Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Rolfe
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Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von Rolfe »

Seid alle gegrüßt,
ich weiß nicht, ob mir jemand helfen kann.
Wegen seit einem Jahr andauernder Insolvenz
und der sich daraus ergebenden Konsequenzen
bin ich seit einiger Zeit völlig fertig und auch in psychiatrischer Behandlung.
Nehme Cipralex, was mir auch guttut.
Aber heute Abend war ich ohne ersichtlichen Grund völlig down; bin mitten in einer Autofahrt in Dresden einfach ausgestiegen und habe zu meiner Frau gesagt, ich fahre mit der Bahn nach Hause - ich wollte einfach nur meine Ruhe haben und nicht, daß sie merkt, wie es mir geht. Sie weiß zwar von der Insolvenz, aber wegen zweijähriger Krankheit will ich sie nicht damit belasten,
dass ich mit der Insolvenz einfach nicht richtig klarkomme, obwohl ich sonst mit ihr über alles reden kann und sie über alles liebe. Sie weiß auch nichts von meinen
Besuchen bei der Psychiaterin.
Sind solche Ausraster wie heute normal?
Das kann ich mir nicht vorstellen.
Was wird meine Psychiaterin wohl dazu sagen?
Habt Ihr da Erfahrungen mit solchen Erlebnisssen?
Liebe Grüße Rolle
tomroerich
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von tomroerich »

Hallo Rolle,

auch meine Firma ist in Insolvenz und ich hoffe, bis Ende des Monats durch dieses Jammertal gegangen zu sein.
Rolle, ich halte es für eine Fehler, einen typisch männlichen Fehler, so etwas aus der Beziehung heraushalten und es mit der Psychiaterin ausmachen zu wollen. Frauen sind emotional meist feinfühliger als wir Männer und sie wird es dir eher nicht honorieren, dass du sie schonen willst, anstatt ihr klaren Wein einzuschenken bei einer Sache, die auch sie betrifft. Denn deine Schonung hatte jetzt ein klares Ende und sie sitzt nun ziemlich verunsichert da und weiß nicht, wie umgehen mit dieser Verunsicherung. Eine Insolvenz ist keine Schande, schon gar nicht in dieser Zeit. Du bist wahrscheinlich ausgerastet, weil du den Druck nicht mehr erträgst, dieses stark sein wollen und Rücksicht nehmen und wo bleibst du? Wenn du ehrlich bist, findet sich unter deinen Motiven auch Scham. Ich würde sagen, teile mit deiner Frau deine Gefühle und scheue dich nicht, ihr reinen Wein einzuschenken. So, wie es jetzt läuft, mit Verheimlichung, zusammennehmen etc. belastet du sie de facto mehr und darüber auch dich selbst. Es sind Situationen wie diese, die Depressionen erzeugen- Ausweglosigkeit, das ganze Elend sich zurechnen und nicht den Umständen. Das ist nicht realistisch.

Grüße von

Thomas
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Rolfe
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von Rolfe »

Ja, Thomas, natürlich ist da auch Scham darunter, zumal ich keine Firma habe, sondern die INsolvenz aus Krediten resultiert, die ich wegen zweier Pflegefälle
aufnehmen musste - und über 10 Jahre gezahlt habe, bis es wirklich nicht mehr ging.
Zur Zeit der Pflegefälle gabe es noch keine
Pflegeversicherung und ich habe mich aber moralisch verpflichtet gefühlt, das alles zu finanzieren, weil ich nicht wollte, daß die beiden ins Heim kommen - auch, wenn die Pflege über ambulante Dienste zu Hause teurer war, als im Heim (zumindest damals).
Aber was nützt mir das heute? Nichts.
Ich muß aber damit irgendwie klarkommen,
weiß aber nicht, wie.
Meine Psychiaterin meint, an der Situation sei sowieso nichts zu ändern, weswegen eine Psychotherapie nichts bringe, womit
sie wohl auch recht hat und hat mir aber wenigstens Medikamente verschrieben, mit denen ich auch gut klarkomme, aber solche
Ausraster wie heute Abend will ich nicht nochmal erleben. Zumal meine 6-jährige Tochter dabei war und Angst hatte, ich komme nicht zurück. Das kann ich ihr doch nicht antun. Sie kann doch nun wirklich nichts dafür. Und ich liebe meine Familie über alles und will beide nicht verlieren.
Wenn die beiden nicht wären, wäre ich auch nicht mehr...
Cyndi
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von Cyndi »

lieber Rolle,
es hilft dir zwar nicht, aber ich kann dich gut verstehen.
solche ausraster hatte ich auch mehrmals.
ich denke, du solltest so etwas nicht geheim halten.
das ist nicht gut - letztlich kann´s nur ins auge gehen - oder??

vielleicht könnte aber für dich eine verhaltenstherapie gut sein. soweit ich weiß, könnte die helfen, mit der situation (insolvenz, und jetzt auch so "spontane ausraster") umzugehen.
frag doch mal deinen arzt danach. ich finde, du solltest diese antwort nicht einfach so hinnehmen, denn was du schilderst hört sich nicht so gut an!

liebe grüße
Cyndi
tomroerich
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von tomroerich »

Hallo Rolle,

ach so ist das, eine Privatinsolvenz Da ist man natürlich über sehr viel längere Zeiträume belastet...
Weißt du, wen ich gar nicht verstehe? Deine Psychiaterin. Die Aussage, die Tatsachen ließen sich nun mal nicht ändern und deshalb bringe eine Therapie auch nichts, ist mehr als merkwürdig, findest du nicht? Denn schließlich gilt das für jedes belastende Ereignis, dass es nun mal passiert ist. Die Therapie soll ja auch nicht das Ereignis rückgängig machen sondern helfen, es zu verarbeiten und zu erkennen, wie es dazu kommen konnte. Für mich stellt sich aus deinen 2 postings zumindest mal die Frage , wie es kommt, dass du als Ergebnis deiner Fürsorge für andere schließlich selbst so schlecht abschneidest und psychiatrische Hilfe brauchst.
- Zuerst verschuldest du dich über alle Maßen bis zum persönlichen Bankrott, um (vermutlich deinen Eltern) eine gute Pflege zu ermöglichen
- um dann darüber so beschämt und unglücklich zu sein, dass du meinst, alles alleine tragen zu müssen und deiner Frau und deiner Tochter deine Sorgen nicht zumuten zu dürfen.

Also ich glaube, da würde ich auch ausrasten. Wohin mit all diesem inneren Druck? Da muss es doch jede Menge Zweifel geben, ob das richtig so war mit der Verschuldung und damit verbunden auch die Frage, warum du es trotzdem getan hast? Also wenn das kein Grund für eine Therapie ist, weiß ich auch nicht!
Wenn du es mal ganz nüchtern betrachtest, dann ist deine Strategie, die Sorgen zu schlucken, nicht aufgegangen. Genau das, was du verhindern wolltest- deine Familie zu belasten- ist jetzt eingetreten. Durch einen "Ausbruch", wie du es nennst. Das aber ist nichts anderes als eine nicht mehr steuerbare innere Eskalation die dich gezwungen hat, deinen Zustand eben doch nach außen zu transportieren, weil der Druck einfach zu groß wurde. Ist es dann sinnvoll, wenn du jetzt nur darüber nachdenkst, wie du den Mantel des Drucktopfs verstärken kannst, damit er mehr aushält?
Ich glaube, du hast mehr am Hals, als du alleine bewältigen kannst und auch, wenn dir das Medi hilft- es zeigt dir nicht die Hintergründe auf und auch nicht, wie du besser mit allem umgehen kannst.

Herzliche Grüße

Thomas
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Rolfe
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von Rolfe »

Ja, Thomas, es gibt manchmal schon Zweifel, ob das mit der Pflege richtig war, zumal es nicht
meine Eltern, sondern die Mutter und Oma meiner Frau waren; sie hätte die Kredite für die Finanzierung allein aber nie bekommen.
Und meine Frau wurde von ihrer Oma nach der Geburt auch nicht einfach ins Heim abgeschoben, sondern Mitte der 50 er Jahre
von ihrer Oma mit großgezogen, die damals auch schon 55 Jahre alt war und die Mutter meiner Frau mit "durchziehen" mußte, die damals schon ein Pflegefall war.
Da haben wir uns eben gesagt, wenn sie das in der damaligen Zeit geschafft hat, müssen wir das doch erst recht können, oder?
Dass meine Frau in den letzten 10 Jahren aber zweimal je 2 Jahre krank war und somit als Mitverdiener ausgefallen ist, hat letztlich mit zum Platzen der Kredite geführt.
Aber das kann und will ich ihr doch nicht vorhalten? Dafür kann sie doch nichts.
Das ist auch ein Grund dafür, dass ich sie mit meinen Gedanken nicht belasten will -
sie ist immer noch krank, und es steht in den Sternen, ob sie jemals wieder ganz gesund, geschweige denn arbeitsfähig wird.
Wahrscheinlich weiß meine Psychiaterin auch nicht, wie sie mir da helfen soll...
christiane
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von christiane »

Attila,
könntest du mal e i n thema auslassen?
mäuseei

Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von mäuseei »

Hallo Christiane,

wie meinst du das?
tomroerich
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von tomroerich »

Hallo Rolle,

so langsam werden mir die Zusammenhänge klarer und auch, warum die Psychiaterin diese Haltung einnimmt. Ihr habt sehr menschlich und anständig gehandelt und nach meinem Gefühl damit auch "richtig". Die Gänsefüßchen deshalb, weil das eine Frage des Standpunkts bleibt aber wenn du meine Meinung hören willst: Hut ab! Dann die Krankheit deiner Frau- was ist das anderes als ein verdammtes Pech? Das Leben belohnt leider anständiges Handeln nicht in Form von Vorteilen (dann wäre es ja auch leicht, anständig zu sein ) - alle Konsequenzen bleiben zunächst mal an euch hängen. Mensch, das ist wirklich bitter und es tut mir sehr Leid

Die Frage, um die es sich nun dreht ist ja, ob es besser ist, deine Frau zu schonen um Ihrer Krankheit Willen oder ob das ganze Problem besser zu bewältigen ist, wenn ihr als Familie, einschließlich eurer kleinen Tochter, es als euer Familienproblem seht und sagt: Wir werden damit fertig.

Es ist kein dunkles Geheimnis, mit dem ihr fertig werden müsst sondern mit etwas, was euch auch stolz machen kann. Deine Tochter z.B. würde es doch ganz sicher richtig finden, dass man der Oma und der Uroma geholfen hat?
Also wirklich, ich denke ihr habt keinen Grund, damit nicht ganz offen umzugehen und eure finanziellen Sorgen und alles was noch damit zusammenhängt, miteinander zu teilen und euch zu stützen. Ich hätte dir ja eine Paarthera nahe gelegt aber das werden eure finanziellen Mittel nicht zulassen.

Warum ich nicht glaube, dass euch das Schonen deiner Frau weiterbringt: Du nimmst dadurch ja eine Art Opferrolle an und deine Frau wird das früher oder später mitbekommen (spätestens nach dem Ausbruch weiß sie Bescheid) und wird sich dann schuldig dafür fühlen, dass sie krank ist (ich vermute, darauf wollte dich Attila hinweisen). Das Ganze ist doch ganz und gar euer gemeinsames Problem und niemand hat Schuld an irgend etwas. Man könnte sogar sagen, noch mehr das Problem deiner Frau, denn es waren ja ihre Verwandten. Sie wird merken, dass es dir schlecht geht, unterschätze die feinen Antennen von Frauen nicht! Und dann, da bin ich mir sicher, wird sie Schuldgefühle haben, wird ihre Krankheit noch mehr verfluchen und plötzlich habt ihr miteinander doch ein dunkles Geheimnis, vor allem in den Augen des Kindes. Als Familie, die das als gemeinsam zu überstehendes Übel ansieht und die sich an den Händen hält, werdet ihr das überstehen, so bitter es auch ist. Aber wenn du jetzt versuchst, die Last auf deine Schultern zu packen und das Päckchen deiner Frau mitzutragen, klappst du zusammen und dann seid ihr beide krank.

Wie kam es eigentlich zu diesem Ausraster und was hast du dabei erlebt? Gab es einen Auslöser? Wie lange wird die Insolvenz noch dauern, bevor ihr schuldbefreit seid?

Herzliche Grüße an dich!

Thomas
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Rolfe
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von Rolfe »

Hallo, Thomas,
daran habe ich auch schon gedacht - was passiert, wenn meine Frau es doch irgendwann mitbekommt, wie mich das alles belastet.
Zum Teil weiß sie es bzw. kann es an so mancher Reaktion von mir merken.
Der Ausraster kam eigentlich nach einem ansonsten schönen Tag, am Abend saß ich hinten im Auto und hing meinen Gedanken an
das zentrale Thema nach. Und nach einiger Zeit konnte ich einfach nichts mehr ertragen;
nicht das Autoradio, nicht die Fragen meiner neben mir sitzenden Tochter (was mir besonders leid tat) usw.
Nachdem ich dann irgendeine dämliche Bemerkung zum Fahrstil meiner Frau gemacht hatte (obwohl sie schon 10 Jahre länger und
vielleicht auch besser fährt als ich), hat sie angehalten und wollte, daß ich weiterfahre; sie war also ein bißchen beleidigt, was ich verstehen kann.
Aber ich hätte um nichts in der Welt selbser auch nur einen Schritt fahren können; wäre wohl gegen einen Baum gefahren und war fertig
mit mir und der Welt, daß ich eben ausgestiegen und abgehauen bin - mit der
Bemerkung, daß ich mit der Bahn nach Hause fahre. Wer weiß, wo ich gelandet wäre.
Ich habe mich so mies gefühlt, daß ich mich wohl auf irgendeine Parkbank gesetzt hätte.
Und da würde ich wohl jetzt noch sitzen, wenn mich meine Frau nicht verfolgt hätte.
Und als ich dann wieder im Auto hinten saß,
war mit mir erst recht nichts mehr anzufangen. Zu Hause angekommen, habe ich mich über mich selbst geärgert.
Am meisten stört mich das Unberechenbare
daran. Ich habe Angst, daß das wieder passiert - weil es völlig unvermittelt kam
und es eigentlich keinen richtigen Anlaß gab.
Wenn das in den nächsten 5 Jahren der Insolvenz so weitergeht - dann weiß ich auch nicht mehr.
Aber es stimmt schon: es wäre sicher besser, wenn ich mit meiner Frau darüber offener reden könnte - so, wie über alle anderen Dinge auch. Aber da ist die Angst, es könne sie zu sehr belasten; gerade jetzt, wo sie
eine positive Phase hat und vielleicht doch wieder gesund wird. Das will ich nicht gefährden.
Liebe Grüße - Rolle
tomroerich
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von tomroerich »

Darf ich mal ganz direkt fragen, Rolle? Hatte/hat deine Frau eine seelische Erkrankung?

LG

Thomas
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Rolfe
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von Rolfe »

Nein, das nicht, aber eine langwierige
- mittlerweile teilweise als Berufserkrankung anerkannte - Infektionserkrankung mit ständigem Auf und Ab; derzeit wird ihre
evtl. Berufsunfähigkeit geprüft, vielleicht wird es aber doch noch. Und das ist natür-
lich auch für sie belastend, nicht zu wissen,
was wird. Wenn dann noch meine Probleme dazu-
kommen, trägt das nicht gerade zu ihrer Gesenung bei.
Aber danke für Eure Beiträge; es tut auch
mir gut, mich hier auslassen zu können und zu merken, daß es jemanden gibt, der das versteht.
Gruß Rolle
tomroerich
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von tomroerich »

Hallo Rolle,

also ich bin wirklich immer mehr der Meinung, die ich ja schon öfters habe anklingen lassen: So ehrenwert deine Überlegungen auch sind, deine kranke Frau zu schonen, die Rechnung geht trotzdem nicht auf. Sei doch lieber ehrlich mit ihr und sag ihr klipp und klar, wie dich die ganze Misere schafft und belastet und auch, dass du ein AD nimmst und in Behandlung bist. Weißt du, das alles ist doch so vollkommen n a c h v o l l z i e h b a r für jeden und somit doch auch für deine Frau. Die Gründe liegen so klar auf der Hand, du hast eine reaktive Depression aus guten Gründen, die kann man behandeln und sie wird besser und nicht schlechter, wenn du Druck von dir nimmst. Es ist ja nicht so, dass du den Druck dann an deine Frau weitergibst, ihr alle drei seid doch verbunden in einem gemeinsamen Schicksal und das übt den Druck aus. Da darf man doch drunter leiden, das ist doch einfach nur normal.

Kann es sein, dass bei dir auch ein wenig das männliche Selbstverständnis vom ewig starken Partner mitspielt, den nichts umhaut und der immer seinen Mann steht? Diese Art von Stärke hilft Frauen gar nicht, angemessene Reaktionen und Ehrlichkeit helfen viel mehr.

Und dann denke, du solltest wirklich etwas für dich tun. Du hast so viele Sorgen, du brauchst Entlastung und Möglichkeiten zum Ausspannen und dich zu amüsieren, vor allem solltest du auch im Real Life Freunde haben, mit denen du das alles besprechen kannst. Ich finde therapeutische Hilfe auch immer noch wichtig auch wenn das die Situation nicht verändert. Aber deine Einstellungen dazu können sich sehr wohl ändern.

Aber eigentlich hast du ja zu Anfang gefragt, ob solche Ausraster normal sind. Sind sie absolut. Du bist schließlich depressiv und nichts von dem, was du beschreibst, ist irgendwie außergewöhnlich. Ich glaube, der Impuls, einfach auszusteigen und dann auf einer Bank vor dich hinzustarren zeigt vor allem deutlich, dass du am Ende bist und überfordert. Dir steht die ganze Sch.... Oberkante Unterlippe und wen wundert das? Das darf auch so sein, jeder hat seine Grenzen, einfach jeder.

Liebe Grüße

Thomas

P.S. Was sagen die anderen dazu, wie seht ihr Rolles Problem?
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Caroline1
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von Caroline1 »

Hallo Rolle

Ich bin eigentlich auch der Meinung, dass es für dich UND deine Frau unterm Strich sicher besser wäre, du würdest ihr deine Sorgen offenbaren. Der Argumentation von Thomas ist nicht viel hinzuzufügen. Ich versetze mich mal in die Lage deiner Frau. Erzählst du ihr jetzt nichts, ist es nicht ausgeschlossen, dass du einmal tatsächlich zusammenbrechen wirst und dann erfährt sie dann erst von den Hintergründen. Sie wird sich dann unter anderm fragen, weshalb du ihr so wenig Vertrauen entgegengebracht hast, sie nicht schon früher eingeweiht zu haben, und dabei wird sie sich auch nicht sonderlich wohl fühlen. Ich denke, wenn du ihr gleichzeitig klar machst, dass du eben auch Angst hast, sie zu sehr zu belasten und ihr trotzdem reinen Wein einschenkst, wird sie dir das sicher nicht persönlich übel nehmen. Umso mehr jetzt ein Zwischenfall passiert ist, auf den sie sich keinen Reim machen kann, wäre es besser, sie aufzuklären, anstatt dass sie jetzt womöglich ihrer Fantasie freien Lauf lässt und ganz andere Erklärungen ( die gar nicht zutreffen ) für deinen Ausraster finden wird. Du könntest ihr zB auch anbieten, einfach deinen Thread hier im Forum zu lesen, wenn du Angst hast, ihr gegenüber nicht die richtigen Worte zu finden.

Und der andere Aspekt ist auch nicht zu vernachlässigen: dein Befinden wird sich so sicher nur verschlechtern, auch deshalb will ich dir sehr ans Herz legen, mit deiner Frau das offene Gespräch zu suchen, vielleicht mit Hilfe deiner Therapeutin?

Ich wünsch dir auf jeden Fall alles Gute

Caroline
Rolfe
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von Rolfe »

Hallo, Thomas und Caroline,
danke für Eure aufmunternden Worte; ich werde wohl nicht drumherumkommen, habe aber wahnsinnige Angst, meiner Frau nicht nur zu schaden, sondern auch davor, daß sie mich verläßt. Was ich nämlich noch nicht erwähnt habe, ist, daß wegen der Insovenz seit Monaten gegen mich ein Disziplinarverfahren läuft und nun dadurch praktisch meine ganze finanzielle Vergangenheit auf Lauterkeit hin durch meinen Dienstherren geprüft wird.
Auch wenn ich mir eigentlich nichts vorzuwerfen habe, ist die Aussicht, viel-
leicht sogar berufliche Nachteile dadurch
zu haben, eine Katastrophe. Was weiß ich,
ob die sich das überhaupt vorstellen können,
wie meine Familie all die Jahre über gelebt hat. Während ihrer Krankheit erfahren zu müssen, daß nicht nur ihre berufliche Ent-
wicklung (wegen evtl. Berufsunfähigkeit) in
Gefahr ist, sondern evtl. auch meine, wird
ihr den Rest geben - auch, wenn in einigen Monaten das Verfahren evtl. eingestellt wird. Es läuft schon 1 Jahr, und
ich bin heilfroh, dass es mir gelungen ist,
meiner Frau dieses eine Jahr der Ungewißheit
zu erparen, auch wenn ich selbst daran bald
kaputtgehe. Es ist eine Sch...Situation,
die ich kaum noch im Griff habe (siehe Ausraster). Aber was ändert sich, wenn ich ihr das alles sage - dann haben wir beide
schlaflose Nächte und meine Frau muß dann vielleicht wie ich Cipralex und Schlafmittel
nehmen. Und das, nachdem sie jahrelang
in ihrer Arbeit gemobbt wurde und (da bin ich sicher) ihr Körper mit der langen Erkrankung die Notbremse gezogen hat;
auch wenn es eine Infektionserkrankung war,
aber da gibt es mit Sicherheit Zusammenhänge.
Und jetzt das noch? Aber Ihr habt natürlich
recht, was meine eigene Belastbarkeit anbetrifft - ich kann nicht mehr und drifte
bald jeden Tag mehr ab, das spüre ich.
Ich werde mir wohl noch vor dem 29.9. -
dem nächsten eigentlichen Termin - einen
früheren Termin bei meiner Psychiaterin geben lassen.
Ich danke Euch - Gruß, Rolle
Rolfe
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von Rolfe »

Hallo, entschuldigt, aber bitte sagt doch etwas!
Ich weiß nicht mehr weiter, ich weiß es einfach nicht.
Caroline1
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von Caroline1 »

Hallo Rolle

Ich spüre deine Verzweiflung ganz deutlich . Konntest du noch keinen Schritt auf deine Frau zu machen? Vielleicht wäre es über Schreiben möglich? Manchmal ist es leichter, solch schwierige Themen über einen Brief zB anzugehen. Ich weiß nicht, ob das dir die Sache vielleicht erleichtern würde.

Ich glaube nicht, dass deine Frau dich verlassen wird, wenn sie von deinen Problemen erfährt, ich kann deine Angst diesbezüglich aber den Depressionen zuordnen. Und wenn du ihr zuerst "gestehen" würdest, dass du unter Depressionen leidest? Je länger du wartest, umso schwieriger wird es werden, ich nehme an, das weißt du selber. Du befürchtest, deiner Frau schlaflose Nächte zu bereiten, vielleicht hat sie die ja schon längst? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich nicht bereits ihre Gedanken macht. Aber da sie nichts Konkretes weiß, tappt sie im Dunkeln und malt sich vielleicht noch viel schlimmere Dinge aus, und da wäre es ihr doch eine Hilfe, wenn du ihr reinen Wein einschenken würdest, oder?

Ich kann dir nur raten, nimm dein Herz in die Hand und bitte sie um ein Gespräch und erzähl ihr als erstes von der großen Angst, die dich komplett zu lähmen droht. Sie wird sicher Verständnis für dich aufbringen, da bin ich mir ganz sicher.

Ich wünsch dir ganz viel Mut und Kraft, und wirklich alles erdenklich Gute

Caroline
Rolfe
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von Rolfe »

Danke, Caroline,
ich weiß nicht, was ich tun soll.
Ich bin froh, dass ich meine Frau habe.
Ich habe sie mit 28 Jahren kennengelernt, da war sie fast 30, beide waren wir noch ziemlich "unbefleckt"; zumindest ich war
damals ziemlich "grün" - und habe trotzdem die Frau fürs Leben gefunden. Ich habe einfach panische Angst, sie zu verlieren,
weiß nicht, was ich tun soll.
Wenn sie mich verläßt, habe ich nichts mehr zu verlieren, dann kann ich Schluß machen.
Ich will keine andere, bin 15 Jahre mit ihr verheiratet. Habe eine süße Tochter mit ihr und will beide nicht verlieren. Ich liebe beide bis in alle Ewigkeit. Was soll ich tun? Ich weiß es nicht.
tomroerich
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von tomroerich »

Hallo Rolle,

ich denke, dass du auch mit der Krankheit schon ganz schön drinhängst. In einem anderen thread las ich, dass du ja auch SM-Gedanken hast. Und weil du ziemlich depressiv zu sein scheinst, sind deine Angstphantasien sicher auch auf die Depression zurückzuführen. D.h. sie sind übersteigert und wenn du gesund wärst, könntest du klarer und logischer entscheiden und würdest vielleicht auch viel eher zu dem Schluss kommen, dass "Auspacken" das beste wäre. Dass du jetzt die Phantasie hast, gleich deine ganze Familie zu verlieren, nur weil du die Situation nicht mehr steuern kannst und alles objektiv sehr schwierig ist, kann ich mir kaum anders erklären. Wir kennen deine Frau nicht und unsere Einschätzung, dass Ehrlichkeit die beste Lösung wäre, beruht natürlich auf allgemeinen Annahmen. Was würdest du sagen- ist deine Frau so, dass sie möglicherweise wirklich die Beziehung in Frage stellt oder völlig "ausrastet", wenn sie die Hintergründe erfährt? Und das, nachdem du sie jahrelang durch ihre Krankheit begleitet hast? Ist sie so? Oder sind das nicht eher deine depressiven Einschätzungen und Ängste? Die Depr. verzerrt die Realität in Richtung Negativität und lässt dich unrealistische Dinge fürchten, die sich ein Gesunder nur mit sehr viel Phantasie vorstellen kann.
Und es ist auch typisch, dass man in der Depr. entlastende Schritte geradezu gedanklich boykottiert, weil es ja dann besser werden würde. Klingt verrückt, aber bitte denke einmal so darüber nach. Vor allem aber finde ich es wichtig, diese Frage zu beantworten: Passt es zu deiner Frau, wie du sie kennst, dass sie zusammenbrechen oder dir die Beziehung kündigen würde? Welche Gründe hast du zu der Annahme?

Einen herzlichen Gruß!

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von Rolfe »

Nein, eigentlich ist meine Frau sehr verständnisvoll und mir gegenüber sehr lieb.
Abe trotzdem habe ich eine panische Angst vor dem, was da kommt.
Wir konnten uns bisher immer über alles unterhalten - aber das ist doch so existentiell! Ich würde mich am liebsten ganz weit weg verkriechen, aber das bringt
ja auch nichtts.
Ich hoffe, dass ich es vielleicht doch schaffe, ihr das alles zu beichten.
Seid gergrüßt, Rolle
Rolfe
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von Rolfe »

Hallo, ich danke Euch, obwohl ich immer noch Angst habe. Thomas, Du hast gesagt, ich würde entlastende Schritte evtl. nicht wollen- doch, ich will es, ich wäre schon froh, wenn es nicht schlimmer wird, als es bisher ist. Ich wäre doch heilfroh, wenn meine Frau mich nach meiner Offenbarung nicht verlassen würde. Sie ist auch nicht der Typ, der dies tun würde, aber ich habe trotzdem Angst davor. Ich weiß nicht, was ich dann tun würde. Einerseits denke ich, sie wird es nicht tun, weil ich auch immer zu ihr gestanden habe, aber andererseits
habe ich eine wahnsinnige Angst davor, dass sie es doch tut. Solange ich nicht weiss, ob sie es tut, kann ich immer noch hoffen, dass alles so bleibt, wei es ist - aber, was ist, wenn sie es doch tut?
Ich weiß nicht, was ich dann tun soll, ich weiß es nicht. Und ein bißchen will ich es auch nicht wissen, versteht Ihr das?
tomroerich
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Re: Ohne ersichtlichen Grund ausgerastet

Beitrag von tomroerich »

Lieber Rolle,

ich kann deine Angst wirklich verstehen, deine Familie ist wohl der Mittelpunkt deines Lebens und es würde dich vernichten, wenn der verloren gehen würde. Nun ist aber für mich aus den realen Umständen nicht zu erkennen, worauf diese Angst denn gründet. Denn wenn deine Frau doch gar nicht so ist, dass sie dir die Beziehung kündigen würde, dann muss man doch eigentlich von einer irrealen Angst sprechen? Und das ist doch ganz offensichtlich deiner Depr. anzulasten denn die erzeugt eben Ängste aller Art. Ich hatte Angst vor Verarmung, aber das sagte ich glaube ich schon.
Hast du denn einmal mit deiner Ärztin über diese Angst gesprochen und was hat sie dir da geraten? Vielleicht wäre es ein Weg, deine Ärztin um ein Gespräch zu dritt zu bitten. Dazu müsstest du natürlich erst einmal damit herausrücken, dass du bei ihr in Behandlung bist. Aber all diese weiteren, belastenden Gedanken und Ängste lassen sich mit Beistand vielleicht besser formulieren und die Ärztin könnte evtl. dazu beitragen, dass dein Frau etwas über die Eigenarten der Depr. erfährt und dich besser versteht. Ich könnte dir auch eine gute Info-Broschüre zumailen. Dann könntest du ihr die zu lesen geben und müsstest nicht so umständlich und lange erklären. Würde das helfen?

Jedenfalls kannst du der Angst nur den Boden entziehen, wenn du dich offenbarst. Zu beichten gibt es da doch nichts? Du hast doch nichts verbrochen! Und doch klingst du an vielen Stellen wie jemand, der eine furchtbare Schuld auf sich geladen hat. Auch das ist die Depression- sie zwingt dir solche Sichtweisen auf. Wenn ich nicht genau wüsste, Rolle, dass du das nicht durchstehen kannst, deine Depr. zu verheimlichen, weil dich das nämlich eine irre Kraft kostet und verhindert, dass du wieder gesund wirst, dann würde ich vielleicht auch sagen: Na gut, erspar ihr das halt und sag erst was, wenn deine berufliche Lage wieder sicher ist. Ich sage vielleicht. Denn ob das vernünftig und gut ist, hängt zu sehr von deiner Frau ab und wie sie reagiert. Das kann auch als mangelndes Vertrauen gewertet werden. Aber weil du eben in dieser Sch... steckst, kannst du es dir einfach nicht leisten, alles mit dir alleine abzumachen. Der Ausraster ist doch ein klares Indiz dafür, finde ich. Bitte sprich noch einmal mit deiner Ärztin darüber und schildere ihr deine Not. Druck den thread hier aus und nimm ihn mit. Ich weiß, dass es extrem schwer sein kann, dem Arzt gegenüber klar zu formulieren, wie dreckig es einem geht. Ich wette, sie weiß nichts von deinen SM-Gedanken, oder?

Mitfühlende Grüße,

Thomas
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