Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

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johanna73
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Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von johanna73 »

Hallo,

beginne gerade zum ersten Mal mit dem Einschleichen von Cipralex. Habe gestern zum zweiten Mal eine halbe Tablette mit der niedrigsten Dosierung genommen und bin überrascht, dass es einen so umhauen könnte.

Habe nicht nur Übelkeit, sondern auch das Gefühl, nicht mehr in meinem Körper zu stecken, Schwindel, sehe manchmal doppelt, habe manchmal das Gefühl, einzelne Körperteile wie z.B. eine Hand gehören nicht mehr zu mir. Wie Watte und weich in der Birne.

Meine Therapeutin am Telefon meinte, so etwas könne vorkommen, ich müsse entscheiden, ob ich das aushalten kann. Ansonsten sollte ich noch mal die Ärztin aufsuchen.

Was sind Eure Erfahrungen? Gibt es Tricks bei solchen Wirkungen?

Danke für Eure Berichte und liebe Grüße
j.
Zarra
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von Zarra »

Liebe j.,

an Escitalopram erinnere ich mich nicht mehr so gut; es war auf alle Fälle nicht so heftig wie bei Dir.

Allgemein: anfangs runterdosieren, eventuell auch mal einen Tag auslassen (habe ich gemacht); bei Übelkeit hat mir sowohl die verteilte Einnahme (einen Teil gleich morgens, einen Teil zwei bis drei Stunden später) als auch die Einnahme mitten im Essen mal geholfen. Das war teils auch ein Arzttipp. So falsch kann das nicht sein.

Nicht gleich aufgeben, aber achtsam sein, Dir nicht zuviel zumuten, oft legen sich solche Nebenwirkungen auch wieder.

Drücke Dir die Daumen!

Zarra
David_K
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von David_K »

nein, sowas wie du beschreibst, habe ich nicht erlebt.

habe damals auch gleich mit 10mg angefangen, war nur ein bisschen benommen, mehr nicht und das auch nur 2-3 tage..
johanna73
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von johanna73 »

Liebe Zarra, lieber David,

ok, danke für Eure Tipps. Runterdosieren könnte ich höchstens mit der Alle-2-Tage-Methode, da ich von der kleinsten Dosierung schon nur eine halbe Tablette nehme. Aber vielleicht wirkt es dann am Ende umso besser, wenn man es gleich zu Anfang heftiger merkt ...

Frage mich nur gerade, ob man nach der Eingewöhnung noch in der Lage ist, traurig zu sein. Sind solche Gefühle dann ganz weg? Auf einmal vermisse ich noch meine Melancholie ...

j.
David_K
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von David_K »

nein, gefühle wie trauer und melancholie verschwinden unter cipralex völlig.. jedenfalls war das bei mir der fall, aber ich nahm auch lange zeit 20 mg. vielleicht ist das bei einer dosis von 10mg noch anders? traurig war ich jedenfalls jahrelang nicht. das medikament stupmft ziemlich ab, was in einigen fällen ja wohl auch erwünscht ist. es soll ja patienten geben, die in ihrer melancholie versinken. rückblickend würde ich das dnicht noch einmal so lange in kauf nehmen, aber das muss jeder selbst für sich entscheiden.
johanna73
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von johanna73 »

Hallo David,

danke für Deine Erfahrungsschilderung - körperlich geht es heute schon viel besser und die Hemmung des Hungergefühls ist ein schöner Nebeneffekt. Endlich Wunschgewicht mit Cipralex, die können das auch als Diät verkaufen.

Das Verschwinden trauriger Gefühle stimmt mich allerdings nachdenklich. Mein ehemaliger Analytiker hat mal gesagt, Gefühle seien das Wertvollste, was ein Mensch hat. Und ich frage mich gerade, ob vielleicht Trauer in manchen Augenblicken das Wertvollste sein kann. Nun ja. Werde mal meine jetzige Therapeutin fragen. Ich nehme das Zeug eher, um im Job und meinem Mann gegenüber stabiler zu sein. Er sagt, ich stecke ihn immer so an mit meinem Stress. Neulich war er mit Gürtelrose im Krankenhaus ...

LG
j.
David_K
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von David_K »

hmm, also ich habe durch cipralex einige kilos zugenommen, die erst nach dem absetzen wieder runter gingen.

wenn du nur deinen übermäßigen stress behandeln möchtest, würde ich cipralex nicht nehmen.
sowieso sollte man sich dabei die frage stellen, ob er wirklich medikamentös behandelt werden muss? oder ob andere maßnahmen nicht ausreichen.
gegen stress gibt es weitaus verträglichere medikamente, wie opipramol, die auch deine emotionen nicht großartig beeinflussen.

wenn du weder an einer angststörung, noch an depressionen leidest, warum also cipralex nehmen? da geht man zu viele risiken ein. aber ich kenne dich und deine verfassung nicht, das kannst du besser beurteilen.
David_K
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von David_K »

und solltest du es weiterhin nehmen wollen, dann rate ich dir schon mal jetzt:

lass dir für die absetzphase, die ja irgendwann eintreten wird, sehr sehr viel zeit. am besten monate. so gehst du auf nummer sicher, es könnte sonst passieren, dass du in eine schwere depression fällst. (wie es bei mir der fall war).
johanna73
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von johanna73 »

Lieber David, danke für Deine Einschätzung und Anregung. Kann wirklich schwer sagen, ob es eigentlich Angst ist. Ich fühle mich halt von bestimmten Dingen, die um mich herum passieren (auf der Arbeit merke ich es), unmittelbar bedroht. Vor einiger Zeit dachte ich wirklich, ich erleide bald einen Herzinfarkt in der Nacht. Es gab extreme Zustände, die mein Denken, Bewegung, einfach alles blockierten. Aber vielleicht ist das gar keinge Angst, sondern etwas anderes. So etwas wie soziale Angst habe ich im Job teilweise auch. Ich muss dort Veranstaltungen organisieren und Gäste einladen, moderieren. Meistens habe ich Angst vor Ablehnung und negative Gedanken. Was dann zur Aufschieberitis und Schuldgefühlen führt. Ich verspreche mir von Cipralex, dass ich etwas robuster werde und nach außen etwas mehr Sicherheit ausstrahle. Unsicherheit und die Angst, dass das Gegenüber mir mit Verachtung, Ablehnung etc. begegnet oder etwas anderes vorhat, ist schon oft im Spiel. Ich würde das als Angst bezeichnen.

Der Stress ist für mich eher eine Folgeerscheinung. In jedem Fall werde ich Deinem Rat folgen, wenn ich die Dinger eines Tages wieder absetze.

LG
j.
Zarra
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von Zarra »

Liebe j.,

>Frage mich nur gerade, ob man nach der Eingewöhnung noch in der Lage ist, traurig zu sein. Sind solche Gefühle dann ganz weg?
ADs sind - leider? - keine "Glückspillen"! Es gibt aber angemessene Trauer (Verluste, Tod, ...) und "deplacierte" Traurigkeit.

Also ich hatte immer noch Gefühle, auch ggf. Trauer und Wut. Und Freude ist nicht aufgrund der Pille da.

Es gibt ADs, die - nicht bei jedem, aber vielleicht bei mehreren - zu so etwas wie (leichterer oder größerer??) "gefühlsmäßiger Abstumpfung" führen können. - In vielleicht ganz, ganz minimalem Ausmaß war das Agomelatin (Valdoxan) bei mir der Fall - da war es aber eher so, daß ich mich nach dem Absetzen aus mehreren verschiedenen kleineren Gründen einen Tick, nicht umfassend, "lebendiger" (z.B. auch im Prinzip erotisch ansprechbarer), auch u.U. stimmungsanfälliger, fühlte. Das ist dann halt ein Abwägen, mit was man selbst besser leben kann.

>Auf einmal vermisse ich noch meine Melancholie ...
... rhetorisch?? oder "philosophisch"?? - ... - Wenn Du gut mit Deinem Zustand kannst, macht eine Änderung ja keinen Sinn.

>wenn du weder an einer angststörung, noch an depressionen leidest, warum also cipralex nehmen?
Ich bin jetzt schon mal von der Diagnose "Depression" ausgegangen (mit der ja auch solche Ängste, wie Du sie beschreibst, einhergehen können). Sonst würde das keinen Sinn machen. Und so schätze ich Dich auch nicht ein.

LG, Zarra
johanna73
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von johanna73 »

Liebe Zarra,

danke für Deine Zeilen. Das beruhigt ein wenig, dass man trotzdem noch Trauer oder Wut empfinden kann. Natürlich vermisse ich die Melancholie, die mein Leben noch ziemlich im Griff hat, nicht wirklich. Melancholie ist ja auch keine Trauer, sondern dieser merkwürdige Zustand der Gelähmtheit und Gefühlsarmut, in dem man eben gerade nicht trauern kann (entlang der Unterscheidung von Freud). Mir fällt im Moment eben sehr häufig mein ehemaliger Analytiker ein, der mir im Nachhinein wie ein Anwalt der Trauer vorkommt (er hatte Düreres Melancholia im Behandlungszimmer hängen). Er hat davon gesprochen, dass Denken traurig macht und eher versucht, Gefühle wie Trauer überhaupt spürbar werden zu lassen und nicht gleich zu töten. Im Sinne der Lebendigkeit. Ich befinde mich noch immer sehr im Zustand der Dysthymie. Deshalb wollte ich fragen, ob die Tabletten eher gefühlsarm machen, was die Dysthymie noch verstärken würde. Aber wenn das nicht der Fall ist ...

Liebe Grüße
j.
myrrdin
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von myrrdin »

Hallo
ich nehme seit Februar Cipralex und zwar als Tropfen. Ich habe zwischendurch die Tabletten versucht, habe aber wie Du Übelkeit (bis hin zum morgentlichen Erbrechen) und andere Nebenwirkungen bekommen. Somit bin ich wieder auf die Tropfen umgestiegen und seit dem geht's mir wieder gut. Auch ist die Dosierung leichter da Du Tropfen für Tropfen einschleichen kannst, was bei Tabletten nur sehr schwer möglich ist. Frag mal Deinen Arzt nach den Tropfen, mir geht's damit jedenfalls gut.

Liebe Grüße, Myrrdin
johanna73
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von johanna73 »

Liebe Myrrdin,

danke für Deinen Erfahrungsbericht - habe mich nach einigen Tagen vom Körper her an die Tabletten gewöhnt. Jetzt ist die Packung auch schon leer und ich steige ab morgen auf Citalopram um (die Ärztin meinte, Cipralex wirke am Anfang schneller).

Hatte neulich aber wieder starke Gefühlsabstürze, so dass ich mich frage, was das überhaupt bringt. Nach 8 Wochen sollte sich doch schon ein Effekt gezeigt haben ...

Heute meinte meine Therapeutin, ich dürfe eben kein Wunder erwarten von den Tabletten, das würde einen nur ein wenig einpendeln, aber nicht alle Traurigkeit nehmen. Hmm. Habe eigentlich auch keine Lust, darüber allzu viel nachzudenken, man kreist dann noch mehr um die eigene Krankheit, weil man schon wieder in sich hineinhört.

Wenn Du mit Tropfen gute Erfahrungen hast, ist es schön. Hilft das psychisch?

LG
j.
David_K
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von David_K »

warum steigst du von cipralex auf citalopram um? aus kostengründen oder weshalb?

vielleicht reichen 10mg bei dir nicht aus? ich habe damals auch 20mg nehmen müssen, weil 10mg bei mir nicht sonderlich viel wirkung zeigten. obwohl sicher auch 15mg gereicht hätten, denn zwischen 15 und 20 merkte ich eigentlich keinen unterschied.
myrrdin
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von myrrdin »

Mir scheint Cipralex zu helfen, wobei ich nicht weis wie es derzeit ohne wäre - ich trau mich auch nicht dies auszuprobieren. Meine Therapie ist mir eine Stütze, wobei ich mir momentan Dinge anschaue die ich nicht wissen wollte; trotzdem gut dass ich es tue.
Ich mache zusätzlich Sport und Zen-Meditation. Mit der kompletten Kombi und meiner lieben Frau komme ich oft gut durch den Tag.
Meine krux: ich will oft allein sein da mir alles zu viel wird. Wenn ich alleine bin falle ich in ein Loch. Supi. Naja, ich hoffe - und das ist gut so.

Liebe Grüße, Myrrdin
johanna73
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von johanna73 »

Lieber David, lieber Myrrdin,

danke für Eure Einschätzungen - ja, der Wechsel auf Citalopram ist wohl kostenbedingt (meine Ärztin hat mir gesagt, dass sie nur für den Anfang das teurere Cipralex verschreibt, da es schneller wirke). Bei Citalopram würden 20 mg 10 mg Cipralex entsprechen. Momentan geht's mir wieder halbwegs gut, das nächste Tief wird aber in drei Wochen wieder kommen (zyklisch bedingt). Mal sehen, was die Hausärztin sagt. Meine Therapeutin meint wie gesagt, ich solle keine Wunder erwarten. In eigener Regie werde ich nicht probieren, die Dosis zu erhöhen, ich möchte die Einschätzung lieber einem Arzt überlassen.

Ist schwierig. Vielleicht sollte ich es mit Entspannungstechniken versuchen, finde aber selbst dazu nicht die nötige Ruhe und Zeit.

Euch gute Fortschritte.

Liebe Grüße
j.
jep

Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von jep »

Hallo j.

ich habe genau wie du angefangen, vor jetzt fast zwei Jahren: erst Cipralex, dann Citalopram. Und Therapie.

Mir geht es meist besser als zu Anfang, aber gerade die zyklusbedingten Abstürze und Schwankungen sind geblieben, auch jetzt Anfang November wieder- von 100 auf null in 3 Sekunden.

Seit 2 Wochen schleiche ich, zusätzlich zu den 30 mg Citalopram, Lamotrigin ein.

Das soll eher ausgleichend wirken, also diese Abstürze verhindern. Eigentlich ist es ein Antiepileptikum, wirkt aber auch als Phasenprophylaxe.

Also Citalopram habe ich schon als sehr hilfreich empfunden, aber diese plötzlichen Abstürze mag ich nicht mehr haben......

Hoffe das du das richtige für dich findest, viele suchen doch recht lange bis es passt.

Grüßle
annette fee
johanna73
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Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von johanna73 »

Liebe Anette,

das klingt schon mal ganz hilfreich. Ich wollte eigentlich den Medikamenten nicht zu viel Aufmerksamkeit zukommen lassen. Weil man dann immer etwas in sich hineinhorcht, wenn man ständig ausprobiert. Aber die Ärztin gezielt darauf anzusprechen, ob es eine Ergänzung gibt, die diese Schwankungen ausgleicht, wäre nicht schlecht.

Liebe Grüße und viel Erfolg mit Deinem Zweitmedikament
j.
bhb
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Registriert: 21. Nov 2013, 14:19

Re: Erfahrungen mit "Einschleichen" von Cipralex?

Beitrag von bhb »

Hallo zusammen,

nehme auch Cipralex, nachdem Venlafaxin nicht anschlug. Ich vertrage es gut, habe früher auch schon Citalopram genommen. Ausserdem nehme ich noch Lamotrigin als Phasenprophylaxe, da ich immer gesunde Phasen habe und dann, wie du Annette Fee, abstürze in depressive Phasen. Das ist ätzend. Würde gern wissen, ob das Lamotrigin dabei hilft. Oder eher Lithium? Hat Jemand da Erfahrungen?

Liebe Grüsse
Barbarella
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