Gruppentherapie - Kanonenfutter!

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winnie
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Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von winnie »

Ich gehe seit einiger Zeit einmal wöchentlich in eine sogenannte psychoanalytische Gruppe, geleitet von einem Arzt/Psychotherapeuten, mit zwölf Teilnehmern.

Schon seit einigen Wochen hat sich da eine Teilnehmerin ziemlich extrem verhalten - sie hört kaum zu, was andere reden, und beschwert sich ständig, daß ihre Probleme (mit ihren Mitmenschen) nicht nach ihren Vorstellungen behandelt werden. Und weil sie offenbar auch noch jemanden braucht, der an all dem schuld ist, hat sie ausgerechnet mir gegenüber in der letzten Zeit eine absolute Feindseligkeit entwickelt - dabei hab ich mit ihr gar nichts zu tun, hab kaum jemals was zu ihr gesagt!
Und der Gipfel war heute, daß sie nach der Stunde auf mich zuging und anfing, mich zu beschimpfen. Ich sei boshaft, und ich bilde mir wohl ein, der Star der Gruppe zu sein, wüßte immer alles besser, und so weiter.
DABEI HATTE ICH ÜBERHAUPT NICHTS GESAGT!!!!
Zwei andere aus der Gruppe hatten ihren Ausbruch mitgekriegt - aber wie es in so einem Fall ja immer ist, kriegt natürlich keiner den Mund auf, um mir zu helfen. Und ich stand bloß da und mir hing der Unterkiefer lotrecht.

Ich war fix und fertig, und zittere immer noch - was sollte das bloß??? Und, viel schlimmer, wie soll das nun weitergehen??? Muß ich mich jetzt darauf einstellen, daß ich die nächsten zwei Jahre (so lange geht die Gruppe) jetzt der Punchingball für diese Teilnehmerin sein werde? Und sozusagen als ihr Feindbild herhalten darf? Ich meine, genau dieses Verhalten ist wohl genau das Problem dieser Teilnehmerin, und sie ist ja schließlich da, um sich neue Verhaltensmuster anzugewöhnen, aber warum muß ausgerechnet ich da jetzt als ihr Schulungsobjekt dienen??? Ich halte das nicht aus! Ich hab genug eigene Schwierigkeiten, da brauche ich nicht noch künstlich erzeugte Kriegsschauplätze...

Ich bin richtiggehend verzweifelt!
Bin ich zu blauäugig in eine Gruppentherapie reingegangen? Hätte ich mich auf sowas einstellen müssen?

Winnie
Caroline1
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Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von Caroline1 »

Liebe Winnie

Mit Gruppentherapie hab ich eigentlich keine Erfahrung, ausser den Sitzungen, die ich damals in der Klinik mitgemacht hatte, konnte da hauptsächlich feststellen, dass Gruppen eigentlich nicht so mein Ding sind, und Agressivität habe ich da auch erlebt, sogar ganz unverhohlen zum Teil. Aber zurück zu deinem Thema. Wie wäre es, wenn du in der nächsten Sizung diese Problematik zur Sprache bringst? Du sagst, es ist ein Leiter dabei, und wenn diese Teilnehmerin dich angegriffen hat wegen angeblicher Dinge, die IN der Stunde passieren, so müsste das doch da auch angesprochen werden können. Es kann auf jeden Fall nicht so sein, dass ausserhalb dem Rahmen der Gruppe interne Auseinandersetzungen geführt werden. Auf jeden Fall ist das für mein Verständnis so. Mal abgesehen von der Daseinsberechtigung vom Inhaltlichen her gesehen. Dass andere sich da nicht einmischen, kann ich aus deren Sicht nachvollziehen, so allein gelassen du dich da auch fühlst, was ich verstehen kann. Wie gesagt, du solltest darauf bestehen, dass das IN der Gruppe zur Sprache kommt. Und eigentlich müsste dann auch ein objektives Feedback dazu kommen.

Zieh dir auf keinen Fall den Schuh an, du seist irgend jemandes Punchingball. Klar ist das leicht gesagt, wenn man nicht betroffen ist. Aber lass die Frau da, wo sie hingehört, nämlich ausserhalb deines Umfeldes, sie gehört nicht zu deinem wirklichen Leben, sie ist per Zufall eine Teilnehmerin dieser Gruppe, das ist alles. Gib ihr nicht mehr Raum in deinem Leben als ihr gebührt.

Wahrscheinlich fühlst du dich zusätzlich verletzt wegen mangelnder "Zivilcourage" dieser Leute, die das mitgekriegt haben, oder? Du könntest dir an denen ein Beispiel nehmen in dem Sinne, dass du erkennen kannst, dass diese Menschen eigentlich sehr gut auf sich geachtet haben. Sie sind mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit psychisch nicht besonders stabil, sonst wären sie ja wahrscheinlich nicht Teilnehmer dieser Gruppe. Ich nehme an, du wirst sagen, du hättest sicher anders gehandelt, und dich sofort für den Angegriffenen eingesetzt, was an und für sich ja auch lobenswert wäre. Aber das ist ja im Grunde genau eines deiner Probleme, dich für andere einzusetzen, besonders wenn es um moralische Dinge im weitesten Sinne des Wortes geht, und dich selbst dabei zu vergessen und dich ergo völlig zu überfordern. Ist es dieser Widerspruch, der dich jetzt so aufwühlt, und der eh sehr schwer auszuhalten ist? Oder spekuliere ich in einer ganz falschen Richtung?

Lass dir nicht den Schlaf rauben, du brauchst den nämlich! In diesem Sinne wünsch ich dir eine gute Nacht und schicke dir einen besonders lieben Gruß!

Caroline
winnie
Beiträge: 1683
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Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von winnie »

Liebe Caroline,

das, was Du über das Sich-für-andere-einsetzen und so weiter gesagt hast: ja, ich schätze mal, damit hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen. Und ich muß Dir wirklich dankbar sein, daß Du mir diesen Gedankenaspekt nahegebracht hast. Das hilft mir jetzt zumindest in dieser Hinsicht sehr, damit klar zu kommen.
Denn natürlich hast Du vollkommen Recht - ICH wäre in so einem Fall für jeden anderen ohne Zögern in die Arena gesprungen, und damit regelmäßig auf die Schn... gefallen. Insofern sollte ich mir an den anderen beiden ein Beispiel nehmen, wie es besser ist.

Mit dem einen hab ich hinterher auch noch mal kurz drüber gesprochen, er meinte auch, ich solle mir so einen Blödsinn nicht zu Herzen nehmen, und daß die Gruppe nicht zulassen wird, daß diese Frau mich da jetzt für die restlichen zwei Jahre isoliert.

Das mit dem Ansprechen in der nächsten Stunde - ja, sicher werde ich das tun, bzw. es wird gar nicht nötig sein, weil die Dame das schon von selbst tun wird. Sie wollte nämlich schon dieses Mal vom Leder ziehen, wurde dann bloß abgewürgt, weil die Stunde zu Ende war, und ich vermute mal, deswegen hat sie ihren Zorn dann auch noch im Rausgehen über mich ausgespuckt. Und sie ist auch tatsächlich so naiv, daß sie solche Dinge ganz unverfroren in der Runde erzählt und auch noch erwartet, bemitleidet zu werden. Da ist sie schon ein paarmal ganz bös aufgelaufen, und der Doktor hat sie da schon einige Male ziemlich gestutzt.
Ich sagte ja, die Frau ist eh etwas merkwürdig, fühlt sich ständig nicht genug beachtet und ihre Probleme nicht so thematisiert, wie sie sie gerne hätte (nämlich nicht in Form von Anregungen, über sich selbst nachzudenken, sondern indem man ihr bestätigt, wie böse doch alle anderen zu ihr sind...)
Es ist mir vollkommen klar, daß ich das nicht an mich rankommen lassen darf, die Frau HAT ein Problem (jetzt hätt ich fast gesagt, eine Macke). Bloß hab ich einfach Angst davor, was von ihr alles noch kommen kann. Und warum hat sie sich nun ausgerechnet wieder MICH ausgesucht! Denn ich bin absolut nicht in der Lage, derartig massive und gegen mich gezielte Aggressionen ruhig auszuhalten. Mich macht sowas vollkommen fertig, da kann ich mir noch so sehr sagen, daß ich es nicht persönlich nehmen darf, und daß diese Teilnehmerin ja nichts weiter mit meinem Leben zu tun hat, als daß sie mir jede Woche eineinhalb Stunden lang gegenüber sitzt.
Und es ist auch eine Sache des Vertrauens in die Gruppe - immerhin hab ich ja selbst auch noch ein paar Probleme, die ich hoffe, in der Gruppe bearbeiten zu können. Und wie soll ich das tun, wenn dann eine dabeisitzt, die nichts als Häme, Gift und Galle gegen mich verspritzt?

Ich hab richtig Angst, wieder hinzugehen.

Aber danke, Caro, für Deine hilfreiche Antwort!
Lieben Gruß von Winnie
Captain Kirk
Beiträge: 633
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von Captain Kirk »

Puh, nicht schön. Aber vielleicht kannst Dus sehen, wie hier im Forum? Manche sind manchmal agressiv aus einem eigenen psychischen Mangel heraus. Du weißt ja, dass sie Probleme hat. Sieh es doch als Zeichen ihrer Erkrankung, mit distanziertem "therapeutischen" Blick, woraus Du für Dich selber auch etwas lernen kannst.

Und warum sie Dich gewählt hat? Da kann man ja eh nur mutmaßen. Vielleicht wählst Du für Dich einfach eine Erklärung die Dir guttut anstatt Dir zu schaden. Also kein Kanonenfutter sein, sondern ein Analysator.

Weil Du einen starken Eindruck machst vielleicht? Weil Du sie an irgendeine Autoritätsperson in ihrem Leben erinnerst? Übertragung und so.

Andererseits kannst Du auch ihren Blick auf Dich nutzen, um etwas über Dich zu erfahren. Also, frag sie doch einfach aus, welchen Eindruck warum Du auf sie machst. Dieser Blick hat natürlich viel mit ihr selber zu tun -wie sie Wirklichkeit wahrnimmt und interpretiert, aber auch etwas mit Dir -wie Du Dich darstellst (bewußt oder unbewußt)und welche Strategien Du benutzt. Und das ist wieder eine Chance für Dich.

Und was ist eigentlich mit Eurem Leiter? Sollte der nicht irgendeine Form der Moderation übernehmen? Vielleicht kannst Du eine Strategie mit ihm erarbeiten?


Gruß
c.
Xenia
Beiträge: 2051
Registriert: 20. Apr 2003, 12:31

Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von Xenia »

Liebe Winnie,

ich sehe es wie Captain: vielleicht erinnerst Du sie einfach an eine ihr verhaßte Person und dann kommt noch die berühmte Übertragung dazu und fertig ist das Kanonenfutter...

Ich hatte stationär auch mal eine (grauenhafte) Gruppentherapie, die genau wie Deine psychoanalytisch geführt wurde. Da entsteht schon so etwas wie eine Dynamik. Eines Tages kam eine neue Patientin dazu, ich wußte erst gar nicht warum, aber ich brauchte sie nur anzusehen und wurde sauer bis wütend. Und dann sprach sie mich auch oft direkt an, was ich als pure Provokation verstanden habe. Irgendwann hat sie - in der Gruppe - gefragt, was denn sei, warum ich nicht mit ihr spräche und so. Ich habe irgendetwas blödes gesagt von wegen, es kann nicht jeder jeden lieben. Und daß sie sich damit halt abfinden müsse. Da fing sie fürchterlich an zu heulen. Da wurde mir irgendwie bewußt, daß an dieser Mitpatientin etwas dran sein mußte, was ich absolut hasse. Ich glaube, daß ich auch in den Einzelgesprächen über sie gesprochen habe. Mir wurde dann auf einmal klar, warum ich derartig massive Gefühle ihr gegenüber hatte: sie erinnerte mich an die Freundin meines jetzigen Ex-Mannes, wegen der die eheliche Situation wenige Monate vorher so eskalierte. Nachdem mir das klar war, faßte ich mir das Herz und fragte sie, ob wir uns mal unterhalten wollen. Das taten wir dann auch (unter vier Augen), ich gab mir Mühe, sie gab sich Mühe und danach war es dann auch okay. Wir sind nicht Freundinnen geworden, haben auch selten miteinander gesprochen, aber meine Aggressionen ihr gegenüber konnte ich durch das Gespräch abbauen.

Vielleicht kannst Du ja auch mal mit dieser Frau reden, vielleicht wird Euch beiden ja irgendetwas klar, wieso ausgerechnet Ihr beiden so aneinandergerasselt seid bzw. wieso sie Dir gegenüber so aggressiv ist.

Viel Glück

Xenia

Captain hat es schon gefragt: warum greift der Leiter eigentlich nicht ein?
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
winnie
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von winnie »

Lieber Captain, liebe Xenia,

danke für Eure Beiträge - sie haben mir tatsächlich wieder ein Stück weitergeholfen.

Ich sollte wirklich versuchen, hinter dem Verhalten dieser Teilnehmerin die bemitleidenswerte Kranke zu sehen - und klar, auch mal darüber nachdenken, was an mir so reizt. Denn es passiert mir schließlich nicht zum ersten Mal, daß in einer größeren Runde ich diejenige bin, deren Anwesenheit/Verhalten/Äußerungen Aggressivität bei anderen hervorruft.

Ich hab da auch meine Theorien, die schon in Richtung Deiner Mutmaßungen gehen: Ich wirke oft stärker als ich tatsächlich bin. Dazu neige ich sehr zum Analysieren, agiere auf der intellektuellen Ebene - was manche absolut nicht abkönnen. Dann versteht auch nicht jeder meinen Humor, das weiß ich selbst.
Und last not least ist es wohl auch meine Stimmlage (ich hab eben kein süßes Sopranstimmchen), mein Gesichtsausdruck (der ist eher ernst), der eben nicht so gefällig wirkt - und wenn man in Unterfranken ohne erkennbaren Dialekt unterwegs ist, wird das auch von so manchen schnell als arrogant empfunden...

Und möglicherweise habt Ihr Recht, daß ich die Frau an irgendwen, den sie nicht ausstehen kann, erinnere.

Aber all das ändert ja leider nichts daran, daß ich unter solchen Situationen einfach tierisch leide.

Es wäre natürlich eine Idee, zu versuchen, mit ihr mal vernünftig zu reden. Allerdings hat das ja schon gestern dazu geführt, daß sie erst recht über mich hergefallen ist: Eine der anderen hatte nämlich offenbar mit ihr geredet, und sie dann mit zu mir geschleift - offenbar in der Absicht, die schon erkennbare Feindschaft im Keim zu ersticken. Allerdings kam es gar nicht mehr dazu, weil die Dame sofort loslegte, daß sie "mit boshaften Menschen überhaupt nicht reden wolle", und dann ging's erst so richtig los mit ihren weiteren Beschimpfungen. Die arme andere Teilnehmerin, die es ja nur gut gemeint hatte, stand nur noch hilflos dabei und schüttelte mit dem Kopf.
Ich denke, Reden hat nur Sinn, wenn beide Interesse daran haben. Von meiner Seite aus wär mir das sicher recht, aber die Dame scheint ihre Aggression gegen mich pflegen zu wollen.

Ja, ich nehme schon an, daß der Leiter diese ganze Geschichte nächste Woche wohl thematisieren und aufzulösen versuchen wird (die Eskalation gestern hatte er ja nicht mehr mitgekriegt). Und ich werde ihm auch deutlich sagen, daß ich mir von ihm und der Gruppe Schutz vor solchen blödsinnigen Anfeindungen erwarte.

Ich muß es wohl einfach auf mich zukommen lassen, und Vertrauen in die Gruppe haben... Wenn das bloß so leicht für mich wäre...

Danke nochmal und lieben Gruß,
Winnie
tomroerich
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Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von tomroerich »

Liebe Winnie,

für mich hört es sich so an, als seist du da einer ziemlich narzistischen Person begegnet und die können schlecht auseinanderhalten, was ihrs ist und was des anderen ist.
Ich habe auch einiges an Gruppenerfahrung gemacht, am eindringlichsten hat sich mir eine TA-Gruppe (Transaktionsanalyse) eingeprägt, weil der Gruppenleiter so gut war. Und in jeder Gruppe gibt es Menschen, die narzistische Probleme haben, ihre Anliegen immer zu kurz gekommen sehen und finden, andere würden sich zu breit machen. In Wirklichkeit spiegeln sie damit genau ihr Problem und erleben als Reaktion der Gruppe in der Regel dann auch das, was sie im wirklichen Leben auch an Reaktion bekommen. Das ist heftig für dich, weil du Aggressivität schlecht aushalten kannst und weil du eine andere Wahrnehmung von dir selbst hast (ich übrigens auch ) Aber du hast ja schon einige Eigenschaften von dir sehr klar genannt- ich würde hinzufügen, dass du schnell und zielsicher die wunden Punkte bei anderen findest und einiges an psychologischem Wissen mitbringst. Und du nimmst kein Blatt vor den Mund. Somit bist du das Schreckgespenst eines jeden Narzisten, der ja darauf angewiesen ist, unangefochten in seinem Mittelpunktswahn zu bleiben.

Für dich bietet sich aber hier auch eine große Chance, etwas über deine Wirkung auf andere zu erfahren. Wenn der Gruppenleiter was taugt, dann wird er diesen Konflikt aufgreifen und hoffentlich werden die anderen dann auch etwas dazu sagen, wie sie dich erleben bzw. diese Frau. Denn du brauchst natürlich dringend die Gewissheit, dass die Frau ein Problem hat und nicht du und die kann dir nur die Gruppe geben.

Grüßle

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
winnie
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Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von winnie »

Lieber Thomas,

ojeoje, ich hab mich mal grad über die "Narzißtische Persönlichkeitsstörung" schlau gemacht. Und das paßt alles wie die Faust in die Kompottschale:

Mangel an Einfühlungsvermögen und Empathie.
Ist nicht willens, die Gefühle andere zu erkennen oder die Bedürfnisse anderer zu berücksichtigen.
Hohes Anspruchsdenken, erwartet, bevorzugt behandelt zu werden, erwartet, daß andere automatisch auf ihn eingehen.
Häufig Unterschätzung und auch Abwertung der Beiträge anderer. Verächtlich und ungeduldig wenn andere über ihre eigenen Probleme und Angelegenheiten sprechen. Ist sich der Kränkung, die sie mit ihren Bemerkungen verursacht, nicht bewußt.
Gepflegtes Außeres. Narzißtische legen größten Wert auf Körperpflege, Kleidung, übermäßiges Interesse an persönlicher Erscheinung und Wohlergehen; spiegelt sich in seiner Verbalisierung wieder. Häufiges zurechtzupfen, abklopfen, ordnen und prüfen der Kleidung.
Zunächst hinterläßt der Narzistische einen glatten, positiven Eindruck. Später erst kommen die groben, ungehörigen Eigenschaften zum Vorschein: Roh, abrupt, undankbar.
Außerordentlich entspannte oder ungewöhnlich gerade Haltung und überheblicher Gesichtsausdruck.
Es fehlen oftmals anhaltende Beziehungen, können oft nur vage Angaben zu speziellen Freunden machen. Zunächst erwähnt der Narzist Bezugspersonen gar nicht, oder aber stellt sie als Grund der Probleme dar.

Das paßt alles haarklein auf diese Frau.
Und hier das, was ich offenbar gestern zu spüren bekam:

Wenn ein Narzißt Informationen erhält, das bestimmte Personen seine Grandiosität nicht bestätigen, ihn nicht hochpreisen, kann starke Wut auftreten, Beschimpfung, Körperverletzung, ausführliche Racheakte und auch selbstschützende Vorgehensweisen.


Auweia. Na super.

Auch von diesem Hinweis abgesehen hast Du wohl vollkommen Recht, Thomas.
Und irgendwie habt Ihr mich jetzt alle wirklich etwas beruhigt - ich werde abwarten, wie sich die Geschichte weiter entwickelt, und mich bemühen, mir nicht schon wieder in die Hose zu machen aus Furcht, zum Außenseiter zu werden.

Danke und lieben Gruß!
Winnie
Xenia
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Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von Xenia »

Liebe Winnie,

namens aller hier postenden Narzißten (ich gehöre aber nicht dazu) muß ich Dir mitteilen, daß es auch nette Narzißten gibt, die nicht so abgedreht sind

Liebe Grüße

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
winnie
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Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von winnie »

Jo, davon bin ich überzeugt
Leider scheinen Narzißten bloß keine Winnies zu mögen, deshalb hab ich ja auch die böse ihrer Seiten abgekriegt

Lieben Gruß von Winnie
Xenia
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Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von Xenia »

Liebe Winnie,

wenns um die bösen Narzißten geht, bin ich auch ein beliebtes Opfer... bloß beißen sich die meisten von denen die Zähne an mir aus, weil ich sie (die "bösen") halt relativ schnell durchschaue und dann meinerseits zuschlage

Liebe Grüße

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




ТЪПАЦИ!!!
Captain Kirk
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Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von Captain Kirk »

Seltsam ist es manchmal. Da gibt man anderen Menschen kluge Ratschläge und sieht erst hinterher, dass man selber in einer ähnlichen Situation steckte und nichts verstand. Oder eben völlig falsche Schlüsse zog. Seltsam. Aber gut.
cool
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Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von cool »

Liebe Winnie,
hatte gestern zufällig ein Buch in der Hand.
"Faires Streiten - lebendige Partnerschaft"
Gräfe und Unzer Verlag. Autorin : Karin Mager.
Bei einem Zitat musste ich an deine Gegenspielerin denken : "Wenn Du irgendein Thema verwirren willst, kann ich Dir sagen, wie man so etwas am besten macht: Vermische das, was ich tue, mit dem, wie Du darauf reagierst" Dr. Marshall Rosenberg.
Ich drücke dir fest die Daumen, dass sich die Angelegenheit klärt. Viele Grüße, Cool
Captain Kirk
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Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von Captain Kirk »

Ich hab auch noch einen Literaturvorschlag.
Karen Duve, "Dies ist kein Liebeslied".
Dort wird eine Gruppentherapie sehr schön, lustig bitterbös dargestellt. Lohnt sich um Abstand zu kriegen und wieder drüber lächeln zu können.

c.
Marly
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Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von Marly »

Hallo Winnie,

wie ist es dir zwischenzeitlich in der Gruppentherapie ergangen?

Ich werd nächsten Monat auch eine VT beginnen, die aus Einzel- und Gruppengesprächen besteht. Mit meiner Therapeutin komm ich schon klar, hab sie bereits in Vorabgesprächen kennengelernt. Vor der Gruppe hab ich allerdings Angst.

Wäre nett wenn Du mir von deinen Erfahrungen berichten könntest.

liebe Grüsse Marly
winnie
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Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von winnie »

Hallo Marly,

tja, wie ist es weitergegangen?

In der Woche nach diesem Auftritt hat der Doc eine ausgiebige Abhandlung über Narzißmus vorgetragen - an die Adresse dieser Frau gerichtet.
Sie hat's geschluckt, mit viel "Wenn und Aber...". Aber nach außen hin schien sie kapiert zu haben, daß es IHRE Wahrnehmung war, und nicht die Realität, was sie so Böses an mir finden ließ.
Sie entschuldigte sich sogar beim Doc und einer anderen Teilnehmerin für ihre Aggressivität. Nicht bei mir - bewahre. Mich ignorierte sie weiterhin. Grüßte mich nie, guckte mich nie an.
Und seitdem sind ja nun mehrere Wochen vergangen - und sie hat in nur drei weiteren Stunden wieder davon angefangen, daß ich bösartig sei und ihr ans Leder wollte. Sollte man vielleicht als Fortschritt ansehen, daß es nicht JEDE Stunde war... Die ersten beiden Male ist der Doc und die Gruppe noch einigermaßen geduldig darauf eingegangen und hat jedesmal eine geschlagene Stunde darüber mit ihr diskutiert, daß das verdammt nochmal NICHT WAHR sei.
Beim letzten Mal (vorgestern) ist dann der Doc endlich richtig laut geworden. Hat sie ziemlich zusammengepfiffen, daß sie endlich mal zuhören solle, was man ihr sage. Und auch wenn es zehnmal ihr Krankheitsbild sei, das sie ja nicht so schnell ablegen könne, solle sie dennoch mal darüber nachdenken, was sie MIR damit jedesmal für Verletzungen zufüge...

Das fand ich endlich mal richtig gut. Nicht, weil sie zusammengefaltet wurde, aber weil ich zum ersten Mal das Gefühl hatte, ich würde beschützt.
Wobei ich mir nicht einbilde, daß damit die Sache endlich erledigt ist. Ich vermute, das wird immer wieder aufflammen - diese Frau BRAUCHT einen Gegner in der Gruppe, und das bin halt jetzt ich. Ob ich will oder nicht. Und ich muß mir wohl auf Dauer überlegen, wie gut ich das aushalte. Der Doc meinte dazu, daß es in gewisser Weise auch für mich eine wunderbare Übung sei - WEIL ich sowas eben immer so schlecht aushalten kann. Jetzt kann ich mal üben, damit umzugehen... Na toll!
Aber irgendwo hat er schon Recht. Muß man ihm lassen.



Du fragst nach meinen Erfahrungen in der Gruppentherapie, Marly - ja, hier sind welche. Und zusammenfassend kann man sagen, daß so eine Gruppe tatsächlich das ideale Übungsabbild der "Welt draußen" ist. Und man kann hier menschliches Miteinander trainieren, ohne daß es gleich lebenslange Konsequenzen hat.
Auch wenn's vermutlich noch hart werden wird - hat sicher seine großen Vorteile.

Im Vergleich zur Einzeltherapie kann man natürlich in der Gruppe lange nicht so ausführlich auf individuelle Probleme eingehen - aber die Korrelation dieser individuellen Probleme mit seiner Umgebung kann man wunderbar auseinanderfieseln. Und man bekommt seine Verhaltensweisen auf konstruktive Weise gespiegelt.

Ich hoffe, ich konnte Dir ein wenig weiterhelfen - viel Erfolg und Grüße!

Winnie
Marly
Beiträge: 57
Registriert: 2. Nov 2003, 20:59

Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von Marly »

Liebe Winnie,

vielen Dank für deine prompte und ausführliche Schilderung.

Ich hatte eigentlich gehofft das der Streit mit der Person aus der Gruppe sich gelegt hätte. Auch wenn du es als gute Übung für das Leben ansiehst, tut es mir trotzdem sehr leid für dich.

Mir selbst macht deine Geschichte Angst vor dem was kommt. Ich brauche so dringend Hilfe, wäre aber einer solchen Konfronation im Moment überhaupt nicht gewachsen.

Hoffentlich wird es für dich besser. Ich drück dir die Daumen.

liebe Grüsse Marly
Xenia
Beiträge: 2051
Registriert: 20. Apr 2003, 12:31

Re: Gruppentherapie - Kanonenfutter!

Beitrag von Xenia »

Guten Morgen liebe Winnie,

schön, daß Du Dich mal wieder gemeldet hast!!

Viele Grüße auch an Deine beiden!

Xenia
°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*




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