Ein Stück Himmel

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fabien
Beiträge: 23
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Ein Stück Himmel

Beitrag von fabien »

Hallo Leute!
Endlich...nach jahrelangen grauen Wolken kann ich den Himmel über mir sehen.

Ich bin 35 und habe seit Jahren die Major-Depression. Bei mir war die Krankheit so stark ausgeprägt, das ich zusätzlich dem Versündingswahn verfiel und zum Schluß geräusch und lichtempfindlich wurde.
Das Medikament Citalopram setzte ich ab weil ich es einfach nicht vertrug. Ich nahm dann erstmal nur Insidon, abends 2. Mein Arzt verschrieb mir dann zusätzlich noch Zoloft. Zu dem Zeitpunkt ging es mir so schlecht, das ich am überlegen war in eine Klink zu gehen. Aber wohin mit den Kindern, was wird aus meiner Arbeit?
Da jeder weiß, das die Antidepressiva einige Zeit brauchen um zu wirken, wurde diese Zeit zur härtesten Zerreißprobe in meinem Leben.
Ich schaffte nichts mehr. Ich konnte weder den Haushalt führen, noch konnte ich mich um mich, geschweige denn mich um meine Kinder kümmern. Ich wusch mich nicht, lief nur im Bademantel rum und sah schrecklich aus. Aber wenn ich mich im Spiegel sah erschrack ich nicht....ich war mir fremd, ich war mir egal. Ich konnte nicht rational denken, war der festen Überzeugung ich leide an Demenz oder mein Hirn löst sich auf. Das schlechte Gewissen "sprach" zu mir.Ich nahm artig meine Tabletten, nahm aber keine Besserung wahr. Ich nahm zum Schluß garnichts mehr wahr. Hatte keine Empfindungen mehr, das einzige was ich spürte war das "Nichts".
Ich hatte starke Selbstmordgedanken, war aber gleichzeitig der Meinung, es spielt keine Rolle ob ich lebe oder tot bin. Da ich am Versündigungswahn litt, nahm ich es als Strafe auf mich so leben zu müssen, unter diesen Vorraussetzungen. Ich hatte mich ja versündigt und das war nun die Strafe dafür.
Zum Schluß lag ich nur noch rum, starrte zur Decke und nahm nichts weiter als die kleinsten Geräusche wahr.Die Geräusche entwickelten sich zu tosenden lauten Geräuschpegeln, denen man nicht entgehen kann. Mein Herz fühlte sich an, als ob es einfach stehen bleiben will.
Zu dem Zeitpunkt kam meine Mutter vorbei und kümmerte sich um uns. Ich glaube sie litt noch mehr als ich.Selbst ihr besorgtes Gesicht und die Tränen in ihren Augen brachten mich nicht aus meiner Starre heraus.

Und dann, ganz schleichend, zuerst kaum spürbar setze die Wirkung meiner Tabletten ein. Es ging dann immer rascher voran. Ich konnte wieder "normal" denken, ich empfand wieder. Ich spürte Energie, die ich solange nicht gekannt hatte.

Heute geht es mir hervorragend. Ich kann ausgehen ohne Angst. Ich bin wieder die lebenslustige Frau, die ich eigentlich immer war.
Im nachhinein betrachtet habe ich manchmal einen Hass auf meine Krankheit entwickelt. Sie macht Menschen zu etwas, was sie nicht sind.
Sie steht einem im Weg und lähmt einen, sodaß man sich zum Schluß wie tot fühlt.
Aber das positive daran ist....wenn es einem dann wieder gut geht, sieht man die Welt mit ganz anderen Augen.

Ich schreibe euch dies, um allen Mut zu machen, das es wieder bergauf gehen kann.

Fabi
ricky
Beiträge: 1450
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Ein Stück Himmel

Beitrag von ricky »

Liebe Fabi,

ich freue mich für dich,dass es dir wieder so gut geht!!

Das macht Mut.

Ich bin noch auf meinem langen und schwierigen Weg aus der Depri,aber ich habe auch das Schlimmste hinter mir.

War anfang des Jahres lange in der Klinik,und das hat mir echt viel gebracht.
Habe dort auch endlich Tabletten bekommen,die geholfen haben....

Ich mache zur Zeit noch meine ambulante Therapie weiter und ich hoffe,dass irgendwann der Tag kommt,an dem ich wieder "normal" leben kann - ohne AD und Therapie etc...

Würde mich freuen,wieder von dir zu hören!

Liebe Grüsse Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
fabien
Beiträge: 23
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Ein Stück Himmel

Beitrag von fabien »

Liebe Uta,

die richtigen Tabletten zu bekommen ist das A und O bei dieser Krankheit.Eine zusätzliche Therapie mache ich nicht, weil ich darin keinen Sinn sehe. Es gibt nichts was ich aufarbeiten müsste. Wie lange ich die Medikamte nehmen muss ist mir so ziemlich egal, auch wenn es mein Leben lang sein sollte. Ich vergleiche das immer mit einem Zuckerkranken, der sich Insulin spritzen muss. Es ist eine Notwendigkeit. Dem Körper wird etwas zugeführt, was er alleine nicht schafft aufzubauen oder weiterzuleiten. Also ist es ok für mich, solange wie es mir dadurch so gut geht.

Ich drücke dir die Daumen, das du es auch bald geschafft hast.

*feste drück*

Fabi
ricky
Beiträge: 1450
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Ein Stück Himmel

Beitrag von ricky »

Liebe Fabi,

danke,dass du mir die Daumen drückst.
Das ist lieb.

Vielleicht lesen wir hier ja nochmal voneinander.
Du kannst mit deinem Berichten gewiss vielen Leuten Mut machen.

Alles Liebe für dich!!!

Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
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