordnung). Aber leben soll ich scheinbar auch nicht, weil ich dann nicht ernst zu nehmen bin, schließlich sind dann ja meine Probleme nicht so schlimm wie Deine. Was bleibt: ich kann nur genauso sein wie Du, um akzeptiert zu werden. Hm, willst Du das?
Und lebst Du denn? Wie sieht das bei Dir aus? Wenn Dir dein Essen anbrennt oder Du Deinen Haustürschlüssel nicht findest oder Dein Vermieter Dich abzockt, regst Du Dich nicht auf, weil diese Art Probleme zu harmlos sind im Vergleich zu was weiß ich auch immer?

Nimm Dir ruhig die Zeit und antworte auf jede Frage. Tu mir den Gefallen.

Gruß
YogiBär
sewi
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Re: Tod

Beitrag von sewi »

Yogibär
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Re: Tod

Beitrag von Yogibär »

Öh,

ja, mir ist halt nicht klar, was das "eure probs möcht ich haben" soll, weiste? Ich meine, darf ich meine kleinen Probleme hier nicht ausbreiten?

Ich war mal wegen ner Allergie beim Arzt. Ok, war vielleicht überflüssig. Aber, was solls? Dürfen nur leute mit Krebs oder Verbrennungen dritten Grades zu nem Arzt gehen?

Gruß
YogiBär
Nico Niedermeier
Moderator
Beiträge: 2865
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Re: Tod

Beitrag von Nico Niedermeier »

Ich bin mir da ja immer nicht ganz sicher, ob solche "philosophischen" Überlegungen dem Thema gerecht werden und vor allem irgendwie weiterführen..sorry, aber die meisten Menschen die ich kennengelernt habe und die viel über diese Fragen gegrübelt haben, die hätten die Zeit besser genutzt wenn Sie Freunde gesehen hätten, aus dem Haus gegangen wären..oder sich nur einfach ganz konkret überlegt hätten: "Was kann ich heute machen (auch wenn es mich noch so ängstigt), was wirklich antidepressiv für mich ist....ich glaube auch, dass eine sehr intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema (in realtiv jungen Jahren) zumeist ein "Krankheitszeichen" ist und nicht etwa von besonderer Reflektionsfähigkeit zeugt..das bedeutet aber nicht, dass ich das Thema für unwichtig oder schlecht halte...jeder der sich aus der Mitte des Lebens geworfen fühlt (sei es durch private Probleme, durch physische oder psychische Krankeit)wird sich damit beschäftigen..aber die zu intensive Beschäftigung mit diesem Thema wird die wenigsten wieder zurück in die Mitte des Lebens bringen
Dr. Niedermeier
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