Zu viel Nhe - zu wenig Nhe

G.Bracht
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Beitrag von G.Bracht »

Ich bin mir nicht sicher, ob ich mitlerweile unter e.Depression leide, mein Psy hat sich da nach ein paar Vorgesprächen noch nicht zu geäußert.Doch bin ich wohl ein guter "Kandidat": Seit dem Sommer bin ich wegen starker Migräne (5 von 7 Tagen) frühzeitig aus dem Schuldienst gegangen - und das mit noch nicht einmal 50 Jahren! Ich war mit Leib und Seele Lehrer und konnte doch zum Schluss nichts mehr aushalten, keinen Lärm, keinen Frust, keinen Stress. Nun sitze ich hier, werde von den Ex-Kollegen beneidet und weiß nichts mit der Freiheit anzufangen. Ich liege eigentlich nur im Bett, könnte ohne Unterbrechung essen (habe in 4 Wochen 6 Kilo zugenommen) und habe dicht am Wasser gebaut. Irgendwelche Zukunftsaussichten sehe ich nicht, weil mich meine Migräne ja immer aus allen Planungen herausreißt. Hinzu kommt ein Bandscheibenvorfall und tausend andere Zipperlein, die plötzlich aus dem Nichts auftauchen. Besonders bedrohlich aber empfinde ich, dass ich extreme Probleme mit Nähe bekommen habe. Wenn mein Freund mich in den Arm nehmen will, könnte ich schreien. Und da er auf vorsichtige Andeutungen von mir nicht reagiert, habe ich ihm vor ein paar Tagen gesagt, dass ich so viel Nähe nicht ertragen kann, dass ich mich "geklammert" fühle. Woraufhin er völlig ausgeflippt ist und wahrscheinlich die Flucht ergreift. Nun habe ich zufällig im neuen 'Stern' gelesen, dass es auch ein Zeichen für Depression sein kann, wenn man sexuell unempfindlich wird. Das Verrückte dabei ist ja, dass ich gerade jetzt Menschen brauche, die mich und meine Lethargie aushalten und trotzdem mit mir dran glauben, dass es sich auch mal wieder ändert.Wer hat solche Angst vor Nähe auch schon erlebt, obwohl er sich eigentlich danach gesehnt hat?
rachel
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Beitrag von rachel »

Hallo Rike! Ich habe nach Geburt der Kinder ( 5 und 9 Jahre) Depressionen bekommen. Erst als meine Tocher 3 Jahre alt wurde, bin ich zum Arzt, weil ich die Nähe meines Mannes, und jede Zärtlichkeit schon fast als Bedrohung empfand.Ich reagierte mit Panik, wenn er mich umarmen wollte Vorher hatte ich nie Probleme damit. Das es Depressionen war, hätte ich nie gedacht. Ich habe eine Psychotherapie hinter mir, aber viel geholfen hat sie nicht, nur das ich dort erkannt habe, was mit mir los ist, woher es kommt(traumatische Kindheitserlebnisse). Im nächsten Jahr mache ich Verhaltenstherapie, und nehme seit über einem Jahr Medikamente, um halbwegs klar zu kommen. Ich habe noch totale Schwierigkeiten mit Zuwendungen, und nähe zu Menschen, Veranstaltungen. Sonst ist die Beziehung zu meinem Mann völlig ok, nur eben dieses Zurückziehen ist sehr belastend. Aber er versteht es jetzt endlich nach langer Zeit. Wir kämpfen immer noch, aber es ist nicht leicht. Ich wünsch Dir alles Gute Gruss Rachel
susan
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Beitrag von susan »

Hallo Rike, ich kann nachempfinden, was Du in Bezug auf die "Nähe" empfindest. Fühle mich genauso besch...Es fing damit an, daß ich mich immer mehr zurückzog, das unter Menschen sein, fiel mir schwer, Stimmen, laute Musik, jemehr mein Umfeld "lebte" desto mehr litt ich. Wollte mich nur verkriechen, alleine sein, nicht angefaßt werden, weil Berührung egal in welcher Form mir Unbehagen einflößte, mir Angst machte, mir weh tat...Ich habe einen Mann, der versuchte, mich zu verstehen, ich jedoch fühlte mich immer unverstandener, einsamer.... Und irgendwann fing bei ihm an, das "Verstehen" aufzuhören. Ich wollte nicht geküßt, gestreichelt, berührt werden, Nähe egal von wem löste bei mir Herzrasen, Beklemmungsgefühle aus. Dieser Rückzug aus der "ehelichen Pflicht" wurde immer mehr Thema unserer Auseinandersetzungen, ich wußte nicht, warum ich so reagiere und er hat diese Reaktionen p e r s ö n l i c h genommen. Doch wer findet das schon normal? So fing ich an, mich verzweifelt zu verteidigen, obwohl ich mir keiner Schuld bewußt war. Es hat nicht viel gefehlt, an einer Scheidung.. Seit August diesen Jahres weiß ich, daß diese und viele andere Beschwerden zur Depression gehören. Ich habe Hoffnung geschöpft, irgendwann wieder gesund zu sein, Nähe ertragen zu können, am Leben teilzunehmen - schmerzfrei. Ich werde mit Antidepressiva behandelt und gehe einmal in der Woche zum Gespräch zu einer Psychotherapeutin. Mein Mann "bedrängt" mich nicht mehr, seitdem mein "Rückzug" einen Namen hat. Doch der Druck ist da, die Forderung bleibt, wenn auch unausgesprochen, die Folge sind Schuldgefühle, die mich plagen. Ich weiß auch, daß es nicht von heute auf morgen geht, hat es doch auch Jahre gebraucht, bis ich mich in diesem "Zustand" befand... Hoffe, Dir damit ein wenig geholfen zu haben, habe einiges über mich auch in den Rubriken "Depression und Mutter" sowie "Chronische Schmerzen und Depression" geschrieben. Würde mich freuen, von Dir zu hören. Viele Grüsse Susan


Ingrid
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Beitrag von Ingrid »

Hallo Susan, mehr durch Zufall bin ich hierhergeraten und habe Deine Antwort gelesen. Meine letzte Beziehung hatte stürmisch begonnen und endete schrecklich. Das Verlangen nach körperlicher Nähe anfangs wechselte ich immer mehr Ablehnung meinerseits...ich wollte möglichst nur Geborgenheit,mein Partner kam nicht mehr auf seine "Kosten". Schön, dass Dein Mann zu Dir steht, es gibt wirklich wenige, die einen verstehen und das Ganze nicht auf sich beziehen. Seit dem Ende der Beziehung bin ich in Therapie und nehme Seroxat. Zum Thema Nähe - ich habe mit Mühen von meinem Hausarzt Massagen verschrieben bekommen. Das war ein Versuch, meinem Bedürfnis nach Nähe nachzukommen und doch sicher zu sein, dass dabei niemand "zu nahe kommt". Menschliche Brührungen sind aber scheinbar nicht leicht zu verschreiben...ich frage mich, ob es klappen wird, meinen Psychologen um eine weitere Verschreibung zu bitten. Hat jemand damit Erfahrungen? Liebe Grüße Ingrid
susan
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Beitrag von susan »

Hallo Ingrid, schön, daß du "hergefunden" hast. Ja, es ist toll, wenn jemand zu einem hält, aber durch das unausgesprochene "Wann bist Du wieder gesund?" bleibt es ein Wechselbad der Gefühle, dankbar sein für die Zurückhaltung und Schuldgefühle haben, weil man nicht das geben kann, was von einem erwartet wird. Ich spüre ständig einen Druck in mir, oft kommt er in Form von Tränen raus. Es ist für mich schwer anzunehmen, daß ich Nähe nicht ertrage, noch schwerer ist es, das anderen, einer nahestehenden Person mitzuteilen, die einen unentwegt drücken bzw. umarmen möchten. Das fällt mir bei meinen Eltern am schwersten. Sie können nicht damit umgehen, "abgewiesen" zu werden. Sie verstehen mich nicht und ich bin sehr traurig darüber. Das mit den Massagen finde ich gut und hoffe, daß dein Arzt dir noch welche verschreibt. Ich habe in gleichem Maße Sehnsucht nach "Nähe" wie nach Zurückgezogenheit. Ja, und du hast hast es treffend formuliert "nicht zu nahe kommen". Da ist dann oft bei mir der Wunsch da, unsichtbar zu sein, unter Menschen zu sein, aber suf keinen Fall gesehen und angesprochen zu werden. Einfach der Einsamkeit entfliehen..... Liebe Grüße Susan


G.Bracht
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Beitrag von G.Bracht »

Hallo an alle! Ihr schreibt/sprecht mir aus dem Herzen - ich erlebe täglich diese Diskrepanz. Wenn mich jemand berührt, habe ich das, Gefühl, keine Haut, keine "Schutzschicht" mehr um mich zu haben. Gibt es vielleicht neben einer Massage (werd' ich ausprobieren!) noch andere Wege? Übrigens ist mein Psy der festen Ansicht, ich sei zwar phasenweise depressiv, doch sei die Berührungsangst ein Resultat aus meiner Kindheit und kein Symptom für eine Depression. Fast habe ich den Eindruck mit einer eindeutigen Diagnose besser klarzukommen - denn wie soll ich mich jetzt verhalten?
Ingrid
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Beitrag von Ingrid »

Hallo Susan, hallo Rike Heute war der Besuch beim Psychologen leider nicht von Erfolg gekrönt. ich habe gefragt, er denn er massagen aufschreiben könne, weil sich der Hausarzt da ja so angestellt hat...nein, könne er nicht, er wäre bei dem Budget für Krankengym und Massagen schon bei 200%...und alles darüber hinaus müsse er selbst tragen. Schade...ich habe mich bei den Massagen endlich entspannen können...und die Verhärtungen der rechten Seite vom Nacken (dadurch vermute ich auch öfter Migräne) wurden gerade besser. Nun überlege ich, ob es in meinem Bekanntenkreis nicht jemanden gibt, dem ich klar sagen könnte, dass ich mich über Rückenmassagen sehr freuen würde...der mich aber sonst in Ruhe läßt. Mal sehen... Grüße!
susan
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Beitrag von susan »

Hallo Rike und Ingrid, schön, daß ihr euch wieder gemeldet habt, kann auch nicht gerade sagen, daß es bei mir "voran" geht. Komme mir eher vor, als wenn ich auf der Stelle trete. Mit den Ärzten und der " Zuteilung " habe ich dieselbe Erfahrung gemacht. Habe seit 19 Jahren Migräne, viel versucht, viel Kraft, Zeit und Geld investiert, Rückenschule, Akupunktur, Neuraltherapie und vieles mehr. Auch bei mir ist eine Ursache der "verspannte Nacken" bezw. die Anspannung an sich, die man gar nicht mehr wahrnimmt, wenn man eine Weile so verkrampft rumläuft. Mir helfen da oft Entspannungsübungen wie autogenes Training und die Muskelrelaxation nach Jakobsen. Wenn Du Interesse hast, Ingrid können wir uns zu dem Thema Migräne weiter austauschen. Auf jeden Fall kann ich mit dieser leichter umgehen als mit der Depression, die mich förmlich überfällt, während die Migräneattacke sich anschleicht und ich mich dann besser darauf einstellen kann.... Nun noch einmal zur Nähe, Es ist z. Zt. eines meiner größten Probleme, wenn man da überhaupt differenzieren kann, die Depression erfaßt sehr viele "Bereiche". Probleme mit Nähe zu haben, so wurde es mir erklärt hat unbedingt was mit der Depression zu tun. Natürlich können die Ursachen dafür sowohl in der Kindheit als auch im "Heute" liegen. Das macht es ja so schwierig, finde ich, rauszufinden, wann u. womit das eigentlich angefangen hat. Ich mußte gestern nach 3 Monaten das erste Mal wieder mit der U-Bahn fahren und das auch noch im Berufsverkehr. Es war die Hölle, diese Enge, diesen vielen Stimmen, mein Puls war mind. auf 180, ein Gefühl der Enge erfaßte mich, hoffentlich kommt mir keiner zu nahe, hoffentlich berührt mich niemand! Und das waren alles fremde Menschen für mich, sie "lebten" mir einfach zu sehr, wären sie alle Tische und Stühle, hätte ich dieses Problem sicher nicht. Es ist unheimlich, so zu fühlen, die Umwelt reagiert da sehr unterschiedlich. Starke Probleme gibt es bei mir mit Personen, die mir besonders nahestehen, meinem Mann, meinen K inder, meinen Eltern. Letztere verstehen das am allerwenigsten, warum sich i h r Kind nicht drücken läßt, nehmen es dann sofort persönlich. Ich bin über diesen Zustand sehr traurig, weiß nur von meiner Therapeutin, daß es seine Zeit braucht und daß man "Nähe ertragen" üben kann, z. B. in Gruppentherapien. Vielleicht gibt es auch jemand, der damit schon "durch" ist, Erfahrung hat und uns somit helfen könnte. Liebe Grüße würde mich freuen, wieder von Euch zu hören Susan


Ingrid
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Beitrag von Ingrid »

Hallo Susan, ich komme gerade wieder aus der Therapie. Gestern war ich beim Psychologen, habe ein neues Mittel verschrieben bekommen, da das seroxat wohl nicht genug wirkte. Heute habe ich das Thema Nähe angesprochen, hatte neulich ganz impulsiv mit Panik reagiert, als mir ein lieber Bekannter einfach so über die Haare und die Wange strich. Mir wurde heute auch gesagt, unter Depressionen und natürlich auch unter den Medikamenten sei es "normal", keinerlei sexuelle Wünsche o-ä. zu verspüren, wenn man sich selbst ablehnt, kann man auch die Nähe anderer (auch bei mir die Eltern...) kaum ertragen. Naja, das ist eine Erklärung, mit der ich mich erst anfreunden muß. Meine Eltern verstehen genau wie Deine nicht, dass ich sie manchmal wie eine klein Tochter brauche, dann aber auch durchaus agressiv reagiere, wenn sie mit Ratschlägen kommen...depressiv zu sein und dann doch auch wieder fröhlich, wenn's gerade gut geht und dann auch agressiv, wenn sie es gut meinen...ist sicher auch schwer zu verstehen, das können nur Leute mit gleichen Problemen. Als Tipp, da die Ärzte Massagen nicht verschreiben, bakem ich, mich für 35,-DM pro Monate zusätzlich privat krankenversichern zu lassen...ich bekam die Nummer eines Heilpraktikers, der mir weiteres erklären würde. Für also 420 DM / Jahr bekäme man Leistungen für ca. 2000 DM und der heilpraktiker gäbe unterschiedliche Massagen in ganz anderer Umgebung als beim Arzt... . Hm, ich weiß noch nicht so recht. Aber anrufen kann man ja mal...wenngleich selbst 420 DM für mich momentan viel Geld sind, da ich nur noch Arbeitslosenhilfe bekomme. Doch diese Berührungen ohne massive Nähe tun mir gut, vielleicht gönne ich mir das...besser als letztlich unbefriedigendes Frustessen (anderes Thema). Migräne ist auch bei mir vorhersehbar...Aura halt. Die letzte Panikattacke mit Weinen kam auch aus heiterem Himmel. Was ist nun besser? Ich glaube, fit sein ;-))) Aber wie geben nicht auf,o.k.? Liebe Grüße!
susan
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Beitrag von susan »

Liebe Ingrid, mir ist wie schon so oft beim Lesen anderer Beiträge auch bei Deinen Zeilen aufgefallen, daß ich in vielen Punkten genauso fühle, es aber einfach nicht ausdrücken kann bzw. daß ich mir einiger Dinge nicht bewußt bin. So ging es mir u. a., als ich das mit deinen Eltern gelesen habe, es ist mehr als treffend ausgedrückt, ja da ist einem manchmal von einer Minute auf die andere nach den unterschiedlichsten Gefühlen. Eben fühlte man sich noch wohl, das " Kind" zu sein, und dann auf einmal ist einem alles zuviel.... Das kommt bei mir z. Zt ganz oft vor, daß die Stimmung so krass umschlägt, eben aus "heiterem Himmel". Ich habe dann mit diesen Veränderungen sehr zu kämpfen und bin überhaupt nicht fähig, irgendwelche "Signale"an die Umwelt zu senden. Das führt zu vielen Mißverständnissen, und letztlich löst es bei mir das Gefühl des Unverstandenseins, der Hilflosigkeit und Sinnlosigkeit aus. Geht Dir das auch so? Finde ich toll, daß Du einen Weg gefunden hast, Berührung "auszuhalten", oder sie gar zu genießen. Da ist es auf jeden Fall eine Überlegung wert, das Geld dafür auszugeben.Gerade wo es in dieser "depressiven Phase" ein Luxus geworden ist, zu genießen. Mir fällt es schwer, Dinge zu tun, die mich erfreuen. Ich spüre eine Leere, bin nicht fähig, diese auszufüllen. Ich versuche jeden Tag ein Stück spazieren zu gehen und eine Entspannungsübung zu machen. Das ist alles, was ich seit Monaten bewerkstellige. .....Nein, nicht ganz! Am 1. Advent habe ich Fensterbilder angebracht. Das hat mir auch Freude bereitet, mal andere Farben als grau und schwarz....... Liebe Grüße Susan .....nein....wir geben nicht auf...


Ingrid
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Beitrag von Ingrid »

Liebe Susan, kleine Schritte machen weniger Angst, sind aber sicher auch schon etwas, auf dem Weg weg von der Depression! Fensterbilder sind schon was...vielleicht ein kleiner Schritt, doch immerhin! Ich versuche auch, mich nicht zu sehr fallen zu lassen und es mir nur für mich (klar wäre es schöner, wenn auch für einen Partner) nett zu machen. Entspannungsübungen habe ich auch gemacht und mache sie noch. Dazu habe ich bei Amazon auch mal gestöbert im Bereich Audiocassetten bzw. CD...es gibt da Hörprogramme zum Thema Depressionen oder Lebenskrisen, die mit nicht hörbaren (Sublimaltechnik) positiven Affirmationen arbeiten und dem Unterbewußtsein auf die Sprünge helfen. Kritisch wie ich bin, habe ich dem Psychologen davon erzählt und er sagte, das sein kein Hokuspokus, sondern wirkt. Sich Freunden oder Bekannten gegenüber zu "outen" ist auch nicht leicht. Mir hat selbst auch geholfen, dass meine Therapeutin meinte, es sei "einfach" eine Stoffwechselstörung im Hirn. Wenn ich das nun erzähle, habe ich das Gefühl, dass die Leute damit eher etwas anfangen können...und ich selbst auch. Genau wie jemand vielleicht Diabetes hat und da was aus dem Gleichgewicht kommt, ist das ja auch bei "uns" ;-)). Vielleicht hilft Dir das ja auch...und es gibt mehr Leute in Deutschland, denen es wie uns geht, als wir denken...nur sieht man einen Armbruch o.ä. eben eher!! Ich wünsche Dir einen schönen Nikolausi! Ingrid
susan
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Beitrag von susan »

Liebe Ingrid ich staune über die Zeit, zu der Du die Zeilen geschrieben hast. Ich habe zwar Durchschlafstörungen, aber dank der Medikamente fühle ich mich nachts wie benommen und bin nicht fähig, einen Schritt vor den anderen zu tun. Werde oft wach, dann quälen mich Schuldgefühle oder Kopfschmerzen. Mit dem Fallenlassen, das ist wirklich nicht einfach, besonders, wenn der Morgen schon mit Sinnlosigkeit, null Antrieb u.s.w. ausgefüllt ist. Ich kann mich oft nicht aufraffen, auch nur 100m spazieren zu gehen, fühle an jedem Bein "Gewichte", die das Vorwärtskommen erschweren. Da hilft dann auch kein "reiß Dich zusammen" ich versuche mich dann mit Gedanken wie "akzeptiere, daß es dir heute schlecht geht, es kommt die Zeit, wo es dir wieder besser geht..." Das hilft mir dann etwas, den Zustand anzunehmen. Das mit dem Partner, es "für ihn auch nett zu machen", hat zwei Seiten, da man davon ausgehen muß, daß wenn mal selbst mal Lust und Freude hat, etwas nett herzurichten, zu schmücken bezw. sich hübsch anzuziehen,es dem Partner noch lange nicht gefallen muß oder das er gar nicht in der Stimmung ist, es sehen zu wollen. Da kommt dann oft bei mir Enttäuschung dazu, wenn es nicht beachtet bzw. gesehen wird, was ich getan habe. Und mit der Stimmung und der Lust ist es dann auch vorbei.... Das kann einem nicht passieren, wenn man etwas für sich alleine machst. fällt aber viel schwerer, überhaupt etwas zu tun, sich aufzuraffen.... Und auch zu dem Outen möchte ich noch was bemerken. Als ich mit dem Wort "Depression" konfrontiert wurde, schossen mir Gedanken wie "Wie sag ich das meiner Familie?" "Niemand wird das verstehen!" "Mit wem rede ich überhaupt darüber?" durch den Kopf. In den folgenden Tagen u. Wochen ordnete sich das Chaos etwas. Mit der Familie, meinem Mann und meinen K indern wollte ich unbedingt offen darüber reden, war dann aber oft enttäuscht und bin es heute noch manchmal, wenn nicht alles auf Verständnis stößt. Kann damit aber besser umgehen als am Anfang, da es Zeit brauchte, bis ich die Krankheit "annahm". Auch meinen Eltern gegenüber war ich offen, jedoch mit dem Ergebnis, daß sie gar nichts verstanden....... Für meine Geschwister habe ich einen anhaltenden, starken Spannnungskopfschmerz (ich habe ihn wirklich seit Juni) und wenn dann noch Fragen auftauchen, warum Antidepressiva, dann sage ich auch die Wahrheit, bin aber nicht offen. Erzähle ihnen dann kurz was über den Einsatz von Antidepressiva bei chronischen Schmerzen und dem zu erhöhenden Serotoninspiegel... Ich bin damit nicht ganz zufrieden, aber bin davon überzeugt, daß es auf keinen Fall sein m u ß, daß man sich überall und jedem gegenüber outet.... Freunde habe ich leider nicht, deshalb ist dieses Forum für mich sehr wichtig, zu hören, da fühlen und denken viele andere genau wie ich, und freue mich für jeden, der hierherfindet. Für viele ist es ein Strohhalm im Labyrinth der Sinnlosigkeit. Ich wünsche auch dir einen schönen Nicolaustag, laß wieder von Dir hören Gruß Susan


susan
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Beitrag von susan »

Liebe Ingrid, gibt es Dich hier noch? Ich würde mich freuen, wenn Du Dich wieder meldest und schreibst, wie es Dir geht, muß ja kein Roman sein. Auch ich habe mich eine Weile nur im "Hintergrund" aufhalten können, habe mich mies gefühlt, erdrückt von den vielen Beiträgen, konnte nicht mal alles lesen.... Ich würde auch gerne mehr von den Entspannungsübungen wissen, die Du bei AMAZON gefunden hast. Liebe Grüße Susan


susan
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Beitrag von susan »

Liebe Rike, auch von Dir hab ich lange nichts gehört. Du warst es, die dieses Thema eröffnet hat, das mich heute noch stark bewegt. Ich würde gerne hören, wie es Dir geht, wie Du inzwischen mit der "Nähe" klargekommen bist Melde Dich, wenn Du kannst. Liebe Grüße Susan


Ingrid
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Beitrag von Ingrid »

Hallo Susan, ich komme gerade erst aus Dänemartk wieder - war eine drastische Umgewöhnung, mit 5 anderen und einem Kleinkind ein sehr hellhöriges Ferienhaus zu teilen. Ich bin froh, wieder in der vertrauten Umgebung zu sein, mir hat gerade der gestrige Tag wieder gezeigt, wie sehr ich Nähe vermisse und doch nicht ertragen kann. Nur noch eine Woche...am 21. Januar gehe ich in Kur, nach Donaueschingen für ca. 6 Wochen. Ich hoffe, dir geht es nach dem ganzen Festtagstrubel soweit gut. Ich meine, ich hatte dir an deine mailaddi hier auch meine e-mailadresse geschickt. Leider bin ich wohgl nur noch bis nächsten Sonntag online, es sei denn, ich komme in der Kurklinik an einen PC...was sicher eher unwahrscheinlich ist. Ganz liebe Grüße! I.
susan
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Beitrag von susan »

Hallo Ingrid, ich freue mich, daß Du dich gemeldet hast, daß es dich hier noch gibt..... Schon beim Lesen Deiner Zeilen "mit 5 anderen und einem Kleinkind ein sehr hellhöriges Ferienhaus zu teilen." ist Unbehagen in mir aufgestiegen. Oh je, das hätte ich gar nicht ausgehalten. Mein "Näheproblem" hat sich über die Feiertage imens verstärkt, alle zu Hause, hatte nur Verkriechen im Sinn.... Bin jedenfalls auch auf dem Weg, einen Antrag für eine psychosomatische Klinik zu stellen, ist schon ausgefüllt, nur meine Ärztin muß noch ihren Teil schreiben...Halte das einfach hier nicht aus...trete ziemlich auf der Stelle. Schön, daß Du nach Donaueschingen fährst, irgendwie ist so ein Abstand sehr wichtig.... Deine e-mailadresse ist nicht angekommen. Wär schön, wenn Du es noch mal versuchst. Ich nehme an, daß wir bis zum 21.1. sowieso noch voneinander hören? Wie war dein Urlaub sonst, abgesehen von der Nähe? Liebe Grüße, ein schönes Wochenende noch Susan


Ingrid
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Beitrag von Ingrid »

Hi du, der Urlaub war für mich eben nicht erholsam...wie du schon schreibst, einfach zu viel des Guten und keine Möglichkeit, sich zurückzuziehen. Bin gestern abend auch einfach abgehauen, nach draussen in den Schnee, nur weg. Manchmal packt es einen halt... . Ich wünsche dir viel Glück für deinen Antrag...wenn die Absage kommt heißt es "nicht aufgeben" und dranbleiben. Zuerst wird nahezu jeder Antrag wohl abgelehnt. Ich habe auch etwas Angst vor der Kur...aber es muss einfach etwas passieren! Wie gesagt, noch kann ich mal "online" sein, was dan ab dem 21.1. ist, weiß ich nicht. Vielleicht ist ja ein Internetanschluß dort nutzbar (falls erlaubt..). Liebe Grüße! I.
susan
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Beitrag von susan »

Hallo Ingrid, bist du schon beim Packen? ich war gestern beim Medizinischen Dienst der Krankenkasse. Nicht, daß ich da wieder "begutachtet" werde, hat mir zu schaffen gemacht, nein der Weg dorthin. Menschen über Menschen, Stimmengewirr, laut und unerträglich! Da hab ich gemerkt, wie mir das mit der Nähe noch zu schaffen macht. Ich habe das zwar mit meinem Mann, meinen Kindern auch tagtäglich, aber wir sind hier in unseren 79 m2 inzwischen aufeinander abgestimmt. Das wird akzeptiert, aber woher sollen all die fremden Menschen wissen, wie es mir geht, wie schlecht es mir geht, bloß dadurch, daß sie an mir vorbeilaufen, dicht neben mir stehen, hinter, vor mir sind - einfach viel zu nahe1 Ansonsten war ich bei einer sehr netten Ärztin, die in ihrem Gutachten vermerkt, daß ein Klinikaufenthalt dringend erforderlich ist. Das hilft mir sehr... Wie geht es Dir mit der Nähe und auch sonst? Freust Du Dich schon auf die Kur? Sicher eine blöde Frage, ich nehme an: JA Laß doch vorher nochmal von Dir hören, würde mich freuen. Liebe Grüße Susan


schnabel
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Beitrag von schnabel »

Hallo, Ihr nahen Fernen, ich habe mich bis jetzt mehr bei den Angehörigen und verwandten Threads aufgehalten, bin aber jetzt gerade beim Stöbern auf dieses "Nähe"-Teil gestossen. Was soll ich sagen: Danke Euch allen. Hab wieder ein Stückerl mehr kapiert von meiner Liebsten, ihre Zurückweisungen und all das andere. Und kann mich deshalb gerade um so mehr freuen über das Abschieds-Bussi, das ich bei unserem letzten Treffen - freiwillig! - bekommen habe. Danke also noch mal. Weiß nicht, ob ich das hier sagen darf - ist einem Menschen in dieser Situation eigentlich klar, dass er/sie seinen/ihren Partner permanent verletzt? Das mit der fehlenden Libido hat ja nicht nur mit irgendwelchen Trieben zu tun. Sondern ich empfinde das ganz konkret als ein Minus an Liebe, an Nähe, an Vertrauen. Es fehlt jene Kommunikation, die einsetzte, wenn Worte nicht mehr genügten... Und kann es sein, dass die Zurückweisung gerade jene Menschen doppelt trifft, die ihr sehr nahe stehen und sehr nahe kommen? Ich habe so das Gefühl, dass meine Liebste die normalen Alltags-Kontakte - mal mit Kollegen essen gehen, so Zeug - ganz gerne hat, dass sie im Gegenteil nicht so gut alleine sein kann. Nur mich lässt sie nicht ran an sich - vielleicht eben deshalb: Weil ich ihr zu nahe komme? Weiß nicht, ob ich mich dadurch ausgezeichnet fühlen soll... An Euch aber nochmals heißen Dank für neue Erkenntnisse und ein kleines bisschen neuen Mut. Wünsche Euch einen schönen Abend.
hanna
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Beitrag von hanna »

Hallo Schnabel, es ist wichtig, dass auch einmal die "andere" Seite sich meldet.Danke für deinen Beitrag! Das Schlimme ist, dass ich zwar merke, dass ich meinem Liebsten wehtue, doch nichts dagegen unternehmen kann. Es ist ja kein willentlicher Akt zu sagen, ich möchte gerade von dir nicht berührt werden. Gerade weil der Nächste so nah ist, fühle ich mich jedenfalls extrem eingeengt, bedroht, ich bekomme Panik; es ist auch bei mir so, dass ich die Nähe eines Freundes besser aushalte, sogar genießen kann - aber da kann ich auch jederzeit Grenzen setzen, weggehen. Trotzdem frage ich mich, warum Vertrauen nicht auch einmal nur verbal ausgetauscht und gezeigt werden kann. So empfinde ich zu den Teilnehmern des Forum großes Vertrauen, ohne euch sogar näher zu kennen. Ihr hört zu, ohne mich berühren zu müssen; aus irgendeinem Grund habe ich immer Angst davor, dass ich erst einmal um die Grundbedingungen in meiner Partnerschaft kämpfen muss: und die heißen: Bitte berühre mich nicht; trotzdem liebe ich dich. Und da es meinem Liebsten so schwer, um nicht zu sagen unmöglich ist, mir diesen (abartigen?) Wunsch zu erfüllen, denke ich, dass er mich nicht ernst nimmt, mich nicht wahrnimmt, so wie ich bin. Da ich nun nicht mehr seinem Bild von mir entspreche, bricht er jegliche Beziehung ab.... Ich muss jetzt erst mich noch mal in den "Kampf" stürzen. Liebe Grüße, Hanna
tiger
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Beitrag von tiger »

Hallo Hanna, wenn Dir die körperliche Nähe zu Deinen Freund nicht mehr möglich ist. Hast du Ihn mal angerufen oder gemailt, dass Du Ihn liebst. Oder hast auch mündlich Deine Liebe nicht mehr ausgedrückt? Es ist nicht nur für Deinen Liebsten unerträglich mit dieser Situation fertig zu werden. Sondern auch für Dich. Ist eine Beziehung ohne körperliche Nähe oder Kommunikation der Liebe möglich. So ein Art Team in Deinem Augen. Oder sagst Du auch innerlich. Abstand -. Abwarten was das nächste Monat bringt. Vielleicht nur eine Freundschaft - keine Beziehung mehr Ich glaube Dein Freund leidet darunter, dass sein Selbstwertegefühl (Bedürfnisse) total untergehen. Frage Ihn dochmal nach seinem Bedürfnissen und erkläre Ihm Deine Bedürfnisse. Vielleicht könntet Ihr eine Zwischenlösung finden. War nur so eine Idee tiger
schnabel
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Beitrag von schnabel »

Hallo, Hanna, weißt Du, ich habe mehr ein Problem mit der kompletten Zurückweisung: wenn wir uns zusammen hinsetzen könnten und ausmachen, was wir derzeit voneinander wollen und was wir uns geben können (oder halt gerade nicht) - traumhaft. Dann würde ich zwar vielleicht Zärtlichkeit, Berührung und alles andere auch vermissen. Aber das kann ich schon aushalten. Da hat mir das Wort von Tiger sehr gut gefallen: Wenn man sich als Team begreift. Dass Dein Mann damit nicht klarkommt, tut mir sehr leid. Aber schau: Ich mach das Angebot. Und es hilft auch nichts. Schnabel
hanna
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Beitrag von hanna »

Hallo, Schnabel! Das tut mir Leid für euch beide, denn ich ahne, wie sehr es dich schmerzen muss. Wir waren gestern beim Therapeuten!!! Und der hat uns beiden sehr vorsichtig, aber bestimmt zu verstehen gegeben, dass wir erst einmal lernen müssen, UNSERE BEDÜRFNISSE ZU ÄUßERN!! Da saßen wir nun und waren ein wenig betröppelt - das ist nämlich offensichtlich gar nicht so einfach. Ich dachte, ich hätte alles klar und deutlich gesagt, aber da war der Therapeut anderer Meinung. Erst mal offen und ohne vorauseilende Rücksichtnahme formulieren, was man sich wünscht. Das ist nun unsere 'Hausaufgabe' und ich muss drüber nachdenken.. Vielleicht versucht ihr's auch noch mal? Liebe Grüße, Hanna
susan
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Beitrag von susan »

Ihr Lieben alle, ich habe ihn heute wieder einmal ganz deutlich gespürt, diesen Widerspruch in mir: ich suche Nähe - und wenn ich sie habe, dann kann ich sie nicht mehr ertragen - ich ziehe mich wieder zurück - und dann geht das Ganze wieder von vorne los... ich suche Nähe - und wenn ich sie habe... Es macht mich verrückt, es ist so, als könne ich nicht aufhören, nichts und niemand kann diesen ständigen Wechsel von Suche und Rückzug unterbrechen... Die Abstände sind oft so kurz, das ich kaum atmen kann, ich fühle mich gehetzt und mein Umfeld weiß gar nicht, was es machen soll, alle sind einfach nur hilflos und das Resultat ist - sie meiden mich...nicht mehr so viel wie vor einiger Zeit, denn sie wissen ja, ich bin krank, aber sie sind überfordert mit dem ständigen Hin und Her... Mein Tag war eigentlich schön...wir waren im Garten - das herrlichste Wetter - ich habe mich stimmungsmäßig nicht übermäßig gut und nicht übermäßig schlecht gefühlt .. und ich fühlte mich gut, inmitten meiner Familie - ich fühlte mich geborgen, beschützt und sicher ... doch es dauerte nicht lange, da ging mir alles auf den Geist und ich habe nur gewünscht, alleine zu sein, mir war alles zu eng, alles zu nah .. ich suchte Abstand, hielt mich an einer anderen Ecke des Gartens auf, es reichte mir nicht, mein Unbehagen wuchs .. dann urplötzlich war es wieder weg, ich habe mich in ihrer Nähe wieder gut gefühlt, habe den Moment genießen können .. nicht lange, ich wollte nach Hause, endlich auf meine Insel, alles zu laut, alles zu nah Da saß ich nun auf meiner Insel, und spürte ihn wieder, diesen Wunsch nach Nähe ....da war es vorbei, mein Mann und mein Sohn hatten sich den Abend, weil sie mir eine Freude machen wollten, schon verplant und sahen einen Film .. und ich ? Ich sitze ich am PC und schreibe dies hier auf - und in mir: das sehnsüchtige Gefühl nach Nähe Wann hört es wieder auf? Wie lange machen die anderen das noch mit? Ich verstehe das sie das nicht mehr verstehen können - schließlich verstehe ich es selbst nicht! Naher Gruß Susan


waltraut
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Zu viel Nhe - zu wenig Nhe

Beitrag von waltraut »

Liebe Susan, deine Frage hat mich heute nacht und beim Aufwachen ständig beschäftigt. Ich habe mich gefragt,warum? Nachdem ich vergeblich versucht hatte,dir zu antworten und meine Gedanken dazu zu sagen,die mir sehr klar und hilfreich schienen,hab ich gemerkt,daß mir zwar viel zur Angst v o r der Nähe,aber kaum etwas zur Sehnsucht na c h Nähe einfiel. Ich habe gerade Dans Antwort an dich unter Beziehungen gelesen und finde mich da erschreckend wieder. Es scheint mir,als hättest du mir noch etwas Entscheidendes voraus: du kannst dich noch nach Nähe sehnen. Ich merke,daß ich seit langem nur noch damit beschäftigt bin,mich abzugrenzen in jeder Richtung. Um in Dans Bild zu bleiben - ich drehe nur noch den Kaltwasserhahn auf aus Angst,mich zu verbrühen. Die einzige Nähe,die ich zulasse,ist die im Internet.Nicht nur mit euch im Forum und in privaten mails,sondern auch mit meinen Geschwistern und einigen Freunden. Und im Augenblick reicht mir das. Ich habe wie du große Angst davor,Chatfreunde zu treffen,weil ich nicht weiß,ob ich dann auch noch fähig bin,Nähe zuzulassen,wenn mir jemand leibhaftig mit all den Ansprüchen und Forderungen,die eine persönliche Anwesenheit bedeutet,gegenüber steht. Ich weiß ziemlich genau,woran die Angst vor Nähe bei mir liegt und ich denke,manches wird auch auf dich zutreffen: ich habe noch lange nicht gelernt,meine eigenen Grenzen zu erkennen und zu respektieren,d.h.ich weiß einfach noch nicht,wo Ich aufhöre und das Du beginnt. Das bedeutet,daß zu viel Nähe etwas Bedrohliches für mich bedeutet,eine Auflösung,Vereinnahmung,eine magnetische Anziehung,bei der ich verschluckt werde. Ich hab meinen Mittelpunkt noch nicht gefunden,so daß mich jede Anziehung aus meinen Ankern reißen kann. Im Klartext bedeutet das z.B.daß ich dann vergesse,was ich wollte und mich wieder nur den Wünschen des andern anpasse,daß ich ihm gefallen will,daß ich seine Aufmerksamkeit brauche usw.. Und nach kurzer Zeit spüre ich das,bzw.ich spüre m i c h nicht mehr,ich verliere mich,fühl mich ganz unerklärlich leer und vage,desorientiert,ein Spielball der Gefühle,die durch das verhalten der andern zu mir entstehen,und renne ganz schnell wieder davon oder schlimmer - ich stoße den andern weg. Ich hab deshalb eigentlich aufgegeben,mich um Nähe zu bemühen,lasse nur sehr unverbindliche Nähe zu. Mein Mann hat schon öfter lächelnd,weil er unendlich geduldig ist,festgestellt,daß meine Liebe und Zärtlichkeit immer dann aufwacht,wenn ich weiß,daß er in 10 Minuten aus dem Haus geht. Da kann es nicht mehr zu gefährlich werden... Aber so schwarz wie ich das Bild jetzt male,ist es nicht. Ich bin gerade dabei,das Ganze erst mal zu durchschauen und dagegen zu steuern. Und je mehr ich mich selber spüre,wahrnehme,was ich jetzt im Augenblick brauche,geben kann und was nicht,je mehr ich mich selber in die Verantwortung nehme für meine Bedürfnisse,meinen Tagesplan ganz aus mir selber mache,zu meinen Wünschen stehen kann ohne schlechtes Gewissen (!),mir erlaube,mich abzugrenzen,desto eher kann ich manchmal schon Nähe zulassen. Es sind bisher nur wenige Momente,aber ich nehme sie dankbar wahr und kann mich dabei wohlfühlen. Es ist noch etwas,was es mir so schwer macht. Die Nähe,die ich möchte,- und ich denke,das ist bei dir ähnlich,ist eine ganz besondere Nähe. Sie umschließt wirkliches Verstehen,bedingungslose Zuwendung,Übereinstimmung,gleiche Wellenlänge usw. Das alles sind Erwartungen,denen ein "normaler" Mensch,besonders ein Tatsachenmensch wie mein Mann selten entsprechen können. Und seine Art,mir Nähe zu geben,ist direkter,"handgreiflicher". Mit der kann ich umso weniger anfangen je mehr er die andere verweigert!!! Und auch Dans Angst,daß die Nähe,die sie bereit ist zu geben,nicht genügt und mehr von ihr verlangt wird,ist mir sehr vertraut. Warum aber braucht man Nähe? Ich glaube,je weniger wir wissen,wer wir sind und was wir wollen,desto mehr sind wir auf andere angewiesen. Das bedeutet aber auch,daß wir umso leichter aufgesogen werden und uns in Distanz retten müssen. Vielleicht können wir Nähe erst wirklich zulassen,wenn wir sie nicht mehr so verzweifelt brauchen??? Und zwar nicht so wie ich jetzt meinen Bedarf an Nähe einfach vor mir selbst verdrängt habe,sondern wenn wir wirklich in uns selbst die Antwort auf unsere Fragen gefunden haben. Erreichen werden wir das wohl nie,aber als Ziel scheint es mir geeignet,meinem Leben und meiner Entwicklung eine Richtung zu geben. Und vielleicht sind wir dann imstande,die Nähe,die uns angeboten wird,zu schätzen und von uns aus Nähe anzubieten,ohne Angst vor Zurückweisung,Vereinnahmung oder sonstigen Bedrohungen. Susan,ich fürchte,meine Gedanken sind etwas kraus...Aber sie entstehen gerade erst bei mir,obwohl ich mich schon lang damit beschäftige. Ich bin dir dankbar für deinen Anstoß. Es wäre schön,wenn ich dir mit meiner Antwort auch einen kleinen Anstoß geben könnte. Meine Idealvorstellung von Nähe ist ein gemeinsames Schwingen. Das kann entstehen,wenn ich mit meinem Mann im Garten arbeite,jeder kümmert sich um seinen kleinen Bereich,in wortloser Absprache. Es kann beim Spiel mit meinen Enkeln sein. Es kann ein Gespräch mit meiner Schwester sein (was ich bisher bloß per e-mail oder bestenfalls per Telefon kann). Für mich gibt es noch ein ganz besonderes Erleben in dem Bereich,wo es mir am leichtesten fällt,im gemeinsamen Musizieren. Aber Voraussetzung ist immer,daß ich mit mir selber im Einklang bin und mich freiwillig auf diese Nähe einlasse. Dann allerdings ist es etwas unglaublich Schönes,was für Momente alle Ängste und Getrenntheiten verschwinden läßt. Puh,jetzt fühl ich mich ganz erschöpft... Einen lieben Gruß Waltraut
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