Zurück ins Leben - Tagesklinik

Handsan
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Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Hallo an alle, die mich bisher im Thread Zurück ins Leben gelesen haben und an alle anderen. Ich dachte ein extra Thread wäre übersichtlicher.


Heute hatte ich meinen ersten Tag in der Tagesklinik und bin erstmal geschafft von den ganzen Eindrücken und generell von der ungwohnten Aktivitätsbeanspruchung.

Im Moment sind wir 8 Leute, es sollen aber eventuell noch zwei dazu kommen. Der Altersspielraum liegt zwischen 22 und 52 Jahren und ein paar der anderen sind mir schon als angenehm aufgefallen.

Generell waren heute organisatorische Sachen zu klären. Bis Mittwoch wird das so ungefähr dauern, bis jeder medizinisch untersucht wurde und die einzelnen Therapeuten in Einzelgesprächen kennen gelernt hat.


Ich bin heute früh ganz gut aus dem Bett gekommen, denn bisher war es für mich schwierig Termine um 8 Uhr zu haben und kurz nach 7 Uhr das Haus zu verlassen.
Ich merkte aber schon in der Straßenbahn, dass ich von dem ganzen Betrieb um mich rum gerne mehr Ruhe gehabt hätte. Ich nehme inzwischen viel auf von meiner Umwelt, das ist schon gewöhnungsbedürftig. Es gab lange eine Zeit, da nahm ich andere Menschen und Gesichter kaum wahr und war sehr in mich selbst verpuppt.

Bevor alle aus der Gruppe langsam miteinander warm wurden und ins Gespräch kamen, gingen mir schon die ersten Gedanken und Emotionen durch den Kopf.
Irgendwie fühlte ich mich teilweise wieder klein und minderwertiger. Für einen kurzen Moment, hatte ich das Bedürfnis von allen gemocht zu werden und Teil der Gruppe zu sein. Dann wiederum spürte ich eine abwehrende Haltung nach dem Motto, es muss mich ja auch nicht jeder leiden können, falls dem nicht so ist. Und ich muss nicht alles annehmen, was andere sagen. Wenn es mir hier nicht gefällt, kann ich auch wieder gehen.
Meine Antriebslosigkeit und mein Morgentief färbten die ersten Stunden jedenfalls anstrengend.

Zum Mittag hin besserte sich dies und ich konnte mir langsam vorstellen, das diese Behandlung etwas werden könnte. Als ich im Musikraum mit der Musiktherapeutin war, hatte ich einen schönen Moment.
Ich war neugierig auf die ganzen Instrumente. Ich probierte einige und es machte mir sogar etwas Freude. Auf einer Schlitztrommel, wenn ich es richtig behalten habe, musizierte ich zum Schluss und die Therapeutin begleitete mich mit einer anderen Trommel. Ich fühlte das erste Mal nach Monaten? Jahren? einen Impuls der Energie und Freude. Ich freute mich sogar darüber, dass ich mich in diesem Augenblick freuen konnte.

Morgen geht es weiter, dann lerne ich im Einzelgespräch noch unsere Gruppentherapeutin und unsere zuständige Sozialpädagogin kennen. Und noch etwas eher aufstehen ist angesagt, da wir in der TK um 7.30 Uhr zum gemeinsamen Frühstück erwartet werden.

Und heute war der erste Tag mit neuer Medikamenteneinstellung. Viel kann ich noch nicht sagen, da das neue Medikament ja seine Zeit der vollen Wirkentfaltung braucht.

Ich werde euch auf dem laufenden halten, für alle, die mich lesen.


Liebe Grüße
Lotusblume
Mione
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Mione »

Hallo Lotusblume,

ich finde es mutig, dass du dich zu diesem Schritt entschieden und den ersten Tag trotz Depressions-Hindernissen bewältigen konntest!

Tagesklinik steht bei mir gerade auch zur Debatte, aber anders als du habe ich mich noch nicht getraut. Daher meinen Respekt für dich!

Ich wünsche dir alles Gute, dass du von der Zeit dort viel für dich mitnehmen kannst und würde mich sehr freuen, wenn du weiter von deinen Erfahrungen und Gedanken zur TK berichten würdest


Liebe Grüße
Mione
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Hallo Mione,


vielen Dank für deine positive Rückmeldung. Ich hätte nicht gedacht, dass jemand diesen Schritt als mutig ansehen könnte.

Ich werde gerne weiter berichten. Die ersten zwei Wochen sind zum Kennenlernen angedacht, um für sich selbst entscheiden zu können, ob diese Behandlung einem zusagt bzw. passend erscheint.

Ich hoffe sehr, dass ich das Richtige für mich gefunden habe und ich das erreichen kann, was ich gerne möchte.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Hallo an euch,


heute war wieder viel los. Ich bin erstaunt, dass die Meisten hier so offen sind und einige auch sehr viel erzählen. Ich selbst erzähle auch und kann mich auch öffnen, aber dieses Redebedürfnis, vielleicht auch den Antrieb, den manche haben, das kann ich so nicht teilen. Mich erschöpft das doch. Vor allzu vielem Input habe ich mich aber gewahrt, indem ich mich zum Schreiben kurz zurückzog. Wir sollen hier eine Art Tagebuch schreiben und jeden Tag abgeben. Das wird dann von unserer Bezugsschwester gelesen und wohl auch einmal in der Woche von den Ärzten.


An der Tagesordnung waren heute Blutdruckmessen, Blutabnahme und Urinprobe. Dann hatte ich noch ein Kennenlerngespräch mit der Sozialpädagogin, die soweit nett erschien.
Meine Gruppentherapeutin lernte ich auch noch kennen und war angenehm überrascht. Ich empfand sie als sehr einfühlsam und sie machte im Gegensatz zur Oberärztin, die ebenso psychoanalytisch vorgging, einen guten Eindruck. Die Oberärztin wollte anscheinend in alles etwas hinein interpretieren und ich finde, dass nicht alles zwanghaft eine benennbare Ursache haben muss oder eine Deutung. Jedenfalls äußerte meine Gruppentherapeutin, dass ich ihr sehr erwachsen erscheine und deutete an, dass mir auf Grund meiner Lebensgeschichte wohl etwas kindliche Unbeschwertheit fehlte.
Wegen meiner Ausdrucksweise sprach sie mich auch an. Ich klinge nicht wie jemand aus meiner Stadt, obwohl hier geboren und aufgewachsen. Sehr hochdeutsch und das ist auch ein Gegensatz zu meinem Elternhaus.
Vielleicht wollte ich mich damit auch abgrenzen.


Zu uns stieß noch eine Patientin, die eigentlich schon gestern erscheinen sollte. Für einen ganz kurzen Moment verspürte ich darüber Unmut. Ich weiß nicht genau, warum es mir nicht gefiel, jemanden zur bereits "bestehenden Gruppe" dazuzubekommen. Es war auch nur kurz und als ich mit ihr in Kontakt kam, wurde sie wohl von mir akzeptiert. Schon komisch.


Gestern Nachmittag ging es mir leider gar nicht gut. Mir wurde übel und es steigerte sich bis zum Brechreiz. Ich vermute, dass das eine Medikament bei mir zu viel und zu schnell runterdosiert wurde. Ich habe schon mal die Erfahrung von heftigen Abesetzsymptomen gemacht. Ich legte mich früh schlafen und das ging diesbezüglich Gott sei Dank problemlos. Heute spürte ich nur noch etwas Übelkeit und ich denke, dass das morgen noch weniger vorhanden sein wird. Hoffentlich. Heute sah ich die Ärztin nicht und da es besser wurde, wollte ich weiter abwarten. Morgen haben wir noch medizinische Untersuchungen und da kann ich sie sprechen.


Jetzt werde ich erstmal Musikhören und versuchen zu entspannen. Vielleicht mal kurz nicht zu denken. Regeneration und Pausen sind gut.


Ich wünsche euch einen schönen Abend.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Jetzt sind beim Musikhören doch ein paar Tränen geflossen. Ich hätte nicht gedacht, dass mich das Gespräch über meine Lebensgeschichte und das Einfühlen der Therapeutin mir Tränen in die Augen treiben würde. Ich habe sehr gelitten durch die Depression.

Als jemand anders heute in der Gruppe etwas von sich erzählte, berührte mich das sehr. Bin heute wohl mehr am Wasser gebaut.
Cloud59
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Cloud59 »

Hallo Lotusblüte,

wie ist es für Dich, wenn Du abends nach Hause fährst? Empfindest Du das nicht irgendwie als Bruch?

Wenn ich an meine 6 Wochen Reha denke, da war ich 2 x in der Zeit mal am Wochenende zu Hause. Das hab ich irgendwie als Störung empfunden und war jedesmal wieder froh, in die Klinik zurück zu können.

Welche Erfahrung konntest Du jetzt in dieser Richtung mit der Tagesklinik machen?

Ich drücke Dir fest die Daumen, dass Du den Erfolg hast, den Du Dir wünschst.

LG
Cloud
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Guten Morgen,


und bitte Lotusblume .


Hallo Cloud,

ich empfinde es abends nicht als Bruch, wenn ich nach Hause fahre. Ich bin froh wieder in meiner bekannten Umgebung sprich eigenen vier Wänden zu sein. Mein Haushalt. Ich denke, dass wenn man von Anfang an jeden Tag nach Hause fährt und eben frühs hin, dann erscheint es einem eher als Arbeitstag bzw. von der Rhythmik her betrachtet. So empfinde ich es jedenfalls und das ist soweit ich weiß auch so gedacht mehr am Alltag zu sein und ähnlich wie auf einer Arbeitsstätte Struktur zu haben.


Ich bin im Moment etwas erschöpft. Ich bin körperlich noch nicht so fit und die Nacht schlief ich auch unruhig. In meinem Kopf ratterte es unentwegt, obwohl ich gar nicht bewusst denke geschweige denn grüble. Mein Gehirn versucht wohl alle Eindrücke zu verarbeiten und zu sortieren. So erging es mir auch ganz am Anfang meiner psychotherapeutischen Therapie.

Denkarbeit frisst ganz schön Energie.


Ich wünsche euch erstmal einen schönen Tag.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

So, nun neuer Lagebericht.


Unsere Gruppe bekam heute nochmal Zuwachs, deswegen sind wir jetzt zu zehnt, endgültig.


Sehr aufwühlend wurde die Vorstellungsrunde. Wir sollten uns kurz vorstellen und erzählen, was uns hier hin führte. Bis auf zwei Leute mussten alle weinen. Mir kamen besonders gestern durch mein Mitgefühl fast selbst die Tränen. Ich war an diesem Tag empfindsamer und musste mich schon sehr bemühen, Distanz zu wahren.

Heute begann ich die Vorstellungsrunde und was soll ich sagen, auch ich weinte. Ich war davor sehr angespant und aufgewühlt. Wollte mir doch überlegen, was ich sagen will und allein die Beschäftigung mit meinem Weg der Depressionsentstehung, holte alten Schmerz wieder hoch.

Als ich jedoch meine Vorstellung beendete, war ich erleichtert. Ich fühlte mich auch leichter. Und ich konnte die Geschichten der Anderen entspannter aufnehmen.


Morgen wird uns erklärt, was ein Soziogramm ist. Das sollen wir dann führen und soweit ich es schon weiß, geht es in diesem um die Einstellungen und Beziehungen, die man zu den anderen Gruppenmitgliedern hat.
Ein paar Gedanken zu meinen Mitstreitern hatte ich schon. Es wird davon ausgegangen, dass alle Konflikte, die man in seinem Leben hat, hier gespiegelt werden, nach den gleichen Mustern. Na, da bin ich mal gespannt. Ob ich bei jemanden anecke? Oder anders herum ?

Musiktherapie hatten wir heute auch. Das Klavier war für den heutigen Tag mein Instrument.



Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Hallo ihr Lieben,


war ich froh am Wochenende,dass ich Therapiefrei hatte. Eine Woche ist nun um und es ging schon intensiv zur Sache. Wir wurden sogar von unserer Gruppentherapeutin gebeten langsamer zu machen. Dementsprechend waren unsere Köpfe, meiner auch, gefüllt nach den Therapiestunden.

Die ersten Tage waren anstrengend und zu Hause konnte ich nur noch das Nötigste erledigen. Wir sollten einen Lebensbericht schreiben und abgeben. Ich schaffte es nicht zum Freitag, wie ich unserer Schwester zuvor gesagt hatte. Sie meinte darauf, dass ich einfach abgeben sollte, was ich schon geschrieben habe. Dann könnte es mir am Wochenende keinen Druck bereiten.

Ich hatte noch nicht mal angefangen, weil ich zu erschöpft war und die Konzentration nicht hatte. Und gedanklich machte es mir keinen Druck im Gegensatz zu den Meisten aus meiner Gruppe. Ich habe das in Ruhe häppchenweise am Wochenende erledigt. I


Da ich neue Medikamente brauche, sprach ich unsere Schwester an. Wir bekommen diese während des gesamten TK-Aufenthaltes. Jedenfalls fiel ihr auf, dass ich mehr nehme, als in meiner Akte stand. Das solle ich dann doch nochmal mit der Ärztin, die nur noch diese Woche da ist, besprechen.

Na prima, dachte ich, dein erster Konflikt. Jetzt darf ich überlegen, wie ich das der Ärztin erklären kann. Habt ihr Ideen? Ich wünschte, ich hätte mich erwachsener verhalten und ihr gleich gesagt, dass ich das Imipramin wieder nach der vorherigen Verordnung nehme. Das nennt man wohl vermeiden. Wahrscheinlich werde ich es ihr so irgendwie sagen müssen. Habt ihr dazu Ideen, die mich wenigstens so dastehen lassen, dass ich mich nicht wie ein kleines Kind fühle muss?


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Schade, ich hatte auf Antworten gehofft. Meine Frage war wohl nicht ersichtlich.


Der heutige Tag war anstrengend. Eine Patientin aus unserer Gruppe hatte sich entschieden aufzuhören und kam heute nicht. Einige von uns machte das betroffen. Von der Therapeutin wurden wir gefragt, wer noch an das Aufhören denkt. Dass sich Widerstand rege sei normal erklärte sie. Wichtig sei es aber das in der Gruppe anzusprechen.

Bei der PMR (Progressive Muskelrelaxation) ging es mir ganz schön schlecht. Je öfter das Wort "Spannung" fiel, desto angespannter wurde ich. Ich fühlte mich unter Strom und eine Wärme stieg in mir auf. Ordentlich Kopfschmerzen kamen noch dazu. Es wurde so schlimm, dass ich am Liebsten raus gegangen wäre. Da wir das aber nicht sollen, machte ich die Augen auf und brach ab. Nächstes Mal soll ich es im Sitzen versuchen. Ich glaube, dass PMR für mich nicht gut ist. Autogenes Training liegt mir.

Was mach ich nur, wenn es nächstes Mal ähnlich wird?


In der Gestaltungstherapie hatten wir eine Aufgabe als Gruppe. Mir ging es danach nicht gut, sprach es deshalb also an. Und es kamen Rückmeldungen von den anderen, die ich überhaupt nicht im Bilde hatte. Das finde ich gut, doch gleichzeitig habe ich Angst. Angst davor etwas über mich zu erfahren, dass mir nicht gefällt


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Hallo an alle Mitlesenden,


heute also wieder Wochenbeginn und damit die dritte Woche der Behandlung. Alle aus meiner Gruppe haben sich entschieden, weiter zu machen.

Ich kann sagen, dass diese Therapie der tatsächlichen Belastung auf einem Arbeitsplatz entspricht bzw. entsprechen könnte. Somit brauchte ich auch das Wochenende zur Regeneration. Langsam greift das Elontril bei mir. Ich merke, dass sich meine Wahrnehmung verbessert hat. Meine Umgebung erscheint mir klarer. Ich fühle mich auch heute etwas besser.

Medizinisch werden wir jetzt von einer anderen Ärztin betreut.Ich werde morgen zu ihr gehen und ihr sagen, dass ich das Imipramin langsam reduziere. Meine Leseschwierigkeiten durch das Imipramin nahmen zu. Ich konnte kaum mehr drei Sätze lesen, weil dann alles vor meinen Augen verschwamm. Dank Beipackzettel, weiß ich auch, dass sich meine beiden Medikamente nur bedingt vertragen. Ich erfahre hier bis jetzt keine gute medizinische Betreuung. Aber ich bin ja mündig.


Am Freitag teilte mir unsere Gruppentherapeutin in der Stunde mit, dass ich ihr fremd erscheine. Sehr erwachsen und dass ich mich sehr gewählt ausdrücke. Daher frage sie sich, ob dies nur "pseudo-erwachsen" sein könnte.
Gedanklich beschäftigte mich dies sehr. Ich überlegte, ob dies stimmen könnte und kam zu dem Schluss, dass ich früher schon ein paar Mal diese Rückmeldung erhalten habe. Ich besprach das dann auch mit meinem Freund. Und er erklärte mir, warum dieser Eindruck bei jemanden entstehen könnte, gerade wenn er mich nicht kenne. Ich wollte dann gerne eine Beispielsituation haben, die er mir nicht nennen konnte. Kurzum konnte er sich nicht eindeutig ausdrücken und ich konnte ihn nicht verstehen. Letztlich lief die Diskussion aus dem Ruder und ich hätte am Liebsten den Teller, den ich in meinen Händen hielt, auf den Boden geschmissen. Das war ein echt heftiger Impuls, sowas gibt es sehr selten bei mir. Ich war gekränkt und hätte ihn gern aus meiner Wohnung gewiesen. Für das ganze Wochenende.

Ob das eine alte Bewältigungsstrategie war? Bei Kränkung mit totalem Rückzug zu reagieren? Ich fühlte auch gleich so eine Art Vertrauensverlust. Alte Muster?
Ich entschied mich für die Aussprache und wir konnten alles wieder ins Lot bringen. Und alles nur wegen so einer Aussage meiner Therapeutin. Aber ich wollte es einfach überprüfen. Es hätte ja stimmen können.


Bezugnehmend auf das Gesagte meiner Therapeutin ging es heute in der Gruppenstunde für mich weiter. Ich hatte viel Raum um von mir zu erzählen und ich fand es gut, den anderen aus der Gruppe zu erzählen, was gerade mit mir los ist, wie ich fühle oder eben nicht fühle.
Unsere Thera versuchte gleich zu analysieren. Es könnte ja sein, dass es mir in Gesellschaft anderer generell schlechter gehe. Es könnte ja sein, dass meine Depressivität meine Identität wäre, weil ja depressive Symptome Sinn machen und ich mich sozusagen deswegen an diese Erkrankung klammere. Ach und noch viel mehr. Ich weiß nicht, ob sie provozieren wollte. Sie stellte schon fest, dass ich sehr belesen bin und Expertin in Sachen Depression. Jedenfalls versuchte sie viel zu deuten und ich widerlegte ihr nahezu alles. Ich habe ja Gott sei Dank schon vorher Therapie gehabt und viel mit meiner eigenen Therapeutin erreicht. Darauf bin ich jetzt sogar stolz. Fühlbar.

Zum Ende hin konnte sie anscheinend nicht mehr viel zu mir sagen. Mal schauen, ob ich gefühlt weiter die harte Nuss bleibe, wobei es durchaus sein könnte, dass meine "Schale" einer gesunden entspricht. Ich nehme Kritik oder dergleichen schon an. Ich möchte ja auf eventuelle Problematiken hingewiesen werden, um etwas verändern zu können. Aber jeden Schuh muss ich mir nicht anziehen.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Hallo an alle!


Seit dieser Woche haben wir eine neue Ärztin, die für uns in der Tagesklinik zuständig ist. Ich war am Montag bei ihr, um meine Medikation zu besprechen. Zur heutigen Gruppenvisite sollte ich noch warten, bevor etwas verändert wird. Ich bin davon ausgegangen, dass wir heute, weil ich immer noch mit der Nebenwirkung des unscharfen Sehens beim Lesen kämpfe, runterdosieren. Und das andere Medikament zur Antriebssteigerung sollte für mich demnächst höher dosiert werden.


Sie fing an von Symptomverschlechterung durch die Therapie zu faseln. Ich weiß, dass das nicht so ist, weil ich vorher mit diesem Medi die Probleme bekam. Vor der Therapie. Ich sollte bis Montag alles so belassen und dann könnten wir nochmal Rücksprache halten. Ich sagte ihr, dass ich damit nicht einverstanden bin. Mich quält das und ich erzählte ihr, dass meine Erschöpfung nicht einfach durch Therapie zu lösen ist, einfach weil ich alles getan habe, damit es besser wird. Und es wurde kaum besser. Seit Jahren!


Ich bitte um Hilfe und trotzdem meint diese Ärztin, dass sie das so nicht machen will, weil Wochenende und es könnte mir ja schlechter gehen deswegen. Ich kann das selber einschätzen, weil ich das Medikament nicht erst seit gestern nehme und schon mehrere Erfahrungen mit Medikamenten habe. Mir geht es so schon beschissen und schlechter wird es schon allein dadurch, dass mir nicht so geholfen wird, wie ich es erbitte.


Wie oft war ich beim Arzt, in der Notaufnahme und es wurde oder konnte mir nicht geholfen werden. Ich will endlich ohne diese Kraftanstrengung laufen können. Spazieren gehen können, ohne Schwindel und dass ich meine Beine nicht mehr bewusst steuern muss, weil sie sonst nicht einfach laufen.


Ich hasse es! Ich halte schon so lange aus. Wie oft soll ich noch verzweifelt die Tage durchstehen und wie oft soll ich mich noch hochquälen?



Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Die heutige Therapiestunde war total niederschmetternd für mich. Ich sprach die gestrige Situation in der Gruppe an und die Tränen liefen und liefen.


Zu hören bekam ich, dass es nicht bemerkt wurde, dass es mir schlecht geht. Dabei habe ich das an gewissen Stellen angesprochen. Mir wird nachtragend vorgehalten, dass die Ärztin doch qualifiziert ist. Dann nimm doch an, was sie verordnet hat, sagten sie.


Ich bin doch zu der ersten Ärztin hin und habe gesagt, dass es mir beschissen geht!

Letzten Endes bin ich doch diejenige, die sich zu Hause quält. Ich solle mich nicht so auf die Medikamente stützen. Ich säße nicht hier, denn ich war ohne sie unberührbar, körperlich, seelisch, alles.

Ich soll bei den Gefühlen bleiben. Ja, sehr schön. Ich kämpfe für mein Leben und immer wieder diese Verzweiflung, die mich nieder riss. Keine Hoffnung und trotzdem weiter machen.


Sie wollen doch, dass ihre Patienten anecken und Autonomie entwickeln und bei mir ist das falsch?


Genauso bei der PMR. Ich merke bei der zweiten Übungsstunde, dass sich das genauso scheiße anfühlt wie beim ersten Mal und entscheide, die Übung abzubrechen. Das wird mir auch vorgehalten


Symptomverschlechterung, ja die habe ich jetzt, weil ich mich wieder im Stich gelassen fühle. Ich sage, dass es mir schlecht geht und zu hören bekomme ich, dass ich die "Angebote" der anderen annehmen soll.


Wieso wird mein "Nein, ich möchte keine PMR" und "Nein, ich möchte die Medikamente so nehmen" übergangen?


Genau das ist mir die Jahre immer wieder passiert. Ich war auf mich allein angewiesen.


Jeder Tag mehr, an dem ich trotz aller depressiven Symptome weiter mache, das tut weh! Und mir geht die Kraft aus.


Meine Therapeutin wollte nicht, dass ich zurückgeworfen werde und ich ebenso wenig und was ist? Ich hatte plötzlich wieder destruktive Gedanken (besteht KEINE Lebensgefahr!).


Ich habe es so satt. Ich verstehe zwar, was die anderen mir sagen wollen. Hier wird sich doch um dich gekümmert. Verlass dich auf die Ärzte. Und ich sitze zu Hause, kann kaum scharf lesen wegen der Nebenwirkungen und wünsche mir die Nacht herbei. Stehe jeden morgen auf und schleppe mich zur Therapie. Dabei sollen die Medikamente mich doch unterstützen. Als gefühlloser Mensch kann ich kaum Therapie machen. Ich kann dann nur Leere als Gefühl empfinden und den anderen zusehen.


Ich fühle mich wieder unverstanden und allein gelassen.


Bitte sagt mir dazu etwas. Ich weiß nicht, was ich machen soll.



Lotusblume
STEX
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von STEX »

Liebe Lotusblume,

ich lese schon die ganze Zeit still hier mit und wollte dir sagen, dass ich es toll finde, dass du uns teilhaben lässt an deinen Erlebnissen in der Tagesklinik.

Ich finde es nämlich grundsätzlich interessannt, wie so eine Behandlung dort abläuft, hatte mich auch schonmal angemeldet aber dann vorher abgesagt weil ich dachte, mir geht es doch nicht "schlecht genug".

Es tut mir leid, dass es dir nun nicht gut geht mit der Behandlung deiner Ärzte bzw. Therapeuten.

Ich fühle mit dir und kann verstehen, dass du dich im Stich gelassen fühlst. So wie du es schilderst, kann ich auch nicht nachvollziehen, warum auf deine Wünsche nicht eingegangen wird.

Gerne würde ich dir zu irgendetwas raten oder einen möglichen Lösungsweg vorschlagen aber leider fällt mir im Moment keiner ein.

Ich finde es schon wichtig, dass man sich in so einer Einrichtung wohlfühlt, auch wenn ich denke, gewisse Dinge muss man in Kauf nehmen, z.B. dass es emotional anstrengend ist. Das gehört zum Prozess der Gesundung dazu.

Was ich nicht ok finde, ist, dass nicht auf deine Wünsche bzgl. der Medikamente eingegangen wird, denn solch Nebenwirkungen wie nicht richtig lesen können, finde ich sehr heftig.

Habe ich es richtig verstanden, dass du vor der Tagesklinik eine ambulante Therapeutin hattest? Könntest du Sie kontaktieren und ihr erzählen, wie es dir geht?

Gibt es vielleicht einen Mitpatienten, mit dem du dich austauschen kannst?

Du bist ja schon einige Wochen dort und ich denke manchmal passt eine bestimmte Behandlung auch nicht zu einem und man sollte über einen Wechsel nachdenken.

Ich kann nicht beurteilen, ob das bei dir auch angebracht wäre.

Vielleicht würde ich an deiner Stelle mit deiner früheren Therapeutin über die Situation sprechen und noch ein weiteres Mal mit den leitenden Ärzten/Therapeuten deine Gefühle ansprechen.

Wenn du das Gefühl hast, Sie gehen garnicht auf deine Wünsche ein und respektieren auch nicht, dass du z.B. mit einer Behandlung nicht einverstanden bist weil sie dir nicht gut tut, dann solltest du dich wirklich fragen, was dir das Konzept insgesamt bringt?

Oder anders gefragt: Fühlst du dich grundsätzlich wohl und es sind Dinge, die du klären kannst oder gibt es für dich nicht die nötige Vertrauensbasis?

Tut mir leid, dass ich nicht mehr Ansätze habe, vielleicht meldet sich noch jemand anderes zu Wort.

Ich wünsche dir alles Gute!
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Liebe Marie-Therese,


dein Beitrag ist wie Balsam auf meiner Seele. Und deine Meinung bzw. Sichtweise hilft mir sehr. Danke!


Ich stimme mit dir überein, dass es durchaus emotional-anstrengend sein darf, wenn es zum Fortschritt beiträgt. Und ich habe, um ein Muster zu durchbrechen, mit unserer Bezugsschwester und unserer Gruppentherapeutin später gesprochen. Ich wollte erklären, was das in mir ausgelöst hat. Schon auf Grund dessen, damit sie wissen, was sie "angerichtet" haben. Dabei war ich nicht anklagend. Ich wollte es so machen, wie mir meine Therapeutin mal geraten hatte. Den Ärger nicht mit nach Hause nehmen, sondern an Ort und Stelle anspreche, somit "dort lassen".


Natürlich beschäftigte mich das gestern noch die restliche Zeit des Tages. Meinem Freund teilte ich alles mit, auch um seine objektive Meinung zu hören. Mir ist es dabei auch wichtig zu überprüfen, ob ich etwas anderes verstanden habe als gemeint war bzw. sein könnte.
Jedenfalls war ich innerlich sehr aufgebracht. Heute habe ich anscheinend deswegen Kopfschmerzen und Übelkeit. Aber ich bin sehr froh darüber, dass ich es nicht unausgesprochen über das Wochenende trage.


Ich hatte auch mit dem Gedanken gespielt, es meiner ambulanten Therapeutin zu berichten. Diese Möglichkeit werde ich wahrnehmen, wenn es weitere Schwierigkeiten geben sollte.


Mein Impuls, dort nicht mehr hinzugehen, war sehr groß. Verletzt und gekränkt war ich. Da ich bei den Einzelgesprächen doch ein klein wenig Zugewandtheit mir gegenüber verspürte, werde ich die Behandlung erstmal fortsetzen.


Mit einem klareren Kopf lässt es sich besser denken. Am Montag kann ich mit der Ärztin wegen der Medikamente sprechen, der Termin ist ausgemacht. Dann werde ich bei der nächsten PMR-Stunde sagen, dass mir diese Verfahren nicht liegt und ich möchte, dass das akzeptiert wird. Ich meine, zwingen können sie mich nicht. Sollten diese beiden Sachen nicht in meinem Interesse entschieden werden, sehe ich keinen Grund mehr, diese Behandlung fortzusetzen.


Ich gehe diese "Herausforderungen" an.


Liebe Grüße
Lotusblume
STEX
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von STEX »

Liebe Lotusblume,

es ist schön zu hören, dass ich dir mit meinen Worten ein bisschen weiterhelfen konnte.

So, wie du schreibst, scheinst du nicht ein Mensch zu sein, der die Ansichten von anderen nicht annehmen und akzeptieren kann oder sich selbst nicht hinterfragen würde.

Im Gegenteil, du denkst darüber nach, ob du vielleicht etwas falsch verstanden haben könntest als gemeint war.

Daraus lese ich, dass du kein Mensch sein wirst, der immer an allem etwas zu kritisieren hat und die Fehler beim anderen suchst. Solche gibt es ja nunmal auch und in den Fällen verstehe ich auch, dass Ärzte und Therapeuten überfragt sind und im Endefekt "nur alles falsch machen können".

Aber wie gesagt, du scheinst nicht dazu zugehören sondern ähnlich wie ich, auch erstmal die eigene Wahrnehmung zu überprüfen und manchmal vielleicht sogar sehr an dir selbst zu zweifeln, auch wenn der "Fehler" genauso gut beim Gegenüber liegen kann.

Ich glaube, wenn man krank ist, ist man sowieso sehr verletzlich, egal welche Krankheit man hat. Und man geht zu Ärzten um sich Hilfe zu suchen. Manchmal vergisst aus seiner eigenen Hilflosigkeit bzw. seinem geringen Selbstvertrauen heraus allerdings, dass auch "die Helfer" nur Menschen sind und es kompetente und weniger kompetente gibt.

Oder kann es in manchen Fällen sogar so sein, dass der Therapeut richtig gut ist aber im Zusammenspiel mit einem Patienten verläuft die Kommunikation einfach anders und es passt nicht, aber niemand ist "schuld".

Ich will dir damit sagen, dass ich es toll finde, wie du die Sache nun angehst. Du läufst nicht weg, obwohl du dich verletzt fühlst, was ich sehr gut nachvollziehen kann, sondern du suchst ein weiteres Mal das Gespräch und du bittest dein Umfeld um Unterstützung.

Genau weil du diesen Weg gehst, hast du aber auch alles Recht der Welt zu der Entscheidung zu kommen, dass diese Behandlung nunmal nicht die richtige ist.

Ich wünsche dir, dass du zu einer Entscheidung kommst, die dir ein gutes Gefühl gibt. Dann ist es immer die richtige.

Alles Gute nochmal dir!
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Liebe Marie-Therese,


vielen Dank für deine Antwort und deine Einschätzung. Du hast eine sehr verständnisvolle und einfühlsame Art.


Ich hatte den Freitag und halben Samstag gedanklich in der Tagesklinik verbracht. Das bescherte mir ordentliche Kopfschmerzen und am nächsten Tag auch noch Übelkeit. Ich hatte mir sowieso vorgenommen, das Wochenende ruhig zu verbringen und so weit es geht, mich zu regenerieren. So deutlich wie mein Körper mir den Stress signalisierte, hatte ich dann kaum eine andere Wahl.


Der Therapietag begann heute gut, weil sich einige nach meinem Befinden erkundigten. Das hatte ich nicht erwartet und diese Zuwendung tat mir gut. Für die anderen hatte sich anscheinend nichts verändert.


Im Gespräch mit der Ärztin konnte ich mich kurz erklären und wir kamen erstmal überein. Allerdings fragte ich nicht nach, warum sie meinte, eine Erhöhung des Elontrils bei vorangegangener Essstörung sei nicht so gut. Ich habe das so stehen lassen, denn jetzt wollte ich ebenso noch abwarten, was dieses Medikament betrifft. Im Zweifel hätte ich später immer noch meine Neurologin nach der Behandlung.


Die Gruppenstunde wollte ich nutzen, um etwas aus der Bewegungstherapie zu erzählen, was sich in meinen Augen auch auf Freitag bezog. Da habe ich meine Antriebslosigkeit überwunden und erneut sagt mir unsere Gruppentherapeutin, dass ich ihr wieder fremd sei. Letztens hätte sie mich spüren können und das würde ich darauf beziehen, dass ich etwas aus meiner Kindheit erzählte.


Muss ich in der Vergangenheit graben? Zumal das eine beispielhafte Situation war, die aber emotional sehr schnell bei mir verklang beim Erzählen. Die Beschreibung von meinen letztem Jahr war wesentlich schmerzvoller. Ich denke, dass ich schon viel verarbeitet habe mit meiner ambulanten Therapeutin.


Ich soll nicht um Symptome kreisen. Gut, dies kann ich nachvollziehen.
Aber ich würde ihre Angebote ausschlagen und sie habe das Gefühl, dass ich dies immer tun würde. Ich bat sie dies zu erklären und sie sagte daraufhin, dass sie ja nicht in meinen Kopf sehen könne, dass ich aber immer sage, dies oder jenes wäre nicht so. Als bestes Beispiel, und das fand ich sehr ärgerlich. kann ich die heutige Interpretation zur Beziehungsbalance mit meinem Partner nennen.


Auf unsere Thera wirke ich sehr dominant und ich hätte die Ärztin ganz schön unter Druck gesetzt. Ebenso sie und unsere Bezugsschwester, weil ich ihnen meine destruktiven Gedanken an dem Tag mitteilte und sie so über das Wochenende ihre Gedanken gehabt hätten. Und deswegen und weil mein Partner Rücksicht auf mein Befinden nehme, müsste er zurück stecken und sich unterordnen.


Ich habe meinen Partner zu Beginn meiner jetzigen Therapie kennengelernt. Er ist der erste Mensch, dem ich langsam wieder vertrauen konnte. Durch ihn glaube ich an die Menschlichkeit in dieser Welt, an Liebe im Allgemeinen und dass es sich lohnt am Leben zu bleiben.

Wir sprechen von Anfang an offen miteinander und ich bin sehr froh, dass wir miteinander so wertschätzend kommunizieren können. Er kann seine Interessen und seinen Freiraum ohne Bedenken ausleben. Mir ist es wichtig, dass wir eine eigenständige Person bleiben. Ich frage ihn auch, was für ihn in Ordnung ist und was nicht. Und wenn wir z.B. schwimmen wollten und es mir nicht gut ging, war er lieber bei mir zu Hause. Das muss er nicht und das weiß er auch, weil wir darüber sprachen. Eher sagt er zu mir, dass ich mich nicht unter Druck setzen lassen soll, wenn wir etwas Geplantes vorhaben.

Es gibt Beziehungen, da ist die Situation so und wenn sie bei uns nicht so ist und ich dies sage und Argumente bringe, wird daran weiter festgehalten. Ich meinte schon, dass man ihn gerne befragen könne.


Da kann ich mal sehen, was passiert, wenn ich bewusst anders agiere als sonst und mich nicht verschließe wie eine Auster. Ich habe mir gesagt, dass ich mir nicht mehr alles gefallen lasse. Ich möchte mich nicht mehr wie ein übergangenes, verletztes und hilfloses Kind fühlen. Naja, ich wirke bei ihr auch sehr erwachsen und "vorgealtert".

Ich selbst bin unheimlich froh, wieder meine erwachsene Stimme zu haben. Ich habe sie all die Jahre vermisst.



Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Hallo an alle,


in mir drinnen ist wieder etwas Ruhe eingekehrt. Diese Medikationsumstellung und die neuen Anforderungen haben mich ganz schön emotional mit gerissen. Gestern und heute ist es mir gelungen entspannter zu bleiben.


Entspannter lassen sich wohl viele Situationen besser meistern. In der gestrigen PMR-Stunde habe ich etwas mitgemacht und als sich wieder Unwohlsein einstellte, lief ich einfach locker. Kein Anspannen mehr sondern einfach locker lassen. Ich erzählte im Anschluss davon und begründete mein Lockerlassen einfach damit, dass es sich besser in meinem erschöpften Zustand anfühlt. Es gab keine weitere Diskussion oder sonst dergleichen.


Ach, könnte ich nur immer so besonnen sein, wie ich es gerne möchte.


Ich hielt es für gut, unserer dortigen Ärztin mitzuteilen, dass ich Dank der Senkung des Medikaments wieder besser lesen kann. Das hatte mir ganz schön zugesetzt und ich bin sehr froh, dass es jetzt wieder besser ist. Die Erschöpfung ist bis jetzt aber geblieben und meine Niedergeschlagenheit am Morgen. Abends fühle ich mich meist gereizt und angenervt. Ich hoffe, dass sich dies bessert, wenn wir das Elontril demnächst erhöhen. Daran hängt sehr viel Hoffnung. Ich gebe alles, was ich für mich tun kann und möchte einfach wieder Energie und Freude verspüren.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Ein schönen Sonntag wünsche ich allen!


Mein Sonntag begann mit lärmenden Nachbarn. Mit denen habe ich mich schon Mal auseinandersetzen müssen und es traf nicht auf fruchtbaren Boden.
Ich stelle fest, dass ich nicht gut mit Lärm und Stress zurecht komme. Und das ich viel Ruhe und Stille benötige.

Ansonsten hasse ich meine Nachbarn.


Revue blickend über die vergangene Woche in der TK - die Tage waren sehr anstrengend und am Donnerstag überkam mich ein leiser Zweifel. Lohnt sich die Behandlung für mich? Bis jetzt habe ich eher durchgehalten. Nur gegen die Erschöpfung anzugehen ist eine Sache, aber wenn mir dazu noch die gedankliche Motivation ausgeht, was hält mich dann dort?

Mein Ziel war und ist mich besser kennen zu lernen und wieder Kontakt und Umgang mit Menschen zu haben. Arbeitsfähigkeit und -motivation möchte ich ebenso erwerben.

Die nonverbalen Therapien sind schon hilfreich, aber die Gruppentherapie? Alles anstrengend und mein "Akku" ist die ganze Zeit im roten Bereich.

Hoffentlich wird es diese Woche positiver.


Erstaunlich fand ich die Rückmeldungen der anderen in der kommunikativen Bewegungstherapie. Jeder hatte drei Gegenstände vor sich liegen und sollte diese in eine Reihenfolge bringen. Es gab das Seil, welches symbolisch die rationale Seite an einem zeigte, ein Ball für die emotionale und einen Kegel für das Durchsetzungsvermögen bzw. das Handeln. Die Anordnung sollte abnehmend erfolgen.

Bei mir kam zuerst die rationale Seite. Mein Kopf bestimmt eindeutig mehr. Als zweites legte ich den Ball. Wobei mir jetzt auffällt, dass ich dies gerne so hätte, denn oft überging/ übergehe ich meine Gefühle und handele mehr nach Ratio. Was passiert, wenn man seine Gefühle verleugnet, weiß glaube ich jeder.

Als nächstes sollten wir die Symbole an die anderen Gruppenmitglieder verteile. Es gab große Unterschiede. Einer bekam nur Seile, jemand anderes fast nur Bälle, ein paar gemischt oder auch gar nichts und bei mir landeten viele Kegel. Meine Gruppe hielt mich also im Großteil für sehr durchsetzungsfähig. Ob alleine die Situation in der Gruppentherapiestunde, in der ich einen emotionalen Ausbruch hatte, dazu führte, weiß ich nicht.

Ich habe mich häufig in meinem Leben schwach, hilflos und ausgeliefert gefühlt. Das ich anders wirken könnte, hätte ich so nicht geglaubt. Ich habe mir vorgenommen, diese Resonanz als Kompliment zu sehen. Ich weiß, dass ich mich also durchaus verteidigen kann und das gibt mir etwas Stärke.


Ich wünsche einen schönen Restsonntag.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Hallo an alle! Und großes Sorry für die Länge


heute war es soweit. Ich sprach meiner ambulanten Therapeutin auf den AB und bat sie um Rückruf.

Was los war? Ich bin so demotiviert von der TK nach Hause gekommen und dachte die ganze Zeit: "Ich will nicht mehr weiter machen."


Gestern wollte ich wegen der Medis mit der Ärztin sprechen, weil es mir damit schlecht ging. Eigentlich wollte sie auf mich zukommen. Sie versprach mir entweder Montagnachmittag oder am Dienstag mit mir dies zu bereden.


Sie kam nicht und zur Zeit der Visite traf ich sie nicht an. Ich fragte eine andere Therapeutin ohne Ergebnis. Weil es am Montag und Dienstag so schwer für mich war, zur Tagesklinik zu fahren und ich dies eindeutig den Medis zuordnete, habe ich selbst erhöht. Ich wollte zur TK, aber mein Körper gehorchte mir kaum. Am Wochende brachte ich es nicht zu Stande, meine Wäsche vom Dachboden zu holen, einzukaufen, das Abwaschen meines Geschirrs viel mir so schwer und es war einfach anstrengend zu stehen oder mich in irgendeiner Art und Weise zu bewegen. Mit Übelkeit und Appetitlosigkeit kämpfte ich ebenso. Also handelte ich wieder autonom. Wirkung: mein Zustand stabilisiert sich gerade und ich habe es heute wesentlich besser zur TK geschafft und die Übelkeit ist auch weniger geworden.


Ich hatte meine persönliche Belastungsgrenze erreicht. Immer wieder dachte ich, ich kann bald nicht mehr und hätte einfach zu Hause bleiben wollen.


Das heutige Gespräch mit der Ärztin lief für mich nicht befriedigend. Ich traute mir auch gar nicht mehr ihr wie vorgenommen zu sagen, dass ich selbst erhöht hatte. Die weitere Behandlung würde für mich, so wie sie es anordnet, unterdosiert weiter laufen.


Ich verstehe es durchaus zu hinterfragen, ob die Psyche die Symptome auslöst und ich kann nur mein Empfinden erläutern und das zählt anscheinend nicht.


Ich will Therapie machen, aber mein Körper nicht, oder wie?

Ich sabotiere mich unbewusst, oder wie?
Es muss immer so sein, wie Sie sagen, oder wie?


Dadurch, dass ich in meiner Biografie eine Essstörung zu stehen habe, viel es gleich negativ auf, als ich heute beim Wiegetag weniger wog. Das sprach unsere Gruppentherapeutin an und letztendlich wurde mir mit einem "Gewichtsvertrag" gedroht.


Ich habe es, obwohl ich keine Lust hatte, keinen Antrieb, keinen Hunger, Übelkeit, bei allem emotionalen Schmerz und sonstigen Zuständen geschafft, mich selber ausreichend zu versorgen. Mein Ziel ist, dass es mir und meinem Körper gut geht und ich habe nicht absichtlich abgenommen. Und vor allem nicht, um damit Aufmerksamkeit zu erregen, wie mir unterstellt wurde.

Zudem machen mir die Übelkeit und der teilweise vorhandene Brechreiz es nicht gerade leicht.

Ich habe erklärt, dass ich stabil bin seit Beginn diesen Jahres. Aber egal, was ich sagte, einmal essgestört bleibt essgestört.
Ich sollte sogar ein Essenstagebuch führen und damit war ich überhaupt nicht einverstanden.


Mein Widerstand wurde bemängelt. Wenn ich von meiner Erschöpfung wie gestern sprach, bekomme ich zu hören, dass ich ein "Rentner-Dasein" führe. Erzähle ich, wie ich mich fühle, wird mir gesagt, ich soll nicht mit Symptomen kommen.


Ich kann keinen Eintrag in mein Tagebuch mehr machen, ohne mich zu fragen, wie was interpretiert wird.
Ich habe mich in den letzten Stunden getraut, und das war nicht einfach, von mir zu erzählen und mich zu öffnen und trotzdem ändert es nichts.


Was sagt ihr dazu?
Ging es jemandem ähnlich?


Ich bin die Ausreißerin in unserer Gruppe. Man soll anecken, aber anscheinend nur nach deren Vorstellungen.



Liebe Grüße
eure ausgelaugte Lotusblume


Leider war ich nicht provokant genug, um Fragen zu stellen wie:
Wenn ich es morgen nicht schaffe hier her zu kommen, weil es nicht anders geht, was ist denn dann?

Gut, ich gebe meinen Widerstand auf und esse alles, was sie sagen und dann?

Letztens sagten sie bei meinem gezeichneten Bild zum gemalten "N", dass für mich für meinen Namen steht, dass sie da ein "Nein" lesen. Ich habe meinem Freund ein Bild mit unseren Initialen geschenkt. Bedeutet dann "N" immer noch nein und wofür steht "L"? Für Looser? Muss man zwanghaft eine Alternative zu meinen Aussagen finden?
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Hallo an euch!

Weiter geht’s!


Meine ambulante Therapeutin rief mich gestern zurück und wir vereinbarten einen Termin. Damit in der Tagesklinik alles geklärt wird, wollte ich heute nochmal hin.

Als ich gestern darüber nach dachte, war ich auch etwas traurig. Ein paar Dinge hatte ich für mich doch erreicht und ich hatte Bedenken, dass ich so Freundschaften am Entstehen verhindern könnte. Vielleicht auch etwas verpasse.

Das war dann auch mein "wunder" Punkt. Ich sprach zuerst im Einzel mit unserer Gruppentherapeutin und begründete meine Entscheidung. Als ich meine Meinung nicht änderte und danach unser übliche Gruppentherapiestunde stattfinden sollte, wurde ich gefragt, ob ich mich in der Gruppe verabschieden möchte.

Mir war klar, dass da Diskussionen kämen und dass unsere Therapeutin hoffte, mich so umstimmen zu können.


Die Stunde verlief sehr anstrengend. Diesmal wollte ich währenddessen nicht vom Stuhl fallen, so wie letztens. Ich konnte feststellen, dass ich die gewünschte Unterstützung durch die Medis hatte. Wie oft war mir in solchen Situationen schwindlig und wie oft fühlte ich mich dabei zum Handeln unfähig. Dieses Mal war es endlich anders. Ich konnte denken, antworten und war ohne emotionalen Zusammenbruch in der Lage, die Situation zu meistern.


Und es war sowas von anstrengend. Teilweise hatte ich auch den Gedanken:"Mir reicht es! Ich gehe jetzt!". Das hätte dann Flucht bedeutet. Aber die wurde mir ja sowieso unterstellt. Und einiges mehr. Es gab viele Punkte, an denen ich unverstanden blieb. Eine aus meiner Gruppe erzählte mir nachher, keiner weiter aus der Gruppe teile meine schwere Symptomatik. Deswegen können sie sich nicht so einfühlen, weil das keiner kennt.


Ich denke, dass einige wissen, was hier gemeint ist. Wenn man gehen möchte und die Beine kaum gehorchen. Das man ein Kompliment bekommen kann, eine Umarmung von seinen Liebsten und man nichts weiter fühlt. Unberührbar, Leere. Wenn man gestreichelt wird und sich nichts in einem bewegt, obwohl man das gerne möchte. Zuzusehen, wie andere Elan und Interesse haben und man selber nur erstaunt oder traurig ist, dass man diese Gefühle nicht teilen kann.


Worüber ich erstaunt war, dass einige Gruppenmitgliedern so heftig reagierten. Einer bezeichnete mich als Junkie (wegen der Medis) und haute auf die Stuhllehne vor Wut und drehte sich anschließend um.
Jemand anders fühlte sich dadurch runter gezogen und weinte und fühle sich demotiviert.
Ich wollte das eigentlich vermeiden und deswegen nicht in die Gruppe gehen. Das tat mir Leid, dass ich die Ursache war und keinesfalls war das meine Absicht.


Mit den Interpretationen unserer Therapeutin konnte ich kaum etwas anfangen. Es kamen auch Äußerungen dahin gehend, was ich denn danach machen würde, weil ich keine Perspektive hätte und dann wäre ich gescheitert und ich wäre doch noch so jung. Ich betrachtete das aber nicht als scheitern. Für mich eine Unterstellung, weil ich in meinen Augen Schritte gegangen bin, die ich früher so nicht unternommen hätte. Aber natürlich wäre das alles ein Muster von mir und so käme ich nicht weiter im Leben. Ich erwiderte: "Sehr schön, dass ihr Prognosen und Vorhersagen über mich trefft. Und ich meine das sarkastisch."
Trotz und Ärger wäre bei mir zu spüren etc. Ja, woran das wohl liegt, dass ich wieder Emotionen verspüre? (Sarkasmus)
Letzen Endes sollte ich die Emotionen nach drinnen richten, dann wieder nicht, sondern nach draußen, egal, ich fühlte mich großteils unverstanden.

Zum Bleiben bis nächste Woche Mittwoch, um dann nochmal darüber zu reden, bewog mich zum einen der Wunsch der Gruppe zu bleiben und meine Bindung ihr gegenüber, weil ich einige gern hatte. Zum anderen wirklich die Möglichkeit, dass ich weitere für mich wichtige Erkenntnisse nicht in Erfahrung bringen kann. Es hat mir bis jetzt doch etwas gebracht.


Ich nehme die Medikamente jetzt ja so wie von mir gewollt und ich fühle mich mittlerweile besser eingestellt als vorher. Natürlich wurde mir hier unterstellt, dass mich alleine dieser Machtkampf so empfinden lässt.
Mit der Ärztin vereinbarte ich mit dem Elontril runter zu gehen, falls die eventuelle Appetitlosigkeit, die mein Gewicht sinken lassen würde, eintreten sollte. Dementsprechend soll ich mein Gewicht stabil halten und da willigte ich ein. Warum nicht gleich so?


Ich habe es geschafft, die Äußerungen der anderen nicht zu persönlich zu nehmen. Ich konnte mich ja auch in die Situation der anderen hineinversetzen und verstand ihre Gefühle. Mich ließ das nicht unberührt, aber mich machte das nicht instabil. Ich bin freiwillig da und ich habe für mich selbst gesorgt und dahinter stehe ich auch.

Also erstmal bis nächsten Mittwoch.


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Hallo an alle!


Heute durften wir glücklicherweise früher Feierabend machen, Ausfall aus Krankheitsgründen.


Freitags muss jedes Gruppenmitglied einen Nachmittag gestalten. Dieser wurde vorgezogen und für heute war Picknick mit Muffins und und "Tabu" spielen geplant.

Ich fand es ganz angenehm, aber Spaß bzw. Freude wie manch anderer, empfand ich nicht.
Ich bin generell schon am Anfang erstaunt gewesen, dass die anderen so lachen konnten. Sich für Dinge interessierten und auch Freude empfinden konnten.
Im Moment kann ich für mich feststellen, dass ich mehr in mir wohne. Häufig hatte ich noch das Gefühl mich von außen beobachten zu können. Inzwischen fühle ich mich auch wieder ausgeglichener.


Netterweise fand heute früh unangekündigt ein Mal wiegen für mich statt. Ich habe mich richtig bevormundet gefühlt, eingeschränkt.


Ob ich bleiben werde, kann ich nach heute jedenfalls nicht beurteilen. Montag und Dienstag gibt es noch genug Therapiestunden.


Aber nach welchen Kriterien wäre es gut, sich zu entscheiden?


Im Augenblick habe ich eher einfach Angst, etwas wichtiges verpassen zu können, aber ob mir das ausreicht?


Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Hallo an alle!


Das Wochenende habe ich soweit gut überstanden. Ich machte mir schon ein paar Gedanken wegen der Tagesklinik.


Wie soll ich mich entscheiden?


Heute hatte ich ein kurzes Einzelgespräch mit unserer Therapeutin, denn es ist Halbzeit. Von den 12 Wochen insgesamt befinden wir uns gerade in der 6. Woche und somit wird mit jedem Patienten bilanziert.

Ich war nicht gerade begeistert dieses Gespräch vor Mittwoch zu haben. Ich wurde gefragt, warum ich denn bis Mittwoch warte? Ich hatte es so verstanden, dass wir am Mittwoch dazu nochmal ins Gespräch kämen und dass ich bis dahin Bedenkzeit hätte. Zudem war ich mir noch unschlüssig.

Da meinte unsere Therapeutin, dass ich ganz schön machtvoll wäre, weil ich alle zappeln lasse bis Mittwoch.
Also ich habe bzw. fühle mich überhaupt nicht machtvoll. Genugtuung oder dergleichen empfinde ich auch nicht.

Auch habe ich meinen Frust über alles nicht, wie unsere Therapeutin meinte, als Ventil am schwächsten Glied, der Stationsärztin, ausgelassen. Es tut mir leid, dass ich die Ärztin übergangen bin, aber ich wollte ja auch nicht mehr weitermachen und nahm die Medis dann, wie ich es für richtig hielt. Ich wollte meine depressive Verzweiflung nicht mehr aushalten müssen. Ich war wieder an meiner Grenze.


Teilweise möchte ich einfach gehen, weil mir auch die Gewichtskontrolle gegen den Strich geht. Gestern waren es ein paar Gramm weniger als am Freitag. Ich traue mich schon selber kaum mehr auf die Waage und habe auch teilweise gegessen mit dem Gedanken, heute muss ich aber noch was essen. Damit fühle ich mich unter Druck gesetzt.


Um den ganzen Ärger hinter mir zu lassen, würde ich aufhören wollen. Es gab zwar auch gute Erkenntnisse für mich bis heute, doch frage ich mich, ob ich deswegen weiter machen soll. Teils denke ich, dass ich auch so die Erfahrungen sammeln kann.


Die Therapie ist kein Zuckerschlecken.


Kann mir jemand hier Rat geben?



Liebe Grüße
Lotusblume
Handsan
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Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von Handsan »

Hallo an alle,


ich hatte mir erhofft, vielleicht doch noch einen post von jemandem zu bekommen. Das wäre sehr schön gewesen.


Ich habe festgestellt, dass die Gruppe neben der Bewegungstherapie und Musiktherapie das Einzige ist, was mich hier hält. Ich habe bemerkt, dass mir das Zusammensein mit anderen gut tut und mir ein Bedürfnis ist.


Die andere Seite ist das Konzept. Ich müsse mich eben unterordnen und hier wird viel in der Vergangenheit gewühlt und hoch gekocht. Ich habe für mich einiges erarbeitet und verarbeiten können mit Hilfe meiner ambulanten Therapeutin. Mir war hier am Anfang nicht klar, dass alles nochmal aufgewärmt wird.

Nächste Woche bekämen wir für drei Wochen vertretungsweise eine andere Therapeutin und diese kenne ich von den Erstgesprächen. Und da dachte ich, wenn diese Person die Therapie leitet, dann ist das ein Gegenargument für die Tagesklinik. Tja, und nun das.

Die Gruppe an sich macht es mir aber auch nicht einfach. Ich fühle mich von einigen unter Druck gesetzt durch ihre Reaktionen und Emotionen. Heute bekam ich von einem zu hören, was mir einfällt, nicht weiter zu machen. Dieser Platz wäre ein Geschenk und ich wäre doch da, weil mir geholfen werden soll. Und was für mich bisher geleistet wurde vom Gesundheitssystem, wie ich das einfach so wegwerfen kann. Unnütze Ausgaben und so als hätte ich jemandem den Platz weggenommen.


Unsere Gruppentherapeutin ließ heute auch zwei spitze Bemerkungen in der Gruppe fallen. Sie äußerte zu Beginn der Stunde, dass sie stinksauer wäre. Eine Mitpatientin fehlte gestern und ging nicht ans Telefon. Deswegen machte unsere Stationsschwester einen Hausbesuch, bei dem sich unser Gruppenmitglied erst verleugnen ließ und dann doch noch mit der Schwester sprach. Sie wolle heute kommen. Heute erschien sie nicht. Sie verstehe nicht, was hier los sei. Andere nehmen weiter fleißig ab, die nächsten machen das und das und ... Diese Bemerkung galt mir, weil ich heute wieder zum unangekündigten Wiegen musste.

Ich habe extra mehr gegessen, als ich Hunger hatte. Ich wog mich am Samstag und dachte schon: "Mist,abgenommen. Das gibt wieder Ärger." Also Samstag und Sonntag noch Schokolade und Popcorn zusätzlich vertilgt. Es war ein halbes Kilo weniger als beim letzten Wiegen.

Ehrlich, mich nervt diese Fixierung darauf. Mein Freund kann es gar nicht nachvollziehen, sagt er. Mich strengt das so an. Auch wieder der Vorwurf, ich würde alle zappeln lassen.


Für mich ist die Entscheidung nicht einfach, weil ich mich frage, was kommt danach?

Ich habe keinen Plan B, außer zurück zu meiner ambulanten Therapeutin.

Muss ich da durch und kann ich die anderen alleine lassen?
Gebe ich zu schnell auf?
Renne ich vor etwas weg?

Wie erkläre ich das meiner Neurologin, die ja ebenso dachte, das wäre gut und es wäre vielleicht hilfreich, um mich wieder arbeitsfähig zu kriegen. Und ewig krank schreiben wird sie mich sicherlich auch nicht wollen.


Ich lasse alles nochmal Revue passieren.


Liebe Grüße
Lotusblume
STEX
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Registriert: 14. Jun 2013, 00:13

Re: Zurück ins Leben - Tagesklinik

Beitrag von STEX »

Liebe Lotusblume,

ich melde mich auch nochmal zu Wort.

Ganz ehrlich? Ich will anderen Leuten nicht sagen, was sie zu tun oder zu lassen haben und einseitige, subjektive Meinungen abgeben aber ich würde dir nach deinen Schilderungen wirklich raten, die Tagesklinik bzw. die dortige Behandlung abzubrechen.

Ich finde das alles sehr grenzwertig und verstehe z.B. das unangekündigte, regelmäßige Wiegen nicht. Du bist doch nicht da wg. einer Essstörung oder?
Finde diese Maßnahme echt fragwürdig. Kann nachvollziehen, dass am Anfang und Ende gewogen wird, vielleicht einmal mittendrin aber doch nicht, um dich dann zu bewerten und zu kontrollieren. Kenne sowas nur aus einem Essstörungs-Kontext und selbst da wird das Wiegen vorher abgesprochen, also die Termine.

Insgesamt finde ich es nicht in Ordnung, dass du dich immer und immer wieder zu rechtfertigen scheinen musst. Was soll das? Es geht doch um Vertrauen deinerseits und nicht darum, dass du dich beweisen musst vor irgendjemanden.

Du bist jetzt 6 Wochen da und von Flucht kann ja nun wirklich nicht mehr die Rede sein.

Ich finde du hast spätestens jetzt, eigentlich auch schon früher, die nötige Erfahrung um einschätzen zu können, ob es dir etwas bringt oder nicht.

So wie es sich anhört hast du langsam wirklich genug ausgehalten!
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