"Liebesentzug"

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Breizh-izel
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"Liebesentzug"

Beitrag von Breizh-izel »

Hallo Ihr Zusammen,

mein Beitrag soll Anknüpfung mit dem Thread"wo liegt bei euch die Ursache der Depression" nehmen.Momentan in meinen Kopf wäre es der erste Teil.Ich habe gesternabend verschiedene Beiträge gelesen, und es scheint mir, dass die Krankheit ihre Wurzel in dem "Liebesentzugerreignis" findet.

Meine Fragen wären:
Was für Gefühle empfinden wir(haben wir empfunden) in solchen Erreignisse?
Welche Gedanken oder Urteile lösen diese Gefühle über uns selber und der Jenige, der sich lieblos verhält?
Was lösen diese Gedanken oder Urteile für Emotionen ihn uns?

Vielen Dank für eure Beiträge und viel Spaß beim...Grübeln!...

Keryvon
Zarra
Beiträge: 5734
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Re: "Liebesentzug"

Beitrag von Zarra »

Hallo Keryvon,

ich habe jetzt einfach nur noch neugierig rumgeklickt - hinter Deinem Betreff hätte ich auf alle Fälle einen anderen Beitrag erwartet!

Begrifflichkeiten ... Für mich manchmal aber doch sehr wichtig.

Liebesentzug ist für mich etwas Aktives, in der Regel wohl auch (zumindest teil-)Bewußtes.

Und ich denke, daß viele der im anderen Thread gemeinten Mangelerlebnisse eher aus "Not" des anderen oder seiner Lage oder seinem So-Sein entstehen (krasse Fälle jetzt natürlich ausgenommen), oft eben den "Antuenden" nicht bewußt sind, sie das Ergebnis jedenfalls so gar nicht wollen.

Liebe? Was ist Liebe? Vielleicht habe ich Liebe, so wie sie es verstanden, sogar von meinen Eltern in vollem Maße bekommen. Weniger Verständnis oder Förderung.

... und warum "grübeln"?

So, ist mir jetzt eh zu spät, und ich gehe erst mal ins Bett.

Zarra
Phosphor
Beiträge: 194
Registriert: 5. Dez 2010, 14:19

Re: "Liebesentzug"

Beitrag von Phosphor »

Hallo,

hinsichtlich des Begriffes "Liebesentzug" stimme ich Zarra zu.

Allerdings halte ich noch einen anderen Aspekt für wichtig: nämlich, dass sich eine Erkrankung wie Depression kaum durch *die* eine Ursache erklären lässt. Unsere Psyche wird durch ein komplexes Zusammenspiel vieler Faktoren gesteuert, darunter genetische und Umwelteinflüsse, und es erstaunt mich immer wieder, wie viele Mitbetroffene ihre Erkrankung auf einen bestimmten Auslöser zurückführen. Meine Biografie gibt sowas jedenfalls nicht her.

Wie dem auch sei: Für mein Weiterleben ist es egal, woher die Krankheit kommt. Es geht darum, das Jetzt bestmöglich zu nutzen - und auch hier gehe ich mit Zarra d'accord. Zum Glück ist mir dies von mehr als einer Therapie- und Beratungsstelle vermittelt worden.
Breizh-izel
Beiträge: 127
Registriert: 31. Jul 2013, 22:10

Re: "Liebesentzug"

Beitrag von Breizh-izel »

Hallo Zarra,

vielen Dank für deine Antwort.Ich glaube,dass wir manchmal Ursache und Auslöser verwechsel.
An Hand eines Beispiels versuche ich meine Gedanken zu erläutern .Meine Eltern haben mich aus Erziehungsüberzeugung und Tradition in bestimmten Fälle einen Ohrfeige oder ein Klapps auf den Po gegeben.Der Tat ist für mich das Auslöser meine Gefühle, die selber Ursache von Gedanken zB:"Ich liebe dich nicht weil du nicht ruhig auf deinen Stuhl sitzen kannst".Diese Interpretation der Tat löste wiederum eine weitere Gedanke:"wie du bist, stimmt etwas nicht" und diese Gedanken löste ein Gefühl der Angst und weiteren Gedanken:"bin ich liebenswert?".Wenn du diese Beschreibung liest, habe ich nicht erwähnt, welchen Gefühle ich in den Augenblick des Geschehen empfunden habe.
Ich habe noch überlegt, welche Gefühle ich empfunden habe.Es liegt etwas weit zurück,ich kann nicht ganz exakt sagen.Nur wenn ich meine Emotionalität in verschiedene Erreignisse vergleiche, empfinde ich eine unendliche Traurigkeit und irgendwas zerreißt in mir (dafür habe ich kein Wort).
Insofern erlebe ich die Gewalt als Liebesentzug, ob die Gewalt mit Absicht oder nicht zugefügt wurde.
Die Gedanken von meinen Beispiel haben mein Verhalten geprägt, in den ich versucht habe, die harmonische Gleichgewicht wiederzuerstellen.Ich glaube schon dass diese Sehnsucht nach Liebe (geliebt sein und lieben, nehmen und geben)in unserer Natur festgeschrieben ist.

Über das Grübeln war es nicht negativ gemeint, aber nur die Projektion auf allen, dass es mir schwer fällt, diese Ur-Gefühle in dem Leiderreignis zu nennen.

Viele Grüße

Keryvon
Haferblues
Beiträge: 1005
Registriert: 21. Okt 2012, 12:50

Re: "Liebesentzug"

Beitrag von Haferblues »

Hallo Keryvon,

ich glaube, ich verstehe was du meinst. Ist schwer in Worte zu fassen.

Ich bin auch mit Prügeln und verbalen Erniedrigungen aufgewachsen, wie viele in meiner Generation. Mir wurde eingebläut, dass ich nur liebenswert bin, wenn ich im Sinne meiner Erziehungsberechtigten funktionieren. Ich durfte diese Leute aber nicht hassen, weil Viertes Gebot. Ich bin mit 15 ins Erziehungsheim (katholisch) gesperrt worden, was der ultimative Liebesentzug war. Das nur zum besseren Verständnis.

Heute reagiere ich ziemlich extrem auf gefühlten Liebesentzug. Deswegen lebe ich alleine. Wenn mein Partner mich z. B. nicht beachtet, fühle ich mich gleich als Person abgewertet und abgelehnt - dabei hat er vielleicht enfach irgendwas Wichtiges im Kopf oder ist müde. Wenn er mich aber ständig anquakt, fühle ich mich belästigt und kontrolliert. Da hab ich früher endlose Diskussionen angezettelt. Ich habe schon viele Beziehungen einfach abgebrochen, weil ich mich durch eine Kleinigkeit total abgewertet gefühlt habe. Ich entziehe dann selbst.

Dann wieder lasse ich mir viel zu viel gefallen, weil ich mir selbst sage "du bist wieder überempfindlich". Mir fehlt einfach das richtige Gefühl für Nähe und Distanz. Mal lasse ich Leute ZU nahe an mich ran und fühle mich dann aufgefressen, mal bin ich zu distanziert. Mir fehlt das richtige Maß.

Ist das jetzt etwas wirr??? Ich grübel schon lange über dieses Thema. Komme aber nicht in die Puschen bezüglich einer Lösung.

Gruß
Rifka
Lebenskünstler sind Menschen, die schon vollkommen glücklich sind, wenn sie nicht vollkommen unglücklich sind.
Danny Keye
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: "Liebesentzug"

Beitrag von Zarra »

Hallo,

ich fange mal umgekehrt an:

@Rifka: Ich fand das alles verständlich. - ... aber vielleicht habe ich an irgendwelchen Stellen auch nicht nach einer direkten Folgelogik gesucht, an denen Du eine sehen möchtest???

Lösung? Du meinst "das jeweils richtige Maß" finden?


@Keryvon: Danke für Deine Erläuterungen; und in diesem Sinne dann sorry, daß ich mich so an den Begrifflichkeiten festgemacht habe, doch sonst weiß man einfach auch nicht über was man redet, zu reden versucht.

Strafe durch Liebesentzug ist ja etwas Klassisches ...
Vielleicht geht es ja bei dem, was Du und Rifka beschreiben, mehr um überzogene und unangemessene Strafe oder Strafe, wo gar nichts vorlag. Und außerdem um Gewalt. Das ruft schon nochmals andere Gefühle hervor als pure Lieblosigkeit.

>Der Tat ist für mich das Auslöser meine Gefühle, die selber Ursache von Gedanken [...] wiederum eine weitere Gedanke [...] und diese Gedanken löste ein Gefühl [...] und weiteren Gedanken
Um was geht es Dir dabei? Einfach was da bei anderen abläuft bzw. ablief?

Weil Du heute Deine Gefühle nicht benennen kannst? - Oder warum willst Du wissen, was das damals für ein Gefühl gewesen sein könnte?
Oft gibt es ja aber auch verschiedene Komponenten. Und Gefühle bleiben nicht stehen, verändern sich, je nachdem was weiter geschieht.

>und irgendwas zerreißt in mir (dafür habe ich kein Wort).
Ich glaube, ich kann mir vorstellen, was Du meinst, - meinen könntest; ist ja vielleicht gut beschrieben.


@Phosphor & all:
Bei mir gab es wohl Mangel (an Verständnis, an Möglichkeiten, an Kontakten, an Unterstützung, an Möglichkeiten, vertrauensvoll (!) zu reifen, ...) in meiner Kindheit und Jugend, es gab aber auch einfach Pech sozusagen im sozialen Umfeld (so daß manche Resilienzmöglichkeiten wiederum flach fielen), es gab dann später aber auch "Lebenskrisen"- und (eben empfundene) Streß-Auslöser ... und wieder ein mangelndes soziales Netz (wobei mit dem wahrscheinlich auch etwas gewesen wäre (Depression), es nur "abgepufferter", vermutlich etwas leichter durchzustehen gewesen wäre). Verwandte sind klinisch (!) meines Wissens nicht auffällig geworden, aber latent kann da ja alles mögliche gewesen sein.

Äh, huch, habe dazwischen anderes gemacht, dachte aber, daß ich den Beitrag schon abgeschickt hätte.

... nach all den Jahren sollte ich mich vermutlich nur noch fragen, wie ich möglichst gut damit leben kann, trotzdem ist momentan der "Raus"-Wunsch relativ stark, weil ich es einfach so leid bin ...
Den Blick zurück will ich vermutlich nur noch, wenn ich mir relativ sicher sein kann, daß sich dadurch etwas in mir verändert.

LG, Zarra
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: "Liebesentzug"

Beitrag von otterchen »

Hallo zusammen und einen schönen Sonntag!

@ Phospor:

und es erstaunt mich immer wieder, wie viele Mitbetroffene ihre Erkrankung auf einen bestimmten Auslöser zurückführen.

*grins* mich erstaunt es, wenn Mitbetroffene das nicht aufweisen können

Das zeigt uns aber wieder einmal, wie vielfältig Depressionen sein können.

Mein persönliches Fazit: ich bin wahrscheinlich entsprechend disponiert (Stichwort Vulnerabilität, Genetik), aber die prägenden Jahre der Kindheit und Jugend haben noch einmal ordentlich eine Portion dazugetan.
Auch Vulnerabilität ist nicht unveränderlich; man kann sich einiges an Resilienz aneignen.
Meinen Hirnstoffwechsel und seine Verarbeitungsvorgänge kann ich allerdings nicht verändern, lediglich etwas beeinflussen.

@ Zarra:

ja, bei "Liebesentzug" habe ich auch direkt das Szenario im Kopf, dass da erst einmal Liebe IST, die einem bewusst entzogen wird, wenn man nicht so funktioniert wie erwartet.

Bei mir war damals eigentlich (empfunden) gar keine Liebe. Das habe ich damals so gesehen, das sehe ich heute noch so.

Was ist mir denn früher durch mein Elternhaus so vermittelt worden?
- ich bin ein Kostenfaktor
- ich muss bescheiden sein
- ich muss gefälligst dankbar sein dafür, dass ich leben darf
- "mach die Augen zu, was du dann siehst, das ist deins"
- ich wurde gedemütigt, beschimpft, geschlagen
- mir wurde die volle Verantwortung dafür übertragen, wie meine Umwelt auf mich reagierte (wenn jemand böse zu mir war, wurde ich nicht getröstet, sondern bestraft)
- es gab KEINE Umarmungen, KEINEN Trost, KEINE Gutenachtgeschichten, KEIN Strahlen in den Augen der Eltern, das besagt "du bist gut und richtig und ich bin froh und stolz dass es dich gibt", KEIN "ich verteidige dich wie eine Löwenmutter", KEINE Zuwendung, KEINE liebevollen Gesten...

ach, und so weiter...
Ich schreibe das nur, um verstanden zu werden.

Dass ein Kind dann natürlich auf der Suche nach Liebe durchs weitere Leben stolpert, ist ja wohl selbstverständlich, oder?
Aber es weiß dann ja gar nicht "wie geht Liebe eigentlich?". Und was erschwerend hinzukommt: es hat diese Dinge so sehr verinnerlicht, dass es sich selbst diese Liebe nicht zukommen lässt.
Ich glaube, es war Alice Miller, die formuliert hat "So, wie man als Kind von den Eltern behandelt wurde, so behandelt man sich selbst als Erwachsener".
Wie schrecklich! Aber es ist gut, dass wir es merken, dass da was nicht stimmt, und es ist gut, dass wir dazulernen können.

Um wieder zu Keryvon zurückzukommen:
ich glaube, dass die Suche nach Liebe einen ganz entscheidenden Faktor bei der Depressionsbewältigung darstellt. Nicht den einzigen, aber einen, an dem viele Betroffene sich die Zähne ausbeißen.
Und hier in diesem Thread geht es ja um den Depressionsauslöser "Lieblosigkeit" (wenn ich das mal umformulieren darf - "Liebesentzug" kommt mir so schwer über die Finger).
Obwohl... lieblos... das klingt so nach momentanem Verhalten.
Hach, welches Wort, welcher prägnanter, kurzer Begriff würde denn passen? Das Liebes-Fehlen? Das Liebe-Suchen? Der Liebes-Mangel?

Welche Gefühle das in mir ausgelöst hat? Ohje, darauf will und kann ich jetzt nicht eingehen... dieses Posting ist eh wieder zu lang geworden


Habt einen schönen Sonntag!
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
timmie2002
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Re: "Liebesentzug"

Beitrag von timmie2002 »

hallo alle miteinander,

eine gute fortsetzung des threads über ursachen der depri.

ich denke auch, dass viele faktoren unterschiedlichster art eine rolle spielen. aber die kindheit scheint doch ein ganz eintscheidender zumindest bei den meisten zu sein. das zeigte auch schon der alte thread.

mir selbst ist das unter anderem in bezug auf den auslöser meiner depri deutlich geworden. dieser war eine zeitlich befristete abordnung an eine andere schule, die dann doch fortgesetzt werden sollte. zwar spielte eine eindeutige überlastung eine rolle, aber das hinterfragen hat später gezeigt, dass bei mir erleben und erfahrungen aus der kindheit, die verletzend und kränkend für mich waren, in das aktuelle geschehen projiziert worden waren.

es wurde bereits geschrieben, dass nicht erfüllte bedürfnisse in der kindheit ein entscheidender faktor sind. das sehe ich mittlerweile genauso. die fehlende liebe ordnet sich da einfach mit ein.

egal auf welche art und weise, ob bewustt oder unbewusst, gewollt oder ungewollt, haben es die eltern geschafft, dass viele von uns ihr bedürfnis nach liebe durch die eltern nicht erfüllt bekamen.

für kinder ist das äußerst schrecklich. sie hungern nach dieser liebe. sie tun alles dafür, aufmerksamkeit und liebe zu bekommen. sie machen alles, um gefallen und bstätigung bei den eltern zu finden.

sie sehen die schuld bei sich, wenn ihr bedürfnis nach zuwendung nicht erfüllt wird.

irgendwann glauben sie, nicht wert zu sein, geliebt zu werden. irgendwann bestrafen sie sich selber dafür, da und für andere eine last zu sein.

sie fühlen sich abnorm, nicht gut, nicht richtig.

und doch hängen sie am leben und entwickeln unbewusst überlebensstrategien.

verhaltens-, denkweisen, die zu dieser strategie gehören, nehmen sie mit ins erwachsenenalter. sie können sie nicht mehr ablegen, weil sie ihnen einerseits gar nicht richtig bewusst sind und weil sie unterbewusst diesen aufgebauten selbstschutz noch immer zu benötigen glauben.

als mir diese zusammenhänge selbst das erste mal so richtig bewusst geworden waren, war ich ziemlich erschrocken. es tut so unwahrscheinlich weh, dass ich auch hier mein eigenes erleben nur in der unpersönlichen sie-form niederschreiben kann.

dem schmerz kann ich jetzt aber entgegen setzen, dass mir bewusst ist, hier die ansätze für meine gesundung zu suchen und zu finden. daran arbeite ich.

schritt für schritt. es dauert.

seit meinem aufenthalt in der tagesklinik im frühjahr vergangenen jahres rfelektierten die psychologen mir immer wieder, dass ich mich einsam und allein fühle.

ganz am anfang habe ich entsprechende aussagen gar nicht an mich heran gelassen. wollte es nicht wahrhaben. schließlich habe ich gute freunde und einen angenehmen bekanntenkreis, pflege bewusst soziale kontakte. im nächsten schritt konnte ich diese gefühle allmählich annehmen und begann zu hinterfragen, woher dieses einsamkeitsgefühl rührt.

es hat wirklich wenig mit meiner aktuellen situation zu tun, weil ich in meinen soziallen kontakten zuwendung bekomme.

meine in der kindheit manifestierten denk- und verhaltensweisen haben mich davon abgehalten, diese wahrzunehmen und für mich als erwachsene richtig einzuorden. jetzt arbeite ich daran und spüre schon erste erfolge.

im jetzt und hier kann ich etwas ändern. dazu musste mir aber erst einmal bewusst und klar werden, woher eigentlich das gefühl der einsamkeit rührt.

in den nächsten wochen und monaten werde ich viel zu tun haben in bezug auf liebe, zuwendung und aufmerksamkeit adäquate und erwachsene gefühle zu entwickeln. aber ich bin voller hoffnung, das jetzt schaffen zu können.

in diesem sinne wünsche ich allen ein gutes vorankommen in der bewältigung ihrer erkrankung.

die vergangenheit aufarbeiten, nicht aber in ihr verharren oder gar erstarren!

glg final
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: "Liebesentzug"

Beitrag von otterchen »

Wunderbares Posting, liebe Final
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Distelchen
Beiträge: 554
Registriert: 17. Mär 2013, 18:30

Re: "Liebesentzug"

Beitrag von Distelchen »

Schluck...
Danke, @final, Du hast das toll formuliert! Ich wünsche, ich hätte so die Worte dafür.

Grad heute früh habe ich im Bett ein Buch beendet (zu dem mich das Schicksal per öffentlichem Bücherschrank geführt hatte), in dem der Therapeut Wolfgang Schmidbauer anhand von Therapiegesprächen mit Frauen diese Entwicklung sehr plastisch nachzeichnet ..."Einsame Freiheit" ... da musste ich oft ziemlich schlucken...Aha-Erlebnisse, herzklopfendes Erkennen/Erinnern am laufenden Band.

Distelchen
Warte nicht, bis der Sturm vorbei ist,sondern lerne lieber, im Regen zu tanzen.



(Quelle unbekannt).
Petra55
Beiträge: 22
Registriert: 19. Sep 2013, 14:14

Re: "Liebesentzug"

Beitrag von Petra55 »

Hallo finalfreak,
du hast dies so schön formuliert. Ich habe mich total wiedergefunden.

Die Gefühle, die du beschreibst und die Einstellung mir gegenüber, sind auch gestern Abend wieder über mich hereingebrochen.

Viele sagen, ich melde mich bei dir. Da warte ich immer noch drauf.

Mein Partner hat sich vor sechs Wochen nach 6 Jahren von mir getrennt.

Warum, wieso, was habe ich falsch gemacht?
Es gibt keine wirkliche Antwort.
Eigentlich bin ich so am Boden, weil ich versucht habe, ihm gerecht zu werden. Ich hatte jemanden, um den ich mich kümmern konnte, dem ich zugehört habe, den ich unterstützt habe, für den ich immer da war. Ich habe ihn geliebt mit allen Konsequenzen.

Aber er war nicht für mich da. Ich möchte jemanden finden, der genauso für mich da ist, wie ich für ihn.

Ich habe Eltern, habe Kinder und Bekannte fühle mich aber trotzdem einsam, allein und nicht geliebt.

Ich weiß, was ich tun muss. Ich mache Therapie. Ich setze mich mit mir auseinander.
Aber noch bin ich nicht soweit, mich so zu lieben wie ich bin. Ich hoffe, irgendwann dort hinzukommen.

Ich wünsche allen einen schönen Sonntag.
Petra
timmie2002
Beiträge: 1706
Registriert: 2. Nov 2012, 13:32

Re: "Liebesentzug"

Beitrag von timmie2002 »

hallo petra,

ich wünsche dir sehr, dass du die trennung von deinem partner gut bewältigen kannst. das schmerzt sicherlich sehr.

in dieser aussage von dir finde ich mich auch wieder:"Viele sagen, ich melde mich bei dir. Da warte ich immer noch drauf."

das warten, dass die mitmenschen handeln. ein ganz schlimmer fehler, den ich jahrzehnte gepflegt habe. durch die in ihm festgeschriebene falsche verhaltenweise wird die einsamkeit erst produziert.

es funktioniert im sozialen leben nicht, zu erwarten, dass die anderen sehen müssen, was ich fühle und erwarte oder erhoffe. schon gar nicht, wenn man nach außen das gegenteil signalisiert, was bei mir der fall war und auch noch immer ist. ich übe und lerne noch.

wir müssen unsere bedürfnisse zeigen und mitteilen. wir müssen auch selber aktiv werden.

wir leben auch in einer gesellschaft, in der jeder mit sich selbst zu tun hat. man vergistt schnell mal versprechen wie:ich melde mich.

das ist weder persönlich noch böse gemeint. ein selberr aktiv werden und erinnern hilft. aber das muss man sich trauen, entgegen des denkmusters: keiner will von mir etwas wissen. ich falle anderen nur zur last.

ich hoffe sehr, dass auch du allmählich diese schritte gehen kannst.

ich habe damit angefangen. es tut richtig gut.

glg final
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: "Liebesentzug"

Beitrag von Zarra »

Ihr Lieben (insb. otterchen, final),

ich fühle mich sehr berührt.

-- mehr geht grad nicht.

LG, Zarra

bzw.:

>Wie schrecklich! Aber es ist gut, dass wir es merken, dass da was nicht stimmt, und es ist gut, dass wir dazulernen können.
Ja!! ...
(... und ich glaube, Du bist da insgesamt schon ganz gut auf dem Weg.)

Und Lieblosigkeit ist für mich eher eine Haltung, etwas Andauerndes. Klar kann sich das auch in einem einzelnen Akt äußern. Doch das, was ich ggf. mit (!) als depressionsfördernd sehen würde, ist die Haltung - ebentuell sogar neben angeblichen "Liebesbeweisen". Bei einem Einzelereignis ist es vermutlich tatsächlich an uns, das "wegzustecken", gesund zu verarbeiten; denn das wird jeder mal erleben. "Liebes-Mangel" trifft es doch auch ganz gut; da ist die Sicht sozusagen weg von der auslösenden Person zum "Rezipienten" gelagert.
Petra55
Beiträge: 22
Registriert: 19. Sep 2013, 14:14

Re: "Liebesentzug"

Beitrag von Petra55 »

Hallo finalfreak,
es ist schön mal wieder jemanden gefunden zu haben, der/die einen versteht.
Ich hoffe, ich finde auch diesen Weg. Ich weiß es ist sehr schwer.
Wir können ja in Kontakt bleiben, um uns gegenseitig unsere Erfolgserlebnisse mitzuteilen. Weil ich glaube, du würdest auch die kleinsten als außergewöhnlich bezeichnen.
LG Petra
Breizh-izel
Beiträge: 127
Registriert: 31. Jul 2013, 22:10

Re: "Liebesentzug"

Beitrag von Breizh-izel »

Hallo Ihr Zusammen,

vielen Dank für eure Beiträge.Mir ist es wichtig in dieser Thread, dass wir uns auf unsere Gefühle fokussieren, und nicht auf den Auslöser.Wieso? weil ich mit meinen Urteile und die resultierende Emotionen bei den Anderen lande(Bsp, er/sie ist/sind Schuld, wenn sie sich nicht so verhalten hätte, wäre es bei mir dann anders...).Finalfreak hat von der Einsamkeit und allein sein gesprochen. Ich habe gerade noch die Ethymologie des Wortes ein-sam angeschaut.Es geht zurück auf eins, in eins zusammen, einheitlich, samt.Bei mir wirkt diese Bedeutung überhaupt nicht negativ.Wie ist es bei euch? Gleichzeitig hellt mir dieses Wort mit den Lieblosigkeiterfahrungen zusammen.Ich könnte von meiner Seite am Hand von dem Beispiel, den ich gegeben hatte,dass ich mich einsam in der Situation mit den Trauer und die Gedanken gefühlt habe.Ich meine hier nicht allein.Allein habe ich mich gefühlt, wie ich die Aufgabe die 2 Einsamkeiten in einer neuen Gemeinsamkeit umwandeln kann. Wie ist es bei euch?

Finalfreak, danke für dieses Wort!

Petra:Ich habe neulich erfahren dass die Übersetzung "du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst"nicht ganz exakt ist, sondern die ist "du sollst deinen Nächsten lieben als dein Selbst"!
Vielleicht bringt dir diesen Impuls weiter?...Für mich eröffnet diese Unterschiede zwischen das "wie" und das "als" neue Perspektive.

Viele Grüße

Keryvon
Antworten