Therapeut. Umgang mit chronischen/rezidivierenden Depressionen - Klinikambulanz?

Zarra
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Re: Therapeut. Umgang mit chronischen/rezidivierenden Depressionen - Klinikambulanz?

Beitrag von Zarra »

Hallo Flora,

Deine Erläuterung (Danke auch!) mit z.B. dem Sport kann ich gut nachvollziehen. Ich bin ja auch jemand, der "unpassende Begrifflichkeiten" (oder Plattitüden!) sehr in die Quere kommen können.

Andererseits würde ich nicht allem Ausprobieren entgegensprechen wollen. Doch vielleicht trifft das auch mehr auf Angstkomponenten zu, da allerdings m.E. sicher.

Mein guter "VT"-Therapeut hat wohl versucht, unterentwickelte Seiten, Anteile (s. den Beitrag von Wolke) zu stärken - scheint ihm gelungen zu sein. (Die sind immer noch schwach, das liegt aber nicht an ihm, und es hat sich eindeutig etwas verändert.) -
Ich könnte mir vorstellen, daß es sehr davon abhängt, ob man platte Übungen durchzieht und keinen oder wenig "Erkenntnisgewinn" daraus mitnimmt (kenne ich aus einer Klinik; zumindest stimmte die Aufwand-Nutzen-Relation nicht) oder ob das halt speziell auf die spezielle Person mit ihrem spezifischen Hintergrund abgestimmt ist.


Hallo Kroki,

auch wenn es vielleicht eher der Nebenschauplatz ist: Das Aufnahmemanagement dieser Klinik stellt sich schon an, oder?!! Frei nach dem Motto, bloß nichts auszurechnen für jemand, der vielleicht doch nicht kommt?? Beihilfehöhe müßte ja klar sein. Deine PKV würde gar nichts zahlen? Das ist doch vielleicht eher die Grundlagefrage?

Die Frage der Dringlichkeit - dieses Schwanken kommt mir sehr bekannt vor. ... vielleicht nicht superintensiv, aber überhaupt suchen?! Manches ist eh zufallsabhängig.

LG, Zarra
Kroki
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Re: Therapeut. Umgang mit chronischen/rezidivierenden Depressionen - Klinikambulanz?

Beitrag von Kroki »

Hallo Yvi*,

danke für das Angebot.
Heidelberg ist aber leider auch mehr als 100 km von mir entfernt.


Liebe Flora,

danke für Deine guten Wünsche!

Den Exkurs darüber, die Veränderung erst im Unterbewussten zu verankern, finde ich extrem spannend, weil ich glaube, dass ich auf ähnliche Art und Weise, wie Du es oben von Dir beschrieben hattest, in der Verhaltenstherapie scheitere.
Ich nehme da bei mir immer wieder wahr, dass die kognitiven Einsichten zwar da sind, meine Gefühle aber dem Verstand partout nicht folgen wollen und mein Handeln blockieren.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass mein zweiter Verhaltenstherapeut ziemlich ratlos reagiert hat, als es mir nicht besser ging, obwohl ich mich nach längerer Krankschreibung wieder dem gefürchteten Unterricht gestellt hatte und sein Lehrbuchwissen zum Thema Angst-Therapie es nun mal so vorsah, dass die Ängste kleiner werden, wenn man sich ihnen stellt.
Er hat mir dann lapidar erklärt, eine Schulklasse sei eben kein Turm – Höhenangst sei somit einfacher zu therapieren.

Meine Abschlussarbeit im zweiten Studium habe ich zwar nicht reibungslos, aber deutlich besser als die erste geschafft, weil es mir irgendwie gelungen war, einen Großteil meines Perfektionismus hinter mir zu lassen, der mich bei der Abschlussarbeit im ersten Studium über Monate daran gehindert hatte, mit der Arbeit überhaupt anzufangen.


Hallo Wolke,

auch wenn ich nicht „vom Fach“ bin, habe ich inzwischen so viel Therapie gemacht und so viel Selbsthilfeliteratur gelesen, dass es wohl kaum noch ein verhaltenstherapeutisches Werkzeug gibt, dass ich nicht kenne. Am mangelnden „Know how“ liegt es also wohl auch bei mir eher nicht.

Ich denke, dass das Überwinden innerer Widerstände eines meiner zentralen Probleme bei der Umsetzung von Veränderungen ist. – Vielleicht könnte mir da tatsächlich ein hypnotherapeutischer Ansatz weiterhelfen.

In Sachen Psychoanalyse und tiefenpsychologischer Psychotherapie bin ich kein so großer Experte, da ich lange auf die Fachleute gehört habe, die bei Depressionen in erster Linie zu Verhaltenstherapie raten. Ich habe vor sehr langer Zeit mal ein bisschen Freud gelesen und fand damals dessen Frauenbild extrem diskriminierend. – Natürlich weiß ich auch, dass die Psychoanalyse nicht bei Freud stehen geblieben ist.

Die Arbeit mit inneren Anteilen kenne ich aus meiner Gestalttherapie, die mir leider auch nicht wirklich viel weitergeholfen hat.

Ich glaube, DER spezielle Knackpunkt für mich bei jeder Therapie ist es, zum Therapeuten eine echte Vertrauensbasis aufzubauen. Das ist für mich offensichtlich sehr schwierig, aber unabdingbare Voraussetzung für jede positive Veränderung durch die Therapie.
Ich muss mich angenommen fühlen und das Gefühl haben, dass der Therapeut „auf meiner Seite ist“. – Erst dann habe ich eine Basis, von der aus ich auch Kritik annehmen kann.


Hallo Zarra,

den Äußerungen der Dame vom Aufnahmemanagement der Privatklinik habe ich entnommen, dass die Klinik es offensichtlich nicht nötig hat, sich darum zu bemühen, das Kostenrisiko für die Patienten zu minimieren. Wenn meine überschlägige Rechnung stimmt, dann wäre die Zuzahlung pro Tag so hoch, dass ich mir einen Aufenthalt von zwei bis drei Monaten wirklich nicht mehr leisten kann.

Das Problem ist die Beihilfe, deren Leistungen seit meinem letzten Klinikaufenthalt vor 7 Jahren erheblich gekürzt wurden. Da die geänderte Regelung inzwischen gerichtlich für unrechtmäßig erklärt wurde, ist derzeit schon wieder eine Neuregelung in Arbeit, die aber noch nicht in Kraft getreten ist.

Der gleiche Klinikträger führt auch eine Klinik für gesetzlich versicherte Patienten und eine Rehabilitationsklinik, die nach ganz ähnlichen Konzepten arbeiten. – Ich glaube nur nicht, dass die mich dort aufnehmen würden.

Bevor ich mich weiter auf Therapeutensuche mache, muss ich mir erst einmal darüber klar werden, was ich wirklich brauche.


Ich danke Euch allen für diese spannende und für mich wirklich hilfreiche Diskussion!
(Gerne mehr davon...)

Liebe Grüße
Kroki
Zarra
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Re: Therapeut. Umgang mit chronischen/rezidivierenden Depressionen - Klinikambulanz?

Beitrag von Zarra »

Liebe Kroki,

nur noch schnell:

>Ich glaube, DER spezielle Knackpunkt für mich bei jeder Therapie ist es, zum Therapeuten eine echte Vertrauensbasis aufzubauen.
Ja. Uneingeschränkt. ... und das hängt eben nicht in erster Linie an dem "Verfahren", das derjenige als Basis gelernt hat. Was nicht heißt, daß man sich darüber keine Gedanken machen sollte. Und zumindest bei gesetzlich Versicherten hängen da auch unterschiedliche Stundenkontingente zusammen, wenn es nicht nur um eine Kurztherapie geht.

>Der gleiche Klinikträger führt auch eine Klinik für gesetzlich versicherte Patienten und eine Rehabilitationsklinik, die nach ganz ähnlichen Konzepten arbeiten. – Ich glaube nur nicht, dass die mich dort aufnehmen würden.
Und warum nicht?!? - Die Wartezeit wäre vermutlich erheblich länger, doch ansonsten ... (Nur am Rande: So etwas Ähnliches wollten sie dann ja eventuell mit den Beihilfekürzungen erreichen.)

>Bevor ich mich weiter auf Therapeutensuche mache, muss ich mir erst einmal darüber klar werden, was ich wirklich brauche.
Ja, wenn Du das formulieren kannst - und es dann auch gegenüber den Therapeuten tust -, ist das natürlich gut. Doch wenn ich mir z.B. einen CBASP-Therapeuten "einbilde" und dann hier im halbwegs erreichbaren Umfeld keinen oder nur einen mir unsympathischen finden würde ... Die Therapeuten-Listen sehen ja meist anders aus. Persönliche Empfehlungen (nicht unbedingt, weil der Therapeut gut ist, obwohl das auch schon was wäre, sondern weil er vielleicht zu einem selbst und dem Störungsbild passen könnte) wurden zumindest bei mir gar nicht oder seltenst ausgesprochen. - Die letzte Empfehlung lautete so ungefähr wie, es müsse halt ein sehr erfahrener Therapeut sein. Läßt sich ja so superleicht finden ... Und vor einigen Jahren haben zwei Psychiater - unabhängig voneinander! - mir in Bezug auf Therapiesuche ein sehr zweifelhaftes Kompliment ausgesprochen; in anderem Kontext ganz nett, doch so minimiert es nur die in Frage kommenden. Und vor allem muß ich das dann selbst entscheiden (wenn ich nicht mit demjenigen will) und minimiere damit ggf. sozusagen selbst meine Chancen.

Wissen, "therapeutisches Wissen":
Einerseits - ehrlich - habe ich keineswegs mehr alles präsent, was man mir je erzählt hat und was ich damals auch als passend und halbwegs hilfreich empfand. Ich habe da erst neulich mal gedacht, daß ich eigentlich alles, was ich an alten Unterlagen habe, erst mal durchsehen müßte ... Mancher Anstoß versteckt sich sicher darunter. Auch manches Vergessene.
Andererseits: Für manches braucht es auch eine Wiederholung. Und vor allem muß es irgendwie "emotional aktualisiert" werden - dagegen ist jeder gelesene Satz superblaß. (Auch das relativ banale Beispiel, das mir gerade einfällt, wäre jetzt gerade zu weit ausholend und ich wüßte nicht, ob die Quintessenz rüberkäme. Von daher lieber ohne.)

LG, Zarra
Kronstadt
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Re: Therapeut. Umgang mit chronischen/rezidivierenden Depressionen - Klinikambulanz?

Beitrag von Kronstadt »

Guten Abend Kroki,
hast du schon mal an Traumatherapie gedacht bei deiner Suche und deinen Erfahrungen?
Du nennst die lebensgeschichtlichen Erlebnisse als Grund zur Aufarbeitung.
Deshalb komme ich auf diese Frage und ich frage weiter, ob du dir sicher bist, daß die Diagnose Depression genügt?
Wenn du das so sagst, überlege ich, wann und wo ich eine Fassade aufgesetzt habe.
In den akuten Zeiten, wo die Not groß war, habe ich das nicht. Jetzt schon, wo klar ist, daß
die Angebote und Fähigkeiten der Fachleute nicht reichen.

Isala wünscht dir einen Therapeuten, der ganz auf deinerSeite steht.
Kroki
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Re: Therapeut. Umgang mit chronischen/rezidivierenden Depres

Beitrag von Kroki »

Liebe Zarra, hallo Isala und alle anderen hier,

nachdem inzwischen - auch durch die Software-Umstellung und Feiertagsvorbereitungen - einige Zeit vergangen ist, ein Update von mir.

Vor ein paar Tagen hatte ich einen Termin bei einem niedergelassenen Psychiater, der mir ein SSRI-Folge-Rezept ausgestellt und die Kontaktdaten einer psycholog. Verhaltenstherapeutin gegeben hat, deren Praxis in der Nähe meiner Arbeitsstelle liegt. (Vor Weihnachten habe ich dort nur noch den Anrufbeantworter erreicht.) Außerdem solle ich meine Schilddrüsenwerte bestimmen lassen.

Nun bin ich wieder unsicher, ob ich es doch noch einmal mit der vorgeschlagenen Standardtherapie versuchen soll, oder ob das aussichtslos ist.
Isala hat geschrieben:hast du schon mal an Traumatherapie gedacht bei deiner Suche und deinen Erfahrungen?
Du nennst die lebensgeschichtlichen Erlebnisse als Grund zur Aufarbeitung.
Deshalb komme ich auf diese Frage und ich frage weiter, ob du dir sicher bist, daß die Diagnose Depression genügt?
Ich hatte noch einen Termin in der Ambulanz für affektive Störungen im nächstgelegenen Klinikum hier in der Nähe vereinbart (siehe Threadtitel), der erst Ende Januar stattfindet. - Wie Du, Isala, glaube ich, dass ich vor der Entscheidung über die weitere Therapie erst mal eine fundierte Diagnostik brauche. Das habe ich diesmal auch direkt bei der Terminvereinbarung gesagt.

Eine alte Freundin, die mich ganz gut kennt und selbst auch Psychologin ist, rät mir zu einer Schematherapie. Wenn ich bei der Landespsychotherapeutenkammer nach psycholog. Psychotherapeuten suche, die explizit angeben, dass sie auch Patienten mit rezidivierenden Depressionen behandeln oder sich mit Schematherapie auskennen, finde ich nur Verhaltenstherapeuten. IPT und CBASP finde ich dort gar nicht.
Isala hat geschrieben:Isala wünscht dir einen Therapeuten, der ganz auf deiner Seite steht.
Zarra hat geschrieben:Ja. Uneingeschränkt. ... und das hängt eben nicht in erster Linie an dem "Verfahren", das derjenige als Basis gelernt hat. Was nicht heißt, daß man sich darüber keine Gedanken machen sollte.
[...]
Ja, wenn Du das formulieren kannst - und es dann auch gegenüber den Therapeuten tust -, ist das natürlich gut. Doch wenn ich mir z.B. einen CBASP-Therapeuten "einbilde" und dann hier im halbwegs erreichbaren Umfeld keinen oder nur einen mir unsympathischen finden würde ...
Ich glaube, mit einem Therapeuten, der ganz auf meiner Seite steht und zu dem ich eine echte Vertrauensbasis aufbauen kann, würde ich einer erfolgreichen Therapie ganz unabhängig von der psychotherapeut. "Schule" und dem Verfahren einen großen Schritt näher kommen.
Leider habe ich trotz intensiven Suchens und vieler Vorgespräche bei meiner letzten Psychotherapeutensuche nicht das gefunden, was ich mir erhofft hatte. - Vielleicht sind meine Erwartungen auch einfach zu hoch?

Bei den Vorbereitungen für einen erneuten Aufenthalt in "meinem" Privatkrankenhaus - nur für den Fall, dass ich depressionsbedingt arbeitsunfähig werden sollte - komme ich ohne ärztliche Einweisung nicht weiter, ohne die mir die Beihilfestelle den entstehenden Eigenanteil nicht berechnet und ohne die auch das Aufnahmemanagement des Krankenhauses nicht groß tätig wird.
Zarra hat geschrieben:Und warum nicht?!? - Die Wartezeit wäre vermutlich erheblich länger, doch ansonsten ... (Nur am Rande: So etwas Ähnliches wollten sie dann ja eventuell mit den Beihilfekürzungen erreichen.)
Ich denke, dass der Träger diese Kliniken lieber mit gesetzlich kranken- bzw. rentenversicherten Patienten füllt.
Zarra hat geschrieben:Einerseits - ehrlich - habe ich keineswegs mehr alles präsent, was man mir je erzählt hat und was ich damals auch als passend und halbwegs hilfreich empfand. Ich habe da erst neulich mal gedacht, daß ich eigentlich alles, was ich an alten Unterlagen habe, erst mal durchsehen müßte ... Mancher Anstoß versteckt sich sicher darunter. Auch manches Vergessene.
Andererseits: Für manches braucht es auch eine Wiederholung. Und vor allem muß es irgendwie "emotional aktualisiert" werden - dagegen ist jeder gelesene Satz superblaß.
Natürlich habe auch ich nicht mal mehr ansatzweise alles präsent, was in meinen Psychotherapien gelaufen ist. Gelegentlich greife ich aber immer mal wieder eine für mich als hilfreich erlebte, aber aktuell etwas in Vergessenheit geratene Technik wieder auf.
Selbst Erlebtes hat m.E. eine grundlegend andere Qualität als Angelesenes. Deshalb helfen auch so viele Ratgeber-Bücher nicht weiter.

Allen herzliche Grüße und frohe Weihnachten
Kroki Bild
Zarra
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Re: Therapeut. Umgang mit chronischen/rezidivierenden Depres

Beitrag von Zarra »

Liebe Kroki,

ich hatte schon ein paarmal an Dich gedacht.

Immerhin ist doch nun das Pragmatisch-Pharmakologische geklärt. :)
Kroki hat geschrieben:Leider habe ich trotz intensiven Suchens und vieler Vorgespräche bei meiner letzten Psychotherapeutensuche nicht das gefunden, was ich mir erhofft hatte. - Vielleicht sind meine Erwartungen auch einfach zu hoch?
Was waren denn die Negativ-Punkte? Jede/r paßt halt wirklich nicht. Da können wir beide uns wohl die Hand reichen. - Außer daß es bei meinem letzten richtigen Suchanfall trotz vieler Telefonate zu gar keiner Begegnung erst kam; im Nachklapp per Mails dann zu einer Begegnung ca. fünf Monate später.
Müßtest Du jetzt wieder aus der gleichen Auswahl aussuchen? ... gibt es vielleicht doch noch ein paar auf der Liste, die Du nicht kennst?

Ich hatte damals (2012?) auch nach Schematherapie gegoogelt, hatte wohl auch eine sehr, sehr überschaubare (!) Liste (da waren aber zudem auch Klinikärzte mit drauf), die mir von den Orten her nicht weiterhalf - finde ich nicht wieder (*); und meiner Erinnerung nach waren das auch alle oder eher alle VT-Therapeuten.

Liebe Grüße, Zarra

(*) P.S. http://isstonline.com/find-a-therapist" onclick="window.open(this.href);return false; - wenn (??!) es diese war, dann damals ohne Anmeldung; ich habe es jetzt nicht durchgespielt.
Kroki
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Re: Therapeut. Umgang mit chronischen/rezidivierenden Depres

Beitrag von Kroki »

Liebe Zarra,

schön, Dich hier zu lesen! :) (Das hilft auch ein bisschen gegen weihnachtliche Einsamkeitsgefühle...)
Zarra hat geschrieben:Was waren denn die Negativ-Punkte? Jede/r paßt halt wirklich nicht. Da können wir beide uns wohl die Hand reichen. - Außer daß es bei meinem letzten richtigen Suchanfall trotz vieler Telefonate zu gar keiner Begegnung erst kam; im Nachklapp per Mails dann zu einer Begegnung ca. fünf Monate später.
Müßtest Du jetzt wieder aus der gleichen Auswahl aussuchen? ... gibt es vielleicht doch noch ein paar auf der Liste, die Du nicht kennst?.
Meine letzte Therapeutensuche 2008/09 zog sich über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr. Damals habe ich gerade mein Zweitstudium absolviert und war zeitlich viel flexibler als heute, was Termine für Telefonate und Erstgespräche mitten am Tag angeht. Heute bin ich voll berufstätig und weiß - da wir zu zweit in einem Büro sitzen - nicht mal, wie ich die telefonischen Erstkontakte zu Therapeuten bewerkstelligen soll.
Die, mit denen ich damals schon nicht konnte, werde ich diesmal natürlich auslassen. (Ich habe allerdings schon Schwierigkeiten, noch die Namen aller Therapeuten zusammen zu bekommen, mit denen ich damals gesprochen hatte. - Die Listen von damals habe ich beim Umzug offensichtlich entsorgt.)

Ich hatte damals eine recht spezielle Vorauswahl nach Therapieverfahren getroffen (tiefenpsycholog. fundierte Psychotherapie + PITT) und bei den Vorgesprächen darauf geachtet, ob die "Chemie" zwischen mir und dem Therapeuten stimmt und ob meine inhaltlichen Erwartungen an die Therapie, die ich vorher explizit genannt hatte, aufgegriffen werden.
Trotzdem hat mir die Therapie bei der Therapeutin, für die ich mich dann letztlich entschieden habe, nicht viel gebracht, was auch daran lag, dass es mir nicht gelungen ist, ein gutes Vertrauensverhältnis zu ihr aufzubauen.

Ich bin eben auch kein einfach zu behandelnder Patient. Sicher ist, dass ich chronische bzw. rezidivierende Depressionen und eine Essstörung habe, die im Moment aber nicht im Vordergrund steht. Da mir in der Vergangenheit sowohl diverse ambulante Psychotherapien als auch eine ganze Reihe von Antidepressiva nicht viel geholfen haben, halte ich eine komplexere psychische Störung mit Komorbiditäten inzwischen für wahrscheinlich. Offiziell diagnostiziert wurden bisher aber immer nur diverse Varianten von Depressionen und Essstörungen.

Ich habe es inzwischen mehrmals erlebt, dass potentielle Behandler beim Erstgespräch ratlos feststellen, dass ich doch schon so viele Therapien gemacht hätte und sie auch nicht wüssten, wie sie mir noch weiterhelfen sollen. Ein Teil des Problems besteht auch darin, dass ich in diesen Gesprächen wohl oft handlungsfähiger und strukturierter wirke, als ich es wirklich bin, weil es mir nicht gelingt, die Maske der Funktionsfähigkeit, die ich in Alltag und Beruf ja ständig brauche, ad hoc abzulegen. So vermittle ich wohl unbeabsichtigt eher den Eindruck, dass ich eigentlich gar keine Hilfe brauche, weil ich doch gut dazu in der Lage bin, mir selbst zu helfen.

Ich habe vorhin Deine letzten Beiträge im Thread "Arbeit macht krank" gelesen und ihnen entnommen, dass Du bei der Therapeutensuche wohl teils ähnliche Erfahrungen gemacht hast wie ich.

Ich wünsche uns beiden ganz viel Mut, Offenheit, Ausdauer und - vor allem - Frustrationstoleranz bei dieser schwierigen Aufgabe.

Dir und allen noch einen schönen zweiten Weihnachtsfeiertag.

Herzliche Grüße

Kroki
Kroki
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Re: Therapeut. Umgang mit chronischen/rezidivierenden Depres

Beitrag von Kroki »

Hallo Ihr,

ich wollte alle, die mir hier geantwortet haben, mal auf den neuesten Stand bringen. - Vielleicht interessiert es ja noch jemanden.

Beim zweiten Termin bei meinem neuen Psychiater wurde ich ganz klischeemäßig innerhalb von 3 Minuten abgefertigt. Er möchte, dass ich das Sertralin auf 100 mg hochdosiere. Derzeit bin ich bei 75 mg und habe tatsächlich den Eindruck, dass es mir insgesamt besser geht als noch vor ein paar Wochen.

Der Termin in der Ambulanz für affektive Störungen im nächstgelegenen Klinikum liegt inzwischen hinter mir. Der dortige Leiter meinte, alles, was ich ihm erzählt habe, klinge typisch für eine chronische Depression. Weitere Diagnostik zur Feststellung einer evtl. Komorbidität mit einer Persönlichkeitsstörung hält er nicht für zielführend. Anders, als ich dachte, wird CBASP dort nicht als reguläre Therapie angeboten, sondern nur im Rahmen einer wohl inzwischen abgeschlossenen Studie sowie einzelfallbezogen. Er rät mir zu ambulanter oder stationärer CBASP, an die man in diesem Bundesland wohl nur über zwei Universitätskliniken kommt. An Medikamenten empfahl er mir Jatrosom (irreversibler MAO-Hemmer) oder Lithium als Phasenprophylaxe.

Die erste VT-Psychotherapeutin, die mir mein neuer Psychiater empfohlen hatte und deren Praxis in der Nähe meiner Arbeitsstelle liegt, hat sich auf meine diversen Telefonate mit ihrem Anrufbeantworter nie gemeldet. Nun hatte ich letzte Woche ein Erstgespräch bei einem anderen VT-Therapeuten, den mir ebenfalls mein neuer Psychiater empfohlen hatte. Seine Praxis liegt so, dass ich von der Arbeit aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln fast eine Stunde brauche, bis ich dort bin. Er bietet neben klassischer kognitiver Verhaltenstherapie auch Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) an, eine Therapieform, von der ich vorher noch nie gehört hatte.
Wer etwas darüber lesen möchte:
http://www.junfermann.de/titel-1-1/durc ... nden-9907/" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;

Mein erster Eindruck ist - wie so oft - zwiespältig. Einerseits hat er sich eindeutig dazu bereit erklärt, trotz des Gutachterverfahrens und trotz meiner langen Therapie-Vorgeschichte Psychotherapie mit mir zu machen. Er schein mir auch sehr strukturiert vorzugehen, was ich so von meinen bisherigen Therapien nicht gewöhnt bin.
Andererseits wirkte er auf mich auch sehr distanziert. Ich befürchte nun, dass ich in einer Therapie bei ihm mit meinem Hang zum Perfektionismus verbissen sämtliche mir aufgegebenen VT-Hausaufgaben erledigen und mich dabei unendlich stressen würde. Die Frage: "Wie sehr sind Sie dazu bereit, sich anzustrengen?" fand ich - ehrlich gesagt - schon ziemlich abschreckend. Ich glaube, es wäre mir unendlich peinlich, wenn ich vor diesem Menschen zugeben müsste, dass ich eine seiner Aufgaben nicht erfüllt habe. - Ob das eine gute Basis für eine erfolgversprechende Therapie ist???

Eigentlich wollte ich es ja noch einmal mit tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie versuchen, da ich diverse Probleme mit meinen Eltern nach wie vor mit mir herumschleppe. Alle Fachleute, die ich gefragt habe, sehen das jedoch anders. Und - realistisch betrachtet - würde ich es im Moment auch vor lauter Arbeit kaum schaffen, mir ernsthaft auf eigene Faust einen Therapieplatz für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie zu erkämpfen...

Ich finde es immer wieder frustrierend, dass ich trotz meiner langjährigen Erfahrung mit dieser Erkrankung doch immer wieder so unsicher bin, was mir hilft.

Danke fürs Lesen und Euch allen einen schönen Sonntagabend.

Herzliche Grüße

Kroki
Zarra
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Re: Therapeut. Umgang mit chronischen/rezidivierenden Depres

Beitrag von Zarra »

Liebe Kroki,

ich habe ja eher gerade mit Diversem Glück (mal von der gestabendlichen Verunsicherung abgesehen), habe zeitlich mit meinem nur Halb-Arbeiten und einer doch kulanten Arbeitsstelle (auch wenn's mir vor dem einen Gespräch graust - von weiter oben ist der ggf. Arbeitszeitenwechsel ja abgesegnet, es spricht auch nichts dagegen, aber ich muß es halt ...) da aber ja auch mehr Spielraum als Du. Was konkret daraus wird, wird man sehen ... Bei mir geht es ja gerade in die andere Richtung (TP) - das stimmt von den ggf. her "Ursachen" schon, nur habe ich den Eindruck, daß es da gar nichts mehr zu klären gibt, und ändern kann ich rückwirkend eh nichts. "Mehr Integration meiner Kindheit und Jugend" hat das mal eine Therapeutin in einer Klinik genannt; - ja, vielleicht das.

Liegt die Stunde Anfahrtsweg wenigstens annähernd auf Deinem Rückweg oder in eine ganz andere Richtung? ... unwichtig finde ich das nicht, es muß ja auch praktikabel sein. Allerdings arbeiten VT-Therapeuten ja manchmal auch mit zweiwöchentlichen Abständen, dann ist es schon etwas weniger relevant.

Ich habe ja eindeutig (auch) die/eine andere Diagnose (kombinierte Persönlichkeitsstörung) - für Klinikangebote empfand ich das für mich als relevant (z.B. änderten Standard-VT-Depressions-Programme gar nichts, da war ich allerdings auch nicht mehr therapieunerfahren). Ambulant ... der Therapeut sollte halt damit umgehen können (mein letzter VT-Therapeut konnte das!), wie er das macht, ist eigentlich egal. Und bei meinen Eruierungen der letzten Wochen meinte ein TP-Therapeut/Analytiker, daß sie ja eh von einem anderen Konzept ausgingen, daß es eigentlich immer (!) um die Persönlichkeit ginge und dann halt um die Ausprägung, z.B. depressiv. Egal, ob man das verallgemeinern kann oder nicht (obgleich auch meine andere Frage so klingt - ich mag dennoch nicht in die Theorie einsteigen) - zumindest für mich persönlich fand ich das interessant, da wohl passend.

Strukturiert kann gut sein - wenn Du gut damit umgehen kannst. "Sehr distanziert" klingt für mich nicht so gut, vielleicht kannst Du da bei Folgegesprächen nochmals hinfühlen (!!), eine gewisse professionelle Distanz ist schon gut, aber Du solltest Dich auch verstanden fühlen, ... sonst klappt da irgendwas nicht.
Kroki hat geschrieben: Einerseits hat er sich eindeutig dazu bereit erklärt, trotz des Gutachterverfahrens und trotz meiner langen Therapie-Vorgeschichte Psychotherapie mit mir zu machen.
Das kann für ihn sprechen. - Das kann aber auch nur Dich "betören", sozusagen weil er ... Das ging mir zumindest schon mal so. ... und irgendwann habe ich dann doch abgebrochen, nicht weil der Therapeut an sich schlecht oder oder war, sondern weil es mir einfach nichts brachte (ich kann diesen speziellen Therapeuten wirklich nicht beurteilen! - ich kann wirklich nur sagen, daß mich die Termine nicht weiterbrachten, warum auch immer).
Kroki hat geschrieben:Ich befürchte nun, dass ich in einer Therapie bei ihm mit meinem Hang zum Perfektionismus verbissen sämtliche mir aufgegebenen VT-Hausaufgaben erledigen und mich dabei unendlich stressen würde.
Das auf alle Fälle ansprechen, vor allem Deinen Perfektionismusdrang.

Andererseits: Ich muß gestehen, daß mir solches (in Kliniken allerdings) indirekt geholfen hat, das nicht mehr ganz so ernst zu sehen, besser (!) damit umzugehen. Früher und eigentlich: Definitive Kreuzchen - ein Graus, "warum eins oder zwei, wenn ich doch eins Komma sechs fünf angemessen fände" etc. etc. - Und: Auch da gibt es Qualitäts(!)unterschiede. Von mir wurde in einer VT-Klinik ein "Protokoll" erwartet, doch mit dem erfahrenen (!) Leiter konnte ich sehr wohl über Sinn und Unsinn und ggf. Abänderung verhandeln - und abgeändert brachte mir das relativ sogar was (!!), mit einer (wohl auch eher unerfahrenen) Co-Therapeutin gar nicht ... und da kam dann nach vergeudeten Stunden raus, was ich eh schon gesagt hatte.

Und: Vielleicht muß auch das mal sein, daß Du sagst:" Ich kann nicht", oder: "Ich konnte nicht". Oder: "Ich wollte nicht (!)." Vielleicht gehört auch das zur Findung dazu, zur Bewältigung der Depression?!? - Nicht ganz vergleichbar und doch: Mein Psychiater hatte mich auch mal "beordert" (vor Jahren schon), wahrscheinlich bei Therapeuten anzurufen - ich stand dort, war auf sein echtes Donderwetter gefaßt (kann der!) - ... und es kam eine verständnisvolle Reaktion. Wahrscheinlich weil mein Nicht-Tun depressions-real war, nicht nur Faulheit, nicht nur Nichts-Tun, und weil er das irgendwie einschätzen konnte.
Kroki hat geschrieben:da ich diverse Probleme mit meinen Eltern nach wie vor mit mir herumschleppe.
Hat die tiefenpsychologische Therapie gar nichts daran geändert? War sie nicht lange genug? Oder fehlte es einfach an der Beziehung zur Therapeutin?

... ich lass' es mal so stehen. - Bis denn!!

LG, Zarra
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