Vergleichen mit anderen

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Hagebutte
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Vergleichen mit anderen

Beitrag von Hagebutte »

Hallo Leute,

macht Ihr das auch? Ich ertappe mich oft dabei, dass ich zu den sogenannten "Normalos" schiele, um zu sehen, in wie weit deren Leben anders oder ebenso wie meines verläuft.
Wie sie sich entscheiden, wie aktiv sie sind, wie viele Freunde/ Bekannte sie haben und auch, wieviel sie im Laufe eines Tages schaffen. Um nur mal ein paar Beispiele zu nennen.

Momentan bin ich eigentlich aktiver als in den vergangenen Monaten. Ich war sogar in einer Oper mit zwei guten Bekannten. Es war schön zu meiner großen Überraschung, obwohl ich erst einen Tritt in den Hintern brauchte, um überhaupt zuzusagen. Nun bekomme ich aber hier und da mit, was die Menschen um mich herum sonst noch so machen, und schon fange ich an zu vergleichen. In wie weit ich noch "normal" funktioniere und lebe. Dabei schneide ich fast immer schlecht ab. Ich werde traurig, auch weil ich dann merke, wie viele Chancen ich schon durch die Depression (und auch die Ängste) verpasst habe.

Ich bejammere mich nicht und habe auch keinen Grund mich zu beklagen. Ich fühle mich dann bloß so abseits und dann kommt auch die Traurigkeit. Sie hält nicht ewig an, das ist das Gute. Mich würde nur mal interessieren, ob Ihr Euch auch des öfteren bewusst, oder unbewusst mit Euren Mitmenschen vergleicht, und Ihr Euch auch dann schlecht fühlt. Und wenn ja, wie Ihr damit umgeht. Wie Ihr Euren eigenen Weg findet. Oder hilft es, die Ansprüche an sich selbst zu reduzieren? Wenn ja, dann wie?

Ich will mich nicht mehr mit anderen vergleichen. Hab bloß keine Ahnung, wie ich das machen soll. Es läuft ja automatisch ab. Vielleicht ist das auch ein wesentlicher Faktor für meine Depression.

LG,
Hagebutte
Mooseba
Beiträge: 385
Registriert: 17. Dez 2010, 14:12

Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von Mooseba »

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Zuletzt geändert von Mooseba am 18. Sep 2020, 17:32, insgesamt 1-mal geändert.
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"Wenn man aus einem protestantischen Land kommt, ist man immer etwas beschämt, wenn man bei der Arbeit nicht gelitten hat."

(Lars von Trier)
90303
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Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von 90303 »

Das ist auch - seit langem mein Thema. Ich glaueb ich vergleiche mich ständig, und auch wenn es mir mittlerweile sehr bewusst ist, weiß ich nicht, wie ich es ändern soll. Es erscheint mir so "normal" - ich weiß gar nicht, wie es "ohne" ist. was ist überhaupt mein Weg? Ich ziehe schon auch schlechtere als Vergleichsbasis heran, fühle mich dann aber mies (Wie kann ich mich nur über andere stellen) und gleichzeitig denke ich mir, dass ich ja nur einen Grund suche um nichts ändern zu müssen. Statt nach höherem zu streben, vergleiche ich mich nach unten ...
Das Gefühl, das damit einhergeht ist schwammig. Trauer bis hin zur Verzweiflung, über mich selbst. Alles was ich dann tue ist einfach nur noch belanglos. Trotzdem durchschaue ich das irgendwie gerade - auch wenn der Knoten noch nicht geplatzt ist.

Bis zu einem gewissen Grad ist Vergleichen meiner Meinung nach normal - meist läuft das wohl unbewusst ab. Und ich finde, du machst es richtig wenn Du nach Deinen Möglichkeiten schaust und auch schaust, woher Du eigentlich kommst. Oft nimmt man bei anderen ja nur die äußere Hülle wahr, sieht nicht, was dahinter steht, sieht nicht, was noch vor 5 Minuten, einer Stunde war. Das gesprochene Wort suggeriert ein erfolgreiches Leben durch und durch. Manchmal, wenn ich mich selber erzählen höre, denke ich auch nur: Wow, was für ein interessanter Lebenswandel (eher selten). Was ich bei all dem fühle, wie ich das was ich getan habe bewerte wird dabei ausgeklammert (vor anderen) Ich gewöhne mir gerade ab, mich zusätzlich klein zu machen, in dem ich überall anfüge, wie wenig ich doch in der Zeit gelebt habe, was alles gefehlt hat, was ich schlecht gemacht habe (auch wenn es vielleicht so war).
Fabelwesen
Phosphor
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Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von Phosphor »

Hallo zusammen,

das Verhalten dürften viele hier von sich selbst kennen, ich zähle mich selbst auch dazu.

Das Vegleichen wird dann problematisch, wenn man ganze Personen vergleicht, also sich selbst mit anderen. Bei "uns" läuft es in der Regel darauf hinaus, dass wir uns dabei schlechter abschneiden lassen und uns minderwertig fühlen. Vielleicht ist es ein Faktor für die Depression, wie @Libelle vermutet. Vielleicht aber auch ein Symptom. Und gewiss bestehen zwischen Depri und dem Mit-anderen-Vergleichen viele Wechselwirkungen.

Mir hilft es sehr, von der ganzen Person auf die gerade beobachtete Eigenschaft oder das Verhalten zu schwenken. In vielen Situationen agieren viele Leute sinnvoller als ich. Das zu beobachten und mir von ihnen die guten Strategien abzugucken, erlebe ich als äußerst sinnvoll.

Aus logischen Gründen bin ich eh überzeugt, dass das Vergleichen von Personen nix bringt. Einfach deshalb, weil jeder Mensch so viele Eigenschaften und Facetten hat, dass man sie gar nicht in einem "Gesamtranking" zusammenfassen kann.
chrigu
Beiträge: 2081
Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von chrigu »

Hallo zusammen,

in diese Vergleichsfalle tappe ich auch gerne immer wieder, besonders, wenn es mir nicht gut geht.

Ich nenne das "Vergleichsfalle", weil ich bei diesen Vergleichen nie gut abschneiden kann. Nicht etwa, weil ich tatsächlich "schlechter" bin, sondern weil es ein Automatismus ist, mich nach den Vergleichen schlechter zu fühlen, weil irgendjemand auf diesem Planeten in irgendeiner Kategorie eben immer höher, schneller, weiter und besser ist als ich. Da kann ich nur verlieren.

Ich habe neulich eine Studie über Facebooknutzer gelesen, da hat sich herausgestellt, dass sich 70 Prozent der Nutzer schlecht und minderwertig fühlen, wenn sie sich die Profile anderer anschauen, weil sie das Gefühl haben, die anderen seien immer beliebter, erfolgreicher und besser als sie selbst.
Nun mag man argumentieren, dass ja vor allem in Facebook primär die schönen Seiten des Lebens gezeigt werden und sich natürlich jeder von der besten Seite zeigen will.

Aber im echten Leben ist das doch auch so. Wenn ich von meiner gleichaltrigen Kollegin weiß, dass sie 3 Kinder, einen Ehemann, ein Haus und jährliche tolle Urlaube hat, dann sehe ich auch nur die guten Seiten, die sie nach außen trägt. Ob der Mann ein Vollpfosten ist und sie betrügt, ob die Kinder so anstrengend sind und sie das dritte Kind bereut und ob das Haus nur mit dicker Verschuldung über die nächsten 50 Jahre gekauft wurde, das weiß ich alles nicht. Auch da guck ich nur bis zu den hübschen Gardinen, aber nicht in die Fenster, ins echte Geschehen.

Ich versuche immer wieder, mir diese Vergleicherei abzugewöhnen. Das finde ich auch deshalb schwer, weil unsere Gesellschaft irgendwie so auf Vergleich gepolt ist und ständig bewertet werden muss. Für mich ist ein erster Schritt weg vom Vergleich, die Bewertung zu reduzieren. Einfach nur sehen, hören und erfahren, ohne direkt zu bewerten und damit die Kategorien "gut" und "schlecht" aufzumachen, die ja dann geradezu zwangsläufig "besser" und "schlechter" beinhalten.

Das fällt mir wie gesagt schwer, wenn es mir nicht gut geht. Da hilft nur ein lautes "Stop" und mir klar zu machen, dass mir das Vergleichen nichts bringt. Dass jeder Mensch anders ist und sein eigenes Leben hat und Punkt. Natürlich kann ich traurig sein, dass ich dieses oder jenes nicht habe oder kann, aber dann sollte ich das von mir ausgehend beurteilen und nicht im Vergleich zu anderen. Ich finde zum Beispiel, dass man als heftig an Depressionen erkrankter Mensch sich auch einfach mal fett auf die Schulter klopfen darf dafür, dass man den ganzen Schrott meistert und überlebt. Wer weiß, ob das die tolle Kollegin mit MannKindHundHaus auch geschafft hätte.

Viele Grüße
Chrigu
Phosphor
Beiträge: 194
Registriert: 5. Dez 2010, 14:19

Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von Phosphor »

@chrigu. Dein Beispiel finde ich spannend, weil mir daran noch eine weitere Facette des Phänomens "Vergleich mit anderen" aufgefallen ist.

Du schreibst:
"Wenn ich von meiner gleichaltrigen Kollegin weiß, dass sie 3 Kinder, einen Ehemann, ein Haus und jährliche tolle Urlaube hat,"

Wer sagt denn, dass das "besser" wäre als irgend was anderes?! Wir haben heute zum Glück die Wahl zwischen verschiedenen Lebensentwürfen. Die Hetero-Ehe mit Kindern ist nur einer unter vielen. Eine Menge Menschen leben in gänzlich anders strukturierten Partnerschaften oder auch allein. Es gibt viele Lebensentwürfe ohne Kinder. Und manche Menschen haben Ganzjahres-Hobbys (bspw. Tiere), wegen denen sie gern auf Urlaub verzichten.

Vielfalt heißt das Zauberwort
chrigu
Beiträge: 2081
Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von chrigu »

Hi Phosphor,

danke für die wichtige Ergänzung!

Richtig, die Frage ist ja auch, wer und was eigentlich bestimmt, was "besser" oder "schlechter" ist. Gesellschaftliche Normen sind - fürchte ich - immer noch ziemlich stark, aber sich davon frei zu machen und dann rauszufinden, was man eigentlich selbst will, ist der beste Weg. Wenn man dann rausfindet, dass beispielsweise 3 Kinder, Hetero-Ehe, Haus und Hof gar nicht das ist, was man haben will, dann ist wieder ein großer Schritt weg von dieser ganzen Bewertung und Vergleicherei geschafft.


Chrigu
90303
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Registriert: 14. Mär 2013, 07:39

Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von 90303 »

Das finde ich ganz wichtig, aber auch am schwersten. Den eigenen Lebensentwurf entwickeln und sich vom "besser und schlechter" lösen.
Warum zum Teufel ist das so schwer? Ich schaffe das nicht - gefühlt will ich immer alles - oft aber auch, weil ich die Schaattenseiten nicht sehe. Wäre es dann nicht Kür, sich bewusst für ein Leben zu entscheiden (das ist wohl nur eingeschränkt möglich, denn man kann nie alles überblicken) bei dem man sowohl die Schatten- als auch die Lichtseiten akzeptieren und leben kann? Und sich gut damit fühlt? Nicht immer wieder hader? Das aber ist wohl nicht zu erzwingen.
Fabelwesen
chrigu
Beiträge: 2081
Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von chrigu »

Liebe Phoenia,

vielleicht ist die Kunst, sich gar nicht bewusst für ein Leben zu entscheiden? Also nicht zu sagen, ich nehm jetzt Modell C, weil A und B nicht passen, sondern stattdessen einfach zu schauen, was sich entwickelt.

Ich hatte auch lange einen Lebensplan und bestimmte Visionen von mir in einem bestimmten Lebensalter. Aber die sind alle nicht eingetreten, trotzdem finde ich mein Leben genau richtig so, wie es ist. Aber es ist ja auch im ständigen Wandel, und was ich mir heute nicht vorstellen kann, kann morgen schon eintreten. Ich hatte mir gestern ja auch was anderes für heute vorgestellt.

Äh, schwer zu formulieren, aber vielleicht verstehst Du, was ich meine? Also quasi den eigenen Lebensentwurf loslassen und sich das Leben selbst entwerfen lassen (naja, nicht rundherum, aber generell). Ich weiß auch nicht, ob das ein Weg ist, aber der Gedanke kam mir jetzt, angestoßen durch Dein Posting.


Chrigu
Hagebutte
Beiträge: 198
Registriert: 11. Jun 2009, 15:44

Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von Hagebutte »

Guten Morgen Euch,

danke für die vielen Denkanstöße. Das "Bewerten" ist wohl der wesentliche Auslöser. Denn bevor ich irgendwo schlecht abschneiden könnte, bewerte ich die Sache/Situation/Lage, was auch immer. Der Gedanke geht vorweg.

Ich beschäftige mich seit Längeren mit Achtsamkeit. Dabei habe ich immer wieder Themen über Bewertungen und ihrer Bedeutung gelesen und anscheinend nicht verinnerlicht.
Jetzt denke ich, dass aber genau das der Weg ist: Schauen, was da ist, ohne zu bewerten. Schwer, aber durch üben machbar.

Die letzten Tage bin ich auf meinen vor Monaten abgebrochenen Weg zurückgekehrt. Ich war zugeschüttet durch familiären Stress, der nicht nur negativ, sondern auch lebensverändernd und aufreibend war. Und da fing das langsam an, dass ich mich wieder mehr und mehr mit den Menschen, die für mich Vorbilder darstellen, mit Tunnelblick verglichen habe. Mir ging es immer schlechter und ich wurde immer nervöser und unruhiger. Wieder irgendwie getrieben.

Ich habe - wie viele hier - nur ganz wenig Freunde/innen. Und gestern bin ich nach einer Belagerungszeit (meine erwachsenen Kinder waren hier )spontan aufs Rad gesprungen und zu einer Freundin, die ich sträflichst vernachlässigt habe, gefahren. Und das war gut so, weil der Kontakt sonst abgebrochen wäre - auch wenn mein lieber Mann auf sein Abendessen warten musste )

Das mit meinen Kinder hört sich nun ziemlich mies an, wenn ich das selbst noch einmal lese. Ich liebe sie und möchte sie nicht missen, ganz klar. Aber gestern hatte ich wirklich ein merkwürdig neues Gefühl: Ich hatte es satt. Richtig satt, ganz ohne Wut oder Ärger. Ich dachte bloß, ich kann sie alle nicht mehr sehen (zur Zeit), hoffentlich hauen sie bald ab.
Außerdem habe ich mir Renovierungsmaterial für die geplanten Renovierungen, die ich ständig aufgeschoben hatte, besorgt.

Was das alles mit dem Thema zu tun hat, werdet Ihr Euch vielleicht fragen. Ich vermute, ich war wirklich vom Weg abgekommen, einen Weg, der mir gut tat. Und schon war ich orientierungslos und schaute automatisch auf andere. Und schon ging die Vergleichschose los.

Vielen, vielen Dank Euch allen,
Hagebutte
Köchlein
Beiträge: 124
Registriert: 20. Apr 2013, 22:27

Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von Köchlein »

Hallo Hagebutte und alle anderen,
ertmal Hagebutte finde ich toll. schaut gut aus hat juckpulver zum verteidigen, Vitamine C ohne ende, und schmeckt.
Auch ich glaubte das die anderen besser sind als ich.
Sie haben mehr erfolg,mehr was???.
Liebe ,vertrauen , verständnis, offenheit.
Ich glaube das nur diese werte wirklich zählen, wenn wir menschen um uns haben bei denen wir ,wir sein können, geht es uns gut.
Das wollte ich mal los werden.
Vieleicht am fallschen platz, dan sorry.
Wünsche euch einen schönen Tag
Wolfgang
Reve
Beiträge: 753
Registriert: 4. Jun 2008, 17:35

Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von Reve »

Hallo Hagebutte,

Ich wollte es letztes Mal schon schreiben,... den Punkt „Achtsamkeit“, wobei unter anderem empfohlen wird, auf bewerten zu verzichten und ich denke, vergleichen geht in eine ähnliche Richtung.

Wo ich immer wieder gerne reinschaue, (schon auch wegen der Optik und )zum Auffrischen, das ist in diesen Link, wobei auf der ersten Seite steht:
>Ein Praktizieren der Achtsamkeit kann grundsätzlich für jeden Menschen hilfreich und nützlich sein.

http://www.blumenwiesen.org/achtsamkeit.html


Da kann man eine Menge mitnehmen, wenn man möchte….

LG, Carin
Hagebutte
Beiträge: 198
Registriert: 11. Jun 2009, 15:44

Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von Hagebutte »

Hallo Wolfgang,
ist schon am richtigen Platz
Werte sind ganz, ganz wichtig. Nur wenn ich sehe, dass andere danach leben z.B., was Kontakte zu anderen Menschen angeht, und ich es wieder versäumt habe (durch die Depression mit ihren Symptomen), dann kommt dieses Gefühl der Traurigkeit.

Hey Carin,
vielen Dank für den Link. Schöne Seite!Hier auch noch von mir einen interessanten Link:

http://www.daslebenannehmen.de/41323/45578.html

Es handelt sich hierbei um die ACT-Therapie, die auch auf der Achtsamkeit aufbaut.
ich glaube, ich muss das alles mal wieder auffrischen - genug Bücher und CDs darüber habe ich im Regal stehen...
Komisch, wie hartnäckig die schädigenden Verhaltensweisen sind. Und wie schnell auf der anderen Seite Gutes vergessen werden kann.

LG Hagebutte
momo2
Beiträge: 39
Registriert: 7. Apr 2013, 22:29

Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von momo2 »

Danke für die beiden Links.

Das Thema Vergleichen finde ich ziemlich groß.

Es gibt einerseits den Faktor, dass man, weil man sich für minderwertig hält und glaubt, dass andere alles besser haben, nur weil sie es haben und nicht man selber. Die gleichen Geschehenisse sehen bei anderen viel besser aus als bei einem selber.
Da geht man davon aus, dass man schlechter ist und überträgt diese Bewertung auf die Teile seines Lebens.
Dagegen ist es am einfachsten was zu tun, ich denke da an das Modell von Beck und Bögen zum Ausfüllen, in denen man negative Gedanken protokolliert und sie analysiert.

Dann gibt es Dinge, die man sich wünscht und gerade nicht hat, und da schmerzt es besonders, wenn man sieht, wie es anderen einfach zufällt. Wenn man ständig Bedürfnisse hat, die nicht erfüllt werden, nagt das am Selbstwertgefühl und es ist schwer, nicht zu resignieren oder sich dafür nicht schlecht zu machen, obwohl man eigentlich weiß, dass man dafür gar nichts kann und auch auf keinen Fall schlechter ist andere. Ich glaube, da muss man aufpassen, sich selber nicht Fähigkeiten oder Eigenschaften abzusprechen und sich nicht kleinzumachen.

Dann kann man noch versuchen, sich alles schön zu reden, was man hat, sich selber sagen, dass es das gewesen sei, was man wollte, weil man es immer weniger erträgt, dass man nie Glück hat. Das ist dann kognitive Dissonanz und dabei entfremdet man sich und seine Wünsche von sich und passiert, wenn man seine Trauer und Enttäuschung nicht mehr erträgt.

Ich persönlich bekomme ziemlich schnell Angst, wenn ich merke, dass andere sich mit mir vergleichen und wollen, dass ich schlechter dastehe, das trifft mich immer sehr und dann fängt etwas in mir an, mich auch ganz schlimm zu vergleichen und ich fühle mich wahnsinnig gestresst und verletzt.

Außerdem halte ich es für sinnvoll, sich von vielen Idealen, die ja irgendwie vielerorts suggeriert werden, zu distanzieren. Letztlich zählt nur, was man selber möchte und was einem gut tut, das kann niemand anderes für einen entscheiden.
So bekommen viele Angst, ein Idealbild nicht zu erfüllen und und schauen, wie es die anderen machen und bekommen noch mehr Angst, als einziger rauszufallen.

Ich wünsche uns allen einen gesunden Umgang und das Loskommen von diesen ewigen Bewertungen!

LG
momo
Bubbletea
Beiträge: 58
Registriert: 8. Mai 2013, 21:42

Re: Vergleichen mit anderen

Beitrag von Bubbletea »

Liebe Libelle,

du sprichst da ein Thema an, dass hier wohl ganz viele berührt und Vergleichen spielt, glaube ich, generell eine ganz zentrale Rolle in verschiedenen Altersabstufungen und Gesellschaften und wäre bestimmt ein sehr spannendes Thema für eine Doktorarbeit...

muss gestehen, dass ich gerade auch ziemlich vergleiche. Vielleicht wird es besser, wenn ich die Krankheit erst richtig angenommen habe und die Traurigkeit, über das, was dadurch (vorerst) verloren ist abgearbeitet habe, sicher sogar...im Moment macht mich der Vergleich mit den gesunden Menschen oder auch nur meinem alten Ich ziemlich traurig. Auch wenns mir alles in allem wirklich gut geht und ich im Vergleich zu Vielen doch ein angenehmes und schönes Leben habe und für das auch dankbar bin...ich glaube, ich habe mich so oft über lächerliche Dinge aufgeregt, ohne mir wirklich darüber klar zu sein, was für ein kostbares Gut ich da mit meiner Gesundheit habe und ich habe nie auch nur für einen Moment daran gedacht, dass ich es zumindest zeitweise auf diese Weise verlieren werde. Und ich hätte mich auf Jetzt in jedem Fall besser vorbereitet, aber jetzt genug gejammert, wenn das Rumgeheule hier schon an der Grenze ist, dann macht mich bitte darauf aufmerksam...

...und was mir noch zum allgemeinen Thema "Vergleiche" einfällt: es gibt nicht nur sehr viele von uns, die vergleichen, es gibt auch scheinbar sehr viele Menschen, die müssen sich darstellen, wie ein schillernder Schmetterling im Licht. Eine Freundin hat so eine Kollegin. Nicht nur, dass sie den perfekten Urlaub, das perfekte Eigenheim etc hat, richtig gut wird es erst dann, wenn man dieses "mehr" und "besser" anderen Leuten zeigen und unter die Nase reiben kann.
Am glücklichsten sind bestimmt die Menschen, die "ihren Frieden gefunden" und auch einen Blick für die wirklichen Schönheiten des Alltages und des Lebens haben. Und die können so vielfältig sein.
Lg
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