Kann man AD`s bis zum Lebensende einnehmen?

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JoeKing
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Registriert: 12. Jun 2004, 16:45

Kann man AD`s bis zum Lebensende einnehmen?

Beitrag von JoeKing »

Hallo Martina,

ich hab Deinen Beitrag zum "Kinderkriegen und Depression-therapieren" gelesen. So vom Bio-chemischen würde ich dir in sofern zustimmen, dass meines Wissens durch die Hormonveränderungen während und kurz nach der Schwangerschaft durch den Körper eine Art "Depressionsprävention" erfolgt. Sicher hat das biologisch seinen Sinn.
Ich selber bin allerdings so ein "Depressionskind" meiner Mutter. Sie hat mir gegenüber zwar nie direkt darüber gesprochen, jedoch habe ich durch jahrelane Therapie und Selbstanalyse herausfinden müssen, dass ich eine solche Mutter hatte.
Ich möchte Euch als Mütter deshalb intensivst bitten, Eure Kinder nicht in solch einer Art zu "missbrauchen". Ich selbst habe vor Jahren beschlossen, vorerst kein Vater sein zu wollen, weil ich mit meinen depressiven Anteilen kein ausreichend guter Vater sein kann. Für mich als Mann ist zwar das Kinderkriegen theoretisch auch noch später möglich, da habt Ihr Frauen eine kürzere Zeit dazu und eine "Abstinenz" (freiwilliger Verzicht) hat da sicher weitreichendere Folgen. Ich bitte Euch als selbst Betroffenes "Kind", diesen "Weg" aus Verantwortung für das dabei entstehende Kind zu meiden.
Ich hoffe, ich habe Euch mit meinen Worten nicht verletzt. Ich bin heute noch stinksauer auf meine BEIDEN Eltern und das hat ja nix mit Euch zu tun. Beim Lesen Deines Betrages hab ich schon gemerkt, wie die Wut in mir hochstieg.

Soweit für Heute Euer Joe
triste
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Registriert: 22. Jun 2003, 16:38

Re: Kann man AD`s bis zum Lebensende einnehmen?

Beitrag von triste »

Hallo Joe,

es gibt verschiedene Arten von Depressionen, auch solche, die einmal als Folge eines schlimmen Erlebnisses auftreten und dann nicht mehr wiederkommen.
Man kann mit Sicherheit nicht pauschal sagen, daß Mütter mit einer Depression keine Kinder bekommen sollten.
Ich persönlich glaube auch, daß die Liebe zu und von einem Kind durchaus eine Depression heilen kann...wie überhaupt die Liebe....außerdem muß ja das D-Gen nicht unbedingt weitergegeben werden.
Beim Kinderkriegen sollte das Herz entscheiden, nicht die Vernunft. Und die Überlegung, ob man trotz der vielleicht wieder auftretenden Krankheit dem Kind genug Liebe und Fürsorglichkeit geben kann, und für sich selbst im Umgang mit der Krankheit entschlossen und umsichtig sorgt und umgeht.

Denn sonst müßte man ja allen Eltern mit schweren Krankheiten vom Kinderkriegen abraten....eine lebensbedrohliche Krankheit eines Elternteils ist für ein Kind sicher genauso schlimm wie eine Depression.

Gruß,
Virginia
Caroline1
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Registriert: 19. Mär 2003, 16:48

Re: Kann man AD`s bis zum Lebensende einnehmen?

Beitrag von Caroline1 »

So ist es liebe Virginia , ich habe Lucy bereits im andern Thread geantwortet.

Hallo Joe
Du klingst, als ob du deine (depressive) Mutter für alles Leid, was dir bis jetzt zugestoßen ist, verantwortlich machen würdest, oder irre ich mich da? Ich könnte auch ganz überspitzt sagen: hätte deine Mutter bzw deine Eltern damals nach deinem Rat gehandelt, so gäbe es dich heute nicht. Würdest du dir das wünschen?

Herzliche Grüße

Caroline
JoeKing
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Registriert: 12. Jun 2004, 16:45

Kann man AD`s bis zum Lebensende einnehmen?

Beitrag von JoeKing »

Hallo Caroline,

ich hatte durch meine besch... Eltern einen besch... Start ins Leben, den wünsch ich KEINEM. Ich mach seit Jahren Psychotherapie, um das zu verstehen und möglichst wieder gradezubiegen.
Ich meine schon, dass jeder eine Verantwortung dafür hat, was er seinen Kindern mitgibt. Wenn ich Kinder glücklich machen will, muss ich das zuerst für mich selber können. Manchmal wünsch ich mir, meine Eltern hätten mich nicht gezeugt oder mich gleich in ein Heim gegeben. Heute kämpfe ich darum, das Beste aus meinem Leben zu machen. Dazu gehört auch, dass ich anderen mitteile, warum mir was geschadet hat. Was andere daraus machen, ist dann deren Verantwortung.

Ich bin schon wieder stinkig, hab keine Lust mehr, meine Eltern (Vater UND Mutter!!) für das in Schutz zu nehmen, wo sie mir massiv geschadet haben.

Soweit für heut Joe
JoeKing
Beiträge: 29
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Kann man AD`s bis zum Lebensende einnehmen?

Beitrag von JoeKing »

Hallo Virginia,

meines Wissens spielt bei Depression Gen UND Erleben eine Rolle. Früher sagte man wohl:Endogene und reaktive D. Ob das heute noch so haltbar ist, weiss ich nicht. Da müsste man die Moderatoren mal fragen.
Nach meiner Meinung prägt das Erleben das eigene Verhalten genauso wie das Umfeld und die Veranlagung. Wenn D. eine einmalige Episode bleibt, seh ich fürs Kinderkriegen kein Problem. Wenn dagegen chronisch ist, schon eher. Bei mir ist dann oft die Fähigkeit zur Einschätzung und Gestaltung einer Beziehung massiv eingeschränkt. Kleinstkinder haben als Bezugsperson meist nur die Eltern. Wenn die diese Funktion nur sehr eingeschränkt ausfüllen können, halte ich das für ein zu grosses Risiko. Ich hab da was von "Bindungstheorie" von Bowlby gehört, das hat Auswirkungen fürs ganze Leben.

Ich bin selber traurig drüber und es schmerzt manchmal, Eltern mit Kids zu sehen und zu wissen, dass das jetzt für MICH nicht geht.

Soweit für heut, ich könnt noch stundenlang schreiben

Alles Gute Joe
byron

Re: Kann man AD`s bis zum Lebensende einnehmen?

Beitrag von byron »

Hey Joe (;-)

deine Erfahrungen und Schlußfolgerungen kann ich voll bestätigen.

Ich wurde als Einzelkind einer 40 - j depressiven , nie in Behandlung befindlichen egozentrischen Mutter geboren, und kaum war ich im bewußten Leben "angekommen" , da begannen bei ihr die Wechseljahre und die Depression blühte auf!

Wie ist einer 12-j zumute, wenn die Mutter ihr sagt, sie sei wieder so *frech* gewesen, daß sie sich laut heulend stundenlang im Schlafzimmer einschließt, sich mit Benzos zudröhnt und Alk?

Es grenz an Mißhandlung, was meine Mutter damals mit mir gemacht hat. Ich wurde der permanente "Anlaß" für ihre Weinkrämpfe und entwickelte Schuldgefühle, magerte bis auf 35 kg ab mit 17, hatte Schulphobie und setzte mehrmals mit der Schule aus ( was wieder neue Erpressungen meiner Mutter bis zum inszenierten Suizidversuch am 12.10.76 führte.)

Mein Vater spielte in allem eine schwächliche rolle, sie hatte ihn voll im Griff.

Ich brauchte 40 Jahre, um mich diesem Griff zu entwinden. Als mein Vater starb, wollte sie , daß ich in seine Rolle schlüpfte, und am liebsten bei mir zuhause einziehen und alles bestimmen.

Als ich das ablehnte und wir uns telefonisch gestritten hatten , erhielt ich gegen tags darauf um 23.00 von der Polizei einen Anruf, man habe ihr haus aufgebrochen und meine Mutter mit einem Suizidversuch ins Krankenhaus gebracht... ICH WOLLTE SIE NICHT MHER SEHEN - WER SOWAS EINEM ANGEHÖRIGEN ANTUT HAT ALLES AN SYMPATHIE VERLOREN. WARUM BRINGT SIE SICH NICHT RICHTIG UM; HÖRT DAS DENN NIE AUF????

Ich brach sämtlichen Kontakt zu ihr ab, und versuchte, selbst ohne Schaden aus der Situation herauszukommen - leider mit Spätfolgen, ich kann jetzt meinen Beruf als Tierärztin nicht mehr ausüben und leide selbst an schweren depris...

Ich bin froh, daß ich nie Kinder wollte - ich hatte immer Angst, meine Mutter könnte mir dann "wiedergeboren" werden, oder so ....

Da die Anlage zu Depris genetisch als Disposition den Kindern "vermacht" werden kann, und man nie sicher sein kann, daß man keine postnatale depri bekommt oder in den Wechseljahren - wie bei meiner Mutter - alles megaschlimm wird, ist es ein großes Risiko.

Wenn man sich die Sache nicht rosa ausmalt , und das Umfeld stabil ist , mag es gehen.

Aber im Bekanntenkreis habe ich früh einiges miterlebt, daß z B die Tochter einer Freundin mit 9 einen Hirntumor bekam, 2 der 4 Kinder eines Bekannten an Diabetes( mit 3!) und Leukämie ( tot mit 9 J) erkrankten, sodaß ich froh bin, lieber keine Kinder zu haben.
Solch einer Krise wäre ich nie gewachsen.

Also - bitte nicht ein Kind als MITTEL ansehen, um frei von Depris zu werden, das kann für´s kind übel ausgehen( auch ich war ein extremes Wunschkind!)

das meint ein Experte = kind einer depressiven Mutter und eines ängstlichen vaters
JoeKing
Beiträge: 29
Registriert: 12. Jun 2004, 16:45

Re: Kann man AD`s bis zum Lebensende einnehmen?

Beitrag von JoeKing »

Hallo Byron,

meine Mutter hat auch ständig angerufen, danach gings mir - wie nach Besuchen bei meinen Eltern - regelmässig extrem schlecht. Ich hab sie gebeten, nicht mehr anzurufen, ich würde mich selbst melden, wenn ich was brauch. Hat nix genützt, ich war schon ganz verzweifelt wegen der ständigen "Grenzüberschreitungen". Vor einem halben Jahr hab ich mir ne neue Rufnummer geben lassen und die nicht im Telefonbuchg eintragen lassen, die automatische Rufnummerübermittlung hab ich auch extra sperren lassen. Ich hab sie auch nur an wenige und verlässliche Freunde weitergegeben immmer mit der Bitte, sie nie und niemandem weiterzugeben. Seitdem hab ich Ruhe vor ihr. Sie wohnt auch ca. 70 km entfernt und kann nicht Auto fahren. Früher hab ichs nicht geschafft, ihr die Tür zu weisen. Heut würd ich sie nicht mehr reinlassen und notfalls Freunde bzw. die Polizei wegen "Hausfriedensbruch" holen. Sonst würde sie mich nie respektieren als Mensch mit eigenem Willen und Rechten.

Es gab hier mal einen Tread "Eltern, Kinder, Familienstrukturen" oder so ähnlich. Würde dort sicher besser passen als hier. Hab ihn nicht gefunden. Irgendwie hängt das alles bei mir zusammen. Ist kaum voneinander zu trennen. Und was nutzt das beste Medikament, wenn man die Erfahrungen nicht in Verhaltensänderung umsetzt?

Dein Schreiben hat mir echt Mut gemacht, ich war auch echt stinkig, als ich gelsen hab, wie sie Dich missbraucht hat.

Wünsch Dir viel Kraft, sie auf Abstand zu halten und die Folgen schrittweise zu verarbeiten. Was hältst Du von Psychotherapie?

Alles Gute von Joe
triste
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Registriert: 22. Jun 2003, 16:38

Re: Kann man AD`s bis zum Lebensende einnehmen?

Beitrag von triste »

hallo Joe,

ich verstehe schon ein bißchen, was ihr, Du und byron, schildert. Ich habe auch eine emotional instabile Mutter und einen depressiven Vater, allerdings nicht in dem Maße, wie ihr es schildert, und glaube, daß meine emotionalen Störungen sowie die Depression in dieser gestörten Eltern-Kind-Beziehung begründet liegen.

Die Frage, ob man das Risiko, die Disposition für eine Krankheit genetisch an sein Kind weiterzugeben, eingehen sollte, ist aber sehr schwer zu beantworten, finde ich. Und läßt sich keinesfalls so pauschal bewerten.
Nicht jede Mutter mit chronischer Depression muß automatisch unfähig sein, liebevoll für ihr Kind zu sorgen.
Daß die depressiven Schübe sehr schwer für ein Kind sein müssen, ist klar.
Da braucht es dann ein ausgleichendes Elternteil für diese Zeiten.

Die eigene Einsamkeit/ Unzufriedenheit, etc, durch ein Kind 'therapieren' zu wollen ist natürlich falsch und ganz furchtbar, da gebe ich Dir recht.
Auf der anderen Seite finde ich es, wenn man jemanden liebt, richtig, ein Kind zu bekommen, eine Familie zu gründen. Auch trotz Depression.
Ich glaube schon, daß man da zwischen den depressiven Eltern differenzieren muß. Es gibt schließlich auch viele 'gesunde' Eltern, die ganz furchtbar mit ihren Kindern umgehen.

Ich verstehe schon auch Deine Wut auf Deine Eltern.
Und ich selbst habe mir auch schon die Frage gestellt, ob ich meinem Kind die Disposition für Depression und Migräne wirklich zumuten will. (und in schlechten Zeiten habe ich mir diese Frage mit nein beantwortet).
Inzwischen geht es mir besser und ich wende mich wieder dem Leben zu.
Kindertechnisch ist für mich langsam der Zug abgefahren, so daß sich mir die Frage nicht mehr stellt.

Vielleicht kann man abschliessend sagen, daß Menschen, die emotional gestört sind, keine Kinder bekommen sollten. Und vielleicht wäre deine Mutter auch ohne Depression nicht in der Lage gewesen, Dir genug Liebe und Stabilität zu geben.
Aber das Leben ist nunmal nicht perfekt.

Und irgendwann muß man seine Geister verjagen und sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen. Denn durch Deinen Hass hältst Du weiter die Bindung zu Deinen Eltern, oder?
Könnte auch noch mehr dazu schreiben, muß aber weg...


liebe Grüße vorerst,
Virginia
lucy
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Kann man AD`s bis zum Lebensende einnehmen?

Beitrag von lucy »

Hallo Leute,
ich kann Euren Standpunkt schon gut verstehen. Jedoch sehe ich das doch ein wenig anders. Ich bezeichne mich mal als eine momentan trockenen depressiven Menschen. Ich habe seit meinem 19 LJ Therapie gemacht und wurde nachsozialisiert, soll heißen, habe gelernt mein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Seit dem ich die AD nehme ca. 2,5 Jahre bin ich satbil und zufrieden.
Kann alles machen, was andere auch tun und bin bestimmt nicht jemand, der ein Kind will, um sich aus dem Arbeitsleben zurückzuziehen oder um jemandem zu haben, den ich ggf. vollheule, Schuldgefühle einflöße oder ohne Selbstwertgefühl aufziehen möchte. Ganz im Gegenteil, ich weiß genau, was mir bei meinen "bekloppten Eltern" gefehlt hat. Habe lange dafür gebraucht um die Strukturen zu verstehen und mich daraus zu befreien.
Ich hätte gerne irgendwann ein Kind, weil ich in einer Großfamilie mit vielen Geschwistern groß geworden bin und zu diesen Geschwistern einen liebevollen und unterstützenden Kontakt habe.
Wenn jemand ein Kind zu einem selbständigen und voll Selbstwertgefühl sowie unabhängigen Menschen erziehen kann, dann gehöre ich da bestimmt mit zu. Habe mich selber nachträglich dazu gemacht, bzw. so gut es geht. Allerdings nehme ich ja ein AD und so lange ich dieses nehme, darf ich auch nicht schwanger werden. Und außerdem ziehe ich ein Leben ohne Deprie vor, als dass ich mein AD absetze. Soll heißen, keine leiblichen Kinder für mich. Ganz schön scheiße. Das ist so gemein!
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